Die Rechte der Frauen auch auf Abtreibung – Die digital-globale Schlacht zwischen Monismus und Dualismus

Zunächst ließe sich doch einwenden, dass das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten (der Supreme Court of the United States, SCOTUS) mit der Aufhebung von #RoevsWade doch gar “nicht Abtreibung verboten”, sondern das Recht zu dessen Regelung lediglich auf die US-Bundesstaaten rückübertragen hat. Eine Stärkung des Föderalismus, warum also die Aufregung, die Angst vor einem christlichen Gottesstaat a la “Handmaid’s Tale”?

Auch @SusanneStreif sorgt sich mit einem Bildmotiv nach Margaret Atwood um den Vormarsch der religiösen Rechten in den USA. Screenshot MfG: Michael Blume

Also alles übertrieben? Nein, auf den zweiten, genaueren Blick bestätigt sich die Sorge.

So hatte ein SCOTUS-Urteil erst vor wenigen Tagen den Bundesstaaten – hier konkret New York – das Recht beschnitten, das öffentliche Tragen von Waffen einzuschränken. Die sei ein individuelles “Grundrecht” – das übrigens vor allem von Männern ausgeübt wird – und dürfe also föderal nicht eingeschränkt werden. Und: Mit diesen beiden Urteilen signalisiert die durch Donald Trump verstärkte, “konservative” Richter-Mehrheit auch, dass eine Verurteilung des Ex-Präsidenten wegen dessen versuchtem Wahlbetrug und mörderischen Putschversuch trotz aller Beweise sehr unwahrscheinlich wird. Das US-Justizsystem ist im generationenalten Kulturkampf der USA in den Rechtspopulismus gekippt.

Bereits Ende letzten Jahres hatte ich in “Rückzug oder Kreuzzug?” (Patmos 2021) und einem Deutschlandfunk-Interview dazu vor diesem Szenario gewarnt: Beschleunigt durch die Digitalisierung gehe ein Riss zwischen nur noch zwei Weltanschauungen, dem demokratischen Monismus einerseits und dem sich radikalisierenden Freund-Feind-Dualismus andererseits, quer durch alle Gesellschaften, Religionen und Weltanschauungen.

Warnte im Deutschlandfunk-Kultur-Interview vom 18.12.2021 vor dem globalen Vormarsch des Dualismus – auch in den USA. Screenshot vom eigenen Twitter-Feed: Michael Blume 

“Rückkehr ins Mittelalter?” – Nein, es ist gefährlicher

Auch kluge Freundinnen und Freunde vermuteten spontan, der christliche Nationalismus in den USA strebe also eine “Rückkehr ins Mittelalter” an. Ich fürchte, diese Deutung der religiösen Rechten als reaktionär unterschätzt die Gefahren deutlich.

Denn gerade auch die USA gab es “im Mittelalter” noch gar nicht. Die frühe Republik war vielmehr ein frühes Ergebnis der Buchdruck-Revolution ab dem 15. Jahrhundert, die neben einer Explosion der Alphabetisierung auch den bereits überwundenen Hexenglauben sowie Konfessionskriege und Antisemitismus neu aufflammen ließ. Und auch die massenmedialen Formen des Rassismus und Rechtspopulismus – vom US-Ku-Klux-Klan bis zum verheerenden, europäischen Faschismus – waren gerade nicht “mittelalterlich”, sondern Produkte der elektronischen Medien. Trump nutzte für seine Zerstörung auch der republikanischen Gegenkandidaten und Parteistrukturen – der GOP, Grand Old Party – ebenso gezielt das Internet wie es Wladimir Putin (Russland gg. Ukraine) und Xi Jinping (China gg. Taiwan) einsetzen. Der dualistische Angriffsmodus ist dabei gar nicht so schwer zu verstehen: Angeblich verschwörerische, meist demokratisch-monistische “Feinde” werden medial markiert und mit Verschwörungsvorwürfen überzogen. Die eigene Aggression wird dann als “Selbstverteidigung” ausgegeben – etwa, wenn Putin behauptet, er habe mit seiner “Sonderoperation” einen ukrainischen “Genozid” gestoppt und werde nun die Ukraine “entnazifizieren”.

Dualistisch-digitale Angriffe nicht nur graue Theorie…

Schon alleine, weil ich als Religions- und Politikwissenschaftler, Teil einer christlich-islamischen Familie sowie als Beauftragter BW gegen Antisemitismus digital sichtbar wurde, erleben auch meine Familie und ich seit Jahren heftige, digital-öffentliche Angriffe durch US-Dualisten, oft verstärkt durch Russia Today (RT Deutsch) und die deutschsprachige, sog. “Achse des Guten”. Umgekehrt erfahre ich beispielsweise Solidarität durch deutsche, europäische und israelische Demokratinnen.

