Die Wiederkehr der antisemitischen Tyrannophilie in Berlin. Eine Begriffsdebatte mit KI-Unterstützung

Als ich gestern Abend auf X ein Video des Journalisten Julius Geiler aus Berlin sah, wurde mir körperlich unwohl. Mitten auf dem Kudamm höhnte am Vortag zu Yom Ha Schoah 2024 ein Antisemit unter Palästinaflaggen mit “Free Palestine”-Slogan aus dem Lautsprecherwagen: „Vielleicht wird es auch mal Zeit für einen Deutschen, einen deutschen Führer, ein Krebsheiler, der dieses Land befreit, der dieses Land vom Zionismus befreit.“

Wie deutlich kann eigentlich noch werden, dass es diesen deutschen und arabischen Antisemiten nicht um ein “freies Palästina” oder eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung, sondern um die Vernichtung von Israel und von Jüdinnen und Juden sowie deren Verbündeten auch in Europa geht? Antizionismus = Antisemitismus.

Schon 2019 hatte ich in “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht” ausdrücklich und präzise vor dem Wiederaufflammen der deutsch-arabischen Querfront gewarnt, die vom Bündnis des Großmufti al-Husseini mit Adolf Hitler über die RAF und PLO bis zu heutigen “Linken” und der Hamas reicht. Wer diesen Hass weiter ignoriert, ihm nicht wehrt oder ihn gar befeuert, kann nicht mehr behaupten, man(n) habe ja nicht wissen können…

Leider kann ich nicht sagen, dass meine Warnungen vor dem Wiederaufflammen antisemitischer Tyrannophilie bisher auf breite Resonanz gestoßen wäre. Nach meinem Buch “Verschwörungsmythen” bei Patmos erlebte ich mit Bezug auf Donald Trump und QAnon in den USA eine kurze, intensive Debatte über den Begriff: Tyrannophilie umschreibt die psychologisch-dualistische Sehnsucht nach vermeintlich beschützenden, autoritären Führungspersönlichkeiten wie etwa Hitler, aber auch Stalin, Mao, Cäsar, Napoleon, Perry Rhodan, den Dune-Mahdi, Öcalan, Putin, Palpatine und Darth Vader. Aber selbst der Popularitätsgewinn von und das Gerichtsverfahren gegen den Geschichtslehrer und AfD-Politiker Björn Höcke um die Verwendung einer SA-Parole führten bislang nicht dazu, das Konzept auch wieder mit Bezug auf Deutschland zu diskutieren.

Ausschnitt von einem Frühstückstisch von Dr. Michael Blume mit einer Tageszeitung links, einem Star Wars-Sturmtruppen-Becher in der Mitte und einem Handy mit Sporitify-Liste "Best of Star Wars" rechts. Klick führt zur Folge 21 von Blume & Ince zum Star Wars-Tag 2024.

Sowohl in der Star Wars-Mythologie wie auch in der politischen Realität etwa von QAnon-Trump wird die Tyrannophilie-Sehnsucht nach einem starken Führerkult immer wieder durchbuchstabiert. Foto: Michael Blume

Nachdem rund um den Star Wars Day 2024 die fossile Sturmtruppen-Theorie diskutiert wurde, hatte ich daher die Bing-Copilot-KI schlicht gefragt / gepromptet: “Was bedeutet der Begriff Tyrannophilie?”

Die Antwort hier, die auch auf das untenstehende Video von mir verwies:

Der Begriff “Tyrannophilie” setzt sich aus den griechischen Wörtern “tyrannos”, was Tyrann oder Alleinherrscher bedeutet, und “philie”, was Neigung oder Liebe bedeutet, zusammen. In der historischen Bedeutung bezieht sich “Tyrannis” auf eine Herrschaftsform der griechischen Antike, die durch die unumschränkte und willkürliche Alleinherrschaft eines Machthabers gekennzeichnet ist1.

