Im Landtag BW gegen Antisemitismus – Meine Rede zum 9.11.2023

Am Donnerstag dieser Woche hielt ich die wichtigste Rede meines bisherigen Lebens.

Denn sie war nicht irgendwo – sondern ich wurde zum ersten Mal ans Rednerpult des Landtages Baden-Württemberg gerufen.

Sie war auch nicht vor irgendwem – sondern vor dem gesamten Parlament und der Landesregierung, vor den jüdischen Gemeinden, vor meiner Frau Zehra Blume & vielen Freunden sowie live im SWR (kommentierter Livestream, meine Rede ab 1:50):

Dr. Michael Blume am Rednerpult des Landtages vom Baden-Württemberg, 9.11.2023Aus dem SWR-Livestream der Antisemitismus-Debatte des Landtages Baden-Württemberg vom 9.11.2023. Screenshot: Michael Blume 

Und schließlich war sie auch nicht irgendwann, sondern am 9. November 2023, dem 85. Jahrestag der Reichspogromnacht und dem 100. Jahrestag des ersten, antisemitischen und mörderischen Hitler-Putsches vom 9.11.1923! Ich wusste: Vor mir würden die Landtagspräsidentin und alle (!) Fraktionsvorsitzenden des baden-württembergischen Landtages sowie Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprechen.

Sie können sich also vorstellen, wie groß die Last auf meinen Schultern war, als ich ans Rednerpult trat – und dann…

verließen AfD-Abgeordnete empört das Plenum und erhoben sich die Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen zu Standing Ovations! (Wie mir später gesagt wurde, das erste Mal seit der Rede von Nadia Murad 2016…)

Im Folgenden stelle ich Ihnen mein aktualisiertes Redeskript wie gewohnt als Fließtext und hier auch als pdf-Skript zur Verfügung. Über eine konstruktive Diskussion freue ich mich.

Der globale Antisemitismus gegen die Republiken

Der Zweite Antisemitismusbericht Drucksache 17/5086

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin Aras,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

sehr geehrte Abgeordnete des 17. Landtages von Baden-Württemberg,

sehr geehrte Damen und Herren,

als mich die jüdischen Gemeinden überraschend bei unserem Ministerpräsidenten für die bundesweit erste Beauftragung gegen Antisemitismus vorschlugen, hatte noch niemand eine Ahnung, was das bedeuten würde. Ich hatte nicht damit gerechnet, einmal an diesem Pult stehen und zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Für diese Ehre und für Ihrer aller Unterstützung in den letzten Jahren möchte ich mich von Herzen bedanken.

Ich bin gerade auch in den letzten, uns alle bedrängenden Tagen oft gefragt worden, ob ich das Amt angetreten hätte, wenn ich schon gewusst hätte, was es mit sich bringt. Und ich möchte Ihnen, den jüdischen Gemeinden, der Regierung und dem Parlament daher hier und heute sagen: Dank und mit Ihnen sage ich Ja, jeden Tag Ja!

Denn wie oft haben wir alle bedauert, dass vor 85 Jahren, als die Synagogen brannten, zu wenige Menschen für die jüdischen Bürgerinnen und Bürger eingestanden sind? Wie oft haben wir beklagt, dass die Weimarer Republik und gerade auch die Justiz nicht wehrhaft genug waren, nachdem vor genau 100 Jahren #onthisday Adolf Hitlers erster Putschversuch in München gescheitert war?

Heute aber kann ich Ihnen sagen: Wir in Baden-Württemberg hatten unser Sicherheitskonzept mit den jüdischen Gemeinden bereits Wochen „vor“ dem Jom-Kippur-Anschlag von Halle 2019 gemeinsam beraten. Und Innenminister Thomas Strobl konnte auch die europaweit ersten Polizeirabbiner berufen, die die so wichtige Ausbildung und Seelsorge unserer Polizistinnen und Polizisten unterstützen.

Wir in Baden-Württemberg hatten bereits Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten und eine Ansprechstelle im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung geschaffen, noch bevor der Messenger-Dienst Telegram zu „Terrorgram“ wurde.

Wenn Sie es wollen, wenn Sie uns dabei unterstützen, können wir auch das erste Land sein, das Mindeststandards dialogischer, interreligiöser Bildung für Kindergärten, Schulen, Hochschulen und auch Integrationskurse definiert.

Wir in Baden-Württemberg hatten bereits Beauftragte gegen Antisemitismus in den Staatsanwaltschaften geschaffen und selbstverständlich unter Wahrung der Gewaltenteilung begonnen, unseren Rechtsstaat wehrhafter gegen seine Feinde zu machen.

Schließlich, und fast am Wichtigsten: Als uns alle die furchtbaren Nachrichten und Videos vom Terrormassaker der Hamas am 7. Oktober 2023 erreichten, da hatten wir in Baden-Württemberg bereits längst miteinander Kompetenz und zueinander Vertrauen aufgebaut. Die Vorstände der jüdischen Gemeinden erlebten zu Recht eine Welle der ehrlichen Solidarität durch so viele von Ihnen.

Manuel Hagel hat gerade den Solidaritätsbesuch erwähnt. Ich weiß genau, dass alle Fraktionen bis auf eine in der jüdischen Gemeinde sehr willkommen sind.

In der Synagoge Mannheim konnten wir auch die Vertreter aller maßgeblichen islamischen, alevitischen und türkisch-säkularen Verbände zu einem Solidaritätsbesuch willkommen heißen. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen: Der Terror-Plan der Hamas, einen weltweiten Religionskrieg herbeizubomben, scheitert hier bei uns in Baden-Württemberg!

Die Menschen stehen zusammen, in ihrer übergroßen Mehrheit!

Und weil gerade in Zweifel gezogen wurde, ob das Land Baden-Württemberg genug gegen Islamismus, gegen islamistischen Terror tut: Sie, der Landtag, die Landesregierung haben ein Sonderkontingent auf den Weg gebracht, das ich leiten durfte, im Irak, direkt gegenüber dem sogenannten Islamischen Staat / Daesh.

Hier an diesem Pult hat Nadia Murad gesprochen, die für ihre Arbeit später den Friedensnobelpreis bekommen hat. Ich habe in drei Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder des sogenannten Islamischen Staates ausgesagt und bin nächste Woche bei internationalen Staatsanwaltschaften in Den Haag.

Auch beim Kampf gegen Islamismus ist Baden-Württemberg stärker, als es von manchen wahrgenommen wird.