Es ist dabei eine durchaus interessante Erfahrung, wenn der eigene Körper zum Schauplatz eines global-medialen Ringens bis hin zu Vernichtungsfantasien wird – und zugleich eine Erfahrung, die Milliarden Frauen immer wieder machen. Denn wenn die Welt angeblich von verschwörerischen Feinden dominiert werde, dann – so die Logik des keineswegs nur männlichen Dualismus -, dann müsse die Frau vom Manne “beschützt”, ihm untergeordnet, ja von ihm “in Besitz genommen” werden. Freiheit für die Waffen, aber nicht für die Frauen…

Stärken des religiösen Dualismus

Aber warum nur können von Afghanistan über die Türkei und Ungarn bis zu den USA (u.v.m.) religiöse Dualismen immer wieder so stark werden? Ist die Menschheitsgeschichte eben kein linearer Fortschritt, den Reaktionäre nur zeitweise bremsen könnten?

Nein, denn gerade der technologische, wirtschaftliche, auch mediale und gesellschaftliche Fortschritt erlauben nie gekannte Ausmaße von Individualisierung. Und das bedeutet eben, dass nichtreligiöse Milieus deutlich weniger Kinder und einen geringeren Organisationsgrad aufweisen als ihre religiösen Zeitgenossen (vgl. hier auch aktuelle Daten zur ebenfalls umkämpften Republik Israel).

Ein kluger Rap von US-Rapper Baba Brinkman zur Macht der Religionsdemografie. Album: “The Rap Guide to Religion”

In den USA bedeutet dies ganz konkret, dass wissenschaftsfeindlich-dualistische Kirchentraditionen höhere Geburtenraten und einen höheren Organisationsgrad aufweisen als die aufgeklärten, liberalen und von Kindermangel und Austritten geschwächten Liberalen. Eine Folge davon ist die niedrige Wahlbeteiligung auch säkularer Frauen – wogegen die Rechts-Religiösen viel stärker mobilisieren. Und gerade auch Covid19 sowie die Klimakatastrophe haben den Graben zwischen wissenschaftsoffenen Monistinnen und verschwörungsmythologischen Dualisten weiter verschärft!

Kommt schließlich auch noch jenseits der Kommunalpolitik polarisierende Wahlsysteme mit Mehrheitswahlrecht hinzu – wie in den USA oder Frankreich, aber auch bei der Bundespräsidentschafswahl in Österreich -, dann ist ein Scheitern von Demokratien leider nicht mehr auszuschließen.

Nicht zufällig fragte das deutsche Bundesverfassungsgericht erst neulich zu den 22. Verfassungstagen in Karlsruhe: “Alternative Fakten – Leben wir (noch) im selben Universum?”

Barack Obama vom Besänftigen zum Alarm

Was also kann die Demokratien noch retten? Die Antwort scheint mir ganz klar: 1. Wissenschaft und 2. Wehrhaftigkeit.

Auch wir Demokrat:innen haben über Jahrzehnte hinweg “unbequeme” wissenschaftliche Erkenntnisse der Evolutionstheorie, der Klimaforschung, der Medienwissenschaften oder auch des Energie-Ressourcenfluch nur mit halber Kraft verbreitet. Die Folgen davon sind religiöser Kreationismus, antimosaische, wissenschaftsleugnerische INSM-Wirtschaftskampagnen auch in Deutschland und eine fatale Energie-Abhängigkeit nicht nur von Russland.

Ich begrüße es sehr, dass der von mir sehr geschätzte POTUS a.D. Barack Obama nun “Alarm” ruft und zur “Mobilisierung” bei den kommenden Wahlen aufruft. Zur historischen Wahrheit gehört leider auch, dass Obama jedoch 2009 auf ein Bundesgesetz zur Abtreibung verzichtete, weil er die Republikaner im Kongress durch Zurückhaltung zu besänftigen hoffte.

Nun endlich ruft auch Ex-Präsident Barack Obama “Alarm” und zur “Mobilisierung” gegen die US-Dualisten auf. Noch 2009 versuchte er es bei den Frauenrechten mit Appeasement. Screenshot vom Instagram-Profil des POTUS a.D.: Michael Blume

Einen ganz wichtigen – vielleicht gar entscheidenden – Beitrag im Kampf gegen den globalen Dualismus kann übrigens jede/r leisten, indem sie oder er dualistische, meist antisemitische Verschwörungsmythen bei sich selbst aufarbeitet. Wer etwa Deutschland für eine sozial-ökologische Kulturnation hält, muss über das millionenteure Antizionismus-Debakel der documenta 15 in Kassel mehr als verstört sein. Wenn vermeintlich Progressive und Linke selbst dualistisch werden, bereiten sie dem Vormarsch der Rechten durch ihre eigene Arroganz den Weg.

Der österreichische Journalist Christoph P. Schütz hat verstanden. Danke fürs Mutmachen! Screenshot: Michael Blume

Wir könnten besser werden. Ich meine sogar: Wir müssen. Denn die Zeit arbeitet diesmal gegen uns und mit der Klimakatastrophe und den virtuellen Medien rollen die nächsten Umwälzungen schon an…

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

17 Kommentare

  1. Zitat aus obigem Beitrag:

    Beschleunigt durch die Digitalisierung gehe ein Riss zwischen nur noch zwei Weltanschauungen, dem demokratischen Monismus einerseits und dem sich radikalisierenden Freund-Feind-Dualismus andererseits, quer durch alle Gesellschaften, Religionen und Weltanschauungen.

