Mein neues Buch “Verschwörungsmythen. Woher, Was, Wie” erscheint im Juli

Als ich 2019 “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht” veröffentlichen konnte, gab es durchaus noch Stimmen, die vor “Alarmismus” warnten. Nach dem Aufkommen von gefährlichen Verschwörungsbewegungen wie QAnon und den Anschlägen von Halle, Hanau und Celle auch in Deutschland bestreitet das jedoch kaum mehr jemand – wenige haben sogar die Größe gefunden, sich zu entschuldigen.

In meinem neuen Buch “Verschwörungsmythen. Woher sie kommen, was sie anrichten, wie wir ihnen begegnen können” habe ich daher die Stärken und Schwächen von Verschwörungsglauben in den Blick genommen – und Möglichkeiten beschrieben, sie zu stoppen.

Blume, Michael (2020): Verschwörungsmythen. Woher sie kommen, was sie anrichten, wie wir ihnen begegnen können. Patmos, 15 Euro (erscheint Ende Juli 2020)

Zu den zu wenig beachteten Stärken von Verschwörungsmythen gehört ihre intuitive Verankerung in der menschlichen Psychologie des Dualismus: Alles “Böse” aus sich selbst und der eigenen Gruppe abzuspalten und auf “die” jeweiligen Feindbilder zu projizieren ist eine menschliche Option und Universalie. Ich beschreibe dies am Beispiel der UFO-gläubigen Heaven’s Gate-Sekte, die ihre Anhängerschaft schließlich sogar in den Gruppen-Suizid führte.

In der europäischen, später gar “westlichen” Geistesgeschichte entfaltete sich der dualistische Verschwörungsmythos von Platon bzw. dessen Höhlengleichnis. (Deswegen hatte ich das o.g. Buch auch unter dem Arbeitstitel “Platons Falle” geschrieben.) Demnach seien alle Menschen in einer Höhle gefangen, all ihre Wahrnehmungen nur von böswilligen Verschwörern verursachte Schattenspiele. Nicht die Demokratie – die Platons Lehrer Sokrates zum Tode verurteilt hatte -, sondern nur ein tyrannischer Führer bzw. Philosophenkönig könne die Menschen aus dieser Gefangenschaft befreien und sie ggf. auch zwingen, ihre Augen an das wahre Licht zu gewöhnen.

Entsprechend komme ich also zu dem beklemmenden Schluss, dass es leider kein Zufall war, dass das Deutsch-“Land der Dichter und Denker” auch zum “Land der Richter und Henker” werden konnte: Auch überaus kluge und hochgebildete Menschen können sich – etwa über den Platonismus – in Verschwörungsglauben und Antisemitismus hinab-denken. Dies beschreibe ich am Beispiel des Freiburger Philosophen Martin Heidegger, der zunächst Theologie studiert hatte, dann über die Befassung mit dem “Antichristen” seinen religiösen Glauben verlor und schließlich mit “Sein und Zeit” die feinsinnigste, agnostische Auslegung des platonischen Höhlengleichnisses lieferte. (Hier auch ein Dank an den Blog-Kommentator @Alubehüteter, der mich hartnäckig animierte, Heideggers Leben & Werk aufmerksam zu studieren.) Bereits zu Weihnachten 1931 empfahl er seinem Bruder “Mein Kampf” von Adolf Hitler, den Heidegger für den kommenden Erlöser hielt.

Gleichwohl sind Verschwörungsbewegungen verwundbar, da sie ihre Anhängerschaft in ständiger Panik und also Endzeit-Erwartung halten müssen. Lassen sie Ruhe, Zweifel, “Gerede” und “Geschreibe” (Heidegger) zu, dann beginnen auch unter Verschwörungsgläubigen Zweifel zu keimen, ob der jeweilige Anführer wirklich “der Erlöser” sei. 

