Medienethik – Dank für Solidarität gegen extremes Trolling und frohes Neujahr
Leser:innen von “Natur des Glaubens” wissen es längst: Seit meinem Amtsantritt als erster Landes-Regierungsbeauftragter gegen Antisemitismus vor über 3 Jahren trollt mich der Digitalaktivist Benjamin Weinthal, weil ich nicht auf seine oft schlicht illegalen “Forderungen” – wie die Aufforderung an die Landesbank BW zur rechtswidrigen Kündigung eines Kontos – einging. Seine immer weiter eskalierenden Trollings trafen und treffen dabei auch Dutzende weitere Demokrat:innen, zum Beispiel den Israeli Gaby Spronz vom Aktionsforum Israel.
In den vergangenen Monaten eskalierte Weinthal immer weiter, griff unter anderem meine Ehefrau Zehra und unsere Kinder rassistisch an, schmähte auch meinen 2012 verstorbenen Vater Falko – oft mit mehreren Aggro-Mails an riesige Verteiler pro Tag (!). Schließlich behauptete er gar, ich hätte ein Verhältnis mit der Autorin Jasmina Kuhnke (ihr Buch “Schwarzes Herz” ist sehr lesenswert!), da ich ihr einmal öffentlich gegen Rassismus beigestanden war. Allerdings sind Jasmina & ich uns im RL noch nie begegnet. Es wurde also immer offensichtlicher: Der Troll dreht völlig ab und hat längst jede Orientierung an der Realität verloren. Er konnte dabei ausnutzen, dass es zwischen der Europäischen Union, den USA und Israel bisher fast keinen funktionierenden Rechtsschutz gibt – auch nicht im Fall schwerster Verleumdungen und Beleidigungen sowie von Erpressungsversuchen gegen Regierungsbeamte.
Und so jubelte Weinthal bereits vor Wochen, er habe es geschafft, das sogenannte Simon-Wiesenthal-Center zu überzeugen, mich auf eine Prangerliste der “10 Worst Antisemitic Events 2021” aufzunehmen. Jüdische Freunde versuchten das SWC noch für einen Dialog zu gewinnen und dadurch zu schützen, doch Michael Wolffssohn hatte schon 2013 erkannt:
Man schätzt das Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles viel zu hoch ein. Es ist eines von zig jüdischen Organisationen – es gibt erfreulicherweise wesentlich intelligentere als das Wiesenthal Center. Das Wiesenthal Center profitiert nur von seinem Namen und ich weiß, weil ich in seinen letzten Lebensjahren einen engen Kontakt auch zu Simon Wiesenthal hatte, dass er oft sehr unglücklich war über die Äußerungen und Veröffentlichungen des Wiesenthal Centers.
Doch seitdem hatte sich auch das sog. SWC noch weiter nach rechts radikalisiert und den früheren US-Präsidenten Donald Trump unterstützt. Und also landeten dann Baden-Württemberg und ich – ohne ein einziges Gespräch mit mir oder den jüdischen Landesgemeinden Baden und Württemberg, die mich ja vorgeschlagen hatten – auf dieser bizarren Prangerliste, gestützt auf nichts anderes als auf “Vorwürfe” von Weinthal. Diese waren nicht nur längst widerlegt, sondern teilweise auch unfreiwillig komisch: So wurden mir Facebook-Likes vorgeworfen, obwohl ich meinen Facebook-Account bereits 2019 auch wegen Drohungen und Angriffen mit digitalen fakes geschlossen und mögliche Fehler schon damals unmittelbar digital-öffentlich klargestellt hatte – selbst das fiel dem sog. SWC in der Erstellung seiner Liste der “schlimmsten antisemitischen Vorfälle 2021” nicht einmal auf!
Zeitlich waren der Angriff samt erneuter Rücktrittsforderung gezielt auf die nachrichtenarme Ruhezeit zwischen Weihnachten und Neujahr gelegt worden. Und es möge sich jede/r überlegen, wer als nächstes dran gewesen wäre, wären unser Landtag, Landesregierung oder ich vor diesen Vorwürfen eingeknickt.
