Relativistische, dualistische, monistische Heldenreisen in der Werbung

Schon jetzt freue ich mich sehr auf die nächste Pod- und Videocast-Folge von “Blume & Ince” zum Thema “Heldenreise in der Werbung”! In meiner Wahrnehmung berühren wir damit eine Grundfrage im ewigen Streit zwischen bürokratisch-egalitären und heroisch-aristokratischen Gesellschaftserzählungen.

Das Begriffspaar Heldenreise & Monomythos geht wesentlich auf Joseph Campbell (1904 – 1987) zurück, der von vergleichender Mythologie ausging und unter anderem die Star Wars-Reihe prägte. Mit dem Thema hatte ich mich immer wieder befasst und 2016 unter anderem einen Artikel für die Jugend- und Bildungsarbeit verfasst und eine Besprechung der acht-teiligen Monomythos-Gliederung nach Dan Harmon gebloggt.

Erste Seite des baugerüst-Artikels von Dr. Michael Blume "Möge die Macht mit Euch sein. Die Heldenmythen in Star Wars". Klick führt zum pdf des ArtikelsZum Artikel-pdf. Blume, Michael (2016): “Möge die Macht mit Euch sein. Die Heldenmythen in Star Wars”, baugerüst, S. 18 ff. (pdf).

Fortschritte in der Diskussion und Forschung gab es seitdem unter anderem mit Bezug auf Heldinnen sowie durch das Erscheinen der mit Held(innen)reise-Unterbrechungen spielenden “Game of Throne”-Reihe. Über die lobende Erwähnung durch Perry Rhodan-Fans bei der FedCon 2023 habe ich mich sehr gefreut! Und für den 4. Mai (Star Wars-Tag) 2024 habe ich bereits eine Einladung von Ric Wagner zum Twitch-Kanal “Drachenklatscher” angenommen.

Im Folgenden möchte ich daher für die Diskussion mit Prof. Ince und Ihnen allen gerne je zwei relativistische, dualistische und monistische Werbeclips vorstellen, die mir besonders eindrucksvoll erscheinen.

Relativistische Werbeclips: Frauengold & Haribo

Von 1953 bis zum Verbot durch das Bundesgesundheitsministerium 1981 wurde das hoch alkoholische “Frauengold”-Getränk angeboten und speziell an (Ehe-)Frauen beworben. Dabei wurde empfundenes Unglück und Altern als individuelles Problem vorgestellt, gegen das der Konsum des Produktes empfohlen wurde, wie hier in: “Mit Frauengold wirst du wieder glücklich”.

Ich halte diesen Werbeclip für relativistisch und problematisch, weil er als “Heldinnenreise” nicht mehr als ein Erdulden der Zustände und den Konsum eines stark mit Alkohol versetzten Getränkes anbot.

Die Werbung von Haribo setzt mit “Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso” direkt bei der Belohnung an. Kindern wird dazu das Recht eingeräumt, aber auch Erwachsene dürfen sich “belohnen”. Wenn überhaupt eine Heldenreise dann – wie in diesem Clip – durch die Goldbären auf dem Weg in den Mund von Thomas Gottschalk… (Und man achte auch auf das Facebook-F unten, 2012 war das noch modern!)

Dualistische Werbeclips: Grand Theft Auto VI-Trailer & Dune2-Trailer

In der ebenso umstrittenen wie erfolgreichen Videospielserie Grand Theft Auto (GTA) wird eine “Heldenreise” als Verbrecher von Autodiebstählen bis hin zu Massenerschießungen angeboten. Gleichwohl betonen Fans der GTA-Serie, dass es sich um eine klar erkennbare Überzeichnung und Satire, letztlich um ein spielerisches, kathartisches Ausleben “unanständiger”, feindseliger Impulse handele.