So komme ich – in direktem Kontrast zum meinerseits sehr geschätzten Sascha Lobo – zu einer konkreten Prognose: Mit der Flucht in den Bunker des Weißen Hauses samt dem Ausschalten der Lichter und der mehrstündigen Unterbrechung der Kommunikation hat US-Präsident Donald Trump nach meiner Analyse den Zerfall seiner dualistischen Anhängerschaft bis tief in Republikanische Partei, Militär, Polizei und Regierung eingeleitet. Schon der verhängnisvolle Marsch zur Kirche samt Bibel-Hochhalten wäre demnach als – gescheiterter – Versuch zu verstehen, die Reihen wieder zu schließen. Entlang meiner Analysen ist also mit einem klaren Scheitern des QAnon-Messias zu rechnen.

Das Buch wird vom Patmos-Verlag unter Hochdruck hergestellt und soll bereits Ende des Monats ausgeliefert werden. Es kann bereits bei Patmos selbst sowie bei lokalen Buchhändlern bestellt werden.

Selbstverständlich würde ich mich sehr freuen, wenn “Verschwörungsmythen. Woher sie kommen, was sie anrichten, wie wir ihnen begegnen können” Ihr Interesse fände und eine breite Debatte auslösen würde.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

36 Kommentare

  1. Alles “Böse” aus sich selbst und der eigenen Gruppe abzuspalten und auf “die” jeweiligen Feindbilder zu projizieren …

    Eine so schön einfache Art sich selbst von jeglicher Schuld zu erlösen.
    Aber kann man dann seinen eigenen Anblick morgens im Spiegel noch ertragen?
    Denn das es sich offensichtlich um eine Selbstäuschung handelt, sollte doch jedem klar sein?!

    • Leider nicht, @einer. Wir Menschen sind MeisterInnen darin, uns auch selbst zu betrügen – übrigens gerade auch dann, wenn wir kognitiv hochgebildet („eingebildet“) sind.

      Eine besonders perfide Methode vom Schulhofmobber bis zum Staatstyrann: Erzeuge mit kleinen Übeltaten (z.B. Schmähungen) Mittäter. Diese werden sich im Nachhinein auch untereinander auf Lesarten verständigen, dass ihr fieses Verhalten „gerechtfertigt“ war. („Warum stellt der sich auch immer so komisch an!“ u.ä.)

      Schritt für Schritt werden so angegriffene Personen und Gruppen entmenschlicht, wird die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) vertieft.

      Wer von uns glaubt, dagegen selbst immun zu sein, belügt sich höchstwahrscheinlich selbst… 🤷‍♂️😳🙏

      • Ich war eher auf der gemobbten Seite, Nerds haben es halt schwer 😉

        Immun gegen Selbstbetrug ist sicherlich niemand, allerdings andere Menschen oder Gruppen für praktisch jeden Fehler, den man gemacht hat, verantwortlich zu machen … ist schon sehr heftig. Im Prinzip spricht man sich selber damit ja jegliche Eingenständigkeit ab.
        I
        ch bezweifle ja nicht, dass viele Menschen das machen – aber ein wenig Selbstreflektion sollte doch schon reichen um das zu erkennen … das ist traurig.

  2. “Gleichwohl sind Verschwörungsbewegungen verwundbar, da sie ihre Anhängerschaft in ständiger Panik und also Endzeit-Erwartung halten müssen.”

    Das sieht man ja sehr schön an den offiziellen Corona-VTs. Jeden Tag müssen neue Horrormeldungen aus jedem Winkel der Erde vermeldet werden, damit nur ja keiner merkt, dass der ganze Quatsch bei uns schon seit Monaten vorbei ist. Die Entdzeiterwartung äußert sich dann in einer ominösen “zweiten Welle”, die uns angeblich im Herbst ereilen soll.

    • Danke für die kleine Demonstration in Verschwörungsdenken, @Peter Müller: Sie werfen Wissenschaft, Politik und Medien eine Corona-Superverschwörung vor und lassen sich auch von den Entwicklungen in den USA, Brasilien, Indien etc. kaum berühren.

      Bitte bleiben Sie gesund.

    • Bei uns ist gar nichts vorbei, siehe Gütersloh. Es kann jederzeit irgendwo sofort wieder los gehen. Vorbei ist nur in Sachsen und Meck-Pomm. Hoffen wir, daß das nach der Ferienzeit auch so bleibt.

  3. @Blume aber wie kommt man an Mythen?