Doch diesmal war – so scheint es – das Trolling wohl zu weit gegangen.
Noch am Tag des Angriffs veröffentlichten die Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg eine gemeinsame Presseerklärung mit dem Titel: “Jüdische Gemeinden stellen sich klar hinter den Antisemitismusbeauftragten des Landes“.
Prof. Barbara Traub von der IRG Württemberg sagte darin u.a.:
„Wir kennen Dr. Michael Blume bereits seit fast zwei Jahrzehnten als einen außergewöhnlich engagierten und ausgesprochen kompetenten Kämpfer gegen Antisemitismus jeder Form, als einen Freund der jüdischen Gemeinschaft, sowie als einen leidenschaftlichen Brückenbauer nach Israel. Wie das Simon Wiesenthal Center – ohne mit den Gemeinden vor Ort überhaupt Kontakt zu suchen – auf die Idee kommt, einen derart ausgewiesenen Freund Israels und der Jewish Community auf eine Liste mit Antisemiten zu setzen, ist uns vollkommen unverständlich.”
Und der Vorsitzende der IRG Baden, Rami Suliman, sagte an:
„Michael Blume und sein kleines Team leisten hervorragende, unverzichtbare Arbeit“, so Rami Suliman, der als Mitglied des Expertenrats vertieften Einblick in die Arbeitsweise des Referates des Beauftragten im Staatsministerium nehmen kann. „Als in Baden-Württemberg lebende Juden hat das Simon Wiesenthal Center in Sachen Antisemitismusbekämpfung mit uns weder kooperiert noch ist es sonst bislang konkret in Erscheinung getreten.“
Screenshot der “Gemeinsamen Pressemitteilung” der jüdischen Landesgemeinden Baden und Württemberg. Link führt zur Original-pdf.
Darauf folgte eine breite Welle der Solidarisierung, unmittelbar durch den Ministerpräsidenten und den Innenminister des Landes Baden-Württemberg – Winfried Kretschmann (Grüne) und Thomas Strobl (CDU) -, den Zentralrat der Juden in Deutschland (ZJD), die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in Deutschland (ORD), die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG), die Bund-Länder-Konferenz der Antisemitismusbeauftragten (BLK), die Jüdische Studierendenunion Deutschlands (JSUD)… – und quer durch alle demokratische Parteien und Religionen. Hinzu traten Hunderte engagierte Einzelpersonen auf allen digitalen Kanälen, darunter auch Prominente wie der WerteInitiative-Vorsitzende Dr. Elio Adler, die Autorin von “Amerikas Gotteskrieger” Annika Brockschmidt, der deutsch-israelische Autor Arye Shalicar und weitere, viele davon in nichtöffentlichen Nachrichten. Besonders bewegte mich die Solidarität deutscher Kurd:innen, Türk:innen und Ezid:innen wie Düzen Tekkal, die wussten: Es geht um Würde und Leben aller Menschen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit oder auch ihrer Religionslosigkeit. Jede Gesellschaft, die pauschale, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zulässt, wird von dieser verwundet und am Ende zerrissen.
Solidaritäts-Tweets von Düzen Tekkal, Berlin, 29.12.2021. Screenshot: Michael Blume
So nahm ich mir vor, mit dem ersten Blogpost zum neuen Jahr hier einfach allen, die in den letzten Tagen Solidarität und Courage gegen Trolling und Anwürde gezeigt haben, herzlich “Danke!” zu schreiben. Von Herzen!
