Das Fest der Hoffnung – Ihnen allen frohe Weihnachten!
BLOG: Natur des Glaubens
Als sich im frühen, römischen Christentum die Erzählungen der Jesusgeburt mit den vorchristlichen Feiern zur Wintersonnenwende verbanden, entstand das inzwischen weltweit prominenteste Fest der Menschheit: Weihnachten. Es symbolisiert im weitesten Sinne den Glauben an den Sieg der Liebe (des Altruismus) über den Hass (die Feindschaft), verkörpert im Schöpfer des Weltalls, der sich als verfolgtes Kind eines unterdrückten Volkes in ärmlichsten Verhältnissen – später auch als Asylant in Ägypten – offenbart habe. Über die Jahrhunderte verknüpften sich entsprechend auch christliche Advents- und jüdische Chanukkatraditionen, die in diesem Jahr sogar auf den Tag genau aufeinander fallen. Derzeit beeinflussen sich christliche Weihnachts- und islamische Mevlüd-Traditionen. Und auch nach dem Abschmelzen kirchlich-religiöser Bindungen bleibt Weihnachten als hoffnungsvolles Fest der Familien und des Gabentausches weit über die christliche Kultur hinaus präsent.
Da Fremdenfeinde und unverantwortliche Medien immer noch über die vermeintliche “Islamisierung” des Abendlandes schwadronieren, haben meine Frau und ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen Journalisten – Malte Klein – in unser Privatleben gelassen, um zu zeigen, dass religiöse Feste auch gemeinsam gefeiert und verbindend wirken können. (Artikel online hier.) Gerade in der Weihnachtszeit wollten wir nicht den Schürern von Feindschaft das letzte Wort überlassen.
Video-Erinnerung: Der “Weihnachtsfrieden” an Frontabschnitten des 1. Weltkrieges
Aber nicht nur Menschen verschiedener Religionen können über alle Gräben hinweg miteinander feiern: Vor genau 100 Jahren ereignete sich an einigen Frontabschnitten des 1. Weltkrieges der “Weihnachtsfrieden”, bei dem mutige Soldaten ihre Schützengräben verließen und für einen Moment Nationalismus und Hass überwanden. Sie machten damit auch deutlich, wieviel menschliches Leben und Potential im Namen nationalistischer und später sozialistischer Ideologien des 20. Jahrhunderts vernichtet und vergeudet wurden – ein unersetzbarer Verlust. Entsprechend unterdrückten die Heeresleitungen in den Folgejahren Wiederholungen des “Weihnachtsfriedens” und er geriet lange – zu lange – in Vergessenheit. Erst letztes Weihnachten hatte ich einem Familienmitglied ein Exemplar der deutschsprachigen Studie “Der kleine Frieden im großen Krieg” von Michael Jürgs geschenkt. Im Auftrag von Sainsbury’s wurde in Erinnerung an den “Christmas Truce” nun der erfolgreichste Weihnachtsclip des Jahres 2014 erstellt.
Völlig egal, wie wir auch je zu Weltanschauungen, religiösen Fragen und Glaubensinhalten stehen – es ist doch erfreulich und wichtig, dass wir auch die empirischen Wissenschaften nutzen, um Religiosität und Religionen – ihre Potentiale und Gefahren – besser verstehen und unsere kleinen Beiträge zu Dialog und Frieden leisten. Auch, aber nicht nur an den hohen Festen. Daher will ich Ihnen allen von Herzen für Ihr Interesse und Ihre vielfältigen Formen der Unterstützung danken!
Und damit will ich es für heute auch einfach bewenden lassen und Ihnen allen besinnliche Weihnachtstage wünschen, den jüdischen Freundinnen und Freunde zudem ein herzliches Chanukka sameach!
Ich lese hier oft, kommentiere aber eher selten, heute aber schon:
Ich möchte Dir auch danken: Für viele Einblicke und fundierte Analysen, für den durch Vernunft, Sachkenntnis und Mäßigung geleiteten Blick auf die Religionen. Ich habe hier schon viel gelernt und viele meiner Positionen hinterfragen müssen – das bringt mich jedes Mal weiter!
Danke und frohe Festtage.
Vielen Dank für die liebe und ermutigende Rückmeldung, @retemirabile! Auch Ihnen und Ihren Lieben ein gesegnetes Weihnachtsfest!
