Ab wann ist Israelkritik antisemitisch? Ist Kritik an Israel erlaubt?
Kaum eine Frage wird mir häufiger gestellt als jene nach der “Israelkritik”. Aussagen und Befürchtungen dazu reichen von “Sobald man Israel kritisiert, wird man doch als Antisemit abgestempelt!” bis zu “In den Medien wird immer nur auf Israel herumgehackt, Raketen, Folter und Terror der Palästinenser verharmlost!”
Spannend dabei ist zunächst, dass der Begriff der “Israelkritik” ziemlich alleine steht: Es gibt keinen eigene “Pakistankritik”, obwohl der viel größere Staat wenige Monate vor Israel ebenfalls aus dem zerfallenden, britischen Empire heraus als säkulare Demokratie auf religiöser Grundlage und mit sogar millionenfachen Vertreibungen zwischen Muslimen, Sikhs und Hindus begründet wurde und bis heute riesige Territorien in Kaschmir besetzt hält. Und wer sich als “Chinakritiker” selbst bezeichnete, würde erst einmal als Restaurant-Tester durchgehen. Die “Israelkritik” ist ein eigenes Genre, die nicht neben der Kritik an anderen Nationalstaaten steht, sondern neben der an anderen Religionen – der Kirchenkritik und Islamkritik.
Und damit ist eigentlich auch schon geklärt, was geht und was nicht geht: Völlig legitim ist jede Form der Kritik an Israel, wie sie an jedem anderen Staat auch geübt würde. Wir können die jeweilige Regierung gut oder schlecht finden, den Anspruch auf Territorien (analog zu Kaschmir, Berg-Karabach, Tibet, Xinjang usw.) befürworten oder zurückweisen, Gesetze (wie das israelische Nationalitätengesetz oder die pakistanischen Blasphemiegebote) positiv oder negativ bewerten.
Wann Kritik an Israel in den Antisemitismus übergeht, lässt sich leicht am “3D-Test-Antisemitismus” überprüfen.
Antisemitisch ist demnach die Dämonisierung von Israelis, für die meist die klassischen antisemitischen Verschwörungsmythen bemüht werden: Verschwörer, Kindermörder, Brunnenvergifter usw. Diese Strategie wird vor allem von rechten und religiös-extremistischen Antisemiten verwendet.
Antisemitisch ist zudem die Delegitimierung des Staates Israel. Wer würde auch wegen der Territorialkonflikte und der sogar blutigen Verfolgung von Minderheiten wie der Ahmadiyya das Existenzrecht Pakistans bestreiten, wegen der Unterdrückung der Uiguren und Tibeter das Existenzrecht Chinas oder wegen dem türkischen Einmarsch in Syrien sowie den Konflikten mit den Kurden die Existenz der Türkei? Israel macht Fehler wie andere Nationalstaaten auch – das bedeutet jedoch in keiner Weise, dass man deswegen 70 Jahre nach der Staatsgründung noch seine Auflösung fordern könnte.
Und schlussendlich sollte man Doppelte Standards unterlassen, wie man sie nur an Israel, aber an keinen anderen Staat erheben würde. Verlangen wir von Pakistan und Indien die Rückkehr aller (20 Millionen!) damals Vertriebenen? Behaupten wir, deren Flüchtlingsstatus werde sogar noch auf Kinder, Enkel und Urenkel vererbt? Finanzieren wir eigene UN-Werke ausschließlich zur Betreuung indischer und pakistanischer Flüchtlinge? Und wenn wir Ausstellungen über die blutige Staatsgründung Pakistans konzipieren würden – würden wir dabei nur das Leid der Hindus, oder nur das Leid der Muslime in den Blick nehmen? Nein, all das tun wir selbstverständlich nicht. Es ist jedoch ein beliebter, auch psychologischer Trick linker Antisemiten, nur an Israelis genau diese einzigartig hohen Forderungen zu erheben! Dann kann man sich als “Antifaschist” oder gar als “Judenfreund” selbst erzählen und gleichzeitig doch wieder auf die real existierenden Jüdinnen und Juden herabsehen, ja diese sogar boykottieren…
Auch viele deutsche Alt-68er haben den Antisemitismus ihrer Vätergeneration nicht wirklich überwunden, sondern einfach von rechts nach links gedreht. Entsprechend beobachte ich vor allem auch in den älteren Jahrgängen der Kirchen und konkret in den sog. Friedens- und Boykottbewegungen ein Weiterwirken dieser antisemitisch-linken Vorstellungen. Sprüche dazu (alles Originalzitate!) lauten dann zum Beispiel “Gerade Juden müssten aus der Geschichte doch den Wert der Menschenrechte gelernt haben!”, “Mein Boykott gegen Israel ist eine Lehre aus Auschwitz.” oder “Ich will doch die Juden nur vor ihrer eigenen Aggressivität schützen.” – Brrr…
In meiner Rede als Beauftragter gegen Antisemitismus am Montag vor der Synode der evangelischen Kirche Badens habe ich neben der Frage des deutschen und arabischen Antisemitismus, der #Israelkritik und BDS-Boykottbewegung auch weitere Themen angesprochen wie zum Beispiel das noch wenig erforschte Phänomen der #Altersradikalisierung und die noch immer wenig bekannte #Religionsdemografie (zu all dem soll es aber auch eigene Blogposts geben).
Eine starke und durchaus auch kontroverse Diskussion – die wir beide gemeinsam fortsetzen wollen – gab es mit Landesbischof Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh. Dies gefällt mir viel besser als nur höfliches Nicken, dem dann doch die inhaltliche Auseinandersetzung fehlt. Die Synode beschloss dann unter anderem auch einen Aufruf gegen Antisemitismus (in dem jedoch leider die vom Landtag BW beschlossene, klare Zurückweisung der BDS-Boykottbewegung bislang fehlt).
Falls das Thema Sie näher interessieren sollte: Hier die Rede als Text und als Video.
Screenshot von der ekiba-Page. Michael Blume, mit freundlicher Genehmigung
Bedrückt: Erst am Montag habe ich vor der evangelischen Synode Baden davor gewarnt, dass der #Antisemitismus aus dem Netz ins echte Leben schwappe – und Menschenleben bedrohe (siehe oben). Die Nachrichten aus #Pittsburgh über den antisemitischen #Terrorangriff mit vielen Toten machen traurig & auch zornig, da ich ahne, dass die Hassgruppen auch hier auf Facebook noch lange nicht verstummen werden. Der alte #Verschwörungsglauben und #Hass kehrt über neue Medien wieder – und bringt #Terror und #Gewalt. :-/
Bin in Gedanken und, ja, Gebeten bei den Opfern der „Tree of Life“-#Synagoge, Pittsburgh, Pennsylvania. :-/
Welt.de zur Warnung vom Montag:
https://amp.welt.de/regionales/baden-wuerttemberg/article182493566/Landesbeauftragter-warnt-Antisemitismus-bedroht-uns-alle.html
1. Zu:
“….Gerade Juden müssten aus der Geschichte doch den Wert der Menschenrechte gelernt haben!”, “Mein Boykott gegen Israel ist eine Lehre aus Auschwitz.” oder “Ich will doch die Juden nur vor ihrer eigenen Aggressivität schützen.” – Brrr… “”
(Zitatende)
Ganz offensichtlich fällt keine dieser drei Äußerungen unter die von Ihnen oben angführte 3D- Tripelprüfung “Dämonisierung – Delegitimierung – Doppelstandar.
Entgegen Ihrer eigene Definition bezeichnen sie alle drei aber trotzdem als linksgewendeten Antisemitismus der Altachtundsechziger bzw. der der Vätergeneration. Das ist echt wissenschaftliche Argumentation.
Und ” Brrr ” ist wirklich ein unheimlich schlagendes Argument..