Ich habe es in Telefonaten mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und weiteren Landespolitiker:innen bereits getan und will es hier auch digital-öffentlich tun: Auch wenn solche Troll-Angriffe für meine Lieben und mich unglaublich belastend sind, sage ich zu, mich nicht einschüchtern zu lassen und nicht aufzugeben. Denn mir ist völlig klar, dass die Attacken dadurch nicht etwa aufhören, sondern sich erst Recht gegen andere demokratische, nichtjüdische wie auch jüdische Aktive richten würden. Trump-Dualisten verachten – völlig unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit – die liberale Demokratie samt Rechtsstaat per se – ob in den USA, in Israel oder in der Europäischen Union. Hier sollte sich niemand Illusionen machen: Trolle und Verschwörungsgläubige werden durch Zurückweichen nicht besänftigt, sondern weiter angestachelt. Ich muss da also durch, möglicherweise noch einige Jahre…
Entsprechend interessant ist auch das dünne Unterstützerfeld der SWC-Prangerliste: Neben einigen Entlassungsforderungen aus der AfD gab es auch Jubel von anti-israelischen BDS-Accounts – und eine Rassismus, Antisemitismus und Sexismus gekonnt kombinierte Beschimpfung durch die nach eigenen Angaben “linke, marxistisch orientierte” sog. “Junge Welt”. Diese bezeichnete mich als “Toy Goi” – also als Sex-Spielzeug von Juden.
Verhöhnung durch die links-marxistische “Junge Welt” als “Toy Goi des Tages” ab 30.12.2021 auch auf Twitter. Screenshot: Michael Blume
Das konkurriert doch sehr mit meiner bisherigen Lieblings-Beschimpfung durch das Rechtsaußen-Blogportal “Achse des Guten” als “Meister Proper der Antisemitismusbekämpfung”…
Passend sowohl zu “Junge Welt” wie auch zu “Achgut” gab es dazu auch eine Verhöhnung auf “RussiaToday”, die im Hinblick auf meine christlich-islamische Ehe schrieb, ich hätte besser “Ausländerbeauftragter” werden sollen. (Sowohl meine Frau wie auch unsere Kinder sind deutsche Staatsbürger:innen – aber RT Deutsch attackiert ja gezielt gelingendes Zusammenleben.)
Lob seriöser Medien
In all dem Übel sehe ich aber doch auch eine Chance für die Medienethik: Hier kann nun wirklich jede/r sehen, was für einen Unterschied zwischen schlecht recherchiertem, dualistischem Digitalaktivismus einerseits und seriös arbeitendem, monistischem Journalismus andererseits besteht: Von Eberhard Wein von der Stuttgarter Zeitung und Jens Schmitz von der Badischen Zeitung über die Südwestpresse und ZEIT ONLINE, von der Jüdischen Allgemeinen bis zu Alan Posener von der WELT, von der SWR Landesschau, über Tagesschau.de und das RND bis zu Katharina Thoms vom Deutschlandfunk begaben sich zahlreiche Journalist:innen auf die Recherche, überprüften die abstrusen Vorwürfe und hinterfragten die Arbeitsweise des sog. SWC und von Weinthal. Schon reagierte das Wiesenthal Center auf Nachfragen zu seinem Fail ungehalten und schrieb schon auf die “erste Anfrage” von ZEITONLINE: “Bitte nehmen Sie für weitere Informationen keinen Kontakt mit uns auf.”
Seriöse Medien sind für jede Demokratie unverzichtbar, hier überprüfen sie die abstrusen Vorwürfe von SWC und Weinthal. Screenshot: Michael Blume
Wie sich sicher alle vorstellen können, macht es alles andere als Freude, auf zahlreiche Medienanfrage zu absurden Vorwürfen Stellung zu nehmen und ernsthaft zu erklären, dass man längst gar nicht mehr auf Facebook vertreten sei, kein außereheliches Verhältnis unterhalte, sich digital leicht findbar unzweideutig gegen Antizionismus gestellt habe usw. Aber ich verstehe, dass die Arbeit seriöser Journalist:innen für jede demokratische Gesellschaft notwendig ist – und hoffe, dass auch die Rolle früherer und aktueller Arbeitgeber von Benjamin Weinthal in seinem jahrelangen Trolling gegen Demokrat:innen aufgeklärt wird. Denn solange es faktisch keinen funktionierenden Rechtsschutz gegenüber digitalem Trolling gibt, kann jede/r von uns in die Lage kommen, auch über Jahre hinweg verleumdet zu werden. Wenn die ganze Angelegenheit dafür gesellschaftlich, journalistisch und politisch sensibilisieren würde – dann hätte sich der Schmerz der letzten Jahre doch immerhin gelohnt.