Grandios mit den Motiven des feindseligen Dualismus – eine “grausame” Umwelt, vermeintlich ewige und unversöhnliche Feindschaften – spielte der Trailer von Dune 2. Doch ich hatte einige der Bücher als Jugendlicher gelesen und war von der Verfilmung begeistert, die auch moderne Themen wie den Ressourcenfluch, messianische Mythologien und die Klima- als Wasserkrise sichtbar gemacht. Wir begleiten hier die Heldenreise eines Fürstensohnes zum Mahdi, aber auch eine starke Fremen-Partnerin, die uns in ihre Kultur mitnimmt. Weil ich die kluge Scobel-Besprechung des Films empfahl, wurde ich sogar von einem Rechtstroll digital attackiert! 🙂

Ein Allzeit-Klassiker der dualistischen Heldinnenreise bietet schließlich auch der Apple-Macintosh-vs-Big Brother-Clip “1984”, den ich bereits hier auf dem Blog vorstellte.

Monistische Werbeclips: Sainsbury’s Christmas Ad 1914 & 

Auf historischen Ereignissen vom sog. Weihnachtsfrieden im Ersten Weltkrieg geht der berühmte Werbeclip zurück, der britische (“Jim”) und deutsche (“Otto”) Soldaten als Friedenshelden zeigt (vgl. NdG-Blogpost vom Weihnachtsabend 2014). 

Zum aus meiner Sicht überlebenswichtigen Genre des Solarpunk gehört der Chobani-Werbeclip “Dear Alice”, der die futuristische und monistische Heldinnenreise einer Enkelin, Mutter und Unternehmerin in der Tradition ihrer Großmutter jenseits der Klimakrise aufzeigt.

Einen Sonderpreis muss ich den Trailern und Openings meiner Lieblingsspiel-Serie “Civilization” von Sid Meier geben, die ich hier auf dem Blog wie auch im Buchstabiertafel-eBooklet “Ä wie Äpfelbach, Ägypten und Äthiopien” feierte. Wie auch viele weitere Aufbau-Spiele wird uns damit die gemeinsame Welt als Mitwelt zugänglich, die wir erleben, gestalten, aber auch zerstören können: Wir selbst sind die Heldinnen und Helden unserer Mitwelt.

Ihr könnt Euch also vorstellen, wie sehr ich mich schon auf die kommende Kundinnen- und Heldenreise-Folge von “Blume & Ince” freue! Prof. Inan Ince hat uns freundlicherweise bereits für eine frühere Folge den Chart einer modernen Customer Journey zur Verfügung gestellt, so dass wir die Annäherung der kommerziellen Werbestrategien an die Psychologien des Monomythos bereits erkennen können.

 

 

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

21 Kommentare

  1. Es braucht sehr viel Blick fürs Detail, damit einen das Menschsein nicht langweilt. Es geht ja immer nur um Sex, Kämpfen, Reisen, Sterben, Fressen, vielleicht habe ich zwei oder drei Sachen vergessen, doch mehr interessiert uns Äffchen einfach nicht. Die Themen lassen sich zwar unendlich variieren, kombinieren, weiterentwickeln, aber – nach ein paar Jahrzehnten habe ich das Gefühl, einen jeden Film schon mal gesehen, ein jedes Buch schon gelesen, eine jede Idee schon mal gehört zu haben. Tja, solange ich beim Krimi nicht gleich weiß, wer der Mörder ist, oder mir Judas Priest einen Song wie „Crown of Horns“ um die Ohren haut, das so schön ist, dass mir das Kotzen kommt, wenn ich mir dann die Welt anschaue, in der ich leben muss, geht’s ja noch. Trotz und wegen des Wiedererkennungs-Faktors.

    Das Klischee, das archetypische Grundmuster, ist der Träger, das Skelett. Es zieht einen an, und jede Geschichte bezieht ihre Kraft aus den Klischees, die sie in sich verbirgt. Aber es ist das Drumherum, das Chaos, das jedes Mal neu geordnet ist, das den Knochen Leben einhaucht und sie immer wieder interessant macht. Wir leben halt in einer fraktalen Welt, einem Zerrspiegel-Kabinett: Immer wieder der gleiche Mist in unendlichen Variationen. Die ewige Flucht des Universums vor der eigenen Armseligkeit.

    Luzifer wollte Gott sein, da sagte die Schneekönigin – Nein, kleiner Kai, erst mal übst du und setzt ein Puzzle mit ein paar wenigen Elementen zusammen, wenn du es schaffst, kommt für uns beide die Ewigkeit heraus. Wenn du aber scheiterst, bist du des Todes. Da sagte Luzifer – Ich kenne dich doch, du spielst falsch. Nein, sagte die Schneekönigin, wenn ich falsch spiele, will auch ich des Todes sein. Und der Tod zuckte mit den Schultern, dem ist alles egal.