2. Zu Doppelstandards:
Die Aussage, Iraelkritik sei nur zulässig, wenn ich vergleichbares bei anderen Staaten
nicht lobe, scheint zunächst mal moralisch korrekt zu sein. Logisch und ethisch rational ist sie aber nicht. Denn wenn ich ein Verbrechen begehe, mindert sich meine Schuld nicht dadurch, dass auch noch ein oder zei andere dasselbe Verbrechen begangen haben.
3. Zur Delegitimierung
Sie unterscheiden nicht zwischen ethisch- moralischen und praktischen Argumenten.
Wenn jemand gegen ethisch moralische Regeln oder internationale Normen verstößt und Umstände widerrechtlich durchsetzt, die sich später nur unter großem Leid wieder rückgängig machen, lädt er doppelte Schuld auf sich, ist also eher doppelt de- legitimiert. Und diejenigen , die solches bewusst zulassen sind ebenfalls moralisch ethisch oder gar völkerechtlich “delegitimiert”.
Widerrechtlich nicht legitime und nicht mehr reversible Tatsachen zu schaffen ist also kein Persilschein, sondern ein doppelter Schuldschein. Und dasss andere eventuell ähnlich gehandelt haben, ändert nichts an diesem ethischen bzw. rechtlichen Status.
Zudem hat Die BRD jahrzehnte lang andere Staaten (auch deutsche) nicht anerkannt un ohne Rücksicht auf “praktische” gründe Wiedervereinigung gefordert, obwohl das in rein praktischer Hinsicht eventuell zu einem atomaren Weltkrieg hätte führen können.
3. Zu: Dämonisierung
Die (mittelalterlichen) antijudaistischen Mythen Kindermörder und Brunnenvergifter gleichzusetzen mit dem Begriff “Verschwörer” soll suggerieren, dass menschliche Verschwörungen so irrational mythisch seien wie der Kindermörder und Brunnenvergfter- Mythos. Das aber ist eine (wahrheitswidrige) fake- Behauptuing , als fast reine propagandistische Demagogie. Also genau das, was z.B. auch Zionisten ihren Gegnern vorwerfen . Es ist ja schon lange bekannt und wird auch offen zugegeben, dass Israel glaubt,aufgrund des Holocaust und andauernder antisemitischer Verfolgung sich zu seiner Existenzsicherung buchstäblich aller Mittel bedienen zu dürfen. Und seien sie noch so unmoralisch oder widerrechtlich.
Aber selbst die Erwähnung dieser Tatsache wird natürlich als illegitim, weil antisemitisch bewertet und zu unterdrücken versucht. Wie eben deswegen soll eben alles, was den Interessen Israels und seinen Existenzmythen gefährlich werden könnte, als antisemitisch verboten werden. Im Grunge ein ewiger Blanko-Persilschein für jede Israelische Regierung.
Doch, @little Louis – die obengenannten „Argumente“ dienten jeweils der Begründung doppelter Standards und oft auch einer Delegitimierung.
Und wen genau meinen Sie, wenn Sie schreiben, „Israel glaubt, aufgrund des Holocaust…“? In Israel finden Sie von weit links bis weit rechts die unterschiedlichsten Positionen, manche Haredim deuten die Shoah sogar als göttliche Strafe und verweigern sich Yom HaShoah.
Was käme wohl heraus, wenn wir uns fragten, was „Deutschland glaubt“? 🤔
Ja, obige Gegenüberstellung macht deutlich, dass die Israelkritik aus Israel oft eine scheinbare Grossmacht macht, welche die ganze Welt bedroht.
Dabei muss man sich bewusst sein, dass Israel weniger Einwohner hat als das Bundesland Hessen (Wikipedia: Hessen ist ein mitteldeutsches Bundesland, das für seine Wälder und seine Landeshauptstadt Wiesbaden bekannt ist). Niemand würde wohl auf die Idee kommen, Hessen könnte eine Gefahr für den Weltfrieden sein, ein Günter Grass aber bekam auch Zuspruch für seine Einschätzung Israel sei eine Gefährdung für den Weltfrieden. Günter Grass ist ein gutes Beispiel für die Israelkritik, weil diese Israelkritik genauso von links wie von rechts kommt. Sowohl links als auch rechts sind israelkritisch und wenn man tiefer analysisert eben auch antisemitisch.
Und Israel wird oft als Ursache für Probleme aufgegriffen, die bei genauerer Betrachtungsweise wenig mit Israel zu tun haben. Letzhin meinte etwa ein Mitarbeiter von mir beim Mittagessen, die Unterstützung von Israel durch den Westen sei falsch, weil es die vielen Probleme im Nahen Osten schaffe, wobei er dazu auch den Syrienkrieg, oder die Auseinandersetzung zwischen Iran und Saudi-Arabien zählte. Solche Dinge werden ohne jedes Nachdenken vorgebracht, weil sich dieses Denken verselbständigt hat und Israel irgendwie für alle Probleme im Nahen Osten verantwortlich gemacht wird.
In meinem Bekanntenkreis gab es auch “Israelkritiker”. Wenn man zu aktuellen Themen sprach (2, Intafada, Operationen wie etwa im Jahr 2006) war die Delegitimierung des Staates Israel ein Teil der Argumentation dieser Leute. So als ob dort nur Araber siedeln und einen Staat gründen dürften.
@ Martin Holzher
Finden Sie es nichts selbst ein wenig “seltsam”, einfach bockig weiter Behauptungen aufzustellen und (Schein- ) Argumente anzuführen, die gerade vorher weitestgehend argumentativ widerlegt wurden? Gerade auch weil Leute, die ähnlich wie Sie argumentiern, ihre Meinungsgegner ständig vereinfachender “populistische Fake – Behauptungen” bezichtigen.
Ihre Reaktion erinnert mich daran, wie z. B. in den Physik- blogs hier die “Mainstreamler ” genau solches Verhalten ihren Kritikern vorwerfen. Man redet halt, wie man es gerade braucht.
So darf es formuliert werden, und dieses “Genre” ist tendenziell antisemitisch, aber nicht zwingend.
Denn es gibt ja auch internationalistische Kritik am Nationalstaat selbst, bspw. vom hiesigen Herrn Dierk Haasis so beigebracht, womöglich auch von einer Musik-Band, deren Name Dr. W im Moment nicht memoriert, irgendwas mit “Fette Sau Fischfilet” ist sich hier, womöglich ungünstig, abgespeichert worden :
-> https://scilogs.spektrum.de/con-text/wider-den-nationalstaat/ (der Nationalstaat als ‘kleines Monster’)
—
Blöd halt, dass die Alternative zum Nationalstaat in Vielvölkerstaaten oder Imperien besteht.
Der Judenstaat Israel, er ist ein Nationalstaat, er gibt das Judentum verfassungsrechtlich an als Begründung seiner Existenz, kann insofern von internationalistischer, politisch : linker, Seite angegriffen werden ohne dass Antisemitismus vorliegt, in praxi liegt er dann aber oft vor.
MFG + gute Arbeit!
Dr. Webbaer
@Martin Holzherr 29. Oktober 2018 @ 10:01
Nicht nur Leute am Mittagstisch. In einer Sendung am Sonntagmittag (Presseclub oder Frühschoppen) wurde der Nahostkonflikt als Ursache für die Aschläge a 11. September 2001 genannt. Ich sehe das schon als indirekte Schuldzuweisung an Israel an. Und noch so eine Anekdote: Damals gab es ja diese mit Wingdings hergestellte Graphik, von der behauptet wurde, die wäre ein Flugnummer in Windings dargestellt. Als letztes Symbol sah man den Davidsstern. Ein Kollege sagte dazu: “Das sind die Ursachen”.
@little Louis 29. Oktober 2018 @ 00:32
Ich denke, daß man zwei der in 1. genannten Thesen schon zu jeweils einem dieser Kriterien zuordnen kann.