In diesem Sinne danke ich Ihnen allen für das Interesse an dem leider unangenehmen Trolling-Konflikt und wünsche Ihnen ein frohes, sicheres und vor allem neues Jahr 2022!
Das war jetzt ein wenig vollständig, vielleicht auch über-vollständig, lieber Herr Dr. Michael Blume.
Ansonsten, sicherlich ist der Anwurf abzuweisen, Antisemitismus liegt nicht vor und auch der sog. Antizionismus ist von Ihnen kritisch gesehen bis abgelehnt worden: selten ging “Kritik” so fehl, wie Dr. Webbaer findet.
Mit freundlichen Grüßen, weiterhin viel Erfolg und ein frohes neues Jahr !
Dr. Webbaer (der sich abär ebenfalls daran erinnert, dass auch ausgeteilt worden ist, womöglich ebenfalls nicht immer fair und der Sache angemessen)
Danke & ja, @Webbaer – ich wollte es einmal aufzeigen und dann wieder zurück an die Arbeit. Wer es jetzt nicht verstanden hat, wollte nie verstehen. 🙂
Sich bitte nicht stören lassen …
MFG + weiterhin viel Erfolg
WB
Nein, schon gut, lieber @Webbaer.
Ich habe gerade diesen neuen Blogpost geschrieben:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dont-look-up-verschwoerungspsychologie-carl-sagan-religion-vom-feinsten/
Und noch einem Journalisten erklärt, dass ich selbstverständlich nicht ausschließe, im Netz vor Jahren auch Fehler gemacht zu haben – und diese damals wie heute dann eben zu korrigieren und klarzustellen. Nur Trolle wollen das nicht wahrhaben (und verdrängen selbstverständlich ihre eigenen, oft massiven Fehler, indem sie andere angreifen).
Ihnen alles Gute und ein frohes 2022!
Und zwar auch schon damals.
Irgendwo aufgeschnappt im CCC-Umfeld: Eine einfache Heuristik, woran man einen Wissenschaftler unterscheiden kann von einem Nicht-Wissenschaftler, und zwar egal, ob sie Professor sind oder einen Doktortitel tragen: Ein Wissenschaftler irrt. Ein Baghti irrt sich nie. Der forscht nicht, der verkündigt. – In social media ist das nicht anders. Wer im Dialog steht, irrt auch mal, und kann das auch so sagen, und tut das. Das ist kein Battle-Rap. Wer irrt, hat nicht verloren. Im Gegenteil..
Danke, @Alubehüteter. Tatsächlich verweigern sich m.E. Dualist:innen insgesamt und Trolle im Besonderen der schmerzhaften Zentral-Erkenntnis im Zeitalter der Falsifikation nach Karl Popper: Wir sind alle individuell wie auch gesellschaftlich fehlbar…
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/karl-popper-2021-fuehrt-die-digitalisierung-in-ein-zeitalter-der-falsifikation/
Habe ich Ihnen schon ein gutes 2022 gewünscht? Hier zur Sicherheit nochmal! 😉💁♂️🖖
Ich denke nicht, möchte auch rasch nachholen, Ihnen & Ihren Lieben alles Gute zum neuen Jahr zu wünschen. Und daß der Papa weiterhin hinreichend Zeit findet.