Aber wir können den Kampf gegen Islamismus nur dann gewinnen, wenn wir auch den Islam kennen und die Musliminnen und Muslime wertschätzen. Wenn wir hier [weist zur Besuchertribüne] sehen, wie vielfältig unsere jungen Generationen sind, dann will ich ihnen zurufen: Lasst euch nicht auseinandertreiben! Vielfalt ist okay, die Vielfalt der Religionen gehört zu Baden-Württemberg. Ihr gehört dazu.

Ich kann mit Zahlen belegen, dass die Landesregierung und die Landtage von Baden-Württemberg bereit sind und waren, den Kampf aufzunehmen. Von den 77 Handlungsempfehlungen meines ersten Berichtes von 2019 konnten wir gemeinsam bereits 49 vollständig und 15 teilweise umsetzen. Dies betrifft neben den bereits genannten Beispielen auch etwa den Aufbau von Melde- und Beratungsstellen, die Verstärkung von Sicherheitsmaßnahmen, aber auch den Aufbau von Projekten gegen digitalen Hass, von jüdischen Bildungswerken und das baden-württembergisch-israelische Schulpartnerschaftsprojekt SCORA.

In dem Ihnen vorliegenden Zweiten Bericht mit der Drucksache 17 / 5086 finden Sie 46 Handlungsempfehlungen, die mein Expertenkreis, mein Team und ich erneut aufgegriffen oder neu konzipiert haben. Uns ist völlig klar, dass auch der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus im Wettbewerb um knappe Ressourcen und Aufmerksamkeiten steht. Aber wenn Sie es wollen, wenn Sie dabeibleiben, können wir weiterhin das Land sein, dass dauerhaft gegen Antisemitismus wirkt und nicht nur auf Krisen reagiert!

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich entsprechend die Vorstellung des Zweiten Berichtes mit wenigen grundsätzlichen Ausblicken beschließen, zusammengefasst in 3 Punkten:

Erstens: Der dualistische Verschwörungsglaube des Antisemitismus richtet sich aus dem einzigen Grund gegen das Judentum und den Staat Israel, dass diese Religionsgemeinschaft und dieses Volk mit der Alphabetisierung der Menschheit begonnen haben.

Der Noahsohn Sem, dessen Namen auch mit dem Titel meiner Beauftragung durch Sie verbunden wurde, beschreibt in der jüdischen Auslegung der Thora gerade nicht den Begründer einer „Menschenrasse“ oder Sprachgruppe, sondern den ersten Begründer einer Schule in Alphabetschrift. Jede koschere Thorarolle besteht aus 304.805 handgeschriebenen Alphabet-Buchstaben. Mit dem anwesenden Rabbiner Pushkin kann man es nachlesen; er zeigt es gerne in der Synagoge!

Bis heute benennen wir alle daher auch unser gemeinsames lateinisches Alphabet selbstverständlich nach dem Hebräischen Aleph-Beth. Unser gesamtes Recht basiert auf der Alphabetschrift; unsere heiligen Schriften, auch in Christentum und Islam, unsere philosophischen Werke, all das stützt sich auf die Alphabetschrift.

Auch der schönste Begriff der deutschen Sprache „Bildung“, entstammt direkt der Thora, dem 1. Buch Mose, in dem es heißt, der Mensch – jeder Mensch! – sei „im Bilde Gottes geschaffen.“ [1. Mose 1, 27]

Wann immer also Menschen in Freund-Feind-Dualismus und Verschwörungsmythen abdriften, nähern sie sich voller Hass und Bildungsneid dem Antisemitismus an.

Dabei sollte eines klar sein: Entweder wir haben eine gemeinsame Zukunft, oder wir haben keine. Ich will eine gemeinsame Zukunft in Vielfalt in Baden-Württemberg mit dem jüdischen Leben an unserer Seite.

Liebe Abgeordnete, auch Ihre so wichtige Arbeit wird selbstverständlich verschriftet – sogar live!

Mit dem Ministerpräsidenten hatte ich gestern ein ganz intensives Gespräch darüber, wie die Staatsform der modernen Republik und der Zeitungsdruck miteinander zusammenhängen.

Zweitens: Es geht also darum, dass wir derzeit überall auf der Welt, in Europa, in der arabischen Welt, auch in den USA erleben, wie die Demokratien ins Wanken geraten geraten, dass sich der antisemitische Hass in fanatischen Vernichtungswillen steigert bis hin zu Terror, Massenmord und Selbstzerstörung.

Der Antisemitismus beginnt also immer bei Juden, aber endet nie bei ihnen. Die Nazis ermordeten auch die überwiegend christlichen Sinti und Roma, der IS / Daesh im Irak auch Schiitinnen und Eziden, die Hamas unterschiedslos israelische Zivilisten jüdischer, muslimischer, christlicher, drusischer, keiner Religionszugehörigkeit, buddhistische Gastarbeiter. Wer eine Religion, ein Volk, einen Staat der Vernichtung preisgibt, macht sich mitschuldig, dass keine Religion, kein Volk, kein Staat mehr sicher ist!

Drittens: Schon ein Jahr nach der Machtergreifung ließ Adolf Hitler im Röhm-Massaker auch konservative Verbündete und langjährige Weggefährten hinrichten. Daesh folterte und ermordete auch sunnitische Muslime konkurrierender Milizen. Und die Hamas massakrierte ebenso nach ihrer Machtergreifung zahlreiche Anhänger der palästinensischen Fatah, stürzte sie von Hochhäusern, ließ ihre Leichen durch die Straßen schleifen!

Deswegen kann ich nicht darüber schmunzeln und nicht beruhigt sein, dass wir wieder in Thüringen einen Landespolitiker [Björn Höcke] haben, der davon spricht, Parteigenossen „ausschwitzen“ zu lassen!

Wir haben schon islamistische Demonstrationen, in denen Männer und Frauen getrennt marschieren und anders-denkende sowie ehemalige Musliminnen & Muslime als vom Glauben abgefallene Kufr bedroht werden.

Wer den Antisemitismus nur der Jüdinnen und Juden zuliebe bekämpfen wollte, hat noch überhaupt nicht begriffen, wie gefährlich dieser Verschwörungsglauben ist! Ich sage das voller Ernst: Diejenigen von Ihnen und von uns, die sich glaubwürdig gegen jeden Antisemitismus engagieren, schützen am Ende des Tages auch das Leben derjenigen, die sich jetzt noch sicher und erhaben wähnen.