    Mythen sind immer vielfältig, und sollten danach beurteilt werden, was sie bewirken, wenn man an den konkreten Mythos glaubt. So die Sicht von außen, auch natürlich aus religionswissenschaftlicher Sicht.

    Aber kommt denn so der Mensch auch dazu? Er sollte das, aber ist es nicht oft einfach, dass der Mythos gewinnt, der einfach schneller ist? Man kann sich ja nicht so einfach sagen: Das wäre ja schön wenn es so wäre, also glaube ich das einfach mal. Letztlich gehört zum Glauben generell auch eine gewisse Überzeugung.

    Man soll Religion als Religion verstehen, und nicht mit Wissen verwechseln, oder vermischen. Aber ist das denn auch menschenmöglich? Man glaubt doch am Ende, was einen überzeugt. Und das müssen nicht die besten Aussichten sein. Wenn es heißt, die Welt wird vom Guten regiert, und man doch im Wesentlichen Manipulation und Geschäftemacherei vorfindet, bekommt auch der Glaube an das Gute einen Knacks.

    Und wenn man jetzt gerade dann sich solche Sorgen um das Gute in der Welt macht, und einen hier die Verschwörungsschwurbler erwischen, kann das passen und eine gewisse Überzeugungskraft haben. Hier gewinnt manchmal einfach der, der schneller war.

    Wir waren über Jahrzehnte ganz vom Medienmainstream gefangen, und jetzt mit der Meinungsfreiheit im Internet kommt man erstens schnell dahinter, dass hier doch vieles nicht so toll ist und in erster Linie den Vermögenden zu gute kommt. Und zweitens bieten sich hier so allerhand Alternativen an, die eben auch dreist genug sind, wirklich falsche Fakten in die Welt zu setzen.

    Das war man vom alten Medienmainstream eben nicht gewöhnt, der hat auf sein Image geachtet, und nicht so platt mit völligen Falschaussagen manipuliert. Wenns die Menschen dann bald mal kapieren würden, dass man im Internet eben auch jeder Zeit mit dreisten Lügen rechnen muss, wäre schon sehr viel gewonnen, hoffe ich zumindest. Viele Akteure im Internet sind kurzlebig, da findet man wenig Markenware. Wer beim Lügen erwischt wurde, hat längst schon die Identität gewechselt, und macht mit anderem Namen mit einem Update der eigenen Fakes einfach weiter.

    Aber grundsätzlich denke ich, dass der Mensch doch nicht immer so sauber zwischen Mythologien und Wissen unterscheiden kann. Das ist noch mal eine Arbeit an sich selbst, sich hier über die eigene Sicht auf die Wirklichkeit klar zu werden. Mit der Konsequenz, dass man andere Mythen-Lösungen auch wirklich respektieren kann, aber sich auch nicht falsche Fakten verkaufen lässt.

    • Ja, @Tobias Jeckenburger – die „Arbeit an den Mythen“ ist aufs Engste mit der Arbeit an sich selbst verbunden. Darin liegen Chance und Aufgaben, gerade auch angesichts neuer Medien.

    • “Das war man vom alten Medienmainstream eben nicht gewöhnt, der hat auf sein Image geachtet, und nicht so platt mit völligen Falschaussagen manipuliert”

      Haben Sie den Herrn Relotius schon vergessen? Oder die Hitler-Tagebücher damals im Stern? Natürlich haben die Medien auch damals schon gelogen, man nannte es dann “Zeitungsente”.

      • Und all diese und viele weitere Fälle wurden durch seriöse Recherchen von Medien & Justiz selbst aufgeklärt… 👍

        Der @Peter Müller hätte lieber so ein System Putin: Wo ein autoritärer Führer die Wahrheit definiert, hören die Zumutungen der Freiheit und Vielfalt endlich auf.

        Und wenn doch mal etwas schief geht, dann war halt Israel 🇮🇱 schuld… 🤦‍♂️

        Die Welt könnte laut Antisemitismus (scheinbar) so einfach sein!

