Warum der Antisemitismus uns alle bedroht. Wie neue Medien alte Verschwörungsmythen befeuern. Der Patmos-Buchtrailer

Am 19.03.2019 ist es soweit – mein neues Buch zum Antisemitismus kommt in den Buchhandel. Die Druckmaschinen laufen schon und ich bin herzklopfend gespannt, ob “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht. Wie neue Medien alte Verschwörungsmythen befeuern” von Leserinnen und Lesern aufgenommen wird und zu neuen Debatten führt. Weil ich dabei nicht nur “über” neue Medien schreiben wollte, habe ich dieses Buch (plus seinen Vorgänger “Islam in der Krise”) auch als Hörbuch aufgesprochen und den Patmos-Verlag zudem um die gemeinsame Erstellung eines digitalen Buchtrailers gebeten. Wenn sich der Antisemitismus multimedial reorganisiert, dann muss dies m.E. auch die Aufklärung dagegen, die Religionswissenschaft, das Buch tun.

Es war – und ist – ein schweres Thema, ein Blick in die Abgründe des menschlichen Denkens, Fühlens und leider auch Hassens. Warum richtete sich der Vernichtungswille schon seit der Antike immer wieder gegen die kleine Gruppe der Jüdinnen und Juden? Warum gibt es keine Menschen, die umgekehrt daran glauben, die Zionisten würden durch eine Weltverschwörung aus Briten, Albanern oder Chinesen kontrolliert? Aber auch umgekehrt: Wie kommt es, dass auf eine kleine Zahl von rund 15 Millionen Jüdinnen und Juden – etwa 0,2 Prozent der Weltbevölkerung – über 20 Prozent aller jemals verliehenen Nobelpreise entfallen, eine rund 100fache Überrepräsentanz?

Schon in meinem letzten Buch “Islam in der Krise” hatte ich die enormen Auswirkungen von Medien – im Falle des Islams der um Jahrhunderte verzögerten Einführung des Buchdrucks – erkundet. Mit dem Noahsohn Sem (hebräisch: Shem, “Name”) folgte ich nun den Spuren des – laut Talmud – ersten Begründers einer für alle offenen Schule auf der Basis einer Alphabetschrift.

Denn Sem ist natürlich kein biologischer Vorfahre, wie es rassistische Mythen leider bis heute vermitteln. (Häufig in Aussagen wie: “Herr Blume, eigentlich können doch Araber gar keine Antisemiten sein, weil sie doch selbst Semiten sind!” – “Dr. Blume, die Gruppe kann gar nicht antisemitisch sein, da sind doch Juden dabei.”) Sem ist ein mythologischer Vorfahre wie sein Urenkel Abraham – und er stand und steht für eine bestimmte Haltung zu Schrift, Bildung, Gott- und Weltvertrauen, Zeit und Zukunft.

Wenn wir den Semitismus neu und religionswissenschaftlich verstehen, dann verstehen wir auch unsere eigenen Kulturen, Zivilisationen, Religionen und Weltanschauungen besser – und die Gefahren, die vom Antisemitismus ausgehen: immer auch, aber niemals nur gegen Jüdinnen und Juden.

Nun kommt es auf Sie an: Ihr Interesse, Ihre Einschätzungen, Rückmeldungen, Erfahrungen. Mehr denn je sind lebendige Bücher heute Teile von multimedialen Prozessen, die der Autor anstoßen, aber dann nicht mehr kontrollieren kann…

#Antisemitismus #Semitismus #Religionsgeschichte #Mediengeschichte

Screenshot von der Patmos-Seite zu “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht”, Michael Blume


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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

70 Kommentare

  1. Derartige Fragen sind vglw. leicht zu beantworten, wie Dr. W findet :

    Warum richtete sich der Vernichtungswille schon seit der Antike immer wieder gegen die kleine Gruppe der Jüdinnen und Juden? Warum gibt es keine Menschen, die umgekehrt daran glauben, die Zionisten würden durch eine Weltverschwörung aus Briten, Albanern oder Chinesen kontrolliert?

    …denn Juden haben u.a. nach der Erstürmung der Masada international zu siedeln begonnen und sind insofern seit vielen Jahren ein um Identität bemühtes Volk oder Völkchen, das sich auch in schwieriger Zeit seine Identität und Kultur bewahrt hat, lange Zeit zuvörderst : seine religiöse, also außerorts, sie waren sozusagen nicht integrierbar, nie umfänglich.

    Weil Juden mit ihrer Kultur aber an vielen anderen Stellen persistieren, sind sie sozusagen der Prototyp des Internationalisten, der von Nationalisten stets angefeindet blieb, auch eben wegen ihrer Zähigkeit.

    Der Zionismus, also die Wieder-Suche nach einem Gewohnheitsort, auch die Ansässigkeit meinend, ist vglw. neu, nachdem die Heimat verloren ging, Herzl und so waren hier vor nicht langer Zeit Wegbereiter.
    Dieser Zionismus stand dann Internationalistentum entgegen, Juden sind idR auch heute noch zerstritten, ob es einen so deklarierten jüdischen Staat geben darf.
    (Dr. W findet, dass ja, ist abär kein Jude und wird sich hier auch nicht, in diesem Kommentariat besonders angreifen lassen, für seine Einschätzungen.)

    Warum es ‘keine Menschen, die umgekehrt daran glauben, die Zionisten würden durch eine Weltverschwörung aus Briten, Albanern oder Chinesen kontrolliert’ gibt, die so verstehen oder glauben, liegt in der Zähigkeit des Judentums begründet.
    Weil die sich nicht wie geschildert bearbeiten lassen und ließen.

    Hey, lieber Herr Dr. Michael Blume, Sie haben doch ebenfalls, ohne Jude zu sein, Juden kennengelernt, die sind womöglich auch aus Ihrer Sicht ein wenig eigen und zudem meist gebildet, fähig, identitär und auch kräfig, oder? (Nicht unbedingt im körperlichen Sinne.)
    Dr. W kam bei Juden immer (eigentlich immer, Ausnahmen fallen Dr. W zurzeit nicht ein) sehr gut an, weil er zumindest aus ihrer Sicht sozusagen normal war, wie auch nicht unfähig.

    MFG
    Dr. Webbaer

  2. Bonuskommentar zum dankenswerterweise bereit gestellten Trailer zum Buch noch kurz :

    Die Stimme ist ein wenig tiefer geworden, woll?, geraucht wird hoffentlich nicht und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die sich an äußeren, biologisch feststellbaren Merkmalsausprägungen festmacht, bedroht uns in der Tat.
    Diese gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie beschrieben festgemacht, bedroht uns, weil sie eben auch anders greifen könnte und im Sinne liberaler Demokratie unvereinbar ist, sondern mit der Gegensätzlichkeit, dem Kollektivismus, Hand in Hand zu gehen scheint.
    Es ist nur vernünftig Angriffe auf unsere jüdischen Freunde, die bitte bitte nicht Anhänger jüdischen Glaubens genannt werden sollen und auch Sätze, die mit “Gerade wir als Deutsche” anfangen, verbieten sich, wie Dr. Webbaer findet, als Angriff auf uns selbst zu notieren.

    Gründe für Hass auf Juden gibt es, sie sind aber unzulässig, sittlich niedrig, es gilt mit bspw. diesem geschilderten Sachverhalt – ‘Wie kommt es, dass auf eine kleine Zahl von rund 15 Millionen Jüdinnen und Juden – etwa 0,2 Prozent der Weltbevölkerung – über 20 Prozent aller jemals verliehenen Nobelpreise entfallen, eine rund 100fache Überrepräsentanz?’ – umzugehen, angemessen natürlich, als vermutlich verdient zu notieren.

    Der Schreiber dieser Zeilen, der Webbaer, der viel mit Juden zu tun hatte, weiß auch nicht so recht, warum sie oft so-o talentiert sind. (Hat vermutend weiter oben abär etwas geschrieben.)
    Ungerechtigkeit bei dieser Prämierung liegt aus diesseitiger Sicht nicht vor.