Radikale Antisemiten sind nicht demokratie- und damit auch nicht friedensfähig. Der Antisemitismus bedroht uns alle. Wir müssen ihm tatsächlich mit allen Mitteln begegnen, im Notfall auch polizeilich, auch militärisch.

Die bittere Wahrheit ist, dass unsere eigene Gier nach Öl und Gas immer noch antisemitische Regime mitfinanziert, ihren Terror, ihre Propaganda, ihre Raketen. Erneuerbare Energien sind nicht nur Freiheitsenergien, sie sind auch Friedensenergien! Unsere Demokratien müssen unabhängiger werden vom fossilen Stoff ihrer Feinde einschließlich Katar und einschließlich Wladimir Putin!

Ich danke meinem Team und meinem Expertenkreis für die intensive Mitarbeit während der letzten Jahre, ohne die auch dieser Bericht nicht möglich gewesen wäre.

Ein besonderer Dank gilt aber auch meiner Frau Zehra, die auch als Muslimin seit meiner Beauftragung 2018 mit so viel rassistischem Hass, mit Beschimpfungen und Drohungen konfrontiert wird, wie wir es nicht erwartet haben. Ich danke Dir, liebe Zehra, dass du dich nicht einschüchtern lässt, dass du heute hier bist und diesen Weg mutig mitgehst. Danke schön!

Letzter Absatz: Ich glaube, dass ich hier für uns alle – oder doch fast alle – sprechen darf, wenn ich sage: An einem guten, zunehmend auch alltäglichen Miteinander von jüdischen, christlichen, islamischen, ezidischen, anders- und nichtglaubenden Menschen in Baden-Württemberg sollten wir nicht nur festhalten – wir sollten es ausbauen! Wir haben entweder eine gemeinsame Zukunft oder wir haben keine.

Deshalb können wir hier und heute gemeinsam allen Antisemiten entgegenrufen: Diesmal werden wir im Miteinander der Religionen und Weltanschauungen, der Geschlechter, Völker und demokratischen Parteien eurem Terror nicht weichen! Diesmal werden Verschwörungsgläubige es nicht schaffen, unsere gemeinsame Zukunft als Demokratinnen und Demokraten zu zerstören! Diesmal nicht!

Vielen Dank. Gott segne Sie!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

46 Kommentare

    • Vielen Dank, @Jan Schmidt!

      Das große Interesse an der Rede freut mich sehr, zumal Teile der deutschen Digital-Öffentlichkeit schon wieder nach Wegen suchen, sich der Verantwortung zu entziehen. Es war ja so viel leichter, nur der Getöteten in der Vergangenheit zu gedenken (#Niewieder), statt auch Verantwortung für Israel 🇮🇱 & die Ukraine 🇺🇦 in Gegenwart und Zukunft zu übernehmen (#Niewiederistjetzt). Darum wird die deutsche Debatte in den nächsten Monaten kreisen.

    • Vielen Dank Herr Dr. Blume für diese Worte. Ich denke genauso, wie Sie es geschrieben haben. Wir leben in einem Pluralismus und das ist in Ordnung. Jeder und jede soll respektiert werden. Antisemitismus, Homophobie, Islamophobie sowie die Abneigung von Attheisten muss, darf kein Raum in unserer Gesellschaft gelassen werden. Wenn es eins ist, was unsere Gesellschaft gelernt hat, dass Intoleranz und Menschenrechte unabhängig von der Ethnie und Religion zu wahren sind. Jeder Staat muss diese Werte achten, auch Israel. So müssen wir Taten verurteilen, die darauf abzielen Personen aus dem eigenen Geburts und Heimatland zu vertreiben. Sowie die Angriffe auf Israel als, auch die Besetzung und Besiedlung Palästinas. Ich bitte Sie eindringlich das Wort Antisemitismus mit Bedacht einzusetzen und nicht mit Kritik an die Politik Israels zu vermischen. Wegen unserer Geschichte müssen wir Klare Stellung zur Israels Politik zeigen und von Israel einfordern, dass sie sich ihrer Geschichte stellen und eigene Menschenrechtsverletzungen aufarbeiten um ein Frieden in Nahen Osten möglich zu machen.

      • Danke für Ihr Interesse und Ihre positive Rückmeldung, @Mo !

        Ihrer unter Deutschsprachigen so häufige Reaktanz-Befürchtung, auch ich würde den Vorwurf des Antisemitismus für jede „Israelkritik“ einsetzen, hätte schon eine kurze Recherche abhelfen können, hier:

        https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ab-wann-ist-israelkritik-antisemitisch-ist-kritik-an-israel-erlaubt/

        Und erst neulich hatte ich nach einem kritischen Blick auf islamisch geprägte Länder auch die israelische, amerikanische und europäische Rechte für ihre bis heute wirkenden Fehleinschätzungen kritisiert, hier:

        https://www.furche.at/religion/ist-der-islam-antisemitisch-12084797

        Ich danke Ihnen, dass Sie sich ernsthaft auf die oft schwierigen Themen eingelassen haben, die ich in o.g. Rede ansprach.

        • Sehr geehrter Herr Dr. Blume,

          vielen Dank für die Verlinkung Ihres Artikels, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich möchte einige Punkte ansprechen, die in der Debatte um Israelkritik, Doppelstandards und Antisemitismus relevant sind.

          Zunächst ist es wichtig, festzustellen, dass bei Kritik an der Politik Israels von Ihnen argumentiert wird, dass eine solche Kritik unter einem Doppelstandard erfolgt, besonders wenn andere Länder wie Pakistan, China oder die Türkei, die ebenfalls umstrittene Menschenrechtspolitiken verfolgen, nicht im gleichen Maße kritisiert werden ost rational nicht nachvollziehbar. Ihre Begründung, dass diese Personen das Existenzrecht anderer Staaten nicht in Frage stellen, erscheint mir wegen mangelder vergleichbarkeit nicht vollständig überzeugend. Es ist richtig, dass es Vertreibungen gab, aber diese führten nicht zu einem fast vollständigen Austausch der Bevölkerung. Somit steht eher das Recht eines Staates auf ein bestimmtes Hoheitsgebiet zur Debatte, nicht das Existenzrecht per se.