Ich habe mir noch mal rausgesucht, wie die Frau radikalisiert wurde. Was muß das machen mit dem Ego einer bis dahin unauffälligen Facebookerin, seinen Namen auf einmal zu hören von solch einer Bühne. – Die Tirade beim nächsten Konzert ging dann gegen Felix Klein.
Und dann kriegt man Fanboys wie Ben Weinthal. Ein Volker Beck wird, anfänglich, warum nicht, durchaus aufgeschlossen auf sie aufmerksam. Real wird sie ein ganz normales Leben haben, ich weiß gar nicht, was sie macht, aber im Netz hat sie eine Superheldin-Identität.
So ist es, @Alubehüteter. Habe einmal einem Treffen und Gespräch vor Zeugen zugestimmt. Bemerkenswert, die Kicks und Zwänge als digitale Aktivistin mit Schwerpunkt Facebook. Wie nachhaltig diese Lebensweise ist, wird sich – an vielen Beispielen – zeigen. Mir tut sie ein wenig Leid, auch im aktivistischen Getrieben-Sein. Die Bubble erwartet immer neuen Beef…
Hallo Herr Dr. Blume,
Ihnen ebenfalls ein gutes neues Jahr.
Seit ich das erste Mal von diesem Vorgang gehört habe, treibt mich die Frage um: Warum nur? Warum erhebt Benjamin Weinthal solche absurden, geradezu paradoxen Vorwürfe? Warum folgt ihm das SWC darin um den Preis der offenkundigen Selbstbeschädigung? Nun, die gleiche Frage könnte man bei jedem Troll stellen, nur wird die Antwort von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen.
Vor einer möglichen Antwort gilt es zwei Alternativen zu unterscheiden:
1. Benjamin Weinthal glaubt selbst an das, was er da schreibt. In dem Fall ist er offenbar das Opfer einer kognitiven Verzerrung oder gleich eines ganzen Bündels kognitiver Verzerrungen. Mögliche Kandidaten wären: Gruppendenken und Konformitätsdruck, Emotionale Beweisführung, Attributionsfehler, Reiterationseffekt, konzeptioneller Konservatismus, Backfire-Effekt, Verzerrungsblindheit, Dunning-Kruger-Effekt (Inkompetenz als Grund, die Grenzen der eigenen Kompetenz nicht zu erkennen) und last but not least die Mutter aller kognitiven Verzerrungen, der Bestätigungsfehler. Nebenbei bemerkt, Pionierarbeit auf dem Gebiet, wie kognitive Verzerrungen unsere Urteilsfähigkeit trüben, haben die israelischstämmigen Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky geleistet.
2. Benjamin Weinthal glaubt selbst nicht an das, was er schreibt. Das macht ihn nicht automatisch zum Lügner. Er könnte auch (im Sinne von Harry Frankfurt) ein Bullshitter sein. Zum Unterschied: Der Lügner kennt und achtet die Wahrheit, er täuscht nur seine Hörer bzw. Leser über ebendiese. Dem Bullshitter hingegen geht die Wahrheit geradewegs am A….llerwertesten vorbei. Ihm kommt es lediglich auf die Wirkung an, die er mit seinen Worten erzielen will. Er täuscht uns also hinsichtlich seiner Absichten. Auch hier gibt es einen ganzen Zoo von Möglichkeiten: Man hat Spaß daran, wenn es in den sozialen Medien krawallig zugeht. Man möchte sein eigenes Ego aufwerten, indem man andere abwertet. Man ist gierig nach medialer Aufmerksamkeit, usw. Am plausibelsten erscheint mir in diesem Fall, dass man um jeden Preis die Lufthoheit über die Deutung des Begriffs “Antisemitismus” behalten will: Es ist absolut nicht hinnehmbar, dass ein Nichtjude sich anmaßt, darüber zu urteilen, was Antisemitismus ist und was nicht.