Der Staat Israel soll also bei der Wahrung der Menschenrechte mehr Sorgfalt verwenden als andere Staaten.Dies könnte man Doppelstandard nennen. Übrigens wurde etwa die Türkei lange Zeit nicht wegen ihrer Strafaktionen gegen die Kurden kritisiert. Als in den 90ern Touristen von Anschlägen betroffen waren, sah das etwas anders aus.
Dies stellt die Juden/Israel als besonders aggressiv dar. Dies passt in die Kategorie Doppelstandard oder Dämonisierung.
Was meinen Sie damit? Die Gründung des Staates Israel? Denn das ist dann “Delegitimierung”. Und gerade von arabischer oder muslimischer Seite das ganze Staatsgebiet von Israel als Besatzung angesehen.
“Völlig legitim ist jede Form der Kritik an Israel, wie sie an jedem anderen Staat auch geübt würde.”
Es ist also ok, Israel so zu kritisieren wie z.B. Russland?
Man stelle sich folgende Spiegel-Cover vor:
“Stoppt Netanjahu jetzt!”
“Der Halbstarke – Wie Netanjahu die Palästinenser und die UNO attakiert”
“Der Brandstifter – Wer stoppt Netanjahu?”
“Netanjahu greift an”
“Todesgrüße aus Jerusalem”
“Spannend dabei ist zunächst, dass der Begriff der “Israelkritik” ziemlich alleine steht:”
Genauso spannend ist, das es nur 2 Anti*ismen gibt: Antiamerikanismus und Antisemitismus.
@Peter Müller
Rein „zufälligerweise“ haben Sie die überaus harschen Titelgeschichten und Bebilderungen des SPIEGEL auch gegenüber Donald Trump (USA) und vor allem gegenüber Islam & Muslimen „vergessen“ – vielleicht, weil das nicht zu Ihrem Narrativ einer gleichgeschalteten Presse passt? 😉
Zutreffend ist im Übrigen Ihre Beobachtung zur Dauerhaftigkeit von Antisemitismus und Antiamerikanismus: Schon die 68er skandierten USA-SA-SS und die RAF griff unter dem Banner des „Antifaschismus“ und „Antiimperialismus“ gezielt Jüdinnen und Juden an. Die sowjetische Diktatur wurde dagegen nach Kräften verharmlost.
So sehr Sie sich also von „den Alt-68ern“ abgrenzen wollen, lieber @Peter Müller: In der Mythologie einer jüdisch beherrschten USA und „Systempresse“, deren Demokratien dem russischen Patriarchat eigentlich unterlegen seien, bewegen Sie sich im gleichen, ewiggestrigen Mythensystem wie jene. Daher auch Ihre fixe „Idee“, einen Kleinstaat von gerade einmal 8 Millionen Bürgerinnen und Bürgern als ebenso mächtig zu verorten wie Russland…
Interessehalber: Waren Sie denn schon einmal in einem der diskutierten Staaten? 🤔
Unterscheiden muss man doch gegen wen sich irgendeine Kritik richtet. Ich glaube zB. nicht, dass man eine Religionsgruppe (welche auch immer) wegen politischen Missständen kritisieren kann. Religionen sind sich im Zweifel alle sehr ähnlich und haben in der Regel ein “gutes” Ziel. Im Normalfall haben Religionen auch sehr wenig mit politischem Geschehen zu tun.
Ich glaube auch nicht, dass man ein Volk wegen irgendetwas kritisieren kann, da das Volk an sich relativ wenig Mitspracherecht hat.
Man sollte also bei der Kritik vor allem darauf achten wer kritisiert wird. Meines Erachtens sind hauptsächlich diejenigen einer politischen Kritik zugänglich, die die Macht haben das politische Geschehen zu beeinflussen. Natürlich kann man dabei nicht genau sagen “xy” ist Schuld – wir leben ja gottseidank nicht in einer Diktatur, in der eine einzige Person alles Geschehen bestimmt. Dennoch kann man versuchen, die Adressaten der Kritik möglichst genau zu bennen, sonst kann Kritik im Übrigen auch gar nicht konstruktiv genutzt werden.
@little Louis 29. Oktober 2018 @ 13:59
Welche “Behauptungen” von Herrn Holzherr sind denn in seinem Beitrag widerlegt? Die Größe von Israel ist ja bekannt. Und den Text von Herrn Grass kennen wohl viele.
Man sollte bei all dem die strategische Situations Israels beachten. Ich zitiere den Liedermacher Wolf Biermann: ” Wenn die Araber die Waffen niederlegen, wird es keinen Krieg mehr geben,aber wenn Israel die Waffen niederlegt,wird es kein Israel mehr geben.”
Manchmal scheinen mir IsraelKritiker nicht nur räumlich weit entfernt zu sein von Israel sondern auch realistisch weit entfernt.Der Verweis auf die Einhalt von Völkerrecht und andere Gesetze ist in Ordnung.Letzteres sollte dann aber auch für Isreaels Gegner gelten.Solange diese aber Israel völkerrechtlich nicht anerkennen ,wird sich die Situation nie beruhigen.
Dem stimme ich zu, @Golzower. Mit Oman hat übrigens gerade ein weiterer, arabischer Staat den Staat Israel anerkannt und die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft geäußert:
http://www.taz.de/Israel-und-arabische-Staaten/!5546140/
Ich habe die Hoffnung, einen umfassenden Friedensschluss in der Region noch zu erleben.
@ Rudi Knoth um 16:51
Sorry, aber es ist nicht sehr überzeugend, vorher gerade widerlegte (Schein- ) Argumente einfach ohne darauf einzugehen etwas trotzig unverändert erneut anzuführen.Zumal widerspricht es Ihrem Diskussionsniveau auf den anderen ( naturwissenschaftlich- technischen) Gebieten.
@ Golzower und:
“… Manchmal scheinen mir IsraelKritiker nicht nur räumlich weit entfernt zu sein von Israel sondern auch realistisch weit entfernt.Der Verweis auf die Einhalt von Völkerrecht und andere Gesetze ist in Ordnung.Letzteres sollte dann aber auch für Isreaels Gegner gelten.Solange diese aber Israel völkerrechtlich nicht anerkennen ,wird sich die Situation nie beruhigen….” (Zitatende)
Ich kenne Golzowers Alter ja nicht. In der Nachkriegszeit hätte er dann aber bezüglich der Anerkennung der DDR genauso argumentieren müssen: Solange man also die DDR völkrrechtlich nicht anerkennt, wird sich sich die konfrontative Situation nie beruhigen und eine deutsche Widervereinihung wird immer unwahrscheinlicher werden.
Eventuell argumentiert man halt, wie mans jeweils gerade braucht mal so und mal andersrum.
Das mag in der Politik nicht ungewöhnlich sein, ist aber eines (populär-) wissenschaftlichen Portals wie Scilogs unwürdig. Aber eventuell ist Wissenschaftlichkeit hier auch nicht gerade die Hauptagenda und wird nur als Transportvehikel für politische Agenden benutzt.
PS: : Mal sehen , ob sich daer Blockherr traut, das so als Kommentar allen zu zeigen. Eventuell kommt er auch mal in das Alter oder die Position, wo er auch sagen kann, was erjetzt kaum zu denken wagt.
@little Louis
Schon aus Gründen der Dokumentation habe ich Ihren Kommentar gerne freigeschaltet. 🙂
Und, ja, selbstverständlich war es auch für die Bundespolitik richtig, die Existenz der DDR nicht ewig zu leugnen und schon gar nicht mit Waffengewalt zu drohen. Stattdessen erfolgte ein pragmatischer Umgang, bis hin zu gegenseitigen Regierungsbesuchen, und schließlich der Entscheid des Volkes in freien und demokratischen Wahlen. Hätte dieses anders entschieden, wäre die DDR auch nicht in der Wiedervereinigung aufgegangen.