          Ein Vergleich der Situation in Israel mit der Geschichte Amerikas oder Australiens, wo Ureinwohner durch europäische Siedler verdrängt wurden, was als Genozid betrachtet werden kann, ist in gewisser Weise angebracht. In diesen Ländern wurden jedoch Versuche unternommen, durch Reservate und Zugeständnisse einen gewissen Ausgleich zu schaffen. Es herrscht prinzipiell Frieden. In Israel gibt es Traditionalisten, die in palästinensischen Gebieten siedeln und zur besiedlung aufrufen, was von der EU als Völkerrechtsbruch eingestuft wird, wie in diesem Artikel dargestellt: [Link zur Tagesschau](https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-schulen-westjordanland-eu-101.html). Flüchtlinge dürfen nicht in ihre Liebe zurück obwohl nach Menschenrecht die Besatzungsmacht für das Wohl der besetzten Gebiete verantwortlich ist.

          Es ist offensichtlich, dass die Probleme in Israel im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder Lateinamerika noch nicht gelöst sind. Israel hat sich nicht zur Schuld bekannt sondern setzt die Annexion weiterer Gebiete fort. Kritik an Ländern wie China, der Türkei und Pakistan aufgrund von Menschenrechtsverstößen ist ebenfalls verbreitet, wie aus diesem Bericht hervorgeht: [Link zum Bundestag](https://www.bundestag.de/presse/hib/855726-855726).

          Die besondere Kritik an Israel ist teilweise darauf zurückzuführen, dass Deutschland Israel unterstützt, was für Deutschland einen wichtigen Faktor darstellt. Kritik an der Türkei wegen der Kurdenfrage bedeutet jedoch nicht automatisch, dass man antiosmanisch eingestellt ist. Länder wie die Türkei und Israel werden aufgrund ihrer demokratischen Strukturen oft an höheren Standards gemessen als autoritäre Staaten wie Russland oder China.

          Ich habe jedoch Bedenken, dass bei jeder Kritik an Israel schnell der Vorwurf des Antisemitismus erhoben wird, wie es bei Greta Thunberg der Fall war. Ein unsachgemäßer Gebrauch des Begriffs Antisemitismus schwächt dessen Bedeutung ab. Antisemitismus ist ein schwerwiegender Vorwurf, der die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen der Geschichte umfasst und sollte nicht leichtfertig verwendet werden. Mit diesen Äußerungen sollten Sie bitte sparsam umgehen.

          Abschließend möchte ich betonen, dass Kritik an einem Staat, dessen Staatsgebiet oder Teilen von Staatsgebieten legitim ist, solange sie nicht in Antisemitismus wurzelt. Es ist wichtig, diese Unterscheidung klar zu machen, um eine konstruktive und faire Debatte zu fördern.

          Mit freundlichen Grüßen,
          Mo

          • Sehr geehrte/r @Mo,

            es ist leider entsetzlich, wie Sie hier wirr Aspekte zusammenwürfeln, um am Ende doch nur Israel 🇮🇱 mit seinen 9+ Millionen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu delegitimieren.

            Ganz abgesehen davon, dass Sie von mir explizit angesprochene Beispiele wie die millionenfachen Vertreibungen zwischen Pakistan und Indien sowie die bis heute bestehenden Besetzungen von Kaschmir einfach übergehen: Sie übergehen auch völlig, dass zu Israel selbstverständlich auch seine ca. zwei Millionen arabischen und palästinensischen Staatsbürger gehören, die etwa auch Abgeordnete in die Knesset wählen, Richter bis ins Oberste Gericht stellen usw.! Hinzu kommen eine weitere halbe Million nichtjüdischer und nichtarabischer Israelis. Die Hamas ermordete bei ihrem Terrormassaker vom 7. Oktober 2023 entsprechend Angehörige verschiedenster Religionen!

            Ebenso gehen Ihre bizarren Fantasien über einen von Juden verübten „Genozid“ völlig an der Tatsache vorbei, dass auch die arabischen und palästinensischen Bevölkerungen während der letzten Jahrzehnte stark angewachsen sind. Dagegen wurden alle Jüdinnen und Juden aus Gaza vertrieben, nachdem sich die Republik Israel 2005 von dort zurückgezogen hatte.

            Schließlich zeigt Ihre Parteinahme für Greta Thunberg, dass Sie israelbezogenen Antisemitismus nicht einmal dann erkennen, wenn er offenkundig ist, vgl.:

            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/greta-thunberg-antisemitismus-in-der-umwelt-und-klimaschutzbewegung/

            Ihre „Kritik“ ist also insgesamt weder sachlich noch fair, sondern „wurzelt“ sehr klar im israelbezogenen Antisemitismus. Ich hoffe, Ihnen möge es noch gelingen, sich in Zukunft aus diesen dualistischen Ressentiments herauszuarbeiten. Auf weitere Drukos dieser judenfeindlichen Machart bitte ich Sie ausdrücklich zu verzichten!

        • Sie rechtfertigen Menschenrechtsverstöße Israels mit denen von China, Türkei und Pakistan und nennen meine Argumentation Wirr. Da haben wir wohl unterschiedliche Definitionen des Wortes Wirr. Nun denn, in Ihrem Vortrag haben Sie Menschen unterschiedlicher Meinung Geeint, was ich lobenswert finde. Es ist ein wichtiger Schritt, Friede und Miteinander kann nur sein, wenn man Tolerant ist, Eigenverantwortung zeigt statt Schuldzuweisungen und auch Kritik zulässt.

  1. “Wenn Sie schlussendlich begreifen, dass ein Verzicht auf das Gewissen zum verschwinden des Verstandes führt, nur dann werden Sie vielleicht auf den beiden Beinen stehen, auf denen der Mensch stehen sollte.”

    Alexej Nawalny

  2. Als politisch engagierte Menschen haben meine muslimische Frau und ich als Kulturkatholik in der letzten Zeit zunehmend vor der weltweiten, aber auch vor der politischen Entwicklung in Deutschland resigniert. Ihre bewegende Rede, die wir uns hier im Münsterland mit Tränen in den Augen angesehen haben hat uns nicht nur Fakten geliefert, sondern für uns vor allem einen unschätzbaren Wert: Sie hat uns Mut gemacht für weiteres Engagement. Mit Ihnen als Vorbild.