    MFG
    Dr. Webbaer

    • @Webbaer

      Nun, die erste Alphabetisierung, gebotener Kinderreichtum, Sem als (mythologischer) Begründer des ersten Lehrhauses und schließlich aus all dem eine mehrsprachige Bildungskultur vermögen das prima zu erklären – wie dann auch Neid, Misstrauen und schließlich Antisemitismus aus einer meist weniger gebildeten Umgebung.

      Falls Sie es lesen oder hören, freue ich mich auf Ihre Meinung! 😊📖

      (Und keine Sorge – ich bin weiterhin Nichtraucher… 😉 )

  3. “Der Prototyp des Internationalisten, die von Nationalstaaten stets angefeindet blieben…”
    Ist Zionismus nicht eine Form des Nationalismus ? Man stelle sich vor, heutige Teile der Bevölkerung in diesem Land streben nach den Werten der arisch/germanischen Urvölker von vor 2000 Jahren in diesem Landstrich ?! Die Posaunen von Jericho wären nichts gegen das Echo der Medien. Gottes “auserwähltes Volk” hat so einen Beigeschmack, da auch der Begriff “Auserwählt” nationalistische bzw. rassebezogene Züge trägt denn wer auserwählt ist, ist etwas besseres. Wer sich so bezeichnet, könnte auch in den Ländern, in denen er wohnt, falsch verstanden werden ,auch in Bezug auf Integration und Anpassung und somit Vorurteile schüren. Dass dieses Trauma der Vertreibung von vor über 2000 Jahren nicht verarbeitet werden konnte, also über 100 Generationen hinweg am Leben erhalten wurde, ist wohl in der Geschichte einzigartig und grenzt, wie oben erwähnt, an Nationalismus.

    • @Golzower

      Vielen Dank, dass Sie die Notwendigkeit von Informationen und Aufklärung antisemitischer Mythen so eindrucksvoll unterstreichen!

      1. Klar bildet(e) auch der Zionismus eine Nationalstaatsbewegung – ganz ebenso wie zum Beispiel der Hellenismus. Und wirft jemand den Griechen vor, dass sie sich in ihrem Kampf gegen die Osmanen auf antike Philosophen und (überwiegend) auf ein griechisch-orthodoxes Christentum, benannt nach einem jüdischen Wanderrabbi, beriefen?

      Tatsächlich gibt es keinen einzigen, seit Jahrzehnten bestehenden Staat, dessen Existenz noch immer bedroht wird, als Israel. So gibt es einen „Antizionismus“, aber keinen Antihellenismus, Antipakistanismus oder Antiburmanismus. Nur gegen den jüdischen Staat…

      2. Heutige Jüdinnen und Juden sind genauso wenig um zwei Jahrtausende zurückgeblieben wie Griechen oder Amish. Und warum auch? Selbst noch die Kleidung der jüdischen Ultraorthodoxen geht nicht auf die Römerzeit, sondern auf die osteuropäischen Stetl und Städte wie Warschau zurück.

      3. Gerade auch nach jüdischem Glauben schließt die göttliche Beauftragung der Eigengruppe nicht weitere Erlösungswege und Aufgaben aus. So können nach jüdischer Lehre auch gerechte Nichtjuden als „Kinder Noahs“ Anteil an der kommenden Welt erlangen.

      4. Das Judentum war auch nie „rassistisch“ – mit Tamar, Ruth, Zippora (die midianitische Gattin des Moses) benennt es gleich viele Frauen, die sich auf eigenen Wunsch dem Judentum anschlossen. In den 1980er Jahren akzeptierte israelisches Militär zudem Zehntausende afrikanischer Jüdinnen und Juden.

      Wagen Sie mehr tiefere Wahrheiten – es lohnt sich! 🤗👍📚

  4. @ Kommentatorenkollege ‘Golzower’ :

    Ist Zionismus nicht eine Form des Nationalismus ?
    […]
    Dass dieses Trauma der Vertreibung von vor über 2000 Jahren nicht verarbeitet werden konnte, also über 100 Generationen hinweg am Leben erhalten wurde, ist wohl in der Geschichte einzigartig und grenzt, wie oben erwähnt, an Nationalismus.

    Dass da welche identitär sind, findet Dr. W ja gut, solange dieser Identitarismus nicht gegen andere gerichtet ist.
    Auch wohlgeformten Nationalismus, bspw. den Patriotismus, sofern der wiederum nicht gegen andere gerichtet ist, es gilt sich auf der Skala “Nationalismus-Internationalismus” wohl irgendwie einzuordnen, Dr. W ist hier wohl mittig.
    Beim Zionismus dachte Dr. W eigentlich, dass der erst im 19. Jahrhundert entstanden ist, hat aber sowieso gewisse Unkenntnis i.p. Judentum, hat sich dafür nie so-o interessiert.
    Es blieb stets beim (vglw. umfänglichen) Grundwissen, aber klar, es gilt natürlich zu prüfen, ob Juden vielleicht eine problematische Kultur besitzen, nicht zu prüfen gilt die Herkunft an sich, dafür kann niemand etwas.
    Die Errichtung Israels auf als auf primär arabischem Gebiet könnte Unrecht gewesen sein, aber dieses wäre nicht mehr revidierbar.
    Auch die Taten in der Zeit bis 1945 sind es nicht, und damit sind auch die Vertreibungen Deutscher und Misshandlungen anderer als Juden gemeint.
    Henryk M. Broder hat recht abwertend über das religiöse, das streng traditionelle Judentum gesprochen, womöglich nicht : geschrieben.
    Also da wird Dr. W auch nicht happy, mit dem zur Kenntnis Genommenen.

    Ganz ganz böse formuliert und aus Sicht des Gojim könnte also am Antisemitismus was dran sein, wenn er das religiöse Judentum meint, da lohnt es sich vermutlich aber nicht besonders auszubauen, um Antisemitismus, den der Schreiber dieser Zeilen strikt ablehnt, zu suchen, oder gibt es hier Notwendigkeit?
    Irgendwer hat mal sinngemäß gesagt, dass aus dem Antisemitismus etwas werden könnte, täten ihn die Juden in die Hand bekommen.

    MFG
    Dr. Webbaer (der als Humanist in der freundlichen Bewertung des religiösen Judentums nicht mitgehen wird, Kultur muss kritisiert werden)

    PS:
    In den Staaten gibt es gerade eine Debatte, die sich darum dreht, ob in Betracht gezogen werden darf, dass US-amerikanische Juden eine Loyalität zum Staat Israel haben könnten, die mit der Loyalität zur USA konkurriert, sie darf aus diesseitiger Sicht geführt werden.

  5. Wenn uns irgend etwas bedroht dann ist es die Massenzuwanderung von Moslems.
    Und jene die diese Zuwanderung betreiben.

    • Klar, @Markweger – und wir ahnen, auf wen Sie mit „jene die diese Zuwanderung betreiben“ anspielen. Sie hinterfragen eher nicht Ihren eigenen Öl- und Gasverbrauch, mit dem Sie autoritäre Regime und Kriege mitfinanzieren, sondern vermuten Verschwörer am Werk. Das Video hat Sie erbost, weil ins Braune getroffen…

  6. Zwei Kommentare zum Gesagten möchte ich gerne anmerken:

    Ist Zionismus nicht eine Form des Nationalismus ?
    Freilich ist er das. Damit steht er in einer Reihe mit allen Nationalismen, die es sonst so gibt. Bloß, dass die anderen keine eigenen Namen haben. Zumindest ist mir nicht bekannt, wie man niederländischen oder irischen Nationalismus nennt. Dieser Umstand ist schon auffallend.

    Dem Nationalismus an sich kann man nun aufgeschlossen oder ablehnend gegenüber stehen, keine Frage. Wer aber den jüdischen Nationalismus verurteilt, den eigenen (oder den irgendwelcher anderen Gruppen) aber nicht, der zeigt damit, dass seine “Nationalismuskritik” in Wirklichkeit nur verkappter Antisemitissmus ist. Somit zeigt sich also nicht an der Zionismuskritik, sondern an der Haltung des Kritikers zu anderen Nationen, besonders der eigenen, ob er wirklich ein Anti-Nationalist ist (der somit auch nichts Spezielles gegen den jüdischen Nationalstaat haben dürfte, also nicht mehr als gegen jeden anderen “Nationalstaat” einschließlich des eigenen, sofern vorhanden, auch), oder eben doch nur ein gewöhnlicher Antisemit.