    Ja, wobei hier der demokratische (behauptete) Monismus freigesprochen wird von der zunehmenden Polarisierung in den USA (die zunehmend auch auf Europa überschwappt).

    Es scheint mir naheliegender in den USA von 2 Lagern zu sprechen, dem demokratischen und republikanischen Lager, die beide zunehmend intolerante Weltanschauungen pflegen, welche ein Zusammenleben in der gleichen Nation mehr und mehr unmöglich machen. Nicht umsonst gibt es – nicht ganz ernst gemeinte – Vorschläge, die USA in einen bible-Belt und den Rest zu trennen.
    Ich würde sogar soweit gehen von zwei säkularen Glaubenssystemen in den USA zu sprechen, und beide fordern jeden Bürger dazu auf gläubig zu werden wenn er nicht zu den Ungläubigen gehören wolle, denen im Lager der Gläubigen das gleiche Schicksal ereilt wie einen ungläubig gewordenen Moslem in einem islamischen Land.

    Beispiele dafür, dass es einen Freund-Feind Dualismus auch unter den Demokraten gibt, gibt es genug. Von der Entlassung von Journalisten, die zwar die richtige Gesinnung haben, aber im falschen Moment das falsche gesagt haben über eine selbst von Barack Obama gerügte übersteigerte Wokeness, die jeden, der moralisch nicht lupenrein ist schnell einmal für immer vom Sockel stürzt bis zur Weigerung mit jemanden überhaupt zu reden, der nicht gewisse Mindeststandards erfüllt.

    Was aber bedeutet in diesem Zusammenhang die Revision von #RoevsWade durch die Bundesrichter? Nun, es bedeutet einen Sieg für das republikanische Lager. Und zwar einen Sieg ungeahnten Ausmasses, sind doch sehr viele oder gar alle US-Bürger betroffen, sowohl Demokraten wie Republikaner. Ich denke mir das könnte tatsächlich ein weiterer, diesmal entscheidender Schritt zu einer Aufteilung der USA in zwei Lager sein, die auch vor Gewalt gegeneinander nicht mehr zurückschrecken.
    Wenn man es genauer bedenkt haben die Republikaner mit ihrer weiterhin mehrheitlichen Unterstützung für den zu Mord und Umsturz aufrufenden Donald Trump den Schritt zur Gewalt gegen das andere Lager bereits hinter sich.

  2. Momentan eskaliert “Führen und Folgen”:
    Führen wir die Aufklärung durch Selbstererkenntnis,Erkenntnis und Selbstbestimmung mit der Gewissheit,das Freiheit Grenzen hat, fort oder folgen wir selbsternannten Figuren,die an Regression festhalten und die Abhängigkeiten des Lebens kontrollieren wollen.
    Im Grunde ist es doch sehr einfach: natürlich gibt es schwarz oder weiss.Genauso natürlich gibt es aber auch schwarz und weiss und wenn schwarz-weiss gilt,dann gilt auch grau=bunt.
    Das heisst,dass wir Herrschaft teilen sollten. Manchmal wundert es mich,dass die Soziologie und Politologie nicht den Begriff und die Bedeutung von Frauschaft eingeführt hat. Es bleibt beim gendern.
    Die Medizin setzt Personalisierung um,ok.

    Eines der mir momentan nahestehenden Fragen ist tatsächlich auch,inwiefern Gewalt wieder als legitimes Mittel dieser Auseinandersetzung gerechtfertigt wird und werden soll. Es erfolgt da gerade die Macht des Faktischen,welches mir Sorgen macht.
    Dabei geht denjenigen,die Gewalt legitimieren,unter,welche Verantwortung sie für ihr regressives Verhalten haben.

  3. Statt Russisch Roulette, spielen die Oligarchen heute Russisch Paintball: Weil sie über Gesetz und Anstand stehen, wähnen sie sich auch über Naturgesetze erhaben. Und weil sie alle Flugzeuge und Autos haben und gern Gas geben, ist Russland gesprenkelt mit Klecksen, die recht einleuchtend den Unterschied demonstrieren zwischen einer Rentnerin, die nicht rechtzeitig zur Seite springen kann, und betonharten Tatsachen. Je mehr Rentnerinnen als Kleckse enden, desto mehr bestärkt es die Mächtigen in ihrem Wahn und motiviert sie so, Rentnerinnen zu Klecksen zu verarbeiten und selbst Klecks zu werden.

    Schätze mal, dies ist das Lebensgefühl der letzten hundert Jahre: Es gibt nur Menschen, wer über Menschen bestimmt, bestimmt das Universum. Selbst wenn wir aus allen Wolken fallen, wir können die Gravitation aussitzen, niederschmollen, ignorieren, verklagen, einschüchtern, dann geht sie von selber weg. Denn schließlich haben wir das heilige Recht auf eine butterweiche Landung, das haben wir uns höchstpersönlich selbst gegeben, unser Wort ist das Wort Gottes, und dass nur wir es hören und sonst nichts und niemand, macht uns zur Herrenrasse und Krone der Schöpfung, nicht zu einem Häuflein armer Irrer, die Selbstgespräche führen.

