Wie dualistischer Antisemitismus Israel-Gaza und den Jemen zerstört

Gestern beschloss der Landtag von Baden-Württemberg, die Handlungsempfehlungen aus meinem Antisemitismusbericht 2023 umzusetzen, meine Amtsbezeichnung zu “Beauftragter gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben” zu erweitern und meinen Arbeitsbereich finanziell, personell und strukturell zu stärken. Während der lebendigen Debatte wurde auch eine zentrale Passage meiner Parlaments-Rede zum 9.11.2023 zitiert:

“Wann immer also Menschen in Freund-Feind-Dualismus und Verschwörungsmythen abdriften, nähern sie sich voller Hass und Bildungsneid dem Antisemitismus an.

Dabei sollte eines klar sein: Entweder wir haben eine gemeinsame Zukunft, oder wir haben keine. Ich will eine gemeinsame Zukunft in Vielfalt in Baden-Württemberg mit dem jüdischen Leben an unserer Seite.” (S. 8)

Die SWR-Live-Übertragung der Parlamentsdebatte wurde, wie mir gesagt wurde, stark angesehen und wird seitdem auch in der Mediathek immer wieder abgerufen.

Dr. Michael Blume am Rednerpult des Landtages von Baden-Württemberg zur Rede am 9.11.2023Der Stream zur Landtagsdebatte vom 9.11.2023 zum 100. Jahrestag des Hitler-Ludendorff-Putsches und zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht. Screenshot: Michael Blume

Antisemitischer Dualismus in Israel – Bericht von Ahmad Mansour

Am 23. November traf ich dann an der Polizeihochschule in Villingen-Schwennigen endlich mal wieder den lieben, deutsch-israelischen Freund und Kollegen Ahmad Mansour.

Dr. Michael Blume in schwarz und Dr. Ahmad Mansour in blau inmitten von Studierenden der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen.

Ahmad (in blau) & ich inmitten von Studierenden an der Hochschule für Polizei Villingen-Schwenningen. Foto: Staatsministerium BW 

Ahmad wurde 1976 als Kind arabisch-muslimischer Eltern in Tira, Israel, geboren und geriet als junger Mensch in die Fänge der antisemitisch-islamistischen Muslimbrüder.

Eindrucksvoll berichtete er von einem Schlüsselerlebnis, das ihn zum Studium der Psychologie und zur Abkehr von diesem Freund-Feind-Dualismus gebracht hatte: Angesichts der Raketenangriffe durch Saddam Hussein auf Israel waren einige arabisch-israelische Nachbarn nicht in Schutzräume geflüchtet, sondern auf die Dächer ihrer Häuser geklettert, hatten dem Diktator zugejubelt und “Tod den Juden!” skandiert. Obwohl sie selbst israelische Staatsbürger und von den irakischen Raketen direkt bedroht waren, war ihr antijüdischer Hass und Vernichtungswunsch stärker als ihr Selbsterhaltungstrieb, ihr Dualismus stärker als ihr Lebenswille.

Hunger & Krieg im Jemen – aber Ressourcen für Raketen

Derzeit wiederholt sich die Selbstvernichtung durch antisemitischen Dualismus vor den Augen der Welt im Jemen. Nach einem zerstörerischen Stellvertreterkrieg zwischen den muslimischen Öl-Mächten Saudi-Arabien (sunnitisch) und Iran (schiitisch) ist das Land völlig zerstört, die Menschen hungern, Kinder sterben. Wieder und wieder gewähren UN-Hilfsorganisationen und Zahlerländer wie die Bundesrepublik Deutschland sowie Spendenorganisationen Millionen für die Notversorgung der Jemenitinnen und Jemeniten.

Doch das hält die iranisch kontrollierten Huthi-Milizen nicht davon ab, mit teuren Raketen und Drohnen sowohl Israel wie auch mit Israel verbundene Schiffe an der Meerenge Bab al-Mandab und im Roten Meer anzugreifen. Und in vollendeter Täter-Opfer-Umkehr “warnte” der Terrorführer Abdel-Malik al-Huthi nun die USA davor, das Rote Meer „im Interesse Israels zu militarisieren“. Die Angriffe würden erst enden, wenn Israel seine Handlungen einstellt und humanitäre Güter die Bevölkerung in Gaza erreichen.

Weltkugel, auf der der Jemen rot hervorgehoben ist. Link führ zum Wikipedia-Artikel Jemen

Der Jemen liegt im Süden der arabischen Halbinsel und an der Pforte zum Roten Meer, über die ein erheblicher Teil des Welthandels verläuft. Screenshot vom lesenswerten Wikipedia-Artikel “Jemen”: Michael Blume

Gaza – Selbstverständliche Erwartungen an Israel, aber nicht an die Hamas

Und damit schließt sich der Betrachtungskreis zum Dualismus bis tief in säkulare und linksorientierte Milieus der westlichen Welt. Die Hamas hat mit den grauenhaften Terrormassakern des 7.10.2023 gegen jüdische wie auch nichtjüdische Israelis den Israel-Gaza-Krieg ausgelöst. Sie hat nach dem Rückzug Israels um 2005 aus Gaza dort Milliarden Dollar vor allem aus den Öl- und Gasregimen in Raketen, Terror, Propaganda und ein riesiges Tunnelsystem gepumpt – Versorgung und Schutz der eigenen Bevölkerung aber der UNRWA und Spendenorganisationen überlassen. Auch ließ sie aus Israel immer mehr Wasser liefern – und verlangt auch jetzt von Israel “Hilfslieferungen”, als wäre dies das normalste der Welt.

Kaum jemand kommt auf den Gedanken, von der Hamas oder dessen Garantiemacht Katar die Beendigung des Krieges durch Kapitulation und Freilassung aller Geiseln zu verlangen. Kaum jemand fragt nach den Ressourcenfluch-Milliarden, die die Hamas-Anführer in ihren Luxuswohnungen in Katar bunkern. Dass es die Aufgabe arabischer und palästinensischer Regime sein könnte, erst einmal für die Versorgung, Bildung und den Schutz der eigenen Bevölkerung zu sorgen, scheint für sehr viele muslimische wie auch nichtmuslimische Menschen kaum in Betracht zu kommen.

Im Artikel “Ist der Islam antisemitisch?” für die österreichische Zeitschrift “Furche” schrieb ich daher:

“Die derzeit in europäischen Medien oft zu lesende Belehrung, dass die israelische Rechte die Gefahr durch die Hamas unterschätzt und etwa deren Finanzierung durch Katar gestattet habe, ist also zu ergänzen: Auch die europäische und amerikanische Rechte versagte strategisch, indem sie die Energiewende von fossilen zu erneuerbaren Energien massiv verzögerte. Bis heute finanzieren wir durch Gasimporte etwa den Hamas-Verbündeten Katar und beziehen über den Zwischenhändler Indien weiterhin russisches und iranisches Öl. Wir bezahlen täglich jene antisemitische Propaganda, Raketen und Terrorangriffe gegen Israel und Ukraine mit, die wir dann lautstark beklagen.”

Screenshot eines Mastodon-Posts mit Link zum Furche-Artikel "Ist der Islam antisemitisch?".

Wer über den eigenen Freund-Feind-Dualismus hinauswachsen möchte, sollte Erneuerbare als Friedensenergien begreifen. Screenshot mit Link zum Furche-Artikel: Michael Blume

In meiner Rede vor dem Landtag Baden-Württemberg vom 9.11.2023 formulierte ich es so:

“Die bittere Wahrheit ist, dass unsere eigene Gier nach Öl und Gas immer noch antisemitische Regime mitfinanziert, ihren Terror, ihre Propaganda, ihre Raketen. Erneuerbare Energien sind nicht nur Freiheitsenergien, sie sind auch Friedensenergien!