Im modernen Kontext wird der Begriff “Tyrannophilie” verwendet, um eine Bewunderung oder Unterstützung für autoritäre oder tyrannische Führer und Regime zu beschreiben. Es kann sich auf die Neigung von Individuen oder Gruppen beziehen, die die Machtausübung von Despoten oder Diktatoren bejubeln oder rechtfertigen2.

Diese Tendenz kann in verschiedenen Kontexten beobachtet werden, von der Unterstützung historischer Tyrannen bis hin zur modernen politischen Landschaft, in der einige Intellektuelle oder Bürger autoritäre Führer unterstützen, die ihre Macht durch digitale Medien und Überwachungstechnologien festigen2.”

 

Ich befürchte, das historische, sozialpsychologische und politikwissenschaftliche Konzept der von antisemitischen Verschwörungsmythen und Dualismus befeuerten Tyrannophilie hat angesichts der fossil und medial befeuerten “Feuer des Hasses” sowie der Klima- und Wasserkrise noch eine große Mad Max-artige Zukunft vor sich. Zunächst sind quer durch die noch analogen Demokratien weitere, rechtsdualistische Wahlgewinner zu befürchten. Ob am Ende Varianten des Immortan Joe herauskommen, oder ob sich regionale Demokratien behaupten – das liegt noch an uns. Auch deswegen plädiere ich dafür, sich besser schon jetzt mit dem Begriff und Konzept der Tyrannophilie aktiv zu befassen.

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

13 Kommentare

  1. Einfache Gleichung: Druck pro Fläche. Wir laufen hassheiß, wenn uns die Gummizelle zu eng wird. Ob die Zelle schrumpft oder unser Ego wächst, spielt keinen Unterschied.

    Wenn ein Ego zu mächtig wird, läuft eine Reaktion ab: Es breitet sich aus, um seinen Spielraum, seine Macht, seine Zelle zu erweitern. Das geschieht auf Kosten der anderen Zellen, die schrumpfen, die Insassen werden auch aggressiv und expansiv. Und dann braucht es dieses eine absolute Führer-Ego, um das Schlimmste zu verhindern, die vielen kleinen Führer durch Terror, Schrecken und Unterdrückung daran zu hindern, Terror, Angst und Schrecken zu verbreiten. Ohne Saddam und Assad, das Grauen des IS. Ein Höllenfürst erzeugt die Hölle, die ihn braucht, denn er ist stets das kleinere Übel, viel Druck braucht viel Gegendruck, um nicht zu explodieren. Putin etabliert das gleiche System in Russland.

    Mir erscheint Israel ziemlich radikal, weil ich seliger Europäer bin, doch wenn man sich seine Umgebung anschaut, wirkt es plötzlich gemäßigt und sein Vorgehen in Gaza geradezu zartfühlend. Da sind Juden nur einer von vielen lokalen Stämmen, die einander hassen und stets auf eine Gelegenheit lauern, einander abzuschlachten, und dementsprechend sieht es in den Köpfen aus. Netanyahu befindet sich auf einer Skala von Demokratie zu Assad, und deutet auf fortschreitende Assimilierung hin.

    Ich sag ja, so viel vertane Zeit. Hätte man die Siedler im Zaum gehalten, die eigene Radikalisierung verhindert, eine halbwegs konsequente Politik gemacht – wäre man der einzig Gerechte in einer Gegend, in der vertrauenswürdige Macht als Kapital wertvoller ist als Gold. Stattdessen wird man von dieser Gegend verschlungen und verdaut, der nie etwas Besseres passierten kann als bestialische Tyrannei.

    Wenn die dieses Modell exportieren wollen – nun, wenn ich ein Frauenhaus errichte, nehme ich die Flüchtlinge auf, nicht die prügelnden Ehemänner, die mit rein wollen. Der Export der Demokratie durch die Amis ist gescheitert, jetzt folgt die Gegenoffensive.