  3. Das Wichtigste zuerst: Danke!
    Sie haben recht, dass wir die Herausforderungen nur gemeinsam meistern können. Wobei dies zwar auch Angehörige einer Religion und konfessionslose Menschen betrifft, ich aber die Problematik der Gemeinsamkeit weniger darin als vielmehr in einem konstruktiven Miteinander der Parteien sehe. Da habe ich Zweifel.
    Bildung ist das Entscheidende. Aber überfordern wir nicht unser Lehrpersonal, Erzieher*innen, Betreuungskräfte, die jeden Tag vor großen Herausforderungen stehen?. Da ich bis 30.06.23 selbst im Bereich Schulbetreuung tätig war, hatte ich Einblick, was alles von o.g. Personenkreis erwartet wird. Ich nehme an, dass Sie und Ihre MA da mit Infos etc beratend unterstützen.
    Der 09.11.1923 war der Kulminationspunkt eines chaotischen Jahres. Inflation, Ruhrgebietsbesetzung durch F bzw B, passiver Widerstand und eine überforderte Reichsregierung in Berlin. Hitler und Ludendorff glaubten sich bei ihrem Putsch unterstützt von Kahr, Lossow und Seißer. Der Putsch begann bereits am 08.11.23.
    Sie sprechen vom ersten Hitlerputsch. Es gab nur den einen im Jahr 1923. Ich habe einige meiner vielen Bücher zum Themenbereich Nationalsozialismus zur Hand genommen. In keinem bin ich zu Ihrer These eines 2. Putsches fündig geworden. Peter Longerich, Ulrich Herbert oder Horst Möller sollten in diesem Fall über jeden Zweifel erhaben sein. Wenn Sie also in einer offiziellen Rede vor dem Landtag eine persönliche Meinung teilen, dann wäre es m.E. gut gewesen, wenn Sie den “zweiten” Putsch erklärt hätten. Falls Ihre Meinung durch neue Erkenntnisse gedeckt wird, bitte ich Sie um Entschuldigung. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

    • Danke, @Marie H.

      vielen Dank für Ihre Rückmeldung und Ihr Interesse!

      Ich hätte mich sehr gefreut, wenn sich Ihre positive Erwartung an die Wikipedia-Crowd erhöht hätte. Bewusst habe ich daher den richtigen Begriff „Röhm-Massaker“ (statt dem NS-Verschwörungsmythos vom Röhm-Putsch) in die Rede vor dem Landtag Baden-Württemberg aufgenommen. Ob es wirkt?

      Die verfassungswidrige Machtergreifung durch Adolf Hitler samt Zerschlagung der Gewaltenteilung werte ich als leider erfolgreichen, weiteren Putsch gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Weimarer Republik – und halte das i.Ü. auch für rechtshistorisch völlig unstrittig.

      • Ich befürchte, dass eine Änderung von Begriffen wie “Röhm-Putsch” doch länger dauern wird. Historiker verwenden in ihren Publikationen schon lange andere Begriffe dafür. Das scheint nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch Einzug gehalten zu haben.

  4. .@Michael 12.11 00:49

    „…statt auch Verantwortung für Israel & die Ukraine in Gegenwart und Zukunft zu übernehmen…“

    Wir haben hier allerdings eine Menge Baustellen. Wir wollen uns von fossilen Brennstoffen unabhängig machen, und aufrüsten, um mit Russland klarzukommen. Nebenbei noch Beistand für Israel leisten können, und vielleicht auch nach Möglichkeit gegenüber China militärisch möglichst stark sein.

    Gleichzeitig wollen wir von Importen aus China unabhängig werden.

    Ich fürchte, das geht nur, wenn wir unseren Konsum wirklich überprüfen. Und weniger Fleisch essen reicht hier gar nicht. Wir müssen flächendeckend vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, und uns mit kleineren Wohnungen zufrieden geben. Nur so sind diese Herausforderungen auch realisierbar.

    Dann hätten wir sogar wieder Wohnraum frei für noch mehr Einwanderer. Und Zeit und Luft, denen endlich auch zügig Deutsch beizubringen.

    Machen wir das? Oder ist doch maximale Wirtschaftstätigkeit auf möglichst allen Ebenen weiterhin wirklich die Agenda unserer Lobby-Demokratie? Und das so ziemlich egal, womit jetzt. Das dürfen auch gerne 2.5-Tonnen-Elektro-SUVs mit 600 km Reichweite oder Antarktiskreuzfahrten sein.

    Inflation und steigende Energiepreise treffen jetzt als erste die, die sowieso schon am wenigsten zu den Treibhausgasen beitragen. Das hilft wenig, macht aber viel Unmut. Die Besserverdiener sind anscheinend die, die wirklich viel zu viel Geld haben.

    • Danke, @Tobias Jeckenburger. Ich habe auch erhebliche Zweifel, ob ausreichend Menschen bereit sind, entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Allerdings möchte ich die entsprechende Aufklärung dennoch versuchen – denn jede Tat zählt.

  5. Der Antisemitismus beginnt also immer bei Juden, aber endet nie bei ihnen. [Redetext]

    Dies ist korrekt, insofern ist es unerträglich, wenn Kräfte des Islam auf der Strasse antisemitisch vortragen, gar in London gestern ca. 300.000 Personen.

    Die Nationalsozialisten hatten mit ihrer Rassenlehre nicht nur Juden im Auge, sondern auch Slawen und Schwarze, vergleiche :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Slawenfeindlichkeit#Slawenfeindlichkeit_im_Nationalsozialismus

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Afrodeutsche#Weimarer_Republik_und_NS-Zeit

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Untermensch

    Anderswie u.a. auch Jehovisten, Christen und Homosexuelle.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer (der – zumindest : zurzeit – weniger optimistisch ist)

  6. @Michael 12.11 14:39

    „Ich habe auch erhebliche Zweifel, ob ausreichend Menschen bereit sind, entsprechende Verantwortung zu übernehmen.“

    Regierungen denken eher nur in Legislaturperioden. Wenn ich mir die nächsten 20 Jahre denke, dann werde ich gleich viel zuversichtlicher. Die Gewohnheiten der Menschen brauchen halt eher Jahrzehnte, um wirklich der Vernunft zu folgen, aber dann läuft es auf einmal doch alles.

    „Allerdings möchte ich die entsprechende Aufklärung dennoch versuchen – denn jede Tat zählt.“

    Genau das. Auch wenn es erstmal nur wenig auf der Handlungsebene bewegt, schafft es aber doch viel schneller neues Bewusstsein.