Unsere Demokratien müssen unabhängiger werden vom fossilen Stoff ihrer Feinde einschließlich Katar und einschließlich Wladimir Putin!”

Fazit: Antisemitischer Dualismus tötet – am Ende sogar die Antisemiten selbst

Schon 2019 schrieb ich “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht” – und freue mich, dass sich diese Erkenntnis zunehmend durchsetzt.

Dualismus tötet. In 2024 möchte ich diese selbst-zerstörerische Psychologie – die ja beispielsweise auch bei Trump-Wählenden auftritt – gerne mithilfe des Ultimatum-Spiels der Spieltheorie weiter erforschen.

HossaTalk-Kachel mit Zitat zum Ultimatum-Spiel der Spieltheorie. Link führt zur entsprechenden HossaTalk-Folge 226 “Israel, Gaza & Antisemitismus”. MfG: HossaTalk

Der Verschwörungsglaube des Antisemitismus gegen das Judentum als erste Religion und erstes Volk der Alphabetisierung ist die schlimmste Form des Dualismus. Durch Antisemitismus bedrohen und vernichten sich Antisemiten am Ende sogar immer wieder selbst.

  

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

38 Kommentare

  1. Ich kann jedem Satz aus voller Überzeugung zustimmen. Warum werden an die Hamas nicht die gleichen Forderungen nach Beendigung des Krieges gestellt wie an Israel? Sie hat den Krieg schließlich begonnen.

    • Exakt, @Felicitas. Die Hamas hat den Israel-Gaza-Krieg am 7.10. mit einem furchtbaren Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung – samt sexualisierter Gewalt – begonnen. Und sie könnte den Krieg und damit auch das Leid der Palästinenserinnen und Palästinenser durch Kapitulation und Freilassung aller Geiseln auch sofort beenden.

      Doch das bemerken gerade auch westliche Intellektuelle viel zu selten. Manche schwurbeln noch immer von „Widerstandskämpfern“.

      Die gleiche Doppelmoral sehen wir im Jemen: Viele westliche Medien nennen die Huthi noch immer positiv „Rebellen“. Dabei handelt es sich um eine vom Iran finanzierte Terrortruppe, die Hunderttausende Jemenitinnen und Jemeniten durch Bürgerkrieg und Hunger ermordet hat. Und jetzt greifen sie mit antizionistischen = antisemitischen Argumentationen die globalen Handelsrouten im Roten Meer an, statt die eigene Bevölkerung zu versorgen.

      Dass auch wir Europäerinnen und Europäer diesen dualistischen Wahnsinn durch fossile Importe und Waffen-Exporte mitbefeuern, macht es ja schlimmer. Kein Wunder, dass sich nur wenige trauen, das Offensichtliche zu beschreiben.

  2. Danke für den hervorragenden Artikel und dass Sie den Jemen thematisieren. Mir geht es wie vielen, mit denen ich spreche: ich verstehe wenig von der Historie und maße mir ungern ein Urteil an. Aber durch den Begriff des Dualismus kann ich die Dinge mittlerweile besser einordnen. Und eines stellen Sie ja hier wie auch an anderen Stellen sehr klar dar: viele im Westen sind “auf einem Auge blind” und schaffen es nur halbherzig, den Terror der Hamas und der Huthi klar als solchen zu benennen (Stichwort “Rebellen”). Und wenn das Thema auf Israel kommt, wird es plötzlich still und Leute sagen “es ist kompliziert”. Ist es, ja. Aber es wäre nicht kompliziert, Terror klar zu benennen und zu verurteilen. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Leute damals nach dem 11. September 2001 vergleichbar rumgedruckst haben.

    • Vielen Dank für die ermutigende Rückmeldung, @Peter Gutsche!

      Ja, den Dualismus-Begriff fand ich bei Rabbi Jonathan Sacks (1948 – 2020), seligen Andenkens, und habe ihm u.a. in einem Vortrag in der Synagoge Pforzheim dafür gedankt. Denn Rabbi Sacks vertrat die ebenso starke wie m.E. auch zutreffende These, dass sich “alle” Formen des Extremismus auf die menschliche Psychologie des Freund-Feind-Dualismus (bei Sacks sogar: des “pathologischen Dualismus”(!)) zurückführen lassen. Es freut mich sehr, dass ich “Dualismus” auch als einen von 100 deutschen Begriffen im aktuellen “Vielfalt”-Duden darstellen konnte:

      https://www.duden.de/presse/%E2%80%9EVielfalt%E2%80%9C-Ein-Blick-auf-h%C3%A4ufige-Diversity-Begriffe-unserer-Zeit

      Auch in Ihrer Einschätzung stimme ich Ihnen zu. Nach dem islamistischen Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift “Charlie Hebdo” am 7. Januar 2015 war es auch in Deutschland undenkbar, den Französinnen und Franzosen die Schuld daran zuzuschieben. Stattdessen hieß es klar und zu Recht “Je suis Charlie”. Doch sobald sich die terroristische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden richtet, bekommen wir es auch im Westen wieder und wieder mit antisemitischem Dualismus und also mit Täter-Opfer-Umkehr zu tun. Sehr deutlich wurde dies nach dem Hamas-Angriff auch im ZDF-Podcast Lanz & Precht, die damit den traurigen Zustand weiter Teile des deutschen Bildungsbürgertums repräsentierten. Immerhin wurde der Faktencheck dazu stark nachgefragt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/faktencheck-lanz-precht-110-ueber-israel-den-gazastreifen-und-orthodoxe-juden/

      Es gibt durchaus viele Stimmen, die behaupten, gegen diese verbreitete Ignoranz ließe sich nichts ausrichten. Deswegen ist mir Ihr konstruktiver Kommentar umso wichtiger – vielen herzlichen Dank!

  3. Also Dr. Webbaer weiß nicht so recht, ob Dualismus das richtige, ein passendes Wort ist, wenn Freunde der gewohnten Zivilisation (der Europäischen Aufklärung folgend und so u.a. auch liberale Demokratie, Menschenrechte wie moderne Wissenschaftlichkeit meinend) auf Feinde derselben treffen, streng ablehnend werden, gar politisch rechts, wie zB die israelischen Regierungen der letzten drei Jahrzehnte, rechtspopulistisch sozusagen, um herangetragene Feindschaft anzunehmen bis zu retournieren.

    • Danke, @Webbaer – Sie hatten ja bereits verschiedentlich Ihre Sympathien für dualistisches Denken deutlich gemacht.

      Aber es funktioniert einfach nicht, für niemanden. Auch die rechtsgerichtete Regierung Netanjahu verrechnete sich grausam, als sie dualistisch Hamas und Fatah gegeneinander ausspielte, dabei den antisemitischen Vernichtungswillen der Hamas unterschätzte und den Geldfluss aus dem Ressourcenfluch-Staat Katar gestattete. Dies wurde auch bereits lange vor dem Terrormassaker des 7.10.23 in der israelischen sowie jüdischen Öffentlichkeit diskutiert, vgl. Ralf Balke vom 20.05.2022 (!) in “Geldkoffer aus dem Golfstaat”:

      https://www.juedische-allgemeine.de/politik/geldkoffer-aus-dem-golfstaat/

      “Mit Öl- und Gasdollars erkauft sich das Emirat Einfluss in aller Welt. Auch im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern mischt es kräftig mit.”