Nein, auch aus der deutschen Teilung kann kein vernünftiger Mensch ein Argument gegen die Existenz Israels oder Pakistans ableiten…
@Golzower
“Wenn die Araber…”
“Die Araber” gibt es ebenso wenig wie “die Juden”. Ihr Posting ist antiarabistisch.
Zu Little Louis:
Wenn sie diese Nachkriegszeit erwähnen, so war diese geprägt von einem Ost-West Konflikt der am Rande des Dritten Weltkrieges stand. Es war damals auch das Verdienst von Willy Brandt,dass er 1971 mit seiner neuen Ostpolitik den Status Quo,also die Existenz von zwei deutschen Staaten auf deutschem Boden quasi anerkannte.
Es folgte dann eine Politik der kleinen Schritte von beiden Seiten.Brandts Leistung war,so meine Sicht als ehemaliger DDR-Bürger,dass er die Realität zunächst einmal anerkannte und auf dieser Basis, auf der Basis des friedlichen Zusammenlebens verschiedener GesellschaftsSysteme, eine reale und humane Politik gestaltete die für die Menschen auf beiden Seiten positiv war. Die damals völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die BRD bzw. durch andere Staaten wie USA,Frankreich etc. war für mich ein Zeichen für ein friedliches Zusammenleben . Solche Zeichen fehlen mir im Israel-Konflikt.
@little Louis 30. Oktober 2018 @ 17:26
@ Rudi Knoth um 16:51
Welche (Schein-)Argumente denn? In meinem Beitrag vom 29. Oktober 16:51 (wenn Sie diesen meinen) bin ich auf Aussagen eingegangen und den “Doppelten Standard” für den ersten dargelegt. Nochmal:
1. Der Staat Israel soll wohl besonders auf die Einhaltung der Menschenrechte achten. Als Vergleich habe isch den NATO-Partner Türkei und dessen Strafaktionen gegen die Kurden thematisiert.
2. Hier wird ja “den Juden) also dem Staat Israel besondere Aggressivität vorgeworfen. Daß die arabischen Staaten nach der Gründung des Staates Israel diesen angegriffen haben, ist wohl keine Aggression? Und die Reden von Nasser damals (die 3 Nein von Khartum)?
Oder können Sie dies widerlegen?
Der dritte Punkt ist doch einfach. Wenn dem Staat das Existenzsrecht abgesprochen wird, dann kann man das doch wohl als Delegitimierung bezeichnen. Auch die PLO und PFLP wollten einen Staat Palästina anstelle des Staats Israel errichten. Und für diese Gruppen gab es nun mal Sympathien von Seiten der 68er.
Die betrüblichen Nachrichten aus Pittsburgh machen immerhin mit der Spitze auch den Eisberg sichtbar: Antisemitische Attacken haben im vergangenem Jahr in den USA um über 50% zugenommen. Dies unter einem Präsidenten, der Juden- und Israelfreundlich ist wie nur wenige. Das zeigt, wenn fremdenfeindliche Diskurse befeuert werden und die gesellschaftlichen Gräben vertieft, so wird es immer auch die Juden treffen. Sollten die “Juden in der AfD” Mal drüber nachdenken.
Ist also Donald Trump trotz seiner Judenfreundlichkeit Schuld an den Anschlägen? Und es gibt auch Warnungen von Bassam Tibi und Karl Lagerfeld, daß Flüchtlinge/Migranten aus dem Nahen Osten (Syrien) “ihren” Antisemitismus hierher bringen.
@ R. K
und:
“.. Hier wird ja “den Juden) also dem Staat Israel besondere Aggressivität vorgeworfen. Daß die arabischen Staaten nach der Gründung des Staates Israel diesen angegriffen haben, ist wohl keine Aggression? Und die Reden von Nasser damals (die 3 Nein von Khartum)?
Oder können Sie dies widerlegen? ……” (Zitatende)
Israel hatte ca. 70 Jahre Zeit, das durch seine Existenzgründung geschaffenen humanitäre Unrecht gegenüber der palästinensischen Bevölkerung auf irgendeine Weise wiedergutzumachen .Stattdeseen entschied es sich für völkerrechtlich nicht abgedeckte weitere Landbesetzungen mit absehbaren Folgen bezüglich des verhältnisses zur authochtonen (palästinensischen)Bevölkerung. Damit hat es sein “moralisches Guthaben ” verspielt.
Gleichbehandlung würde bedeuten, dass man Israels Ignoranz gegenüber dem Völkerrecht nicht mehr weiter hinnimmt. Es ist aufgrund seiner atomaren Bewaffnung eine tickende Zeitbombe. Besonders da es glaubt, nur als Opfer von Agressionen weiter Unterstützung für seine ethnisch- nationalregiösen Politik erhalten zu können.
Gleichbehandlung würde bedeuten, dass man die gegenwärtige halbfaschistische ultranationalistische
Politik Israels in die Schranken weist. Aber das lassen die Israel- Lobbys nicht zu , indem sie behaupten, dass solche kritik das Existenzrecht des Staates tangiere und des halb illegitim antisemitisch sei. Wenn es dann mal zur Katasthrophe gekommen ist, werden wie üblich all diese Lobbyisten behaupten dass man nur das Beste gewollt habe und schlimme Entwicklungen nicht vorausahnen haben könne. Man kennt das ja aus der deutschen Geschichte zur Genüge .
@little Louis
„Moralisches Guthaben – Israel-Lobbys – deutsche Geschichte“…
Vielen Dank, dass Sie das Thema dieses Blogposts so eindrucksvoll bestätigen!
Denn natürlich könnte man alle genannten Punkte auch zum Kaschmir-Konflikt anführen: Die umstrittene Besetzung von Land, die Vertreibung religiöser Gruppen, die direkte Konfrontation von gleich zwei Atommächten, von denen jede mehrfach größer ist als die gesamte Bevölkerung des Nahen Ostens.
Aber Pakistan und Indien beanspruchen ja auch gefühlt kein „moralisches Guthaben“ wie diese (Ihnen lästigen) Juden, brauchen im Gegensatz zum Kleinstaat Israel auch keine unterstützenden „Lobbys“ und brauchen entsprechend auch nicht mit der deutschen NS-Vergangenheit verknüpft und verglichen werden. Von diesen Atommächten fühlen Sie sich also nicht „bedroht“, von Jüdinnen und Juden dagegen schon. Da darf auch der Verweis auf die NS-Diktatur nicht fehlen…
Ob wir eines Tages endlich Friedenslösungen sowohl in Nahost wie in Kaschmir erleben werden? Ich will es sehr hoffen! Doch ich bezweifle, dass doppelte Maßstäbe und NS-Vergleiche dazu beitragen…
@Rudi Knoth
Wie würden Sie erklären, daß der aggressive Antisemitismus in den USA unter seiner Präsidentschaft um über 50% angestiegen ist? Damit, daß das Trump-Amerika in einer spektakulären Aktion ach so viele antisemitisch-muselmanische Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat? Hat es nicht. Ich würde es erklären mit einem allgemein verschärften fremdenfeindlichen, polarisierenden gesellschaftlichen Klima. Es wird beständig gehetzt und gepöbelt, auf allen Kanälen, vor allem in den Sozialen Medien, letzteres auch vom Präsidenten persönlich.
Selbst wenn und obwohl Trump alles andere ist als ein Antisemit: Am Ende trifft es die Juden. Wer auch immer sonst, sie sind immer schuld. Selbst wenn das gesellschaftliche Klima sich gegen muslimische Feinde der Juden richtet: Die Juden können und werden nicht profitieren von einem Klima der Menschenfeindlichkeit. Selbst wenn die AfD eine ausschließlich philosemitische Vereinigung wäre (was sie in Teilen, siehe PI-News, tatsächlich ist), am Ende wurde in Chemnitz nach den AfD-Demos auch ein jüdisches Restaurant bedrängt.