    Gottes “auserwähltes Volk” hat so einen Beigeschmack
    Ja. Allerdings fühlt sich jede Gruppe irgendwie “auserwählt”. Das gehört ja zu den konkreten Zwecken, die so eine Gruppe (sozial, für ihre Mitglieder) zu erfüllen hat. Das Gerede von einem Volk als “Schicksalsgemeinschaft” ist ja letztlich auch nichts anderes. Irgendwie muss die Gruppenzugehörigkeit ja definiert werden, und wenn man in eine Gruppe nicht hinein geboren wird (z.B. in die Familie, die Sippe, den Clan, den Stamm), dann entscheidet man sich ja für die Mitgliedschaft, normalerweise aufgrund ähnlicher Interessen der Mitglieder (das geht vom Fußball-Fanklub über die Arbeitsstelle bis hin zur “Nation”, sofern man diese nicht mit “Rasse” gleichsetzt, womit man wiederum hinein geboren würde). Somit ist man tatsächlich “auserwählt”, und sei es nur von den anderen Gruppenmitgliedern, die einen aufgenommen haben. Das kann man freilich auch religiös aufladen und auf Gott übertragen. Ob jeder so gläubig ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Jedenfalls ist die Ansicht, “auserwählt” zu sein, somit also nichts wirklich Besonderes. Warum daran immer so viele Leute Anstoß nehmen, ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar.

    Darum ist hier auch darauf hinzuweisen, dass ja auch nicht jeder Jude “fromm” oder “Zionist” ist. So wie nicht jeder Deutsche ein “Nazi” und nicht jeder Mann ein Vergewaltiger ist. Die Verallgemeinerung, in all diesen Fällen von “den” Juden zu sprechen (als zionistisch oder was auch immer) ist also sachlich unzulässig, wird aber oft im Zusammenhang mit Zionsmuskritik gebracht. Dadurch wird es aber auch nicht richtiger.

  7. Andere Frage
    Wie kann eigentlich ein vielbeschäftigter hoher und gutbezahlter Beamter, mit drei Kindern noch die Zeit finden ein Buch nach dem anderen zu veröffentlichen ?
    Ist diese Nebenbeschäftigung genehmigt ?
    Wie sehen das vorgesetzten Stellen?

    Frage im Namen der Steuerzahler , die ja Ihr Einkommen bezahlen?

    • Oh, vielen Dank, @Mein Freund! Zumal Sie sich ja bereits verschiedentlich Rechtsaußen geäußert haben, sehe ich Ihre „Frage“ als großes Kompliment! Sie würden mich gerne ruhigstellen! Vielen Dank für dieses „Lob“! 🤓📚

      Damit das klar ist: Selbstverständlich lasse ich mir meine Lehraufträge etc. dienstlich genehmigen – und selbstverständlich gilt in Deutschland auch für Beamte die Freiheit von Forschung und Lehre. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen nehmen auch weitere Ehrenämter wahr, zum Beispiel in Gemeinderäten. Demokratie lebt vom Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, auch über den Beruf hinaus.

      Aber Freizeit ist natürlich auch begrenzt und nach dem letzten Buch („Islam in der Krise“) im September 2017 hat es rund anderthalb Jahre und u.a. zwei Urlaube bis zu „Warum der Antisemitismus uns alle bedroht“ gebraucht.

      Vielen Dank, dass Sie mich motivieren, auch in Zukunft wissenschaftlich zu schreiben! Schöner hätten Sie mir ja gar nicht bestätigen können, dass es etwas bewirkt. 🤗

  8. > Golzower, 8. März 2019 @ 17:57
    > Dass dieses Trauma der Vertreibung von vor über 2000 Jahren nicht verarbeitet werden konnte, also über 100 Generationen hinweg am Leben erhalten wurde, ist wohl in der Geschichte einzigartig und grenzt, wie oben erwähnt, an Nationalismus.

    Eine sportliche Behauptung für die es keine Hinweise gibt.

    Andererseits:

    “Der vergessene Holocaust: Rund zwei Millionen jüdische Zivilisten sind von den sogenannten Einsatzgruppen und Polizeibataillonen ab 1941 ermordet worden. Dies geschah am helllichten Tag, öffentlich, zum Teil vor Zuschauern, mit Gewehren und Pistolen, von Angesicht zu Angesicht.”

    https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/das-radikal-boese-a-101838.html

    “Während später in den Konzentrationslagern das Morden durch ein perfides System gleichsam abstrahiert war, standen bei den “Sonderaktionen” Soldaten und Hilfspolizisten ihren Opfern noch von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie schossen auf Frauen, Kinder, Babys. Wie war das möglich? Wie konnten liebevolle Familienväter, nette, junge Männer, brave Bürger zu mitleidlosen Massenmördern werden? Wieso haben sie nicht verweigert, da, wie wir hören, doch schlimmstenfalls Rügen, Schimpfworte und zusätzliches Wacheschieben drohte? Welcher Mix aus politischen, soziologischen und psychologischen Faktoren macht einen Genozid möglich? Was bringt normale Menschen zu solch unvorstellbaren Grausamkeiten?”

  9. Zu den vielen klugen Beiträgen möchte ich noch einen anderen Gedankengang erwähnen. In den 80er Jahren erschien von Peter Scholl-Latour ein Buch : Allah ist mit den Standhaften.
    Darin beschreibt er die islamische Revolution, genauer , das Schicksal Afghanistans durch die sowjetischen Besatzer. Die Islamischen Staaten der Sowjetunion erklärten sich solidarisch mit ihren Glaubensgenossen in Afghanistan. Der Koran war also das Bindeglied, der militärische Druck von außen wurde zum Auslöser einer religiösen Rückbesinnung.

    Was hat das jetzt mit Antisemitismus zu tun ? Nun bei den Juden ist der Tanach das Bindeglied und die Vertreibung der Juden aus ihrer Heimat vor 2000 Jahren wurde der Auslöser auf die religiöse Rückbesinnung. Und das ist bis heute so geblieben. Die religiöse Rückbesinnung wurde/wird von den Gastländern nie verstanden und als Bedrohung empfunden. Der Mythos von der Weltverschwörung entstand.
    Was wir heute in Nahost erleben ist das Konzentrat aus religiöser Rückbesinnung und militärischer und kultureller Bedrohung aus dem Ausland.
    Kulturelle Abgrenzung ist der Mechanismus, der aus Nachbarn „Fremde „ macht.
    Das war/ist bei den Juden so, das ist aktuell bei den arabischen Ländern so..
    Auch hier entsteht ein neuer Mythos, der Bedrohung der Welt durch den Islamismus.
    Einen wichtigen Unterschied gilt es zu erwähnen. Die kulturelle Abgrenzung der islamischen Staaten ist aggressiver Natur, der hl. Krieg soll ins Ausland getragen werden.
    Die kulturelle Abgrenzung der Juden ist friedlicher Natur, sie wollen eine geschlossene Gesellschaft bleiben.

    Damit soll der Antisemitismus nicht geschmälert werden. Kein Volk der Erde war und ist immer noch durch die Vernichtung bedroht, als die Bewohner Israels.
    (Wenn ich mit diesen Gedanken ganz falsch liegen sollte, dann lasse ich mich gern belehren.)

  10. KM OT
    was macht Nachbarn zu Feinden? Wir haben das in Kroatien gesehen, wo Serben und Kroaten anfänglich als Nachbarn nebeneinander lebten. In kürzester Zeit bekriegten sich die beiden Volksgruppen, warum?

    Ein Taxifahrer meinte, es ging damals um die Vorherrschaft zwischen Kroaten und Serben. Also das ganz gewöhnliche Dominanzstreben. Der Nationalstaatsgedanke war/ist also keine so gute” Erfindung”.