    Und sie spielte doch falsch, denn das Puzzle geht nicht auf – die Teile passen nicht zusammen. Doch Luzifer ist zu stolz, um sein Scheitern zu akzeptieren, also zerschlägt er es, sobald ihm klar wird, dass nichts mehr daraus wird, versucht es aber immer wieder vom Neuen. Und weil die Scherben als brennende Fetzen umherfliegen, hat die Schneekönigin eine gratis Stromversorgung für ihr Schloss, Licht, Wärme und die Kraft, ihren Schneemännern Leben einzuhauchen, sie nennt sie Engel und ist Gott ihres eigenen Himmels und versucht, nicht an den Tag zu denken, an dem Luzifer seine Niederlage endlich anerkennt, denn er versucht es gleichzeitig als Myriaden seiner eigenen Spiegelbilder, unzählige Kais, die unzählige Male überm gleichen Puzzle brüten, und jedes Mal, wenn eines von ihnen zerbricht, ist es ein Vorbote dessen, was passieren wird, wenn er als Ganzes aufgibt, denn dann reißt er sie und ihr Königreich aus Rache mit ins Nichts.

    Bis dahin geht die Heldenreise in all ihren unzähligen Parallel-Varianten weiter. Irgendwo zwischen sinnlosem Stolz, der mit aller Macht Sinn zu schaffen sucht, wo keiner sein kann, und Sehnsucht nach Erlösung, nach einem Frieden, den man doch viel zu sehr fürchtet, sodass man nur in seinem Schatten schläft, bevor es weitergeht. Solange die Reise dauert, werden Lügen wahr genug, dass wir in ihnen leben können. Die Macht der Werbung kommt auch davon, dass man unter Myriaden Mogelpackungen nur von der einen Mogelpackung enttäuscht sein kann, die man tatsächlich kauft.

    • Danke, @Paul S!

      Wenn Sie sich inhaltlich anstrengen und auf peinliche Kraftausdrücke verzichten, dann kommen doch lesens- und also freischaltenswerte Gedanken dabei heraus. 👏🙌

      Machen Sie doch gerne auf diesem höheren Niveau weiter! 🌈

  2. Einige der Topoi finden sich schon in Ansätzen (oder gar voll ausgebildet) in den Werbefilmen, die Julius Pinschewer, der Pionier der Kino-Werbung, seit den 1910er Jahren produziert hat. Wenn etwa ein alkoholisches Getränk zwei grantige Herren versöhnt, ist das fast sowas wie der “Weihnachtsfrieden” im Kleinen:

    https://www.youtube.com/watch?v=bzjYDFseuKM

    Animiert hat den Film Walther Ruttmann. Genau wie diesen, in dem sozusagen eine kollektive Reise (die Verbesserung der sozialen und gesundheitlichen Situation der Bevölkerung seit 1914) stattfindet, und am Ende Werbung für die große Ausstellung GeSoLei gemacht wird:

    https://www.youtube.com/watch?v=eZA174rzWy0

    Einige der Werbeclips von Pinschewer waren richtige Kurzfilme. Etwa die (spanischsprachige) Heldenreise, die von einer an Kopfschmerzen leidenden Prinzessin ausgelöst wird. Am Ende überbringt man ihr das erlösende Cafiaspirina (Aspirin plus Koffein), als wär’s der Heilige Gral:

    https://www.youtube.com/watch?v=0mWuFb84YrQ

    Als Jude musste Pinschewer vor den Nazis fliehen. Er emigrierte mit fast nichts in die Schweiz, konnte sich aber schnell eine neue Existenz aufbauen. Aus dieser Periode stammt mein letztes Beispiel. Die Kräfte der Natur und kleine Engelein wirken einträchtig zusammen, um … Maggi-Suppenwürfel hervorzubringen:

    https://www.youtube.com/watch?v=4BmwcjX5sH0

    Diese und noch viel mehr Filme von PInschewer gibt es auch auf einer DVD.