      Mir ist schon klar, dass es vielen dualistischen Deutschen einen Kick gibt, wenn Israelis und arabische Muslime gegeneinander kämpfen – und wir der Republik Israel unsere Sympathie ausdrücken und gleichzeitig die arabischen Öl- und Gasregime finanzieren. Auch im Jemen und Roten Meer gibt es nur Verlierer. Alle Seiten zerstören mit feindseligem Dualismus letztlich unsere gemeinsame Mitwelt, verschulden unmittelbar den Tod auch von Frauen und Kindern, mittelbar auch die Eskalation der Klima- und Wasserkrise.

      Der Freund-Feind-Dualismus fühlt sich vielleicht für Sie aufregend und richtig an, doch er schadet am Ende allen. Wir sind und bleiben Mitmenschen auf einem kleinen, blauen, überaus kostbaren Planeten. Wenn die Menschheit das 21. Jahrhundert überleben soll, dann wissenschaftlich informiert und dialogisch, also: monistisch.

      • Die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, die sicherlich binär erfolgt, für einige : dualistisch (und somit anscheinend per se verdächtig), ist womöglich schon generell angeraten, ansonsten könnte der letzte “Angriff” tausender “Hamas-Kämpfer” auch kaum sittlich angemessen eingeordnet werden?

        Was es noch gibt, ist diese cineastisch dargestellte tertiäre Unterscheidung :

        -> https://en.wikipedia.org/wiki/The_Good%2C_the_Bad_and_the_Ugly (“Tuco Ramirez (und so weiter)” konnte also in diesem Film leben gelassen werden.)

        “Zwischendinger” sind auch bei der binären Unterscheidung zwischen Gut und Böse möglich.
        Nicht jeder ist immer gut oder böse.
        Aber Gut und Böse sind feststellbar, sollten so bleiben, weil die Alternative vely problematisch ist. [1]

        Katar ist beim FC Bayern im Spiel, an US-amerikanischen Universitäten verstärkt sponsernd und sicherlich auch Einfluss auf Medien nehmend, mit bestimmten gesellschaftlichen Folgen, liberale Demokratien meinend.

        Mit freundlichen Grüßen und schöne Weihnachtstage
        Dr. Webbaer

        [1]
        Edmund Burke :
        -> https://en.wikipedia.org/wiki/Edmund_Burke#“When_good_men_do_nothing”

        • Ich korrigiere Sie ungerne, lieber @Webbaer – aber auch der Monismus unterscheidet Gut und Böse. Er externalisiert die Zuschreibung des Bösen jedoch nicht auf Menschengruppen, wie es der Dualismus tut, der auf Soziologie-Deutsch daher auch gerne „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (GMF) genannt wird.

          Die einzige Grund-Weltanschauung, die sich der Gut-Böse-Unterscheidung verweigert, ist der Relativismus. Indem dieser jedoch damit den Monismus verwirft, nähert er sich dem Dualismus an, wie es Jan Assmann in „Die mosaische Unterscheidung“ vorgeführt hat, vgl.

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-47-die-antisemitischen-moses-verschwoerungsmythen-der-sog-insm-gegen-annalena-baerbock/

          Merke: Wer Gut und Böse verwerfen will, codiert die Moral selbst als schlecht und mithin als böse. Beim Relativismus kommt nichts Gutes raus.

          Nur der dialogische Monismus vermag Hass und Widersprüche zu minimieren.

          • Versöhnerisch angemerkt, auch die aktuelle Zeit des Jahres meinend, ist die Unterscheidung zwischen Gut und Böse weiterhin möglich bis höchst relevant – wobei bei den Guten und Bösen in persona genau hinzuschauen bleibt, korrekt !

            Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, in Bielefeld nicht so-o gut theoretisiert, deshalb hat dieses Konzept in seiner Abweisung international womöglich auch keine besondere Aufmerksamkeit erhalten, gilt es zu meiden, denn letztlich zählt, im anti-kollektivistischen Sinne, stets die Person .

            Vielen Dank für Ihre Erläuterungen und weiterhin viel Erfolg
            Dr. Webbaer

          • Lieben Dank, @Webbaer – und in der Betonung der personalen Verantwortung gegenüber einem übersteigerten Kollektivismus sind wir uns auch dialogisch-monistisch einig! ☺️🙏📚👍

  4. Warum tun wir uns so schwer, uns von Doppelmoral zu lösen?

    Diese Frage erinnert mich an die Zen-Geschichte der leeren Teetasse.

    Wir werden erst dann weiterkommen, wenn wir es schaffen, unsere Tassen voller Verschwörungsmythen, Vorurteilen usw. zu leeren!

    Leere Teetasse

    • Vielen Dank für den nachdenklichen Kommentar und auch den Link zur schönen Geschichte von der leeren Teetasse, @Tilmann Schneider

      Da ggf. nicht alle auf einen ihnen unbekannten Link klicken wollen, hier zitiert:

      “Ein Professor wanderte weit in die Berge, um einen berühmten Zen-Mönch zu besuchen. Als der Professor ihn gefunden hatte, stellte er sich höflich vor, nannte alle seine akademischen Titel und bat um Belehrung.

      ‘Möchten Sie Tee?’ fragte der Mönch. Ja, gern, sagte der Professor. Der alte Mönch schenkte Tee ein. Die Tasse war voll, aber der Mönch schenkte weiter ein, bis der Tee überfloß und über den Tisch auf den Boden tropfte. ‘Genug! rief der Professor’. Sehen Sie nicht, daß die Tasse schon voll ist? Es geht nichts mehr hinein. Der Mönch antwortete: Genau wie diese Tasse sind auch Sie voll von Ihrem Wissen und Ihren Vorurteilen. Um Neues zu lernen, müssen Sie erst Ihre Tasse leeren.”

      Ihnen von Herzen besinnliche Feiertage mit vollen und sich leerenden Tassen Tee… 🙂

    • Sehr schöne Geschichte! da klingt für mich eine Erinnerung an Meister Eckhart an, den ich vor langer Zeit gelesen habe und der ähnlich formuliert, die Seele müsse leer werden, damit sie Gott einlassen könne (sinngemäß).

  5. Das Ausmaß der Gewalt in Israel und Gaza macht mich ohnmächtig. Und auf der ganzen Welt zeigt sich der Antisemitismus so offen wie lange nicht mehr. Ich habe das Gefühl, dass die meisten Bildungsbemühungen vergeblich waren. Bei aller berechtigten Kritik an erheblichen Teilen der israelische Politik: Wie kann es sein, dass nicht die Hamas mit ihren alles zerstörenden Vernichtungswillen und -taten zuvorderst auf der Anklagebank sitzt?

    Die Stacheln von Rassismus und Antisemitismus sind mannigfaltig, sie sind alt und sitzen tief. Sie zu entfernen braucht Bildung, Willen und Zeit. Ich wollte immer ein guter Mensch sein, trotzdem war ich mir lange meiner eigenen Vorurteile nicht bewusst. Mittlerweile weiß ich, dass ich sie habe. Einige konnte ich entfernen, aber ich finde immer wieder welche.

    In jungen Jahren mit kräftiger linker Gesinnung war für mich die Sache klar: Die Palästinenser:innen werden brutal unterdrückt, Israel hätte auf diese Art und weise niemals gegründet werden dürfen. Mittlerweile sehe ich das anders.