@litttle Louis 31. Oktober 2018 @ 22:57
Also mit der Ausrufung des Staates Israel. Deutlicher geht Delegitimierung nicht.
@Alubehüteter 1. November 2018 @ 15:47
Da gibt es die Frage, woher Sie diesen Anstieg haben. Und welche Personen Anschläge etc begangen haben. Dies nur mit der zeitlichen Koinzidenz anzunehmen ist vergleichbar aus den sinkenden Storchenpopulationen und den ebenfalls sinkenden Geburtenraten die These vom Klapperstorch, der die Babys bringt, zu begründen.
Zum Einen war es nur eine Demonstration. Und ob die Angriffe gegen das Restaurant von Demonstranten oder gar von AfD-Migliedern begangen wurde, ist nicht bekannt.
Ich bin Baujahr 1967. Teil also jener Generation, von der wohl mit Recht ein Joseph Fischer gesagt hat, in ihr gäbe es eine “kulturelle rot-grüne Hegemonie”. Und selbstverständliches Hintergrundrauschen bei uns war die “Kauft keine Früchte aus Südafrika!”-Kampagne.
Natürlich war uns viel Arges bewußt, namentlich in Lateinamerika. Und erst Recht hinter dem “Eisernen Vorhang”; dafür aber fühlten wir uns nicht verantwortlich, noch hatten wir darauf irgendeinsten Einfluß. Unrecht in China, in Indien/Pakistan … Nicht unsere Kultur, nicht unsere Welt, nicht unser Unrecht. Sehr wohl aber das in Südafrika. Und wir dachten, Kräfte zu bündeln, indem wir sagen: In diesem Falle ziehen wir Boykott mal durch; vielleicht/hoffentlich trägt diese Konzentration zu Veränderungen wenigstens hier schon mal bei. Lieber alle Unrechtsstaaten nacheinander konzentriert abarbeiten, statt sich bei der Verbesserung gleich der ganzen Welt zu verzetteln. Und diese Erfahrung bewegt wohl auch Desmond Tutu, BDS zu unterstützen.
Eine Quelle des BDS ist mit Sicherheit islamistischer, aber auch Alt-68er-Antisemitismus. Die Wertvolleren aber berufen sich auf diese Anti-Apartheid-Kampagne.
@ R.K. und:
“…Sie stellen hier ohne jeglichen Beleg das Blogger-Leser-Verhältnis auf eine Stufe mit einem Arzt-Patienten-Verhältnis – und verlangen nun von mir einen Beweis des Gegenteils?.. “ (Zitatende)
Warum eigentlich immunisieren Sie völkerrechtswidriges Verhalten andere Staaten bzw. deren vergangene oder gegenwärtige antihumane Apartheitspolitik nicht genauso gegen Kritik, wie sie das im Falle von Israel offensichtlich tun?
Mit Ihrem Argument hat z. B. der Kolonialismus das Niederschießen Aufständischer Indigener und hat der deutsche Faschismus die “Raum fürs Volk – Politik” gerechtfertigt.
Hätten Sie, wie eventuell manche Ihrer (deutschen?) Vorfahren, Kritik an der Besetzung der Tschechei auch wegen “Delegitimierung” des “Tausendjährigen Reiches” als illegitim bezeichnet und versucht zu sanktionieren?
Da Sie intellektuell unredlich argumentieren, muss ich annehmen, dass es Ihnen mehr um politische
Lobbyarbeit als um “rationale Aufklärung” von propagandistischen Nebelbänken geht.
Aber natürlich ist ein Faschismus- oder Kommmunismusvergleich jetzt wieder ein Beweis für eine Art von “sekundärem Antisimitismus”. Ist ja alles ganz leicht für Sie, da Sie vorher die Definitionen in für Sie geeigneter Weise autoritär einseitig festgelegt haben.
Wenn ich vorher allgemeingültig definieren darf, dass alles Braune Schokolade ist, ist es ein Leichtes , völlig logisch zu behaupten, dass ich auf dem Klo Schokolade produziere.
Wenn das alle die verstorbenen Seelen wüssten , die zur Zeit als Wiedergänger der Verstorbenen (Unrechtsopfer) durch die Häuser geistern.
@Alubehüteter 1. November 2018 @ 15:47
Noch ein kleiner Einwurf. Sie benutzen in Ihrer Argumentation de Trugschluss “post hoc ergo propter hoc”. Auf Deutsch heisst das “Nach Diesem also wegen Diesem”. In Ihrem Fall ist dies: Nach der Wahl von Trump stieg der aggressive Antisemitismus”. Dasselbe gilt für die Ereignisse von Chemnitz. Übrigens eine Frage: Gab es bei weiteren Demonstrationen von PEGIDA oder AfD Anschläge auf Juden oder jüdische Einrichtungen? Ihre Logik ist etwas fehlerhaft.
@Rudi Knoth
Die AfD hat nicht nur den von der CDU wegen #Antisemitismus ausgeschlossenen Martin Hohmann wieder in den Bundestag gebracht, sondern bisher auch keinen Parteiausschluss von Dr. Gedeon (MdL) vollzogen. Auch jetzt gibt es für ihn wieder breite Unterstützung in der Partei, obwohl seine antisemitischen Texte seit Jahren bekannt sind, vgl.:
https://www.ruhrbarone.de/antisemitische-gedeon-afd/129332
🤨
Zitat Michael Blume: Antisemitisch ist demnach die Dämonisierung von Israelis, für die meist die klassischen antisemitischen Verschwörungsmythen bemüht werden:
Verschwörer, Kindermörder, Brunnenvergifter usw. Diese Strategie wird vor allem von rechten und religiös-extremistischen Antisemiten verwendet.
Nun, es sind nicht nur Rechte, die Israle dämonisieren. Auch Günter Grass hat das gemäss Wikipedia getan (Zitat):
In diesem Prosagedicht wirft Grass Israel vor, mit seinen Kernwaffen den „ohnehin brüchigen Weltfrieden“ zu gefährden und einen „Erstschlag“ gegen den Iran zu planen, „der das (…) iranische Volk auslöschen könnte“
Wer Israel zutraut, dass es nicht nur den Iran angreifen, sondern sogar die ganze iranische Bevölkerung auslöschen könnte, der sieht in Israel einen Satan und zwar eher einen grossen als einen kleinen Satan, womit Grass’s feindliches Israelbild sogar das negative Israelbild der iranischen Regierung übertrifft. Denn die iranische Regiuerungspropaganda bezeichnet Israel oft nur als kleinen Satan (die USA sind der Grosse), etwas was nicht passen würde, wenn Israel die ganze Bevölkerung Irans auslöschen wollte. Für Grass war also Israel ein grosser Satan, kein kleiner.
Ja, @Martin Holzherr – deswegen habe ich in obiger Rede sehr bewusst auch den Antisemitismus im linken Gewande thematisiert. Diesem begegne ich auch noch in Kirchen und „Friedensgruppen“.
In Großbritannien hat Scotland Yard inzwischen sogar Ermittlungen wegen antisemitischer „Hate Crimes“ im Umfeld von Labour aufgenommen…
@Michael Blume 2. November 2018 @ 10:16
Es ging in meinem Kommentar auch um die Behauptung, daß Donald Trump “schuld” am Anstieg des Antisemitismus sei.
Bei der AfD ging es um wirkliche Straftaten gegen Juden, die “Alubehüteter” nach der Demonstration in Chemnitz anführte.