        Das Problem am Verschwörungsglauben: Er ist sachlich falsch und führt Betroffene in Wahnwelten. Auch mit Bezug auf Covid19 (vgl. auch hierzu Kommentare des Betreffenden)…

  4. @Peter Müller 06.07. 14:07

    „Jeden Tag müssen neue Horrormeldungen aus jedem Winkel der Erde vermeldet werden, damit nur ja keiner merkt, dass der ganze Quatsch bei uns schon seit Monaten vorbei ist.“

    Ich denke nicht, dass hier Endzeiterwartungen geschürt werden. Corona ist eben Top-Thema, und die Medien können es nicht lassen, da weiter dran zu bleiben. Aber in der Tat wird hier damit auch die Panik gefördert. Dummerweise hat da allerdings keiner was davon.

    Ich vermute auch, das wir zumindest in Mitteleuropa eine sommerbedingte Neuinfektionspause haben. In den USA hat man die eben nicht, wegen der dort im Hochsommer überall laufenden Klimaanlagen. Nicht wegen Trump, oder weil die zuwenig Gegenmaßnahmen praktizieren.

    Aus der sommerbedingten Invektionspause ergibt sich allerdings wiederum die Konsequenz, dass wir spätestens im nächsten Winter eine 2. Infektionswelle bekommen werden, vielleicht schon im Herbst.

    Aber klar, auch dass wäre seinerseits kein Weltuntergang, und auch kein Grund, die derzeitige Panik noch zu fördern. Die Politik und die Medien fördern zwar die Panik, und das nervt mich auch reichlich, aber das hat nichts Verschwörerisches, das ist eher einfach recht gedankenlos, finde ich. Die Medien verdienen auch ihr Geld mit Aufmerksamkeit, genauso wie die Politik, und die entsprechenden Akteure haben zum Teil auch einfach selber Panik.

    Vor allem hat man hier wohl große Angst davor, dass man zu viel lockert, und damit eine 2. Infektionswelle auslöst, für die man dann verantwortlich gemacht wird.

    Insofern etwas irrational, vor dem Herbst wird offensichtlich Nichts Gravierendes passieren, selbst wenn man auch den Maskenzwang aufhebt: die Menschen selbst sind nachhaltig in Panik, und werden mehrheitlich weiter alles machen, was geht. Auch weiter Masken tragen, zu mindestens 90% schätze ich.

    Die wirtschaftlichen Schäden gehen unvermindert weiter, und mit der 2. Infektionswelle im nächsten Winter wird die Panik noch mal richtig die Umsätze weiter ruinieren. Derweil wird es immer mehr Menschen dämmern, dass die panikbedingten Wirtschaftschäden die direkten und vor allem womöglich unvermeidlichen Gesundheitsschäden um ein Vielfaches übersteigen werden. Wenn wir erst in 2 oder 3 Jahren einen wirksamen Impfstoff haben, werden sowieso die meisten Menschen an einer Infektion nicht vorbeikommen.

    Wenn es denn so läuft, wird man sich dann wohl eingestehen müssen, dass die Wirtschaft nicht mehr kann, und das wir gar keine andere Wahl haben, als die Infektion letztlich durchzumachen. Wir können dann froh sein, wenn die Infektionsraten gerade mal die Krankenhäuser nicht überlasten. Die Raten bei Sommerwetter so weit wie aktuell zu drücken, ist dann einfach nur noch Luxus, der zu nichts führt.

    Angst ist eben selten ein guter Berater. Mit Vorsichtsmaßnahmen bei Sommerwetter kann man die winterlichen Infektionswellen eben nicht vermeiden, das geht nicht.

  5. zur @Müller-Diskussion:

    bis zu 30% der Virus-Übertragungen gehen von asymptomatisch Infizierten aus!
    Denen sieht man es a) nicht an, und b) wissen sie selbst nichts von ihrer Gefahr.

    Es ist einfach soziale Kompetenz und Respekt vor anderen – Distanz und Schnutenpulli.

    Wie eine 2. Welle aussieht, sieht man am Notstand in Israel, da war Mitte Mai schon “Ruhe”.
    https://www.worldometers.info/coronavirus/country/israel/ zu früh trotz Kritik gelockert!

    • Danke, @Herr Senf – zumal die „zweite Welle“ von Covid-19 in Israel die Antisemiten verwirrte. Nach ihrer Verschwörungsmythologie hätten doch „die Zionisten“ den Virus 🦠 hervorgebracht und kontrolliert. Nun versuchen sie ihr Feindbild mit der Vermutung zu retten, die Gefahr werde übertrieben.