Aber all dies muss vorerst Spekulation bleiben. Ich werde Benjamin Weinthal nicht zu einer Anhörung vorladen können, ich kenne nicht die Patientenakte seines Psychiaters, ich habe zu wenig Anhaltspunkte aus den Medien über seine Motivation und Befindlichkeit. In Abwesenheit von solchen notwendigen Informationen bleibt mir als einzige Möglichkeit einer Einordnung, von Hanlons Rasiermesser Gebrauch zu machen: “Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.” Das würde eher für die oben genannte Alternative 1 sprechen, dass Weinthal wirklich das glaubt was er schreibt, allerdings ohne Aufschluss über die Details zu geben.
Danke, @Gernoth Buth. Ich tendiere dazu, bei Herrn Weinthal nur noch eine eingeschränkte Rationalität anzunehmen. Er schadet ja nicht nur seinem eigenen Ruf, sondern auch dem der Jerusalem Post und des sog. SWC.
Umso unverantwortlicher handeln jene Trumpisten, die ihn gewähren lassen, ihn anfeuern wie Chaim Noll von der sog. „Achse des Guten“, der auch bei der AfD sprach, und die ihn sogar finanzieren wie das FDD. Zumal hier ja gezielt auch unsere Demokratie attackiert wird, hoffe ich sehr, dass noch Weiteres dazu heraus kommt. Dann hat sich das Ganze schon gelohnt…
Alubehüteter schrieb (04.01.2022, 00:54 Uhr):
> […] Eine einfache Heuristik, woran man einen Wissenschaftler unterscheiden kann von einem Nicht-Wissenschaftler […]: Ein Wissenschaftler irrt.
Das wäre nur in so fern ein einfach anwendbares Kriterium, als sich der Proband (schon) (digital) leicht (d.h. einfach) auffindbar festgelegt und mitgeteilt hätte; und zwangsläufig unbedingt: Inhalte betreffend, hinsichtlich derer es nicht ausgeschlossen ist, sich zu irren.
Ein offenbar weniger einfaches, aber deshalb womöglich auch nicht zu einfaches sondern nachvollziehbares Kriterium wäre:
Ein Wissenschaftler will wissen, wie sich herausfinden lässt, ob und wer (sich) worin irrte; und das vorrangig von sich selbst.
p.s.
Irrte Sir Karl Popper mit seiner (weithin, und insbesondere auch digital leicht auffindbar geteilten) impliziten Forderung, dass, sofern eine “Theorie des (sich) Irrens” aufgestellt würde (die, um dieser Bezeichnung gerecht zu werden, jedenfalls eine Definition des Begriffes “sich irren” umfassen sollte, bzw. definitive, nachvollziehbare Kriterien zur Feststellung, Fall für Fall, “ob man sich selbst geirrt hat, oder nicht”, sowie eventuelle weitere aus den damit verbundenen Festsetzungen herleitbare Theoreme), diese Ergebnis-offen überprüfbar zu sein hätte und sich also ggf. als irrig bzw. als falsch (und deshalb zu verwerfen) herausstellen können müsste ?
Irrt sich, wer stattdessen fordert, dass konkrete Modelle bzw. Erwartungen bzw. Annahmen von bestimmten Ergebniswerten aus den Wertebereichen von festgesetzten nachvollziehbaren Kriterien Ergebnis-offen überprüfbar sein und sich also ggf. als irrig bzw. als falsch (und deshalb zu verwerfen) herausstellen können müssten, und zwar in Anwendung gerade der im Rahmen der Theorie definierten und dafür festgesetzten konkreten Kriterien, deren Definition und Festsetzung (zusammen mit der betreffenden Theorie insgesamt) unverändert nachvollziehbar bestehen bliebe, egal welcher Ergebniswert im betreffenden Versuch damit ermittelt werden würde ?
Ihre Twitterpause sei Ihnen ja von Herzen gegönnt, aber dennoch zur Info: Er ist wieder da.
Danke & ja, Alubehüteter: Die digitalen Übergriffe haben nie aufgehört. Cyberstalking pur.