    Ich habe großes Verständnis für die jüdische Staatsgründung trotz des großen Konfliktpotentials. Zwei verschiedene Menschengruppen hegen nachvollziehbaren Anspruch auf das selbe Territorium. Das scheinbar ewige Dilemma. Es gab mindestens zwei Gelegenheiten, an denen eine Zweistaatenlösung möglich schien. Leider haben radikal dualistische Kräfte das verhindert. Das sind Kräfte, die unversöhnlich sind und nur die Auslöschung Israels um jeden Preis im Sinn haben. Die Hamas als Befreiungsorganisation zu sehen, ist der blanke Hohn.

    Ich bin froh, dass ich den Palästinakonflikt relativ intensiv und vor allem objektiv studiert habe. Während dieses Studiums lernte ich auch die Betzavta-Methode kennen. Das ist – sehr verkürzt – eine Art Mediation, die extra für den Palästinakonflikt entwickelt wurde. Teilnehmende an dieser Methode versetzen sich in die Rolle der anderen Partei und versuchen durch ihre Augen zu sehen und in ihrem Sinne zu Argumentieren. Das kann zu Verständnis und Anerkennung führen. Im Studium haben wir Rollenspiele durchgeführt und die Methode angewendet. Das brachte mich zur Einsicht über die Gleichwertigkeit der palästinensischen und israelischen Interessen.

    Ohne diese wertvolle Bildung hätte ich heute vielleicht eine andere Einstellung zum aktuellen Konflikt. Und an dieser Stelle möchte ich explizit Dir, lieber Michael, von Herzen danken, denn Deiner öffentlichen Arbeit verdanke ich große Teile meiner Weiterbildung der letzten Jahre. Leider bin ich lange nicht so hoffnungsvoll wie Du.

  6. Heute habe ich mir Ihr Buch “Öl -& Glaubenskriege” gekauft. Die Denkweise ist mir seit Jahren vertraut. Haben Sie sich Mal mit Büchern von Hermann Scheer beschäftigt? Ich schätze mich glücklich, ihn noch persönlich kennenlernt zu haben. Leider haben Politiker der FDP, der CDU und auch der SPD unsere Solarindustrie den Interessen der deutschen Autoindustrie in China geopfert. Jetzt verlieren wir die auch noch wegen langjährigem Hochmut und der Innovationsfreundlichkeit.

    • Vielen Dank, @Eckehard Erben – und viel Freude beim Lesen!

      Ich fahre ja seit 2017 einem Renault Zoé, da die deutsche Autoindustrie kein vergleichbares Angebot entwickelt hatte. Auch im Bereich der Solarpanele haben wir uns abhängig gemacht (China), zudem in den Halbleiter-Technologien (Taiwan). Doch nirgendwo ist unsere Abhängigkeit so verheerend wie beim täglichen Import von Öl und Gas aus autoritären und oft antisemitischen Ressourcenfluch-Regimen.

      Und ja, die Geschichte der Ökologiebewegungen fasziniert mich immer wieder und ich sprach auch historisch & kritisch bei den Grünen Stuttgart über Mitwelt vs. Umwelt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/antisemitismus-vortrag-beim-antirassismus-ak-gruene-stuttgart/

      Im nächsten Jahr möchte ich auch wieder verstärkt zum Thema Klima- und Wasserkrise arbeiten, bevor sich neuerlich antisemitische Verschwörungsmythen dazu entfalten. Wissen Sie, ob Scheer speziell zu diesem Thema publizierte?

      • Das mit der Freude ist natürlich nach 2/3 der Lektüre so eine Sache. Vor allem, wenn ich die Entwicklung seit dem Erscheinen Ihres Buches betrachte. Wenn es doch mehr Menschen begreifen würden, was die langfristigen Folgen ihres täglichen Handelns sind. Für Hermann Scheer stand damals die Demokratisierung durch Dezentralisierung der Energieversorgung im Vordergrund. Er legte u.a. dar, dass eine erfolgreiche Kernfusionsforschung wohl zu Kraftwerksblöcken von 20 GW führen würde. Das heißt Zentralisierung der Macht. Deshalb lieben ja Autokraten die Atomenergie. Wenn so ein Kraftwerksblock so 10 Milliarden Dollar kostet, lassen sich 100 Millionen Schmiergeld schön verstecken. Und schon ist Geld da, um Günstlinge zu bezahlen, ganz wie Sie es in Ihrem Buch beschreiben. Ich habe der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des energiepolitischen Sprechers der CDU im sächsischen Landtag eine LiFePo-Batteriezelle mit 0,9 kWh Kapazität vorgeführt. Sie hatte erst kein Interesse daran, mal die Wirtschaftlichkeit dieser Zelle durchzurechnen. “Wir brauchen ganz andere Größenordnungen, um die Dienste des Kraftwerkes Lippendorf zu ersetzen.” Sie wollte nicht begreifen, dass der Speicher einfach skalierbar ist. Das war bzgl. der Erneuerbaren Energien der Ansatz von Hermann Scheer.

  7. @Michael 22.12. 18:19

    „Ich fahre ja seit 2017 einem Renault Zoé, da die deutsche Autoindustrie kein vergleichbares Angebot entwickelt hatte.“

    Auch E-Autos stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag herum und nehmen Platz weg, und wenn sie mal wirklich fahren, sitzt meistens nur einer drin.

    Manch einer braucht wirklich sein eigenes Auto. Aber wenn man sich anders aufstellt, und Wohnort und Arbeit in derselben Stadt hinbekommt, dann kommt man vielleicht tatsächlich ganz ohne aus. Sehr interessant scheinen mir selbstfahrende Sammeltaxis zu sein, um zusammen mit integrierten Bus- und Bahnverkehr sowie viel besseren Radwegen die meisten dazu bewegen könnten, komplett auf ein eigenes Fahrzeug zu verzichten. Ein netter Nebeneffekt wäre, dass es dann keine Staus mehr gibt und ganz viel Freiraum für Grün und Menschen auf ehemaligen Parkplätzen.

    Das würde es der Autoindustrie wirklich schwer machen. Vielleicht wird es echt Zeit, uns wirklich auf was anderes als Autobauen zu verlegen.

    „Doch nirgendwo ist unsere Abhängigkeit so verheerend wie beim täglichen Import von Öl und Gas aus autoritären und oft antisemitischen Ressourcenfluch-Regimen.“

    Wir brauchen das leider noch für Jahrzehnte, wenn auch langsam und später immer weniger. Wie wäre es mit der Idee, doch mehr auf die eigene Braukohle zu setzen? Die entsprechenden Kraftwerke stehen da, und es ist genug Braunkohle vorhanden. Im weiteren Verlauf mit immer mehr Zubau von PV und WKA nehmen die Zeiten, in denen diese regenerativen Quellen die gesamte Stromproduktion übernehmen können, immer mehr zu. Die Laufzeiten der Backkup-Kraftwerke gehen entsprechend immer mehr zurück, bis sie nur noch in Dunkelflauten mitten im Winter laufen müssen.

    Dann spielen die Emissionen dieser Backupkraftwerke kaum noch eine Rolle. Zumal LNG-Gas fürs Klima so ziemlich auf das selbe herauskommt wie eben Braunkohle. Ein zusätzlicher Effekt wäre hier, dass die Braunkohle auch ganz erheblich zur Versorgungssicherheit in Ausnahmesituationen beitragen kann. Bekommen wir eine europäischen Jahrhundertwinter, oder einen Supervulkanausbruch, der den Ertrag der PV-Module monatelang reduziert, dann muss man nur genug Braunkohle neben den Kraftwerken auf Halde lagern.