    • Ganz genau, @bote19. Und deshalb halte ich auch nichts davon, den Nationalstaat als „Ende der Geschichte“ zu verkünden – oder von allen Nationalstaaten der Erde nur Israel das Existenzrecht abzusprechen. Wer „Antizionist“ und nicht zugleich (z.B.) „Antipakistanist“ ist, steht schlicht in antisemitischen Traditionen…

  11. Israel ist nicht nur das Resultat eines Nationalismus/einer Nationalstaatsbewegung, nein, Israel ist auch zu einem Fixpunkt im Denken vieler Juden geworden einfach darum, weil es ein Versprechen auf einen Ort ohne Bedrohung, einen Ort der Normalität ist.
    Viele Juden sind erst durch das was ihnen widerfahren ist oder durch erlebten Hass und erlebte Bedrohung zu Unterstützern eines Staates der Juden geworden. Auch Einstein gehört dazu. Zuerst wollte er gar nicht als Jude wahrgenommen werden und hielt auch nichts von einem Staat Israel mit Grenzen und einer Armee. Doch er änderte seine Meinung, nachdem er selbst wie viele andere allein aufgrund seinen Judentums in Frage gestellt und bedroht wurde.

    Dies bleibt bis heute gültig. Auch heutige europäische Juden können sich nicht sicher sein, ob sie nicht eines Tages eine andere Bleibe finden müssen – und das dürfte im Notfall Israel sein.

  12. Was ist denn jetzt mit der Mutter aller antijüdischen Verschwörungsmythen, den Passionsberichten des NT? Jesus ist gekreuzigt worden, also offensichtlich hingerichtet durch die Römer. Diese aber werden als nahezu völlig unschuldig dargestellt. Schuld seien vielmehr die intriganten Juden, die, dem Licht der Öffentlichkeit verborgen, die Strippen gezogen hätten hinter den Kulissen. Mit Geld: dem Judaslohn, Manipulation der öffentlichen Meinung von „Hosianna!” bis „Kreuzigt ihn!“, Drohung mit persönlichen Kompromaten – Jesus sagt, er sei der König der Juden, richtest Du ihn nicht, verpetzen wir dich beim Kaiser … Pontius Pilatus, der von Historikern präsentiert wird als außerordentlich widerlicher Stinkstiefel, wird von der christlichen Tradition so weißgewaschen, daß er von der koptischen Kirche sogar als Heiliger verehrt wird.

  13. Die Vernichtungslager, wo jüdisches Volk unterging, ohne sich zu wehren, und der Aufstand des Warschauer Ghettos, wo jüdisches Volk vernichtet wurde, indem es sich wehrte, diese zwei fürchterlichen Möglichkeiten, die einem Volk am Ende bleiben, forderten, damit sie sich nicht wiederholen, den jüdischen Staat. Einen erhabeneren Grund, einen Staat zu gründen, mag es geben, einen notwendigeren nicht.

    Friedrich Dürrenmatt

  14. Ergänzung zu
    Karl Mistelberger
    10. März 2019 @ 09:45

    Die Rückbesinnung einer Gruppe auf Ereignise, die tausende von Jahren her sind, ist keineswegs ein jüdischer Einzelfall. Waren es nicht die deutschen Nationalisten, die im 19. Jahrhundert den Germanen Arminius zum “Deutschen” namens “Herrmann” umgedichtet haben, bloß um einen Gründungsmythos für ihre neuerfundene Nation zu haben? Nebenbei keinen besonders glücklichen – Arminius war ein Verräter an Rom, der womöglich bloß aus persönlicher Machtgier handelte und schließlich von seinen eigenen Leuten ermordet wurde. Wenn ich mir einen Gründungsmythos für ein Volk aussuchen sollte, würde ich aber einen besseren nehmen… Aber die Vorliebe der Romantiker für “edle Wilde” war eben schon damals groß, ebenso wie der Haß der national-Romantiker auf alles Fremde (Römer, Franzosen, Juden, Flüchtlinge…), das macht ja das harmonisch-homogene Gesamtbild kaputt. Dabei ist “homo” in deren Augen ja auch schlecht – wirklich schwierig, die zufrieden zu stellen!

    Und, wenn wir schon dabei sind, waren es nicht die deutschen Romantiker J. und W. Grimm, die französische und italienische Märchen ins Deutsche übersetzten, gnadenlos modernisierten (also dem Mainstream-Geschmack ihrer Zeit, der Romantik, anglichen) und als angeblich “alte, von Märchenfrauen überlieferte deutsche Volksweisen” verkauften? Bloß dass die meisten dieser Frauen junge, hübsche Hugenotten-Damen aus der Nachbarschaft waren, die hier ihre französischen Kinderbücher aus der adelig-bürgerlichen Oberschicht des “Erbfeindes” rezitierten… (die nebenbei gesagt keine 200 Jahre alt waren, also von wegen “uralte” Überlieferung). Zugegeben waren unter den “Kinder- und Hausmärchen” auch Texte anderen Ursprungs, aber sehr viele, gerade die berühmtesten, gehen doch auf die Franzosen zurück.

  15. @Tradition

    Einmalig bei den den Juden ist, dass sie gleich 2000 Jahre vertrieben und in der Welt verteilt lebten, ohne ihre national-religiöse Identität aufgegeben zu haben. Meistens gehen eingewanderte Minderheiten spätestens in ein paar hundert Jahren in der Bevölkerung auf.

    Aufgrund der sehr langen Dauer des Lebens als Minderheit, hat eben auch der Antisemitismus eine einmalig lange Tradition. In dem überlieferten Fundus an Verschwörungsmythen wird man also bei den Juden schnell fündig, und kann das immer wieder aufwärmen.

    Der Nationalismus, teils gepaart mit instrumentalisierter Religion, ist unabhängig davon ein großes und gefährliches Problem, weltweit, seit Jahrhunderten und immer noch aktuell. Dennoch vermute ich, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich mehr als Weltbürger fühlen. Gerade die vielen Auslandsberichte in den Medien, die über die Jahrzehnte die weite Welt näher heran holen, fördern, das wir uns immer mehr als Weltbürger zu fühlen. Auch Auslandsurlaube und beruflich bedingte Auslandskontakte tun einiges dazu, und die vielen ausländischen Waren, die wir konsumieren auch. Selbst die vielen Einwanderer und Flüchtlinge sollten doch eigentlich dazu beitragen, dass wir uns mehr als Weltbürger fühlen.

    Neben politischen Interessen stehen aber gerade die Religionen oft dem Weltbürger sein im Wege. Solange die Kirchenführer darauf bestehen, das ihre Religion die einzig wirklich wahre ist, fördern diese Religionen dann die Aufrechterhaltung der Spaltung der Menschheit.

    Wäre es nicht die Aufgabe der Religionswissenschaft, das Gemeinsame in den Religionen zu finden, und dies auch der Öffentlichkeit näher zu bringen? Dann könnte der Mensch seinen speziellen Glauben relativieren, und sich mehr dieser Grundreligiösität zuwenden, notfalls an den Kirchenführern vorbei.

    Wenn es denn eine geistige Wirklichkeit tatsächlich gibt, müsste man die doch auf die Dauer auch herausarbeiten können. Und diese würde dann tatsächlich für alle Menschen gelten, ob sie es nun glauben oder nicht. Das wäre dann keine bloße Propaganda-Aktion für eine bessere Welt, das wäre wirklich grundlegend hilfreich. Nach dem Motto: Was näher an der Wirklichkeit dran ist, funktioniert auch besser. Auch im persönlichem Leben, nicht nur im Miteinander der Kulturen.

  16. Bei allen geschichtsträchtigen Analysen sei an die Woche der Brüderlichkeit erinnert, wo der einzelne Mensch wieder in den Focus genommen wird.
    Das muss das Ziel sein, weg von den Ideologien, hin zum persönlichen Kontakt mit Andersdenkenden.

    tranquebar
    Die Romantik war auch bestimmt vom Streben nach Einheit. Die deutschen Kleinstaaten hatten ja gerade ihre Ohnmacht gegenüber Napoleon erfahren müssen und ein starker Nationalstaat mit der Verherrlichung der Vergangenheit war das Ziel.
    Wie die spätere Geschichte gezeigt hat, wäre es besser gewesen, die deutschen Kleinstaaten hätten die Reichsgründung nicht erlebt. Starke Nationalstaaten sind immer eine Gefahr für ihre Nachbarn. Nur dieser Gedanke mal so am Rande. Im Hinblick auf die Judenverfolgung hätte aus Preußen niemals das Deutsche Reich entstehen dürfen.
    ” Der Alliierte Kontrollrat für das besiegte Deutsche Reich löste am 25. Februar 1947 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 den Staat Preußen auf.” Die Allierten hatten also ein gutes Gespür für falschen Nationalismus.

