Blume & Ince 2 – 3: Wasserkrise & Was ist eigentlich Geld?

Leserinnen und Leser von “Natur des Glaubens” wissen, wie lange ich schon über die Eskalation der Klima- zur Wasserkrise informiere und damit auch “nerve”. Entsprechend dankbar war ich Prof. Dr. Inan Ince, dass wir das Thema “Wasserwerte, Bier & Hafermilchgesellschaft” gleich in der 2. Folge unseres neuen Podcast aufgreifen konnten.

Eine schräggestellte Foto mit Dr. Michael Blume links und Prof. Dr. Inan Ince rechts bildet das Symbol unseres Podcasts "Blume & Ince".Neu am Start: Der interdisiziplinäre und interkulturelle Podcast “Blume & Ince”. Grafik: Inan Ince

In dieser Folge berichtete Inan zudem auch über die Hintergründe des Reine-Wasser-Fastens im Monat Muharrem, der von vielen Schiiten, Aleviten und Alawiten in Erinnerung an die katastrophale Schlacht von Kerbela am 10. Oktober 680 nach islamischen Mondkalender begangen wird. Der Wirtschafts-Prof entstammt einer alevitischen Familie und wuchs in Berlin auf, bevor er einen Ruf in der Region Stuttgart erhielt.

Ich erkläre aber auch, warum in Deutschland “traditionell” so viel Bier getrunken wird – und was die Qualität der Wasserbrunnen mit dem alten antijüdischen Verschwörungsmythos vom “Brunnenvergifter” zu tun hat. Leider wurden diese m.E. auch durch die Digitalisierung neu aktuellen Verschwörungsmythen auch nicht in der ansonsten gelungenen SPIEGEL-Titelgeschichte zu “Wasser!” aufgeklärt.

Cover des SPIEGEL 30/2023 vom 22.07.2023 zum Thema "Wasser! Warum es in Deutschland knapp wird. Wie wir es schützen können" mit einem im Wasserstrahl lachenden Mädchen.Kein einzelnes Medium wird Umfang und Tiefe der Wasserkrise alleine vermitteln können. Die sehr gute SPIEGEL-Titelgeschichte “Wasser!” von Ausgabe 30, 22.07.2023.  Foto: Michael Blume

Obwohl es uns das gemeinsame Diskutieren und Podcasten auch so schwieriger Themen riesig Freude macht und wir schon Ideen für zahlreiche weitere Folgen haben, haben wir uns auf einen etwa 3wöchigen Rhythmus geeinigt, um neben unseren Full-Time-Berufen und Familienrollen auch Zeit für gute Vorbereitungen zu finden und nicht auszubrennen. So wird die nächste Folge zu “Was ist eigentlich Geld?” um den 22. August online gehen, die übernächste Folge zu Esoterik & Homöopathie dann in der ersten Septemberhälfte. Und wir haben noch viel vor, freuen uns über das bisher riesige Interesse, aber auch über Fragen und Anregungen! 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

38 Kommentare

  1. @Michael Blume – die übernächste Folge zu Esoterik & Homöopathie dann in der ersten Septemberhälfte.
    Ich habe eine Bitte.
    Mir ist (schon vor ein paar Jahren) aufgefallen, dass sehr oft, wenn sich “skeptisch denkende” Menschen über Esoterik und Homöopathie (oder Heilpraktiker) unterhalten, es so klingt, als würden katholische Priester über Satanisten herziehen, den Erzfeind. (An den keiner außer ihnen überhaupt glaubt…)
    Grauenhaft unsachlich, meist hetzend und ohne Rücksicht auf eventuelle Hintergünde.

    Natürlich kommt enormer Schwachsinn aus dieser Ecke und manchmal endet es sogar tödlich.
    Aber “in der Realität” können sie sich auch töten, wenn sie mehr als 3 Liter Wasser in weniger als einer Stunde trinken oder ein Kind zwingen, mehr als 4 Gramm Salz (grobe Schätzung) aufeinmal zu verzehren – die Dosis macht das Gift, bei Allem.