    So können die Kraftwerke dann den ganzen Winter durchlaufen. Erdgas kann man nicht so einfach in solchen Mengen und so einfach lagern, und mit Wasserstoff geht das schon gar nicht.

    Es wäre entsprechend pure Verschwendung, Kohlekraftwerke abzureißen und diese durch Gaskraftwerke zu ersetzen.

    Wenn wir mal soweit sind, dass wir hier so viel Primärproduktion an Erneuerbaren installiert haben, dass wir eine Wasserstoffgrundversorgung haben, dann können wir immer noch neue Gaskraftwerke bauen. Wenn wir die Wiederverstromung von gespeichertem Wasserstoff am Ende lieber mit Brennstoffzellen und in Kraft-Wärme-Kopplung umsetzen, dann werden jetzt neu gebaute Gaskraftwerke auch dann zu Industrieruinen, wenn man sie auch mit Wasserstoff befeuern kann.

    Auch angesichts der sparsamen Zukunft unserer Autoindustrie können wir teure Fehlplanungen in der Energiewende nicht gebrauchen. Stattdessen sollten wir lieber die PV-Module-Produktion zurück ins eigene Land holen.

    China ist sicher kein Ressourcenfluch-Regime, aber doch eine Diktatur. Weniger Abhängigkeit ist hier sicher nicht verkehrt, wenn auch nicht so leicht möglich. Ein anderes Thema ist hier die Handelsbilanz, auch die sollte nach Möglichkeit ausgeglichen sein.

    • Ja, @Tobias Jeckenburger – viele Jahre hatte ich gar kein Auto, fuhr mit dem ÖPNV zur Arbeit. Allerdings nahm die Qualität und vor allem Pünktlichkeit immer mehr ab. Verspätungen und verpasste Anschlüsse schnitten tief ins Leben auch der Familie. Und während der Covid19-Pandemie war ich dann auch super dankbar für die höhere Flexibilität.

      Ein Zusatzargument war, dass wir zum Erfolg der „neuen“ Technologien beitragen wollten. Jedes Elektroauto stärkt den Markt für bessere, hoffentlich bald auch Lithium-freie Elektromobilität-Batterien. Wir Menschen könnten längst viel weiter sein, haben da Jahrzehnte fossiler Verschleppung und Vergiftung aufzuholen…

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dekarbonisierungskugel-fuer-den-weltfrieden-meine-erste-erfahrungen-mit-dem-elektro-renault-zoe/

      Die Erfahrungen damit waren so gut, dass schließlich auch Zehra auf ein Elektroauto umstieg. Um den fossilen Verbrauch und Ausstoß von Treibhausgasen (CO2, Methan) zu reduzieren, wurde ich zudem ab 2019 Vegetarier.

      Ihnen Dank Fürs konstruktive Mitdiskutieren und die besten Wünsche für die Feiertage!

    • @Jeckenburger

      Es ist möglich als eine Nation auf das Bauen von Autos zu verzichten. Dann sollte ein Staat jedoch die makroökonomische Frage beantworten was dann aus diesen Leuten wird. Dann geht das. Sind ja auch schon andere Industriezweige verschwunden oder umgewandelt worden.
      Das ist jedoch alles andere als trivial.

      Die eigene Braunkohle ist keine gute Idee. Es gibt schlicht keine schmutzigere und ineffizientere Energiequelle. Wenn man von Holzkaminen mal absieht, was kein industrieller Maßstab ist.
      Braunkohle-KW sind als Backup nur schlecht geeignet, da sie nur sehr schwer zu regeln sind und recht lange Ansprechzeiten haben. Das ist ja der Grund weshalb hierzu Gaskraftwerke eingesetzt werden. Diese jetzt noch mit Methan und in Zukunft mit Reserve-Wasserstoff zu betreiben ist völlig ausreichend.

      Strom findet ohnehin im Europäischen Verbundsystem statt. Das macht kein Land mehr heute alleine, weswegen auch Diskussionen darüber ob in Deutschland Dunkelflaute herrscht ja ziemlicher Unsinn sind und eigentlich immer eine politische Agenda bedienen.

      Bei einem Supervulkanausbruch würde kein Kraftwerkstyp mehr wirklich helfen, da bedingt durch die enormen Mengen an mineralischer Asche in der Luft die elektrischen Netze nicht mehr funktionieren würden. Leitungen, Umspannwerke usw. würden sehr schnell ausfallen.

  8. @ Blume

    Dass Israel, auch wegen der Abstammung, ein Existenzrecht in Palästina hat und das mit allen Mitteln verteidigt, ist für mich völlig selbstverständlich. Zumal sich die Juden nicht (mehr) „abschlachten lassen“ wie die „Haserl“.

    Die „Sichtweise“ der Moslems, die Weltherrschaft des Islam mit absolut allen Mitteln anzustreben,
    1. Israel muss weg.
    2. Europa muss Islamisch werden.
    3. Die ganze Welt muss Islamisch werden,
    ist selbstmörderisch. Der Islam trägt zwar in Wasser armen, Heißgebieten wesentlich zum besseren Überleben der Menschen bei, keinesfalls aber z.B. in Grönland bei den Eskimos….

    Ich bin sogar Ihrer Auffassung, dass die „Geldkoffer der Ölscheichs“ an unsere Medien der Grund für die „Israel feindliche“ und „Islam freundliche Berichterstattung“ sind. (Selbst wenn es in der Realität nur “besondere Autorabatte” für Journalisten wären).

    Allerdings was die Nutzung des Begriffs „Dualismus“ betrifft, sehe ich es wie Dr. Webbaer.

    Ich würde anregen, den Begriff „Bipolarität“ zu verwenden, den andere Autoren nutzen.

    Der Begriff „Dualismus“ ist bereits „höchst intensiv besetzt“.

    „Körper – Geist – Dualismus“, oder „Hardware – Software – Dualismus“.

    Er hat keineswegs den Charakter von „Feindschaft“. Er bedeutet vielmehr, dass die Hardware von Software äußerst positiv und nutzbringend „ergänzt“ wird, obwohl die „Komponenten“ Körper, Geist, Hardware, Software verschiedenen Kategorien angehören.

    Die Juden und die Moslems „ergänzen“ sich (derzeit) jedenfalls nicht positiv.

    • Danke für Ihren Versuch, @Realo

      Selbstverständlich ist es sachlich und moralisch falsch, Juden und Muslime gegeneinander ausspielen zu wollen. Es wollen nicht „die Muslime“ Israel abschaffen – über eine Millionen Israelis sind Muslime und mehrere arabisch-islamische Staaten haben in den „Abraham-Verträgen“ die Republik Israel anerkannt. Viele auch z.B. kurdische und iranische Musliminnen und Muslime stehen Israel sehr positiv gegenüber.

      Und auch der Antisemitismus der NSDAP und etwa im heutigen Thüringen, Erzgebirge, bei Querdenken etc. lässt sich nicht auf den Islam zurückführen. Packen Sie Ihren rassistischen Dualismus doch endlich mal weg – er ist fossilisiert und wissenschaftlich unhaltbar, @realo.

      Den Begriff des Freund-Feind-„Dualismus“ fand ich beim großen Rabbi Jonathan Sacks, sel. Ang., der ihn aus Philosophie, Theologien und Geschichte heraus entwickelte. Ich halte ihn gerade auch aufgrund seiner geisteswissenschaftlichen Verwurzelung für stark und schrieb ihn daher gerade in den neuen „Vielfalt“-Duden ein.

      https://shop.duden.de/Vielfalt/9783411756018

      Ihnen von Herzen schöne Feiertage ohne Hass und Dualismus.