  17. Bundespräsident Steinmeier hat in seiner Rede den wachsenden Antisemitismus verurteilt – und dafür auch die Migranten mitverantwortlich gemacht, die aus ihren Herkunftsländern diesen Hass mitgebracht haben. Man sollte sich diesem Thema als eine Hauptursache stellen .

    • @Golzower

      Ja, nicht zufällig thematisiere ich auch im Buch und obigen Trailer den arabischen Antisemitismus stark. Und weise gleichzeitig darauf hin, dass sich deutsche Antisemiten nicht durch Ablenkdebatten entlasten können. Den Antisemitismus können wir nur gleichzeitig bekämpfen und überwinden – ob er nun links, rechts oder religiös, deutsch oder migrantisch geprägt ist. Es gibt keinen „besseren“ Antisemitismus…

  18. Nachtrag zum vergessenen Holocaust: List of villages and towns depopulated of Jews during the Holocaust

    Below is a partial list of selected villages and towns (shtetls) depopulated of Jews during the Holocaust. The liquidation actions were carried out mostly by the Nazi Einsatzgruppen and Orpo police as well as auxiliary battalions through mass killings. The German “pacification” units of the Einsatzkommando were paramilitary forces within the Schutzstaffel, under the high command of the Obergruppenführer. The Einsatzgruppen operated primarily in the years 1941–45.

    https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_villages_and_towns_depopulated_of_Jews_during_the_Holocaust

  19. @tranquebar 10. März 2019 @ 23:00

    Die Rückbesinnung einer Gruppe auf Ereignise, die tausende von Jahren her sind, ist keineswegs ein jüdischer Einzelfall. Waren es nicht die deutschen Nationalisten, die im 19. Jahrhundert den Germanen Arminius zum “Deutschen” namens “Herrmann” umgedichtet haben, bloß um einen Gründungsmythos für ihre neuerfundene Nation zu haben?

    Das war damals wohl so eine “Mode” in mehreren europäischen Ländern. Es gibt wohl einen wesentlichen Unterschied. Deutsche, Griechen, Italiener etc lebten schon dort, wo der Nationalstaat errichtet werden soll. In Palästina waren es aber nur ein kleiner Teil der Juden auch wenn sie in Jerusalem die Mehrheit ausmachten.

    • @Rudi Knoth

      Die meisten Nationalstaatsgründungen gingen mit massiven Bevölkerungsverschiebungen (sprich: Vertreibungen) einher – vom Elsass bis zu Pakistan, bis heute Burma/Myanmar usw. Und auch ein Großteil der heutigen Israelis geht auf die Zuwanderung von Vertriebenen zurück – zuerst aus Europa, dann auch aus den arabischen Ländern. Seltsam, dass man dies immer wieder nur den Juden (nicht aber Muslimen, Buddhisten, Franzosen usw.) vorwirft, oder? 🤔

  20. @Michael Blume 11. März 2019 @ 16:47

    Ist das wirklich so? Wer wurde denn aus Grossbritannien, Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz vertrieben? Ich denke der Unterschied ist schon signifikant zwischen Israel und den europäischen Nationalstaaten.

    • @Rudi Knoth

      Aus Frankreich wurden u.a. die Hugenotten vertrieben, Großbritannien unterwarf Schotten und Iren, Italien kämpfte u.a. mehrfach um Tirol, die Schweiz verbot sogar lange die Jesuiten… 😉

      Ganz ernsthaft: Wer so tut, als habe es nur um Israel Kämpfe gegeben, hat eine Obsession. Und wer Pakistan, Myanmar etc. anerkennt, Israel aber weiterhin nicht, braucht sich nicht „Antizionist“ zu nennen, sondern ist einfach Antisemit.

  21. @bote19 11. März 2019 @ 11:12

    Wie die spätere Geschichte gezeigt hat, wäre es besser gewesen, die deutschen Kleinstaaten hätten die Reichsgründung nicht erlebt.

    Damit Frankreich wieder mal einmarschieren darf?

    Starke Nationalstaaten sind immer eine Gefahr für ihre Nachbarn.

    Wirklich? Dann hätte man auch Frankreich in den Zustand vor Ludwig dem 14. versetzen müssen. Übrigens ist Frankreich schon zu seiner Regierungszeit in westliche Teile Deutschlands einmarschiert.

    Nur dieser Gedanke mal so am Rande. Im Hinblick auf die Judenverfolgung hätte aus Preußen niemals das Deutsche Reich entstehen
    dürfen.

    Eine dürftige Beweisführung nenne ich das.

    ” Der Alliierte Kontrollrat für das besiegte Deutsche Reich löste am 25. Februar 1947 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 den Staat Preußen auf.” Die Allierten hatten also ein gutes Gespür für falschen Nationalismus.

    Nein einfach einen Deutschenhass geschürt etwa von Werken wie “What to do with Germany” von Louis Nizer.

  22. Golzower
    mit den Migranten kommt der Antisemitismus wieder vor unsere Haustür.
    Ich will es mal moderner formulieren. In Europa hat sich die Toleranz gegenüber dem Nationalstolz durchgesetzt.Dazu hat es aber zwei Weltkriege gebraucht.
    Jetzt kommt die Intoleranz zurück, auch durch und von den Migranten, gegenüber den Juden und auch gegenüber den Europäern. Die Gefahre besteht, dass sich dieses Abgrenzungsdenken auch wieder bei uns “einbürgert” und wir wieder beginnen die Menschen in Kategorien einzuteilen.

  23. Dass dieses Trauma der Vertreibung von vor über 2000 Jahren nicht verarbeitet werden konnte, also über 100 Generationen hinweg am Leben erhalten wurde, ist wohl in der Geschichte einzigartig und grenzt, wie oben erwähnt, an Nationalismus. [Kommentatorenkollege ‘Golzower’]

    Eine sportliche Behauptung für die es keine Hinweise gibt. [Dr. Mistelberger]

    Die Masada ist beispielhaft genannt im jüdischen Gedächtnis eine feste Größe, ansonsten ist der Zionismus Nationalismus.
    Was sonst?
    Behauptete ‘Sportlichkeit’ und Verweise auf Verbrechen gegen Juden im letzten Jahrhundert haben hier keine gegenredende argumentative Wirkung.
    Jedenfalls keine wie anscheinend beabsichtigte, im hier gemeinten Zusammenhang.
    Wissen Sie womöglich ebenfalls, vielen Dank für Ihre Nachricht.

    Dr. W verweist in puncto Antisemitismus, so ist womöglich klar, was in den zensurierten Kommentaren von ihm gemeint war, andersortig so, auch um genauer zu beschreiben, was seine Stoßrichtung in eben diesen Kommentaren war, wenn auch immer noch im Brainstorming sozusagen :

    -> http://scienceblogs.de/bloodnacid/2019/03/11/olt-9/#comment-282955

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich also Gedanken macht, das Judentum, das sog. säkulare und praktische, ganz gut kennt, schlechter das religiöse, und sich über eine Freischaltung des werten hiesigen Inhaltegebers, der natürlich auch in Anbetracht seiner Aufgabe eine gewisse Sorgfalt walten lassen muss, nicht jede Meinung “so” durchgehen kann, gar wenn sie eher experimenteller Art ist, auch durch die manuelle Freischaltung von Kommentar nun womöglich geschützt ist, sehr freuen würde)

    PS:
    Dr. W nicht nur in dieser Sache bei Ihnen und vor allem auch interessiert sein, lieber Herr Michael Blume! – Und auf Ihrer Seite bleibt, klar, womöglich war Dr. W wieder mal ein wenig leichtfüßíg.