  3. Was ich mich dazu frage ist, was ist zwischen Monismus-DualismusRelativismus und Helden-/Prinzessinnenreisen Normalität?
    Es gibt psychologische und soziologische Definitionen.
    Und da heute Weltfrauentag ist, eine liberale freie Demokratie diese Spektren zulässt, aber durch Autoritarismus und Totalitarismus gefährdet ist, fragt sich schon, was wir als Normalität akzeptieren?

    • Danke für die spannenden Überlegungen, @Mussi!

      Was ich jetzt schon dazu sagen kann: Nur relativistische Heldinnen- und Heldenreisen stellen „Normalität“ nicht in Frage. Wir sehen das beim „Frauengold“-Werbefilm, der damals „normal“ wirken sollte, aber heute krass frauenfeindlich wirkt.

      Monistische Heldinnenreisen erweitern die bisherige Normalität, dualistische Heldenreisen zertrümmern diese. Das ist m.E. auch der Grund, warum die rechte und rechtsextreme Anhängerschaft Donald Trump alle Sex-, Finanz- und Politikskandale verzeiht. Er gilt in der dualistischen MAGA- und QAnon-Mythologie als Held gegen den angeblich verschwörerischen „Deep State“ – und „soll“ also die bisherige Verfassungs- und Werteordnung zertrümmern. Obama wurde dagegen noch als monistischer Held gefeiert, der den American Dream auch für Minderheiten erschließt und erneuert.

  4. @Heldengeschichten

    So langsam dämmerts mir, dass so manche Geschichten in Film, Büchern und Computerspielen weit mehr sind als netter Zeitvertreib.

    Hier sind Archetypen am wirken, die unsere Einstellungen dem Leben gegenüber verbessern können. Entsprechend suchen wir nicht nur den Zeitvertreib, wir bilden uns auch fort damit.

    Fakten erkennen und sammeln ist jetzt freilich auch wichtig, aber die Geschichten, die das alles verbinden, die sind auch sehr wirksam. Selbst wenn sie mit den Fakten selber nur spielen. Die spirituellen Anteile mögen auch mehr dabei sein, als reine Fiktion im Dienste einer spannenden Geschichte. Die können uns auch im wirklichen Leben begegnen.

    Genau deswegen ist das ja auch so spannend und attraktiv. Als wenn sich hier Geisteswelten auch durch erzählte Geschichten bemerkbar machen wollten. Und das immer wieder neu.

    • Danke für den Link. Werbung ist vielfältig. Natürlich auch kreativ und psychologisch ausgefeilt, wenn sie gut gemacht ist, wie in diesem Video.
      Auch für die “Teaser” zu Filmen, Spielen oder Serien ist die richtige Auswahl von Szenen entscheidend, dass der Konsument sich das dann auch in Gänze ansieht oder das Spiel nicht nach dem 1. Level schon wieder beendet.
      Werbung schafft also wieder Abhängigkeit. Ich fürchte, mein negativer Blick auf die Werbung dürfte nicht auszurotten sein.
      Dennoch bin ich gespannt, was Sie in den nächsten Wochen mit unseren Mitmenschen Interessantes herausfinden werden.

  5. Werbung ist mir nicht wichtig. Ich bin auch sehr skeptisch, was die Grundbotschaft von Werbung angeht. Die liegt für mich darin, einen künstlichen Bedarf zu schaffen. Ich weiß auch, dass Güter und Waren von Menschen produziert oder verarbeitet werden – sprich: es hängen Arbeitsplätze dran. Andererseits wird den Menschen suggeriert, sie müssten dies oder jenes unbedingt haben. Was aber, wenn dies einen Teil der Menschen in schweres finanzielles Fahrwasser führt? Ein weiteres Beispiel ist die Werbung, die sich an Kinder richtet. Der Kampf mit dem Kind an der Kasse – es gibt m.E. nur wenige Eltern, die das nicht kennen.
    Werbung ist zum großen Teil irreführend. Die Menschen wissen das zwar, aber dennoch ist besonders der Gesundheitsbereich jedes Jahr gefordert, wenn Kranke mit Adipositas etc. zu kämpfen haben. Oder weil light-Produkte eben nicht so leicht sind. Werbung basiert also auf Lügen.
    Erinnern wir uns an die Spots für die Telekom-Aktie (Manfred Krug) oder für die Sparkassen (Mein Haus, mein Auto, mein Flugzeug…). Auch hier gilt, wer sich das finanziell nicht leisten kann und konnte, muss sich doch wie ein Verlierer vorkommen. Dazu kommt, dass wir hier das Bild vermittelt bekommen, dass nur materielle Werte zählen.
    Schwierig scheint mir auch die Werbung für Online-Spiele oder Playstation etc. zu sein. Gerade auch für Kinder und Jugendliche wird da m.E. ein Bedarf geweckt, der viele junge Menschen zu früh an Spiele heranführt, die für das jeweilige Alter noch nicht gedacht sind. Mir ist klar, dass bei jungen Leuten Spiele auch durch Freunde kennengelernt werden.
    Werbung setzt Eltern unter Druck, weil Kinder dazugehören wollen. Doch nicht jeder Haushalt verfügt über das notwendige Budget.