@little Louis 2. November 2018 @ 00:18
Ihre Vergleiche sind wirklich hanebüchen. Die arabischen Armeen haben den Staat Israel kurz nach dessen Ausrufung angegriffen. Der Zweck war “die Juden ins Meer zu treiben”. Und wenn Sie mit der Naqba anfangen, sollten Sie bedenken, daß im Gegenzug Juden aus arabischen Staaten vertrieben wurden.
Nun zu Ihren schon persönlichen Vorwürfen:
Wirklich? Bei den Kolonialmächten gab es Völker, deren Staatsgebiet in Europa lag. Ebenso bei Deutschland, dessen Staatsgebiet ja existierte. Das Staatsgebiet von Israel existierte vor 1948 nicht, sondern war britisches Mandatsgebiet. Und es gab den UN-Teilungsplan. Den ahtten die Araber nicht angenommen.
Nein denn es gab ein deutsches Staatsgebiet. Anders als Israel 1948. Und wenn wir bei den Nazis sind: Der Propagandist, der die Araber gegen Israel mit aufstachelte, war der Großmufti von Jerusalem. Übrigens ein guter Freund von Adolf Hitler.
Also ich sehe eher Ihre Argumentation als unredlich. Denn Sie blenden Fakten aus. Und Sie zeichnen ein schwarz-weiß Bild, das historisch falsch ist. Interessant, wie Sie hier Menschen mit anderer Meinung delegitimieren. Das kenn ich eher von Nazis oder Stalinisten.
@Michael Blume
Das ist nicht mein Punkt im Disput mit @Rudi Knoth. Ich nehme mal nicht an, daß die militanten Neonazis in Chemnitz, die das jüdische Restaurant zerlegt haben, unmittelbar der AfD oder auch nur deren Umfeld zuzurechnen sind.
Mein Punkt wäre, daß ein allgemein aufgehetztes, prinzipiell fremdenfeindliches gesellschaftliches Klima auch solche Kreaturen wieder ans Tageslicht treten läßt, die man ursprünglich nun wirklich nicht intendiert hat, von denen sich ein Donald Trump gar glaubwürdig distanziert.
Was, zugegeben, noch kein Argument ist gegen Trump oder AfD. Das ist gewissermaßen ein Kollateralschaden. Die friedensbewegten 80er-Jahre-Demonstranten mussten sich auch nicht jede gewalttätige Chaotentruppe zurechnen lassen. Wie Anti-AfD-Demonstranten heute auch nicht verantwortlich sind für Aktivisten, die das Haus der Erika Steinbach mit Farbbeuteln besudeln.
Soll mehr eine Beobachtung sein als ein Vorwurf. Soll aber vor allem verständlich machen, warum der Zentralrat der Juden nicht so begeistert ist von den Juden in der AfD.
Zur Zunahme des Antisemitismus die ADL:
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@Alubehüteter 2. November 2018 @ 12:02
Danke für die Klarstellung. Wobei der Erfolg von Trump und die Erfolge der AfD verschieden Ursachen haben. Die AfD unter Lucke war bei der BTW 2013 auch knapp unter 5%. Damals war das Thema Migranten/Flüchtlinge nicht akut.Sie vermuten also nur ein fremdenfeindliches Klima als Ursache für beide Entwicklungen (Gewinne von Rechtspopulisten und Antisemitische Attacken.
Zum Thema “Juden in der AfD”. Dagegen sprechen sicherlich Mitglieder wie Martin Hohmann und Gedeon. Andererseits ist aber die AfD die “Israelfreundlichste” Partei im Bundestag. Und es ist auch Tatsache, daß in Europa der Antisemitismus immer mehr von “Muslimen” kommt. Der ZDJ klagt aber nach meiner Meinung lieber “Deutschland” an.
@mblume
Mit der These wäre ich vorsichtig. Hier mal ein älterer taz-Artikel zum Thema. Handfest bleibt da nur die Flugzeugentführung im Auftrag der RAF und das Bejubeln des Massakers bei der Münchener Olympiade. Selbstverständlich gibt es auch linken Antisemitismus, auch in kirchliche Kreise hinein.
@Alubehüteter
Warum sollten wir „vorsichtig“ sein, das Bündnis der RAF mit der PLO, die „Selektion“ während der Flugzeugentführungen und den Jubel über die toten, israelischen Sportler von München als das zu bezeichnen, was sie waren? Auch die „zionistischen“ Opfer des Stalinismus und real existierenden Sozialismus seien als Opfer des bis heute lebendigen, linken Antisemitismus benannt. Dass sich Menschen selbst für aufgeklärt und „antifaschistisch“ erklären, ändert nichts daran, dass sie alten, dunklen Mythen verfallen konnten und können…
Vielen Dank für diesen Beitrag Michael Blume!
Werden wir je einen glaubenden Staat erfahren?
Wie könnten die Konsequenzen aus dem Glauben an einen glaubenden Staat aussehen?
@donald mueller
Danke, aber… – also nach meiner Einschätzung können (bislang) nur Menschen etwas glauben. Kollektive wie “Die Mannschaft glaubt an ihren Sieg!” oder “Die Partei glaubt an eine Wende.” bzw. “Die Kirche glaubt an Gott in Jesus Christus.” stellen nur annähernde Zuschreibungen dar. Was genau meinen Sie mit einem “glaubenden Staat”?
@mblume Antisemitismus war bei der RAF wirklich nur ein Randmotiv. Ja. Auch. Aber der PLO standen sie in erster Linie nahe, weil das einfach geographisch die naheliegendste „Befreiungsarmee“ war. Wenn man die RAF verstehen will, ist Antisemitismus das falsche Gleis.
Nein, @Alubehüteter, auch wenn es schwer zu akzeptieren sein mag: Der dualistische Glaube, sich doch nur gegen eine weltweite, „imperialistische“ Superverschwörung unter Beteiligung der Juden zu wehren, war und ist auch auf der extremen Linken kein „Randmotiv“.
Hier eine Übersicht der taz über den Antisemitismus der RAF:
http://www.taz.de/!5193915/
@Alubehüteter 4. November 2018 @ 21:04
Zusätzlich zum Kommentar von M. Blume. Näher gelegen waren noch die ETA, die IRA und eine Südtiroler Separatistengruppe. Man sollte auch bedenken, daß Israel nach dem 6-Tagekrieg von den USA und einige der arabischen Staaten und die PLO/PLFP von der Sowjetunion unterstützt wurden.
@mblume Interessanter Link, woher haben Sie ihn? 😉 😀
@Alubehüteter
Ecosia. 🙂
Lieber Michael Blume:
Danke Ihnen für Ihre hilfreich wirken könnende Erklärung.
John Locke hatte Staatsfragen bereits anders gelöst als der wildgeworden wirkend wollende Mob, der mir Demokratie erklären möchte.
@mblume Oh, interessant. Weil ich den Artikel oben schon verlinkt hatte (darauf bezogen sich meine Smileys); mir hat ihn allerdings Google ausgespuckt.
Den Verdacht gibt es ja schon lange, daß sich Bing/Yahoo … “inspirieren” läßt von Google …
MB
Israelkritik und Antisemitismus
Mir fehlt hier eine eindeutige Stellungnahme.
Meine Meinung: Die Kritik ist das Einfallstor zur Ablehnung. Und die Ablehnung ist das Einfallstor zur Feindschaft.
Und dann kommt als zweites hinzu, wer die Kritik übt.
Wir Deutschen haben kein Recht mehr Kritik zu üben. Nach der Shoa verbietet sich jede Art von Kritik !
Wenn die Kritik von einer israelbefreundeten Nation kommt, dann ist das gut und berechtigt, aber nicht von Deutschland.
@Novidolski
Hier bin ich tatsächlich ganz anderer Meinung.
1. Schuld ist individuell und vererbt sich nicht. Auch Sie tragen ggf. die Verantwortung, aus den Taten Ihrer Vorfahren zu lernen, aber keine Schild und auch keine Begründung für mindere Rechte.