    Nein. Dies ist ein Universum der Naturgesetze und ein Planet der selbstorganisierenden Systeme. Wir sind nur die Bakterie im Darm eines Flohs, der auf dem Kopf eines Riesen sitzt, die glaubt, zu bestimmen, wo es lang geht. Wir sind Sklaven, und nur wer die Kräfte versteht, denen wir gehören, wer sie geschickt zu kombinieren weiß, kann sich einen Fallschirm bauen. Der Wissenschaftler unterwirft sich Onkel-Tom-mäßig den Mächten, gegen die er nicht ankommt, doch auf eine Weise, von der er profitiert. Den Boss kennen, ihm nach den Mund reden und seine Launen zu seinem Vorteil nützen, so macht man Karriere. Arschkriecherei ist Macht, auch bei Mutter Natur.

    Ob man jetzt der Religion folgt oder der Wissenschaft, am Ende landet man bei gleichem Gebot: Demut. Wir sind nicht das Zentrum des Universums, nur ein Bisschen Staub im Wind. Weder die Wahnwelten der alternativen Fakten und Verschwörungsmythen, noch die Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung noch Mehrheitsentscheidungen noch das sture Verharren in einer degenerierten monistischen Ideologie, in der hehre Zwecke den Mangel an Mitteln, Wegen und Fähigkeiten heiligen, sie zu erreichen, können die Stürme beeindrucken, die uns umherwirbeln. Wir können uns selbst veräppeln, doch Stock und Stein brechen trotzdem unser Gebein.

    Der Zeitgeist erzwingt Faschismus – er bittet nicht freundlich darum. Wehret den Sachzwängen, bevor ihr sie schafft, denn wenn sie erst mal da sind, seid ihr ihnen hilflos ausgeliefert – und wie das aussieht, erleben wir gerade. Eine wichtige Schlacht gegen den Zeitgeist haben wir verloren, die internationale Ordnung ist nicht mehr zu retten, zu reformieren: Die Welt zerfällt in Blöcke, die um Macht, Ressourcen, Überleben und Dominanz kämpfen, der Rücksturz ins 19. Jahrhundert, die Zeit der wenigen Imperien, die die Kleinen und Schwachen fressen.

    Die Frage ist, ob wir es schaffen, wenigstens auf dieser Stufe die Notbremse zu ziehen – einen Kompromiss zu finden, der den Faschismus so gut simuliert, dass Massa Zeitgeist happy ist, andererseits so viel von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten, Humanismus rettet, wie trotzdem möglich ist.

    Die Amis stehen vor einer ähnlichen Herausforderung wie wir – ihnen droht der Bürgerkrieg, uns der Zerfall in Zwergstaaten, die dann wohl auch übereinander herfallen würden, und selbst wenn wir das aufhalten, müssen wir zu Imperien werden. Und da müssen wir entscheiden, was für Imperien wir sein wollen. Uns droht ein ähnliches Modell, wie es die Russen und Chinesen vorleben: Die Oligangster suchen sich einfach einen Zar Capone, der alle Macht in seiner eisernen Faust bündelt, damit lenkt er die Räuberei im Innern und Außen, zerschmettert jeden Widerstand, hält den Laden durch sein Ego zusammen, das wär’s. In Amerika würde es wohl die Gestalt eines puritanischen Kalifats annehmen, die Herrschaft evangelikaler Taliban, vielleicht dem Iran ähnlich. In Europa könnten wir zu Kreuzrittern werden, Verteidigern von Werten, die nur auf dem Papier existieren, einer Fake-Freiheit, Scheindemokratie, Menschenrechten, die zum Recht auf Unterwerfung umgedeutet wurden. Oder gleich offen nach rechts rutschen und Cäsar-Gustav-Adolf-Hitler spielen, mit unverhohlenem Rassismus und dem Staat als Eigentümer des Individuums.

    Der globale Süden lehnt Menschenrechte, Gleichheit, Toleranz, als westlichen Kulturkolonialismus ab und im Rahmen der Entkolonialisierung fordert er uns auf, ihn wieder zu kolonialisieren. Denn was ihn bewegt, ist Größenwahn, die Forderung nach dem Recht des Stärkeren, entstanden aus unserer Schwäche. Dabei übersieht er, dass er selbst immer noch schwach ist. Wir werden zwar immer schwächer, doch wenn wir ihn nicht schlachten, tut’s einer von denen, die auch uns schlachten werden – ob Russland, China, Indien, USA, Nordkorea, brauchbare Kandidaten für Imperien bleiben überschaubar. Es ist der gleiche Größenwahn, der auch Europas Nationalisten bewegt, ganz besonders im Wilden Osten. Jetzt, wo Russland ihnen den Hosenboden der Tatsachen versohlt, eiern sie herum, denn sie wollen zwei Extreme gleichzeitig: Einerseits ihre nationalnarzisstischen Zwergimperien, in denen sie sich im autistischer Hybris fern jeder Realität suhlen können, andererseits den Schutz vor dieser Realität durch die Gemeinschaft. Nun, sie werden sich entscheiden müssen: Entweder Zwergstaaterei, die gerade lange genug überlebt, bis jemand Großes Bock hat, sie zu erobern – oder ein Vielvölkerstaat Europa mit einer Zentralregierung, die Polen, Ungarn, Serben auch zurechtstutzen darf, wenn sie aus der Reihe tanzen. Umgekehrt wird auch der reiche Westen akzeptieren müssen, dass zum Beispiel die Aufnahme von Balkan-Staaten geschultert werden muss, denn es ist keine Frage des Geldes, sondern der territorialen Integrität und von Grenzen, die verteidigt werden können, und da hat die Geografie ein Wörtchen mitzureden. Fisch oder Fleisch – mit dem Weder-Noch-und-das-Gegenteil der EU ist Schluss, sonst bleibt nur der Zerfall.