    Ich schätze, über das Unwesen der Homöopathie müssen wir nicht weiter reden – allerdings ist es wunderbar, wenn ein Arzt Geld dafür bekommt, dem Patienten Zeit zu widmen.
    (Und “Heilpraktiker” haben noch andere Techniken in Petto, die nicht nur die Kranken, sondern auch die Kassen erleichtern könnten, wenn der Driss mal vernünftig geregelt wäre.)

    Aber bei “Esoterik” fällt mir in letzter Zeit auf, dass da wohl ein Hype auf TicToc besteht (Witch-Toc) und eine dazu passende “Gegenbewegung”, die den Kram pauschal abwertet – ohne Rücksicht auf eventuelle historische Wurzeln.
    Die es aber gibt – unser Wissen beruht zum großen Teil auf der Falsifikation all dieser “Bestrebungen”.

    Ich habe mich vor ein paar Jahren mal mit “räuchern”, also Duftstoffen beschäftigt (https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%A4ucherwerk). Natürlich ist es Unsinn, einem Baumharz zu unterstellen, es würde uns “einen klaren Geist schenken” – allerdings wäre es ohne diese Unterstellungen niemals möglich gewesen, z.B. Gummi (ebenfalls ein Baumharz, Kautschuk) zu gewinnen. Oder Schmieröle für mechanische Uhren, Lacke und Firnisse, die früher für Künstler (Maler) relevant waren und ebenfalls den Grundstein für unsere Technisierung gelegt haben.

    Ich war sehr erstaunt, welche Eigenschaften diese “Duftstoffe” alle haben – und mich stört diese Verleumdung unserer Vergangenheit.

    Ich würe mich freuen, wenn mal wer käme, der das objektiv beleuchtet und sich nicht damit zufrieden gibt, nur “dualistische Feindbilder” über diesen Bereich abzuspulen.

    Über angeblich vernünftige Zivilisationserscheinungen (Atomkraft, Fleisch, Mobilität) sind genauso unsinnige Märchen in Umlauf wie über Weihrauch, Mhyrre und Mastix. (Oder Oud – Gruß an Ince.)

    “Wissenschaftskommunikation” war schon immer was völlig anderes als das, was sich die Leute so erzählt haben.
    Denken sie ans Gretchen; “Esoterik aus der Sicht Goethes” fänd ich z.B. spannend.

  2. “Was ist eigentlich Geld?”

    Geld ist das bisher beliebteste Korrumpierungsmittel der manipulativ-schwankenden Welt- und “Werteordnung”.

    “Eigentlich” ist wie “Individualbewusstsein” eine Illusion der Konfusion!👋😎

    • @Viktualia: “Natürlich kommt enormer Schwachsinn aus dieser Ecke …”

      Im wahrsten (“monistischen”!) Sinne des Wortes Schwachsinn (also nicht negativ belegt!), kommt der Schwachsinn aus allen Ecken, denn so lange Mensch nicht im Sinne des ganzheitlich-ebenbildlichen Wesens zusammen lebt, ist Bewusstseinsschwäche stark und somit die Kompatibilität der “Mittel” nur sehr schwach-bedingt wirksam (nicht nur die homöopathischen, auch die kommunikativen!). 🤗

  3. Geld ist heutzutage sog. Fiatgeld :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Fiatgeld

    Ansonsten wird die Zukunft absehbarerweise so ausschauen, dass AI und Robotik die meisten Arbeitsplätze ersetzen werden, letztlich sozusagen auf der Couch herumgelungert werden kann, könnte bis wird. [1]

    Dr. Webbaer redet hier von einem Zeitraum von maximal 20 Jahren, es findet also sozusagen aktuell eine Revolution statt. [2]

    Kluge Leute werden dann zwar ebenfalls sozusagen auf der Couch sitzen, abär es wird nicht schön werden. [3]