2. „Wir Deutschen“ sind ein Volk aus Christen, Juden, Muslimen, Yeziden, Anders- und Nichtglaubenden. Gerade wenn Sie durchaus zu Recht betonen, es komme auch immer auf den Kontext an, sehe ich keine Begründung für Pauschalurteile.
3. Deutschland und Israel sind eng befreundet, gerade gab es auch wieder deutsch-israelische Regierungskonsultationen. Ich hoffe dabei, dass auch in Ihrem Freundeskreis unterschiedliche Meinungen zu Einzelthemen bestehen dürfen.
Noch einmal darf ich auf die Rede verweisen: Das Gegenteil von Antisemitismus ist nicht Unterordnung, sondern dialogische Gleichberechtigung.
Michael Blume
Deutschland und Israel sind eng befreundet.
Diese Aussage kann man so stehen lassen, denn das Gegenteil wäre noch falscher.
Und das ist auch die offizielle Lesart.
Ich meinte eigentlich etwas diffizileres. Ist auch die deutsche Bevölkerung mit Israel befreundet. Und dabei bleiben Zweifel. Etwas vor ihrer Zeit gab es einen deutschen Politiker, Möllemann von der FDP, der mit versteckt antisemitischen Äußerungen auf Stimmenfang ging. Und die Zustimmung für Möllemann wuchs auf bis 18 %.
Das hat mir zu denken gegeben. Und wenn ich mich bei der älteren Bevölkerung so herumhöre, dann habe ich auch Zweifel. Das Bild des Juden besteht immer noch, und nicht positiv.
So, was jetzt die Kritik betrifft. Sie haben natürlich Recht, dass man miteinander sprechen soll und muß.
Aber wie kann ein Deutscher die Situation der Israelis im Umgang mit den Palästinensern im Gaza Streifen beurteilen. Ich meine die Israelische Führung hat da die größere Kompetenz.
Sie können ihre Empörung über Entscheidungen der Israelis äußern aber tun sie das öffentlich? Ich denke nicht.
Und das meine ich. Es ist in der gegebenen Machtkonstellation klüger den Mund zu halten.
Aber in einer Demokratie ist Meinungsvielfalt erlaubt und sogar notwendig, deshalb kann ich mit ihrer Meinung auch gut leben, weil sie nicht einer inneren Logik entbehrt.
@Novidolski 7. November 2018 @ 12:45
War das wirklich so? Nach Wikipedia steht darüber folgendes drin:
Also stimmt diese Aussage nicht. Es gab ein Projekt 18% von Möllemann, das aber wohl nicht erfolgreich war. Da verwechseln Sie etwas.
Wie groß ist denn Ihre “Stichprobe”? Oder arbeiten Sie in einer EInrichtung für ältere Leute?
Das ist eine problematische Argumentation. Nehmen wir das andere Problem in dieser Region “Kurdistan”. Ist eine entsprechende Kritik daran mit dem Verweis auf die größere Kompetenz der türkischen Regierung zu kontern? Dasselbe gilt für eine ähnliche Argumentation bezüglich Polen oder Russland.
Rudi Knoth
was Sie hier lesen ist meine Meinung, kein abgesicherter Tatbestand.
Ihr Zeitungsartikel bezieht sich auf einen früheren Zeitpunkt.
Möllemann konnte später den geschätzten Prozentanteil erhöhen, von Möllemann selbst angepeilte 18%, da haben Sie Recht, wie hoch die Zustimmung tatsächlich war, kann man nur mutmaßen. Ich erinnere mich nur an den Wirbel , den er in den Medien verursacht hat.
Er wurde dann politisch so angegriffen, dass er bei einem Falschirmsprung Selbstmord verübt hat. Ob das ein Selbstmord war, konnte man auch nicht zweifelsfrei feststellen. Da könnte auch jemand ganz anderes nachgeholfen haben.
Eine Privatperson kann keine Stichproben erheben. Da ich aber nicht taub bin und auch nicht blind kann ich konstatieren, dass wir von einer Israelfreundlichkeit noch entfernt sind.
Was Sie mit problematischer Argumentation umschreiben ist leider die Realität.
Wir, als Natomitglied, können nur mit den Wölfen heulen.
@Novidolski 8. November 2018 @ 15:39
Zum Teil habe ich auch diese Erfahrung gemacht. Manche Leute wie Herr Broder geben teilweise den Medien eine Schuld daran.
wie ich es verstehe: Moderne wird als langweilig empfunden.
Globalisierung mag dafür als Entschuldigung im Widerpart empfunden wirken.
Indes sollte man einem Primaten erklären wollen wie Logik zweiter Ordnung funktionieren könnte…
😓
Der Vergleich mit China ist insofern problematisch, als Israel sich einer realen militärischen Bedrohung ausgesetzt sieht, die nicht nur für einzelne Territorien und auch nicht nur für den Staat selbst, sondern für das physische Überleben der Mehrheit seiner Bürger besteht. Hingegen ist noch keine tibetische Terrororganisation bekannt geworden, die China zerstören und seine Bewohner entweder vertreiben oder ermorden möchte. Insofern kann man die Politik Israels selbstverständlich kritisieren, sollte aber diese existenzielle Bedrohung mit bedenken, während ich im Falle Tibets einen weitgehenden Rückzug Chinas für die beste Option halte.
Dem stimme ich zu, @Thorben Meyer. Man könnte auch vergleichen, wie maßlos China gegen tibetisch-buddhistische wie auch uigurisch-muslimische Aktivisten vorgeht, ohne tatsächlich existentiell bedroht zu sein. Aber so viele arbeiten sich lieber an einem Kleinstaat ab… :-/
Ich möchte gern mal einen “israelkritischen” Beitrag lesen, der eindeutig nicht antisemitisch ist – ich bitte um ein, wenigstens ein Beispiel!
@Martin Friedland
Solche gibt es täglich – hier zum Beispiel der Stop eines israelischen Gesetzesvorhabens, das sich sicher auch europäische Rechtspopulisten wünschen würden, das nun aber mangels Mehrheit gescheitert ist:
https://amp.welt.de/newsticker/news2/article184524348/Parlament-Umstrittener-Gesetzentwurf-zur-Kuerzung-der-Kulturfoerderung-in-Israel-gestoppt.html
Oder hier zu den – bei aller Freundschaft – weiter bestehenden Differenzen zwischen der deutschen und der israelischen Regierung:
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.merkel-in-israel-kritische-gespraeche-zwischen-verbuendeten.dd00b53a-18cf-4cbd-a67f-79b6801b8d95.html
In meinem Buch über die Haredim finden Sie übrigens ebenfalls Kritik, beispielsweise an Teilen der Bildungspolitik und der Einrichtung neuerer Militäreinheiten ohne Soldatinnen. Kein Mensch hat mir deswegen jemals Antisemitismus unterstellt (und hätte für den Versuch auch eine ordentliche Antwort erhalten). Eine einfache Faustregel: Sie können Israel ebenso kritisieren wie jede andere Demokratie auch, zum Beispiel das fast gleichzeitig mit Israel gegründete Pakistan. Und auch die Grenzen der sachlichen Kritik sind die Gleichen. Wo ist also das Problem?
Ich finde es erbärmlich, wenn wir uns immer noch in diesen Schubladen bewegen. Ich lasse mir nicht sagen, was mir verboten ist, zu tun, zu sein, zu sagen. Ich wäge für mich die Konsequenzen ab und lerne durch Erfahrung und Reflexion. Es gibt jede Menge Vorurteile gegenüber Völkern, Menschen, Haarfarben, Geschlechtern. Das Konzept eines moralischen Imperativs, dem ich mich unterzuordnen habe, halte ich für komplette Idiotie, ein besseres Bildungssystem mit einer ausgewogenen Kost für die deutlich bessere Alternative.
