Besinnliche Weihnachten in der Bibliothek von Gondor, Mittelerde
Historisch gesehen spricht sehr wenig dafür, dass die biblisch berichtete Geburt des Juden Jehoschua (später griechisch: Jesus) an Heilig Abend, einem 24. Dezember, stattgefunden hat. Die frühe Kirche legte das schnell populär werdende Geburtstagsfest vielmehr bewusst auf die auf der ganzen Erd-Nordhalbkugel religiös-mythologisch populäre Wintersonnenwende: Hier erfuhren die frierenden Eurasierinnen und Eurasier die Hoffnung der neu geborenen, unbesiegbaren Sonne (römisch-lateinisch: Sol invictus) buchstäblich am eigenen Leib.
Für Christinnen und Christen weltweit ist die Weihnachtsgeschichte also eine “gute, neue Mär” (= eine erlösende Mythologie), aber auch Anders- und Nichtglaubende können in ihr die Macht der Mythen und Märchen erkennen. Geschichten halten Gesellschaften zusammen, bestimmen ihre Existenz und Staatsform. Der Fachbegriff dafür lautet Zivilreligion, die eigentlich immer aus der Verbindung verschiedener religiöser und säkularer Mythologien entsteht.
Dazu formulierte ich anlässlich der Spoken Arts Academy in Stuttgart am 9.12.2023:
“Ob in den Amerikas, in Eurasien oder auch ganz konkret in Deutschland: Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.
Die Freude und auch schöpferische Macht der geschriebenen und vor allem gesprochenen Rede wurde mir erst klar, als ich als Jugendlicher Fantasy-Rollenspiele wie DSA, Shadowrun und vor allem Dungeons & Dragons zu leiten begann: Mit wenigen Worten ließen sich ganze fantastische Welten schaffen!
Auch brauchen wir nur Harry Potter scherzhaft in Harald Töpfer übersetzen, um auch körperlich zu spüren, dass jede Sprache eigene Wortwelten entfaltet.
Der britische Sprachwissenschaftler J.R.R. Tolkien hatte nach meiner Auffassung Recht, als er in seiner berühmtesten Rede „On Fairy Stories“ davon sprach, dass wir Menschen Märchen und Fantastik brauchen, um den Unterschied zwischen Fantasie und Realität zu erkunden und zu verstehen. Dies gilt in Zeiten eskalierender Medialisierung mehr denn je!”
Das Nachgefragt-Podcast-Spezial “Fantasy zur Weihnachtszeit” hat einen Schwerpunkt auf die Mythentheorie von J.R.R. Tolkien. Screenshot mfG: Michael Blume
Auch ich selbst freue mich darauf, über die Weihnachstage wieder einige Stunden in der “Bibliothek, dem Archiv von Gondor” nach Mittelerde zu entschwinden – wie ein schönes Ton-, Bild- und Musikstück auf YouTube benannt ist.
Mastodon-Post zum taz-Artikel “Die heilende Wirkung des Schreibens” von Benno Stieber über eine deutsch-ezidische Literaturveranstaltung am 19.12.2023 in Stuttgart. Screenshot: Michael Blume
Zuletzt darf ich Ihnen noch ein früheres Radiostück zur christlichen Mythentheorie von J.R.R. Tolkien mitgeben – und Ihnen nun einfach von Herzen ein besinnliches Weihnachtsfest oder eben auch nur schöne Feiertage wünschen. Je nach Gusto: Möge Gott Sie und Ihre Lieben segnen. Und/oder: Möge die Macht mit Ihnen sein.
Dir auch schöne Feiertage Blümchen !
Und Chewbacca sagt: “WAGRRRRWWGAHHWWWRRGGAWWWWRR.”
Wookie for all
Vielen Dank, @Jan Schmidtchen! ☺️🙏🎄
Und, Ja, schon seit 1978 (!) begeht Chewbacca den „Life Day“ vom Wookie-Heimatplaneten Kashyyyk samt Familienmahl und Geschenken vgl.
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Star_Wars_Holiday_Special
Wie die Alphabetschrift und das Geld hat sich auch das Christentum, seit The Mandalorian auch das Judentum in die Mythenwelt von Star Wars eingeprägt. ✍️🎞️📚
Frohe Weihnachten, schöner Wookie-Life Day & Möge die Macht mit Ihnen sein!
Wir sind sozusagen die Rentiere der Galaxie 🙂
Fröhliche Weihnachten allerseits
WAGRRRRWWGAHHWWWRRGGAWWWWRR
Ha, Sol invictus. Mit diesem Wissen konnte ich vor kurzem bei der Arbeit glänzen, als die Frage bei einer adventlichen Pause aufkam, wieso denn der Geburtstag von Jesus Christus auf dem 24.12. liegt. 🙂
Ich möchte noch ergänzen, dass Sol invictus im 3. und frühen 4. Jhdt. ein populärer römischer Gott war, so dass es sich für das im römischen Reich immer mehr verbreitende Christentum (erst recht durch die intensive Förderung durch Kaiser Konstantin) geradezu anbot, dass Geburtsdatum dieses Gottes zu übernehmen und es mit demjenigen von Jesus gleichzusetzen.
Ich wünsche allen fröhliche Weihnachten und ruhige, entspannende Festtstage! 🎄
Vielen Dank für das Interesse an Sol Invictus, @RPGNo1 !
Ich finde diese Religionsgeschichte auch außerordentlich spannend, aber leider ist sie nicht wirklich partytauglich. 😉
Danke, dass Sie hier dennoch immer mal wieder beitragen und Mut spenden!
Ich fand römische Geschichte schon als Kind faszinierend und versuche auch heute noch neue Erkenntnisse zu sammeln, wenn es die mir zur Verfügung stehende Zeit erlaubt.
Ich bin von meiner Natur her optimistisch eingestellt. Auch es wenn einem die vergangenen Jahre nicht immer leicht gemacht haben. 🙂
Frohe Weihnachten
Und 2 Links:
Dan McClellan zum Thema Weihnachten
FAZ zum Weihnachtsdatum
Ich denke, es lohnt sich, “Sol invictus” und andere Ideen zum Ursprung des Weihnachstfests gründlicher zu untersuchen und, wie beim “finsteren Mittelalter”, es dem confirmation bias nicht allzu leicht zu machen.
Oh, vielen Dank für die spannenden Links, @Pluto! Sie zeigen wunderbar, dass auch religionsgeschichtliche Forschungen und Thesen nie an ihr Ende kommen – und die Bethlehem-Tourismus-Hypothese zum Weihnachtsfest an der Sonnwendfeier erscheint mir so stark, dass ich ihr gerne weiter nachgehen werde.
Allerdings weise ich daraufhin, dass sich mit der Klimakrise auch die Erfahrung der Jahreszeiten dramatisch verändert, schon jetzt:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/hochwasser-statt-weisser-weihnacht-wie-die-wasserkrise-unsere-jahreszeiten-veraendert/
Ihnen Dank und herzliche Grüße!
Danke schön für die Links. Das Thema “Weihnachtsdatum” war, ist und bleibt spannend.