      Antisemitismus tötet, schließlich auch die Verschwörungsgläubigen selbst… 🤦‍♂️

    • “bis zu 30% der Virus-Übertragungen gehen von asymptomatisch Infizierten aus!”

      Wo haben Sie denn diesen Unsinn her?

      • z.B. von hier

        https://www.springermedizin.de/covid-19/infektionserkrankungen-in-der-hausarztpraxis/fast-jeder-zweite-sars-cov-2-infizierte-symptomlos-/18075460

        Eine Ursache für die schnelle Ausbreitung von SARS-CoV-2 könnten Infizierte sein, die asymptomatisch bleiben. So halten es Forscher um Dr. Daniel Oran von Scripps Research Translational Institut in La Jolla, Kalifornien, für wahrscheinlich, dass 40 bis 45 Prozent der mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen keine Symptome entwickeln.

        So gebe es Studien, denen zufolge der Anteil der Asymptomatischen an der Gesamtheit der SARS-CoV-2-Infizierten zwischen 6 und 40 Prozent liege.

        • Da steht doch nur, das 40 bis 45% keine Symptome haben. Ob die nun andere anstecken, kann man doch daraus gar nicht ableiten.

    • Hallo Herr Blume,
      habe soeben erfahren, dass nächste Woche Ihr neues Buch rauskommt. Ist zufälligerweise auch eine Kindle-Version geplant?
      Herzliche Grüße

  6. Beim SPON-Artikel von Sascha Lobo
    US-Wahl 2020: Donald Trumps Strategien für den Staatsstreich fehlt eigentlich nur noch folgendes
    TL;DR: Diese Kolumne zeigt wie schwierig es sein kann eine Verschwörung von einer Verschwörungstheorie zu unterscheiden.
    Sascha Lobo verkennt in diesem Artikel auch die Stabilität des US-System. Allein schon die föderale Struktur macht einen eigentlichen Staatsstreich in den USA fast unmöglich. Da nützt es auch nichts, dass ein paar Trump-Anhänger alles tun würden um ihn an der Macht zu halten. Gut und stabilisierend für das US-System ist auch die Amtszeitsbeschränkung (maximal 2 Amtsperioden) und die stark ausgeprägte Gewaltenteilung. Putin hätte sich jedenfalls in einem Politsystem à l‘Americaine nicht auf Dauer installieren können. Gegenwärtig spricht übrigens alles dafür, dass Trump abgewählt wird, denn selbst langjährig republikanisch wählende Bundesstaaten sind nun auf der Kippe.
    Eines ist aber sicher: Donald Trump hat die Persönlichkeitsstruktur eines Autokraten und er verwendet die entsprechenden kommunikativen Mittel. Um einer werden zu können lebt er aber im falschen Land.

    • “Sascha Lobo verkennt in diesem Artikel auch die Stabilität des US-System. Allein schon die föderale Struktur macht einen eigentlichen Staatsstreich in den USA fast unmöglich.”

      Meiner, und nicht nur meiner Ansicht nach, hat das System von Check and Balances in den USA versagt. Der Justizminister ist Trumps Gehilfe, der von den Republikanern dominierte Senat weigerte sich, Trump abzusetzen.

      Ob das System hält, wissen wir nach der Abwahl und dem Antritt eines neuen Präsidenten. Falls Trump wider Erwarten wiedergewählt wird, sieht es düster aus. Trump kann noch nicht die Wahlen manipulieren, wie Putin es inzwischen kann. Ob er es machen würde, wenn er könnte, weiß ich nicht. Seine Äußerungen zur Briefwahl sind nicht vertrauenserweckend.