    Wenn die Amis die Kurve kriegen sollten, sodass uns der westliche Block erhalten bleibt, wäre das natürlich super. Meinetwegen kann Europas Hauptstadt Washington bleiben, solange das System erträglich ist – und das können mir weder Puritaner noch Populisten noch Russen anbieten, die denken nicht darüber nach, dass fast alle von ihnen Sklaven sein werden und nicht Herren, falls ihre Träume wahr werden, denn Schlimmer ist nicht das Gegenteil von Schlimm, sondern die Steigerung. Sonst kann mit an Bord, wer will, Hauptstadt Moskau wäre auch OK, hätte sie nicht über Jahrhunderte bewiesen, dass das stets eine kranke Idee ist und bleibt. Die Russen haben auf längere Sicht die Wahl, Zweit-Uiguren in China oder das größte Volk der EU zu werden. So, wie die EU aussieht, wundert es mich nicht, wie sie sich entschieden haben, doch wenn wir uns zusammenreißen, könnte sich die ganze Ukraine-Nummer als eine einzige Verschwendung von Zeit und Menschenleben entpuppen, denn wer prügelt sich um einen Blumentopf, wenn er dafür Haus und Hof opfern muss? Jaa-ha, die Antwort sehen wir: Orban, Putin, all die Möchtegern-Kleckszwerge, die sich und ihre Pissels-Staaten für mächtig halten, weil sie die Welt außer sich nicht sehen. Vielleicht irre ich mich, und die Russen schaffen es doch, sich an Europa die nötige Masse anzufressen, um bei Clash of Empires mitspielen zu dürfen, hängt davon ab, ob wir eine Betonwand oder russische Rentnerin sein wollen, denn bremsen wird Vlad der Geisterführer nicht.

    Das sind so praktische Fragen. Doch es bleibt noch die Ethik – wenn wir uns mit Gewalt nehmen, was wir brauchen, um stärker zu sein, als die Leute, die uns mit Gewalt nehmen wollen, was wir brauchen, wie gehen wir selbst mit den Besiegten um? Wenn Sie Russland wären und die Ukraine besetzt hätten, wie würden Sie dann mit den Ukrainern umgehen? Wie China mit den Uiguren und Tibetern, wie Israel mit den Palästinensern, wie Amerikaner mit den Indianern, Briten mit den Indern, Polen mit den Ukrainern, Ukrainer mit den Polen? Wie würden Sie wollen, dass man mit Ihnen umgeht, unter welchen Bedingungen wären Sie dem Besatzer gegenüber ausreichend loyal, dass er Sie nicht mit dem Stiefel in den Nacken unterdrücken müsste? Ist noch zu früh für solche Ketzereien, die ergeben sich von selbst, falls wir es schaffen, den Zerfall aufzuhalten. Das alles fühlt sich irgendwie erregend an – es ist ein Teil der menschlichen Natur, den man eigentlich in Büchern, Filmen, Computerspielen ausleben sollte, damit eine friedliche, sichere Welt nicht zu langweilig wird, sie zu ertragen. Wenn solche Putin-Xi-Erdogan-Fantasy in Wirklichkeit umgemünzt werden soll, erklärt es sich von selbst, wieso wir eine friedliche, sichere Welt brauchen, die sie ins Reich der Fantasy verbannt. Doch die haben wir verspielt, alles auf Anfang, wir fangen wieder bei Scheiße an und können nur hoffen, dass wir aus unserem Versagen genug gelernt haben, um nächstes Mal richtiges statt Katzengold daraus zu spinnen.

    Darin steckt erfahrungsgemäß eine große Gefahr für die Ethik: Dass es uns zu sehr gefällt. Weil wir es ja tun, weil wir müssen, nicht, weil wir wollen, ist jede Grausamkeit erlaubt, alles, was Spaß macht aber in der Zivilisation nur simuliert ausgelebt werden darf. Der dualistische Enthusiasmus, verbunden mit monistischer Inkompetenz, machen ja die Fantasien der Dualisten zu realen Sachzwängen – wenn jeder ein Dualist ist, herrscht Fressen und Gefressen werden, in der Gladiatorenarena sind Monisten das glitschige Zeug, in dem man zur Belustigung der Massen ausrutscht. Es überleben die Löwen, nicht die Christen, auch wenn die die weiseren Liedchen trällern können. Wir hatten diese Art des Wettbewerb-Denkens in den Kapitalismus verbannt, jetzt kehrt er in die Politik zurück. Dass wir Schweine schlachten müssen, entschuldigt Tönnies nicht. Er wird es aber so wahrnehmen, ganz besonders, wenn ihm der Erfolg Recht gibt.