  9. @Michael 22.12. 18:19

    „Die Erfahrungen damit waren so gut, dass schließlich auch Zehra auf ein Elektroauto umstieg.“

    Fährt sich gut, und der Energieverbrauch im Stadtverkehr ist sehr viel niedriger als bei Benzinern. Aber teuer ist es doch. Es hat mal einer ausgerechnet, was dabei herauskommt, wenn man die Arbeitszeit, die es braucht, um das Auto zu finanzieren, auf die Fahrzeiten anrechnet. Mit dem Ergebnis 7 Km/h. Hier ist das Fahrrad dann unschlagbar schneller.

    Jetzt kommt es aber darauf an, wo man genau hin muss, wieviel man fährt, und wieviel man pro Stunde verdient.

    Ich war schon immer begeisterter Radfahrer. Aber auch ich hatte mal einen Job, wo man weder mit dem Fahrrad, noch mit Öffis vernünftig hinkommt. Wenn es wenigsten ein Bürojob gewesen wäre, dann wäre ich vielleicht doch noch mit dem Fahrrad hingefahren, das wären ca. 25 km Stadtverkehr gewesen. Aber das war ein Knochenjob, mit dem Fahrrad ging das also wirklich nicht. Hätte ich nicht das Auto meiner damaligen Freundin nutzen können, hätte ich den Job gar nicht annehmen können.

    Mit Bus und Bahn kommt es sehr auf die konkrete Verbindung an. Wenn die günstig ist, kann man sogar schneller sein als mit dem Auto. Wenn die aber ungünstig ist, ist man sogar mit dem Fahrrad flotter. Und wenn man mit dem Auto in die Stadt fährt zum Einkaufen, und noch einen Parkplatz suchen muss, ist man langsamer als mit dem Fahrrad.

    Ein Sammeltaxisystem auf Basis von Selbstfahrsystemen verbaut in Batteriefahrzeugen könnte die Lösung sein. Die könnten sogar eine viel kleinere Batterie haben. Wenn der Akku leer ist, kann man einfach das Fahrzeug wechseln.

  10. @A. Bachmann 23.12. 18:48

    „Die eigene Braunkohle ist keine gute Idee. Es gibt schlicht keine schmutzigere und ineffizientere Energiequelle.“

    Wenn die alten Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke zukünftig nur wenige Wochen im Jahr laufen, und das mit der Zeit immer weniger, dann sind diese Emissionen wenig relevant.

    „Braunkohle-KW sind als Backup nur schlecht geeignet, da sie nur sehr schwer zu regeln sind und recht lange Ansprechzeiten haben.“

    Wenn sie bei Bedarf binnen 24 Stunden hochgefahren werden können, um dann für eine Woche konstant durchzulaufen, dann müsste das flexibel genug sein. Für kurzfristigeres Backup brauchen wir dann in der Tat auch Gaskraftwerke, die es ja auch schon gibt. Ob wir mehr davon brauchen, das hängt auch noch von der weiteren Entwicklung des Batteriefahrzeugbestands ab, und von weiteren kurzfristigen Speichermöglichkeiten, die bei Bedarf sofort ans Netz gehen können. Das könnte weitere Gaskraftwerke überflüssig machen, solange es noch genug Kohlekraftwerke in saisonaler Notbereitschaft gibt.

    „Strom findet ohnehin im Europäischen Verbundsystem statt.“

    Es ist begrenzt, was hier durch die Netze gehen kann. Zumal ja auch noch Heizen und Mobilität teilelektrisch werden soll. Außerdem kann eine Mangellage ganz Europa betreffen.

    „Bei einem Supervulkanausbruch würde kein Kraftwerkstyp mehr wirklich helfen,..“

    Wenn es der Yellostonesupervulkan ist, dann haben wir verloren. Ich dachte hier eher an Ausbrüche, die man weltweit gesehen noch verarbeiten kann. Auch mithilfe von Kohle-Backup, das dann in diesem Fall ausnahmsweise mal ein halbes Jahr durchlaufen kann.

    Es gibt auch durchaus noch andere Gefahren. Etwa Drohnenbeschuss durch Russland, oder Terroranschläge von Islamisten auf Gaspipelines. Die Urheber der Zerstörung der Nordstreampipelines sind noch nicht mal ermittelt worden. Je mehr Redundanz wir haben, desto höher die Versorgungssicherheit.

    Was ich so attraktiv finde, ist, dass diese Kraftwerke stehen, inklusive Netzanschluss und Kohleversorgungsmöglichkeit. Außerdem ist nichts leichter auch mehrjährig zu lagern als Kohle. Statt hier expliziten Ersatz für teures Geld zu schaffen, sollte man mit dem gesparten Geld lieber direkt in den Ausbau der regenerativen Erzeugung investieren. Und in weitere Stromleitungen.

    Die Versorgungssicherheit dann ganz auf Gas zu gründen, da würde ich mich ziemlich unsicher fühlen. Die Gasspeicher können im Notfall recht schnell leer sein, gerade wenn wir die gesamte Energieversorgung immer mehr auf Basis von PV und WKA bestreiten wollen.

    Wenn jetzt Gas wenigstens billig wäre. Teuer ist Gas geworden, und kommt auch noch eher von Diktatoren. Importsteinkohle gibt es vermutlich eher bei Demokraten einzukaufen, und Braunkohle haben wir sogar selber.

  11. @ Blume

    Feiertage ohne „Dualismus“ (zumindest ohne positive „dualistische Gedanken“) sind auch für mich kaum möglich, obwohl ich es mit „meiner Religion“ nicht „übertreibe“.

    Es verhält sich doch so, dass Religionen im Prinzip stets „dualistisch“ sind, weil sie im Prinzip an die Existenz einer „unsterblichen Seele“ glauben, die nach dem Tod „weiter existiert“. Anders als der „Körper“, der sich nach dem Tod „auflöst“. Das finden viele Menschen irgendwie „tröstlich“. Der Begriff „Dualismus“ ist bei diesen Menschen sehr positiv „besetzt“.

    Nicht aber bei Atheisten. Die sind „materialistisch“ eingestellt. „Hardliner“ halten die „Pfaffen“ sogar wegen ihrer dualistischen Sicht für „Betrüger“. „Software“ hielten sie ehemals für die neueste Betrugsmasche der „Dualismusgauner“.

    Es wundert mich, wenn ausgerechnet ein vermutlich nicht materialistischer Religionswissenschaftler, den Dualismus ganz allgemein derart „verteufelt“.

    Ich habe früher auch selbst Software entwickelt und für mich ist der „Dualismus“ völlig selbstverständlich, nicht nur ein „vager Glaube“.

    Grundsätzlich „Gegensätzliches“ würde ich z.B. „bipolar“ bezeichnen.

    „Körper und Geist“, oder „Hardware und Software“, haben unterschiedliche Eigenschaften, die auch gegensätzlich scheinen können. Sie ergeben aber erst gemeinsam etwas „Bedeutendes“, z.B. einen Menschen, einen Roboter oder einen Computer. Ohne den Wirkungen von „Geist“ oder „Software“ (die Prozesse steuernd ist), wären Hardware als auch Software „tote Objekte“.

    Bei einem Rabbi würden mich „originelle Sichtweisen“ weniger wundern, weil die weniger „gleichgeschaltet“ scheinen. Habe sogar gelesen, dass einer das Existenzrecht Israels in Palästina geleugnet haben soll, weil er in den religiösen Schriften nichts darüber gefunden hätte. Der stand angeblich sehr schnell mit seiner „Sicht“ alleine da.