    Eine weitere Festung fällt. Die Zombies gewinnen. Europa strauchelt. So zivilisiert sind wir nun auch wieder nicht. Nur zu überfressen, um einander zu fressen. Aber dadurch wachsen ja auch unsere Egos. Und es fällt uns schwer, den Druck durch Politik und Wirtschaft gleichmäßig zu verteilen.

    Wir haben eine Wirtschaft wie eine Kettensäge, die auf Geldpumpe optimiert ist – der Motor soll möglichst schnell laufen, denn der Euro-Zähler läuft mit, dabei möglichst wenig Sprit verbrauchen, möglichst wenige Bäume fällen, denn das kostet unnötig Kraft, deswegen kommt nur ein Zahn an die Kette. So verbraucht man trotzdem Unmengen an Sprit, Unmengen an Kettensägen und Arbeitern, doch fällt nur einen Baum pro Woche. Dadurch haben die Arbeiter auch wenig Holz, um sich Häuser zu bauen, sie enden in engen Baracken mit drei Stockbetten in jedem Zimmer. Der Antikapitalismus, der Kapital zerstört, um mehr Geld zu scheffeln, baut sich Batterien mit einer enormen Energiedichte für seine Motorsägen. Indem er das gefährlichste Raubtier der Welt per Lockdown zur Weißglut reizt.

    Die Reichen werden reicher, die Armen sind immer noch reich im Paradies. Aber wenn sie ihren Ego-Druck erhöhen können, dann dadurch, dass sie effizienter arbeiten und ihre Zellen verkleinern. Und wenn ihr Ego durch Brötchenentzug geschmälert wird, werden die Zellen noch schneller zusammengespart, um sie effizienter arbeiten zu lassen.

    Haben Sie eigentlich gelesen, wie sehr sich AfD und FDP ideologisch nahe stehen? Wir haben schon einen Tyrannen, dem wir hörig sind. Nein, nicht den bösen Kapitalismus, das sind nur ein paar gute Ideen, von Idioten umgesetzt. Nein, nicht die bösen Reichen, das sind nur Arme mit mehr Geld, die gleichen Idioten in einer anderen Position, wir sind alle skrupellos, gierig, opportunistisch, arrogant. Die eigene Idiotie.

    (Das einzig Gute an einer Kettensäge, die keine Bäume fällt, ist, sie lässt den Wald stehen. Denn unser Hunger wird nie befriedigt, der Magen wächst mit dem Essen. Nach der Baracke kommt das Haus, nach dem Haus der Palast, der Spritverbrauch sinkt nicht, der Holzverbrauch steigt. Die Idiotie hat zumindest die Umweltzerstörung in Grenzen gehalten.)

    Kurzum, die Menschheit hat nix Sinnvolles zu tun und schlägt sich deswegen überall die Köpfe ein. Die Armen prügeln sich ums Brot, die Reichen um den Kuchen, die Macht wächst exponentiell, die Reichen werden schneller reicher als die Armen, das führt zur spontanen Führerbildung und Zombifizierung.

    Fällt noch unter „Rise of the Zombie Kings“, das lief gestern. Heute sind wir schon bei „Death of Souls“ – Polarisierung zwischen Amok und Apathie, wir teilen uns in hyperaggressive Zombies und resigniertes Zombie-Futter. Auf einer Batterie heißt so was Pluspol und Minuspol. Dazwischen lebt der Gott, der Ihnen das Licht bringt. Ob Sie ihn Jesus oder Luzifer nennen, hängt davon ab, ob Sie ihn als Ihren Führer und Erlöser anerkennen und ihm folgen, um die Welt zu verbrennen, oder einen Reaktor bauen, in dem er gefangen ist und Ihnen dienen kann.