    Ein Erfolg wäre es auch, das Recht auf Abtreibung auszuhebeln und Frauen zu Gebärmaschinen zu degradieren. Wir sind nun mal Demokraten, wer die meisten Wähler aus den Schenkeln presst, hat gewonnen. Zumal Imperialisten auch viel Kanonenfutter brauchen – wir können zwar Söldner einstellen, religiöse Menschen sind diszipliniert, organisiert und dressiert, sich für die Sache zu opfern, das Problem ist dann aber, dass sie die Gewehre nicht wieder rausrücken und ihre Loyalität ihrer Sache gilt, nicht der des zahlenden Kunden. Die Reichen bezahlen die Waffen, die Armen riskieren für die Reichen ihr Leben, doch sie merken sehr wohl, dass die Reichen auf ihre Kosten reich sind, da hält keine Liebe ewig. Eine Lösung wäre Technologie, schließlich sind Russland und Nordkorea noch nicht Provinz von China, weil sie die Truppenstärke durch Atomsprengköpfe ersetzen. Mit der richtigen Technologie kann eine winzige Gruppe Spartaner große Menschenmengen dominieren (so wie die Ritter die Bauern in Europa in Leibeigenschaft halten konnten, solange kein Bauernheer ihnen gewachsen war), die Demokratie lässt sich vorlügen so, wie wir es tun: Indem man nur den Spartanern Pässe aushändigt, und den Rest outsourct, sodass sie ewig Fremde bleiben, denen man zwar die gleichen Rechte gönnt, doch in Apartheid von der Macht Nannte man in Polen-Litauen Adelsdemokratie, vergleiche auch die Gastarbeiter in Saudi-Arabien.

    Eine andere wäre Einwanderung – wenn wir wirklich das Reich des kleinsten erreichbaren Übels sein wollen, werden wir weiterhin Menschen aus aller Welt anlocken. Doch es fällt schwer, sich dafür zu erwärmen. Ist nun mal so, wenn man allen Mannschaften gleichermaßen zujubeln muss, verfällt das Interesse sowohl an Fußball, wie an der Einhaltung seiner Regeln. Einwanderung ist emotionell kein Problem, solange die Einwanderer eine Minderheit bleiben, muss man mit viel Einwanderung fertig werden und will aus humanistisch-demografischen Gründen die Grenzen offen halten, muss man die eigene Stückzahl erhöhen. Und wenn wir keinen Gebärzwang haben wollen, bleibt nur die einzig zivilisierte Lösung: Die Frauen bezahlen. Mutter muss ein Job werden, mit einem achtzehn Jahre gültigen Arbeitsvertrag, der einen angemessenen Lebensstandard für Mutter und Kind garantiert. Vielleicht auch den Vater, falls vorhanden. Natürlich müsste auch Erziehung mit im Paket sein, da könnten die Alten mit einbezogen werden. Nicht jedes Modell, das Menschen industriell produziert, muss menschenverachtend sein, es lässt sich auch um die Menschenwürde herum konstruieren. Dann wird’s natürlich teurer. Billiger wäre es wohl, die Konkurrenz dafür zu bezahlen, sich sterilisieren zu lassen, doch was würden Sie tun, wenn in Israel oder Deutschland Iraner auftauchen würden, der Leuten die Kostenerstattung plus eine Pizza anbieten, wenn sie es machen? Es wäre nämlich eine erfolgreiche Campagne – Fast Food jetzt, Reue später, weil die ganze Welt so lebt, rutscht sie ja in die Misere. So zu leben, ist eine legitime Entscheidung, doch der Preis tut weh, und man darf nicht mal rumjammern, wenn man ihn bezahlt. Ich jammere nicht deswegen, ich jammere, weil es humanere Wege gäbe, den Kredit abzustottern, als den, den wir gewählt haben.

    Ich hatte kürzlich die Vorstellung einer Zukunft, in der Nordkorea Russland und China überrennt. Der Großteil der männlichen Bevölkerung wird getötet oder sterilisiert und in Arbeitslager gesteckt, die gebärfähigen Frauen werden künstlich mit Kims Sperma befruchtet. Eine Erbkrankheit zu haben oder vom Großen Führer für hässlich befunden zu werden gilt als Verbrechen, für das für die ganze Familie die Todesstrafe steht. Viele Frauen fliehen nach Europa, die Nordkoreaner drohen mit Atomangriff, falls Europa die nicht wieder rausrückt, das knickt natürlich ein, und das ist die Grundlage eines Friedensvertrages, bei dem wir jedes Jahr ein Schutzgeld in Jungfrauen bezahlen. Nicht das realistischste Szenario der Welt, doch nicht unrealistisch genug, um nicht entgegenzusteuern.