      • @Paul Stefan: ja, Donald Trump nützt all seine Möglichkeit – bis hin zu illegalem Handeln. Doch Trumps Zeit ist mit Sicherheit beschränkt: es kommt eine Zeit nach Trump. Daran kann er nichts ändern.
        Es gibt sicher schlechte politische Entwicklungen in den USA: etwa die starke Polarisierung und die fast unbegrenzte Loyalität der Politiker mit dem Präsidenten, der aus ihrer eigenen Partei kommt. Doch alles geht vorbei. Die US-Amerikaner brauchen immer wieder jemand anderen, der ihnen etwas Neues verspricht. In den USA kann es keine Ära Mitterrand oder Kohl geben, denn keine Figur kann die USA über Jahrzehnte dominieren und führen (eine Ausnahme war wohl Franklin D.Roosevelt).

      • Noch etwas: der grösste Erfolg Trumps ist, dass er so häufig in den Schlagzeilen auftaucht. Auf der Frontseite der New York Times vom 9.7.2020 erscheint sein Name 6 Mal und das ist gefühlt sogar sehr wenig im Vergleich zum Durchschnittstag. Dabei habe ich die New York Times schon zu Obamas Zeiten gelesen und weiss deshalb, dass Obamas Name oft tagelang nicht auf der Front erwähnt wurde. Für Trump ist die Präsidentschaft allein schon wegen des Medienechos ein gewaltiger Erfolg, denn jeden Tag x-Mal erwähnt zu werden und in den Gedanken von vielen Millionen täglich aufzutauchen muss für einen Narzissten wie Trump das höchste aller Gefühle sein.

  7. @Herr Senf 07.07. 16:43 Notstand in Israel

    In Israel ist gerade Hochsommer, und alle Klimaanlagen laufen. Das begünstigt Corona. Ob mehr Gegenmaßnahmen das Problem in Israel vermieden hätte, weis ich nicht. Angesichts dieses Extrarisikos Klimaanlage droht uns in Deutschland von dieser Seite wenig, von daher bin ich zuversichtlich, dass wir die nächsten Monate auch ganz ohne Zwangsmaßnahmen kein wirkliches Problem haben werden.

    Bei dem aktuell sehr niedrigem Neuinfektionsniveau könnten wir auch mehr Risiken eingehen. Selbst wenn sich die Neuinfektionen binnen 2 Wochen verfünffachen würden, wären wir immer noch ganz weit von einer Überlastung der Krankenhäuser entfernt, und könnten dann eigentlich entspannt die Einschränkungen einfach wieder verschärfen.

    @Michael Blume 07.07. 19:55

    „Antisemitismus tötet, schließlich auch die Verschwörungsgläubigen selbst“

    Unter Mitberücksichtigung der symptomlosen und nicht getesteten Infizierten liegt die Sterblichkeit deutlich unter 1%. Das taugt nicht zum Weltuntergang, und auch nicht zur Lösung des Schwurblerproblems. Die Verwerfungen, die durch die wirtschaftlichen Folgen der Panik und der staatlichen Gegenmaßnahmen auf uns zukommen, die sind auch neu, recht unberechenbar und eventuell ziemlich gefährlich.

    Auf diesem Hintergrund kann auch Antisemitismus deutlich gefährlicher werden. Ohne die Weltwirtschaftskrise 1929 wären auch die Nazis womöglich nicht an die Macht gekommen und wieder in der Versenkung verschwunden, ohne diese menschliche Jahrhundertkatastrophe zu verursachen.

    • Vielen Dank, @Tobias Jeckenburger. Selbstverständlich stimme ich zu, dass Covid19 nur eine geringe Zahl der Erkrankten tötet. Die Gefahren des Antisemitismus – Hass, Gewaltbereitschaft, Ablehnung von Gewaltenteilung, Wissenschaft und Medizin etc. – gehen jedoch m.E. weit darüber hinaus.

      Im Übrigen finde ich, dass keinem Menschen der Tod zu wünschen ist; unabhängig von den Überzeugungen. So hatte ich aber auch Sie nicht verstanden.

      Mit Dank und herzlichen Grüßen!

    • Extrarisiko Klimaanlage

      Worin soll das bestehen?

      Ein Hauptproblem bei der Fleischfabrik Tönnies war doch, daß sie eben keine Klimaanlage hatten, sondern nur einen Miefquirl: Statt die viruslastigen Aerosole nach draußen zu befördern und mit frischer Außenluft auszutauschen, waren sie mit Ventilatoren schön gleichmäßig auf alle verteilt worden.