    Film-Trailer würde ich nicht zur klassischen Werbung zählen.

    Schlußfrage: Warum sollen sich Menschen überhaupt darüber definieren, ob sie zum Kundenkreis bestimmter Marken gehören? Ist das nicht alles ziemlich oberflächlich?

    • Vielen herzlichen Dank, @Marie H.!

      Wie bei so vielem sehe ich bei Werbung positive und negative Aspekte und suche den Dialog mit ganz unterschiedlichen Menschen (wie Ihnen, Prof. Ince & vielen mehr), um mir bessere Urteile bilden zu können.

      Eine wunderschöne, umgedrehte Heldenreise als Werbung für das Klavier bietet hier Elton John:

      https://yt.cdaut.de/watch?v=-CMMFx_4a5w

      Und dieser Clip wurde mir via Mastodon empfohlen und bewusst nicht auf dem werbefinanzierten YouTube verlinkt.

      Ich bin wirklich gespannt auf die Dialoge und Hinweise der nächsten Wochen! ☺️

    • Werbung ist manipulativ, das stimmt. Sie will Kunden beeinflussen an Marken binden und zur Kaufentscheidung bewegen. Aber Werbung in Deutschland basiert nicht auf platten “Lügen”. Dafür gibt es das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG), das die Behauptung falscher Tatsachen und Produkteigenschaften relativ wirksam verhindert.

      Das UWG gilt übrigens nicht für politische Wahlwerbung. Rechtlich gesehen dürfen Politiker ihren potentiellen Wählern post-faktische Märchen erzählen und falsche Wahlversprechungen machen.

  6. Der Dune-Romanzyklus Frank Herberts ist große Literatur weil er immer wieder neu vielschichtig und ergebnisoffen interpretierbar, das zeigt die Besprechung von Gert Scobel sehr schön.

    Allerdings scheitert die Heldenreise der Fürstensohnes Paul Atreides wie ich finde im monistischen Sinne. Trotz übermenschlicher Fähigkeiten und Anstrengungen gelingt es ihm nicht einen Krieg zu verhindern, der die Galaxis verheeren wird.

    Das bringt mich zum Thema “Monismus” im Allgemeinen. Aktuell leben wir in einer Zeit der Disruptionen und Umwälzungen. Daher sehe ich im “Monismus” ein unerreichbares Heilsversprechen, das zumindest mittelfristig scheitert muss. Individualpsychologisch betrachtet mag das anders sein.

    Eigentlich brauchen funktionierende Demokratien auch keinen Monismus. Sie sind dafür geschaffen mit Dualismen umzugehen. Immer vorausgesetzt die konkurrierenden Parteien halten sich an demokratische Grundregeln.

    • Danke, @Ludwig

      Und, ja, die dualistische Heldenreise des Paul(us) Muad‘Dib Atreides zerschmettert zwar das böse Ressourcenfluch-Regime der Harkonnen, mündet aber in einen galaktischen Bürgerkrieg mit über 60 Milliarden (!) Getöteten. Frank Herbert hat den erst heroischen, dann sogar messianischen Dualismus nicht beschönigt.