    Und wie soll die Erde die ganze Extra-Bevölkerung tragen? Wir verzocken gerade ein Goldenes Zeitalter. Wir begreifen nicht, was die Energiewende heißt, was es bedeutet, billige, unbegrenzte Energie zu haben. Die FDP wird nicht nur den Verbrenner entstauben können – sondern auch die Ami-Straßenkreuzer der Fünfziger, denn E-Fuels sind zwar ineffizient in der Herstellung, doch mit unbegrenzter Energie kann man sich Verschwendung leisten. Wir werden Maschinen betreiben können, wie nie zuvor, bislang unerreichbare Ressourcen erschließen, uns Industrieverfahren leisten können, die bislang scheitern, und wenn wir es richtig anpacken, wird’s Umwelt und Klima ziemlich egal sein. Wenn wir Zugriff auf das Sonnensystem haben, ist die Ressourcenknappheit vorbei, dann können wir die Industrie in den Orbit verbannen, die Erde durchputzen und nur noch als Kur- und Wohnort nützen, mit sauberer Luft und Flüssen, in denen genmanipulierte Fischstäbchen schwimmen, die sich nach dem Angeln automatisch selbst panieren und braten. Doch dazu müssen wir erst mal durchs Nadelöhr, in dem Öko-Energie noch ein Weilchen ein knappes Gut und der Verbrenner eine nostalgische Erinnerung sein wird: Wir müssen erst mal die Solar- und Windanlagen bauen. Viel davon. Sehr, sehr viel davon. Und dann die Hälfte wieder abreißen und neu bauen, denn wenn man schnell und viel will, pfuscht man für gewöhnlich schnell und viel.

    Im Mittelalter gab es einen vergleichbaren Kraftakt: Massive Rodungsaktionen. Bevölkerungsexplosion, Renaissance, Amerika, Industrialisierung, Mondflug, all das begann damit, dass wir Europa mit Solarpanelen zukleisterten, auf denen Hopfen, Hanf und Weizen Sonnenenergie in Fuels für Mensch und Tier, sowie erneuerbare Rohstoffe konvertierten. Die Leute konnten roden, weil sie ihre Äxte vorher weder an der Börse verzockt, noch gegen Brötchen eingetauscht hatten. Irgendwie sind und Hanf und Doppelkorn seitdem nicht bekommen. Doch noch haben wir die Ressourcen für unsere Variante der Energiewende. Hoffe ich zumindest.

    Wir können aber auch weiter den einfachen Weg gehen, den, den die ganze Menschheit gewählt hat: Den Anderen die Schuld geben, herumtricksen und duckmäusern, um ja nichts ändern oder riskieren zu müssen, immer mehr ins Schwitzen zu kommen durch manische Versuche, nicht ins Schwitzen zu kommen, gegen die Wirklichkeit anplärren und uns in kindische Fantasiewelten flüchten, sich in immer größere Miseren hineinsteigern, die immer drastischere Reaktionen provozieren und erfordern, uns einbilden, wir hätten uns alle gegenseitig ausgeraubt und müssten uns unseren Reichtum mit Gewalt zurückholen, und damit das funktioniert, müssten wir alle in Gleichschritt schalten, durch irgendwelche gehirnamputierten Einzigen Wahrheiten, die uns zu Zombies machen, die weder kommunizieren noch kooperieren können, sodass sie sich nur gegenseitig umbringen können im Kampf um knapper werdende Ressourcen. Als ob der Klimawandel allein nicht schlimm genug wäre, denn eine Welt der Autisten-Horden wird ihn nicht aufhalten können. Das Kapitel: The Rise of the Zombie Kings ist abgeschlossen. Willkommen zu Chapter 2: Extinction of Souls. Vielleicht fällt mir noch ein besserer Titel ein. The Making of the Kleks?

    • Paul S.
      Zu viel und zu wing ist ein Ding, sagt der Volksmund. Wenn man das Baby überfüttert erstickt es.
      Du tust das gerade.
      Wir haben es mit Kultur zu tun, mit Kulturen auf verschieden hohen Entwicklungsstadien.
      Die USA haben keinen Dreißigjährigen Krieg erlebt. Das Wort „Toleranz“ ist für sie noch ohne Inhalt. Herr Blumes Thema könnte auch lauten „Die Rückkehr des Dualismus“.

      Die kulturelle Spaltung der USA in die demokratischen Gründerstaaten, die Südstaaten, die Staaten des Mittleren Westens und noch als vierte Bruchstelle, die Westküste.
      So gesehen war Trumps Entscheidung nur konsequent, die Einzelstaaten sollen entscheiden.
      Dass man dabei einen Rückschritt bei den Frauenrechten macht, das nahm er inkauf. Das ist die Tragik der Geschichte.

  4. @Paul S 26.06. 08:45

    „Als ob der Klimawandel allein nicht schlimm genug wäre, denn eine Welt der Autisten-Horden wird ihn nicht aufhalten können.“

    Abwarten, es gibt viele, die verstanden haben, dass wir am Klimaschutz nicht vorbeikommen. Das würde ich sogar China zutrauen. Nicht nur als PR, sondern wirklich.