    Der Klimawandel geht weiter, seine vorerst nur wissenschaftliche Evidenz wird zur unmittelbar erlebten Tatsache. Die Autokraten zerlegen sich gerne auch selber. Und funktionierende Demokratien haben einfach den dicken Trumpf, dass eine freie Öffentlichkeit nicht nur Spaß macht, sondern auch wirkliche kulturelle Weiterentwicklung zur Folge hat.

    Und die unseligen destruktiven Internetplattformen könnten auch mit deutlich besseren Angeboten nachhaltig ersetzt werden. Auch hier sind weitere KI-Revolutionen möglich, die in die richtige Richtung gehen.

  7. @ Blume

    Trotz der standing ovations eine bescheidene Frage:
    Sie haben den Dualismus direkt angesprochen.
    Was glauben Sie,wieviele,die da gestanden haben, haben das Beziehungsverhältnis zwischen dialogischem Monismus-Pluralismus und Dualismus-Relativismus wirklich verstanden?

    Ich vermute wie @Jeckeburger da auch eher Dekaden.

    • @Mussi

      Danke für das Interesse an den Grund-Weltanschauungen!

      Ich habe einige Reaktionen erhalten, wonach einige Anwesende & Zuschauende gerne noch mehr gehört hätten, nun mehr lesen oder hören wollen. Und darüber bin ich sehr glücklich, denn es ist ja völlig klar, dass meine Themen mit anderen um das zunehmend knappe Gut der Aufmerksamkeit wetteifern. Möchte gerne mit Hartnäckigkeit wie auch Geduld weiterarbeiten.

  8. @ Jeckenburger

    Land und Landnutzung bzw. Erd- und Erdenutzung bzw. Naturnutzung werden in den nächsten Jahrzehnten bei wachsender globaler Demographie das zentrale Thema werden.

    Wir im Westen verharren noch sehr in den politischen Menschenrechten,während China die sozialen Menschenrechte in den Vordergrund stellt und damit Erfolg hat.

    Und beides, Erdnutzung und Menschenrechte, hat mit Versorgung zu tun. Grund- und Luxusversorgung.

    Das Grundverständnis dafür entwickelt sich gerade. Und da wächst global eine Generation heran, die das durchaus versteht.

    • Lieber @Lars,

      Sie könnten ja wenigstens so tun, als ob Sie das Thema der Landtagsdebatte – der Kampf gegen Antisemitismus – interessieren würde.

      Über den antizionistischen & messianischen Flügel der jüdischen Ultraorthodoxie (Haredim) habe ich bereits vor Jahren ein Buch geschrieben & hier zuletzt auch kostenfrei eingestellt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/juedische-charedim-christliche-amish-zwei-sciebooks-kostenfrei-als-pdf/

      Auch das hätten Sie mit einer schnellen Recherche gefunden. Aber es ging Ihnen wohl vor allem darum, Ihre Ablehnung der Republik Israel 🇮🇱 auszudrücken.

      Schade.

      • Ich habe ein bisschen reingelauscht in den Landtag. In den Worten von Homer Simpson: Laaangweilig.

        Ich habe durch Yaakov Shapiro über diesen Konflikt mehr gelernt, als man durch das Gewäsch der deutschen Betroffenheitsindustrie je lernen könnte. Deswegen weiß ich auch, warum es Zeitverschwendung ist, sich jedes mal über Antisemitismus zu unterhalten, wenn Israel in einem neuen Krieg verwickelt ist.

        Was ich besonders interessant fand, sind seine Ausführungen zur Motivation Theodor Herzls und anderer Zionisten im 19ten Jahrhundert. Das ist eine prächtige Psychoanalyse zu einem verbitterten Griesgram wie Henryk M. Broder.

        Meinen Sie, ich sollte Shapiros Buch “The Empty Wagon: Zionism’s journey from identity crisis to identity theft” lesen?

        • Ist schon klar, @Lars – Sie haben sich auf den antisemitischen Antizionismus festgelegt und wollen diesen nun auch hier bewerben.

          Die Verschwörungsfragen-Folge dazu dürften Sie noch kaum angehört oder gelesen haben?

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-10-warum-antizionismus-antisemitismus-ist/

          Wollen Sie uns ggf. verraten, wo Sie sich selbst politisch verorten? Rechts, links, libertär, religiös, säkular? Beim Hass auf die Republik Israel 🇮🇱 seid Ihr Euch ja Querfront-einig…

        • Die Perspektive Rabbi Yaakov Shapiros auf den Zionismus repräsentiert eine spezifische Interpretation innerhalb des facettenreichen Spektrums jüdischer Weltanschauungen. In jeder Gesellschaft, insbesondere in der jüdischen Diaspora, existiert eine Vielfalt an ideologischen Strömungen und individuellen Motivationen. Post-Holocaust-Emigration führte zu einer Diversifizierung jüdischer Identitäten, bei einigen verlor der religiöse Glaube seine zentrale Bedeutung – ein Phänomen, das Parallelen zur säkularisierten christlichen Demographie aufweist. Persönlichkeiten wie Albert Einstein, ein gläubiger Jude, vertraten eine kritische Haltung gegenüber orthodoxen, literalistischen Auslegungen des Judentums.

          Die Heterogenität der jüdischen Gemeinschaft spiegelt sich in divergenten ideologischen Positionierungen wider, einschließlich der zionistischen Bewegung, die intern diverse Fraktionen und Interpretationen aufweist. Die jüdische Diaspora, geprägt durch multikulturelle Einflüsse aus verschiedenen Herkunftsländern, bereichert das kulturelle und intellektuelle Erbe Israels. Trotz politischer Divergenzen zeichnen sich viele Israelis durch ihren Wunsch nach einem friedvollen, toleranten Zusammenleben aus. Sie sind Teil einer aufgeklärten, modernen Gesellschaft, die aktiv demokratische Werte fördert.

          Rabbi Shapiros Deutung des Zionismus ist eine von vielen kontroversen Meinungen, die das komplexe Mosaik jüdischer Geistesströmungen kennzeichnen. Religion, in ihrer inhärenten Irrationalität, ist subjektiv interpretierbar, wobei religiöse Auslegungen variieren. Zentral ist die Erkenntnis, dass die Handlungen der Individuen mehr aussagen als ihre religiösen Überzeugungen. In Israel und Palästina streben die meisten Menschen nach Frieden und Sicherheit, doch wird dies durch anhaltendes Misstrauen und wiederkehrende Gewalttaten erschwert. Die Spirale aus Gewalt und Vergeltung verhindert eine friedliche Lösung des Konflikts, wobei die Überwindung dieser Gewaltspirale eine fundamentale Herausforderung darstellt.