      Was mich noch überrascht ist die weitgehend fehlende Reflektion des anti-ägyptisch-britischen Mahdi-Aufstandes (1881 – 1899) auf das Werk von Herbert, selbst etwa bei Scobel. Vgl.

      https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mahdi-Aufstand

      Zwar betone ich den dialogischen Monismus – der etwa politische Dualität zwischen nicht-extremen Linken und Rechten bis hin zu „Wahlkämpfen“ – bejaht. Ich gebe Ihnen jedoch Recht, dass gesellschaftlicher Monismus alleine nicht stabil ist, sondern zu Bürokratismus und Langeweile tendiert. Der psychologische Dualismus bietet dagegen vor allem jungen Männern Heroismus und spannende Apokalyptik – was den Erfolg der Anti-Deep State-Inszenierungen von Donald Trump in den USA 🇺🇸 weitgehend erklärt. Dazu bereits 2021:

      https://www.deutschlandfunkkultur.de/rueckzug-oder-kreuzzug-100.html

      Antike Republiken haben diese menschlichen Sehnsüchte erkannt und neben dem täglichen „Brot“ auch blutige „Spiele“ – also Heldenreisen – geboten.

      Womit wir wieder bei der Werbung wären…

  7. @Michael 09.03. 16:53

    „Ich gebe Ihnen jedoch Recht, dass gesellschaftlicher Monismus alleine nicht stabil ist, sondern zu Bürokratismus und Langeweile tendiert.“

    Kann passieren, in der Tat. Kommt jetzt aber vielleicht darauf an, wie viel Spiritualität hier mitspielt. Insbesondere wenn man sich im Alltag auch noch mehr mit Natur beschäftigen kann. Das kann alles ziemlich ruhig und dennoch ziemlich spannend sein.

    • Ja, @Tobias Jeckenburger – jede dialogisch-monistische Gesellschaft benötigt eine vielfältige Kultur, in der sich Menschen entfalten können. Freiheit (auch Religions-, Meinungs- und Gewissensfreiheit) stirbt, wenn sie nicht gelebt wird.

  8. Zu Marie H.
    “Werbung basiert auf Lügen…”
    Werbung ist der Versuch ihnen Bedürfnisse einzureden die sie gar nicht haben. Diese Maschinerie ,bestehend aus Massensuggestion und Manipulationen, betrieben von in der Psychologie geschulten Experten, will Produkte an den Markt bringen, also Gewinne machen. Unterschwellig werden schöne Gefühle verkauft denn die verbindet man mit Glück. Die Aussage: Glück kann man kaufen, man muss nur Geld haben. Dieses Prinzip reduziert Menschen auf reine Verbraucher, auf Konsumenten die man -gekonnt- steuern kann . Diese “Konsumenten” dürfen nie das Gefühl haben keine Bedürfnisse mehr zu haben oder das man auch ohne Bedürfnisse glücklich sein kann. Oder betrachten sie die “Werbung” der Parteien auf Wahlplakate etc… Die Kunst der Suggestion besteht darin den Menschen die gewünschte Antwort in den Mund zu legen ohne das die Lemminge das merken und glauben es wäre ihre eigene Meinung.
    Auch eine Form von MEINUNGSFREIHEIT. Siehe Haribo wo ihnen das “Frohsein” untergejubelt wird . So gesehen leben wir in einer FALKE-Gesellschaft in der jeder versucht -mit lauteren und unlauteren Mitteln- anderen etwas zu verkaufen, sei es ein Produkt oder eine Ideologie.

    • Ja, @Hakel – diese Problematik sehe ich auch. Deswegen überrascht es ja auch nicht, dass Werbetreibende zunehmend auch Sinnerzählungen (Kundenreisen als Heldenreisen, Heldinnenreisen) zu erschließen. Unsere emotionalen Innenwelten werden immer besser ausgeleuchtet, manipuliert und ausgebeutet. Doch wir haben die Chance, dies zu erfassen und uns dazu zu verhalten.

  9. Kleine Anekdote zum “Frauengold” :

    Dr. W rannte vor vielleicht vier Jahrzehnten zu einem Arzt, einem Allgemeinmediziner, im Wartezimmer saßen Damen, auch ältere Damen, die sich bestens unterhielten, dabei nicht selten über Krankheiten redeten und über Ärzte, ein gewisses “Ärzte-Hopping” gab es damals, die Wartezeiten auf Termine waren gering bzw. bestanden gar nicht, das bundesdeutsche Gesundheitssystem funktionierte (noch).