    • @Webbaer

      Ein Ziel dieses Blogs ist ja auch, verborgene Überzeugungen und Wissenslücken ans Licht zu bringen, diskutierbar und ggf. korrigierbar zu machen, Informationen zu vermitteln usw. In Sachen Antisemitismus und „Israelkritik“ wird es da sicher auch in Kommentaren noch viel zu lesen geben, nicht nur Schönes und Wahres…

  24. @Tobias Jeckenburger: ein Weltbürger-Bewusstsein hat sich zuerst unter gewissen gebildeten Juden ausgebildet – und das noch bevor die Nationalstaatenidee Karriere machte. Was aber bedeutet Weltbürgertum? Gemäss Wikipedia ist „Weltbürgertum eine philosophisch-politische Weltanschauung, die den ganzen Erdkreis als Heimat betrachtet“
    Heimat ist aber ein Gefühl, keine Rechtsordnung und nichts dem man etwas wie Steuern entrichten müsste. Zudem verpflichtet dieses Gefühl zu kaum etwas. Praktisch fehlen die Voraussetzungen zu echtem Weltbürgertum. Die Unterschiede zwischen Ländern und Regionen sind zu gross (in Bezug auf Wohlstand, Regierungsform, Überzeugungen und Werten) und was in einem Land Usus ist, ist in einem andern Land verpönt.
    Sich als Weltbürger zu fühlen ist also eine Illudion oder ein Wahn.

  25. @Tobias Jeckenburger

    Wäre es nicht die Aufgabe der Religionswissenschaft, das Gemeinsame in den Religionen zu finden, und dies auch der Öffentlichkeit näher zu bringen? Dann könnte der Mensch seinen speziellen Glauben relativieren, und sich mehr dieser Grundreligiösität zuwenden, notfalls an den Kirchenführern vorbei.

    Der katholische Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng gründete vor Jahren das “Projekt Weltethos”, welches Ihren Vorstellungen ziemlich nahe kommen dürfte. Leider hört man davon kaum mehr etwas.

  26. Küng ist die Lehrbefugnis entzogen worden. Seine Gedanken zum Christentum, speziell auch zu Maria, waren dem Klerus zu modern.
    Die römisch katholische Kirche muss sich bewegen. Im 19. Jahrhundert hat die kath. Kirche die Arbeiterschaft verloren, im 20. Jahrhundert hat sie die Frauen verloren, in diesem Jahrhundert wird sie alles verlieren, wenn sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Zurück zum Antisemitismus. Jetzt werden ja die Archive über Papst Pius XII geöffnet. Dann erfahren wir mehr , ob sein Stillhalten gegenüber den Nazis religiös begründet war oder ob rein aus pragmatischen Erwägungen.
    Dr. W.
    Sie legen Wert auf Begrifflichkeiten
    Wenn Sie die Rückkehr der Juden ins “Gelobte Land” als “nationalistisch ” ansehen, dann stellen Sie die jüdische Religion auf die gleiche Stufe wie das Streben nach politischer Einigung eines jeden Volkes.
    Der Zionismus ist kein Nationalismus, weil die Motivation eine andere ist. Dass es dabei Überschneidungen gibt, ist eine Folge der komplexen Zusammenhänge.

  27. @Michael Blume 12. März 2019 @ 07:57

    Naja, ob die Geschichte der Gründung von Nationalstaaten auch in Europa oft mit Vertreibungen von Minderheiten einherging, bezweifle ich einfach. Im Falle von Israel haben wir es mit dem eher seltenen Fall zu tun, daß Einwanderer aus Europa in Asien einen Staat gründeten, der besonders für sie gedacht ist. Dies gab es wirklich selten. Ich kenne da nur den Staat Liberia, in dem in Amerika lebende Nachfahren von Sklaven aus Westafrika angesiedelt wurden. Ich gebe Ihnen recht, daß auch in den Fällen Pakistan/Indien und Myanmar Menschen “umgesiedelt” und vertrieben wurden. Dies war auch nach Ende des 2. Weltkriegs und unter Beteiligung Grossbritanniens. Man könnte daher auch zu Recht auf die Briten schimpfen.

    • @Rudi Knoth

      Vielleicht wollen Sie ja einfach mal aufzählen, aus welchen europäischen Regionen und Staaten zum Beispiel nie Juden vertrieben wurden? Sie werden staunen…

      Und im heutigen Israel lebten bereits Abertausende Jüdinnen und Juden, Hunderttausende weitere wurden gerade nicht aus Europa, sondern aus arabischen Ländern vertrieben, wo sie teilweise seit Jahrtausenden gelebt hatten. Wer von Israel als europäischem Kolonialstaat quasselt, kennt die Geschichte des Orients nicht…

      M.E. ist klar: Wer Pakistan oder Myanmar trotz der Konflikte dort akzeptiert, kann nicht gleichzeitig den israelischen Nationalstaat ablehnen – es sei denn aus antisemitischen Traditionen.

  28. @Michael Blume:

    “Vielleicht wollen Sie ja einfach mal aufzählen, aus welchen europäischen Regionen und Staaten zum Beispiel nie Juden vertrieben wurden? Sie werden staunen…”

    “Wer von Israel als europäischem Kolonialstaat quasselt, kennt die Geschichte des Orients nicht…”

    Das widerspricht sich jetzt aber irgendwie.

    • Nö, @Peter Müller: Es dekonstruiert das antisemitische Feindbild, in dem das Judentum und Israel als „innerer Feind“ Europas erzählt werden, die sich nun eben „Land geraubt“ hätten. Und dies ist eben doppelt falsch: 1. Auch europäische (ebenso asiatische etc.) Nationalstaatsgründungen verliefen regelmäßig konflikthaft und 2. ein Großteil der heutigen Bevölkerung Israels entstammt gar nicht Europa. Nix ist mit „innerer Feind“…

      Wenn die Existenzrechte von Staaten wie Israel, Pakistan, Myanmar etc. eines Tages nicht mehr angezweifelt und stattdessen endlich pragmatische Friedenslösungen für Kaschmir, Westbank, Rohinya etc. gesucht werden, wird das ein guter Tag sein. Und es ist leider kein Zufall, dass dies weltweit auch fast jeder so sieht – außer eben, wenn es gegen Juden geht. Dann, nur dann finden sich global plötzlich viele „Kritiker“… :-/

  29. @Bote 19

    “Jetzt werden ja die Archive über Papst Pius XII geöffnet. Dann erfahren wir mehr , ob sein Stillhalten gegenüber den Nazis religiös begründet war oder ob rein aus pragmatischen Erwägungen.”

    Es sollte vielleicht nicht unerwähnt bleiben, dass sich die evangelische Kirche ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckerte, was den Antisemitismus im Dritten Reicht betrifft. Eine Aufarbeitung wäre auch hier erforderlich.
    https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/die-unruehmliche-rolle-der-evangelischen-kirche-im-dritten-reich/

  30. @Michael Blume 12. März 2019 @ 10:19

    Wer von Israel als europäischem Kolonialstaat quasselt, kennt die Geschichte des Orients nicht…

    Das wollte ich auch nicht so ausdrücken. In der Geschichte des Nahen Osten nach dem 1. Weltkrieg haben sich einige Staaten gebildet, die Probleme mit Minderheiten und Grenzkonflikte haben. Bekannt sind die Probleme der Kurden.

    M.E. ist klar: Wer Pakistan oder Myanmar trotz der Konflikte dort akzeptiert, kann nicht gleichzeitig den israelischen Nationalstaat ablehnen – es sei denn aus antisemitischen Traditionen.

    Dem stimme ich zu.

  31. @Mona

    “Konflikthafter Ablösungsprozess der frühen Christen vom Judentum”

    finde ich sehr euphemistisch ausgedrückt. Die Juden haben die judenchristliche Gemeinde anscheinend vollständig physisch eliminiert. Man weiß nicht, wie viele jüdische vom Mainstream abweichende Sekten noch, von den Christen weiß man nur, weil diese einen heidenchristlichen Ableger gebildet haben. Diese Wahrheit steckt meiner Meinung nach hinter dem Antijudaistischen im NT: Nicht die Römer, die Juden waren damals das Problem.