Das heidnische Fest, das soviele Kulturen beeinflusst hat, wird nach Jahrtausenden endlich säkularisiert, wie eine Studie im derStandard zeigt: derstandard.at/2000009764577/Weihnachten-ist-nur-fuer-jeden-Fuenften-ein-religioeses-Fest
(Zitat von derStandard.at)
“Weihnachten ist nur für jeden Fünften ein religiöses Fest
44 Prozent der Österreicher meinen, dass das Weihnachtsfest in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten an Bedeutung verloren hat. Nur 19 Prozent bezeichnen Weihnachten als hauptsächlich christliches Fest. Für 68 Prozent der Befragten in der aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard ist Weihnachten eher ein “besonderes Familienfest”, weitere 13 Prozent sehen es überhaupt nur als “durchschnittlichen Feiertag”.
Der christliche Kern des Festes wird vor allem von Befragten über 50 und von erklärten Anhängern der ÖVP wahrgenommen. Pfarrhofer verweist darauf, dass 32 Prozent der Wahlberechtigten meinen, dass die katholische Kirche ohnehin zu viel Einfluss habe – “es gibt allerdings einen harten Kern von Kirchentreuen, die einen zu geringen Einfluss der römisch-katholischen Kirche sehen, das sind so zehn bis elf Prozent”. 41 Prozent der Befragten glauben auch, dass die katholische Kirche in ihrem weltweiten Wirken an Bedeutung abnehmen wird, nur fünf Prozent erwarten eine Zunahme.””
@Stefan
Ja, auch wenn die Kirche gerade wieder völlig überfüllt war – unter den Bedingungen von Sicherheit und Wohlstand finden Säkularisierungsprozesse immer wieder statt. Demografisch gesehen führen sie jedoch immer wieder ins Nichts, wogegen religiöse Kerne neu aufblühen. Vgl. z.B. hier: http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/HK_OrganisierterAtheismus_Blume2014.pdf
Ihnen einen schönen Weihnachtsabend! 🙂
@ Stefan
… da ich grad mal dabei bin…
derlei Umfragen sind nicht selten eine gezielte Suggestion, um die so gedeuteten, angeblichen Ergebnisse etwas mehr herbeimanipulieren zu können. Nüchterne Wissenschaft lässt sich eben auch missbrauchen.
Aber davon ab, es ist doch gut und eben das eigentlich Wichtige, wenn nur schon die Botschaft der Liebe, die ja der Kern des Festes ist, so öffentlich und von mir aus säkular weitergeht und ihre Aufforderung wach gehalten wird und Mernschen und Familien sich besonders zu solch einem Fest gegenseitige Geschenke machen und sich auch auf diesem Wege bemühen Konflikte zu überwinden etc.
Es geht doch um die Menschheit und ihr Wachsen in der gegenseitigen Liebe die allein friedensfähig ist und für die Kirche geht es um diesen Dienst an der Menschheit, auch wenn Machtstreben, Gewalt etc. einzelner oder Gruppen in ihr und außerhalb von ihr sie dabei behindern. Sie hat das bislang überwunden und wird trotz temporärer Rückschläge es weiterhin überleben und immer besser lernen, diesen Dienst zusammen mit allen, die sich ebenso bemühen, zu leisten.
Das, worum es geht, wird jedenfalls durch ‘die Kirche‘ aller sich um diese Liebe mühenden Menschen bleiben und wachsen, egal wie sich die Institution Kirche und die organisierten Religionen im Lauf der Zeiten der menschheitlichen Situation anpassen und wandeln müssen.
noch ein frohes Fest!
@ Michael Blume
Danke für diesen Link zu dem wunderbaren Videoclip. Für mich gab’ s darin zudem eine besondere Überraschung. Deshalb ganz besonderen Dank.
An dieser Stelle aber auch mal für dein unermüdliches Engagement zur interreligiösen und überhaupt zwischenmenschlichen Verständigung.
Ich habe die Zuversicht, dass mein Buch demnächst auch entscheidend dazu beitragen kann. Bis dahin muss ich mich hier aber weiterhin geschlossen halten, sonst wird das nie was. Denn hier in den besagten Themen reagieren zu wollen, wo es notwendig wäre, wäre ein fulltime Job.
Dir und der Familie und allseits hier im Blog noch ein frohes ausgehendes Weihnachtsfest.