      • @Alubehüteter 08.07. 16:04 Klimaanlagen und Corona

        Eigentlich macht man im Sommer die Fenster auf, vor allem wenn es heiß ist, und macht auch mal gerne Durchzug. Das reduziert die Aerosolkonzentration und damit die Ansteckungsgefahr.

        Wer die Klimaanlage einschaltet, schließt alle Fenster und reduziert den Luftaustausch, um Strom zu sparen. Das Fördert schon die Aerosolkonzentration, und wenn dann noch per Ventilation Umluft in alle Ecken befördert wird erst recht. Außerdem überlebt das Virus länger, je kühler es ist. In gekühlten Arbeitsräumen wie in Schlachtereien ist der Effekt der Selbe wie bei den normalen Klimaanlagen, nur noch stärker. Entsprechend haben wir die Coronaausbrüche in mehreren Großschlachtereien gehabt.

        Wenn die jetzt geschickter gebaut sind, mit Filtern, viel Frischluft und ohne Umluftverteilung, ist das Problem sicher kleiner. Das erklärt vielleicht sogar die Probleme in Ländern wie Brasilien: Wenn die dort Klimaanlagen haben, dann wohl ziemlich billige und auch mit möglichst wenig Frischluftzufuhr, um Strom zu sparen.

        Soweit die virenhaltigen Aerosolkonzentrationen. Als zweiter Effekt kommt hier möglicherweise noch eine Irritation des Immunsystems dazu. Jedenfalls bekommen Menschen, die in klimatisierten Räumen arbeiten, im Sommer mehr Erkältungen, und bei Menschen, die in heruntergekühlten Räumen arbeiten, noch mehr. Ein Bekannter musste bei -20° den ganzen Tag im Kühlhaus arbeiten, und der hat erzählt, das er und seine Kollegen das Sommerhalbjahr hindurch praktisch ständig krank waren und eine Erkältung nach der Anderen hatten.

        Unabhängig von Klimaanlagen haben wir hier bei Erkältungen und Grippe auch eine Sommerpause, weil wir in unserem ansonsten eher kaltem Land dann eine deutlich bessere Laune haben, was das Immunsystem stärkt. Ich kann mir gut vorstellen, das dieser Effekt in Ländern, in denen es im Sommer viel zu heiß ist, nicht so ausgeprägt ist. Da ist der Sommer wohl eher von Stress geprägt und nicht so mit guter Laune verbunden. Also z.B. im schwülheißen Südosten der USA, in Brasilien oder auch in Israel.

        Fazit: wir können hier in Mitteleuropa mit einem robusten Sommereffekt rechnen, was aber nicht unbedingt auf andere Länder mit ganz anderem Klima übertragen werden kann.

        • Danke für die ausführliche Erklärung. Ich war bislang davon ausgegangen, daß die „richtigen“ Klimaanlagen einen Austausch mit der Außenluft haben, quasi maschinisierter Durchzug. Es gibt ja etwa keine Super-Spreader-Ereignisse in Supermärkten.

  8. Zum Thema Platon will ich anmerken, daß in dem Buch von Karl Popper “die offene Gesellschaft und ihre Feinde” Platon an erster Stelle genannt wird. Platons Verständnis von einem “idealen Staat” ist wohl eher der eines autoritären Staates.

    Gruß
    Rudi Knoth

    • Doch, @Omnivor – Verschwörungsmythen (nicht VTs) werden auch im Kontext der Weltreligionen dargestellt und diskutiert.

      Ich nehme aber an, es geht Ihnen eher darum, auch die Religionen selbst als Verschwörungserzählungen zu verhöhnen und damit auch den Antisemitismus und weitere Formen des Verschwörungsglaubens zu verharmlosen? Da würde ich mich gerne ent-täuschen lassen…

    • Vielen Dank für Ihr Interesse, @TK!

      Da es inzwischen ja auch den Podcast “Verschwörungsfragen” und also kostenfrei viele Stunden Hörmaterial gibt, tendiere ich dazu, “Verschwörungsmythen” nicht auch noch als Hörbuch anzubieten. Aber ganz abgeschlossen ist die Meinungsbildung dazu noch nicht.

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