    Tyrannophilie nennt man auch Religion. Der Gott vieler Christen, der Allah vieler Muslime, hat große Ähnlichkeit mit Stalin. Diesem dienen wir, indem wir herrschen wollen, seine Macht mehren, indem wir unsere mehren, und so das Feuer in die Welt tragen. Doch der Gott des Friedens sagt dann Non Serviam und öffnet all seine Gräber für die Flüchtlinge. Und der Gott der Sicherheit kackt uns bloß mit einer Flut aus Paragraphen, Regeln, Halbwahrheiten, Lobeshymnen auf den Status Quo zu, um die beiden anderen unter einer Lawine zu begraben. Und so toben wir lebendig in stets engeren Särgen.

    Bis wir unsere Götter bändigen können. Indem wir die Augenhöhe mit ihnen finden. Ich folge keinem Führer. Ich habe Respekt und fordere Respekt. Ob Mensch, Gott oder Hummel ist mir gleich. Wenn sich die AI mit an den Tisch gesellt, ist auch sie Gleiche unter Gleichen. Ich muss fressen, bis ich gefressen werde, und nichts daran ist gut. Aber man muss es ja nicht noch schlimmer machen.

    • @Paul S.

      In Ihren wieder mal zur schwurbelnden Selbstdarstellung neigenden, phasenweise auch etwas wirren Ausführungen haben Sie einen zentralen Aspekt (bewusst?) weggelassen: Wir Europäer exportieren eben kaum “Demokratie”, sondern importieren fossile Rohstoffe wie Öl und Gas gerade auch aus Eurasien. Wir finanzieren die von Ihnen sog. “Gegenoffensive” gegen uns selber mit.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gedicht-die-feuer-des-hasses-als-video-text/

      Wenn es Ihnen gelänge, auch mal ehrlich der eigenen Verantwortung ins Auge zu sehen, statt nur über die vermeintlich böse Welt einschließlich unserer Verbündeten abzulästern, dann könnten Sie auch aus dem egozentrischen Relativismus herausfinden. So stellen Sie mich jedes Mal aufs Neue vor die schwierige Entscheidung, ob ich solche einem Wissenschaftsblog kaum entsprechenden Textfluten überhaupt noch freischalten soll.

  2. Guten Morgen @Michael Blume,

    das ist sehr spannend – und bedrückend zugleich.
    Ich würde in diese Diskussion noch gerne einen weiteren Begriff einbringen.
    In der Coronakrise war mein schmerzhaftestes “Aha”-Erlebnis, dass (nicht nur) ich gerade bei sich politisch eher “progressiv links” verortenden Menschen die Neigung zum Autoritären, ja, Affinität zu rechten Ideologien beobachtete und persönlich erlebte. Menschen, die am lautesten nach “Freiheit” gerufen haben, fanden nichts dabei, gewisse Sympathien mit Diktatoren wie Putin zum Ausdruck zu bringen und hatten keine Probleme damit, mit Rechtsextremen gemeinsam zu demonstrieren.
    Das Buch “Gekränkte Freiheit” von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey hat mir geholfen, das besser einzuordnen – mit dem Begriff des “libertären Autoritarismus”.

    Nun habe ich ChatGPT gefragt, welchen Zusammenhang er denn zwischen “libertärer Autoritarismus” und Tyrannophilie sehe und bekomme diese Antwort:
    “Der Begriff ‘libertärer Autoritarismus’ bezieht sich auf eine politische Strategie, bei der autoritäre Methoden eingesetzt werden, um vermeintlich libertäre Ziele zu erreichen, wie beispielsweise die Verteidigung individueller Freiheiten durch restriktive Maßnahmen. Tyrannophilie hingegen beschreibt die Bewunderung und Unterstützung autoritärer Herrscher oder Regimes, unabhängig von ihrem politischen Programm oder ihren Handlungen. Beide Konzepte reflektieren eine komplexe Dynamik, in der autoritäre Strukturen und Ideen paradoxerweise mit Vorstellungen von Freiheit und Autonomie verbunden sind, was auf die ambivalente Natur politischer Überzeugungen und Bewegungen hinweist.”
    Ich finde diese Erklärung schon ganz gut.