    • Danke, @Realo – aber es stimmt eben einfach nicht. Religionen werden täglich auch monistisch ausgelegt und viele gläubige Jüdinnen, Christen, Musliminnen, Bahai usw. legen Wert auf eine Bestattung des Körpers, “weil” sie nicht an einen Leib-Seele-Dualismus, sondern als eine monistisch verbundene Einheit von Körperlichkeit und Jenseits glauben. Mit der Massenverbrennung der Ermordeten griffen etwa die deutschen Nazis auch gezielt diesen Leib-Seele-Monismus an.

      Und dass Rabbiner (und Rabbinerinnen) wie von Ihnen behauptet “gleichgeschaltet” wären entspricht ganz und gar nicht meiner täglichen Erfahrung mit der Vielfalt jüdischer Strömungen, ebenso bei den Gelehrten anderer Religionen und Weltanschauungen.

      Nehmen Sie doch diesen Blog oder gerne auch die Religionswissenschaft darüber hinaus einfach als Chance, überkommene Klischees zu hinterfragen und an echtem, monistischem Wissen zu wachsen. Auch heute.

  12. @ Tobias Jeckenburger

    Abgesehen davon , dass deren CO2 natürlich relevant ist, ist es schlicht weder technisch noch wirtschaftlich abbildbar Kohlekraftwerke als Reserve zu halten. Die ganze Konstruktion dieser Kraftwerke weist sie für permanenten Betrieb aus. Das Hoch- und Runterfahren solcher Kraftwerke ist ungleich schwieriger als dies bei Gas der Fall ist. Hat schon seinen Grund weshalb Energiebetreiber Gas als Reserve einsetzen.
    Dazu kommen große Batteriespeicher, die ja noch flexibler sind. Im Fall Von Redoxbatterien können sie diese nahezu beliebig skalieren usw..

    Aber, und jetzt kommt das politisch unangenehme, was niemand aussprechen möchte, es braucht von uns allen massives Einsparen von Energie. Unser derzeitiger Energieverbrauch it schlicht nicht in die Zukunft abbildbar.

    Bsp.: würde man nur den kompletten Energiebedarf der chemischen Industrie Deutschlands auf Strom umstellen, dann ist dieser Strombedarf größer als der derzeitige Gesamtstrombedarf Deutschlands (“Roadmap Chemie 2050”, Dechema)! Kein Kraftwerkspark und kein Stromnetz bildet das ab.
    Selbst wenn man alle politischen Hindernisse vernachlässigt und sagt: machen wir mit Kernkraft. Dieser Strombedarf der chemischen Industrie entspricht dann rund 68 Reaktoren des Neckarwestheim II-Typs (bleiben wir in Michael Blumes Heimat). In Frankreich laufen nur ca 2/3 der Reaktoren permanent (wartung, Störungen usw.), also noch ein Drittel als Reserve dazu, sind das über 90 Reaktoren!
    Und das ist nur die chemische Industrie, keine andere, kein Privathaushalt oder Michael Blumes Zoe.

    Sie brauchen für einen Supervulkan gar nicht in die USA. Die Campi Flegrei wären nicht besser und ziemlich nah. Wenn die allerdings ausbrächen, dann ist in Europa ohnehin erst mal ein ganze Zeit lang dunkel. Mit solchen Doomsday-Szenarien zu rechnen macht aber keinen Sinn.

  13. @A. Bachmann 23.12. 18:48

    „Mit solchen Doomsday-Szenarien zu rechnen macht aber keinen Sinn.“

    Die Campi Flegrei brechen nur alle 10.000 Jahre aus, der Laki in Island aber oft genug, dass man ein wenig Vorbereitung durchaus machen kann. Und es gibt viele vergleichbare Vulkane. Es wäre auch nur ein zusätzliches Argument, mehr Redundanz in eine weitgehend regenerative Energieversorgung einzubauen.

    „Aber, und jetzt kommt das politisch unangenehme, was niemand aussprechen möchte, es braucht von uns allen massives Einsparen von Energie. Unser derzeitiger Energieverbrauch it schlicht nicht in die Zukunft abbildbar.“

    Weniger ist hier mehr, das sehe ich auch so. Dennoch spart es nichts mehr ein, die Kohlekraftwerke abzureißen, während sie dennoch saisonales Notbackup zu minimalen Kosten liefern können. Umso mehr Geld bleibt für wesentlich wirksamere Maßnahmen übrig.

    „Dazu kommen große Batteriespeicher, die ja noch flexibler sind.“

    Ja die können doch gerade Kurzfristbackup zur Genüge liefern, das brauchen die Kohlekraftwerke dann ja eben gar nicht liefern. Es geht mir um mittelfristige großräumige Mangellagen, wenn die Batteriespeicher alle leergefahren sind, und nichts mehr liefern können.

    Es geht um die großräumigen winterlichen Dunkelflauten, wenn es auch noch sehr kalt dabei ist, und das auch noch 2 oder 3 Wochen andauert. Auch wenn das nur alle paar Jahre vorkommt. Die Kohlekraftwerke können dann einspringen, und eine oder ein paar Wochen Strom liefern, bis die Kälte nachlässt, wieder Wind weht und sich die Kurzfristspeicher wieder füllen können.

    „Im Fall Von Redoxbatterien können sie diese nahezu beliebig skalieren usw.“

    Mir ist jetzt unklar, ob das schon überhaupt ausgereift ist, wie teuer das wird und vor allem ob das den Strombedarf von mindestens 4 Wochen winterlicher Volllast liefern kann. Wenn nicht, dann helfen hier nur die alten Kohlekraftwerke, oder eben massive Notbeschränkungen auf der Verbraucherseite.

    Die Gasspeicher sind hier jedenfalls auch zu klein, und wenn die irgendwann Wasserstoff speichern sollen, dann reicht das noch für deutlich weniger. Außerdem will man ja auch Mobilität, Heizung und Industrie allesamt auf Basis von PV und WKA realisieren. Entsprechend steigt hier auch das nötige Backupvolumen. Da brauchen wir vermutlich wirklich jedes Kraftwerk, das man noch in Bereitschaft halten kann.

  14. @ Michael Blume

    Ich gebe Ihnen recht, dass Rabbiner, im Unterschied z.B. zu katholischen Theologen, praktisch gar nicht „gleichgeschaltet“ sind.

    Auch hat mir die KI, bei der ich bevor ich meinen o.a Text verfasst habe, angefragt habe bestätigt, dass es besonders bei den Juden auch monistische Sichtweisen gibt, aber bei allen Religionen hauptsächlich der Dualismus dominiert. Er ist praktisch die Abgrenzung zum Atheismus.

    Bestattungen haben neben der kulturellen auch hygienische Bedeutung (z.B. Seuchen).

    Es ist heutzutage auch Stand der Wissenschaft, dass z.B. genetische und memetische Information von Menschen weiter existiert, auch wenn der Körper stirbt und sich auflöst. Das wurde mir im Prinzip in der Grundschule im Religionsunterricht so vermittelt.

    Das ist in der Informatik genau so, die Hardware wird verschrottet weil sie mangelhaft wird, die Software läuft auf neuer Hardware weiter.

    Eine „monistische Verbindung“ zwischen Körper und Geist gibt es nur, solange der Mensch lebt. Da wird auch die „Seele“ (Information z.B. Gene, Meme) weitergegeben und sie existiert im Netzwerk der Menschen weiter.