Es ist mir sowas von Wurscht, ob meine “Israelkritik” oder meine “Deutschlandkritik” oder “Russlandkritik” oder “wasauchimmerkritik” irgendeinen moralischen Nerv verletzt. Das einzige, was zählt, ist, ob meine Taten und Worte Menschen tatsächlich verletzen oder nur in ihrer Eitelkeit und Bequemlichkeit stören.
70 Jahre nach dem Holocaust besteht in Deutschland eine Pflicht, dessen zu gedenken und dafür zu sorgen, dass von deutschem Boden kein Krieg mehr ausgeht.
Das Unrecht, das wir vielen Menschen angetan haben, ist nur dann zu etwas gut, wenn wir daraus lernen. Und damit einher geht auch die Verpflichtung einer Gruppe von Menschen oder einem Land die Stirn zu bieten, das die Menschenrechte aufs Gröbste verletzt. Ihr Artikel ist, wie viele andere auch, ein Whataboutism, wenn es eigentlich um viel existenziellere Werte und direktere Verletzungen der Menschenwürde gibt, als ein 3-D-Modell des Antisemitismus. Da auch die Palästinenser zu den semitischen Völkern gehören, umso mehr. Es wäre schön, den ganzen Quark mal sein zu lassen und wieder direkt in Deutschland die Fakten zu berichten, als irgendeine moralisch-virtuelle Keule zu schwingen:
– Israel bricht seit Jahrzehnten das Völkerrecht (laut UNO)
– der Friedensprozess aus den 90ern wurde von den orthodoxen Kräften und dem Likud gestoppt
– besetzte Gebiete, die den Palästinensern zugesprochen wurden, werden besiedelt
– annektierte Gebiete werden nicht zurückgegeben
und jetzt das eigentlich hypokritische:
– Menschen werden aus dem Grund der Herkunft in einem Landstrich zusammengepfercht und beschossen und getötet, wenn sie sich dem Grenzzaun nähern.
Hallo? Die eigentlichen Antisemiten heutzutage ist die israelische Regierung. Die Pflicht der Bundesregierung wäre es, sich keinerlei moralischen Erpressungsversuchen mehr zu beugen.
Die Diskussion über das Existenzrecht des Staates Israel mit den Staatsgründungen oder Unabhängigkeitsbewegungen von Pakistan, Tibet, Armenien, etc. zu vergleichen, ist nicht koscher. Am ehesten wäre dies mit der Lage im Kosovo vergleichbar. Zur Jahrhundertwende 1900 lebten nicht besonders viele Juden in Palästina, erst der Zionismus von Herschl und die teilweise Unterstützung durch die britische Regierung ließen die Bevölkerungszahl entsprechend anwachsen. Und die Stimmung zu Gründerzeiten war eine deutlich andere als heute, was sicherlich nicht nur an den Palästinensern liegt.
Und ich gebe dem Vorredner recht, der sagt, dass wir eine “gleichgeschaltete” Presse haben. Mag sein, dass das keine böse Absicht ist, doch die Qualität der Berichterstattung hat deutlich nachgelassen. Und wenn man die Karikatur des Herrn Netanyahu als antisemitisch beschreit, anstatt sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen, ist man wieder bei Ihrem Teil des Ablenkungsmanövers.
Lieber Herr Diederich,
es geht beim Antisemitismus nicht um irgendwelche Schubladen, sondern um ein Weltbild, das in der Konsequenz mörderisch ist. Solche Ideologien aufzudecken und zu bekämpfen ist weitaus mehr als nur ein moralischer Imperativ. Die Lehre aus dem Holocaust ist eben nicht nur die, dass von deutschem Boden nie mehr ein Krieg ausgehen darf – sondern auch die, wohin gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – hier: Antisemitismus – führt, wenn man ihm nichts entgegensetzt und ihn gewähren lässt.
Israel als das Land herauszugreifen, das – wie Sie schreiben – „Menschenrechte aufs Gröbste verletzt“, hat schon Merkmale einer Dämonisierung, weil es Doppelstandards braucht, um die einzige Demokratie in Nahost, den einzigen Staat dort, in dem es Glauben- und Gewissensfreiheit gibt und in dem Minderheiten Schutz genießen – trotz aller Schwächen und Probleme – als „den Menschenrechtsverletzer“ herauszugreifen. Da ist auch die UNO nicht unbedingt der Maßstab aller Dinge, denn die fällt letztlich Mehrheitsentscheidungen, zu denen mehrere Staaten beitragen, die mit Demokratie oder gar Menschenrechten gar nichts am Hut haben. Hier lohnt es sich, die jeweiligen Fälle tatsächlich anhand des Völkerrechts zu prüfen, denn die UNO hat sich hier schon oft selbst widersprochen. Das heißt nicht, dass Kritik an der israelischen Politik generell fehl am Platz wäre – aber der 3D-Test liefert schon eine gute Vorlage, wann wir es wirklich mit „Kritik“ zu tun haben und wann eben nicht mehr. Übrigens: wer den Friedensprozess in den 90ern tatsächlich gebrochen hat, wäre zu diskutieren – auch, was alle Versuche danach betrifft, eine friedliche Koexistenz zu erreichen. Die Annahme, Israel würde Gebiete besiedeln, die den Palästinensern zugesprochen wurden, ist so tatsächlich nicht richtig, hierzu empfehle ich die Lektüre der Osloer Verträge sowie der Roadmap. Und dass der Versuch, das Westjordanland „zurückzugeben“ (in Anführungszeichen, denn man kann etwas nur an den zurückgeben, der vorher im Besitz der Sache war) am 1. September 1967 am dreifachen „Nein“ von Khartum gescheitert ist, setze ich mal als bekannt voraus. Vor dieser „Annexion“, wie Sie es nennen (das Westjordanland wurde nie annektiert – man könnte von einer „Okkupation“ sprechen, wenn das Gebiet vorher das Staatsgebiet eines anderen Staates gewesen wäre), war das Gebiet übrigens völkerrechtswidrig in einem Angriffskrieg von Jordanien besetzt gewesen, das nur zur Richtigstellung. Und dass in Israel kein Mensch erschossen wird, weil er sich einem Zaun nähert – sondern dass Terroristen an einem Grenzdurchbruch gehindert werden müssen, um die eigene Bevölkerung zu schützen – auch das ist kein Geheimnis, wenn man sich tatsächlich mit den Vorgängen beschäftigt.
Und genau darum geht es hier: wenn mit falschen Darstellungen ein hässliches Zerrbild erzeugt wird, dass das kleine Israel als „den Juden unter den Staaten“ dämonisiert, hat das mit einer Kritik, wie man sie an anderen Staaten ganz selbstverständlich üben würde, nichts zu tun. Eine Presse, die nicht Ihrem Weltbild entsprechend berichtet, ist deswegen nicht „gleichgeschaltet“ – sie folgt einfach nur nicht Ihren ideologischen Vorgaben. Wobei man der Presse mit dem gleichen Recht vorwerfen könnte, gleichgeschaltet israelfeindlich zu sein, denn faire und sachliche Berichterstattung über Israel ist leider Mangelware.
Noch eines zum Schluss: Sie schreiben, dass auch die Palästinenser „zu den semitischen Völkern“ gehören würden. Es gibt zum einen keine semitischen Völker, sondern nur eine semitische Sprachgruppe – zum anderen hat der Antisemitismus trotz seines Namens ausschließlich mit den Juden zu tun. Der Begriff wurde 1879 von dem Journalisten und Judenhasser Wilhelm Marr geprägt und er zielte von Anfang an nur auf Juden. „Antisemitismus“ klang einfach nur „wissnenschaftlichert“ als die Vokabel „Judenhass“.