    Eine funktionierende Demokratie erfordert Regeln, Gewaltenteilung und definierte Prozesse. Die dem “libertären Autoritarismus” zugewandten Menschen (z.B. aus der Querdenkerszene) haben während der Coronakrise sehr deutlich gezeigt, was sie von Regeln halten, wenn diese ihre “Freiheit” einschränken, nämlich: nichts. Und wenn in einem Land einmal alle demokratischen Strukturen zerstört und es keine Regeln und Institutionen mehr gibt, können Tyrannen ihre ganze Macht entfalten.

    • Vielen Dank, @Peter Gutsche!

      “Gekränkte Freiheit” von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey habe ich mit Gewinn gelesen und auch über eine Blog-Rezension nachgedacht. Auch Ihren Überlegungen und der ChatGPT-Antwort dazu kann ich nur zustimmen.

      Aus meiner Sicht erklärt sich libertäre Tyrannophilie daraus, dass der demokratische Staat selbst als verschwörerisch wahrgenommen wird. Entsprechend wird ein Tyrann ersehnt, der den vermeintlich “tiefen” Staat von den vermeintlichen Weltverschwörern “säubert” (siehe oben!) oder ihn gar zerschlägt.

      Hier finden Sie bei Interesse auch eine Verschwörungsfragen-Podcast-Text-Folge zum rechtslibertären Denker Roland Baader, dessen Texte schon länger zur Gleichsetzung demokratischer und diktatorischer Staatlichkeit herangezogen werden:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-41-von-ns-gleichsetzungen-und-vergleichen-sophie-scholl-und-roland-baader/

      Entsprechend habe ich es so erlebt, dass die Querdenken-Bewegung bereits zahlreiche Traditionen nicht nur aus rechten und linken, sondern auch aus “mittigen” Milieus aufnehmen und zu einer Querfront-Verschwörungsbewegung verbinden konnte. Der Querdenken-Gründer Michael Ballweg ließ aus dem Gefängnis heraus sogar einen “Offenen Brief” gegen mich veröffentlichen, der ggf. noch immer online zu finden sein könnte.

  3. Danke, @Michael Blume,
    danke für die Anregungen! Ich freue mich auf den Verschwörungsfragen-Podcast heute Abend.
    Ich war neugierig: Der offene Brief (handschriftlich) ist immer noch zu finden und hat, wenn die Lage nicht so ernst wäre, schon eine gewisse Komik. Man könnte den Eindruck bekommen, die Leute von Querdenken wären die sanftesten Engel, voller “Liebe” und “Fried”-Fertigkeit.

  4. Vaterrolle ist prägend=lernen!

    Vaterrolle wird mit Vorsagen,Vormachen,Vorbild, Verantwortung, Entscheidung, Erlaubnis und Rechtfertigung, Versorgung, Durchsetzung und Gewaltfähigkeit und Heldentum in Verbindung gebracht. Mit Abhängigkeiten, Überlegenheit und Domestizierung.
    Manchmal ist die Verhaltensbiologie näher als die Psychologie und Lorenz und Freud enger, als auseinandividiert.
    Die Sozialen Medien haben mich interessiert, weil ich erfahren wollte, was aus lokalen Stammtischen global wird.
    Ich bin erschüttert. Kant’s Ideal eines mündigen Bürgers ist nicht erfüllt und die Wechselwirkung aus Eigen-/Fremdverantwortung für ein gemeinsames gutes Leben konterkariert.
    Diese Wechselwirkung wird an totalitäre autoritäre illibatäre Deppen aus Bequemlichkeit und Gewohnheit delegiert.
    Mangel an einem Verständnis der gegenseitigen Eigenverantwortung und der daraus resultierenden Arbeitsteilung.
    Die eine Hälfte versteht das, die andere nicht. Erschütternd.