    Womit wir beim Stichwort der Mosaischen Unterscheidung wären.

  32. Mona
    Ihr Einwand ist berechtigt. Auch die evangelische Kirche war nicht besser als die römisch katholische Kirche, aber sie hat gleich nach dem 2. Weltkrieg klargestellt.

    “Mit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis (auch Schulderklärung der evangelischen Christenheit Deutschlands) bekannte die nach dem Zweiten Weltkrieg gebildete Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erstmals eine Mitschuld evangelischer Christen an den Verbrechen des Nationalsozialismus. ”
    Das geschah schon 1946 und ist etwas in Vergessenheit geraten. Der damalige vorsitzende der EKD Martin Niemöller, war selbst im KZ und man hat ihm das Schuldbekenntnis abgenommen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgarter_Schuldbekenntnis

  33. Ich hatte schon länger ein Unbehagen. Inzwischen bin ich der Überzeugung, daß man es z.B. Muslimen zu einfach macht, wirft man ihnen „Antisemitismus“ vor. Denn Antisemiten im rassistischen Sinne sind sie nun wirklich nicht. Das sind Antijudaisten, sie stehen da in einer christlichen Traditionslinie.

    • Nein, @Alubehüteter – längst gehört es auch in innerislamischen Konflikten um die Vorwürfe, dieser oder jener habe jüdisches bzw. armenisches „Blut“. Versuchen Sie besser nicht mehr, die Verschwörungsmythen zu verniedlichen, da kommt nichts Gutes dabei heraus…

  34. Im Falle von Israel haben wir es mit dem eher seltenen Fall zu tun, daß Einwanderer aus Europa in Asien einen Staat gründeten, der besonders für sie gedacht ist.

    Meines Wissens wanderten zwischen ca. 1900 (Begründung des Zionismus) und ca. 1960 (Etablierung des Staates Israel) etwa genauso viele Juden aus Europa nach Israel ein wie aus den arabischen Staaten, letztere erst nach 1950, weil sie aus Ländern wie Syrien, Irak oder Ägypten vertrieben wurden. Und von denen aus Europa kam etwa die Hälfte erst nach 1950 aus Osteuropa, also nach der Staatsgründung. Von einer Kolonisierung zu sprechen ist also völliger Unfug (zumal auch die Juden aus Westeuropa aus zahlreichen Staaten kamen), und eine Einwanderung “aus Europa” fand eben auch bestenfalls zu 50% statt, der Rest der Leute kam aus der Region selbst!

  35. @ Martin Holzherr – 11. März – 21:57

    Sich als Weltbürger zu fühlen ist also eine Illusion oder ein Wahn.

    Finde ich nicht. Realismus hin bzw. her. Zwar gibt es durchaus Unterschiede zwischen Menschen, aber wenn wir uns mehr als (nur ein zusammenfassender Ausdruck) “eine Familie” (od. Spezies/Lebewesen) empfinden würden, würde das einiges was es unschönen Erscheinungen (i.V.m. Nationalismus/Patriotismus usw.) gab/gibt, eliminieren.

  36. Stimmt, das mit dem jüdischen oder armenischen „Blut“ habe ich vergessen/verdrängt. Ist ja in der Türkei nicht selten zu hören, woanders kriege ich es vermutlich nicht so mit. Muß ich mal endlich meine türkischen Kollegen fragen, was damit gemeint ist.

    Mir geht es nicht um verniedlichen, mir geht es um verstehen. Antijudaismus ist ebenfalls mörderisch.

    • Kein Problem, @Alubehüteter – auch dafür ist Religionswissenschaft ja da. Wenn Sie sich für antisemitisch-rassistische Verschwörungsmythen speziell im türkischen Kontext interessieren, empfehle ich z.B. eine Diskursanalyse zu den sog. „Dönme Yahudileri“… :-/

  37. @Martin Holzherr „Sich als Weltbürger zu fühlen ist also eine Illusion oder ein Wahn“

    Ich würde lieber sagen: sich als Weltbürger zu fühlen ist eine psychische Realität. Und immerhin gibt es sogar eine UNO und jede Menge internationale Verträge, insofern ist Weltbürgerschaft zu einem kleinen Teil bereits verwirklicht.

    Sich als Weltbürger zu fühlen ist darüber hinaus wohl der erste Schritt zu einer internationalen Gemeinschaft, die diesen Namen verdient. Rücksicht, Respekt und Zusammenarbeit können Grundsätze für das Verhältnis zwischen den Nationalstaaten sein.

    Und mehr muss auch gar nicht, finde ich. Die EU kann als Beispiel gelten, wie es geht, und auch wie es nicht geht. Eine abgestimmte Wirtschafts- und Steuerpolitik macht Sinn, da könnte sogar Europa noch zulegen. Auch mehr solidarischer Ausgleich wäre gut. Aber Normen für jeden Blödsinn, eine gemeinsame Flüchtlingspolitik und eine uneingeschränkte Freizügigkeit sind Punkte, wo Europa zu viel regeln will. Das können die Nationen gut selber machen.

    Ausbeutung von Rohstoffen, Destabilisierung von Regierungen und Kleinhaltung der Wirtschaft in den armen Ländern ist keine gute Zusammenarbeit. Und unsinnige Kriege schon gar nicht. Das müssen wir alles nicht machen.

    Die Wissenschaft ist ein gutes Beispiel, wie wirklich gute internationale Zusammenarbeit funktionieren kann. Hier ist Respekt und Wahrhaftigkeit eine Grundregel, die sich durchgesetzt hat, weil es funktioniert. Wenn die Wissenschaft noch ein wenig mehr Spiritualität einbeziehen würde, würde sie mehr Menschen erreichen und davon überzeugen können, dass Evidenz und Vernunft funktionieren.

    Vielleicht kann der Kampf gegen den Klimawandel die internationale Zusammenarbeit wesentlich verbessern, und Vernunft und Realitätsbezug fördern. So könnten auch die zukünftigen Herausforderungen der unter Umständen ausufernden Automatisierung gemeistert werden.

  38. @Michael Blume

    War es nicht der Europäer Arthur James Balfour der das Land den Zionisten, über die Köpfe der dort ansässigen Bevölkerung hinweg, geschenkt hat?

    • „Geschenkt“? Ach, @Peter Müller – der Zerfall des britischen Empires spielte auch bei der Entstehung der indischen und pakistanischen Nationalstaaten eine große Rolle. Und im Falle Israels gab es sogar einen UN-Teilungsvorschlag, den die arabische Seite leider verwarf. Nix Verschwörung.

      Schon klar, dass Sie ein Weltbild ansprechend finden, in dem „zionistische Strippenzieher“ Völker und Gebiete „verschenken“. Es ist nur eben unterkomplex und falsch.

      Hier ein Artikel über die filmische Wiederbelebung dieses Antisemitismus auch bei Ihren russischen Freunden. Ob Sie sich auch für so etwas einspannen lassen wollen, müssen Sie wissen und entscheiden…
      http://www.hagalil.com/2019/03/netflix/

  39. @tranquebar 12. März 2019 @ 23:17

    In meinem von Ihnen zitierten Text waren es bis zur Staatsgründung meines Wissens neben den dort “schon länger lebenden Juden (Jerusalem)” meist Europäer. Es stimmt nach der Staatsgründung kamen von den arabischen Staaten vertriebene Juden dazu. Ebenso Europäer wie etwa der Satiriker Ephraim Kishon.