    Nebenbei ist die Unabhängigkeit von Öl-Autokratien wohl auch ein eigenes Argument. Und die Energiewende hat tatsächlich das Potenzial von wieder billiger und vor allem unbegrenzter Energie. Wenn man jetzt noch mit grünem Wasserstoff gefütterte Bakterienkulturen hochwertige Nahrungsmittel hinbekommt, dann werden wir sogar von der Ressource Ackerland unabhängiger. Bei entsprechendem Recycling der übrigen Rohstoffe gibt es eigentlich keinen Grund mehr, Kriege zu führen, weil es dann praktisch eigentlich nichts mehr zu Klauen gibt.

    Wer seine eigene Wirtschaft in Gang bekommt, hat dann alles was er braucht.

    Sowas wie Putins Medienshow um die Wiedererlangung des Weltmachtstatus wird dann zunehmend überflüssig. Aus der auch jetzt schon nichts Vernünftiges draus werden kann. Es fehlen einfach die militärischen Möglichkeiten, auch wenn die Propaganda überschäumt.

    Derweil haben wir durchaus noch ein Problem mit den neuen Medien. Während die Autokratien die Inhalte im Netz unter Kontrolle bekommen, und mit immer weniger konkreten Repressionen auskommen, hat unserer eigener Pluralismus offenbar ein Problem mit den Feinden der offenen Gesellschaft, die sich munter im Netz ausbreiten können.

    Was da noch draus wird, das weiß ich jetzt auch nicht. Hier wird wohl jede Nation selber seinen Kampf mit haben, mit jeweils eigenen unterschiedlichen Ergebnissen.

  5. Leider ist die Überschrift “Die digital-globale Schlacht zwischen Monismus und Dualismus” selber ein Abrutschen in letzteres. Ein Monismus, der sich im Kampf mit dem Dualismus versteht, scheint mir schwach, weil er sich selber nicht versteht. Es ist ein entscheidendes Indiz, dafür, dass er es nicht schaft den gefährlichen Dualismus zwischen bsplw. hier Strafen für Abtreibungen und einem angeblichen “Recht” auf Abtreibung des Fötus bis kurz vor der Lebensfähigkeit. Ersteres vergößert unnötig schweres Leid und beleidigt die Frauenrechte und Entscheidungsfreiheit von Frauen. Letzteres lässt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe auf die Eigenverantwortung der Frau für ihre “freie” Entscheidung projizieren und macht es so möglich, dass bsplw. Arbeitgeber Frauen indirekt zur Abtreibung zwingen oder normalisieren.
    Und es stimmt, erstes ist, wie die Nazis gezeigt haben, gefährlich. Beides Realitäten sind aber schlicht die Folge einer offenbar im Absolutwert nicht abnehmend wollenden Polarisierung in den Vereinigten Staaten.

  6. Es besteht ein Unterschied zwischen einem starken Monismus, der sich wehrt, und einem, der an einer “Schlacht” “zwischen nur noch zwei Weltanschauungen” teilnimmt.

    • Monismus, Realismus und Dualismus sind drei Weltanschauungen, die oft heftig in Widerstreit geraten. Und, ja, ich unterstütze als Monist klar auch das Recht der ukrainischen Demokratie, sich gegen den Angriff des dualistischen Putinismus zu verteidigen. Weil ich für Frieden eintrete, kann ich kein Pazifist sein.

  7. Zunächst ließe sich doch einwenden, dass das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten (der Supreme Court of the United States, SCOTUS) mit der Aufhebung von #RoevsWade doch gar “nicht Abtreibung verboten”, sondern das Recht zu dessen Regelung lediglich auf die US-Bundesstaaten rückübertragen hat. [Artikeltext]

    Ganz genau, vielen Dank für diese Einordnung.
    Es ging bei der Entscheidung des (sogenannten, lol, komische Abbrevation oder, auch POTUS und so meinend) SCOTUS nicht um generelles Verbot der Tötung von nachwachsendem Leben, das von einigen ‘Abtreibung’ genannt wird.

    Ansonsten besteht kein ‘Recht auf Abtreibung’, dies könnte jedem klar sein, der (auch unterschiedliche) Deklarationen der Menschenrechte kennt.
    Vgl. bspw. mit wie hier behandelter Fragestellung :
    -> https://www.aerztezeitung.de/Politik/Soll-man-Neugeborene-toeten-duerfen-272371.html

    Es ist halt so, die ist unter Moralphilosophen, unter fast allen Politikern und auch die Menge meinend, klar, dass (auch hier) Güterabwägungen virzunehmen sind und Extrempositionen zu meiden bleiben.
    Dr. Webbaer rät gerade auch US-republikanischen Staaten an hier Mittelwege zu suchen und auf keinen Fall ein generelles Verbot der Tötung nachwachsenden Lebens (“Abtreibung”) in Gesetze zu gießen.

    Wer hier anders meint und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit absoluten Vorrang gewährt, macht aus dieseitiger Sicht viel falsch, wenn, nur zum Vergleich, mal auf Impfpflichten geschaut wird, könnte dies jedem klar werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

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