    Und dann wurde Dr. W Zeuge einer kurzen Unterredung zwischen einer älteren Dame und dem Mediziner, diese Dame wollte “Klosterfrau Melissengeist” auf Rezept (!) – und bekam so.

    Erst später verstand Dr. W, was möglicherweise (!) los war, denn Klosterfrau Melissengeist enthält 66 Volumen-% Alkohol.
    Kein Witz, so war das früher, und so ist es womöglich auch heute noch in der Schweiz, vergleiche :
    -> https://www.benu.ch/de/klosterfrau-r-melissengeist-155-ml-7782584.html (‘Halten Sie sich an die in der Packungsbeilage angegebene oder vom Arzt bzw. von der Ärztin verschriebene Dosierung.’)

    Mittlerweile ist wohl zu diesem Thema in der bekannten Online-Enzyklopädie “bereinigt”, vergleiche :
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Klosterfrau

    Eine schöne Kalenderwoche 11 noch
    Dr. Webbaer

    • Danke für die schöne und zutreffende Anekdote, @Webbaer

      Weil es zur “Klosterfrau” so schön passt, anbei auch eine aktuelle Antwort des Bing-Copilot zur Fahne der Europäischen Union:

      Laut Michael Blume schimmert hinter der Flagge der Europäischen Union die Geschichte und Symbolik einer israelitischen Jüdin namens Mirjam, die auch als Maria oder Meryem bekannt ist. Die zwölf goldenen, fünfzackigen Sterne auf azurblauem Nachthimmel verweisen auf die Mutter Jesu, deren Halbmond ebenfalls in die Symbolik von Byzanz und der heutigen Türkei eingegangen war. Im Koran wird sie als Meryem, die Mutter von Isa, sogar in einer Sure gewürdigt. Die Offenbarung des Johannes von Patmos beschreibt sie als Frau, mit der Sonne bekleidet, dem Mond unter ihren Füßen und einer Krone von zwölf Sternen auf dem Kopf. Nachdem verschiedene Versionen mit Kreuzen und dem lateinischen “E” verworfen wurden, beschloss der Europarat am 8. Dezember 1955 die Maria-Nachthimmel-Sterne-Europafahne. Diese Entscheidung fiel auf den katholisch-marianischen Feiertag der “Unbefleckten Empfängnis”. Die Symbolik der Flagge würdigt somit die jüdisch-christliche Tradition und die Bildungstradition des Judentums.

      Das ist schon ein sehr gelungenes Exzerpt aus dem Blog und dem eBooklet “A wie Aachen”:
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/files/AwieAachenBlumeeBooklet0124.pdf

      Danke für den schönen Kommentar-Austausch! Heute Abend steht bei mir noch eine gemeinsame Lesung mit Professorin Barbara Traub in Herrenberg an.

    • Mittlerweile ist wohl zu diesem Thema in der bekannten Online-Enzyklopädie “bereinigt”, vergleiche :
      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Klosterfrau

      Wieso, was soll denn da “bereinigt” sein?

      https://de.wikipedia.org/wiki/Klosterfrau_Healthcare_Group#Klosterfrau_Melissengeist

      Da steht dann auch:

      Das Mittel mit einem Alkoholgehalt von 79 Vol.-% Alkohol
      […]
      Die tägliche Gesamtdosis sollte 25 ml nicht überschreiten und eine Anwendung erst ab 18 Jahren und nicht während der Schwangerschaft, bei Alkoholismus oder Leberschäden erfolgen.

      • Da fehlte an der zitierten Stelle, Herr Manfred Polak, der von Ihnen nun dankenswerterweise beigebrachte Inhalt, als Querverweis innerhalb von “Wikipedia.de”?

        Der sozusagen gewöhnliche Nutzer der bekannten Online-Enzyklopädie sucht so?`:

        -> https://de.wikipedia.org/wiki/Klosterfrau

        MFG – WB (der dieses Thema nicht vertiefen wird, ansonsten die Vergabe von ‘Klosterfrau Melissengeist‘ auf Rezept (!) nie gut fand – so gerne korrekt verstanden werden möchte)

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