    Der Körper stirbt, die Verfallsprozesse setzen sich immer mehr gegenüber den Lebensprozessen durch. Die „Seele“ (z.B. Gene, Meme,….) ist nur mehr im Netzwerk der Überlebenden aktiv.

    Wie viel auch immer an Information „übrig bleibt“ und wie lange auch immer….

    • Nun, @Realo – auch Ihre Taten und Texte können und werden Ihren Tod sicher überleben. Auch Sie sind ein Nachfahre von Generationen, deren Körper und Namen längst vergangen sind. Und Sie nutzen das Medium der japhetitischen Alphabetschrift auch hier und auch jetzt, sich gar im Pseudonym auf das Lateinische beziehend. Jeder behauptete Dualismus würde also schon Ihre eigene Wirkung auf die eine, monistische Realität und Geschichte verfehlen.

      Machen Sie konstruktiv weiter, wirken Sie mit!

  15. Ein starker und Aufruf, der hoffentlich noch viel gelesen wird.

    Viel zu oft wird nur an faschistische Täter erinnert anstelle an unschuldige Opfer und ihre viel zu kurzen Leben.

    Die Volkstrauertage in meinem bair. Heimatdorf (vor besagten Kriegsgefallenengedenktafeln) waren auch immer sehr eindimensional und könnten einen frischen Blick über den Tellerrand, auf die Opfer unter jüdischen Mitbürgern und Befreiern vertragen.

    • Vielen Dank für die Rückmeldung, @Alpenmurmeltier! Ich kann mir tatsächlich vorstellen, zukünftig regelmäßig zum Volks- bzw. Völkertrauertag an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg zu sprechen. Die Erinnerung kann und sollte sich in die Zukunft öffnen.

  16. Werter Herr Blume!

    Mein Eindruck ist, Sie übertragen Ihren antisemitismuskritischen Ansatz in Bereiche, wo andere Erklärungen besser sind.

    Alternativ kann man den Krieg zwischen Israel und der Hamas als Teil eines Nationalitätenkonfliktes zwischen Juden und Palästinensern begreifen. Es gab und gibt viele ähnliche Auseinandersetzungen zwischen Balkan und Levante. Dabei verstehen sich Zionismus und Palästinensertum jeweils als nationale Befreiungsbewegungen, sind sich also in mancherlei Hinsicht recht ähnlich. Analytisch interessant ist auch ein Vergleich zwischen den Kriegen der Türkei gegen kurdischen Terror mit den Kriegen Israels gegen palästinensische Terroristen, da sie ähnlich polarisierende Auswirkungen auf unser Zusammenleben in Deutschland haben.

    Die Houthis im Jemen sind bekanntlich Teil der Israel- und USA-feindlichen sogenannten „Achse des Widerstandes“. Vielleicht sind Bündnis- und Geopolitik hier bessere Erklärungs- und Analysemodelle als „Antisemitismus“. Insgesamt scheinen mir die Dynamiken des Kalten Krieges hilfreicher für die Interpretation des Nahost-Konfliktes als das Dritte Reich und der Holocaust. Seit dem 7.10. wurde der Nationalitätenkonflikt zwischen dem Meer und dem Jordan stärker in unsere Auseinandersetzung mit Russland nach der Zeitenwende eingebettet, ähnlich wie seinerzeit die israelisch-arabischen Kriege. Das ist eine riskante Entwicklung für alle Menschen im Nahen Osten.

    Nehme ich solche, aus meiner Sicht bessere, Erklärungsansätze als Ausgangspunkt, wirken die meisten antisemitismuskritischen Aussagen deutscher Politiker aller Parteien zum aktuellen Krieg zwischen Palästinensern und Juden auf mich eigentümlich losgelöst von der Gegenwart und den Szenarien der Zukunft. Ich verstehe, wie die Bundesrepublik in ihrem Bestreben nach Aussöhnung mit dem Staate Israel und den Juden an diesen Punkt gekommen ist: Durch die Bestätigung des Existenzrechtes Israels, den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages, die Annahme der IHRA-Definition zum israelbezogenem Antisemitismus und natürlich durch das interpretationsoffene Verständnis des Staates Israel als deutsche Staatsräson. Vor diesem Hintergrund war die unbedingte Solidarität mit Israel nach den Kriegsverbrechen der Hamas am 7.10. zunächst zwingend und richtig.

    Nur sind wir mittlerweile an einem Punkt, wo ich – polemisch überspitzt gesagt – den Eindruck bekomme, die Massengräber in Gaza seien ein nicht verhandelbarer Teil unserer Staatsräson. Was jedenfalls für mich einige sehr grundsätzliche Fragen darüber aufwirft, welche Werte „mein“ Staat vertritt. Vielleicht gelingt es bundesdeutscher Politik und Gesellschaft im kommenden Jahr unsere nationalen Erzählungen weiter zu entwickeln und einige dieser Widersprüche aufzulösen.

    Das würde mich freuen.

    • Danke, @Ludwig.

      Aber, nein, ich glaube nicht an „Friedenslösungen“ auf Basis von feindseligem Dualismus, also von Antisemitismus, Rassismus oder Sexismus. Diese feindseligen Ideologien verhindern jeden echten “demokratischen Frieden”. Das ist ein politikwissenschaftlich starker Befund, den ich auch zum Volkstrauertag in Ellwangen thematisieren konnte:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/files/VolkstrauertagEllwangenBlumeNiewiederistjetzt191123.pdf

      Wenn wir angesichts von Terrorismus, Klima- und Wasserkrise doch noch Frieden und Demokratie auch für die palästinensischen und generell arabischen Menschen sehen wollen, werden wir uns alle bewegen und vor allem die fossile Finanzierung autoritärer & antisemitischer Regime stoppen müssen. Sowohl die Hamas wie die Huthi haben ja auch finanzielle Zuwendungen bisher nicht zum Wohle der ihnen anvertrauten Menschen verwendet. Und auch die israelische Demokratie stand bereits am Abgrund zu einer Erdgas-Oligarchie…

  17. Nun hat auch Israel auf einen Huthi-Terrorangriff mit der Bombardierung des Hafens Hudaida reagiert:

    https://www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/israel-fliegt-luftangriff-auf-hudaida-im-jemen/ar-BB1qn0kR?ocid=BingNewsSerp

    Und, nein, es fühlt sich NICHT GUT an, schon letztes Jahr auf Basis der Ressourcenfluch-Theorie genau davor gewarnt zu haben. Es ist leider Bestandteil des Kassandra-Effektes und wird sich also auch nicht so schnell ändern:

    https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/prebunking-loest-reaktanz-aus-bloss-nicht-wegducken-vor-dem-kassandra-effekt/

    Im Hintergrund steht über die Huthi-Terrororganisation hinaus auch das fossile Regime des Iran, das nach einigen Einschätzungen nur noch wenige Wochen vom Besitz von Atomwaffen entfernt sein könnte. Es ist einfach ein Wahnsinn, dass wir nach wie vor durch Importe von Öl und Gas jene Regime wie Iran, Russland, Katar samt ihrer Terror-Proxies fossil finanzieren – die uns dann vernichten wollen.

    Hier schrieb ich genau darüber – schon 2019…

    https://www.salonkolumnisten.com/oel_antisemitismus/

    Ja, es schmerzt. Denn mir scheint, dass selbst jetzt noch die meisten von uns zwar die Kriege beklagen, aber noch immer nicht wirklich von fossilen Gewaltenergien lassen wollen…

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