          Die Reduktion einer individuellen, ethnischen oder religiösen Entität auf ihre religiöse Dimension führt zu einer unzulänglichen und fragmentarischen Perzeption, die eine bipolare Weltanschauung begünstigt. Dieser Reduktionismus vernachlässigt die multidimensionale Komplexität des menschlichen Seins, in dem der Glaube, selbst bei ausgeprägt religiösen Individuen, lediglich eine Facette darstellt. Ein holistisches Verständnis, das den Menschen in seiner Gesamtheit betrachtet, erleichtert den Aufbau von interpersonalem Vertrauen. Die Tendenz, sich in simplifizierenden, dualistischen Weltbildern zu verankern, erfordert bewusste Anstrengungen, um die vielschichtige menschliche Realität in all ihren Facetten anzuerkennen und zu würdigen.

          Es ist wichtig zu betonen, dass dieser Kommentar nicht als Appell zur Einstellung des Konflikts gegen die Hamas zu verstehen ist, eine Organisation, die international als terroristisch eingestuft wird und deren Aktivitäten häufig den Frieden stören. Viele Palästinenser lehnen die Hamas ab. Die ideale Vision wäre ein Staat, in dem Palästinenser und Juden frei und gleichberechtigt leben, arbeiten und sich bewegen können – ein friedliches Zusammenleben, wie es vor dem Zweiten Weltkrieg in einigen Regionen existierte. Die Realisierung eines solchen Zustandes stellt eine enorme Herausforderung dar, würde jedoch einen bedeutenden Schritt zur dauerhaften Friedenssicherung in der Region bedeuten.

  9. Am Freitag gehe ich nach 8 Jahren Pause wieder zur Probe des Chores der jüdischen Gemeinde. Ich bin evangelischer Christ.

  10. “Denn sie war nicht irgendwo
    Sie war auch nicht vor irgendwem
    Und schließlich war sie auch nicht irgendwann”

    Lieber Michael Blume -bleiben Sie vorsichtig! Wenn Sie so schreiben, erinnert mich das an etwas. Sie geben, so will es mir scheinen, anderen die Herrschaft über ihr Selbstwertgefühl. Tun Sie es nicht! Ich beschäftige mich gerade mit Rudolf Höß, dem Lagerkommandanten von Auschwitz. Nicht nur, daß er glaubte, seine Pflicht zu tun, nein, das allein war es nicht. Er war gebauchpinselt, daß er als kleiner Mann von den großen Männern berufen wurde. Wenn man aber ein wahrer Christenmensch sein will, so muß man die Größe durch Christus in sich selbst finden.

    • Danke, @Dietmar Hilsebein – aber ehrlich gesagt ist mein persönliches Selbstwertgefühl gerade mein geringstes Problem.

      Der rechter Umtriebe wohl unverdächtige Deutsch-Israeli Prof. Meron Mendel fragt im aktuellen SPIEGEL 46/2023, S. 48 – 49:

      “Deutschland, wo bleibt das Mitgefühl?”

      und stellt u.a. im Hinblick auf die starke Solidarität mit Frankreich und die teilweise heftigen Anfeindungen gegen Israel empirisch fest: “Während fast jeder zweite Israeli schon einmal in Deutschland war, haben 93 Prozent der Deutschen Israel noch nie besucht.”

      Und gerade auch auf X eskalieren anti-israelische und anti-amerikanische Wellen immer weiter:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/antisemitische-und-antiamerikanische-eskalationen-auf-x/

      Wollen Sie vielleicht einfach mal erklären, wie Sie von meiner Rede gegen jeden Antisemitismus auf Rudolf Höß, den Lagerkommandanten von Auschwitz, kommen? Sie wollten doch wohl nicht etwa ernsthaft den gewählten Landtag von Baden-Württemberg mit den Nationalsozialisten gleichsetzen?

  11. @ Blume

    “Wollen Sie vielleicht einfach mal erklären, wie Sie von meiner Rede gegen jeden Antisemitismus auf Rudolf Höß, den Lagerkommandanten von Auschwitz, kommen? Sie wollten doch wohl nicht etwa ernsthaft den gewählten Landtag von Baden-Württemberg mit den Nationalsozialisten gleichsetzen?”

    Ich muß Ihnen nicht erzählen, daß eine Demokratie auch wieder in eine Diktatur umschlagen kann.

    Gesetzt, Sie haben kein Problem mit Ihrem Selbstwertgefühl, so können Sie das Gesagte als gegenstandslos betrachten.

    • Danke, @Dietmar Hilsebein

      Und da ich kein Problem mit dem Selbstwertgefühl habe, werde ich mich auch weiterhin gegen das Umkippen unserer Demokratie in eine Diktatur engagieren.

      • Sie kennen den Spruch:
        “Auch Einbildung ist eine Form von Bildung.”

        Im englischen lautet es: God created men in his image.

        Imagination.

        Ich schließe daraus: Gott ist eine phantastische Einbildung, nach der der Mensch sich (aus-)richtet.
        Ein Gott kann sich nur in der Einbildung des Menschen ausbilden.

        • Klar, @Maisegen – so können Sie es deuten. Sie könnten aber auch davon ausgehen, dass die menschlichen Bildungsspiele tatsächliche geistige Welten wie etwa die Mathematik 🧮 erschließen. Auch diese wurde historisch gebildet, mancher Mathematiker mag eingebildet sein – aber es ist doch kaum zu leugnen, dass hier Realitäten entdeckt werden.

      • Mein vorheriger Kommentar sollte nicht in diese Spalte, wo ich sagen wollte in jeder Demokratie gibt es auch diktatorische Elemente.
        So werde ich als Radfahrer gezwungen weitere 10 Jahre Glyphosatabdrift auf dem Weg zur Arbeit einzuatmen.
        Das ist einfach nur krank diesen Vorgang der EU-Kommission demokratisch zu nennen, da die in ihrem Machbarkeitewahn gegen ihre eigenen Regeln verstoßen.

        Auch die Sittengesetze der Drogenverbote sind zutiefst diktatorisch.
        Da feht doch nur noch die Todestrafe dann ists wie im Iran.