  40. @Bote 19 // 12. März 2019 @ 18:28

    Zum “Schuldeingeständnis” der evangelischen Christen: Nach dem verlorenen Krieg musste man natürlich nach vorne schauen und sich den neuen Verhältnissen anpassen. Es wäre vielleicht mutiger gewesen sich bereits während des Dritten Reiches der Ermordung der Juden entgegenzustellen. Im Gegensatz zur katholischen Kirche war die evangelische Kirche allerdings nicht so international aufgestellt und deshalb noch stärker vom Wohlwollen der Mächtigen abhängig, was auch ihre größere Nähe zum Nationalsozialismus erklärt. In seinem Buch „Jedermann sei untertan“ setzt sich der Historiker Karsten Krampitz kritisch mit der evangelischen Geschichte in Deutschland auseinander.
    Hier ein Interview mit dem Autor:
    https://hpd.de/artikel/evangelische-kirche-nationalsozialismus-und-ddr-14735

  41. Mona
    Danke für den Link,,der das
    “christlich-abendländische Staat-Kirche-Kartenhaus ” nüchtern betrachtet und auch zum Einsturz bringen kann.
    Die Kirche als real existierende Institution muss also aus der Geschichte auch ihre Schlüsse ziehen. Wenn sie das nicht tut, werden ihr die Kirchenmitglieder weglaufen.

  42. “hpd: Lässt sich die Geschichte des deutschen Protestantismus im 20. Jahrhundert in Perioden einteilen?

    Karsten Krampitz: Am besten an Hand der sich wandelnden Lutherbilder: Aus dem Bibelretter der Reformationszeit (“sola scriptura”) wurde im Kaiserreich der Vater aller Deutschen, der Gründer der Nation und im Ersten Weltkrieg dann der Vaterlandsretter – neben Hindenburg, dem Sieger von Tannenberg. In der Nazizeit galt Luther dann als Retter vor dem Judentum, neben Hitler.”

    Die Protestanten sind keine Ausnahme. Die ganze Welt beschäftigt sich obsessiv mit den Juden:

    https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_the_Jews_in_Europe

    https://en.wikipedia.org/wiki/Jewish_question

    https://en.wikipedia.org/wiki/Final_Solution

    https://en.wikipedia.org/wiki/Antisemitism

  43. @ Rudi Knoth, 13. März 2019 @ 14:03

    Eben. Nur ein geringer Teil der später im Staat Israel lebenden Juden kam schon vor der Staatsgründung aus Europa – zu wenig, um von einer “Kolonisation” zu sprechen, sowohl anteilig als auch in absoluten Zahlen, zumal wenn man die Verfolgungen in einigen europäischen Ländern als Fluchtursachen mit berücksichtigt.

    @ Peter Müller, 13. März 2019 @ 11:50
    Die Briten haben das Land ebenso den Arabern “geschenkt” (Lawrence), nämlich eben nicht geschenkt, sondern bloß vage irgendeine Art von möglicher Übernahme angedeutet. Diese Doppelrolle der Briten war tatsächlich sehr problematisch beim Entstehen des Nahost-Konfliktes, ist aber eher ein Argument gegen den gängigen Antisemitismus.

  44. @Michael Blume:

    “Und im Falle Israels gab es sogar einen UN-Teilungsvorschlag, den die arabische Seite leider verwarf. Nix Verschwörung.”

    Doch Verschwörung:

    “Das doppelte Spiel der Briten im Nahen Osten

    Um die Kriegsanstrengungen Russlands und der USA zu steigern, versprach Londons Außenminister im November 1917 den Juden eine „nationale Heimstatt“ in Palästina. Ein Trick, der zur Katastrophe wurde”
    ….
    Allerdings war Großbritannien zur Zeit dieser schriftlichen Zusage von Unterstützung längst bei einer anderen Seite in derselben Sache im Wort. Denn der Hohe Kommissar des Empire in Ägypten, Henry MacMahon, hatte 1915 dem Großscherifen von Mekka, Hussein Bin Ali, zugesagt, nach dem Sieg im Krieg gegen das Osmanische Reich ein arabisches Königreich von Palästina bis an den Persischen Golf errichten zu dürfen.

    https://www.welt.de/geschichte/article170244665/Das-doppelte-Spiel-der-Briten-im-Nahen-Osten.html

    • @Peter Müller

      Wollen Sie jetzt ernsthaft politische Manöver der britischen Regierung – die es wie erwähnt auch zu Indien/Pakistan gab – einer „jüdischen Verschwörung“ anlasten? 😤

      Wie @tranquebar doch richtig aufzeigte, spricht der ganze Vorgang politischer Manöver doch klar „gegen“ den Mythos einer angeblichen Weltverschwörung… 📚

  45. @Michael Blume

    Nein, ich habe noch nie von einer “jüdischen Verschwörung” gesprochen. Das unterstellen Sie nur immer wieder.

    • @Peter Müller

      Nein, ich erkenne einfach die immergleichen, argumentativen Muster. Aber, hey, sie können doch auch einfach aufklären, wer Ihres Erachtens nach „wirklich“ hinter den von Ihnen konstatierten Verschwörungen steht? 🤗👍

  46. @Michael Blume:

    “Nein, ich erkenne einfach die immergleichen, argumentativen Muster”

    Die hat ein McCarthy auch gesehen. Jemand spricht schlecht über die USA.. muß wohl ein Kommunist sein. Das heutige Äquivalent ist der “Putin-Versteher”.

    “Aber, hey, sie können doch auch einfach aufklären, wer Ihres Erachtens nach „wirklich“ hinter den von Ihnen konstatierten Verschwörungen steht?”

    Nein, kann ich nicht. Wie sollte ich das auch können? Die 9/11-“Verschwörungstheoretiker” wie ich, haben eigentlich nur den Eindruck, dass das ganze nicht so abgelaufen sein kann, wie offiziell verlautbart. Das die Skeptiker eine (Verschwörungs.)Theorie aufstellen ist lediglich eine Unterstellung, um diese dann wahlweise als antiamerikanisch oder antisemitisch zu brandmarken zu können. Konkrete Beweise gab es zwar nicht aber die Muster waren eindeutig…

    • Lieber @Peter Müller,

      ja, korrekt – das Verschwörungsdenken führt in ein generalisiertes Misstrauen und letztlich in einen McCarthyianismus, der sich auch damals übrigens nicht zufällig auch überstatistisch häufig gegen Jüdinnen und Juden richtete.

      Bedenken Sie bitte einfach, wie eine Gesellschaft aussehen würde, in der Sie die vermeintlichen Verschwörer „aufspüren“ und „bestrafen“ könnten – die Sie ja nach eigenen Angaben eher erahnen als dingfest machen können.

      Würden Sie in einer solchen, von geahnten Verdächtigungen durchzogenen Gesellschaft wirklich leben wollen? Und was ist ein Verschwörungsglauben wert, wenn er einen so vergiftet?

      Sie sind klug, lesen wissenschaftliche Blogs und haben die Wahl! 🤗👍📚

  47. Ich gratuliere zum neuen Buch, Herr Blume!
    Das Thema scheint leider immer aktuell zu bleiben, und umso wichtiger ist es sauber gegen jeden Rassismus, Antisemitimismus….und was es sonst noch für Verschwörungstheorien oder tief sitzende Vorurteile gibt, anzuargumentieren.
    Danke nochmal für Ihre aus meiner Sicht wirklich gute Arbeit in dem Bereich!
    Ich habe eine Frage, die mir aktuell unter den Nägeln brennt, auch wenn sie nicht direkt hierher gehört. Aber im weitesten Sinne hat sie auf mehreren Ebenen mit Verschwörungstheorien zu tun.
    Aus privaten und beruflichen Gründen habe ich aktuell intensiv mit Menschen zu tun, die aus der Türkei geflüchtet sind, weil sie als Gülen-Anhänger verfolgt wurden, teilweise erst nach längerer Haft und ohne formelle Anklage.
    Ich habe einiges von Ihnen zum Thema Gülen, respektive Hizmet gelesen, und hätte gerne gewusst, ob ihre teilweise schon älteren Einschätzungen noch aktuell sind, oder ob sich Ihre Position eventuell verschoben hat.
    Mir fällt es schwer, hier durchzublicken, und ich denke, Sie haben hier einfach viel mehr Ahnung und Erfahrung. Vielleicht haben sie einen aktuellen Link eines Textes oder einer Seite, die Sie mir empfehlen können?
    Ich möchte das Ganze einigermaßen verstehen können, was nichts daran ändert, dass ich die Menschen als Person kennenlernen möchte, und sie sicher nicht über ihren Hintergrund definieren werde.
    Viele Grüße,
    Alisier

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