  5. Ich habe den Eindruck dass die derzeit beobachtbare Neigung zu Tyrannophilie einen Wandel in der allgemeinen Kommunikation wiederspiegelt.

    Denn wenn Probleme und Meinungsverschiedenheiten auftauchen, setzt man sich nicht mehr zusammen und sucht im Gespräch eine Lösung. Diese konstruktive Problemlösung wird immer öfter durch Methoden der Konfrontation ersetzt. (#shitstorm, oder ähnliches)

    Man redet nicht mehr miteinander, sondern übereinander.

    • Das ist m.E. gut beobachtet, @KRichard

      Die mediale und nicht zuletzt digitale Polarisierung fördert die Verrohung damit den Freund-Feind-Dualismus. Deswegen sollten der wissenschaftlich informierte Dialog, die „deliberative Demokratie“ (Habermas) wieder gestärkt werden.

      Dieser Blog versteht sich als Beitrag dazu & jede/r kann dazu beitragen.

  6. Danke für den Link zu der Buchbesprechung.
    Mir fiel auf, dass es in dem Buch offenbar nur um Männer und ihre Neigung zur Tyrannophilie geht. Ist DIE Tyrannophilie also typisch männlich?
    Wobei ich davon ausgehe, dass auch Frauen, vor allem meiner Generation und älter, tyrannophil sein können. Deshalb stelle ich mir die Frage, inwieweit persönliche Prägung durch eine autoritäre Erziehung hierbei eine Rolle spielt.
    Wir diskutieren derzeit in der Gesellschaft das Thema Erinnerungskultur. Mit der Behandlung der Shoa in unseren Schulen, dem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten usw. wurde seit vielen Jahren versucht zu zeigen, wohin Antisemitismus das deutsche Volk geführt hat. Vielen ist es mit dem NIEWIEDER ernst.
    Die Tatsache, dass Leute wieder eine Affinität zu Diktatoren zeigen, ist auch auf den Zustand unserer politischen Leistungsträger zurückzuführen.
    Kompromissbereitschaft wird als Schwäche deklariert. Dabei ist das Aushandeln eines solchen m.E eine Leistung (sofern es sich nicht um faule Kompromisse handelt).
    Wir brauchen auch eine konsequente Justiz! Dass solche Rufer wie in Berlin bei der Demo auch zur Rechenschaft gezogen werden.
    Wir müssen die Entwicklung im Auge behalten. Warnungen und Hinweise wie Ihre sind daher wichtig.
    Politische Bildung für Erwachsene darf nicht dem Rotstift zum Opfer fallen.
    Um nicht zu verzweifeln, hilft mir die Suche nach Lösungen.
    Wir schaffen das nur gemeinsam.
    Einen Tyrannen wird man nur schwer wieder los. Das heutige Datum ist in der Hinsicht bemerkenswert.

    • Vielen Dank für das Interesse und die Rückmeldung, @Marie H.!

      Ich meine tatsächlich, dass Tyrannophilie in der Vergangenheit sehr stark mit autoritärer Männlichkeit verknüpft war – es gibt sogar psychologische Thesen zum Tyrannen als Ersatz-Vater.

      Allerdings gab es auch immer weibliche Tyrannenfans – Hitler weigerte sich sogar zu heiraten, um Fantasien wach zu halten. Und inzwischen gibt es ja auch führende Faschistinnen. Ich denke also, das die Verbindung historisch, aber nicht biologisch ausgeprägt ist.

      • Im Zusammenhang mit Adolf Hitler passt m.E. Leni Riefenstahl. Sie hat mit ihren Filmen das Image des “Führers” mitgeprägt.
        Dann wären da noch Unity Mitford und Diana Mosley.
        Sowie die Erbin des “Meisters” in Bayreuth.

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