        • Nein, @Maisegen. Sie und ich haben das Recht, auch die Europäische Kommission zu kritisieren und uns für verbesserte Regeln einzusetzen, auch durch Wahlen. 🗳️ Die EU mit dem antisemitischen & diktatorischen Regime des Iran gleichzusetzen ist maßlos, höhnisch gegenüber den realen Folter- und Todesopfern dort und also schwach. Bitte reißen Sie sich etwas zusammen und bemühen Sie sich um ein würdiges Verhalten, auch im Netz.

          Danke.

      • Wenn Menschen in der Politik ihre Gruppe bürgerlich nennen, ist dies doch schon undemokratisch, da unausgesprochen andere zu Gesinde degradiert werden, denn es kann ohne Gleichberechtigung keine Demokratie geben.
        Ist Bürgerwürde mehr Wert als Menschenwürde?

        Die DDR nannte sich auch demokratisch, hatte jedoch noch wesentlich mehr Defizite in dem Bereich Demokratie als die BRD.

        Zu sagen wir leben in einer Demokratie, könnte schon dikatorisch sein gegenüber denen, die für noch mehr Demokratie arbeiten, da es immer noch demokratischer sein kann.
        In den Parlamenten einer Demokratie findet die Ganze Zeit ein Kampf um die Demokratie statt.
        Die Zahl derer, die sie nicht achten ist groß, wenn es auch scheinbar immer nur um Teilbereiche geht.

        Nur weil im Grundgesetz steht, die Würde sei unantastbar, heißt es doch nicht dass sie nicht angetastet wird.

        Lügt die Verfassung, ist sie Realitätsblind, oder gibt sie allen ein gemeinsames Ziel vor? Immer demokratischer werden.

        • Nö, @Maisegen – manchmal ist weniger Identitätspolitik mehr. Selbstverständlich behauptet eine Frau, die sich als „sozialdemokratisch“ versteht, damit nicht, dass alle anderen unsozial wären. Ein Liberaler gesteht auch Christdemokratinnen Liberalität zu und ein Bürgerlicher hält Konservative nicht gleich für Aristokraten.

          Meine Familie hat den Unterschied zwischen einer realen Demokratie und der pseudo-demokratischen DDR buchstäblich am eigenen Leib erfahren, mein Vater auch Stasi-Haft und Folter:

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/meinem-vater-falko-blume-1950-2012/

          Auch deswegen wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie auf jeden Relativismus verzichten und sich konstruktiver für unsere bundesrepublikanische Demokratie 🇩🇪 und Europäische Union 🇪🇺 einbringen würden.

          Mit Dank und herzlichen Grüßen!

  12. Der sogenannte Islamismus ist halt ein Problem, sicherlich muss er sich nicht nur Juden aufwälzen, soll aber von denen nicht verniedlicht werden.
    Sicherlich liegen gewisse kulturelle Konflikte vor, auch den Islam meinend, wörtlich : Unterwerfung.
    MFG
    WB (der nicht glaubt, dass es in zukünftiger Zeit in der BRD so schön wird)

  13. @Michael 22.11. 16:08

    „Sie und ich haben das Recht, auch die Europäische Kommission zu kritisieren und uns für verbesserte Regeln einzusetzen, auch durch Wahlen.“

    Meinungsfreiheit ist ja nun schon mal sehr viel wert. Auch wenn die Mitwirkungsmöglichkeiten begrenzt sind. Immerhin gibt es hier keine Einigkeit unter den Regierten, und die verantwortlichen Parlamentarier sind angehalten, auch nach ihrem Gewissen zu entscheiden. Auch Verbände müssen gehört werden, wenn es um deren Interessen geht.

    Was dabei herauskommt kann enttäuschend sein, durchaus. Aber machtlos ist der Bürger nicht, und je sorgfältiger er sich überlegt, wenn er ins Parlament wählt, desto besser kann dann auch das Ergebnis werden.

    Dass die Parlamentarier überwiegend besserverdienende Juristen und Beamte waren, kann zu speziellen Effekten führen. Dafür gibt es neuerdings die Idee von zufällig ausgewählten Bürgerräten, die hier diese speziellen Effekt ein wenig ausgleichen könnten.

    Aber auf jeden Fall haben wir Meinungsfreiheit, bekommen dafür keine Schwierigkeiten und können bei Bedarf auch unserem Ärger auf Demonstrationen Luft machen. Und wenn ein Anliegen wirklich wichtig ist, dann muss man manchmal eben 20 Jahre investieren, bis eine Demokratie das dann doch noch umsetzt.

    Insbesondere der gesamte Diskurs in der Gesellschaft ist so dazu fähig, zu mehr Kultur weiter zu wachsen. Auch wenn die eigentlich folgenden parlamentarischen Konsequenzen gar nicht so einfach umzusetzen sind.

    • Danke & ja, @Tobias Jeckenburger

      Meinungsfreiheit ist nie unbegrenzt, aber ein großer Wert an sich. Auch dieser Blog „Natur des Glaubens“ oder der Podcast „Blume & Ince“ wären in einer Diktatur schlicht unmöglich.

      Ein riesiges Feld, sich für Wissen und die Gestaltung der Zukunft einzubringen, ist aber auch das nichtkommerzielle Fediversum mit funktionierenden Angeboten wie Mastodon und Wikipedia. In meiner Rede zum Volkstrauertag in Ellwangen habe ich betont, dass sich hier jede & jeder gestaltend einbringen kann:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/duerfen-sich-die-republiken-ukraine-israel-verteidigen-gedenkrede-zum-voelkertrauertag-in-ellwangen/

      Und „gestaltend“ ist hier keine Floskel: Immer mehr KIen bedienen sich an digitalem Wissen. Wer hierzu konstruktiv & wahrheitsorientiert beiträgt, verbessert also auch unser aller Zukunft. Und kann sich selbst auch als wirksam (als selbstwirksam) erleben.

  14. Weiterhin viel Erfolg natürlich, auch in Ihrem Amt, das Sie zäh und langwierig auszufüllen wissen, Herr Dr. Michael Blume.
    Wobei der Sie Lobende sicherlich ein wenig “dualistisch” bleibt, in Bezug auf die Veranstaltung mit dem Namen “Unterwerfung” zum Beispiel.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der Sie tatsächlich bereits fünfeinhalb Jahre in Ihrem Amt kennt, schon vorher gekannt hat und nur unterstützt)

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