    Irgendwelche Ressourcen-Krisen werden nicht entstehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1]
    Zu beachten in diesem Sinne dieses Konzept :

    -> https://www.giga.de/artikel/npc-was-bedeutet-das-jugendwort/ (es liegt kein “Jugendwort” vor, es wird hier alsbald fkn ernst)

    [2]
    Zivilisations-Schritte, der erste war die Erfindung der Sprache (diese musste “erfunden” werden, korrekt), der zweite die Ansässigkeit, die Stadt meinend, darum heißt es ja auch ‘Cives’, der dritte die Schrift, der vierte der Buchdruck, der fünfte die netzwerkbasierte Kommunikation und der sechste und womöglich auch unangenehme Schritt ist die zeitgenössische AI, samt Robotik, siehe oben.

    [3]
    Die liberale Demokratie bspw. wäre dann nicht mehr zu halten.


    Dr. W geht bei dem geschilderten Szenario davon aus, dass die AI kein Bewusstsein, kein Eigeninteresse entwickeln wird.
    Was möglich, denkmöglich ist, ansonsten wird es “komplizierter”.

  4. @Michael Blume – “ob Esoterik so etwas wie eine Ersatzreligion ist und wie die Glaubensmechanismen in beiden Bereichen funktionieren.”
    Mit Verlaub, genau das meinte ich nicht.

    Ich würde mich freuen, wenn es einfach nur um die Inhalte ginge, das, wofür sich die meisten real interessieren, die sich dem Thema annähern. (Die wenigsten werden darauf aus sein, sich einem Guru zu unterwerfen.)
    Nicht den Aspekt der “Konkurrenz zur Kirche”.

    Sondern den Aspekt der Orientierung. Orientierung an etwas, das als “schön” empfunden wird, wie z.B. Düfte oder, bei Edelsteinen, deren Farben.

    “Astrologie” z.B. war für mich nie etwas, an das ich geglaubt habe, ich fand die Einteilung in eine Art Kuchen mit 12 Stücken, die als Ganzes das gesamte “Charakterspektrum” abbilden, aber durchaus hilfreich.

    Wenn man neben “dem Glauben” den Drang des Menschen, sich zu orientieren und auch seiner Fantasie Nahrung zu geben, mit in die Rechnung nimmt, sind die Auswirkungen der sogenannten Esoterik lange nicht so dramatisch, wie wenn man sie gegen Wissen, bzw. “reine Vernunft” aufwiegt.

    Da wären die “beiden Glaubensbereiche” Wissenschaft und Spiritualität sinniger – für meinen Geschmack.

    (Ich muss nen Disclaimer dalassen: das bedeutet nicht, dass ich Esoterik gutheiße. Ist halt genau so unsinnig, wie “an Wissenschaft(ler)” zu glauben, statt an Falsifikation. Aber sie gehört im weitesten Sinne zur Spiritualität – dem Glauben an “das Schöne”, bzw. den Sinn. Und das ist mir wichtig.)

    • Danke für die Erläuterungen, @Viktualia. Für die Wertschätzung von Ästhetik und Spiritualität, übrigens auch Poesie, Kunst und Literatur bin ich sofort zu haben! Die Problematik besteht doch m.E. darin, dass in „Esoterik“ die Behauptung eines innerlichen und geheimen Wissens mitschwingt, das von Kirchen, Wissenschaften, Medien verleugnet oder gar verdrängt werde. Der Dualismus geht z.B. nicht von der wissenschaftlichen Medizin aus, sondern von jenen, die mit esoterischen Heil(s)versprechen auch finanziell profitieren. Ich verurteile nicht die Bedürfnisse, sondern deren dualistischen Missbrauch zum Geld- und Machterwerb.

      • @Blume: “Ich verurteile nicht die Bedürfnisse, sondern deren dualistischen Missbrauch zum Geld- und Machterwerb.”

        Ja genau, Esoterik hat nichts mit (“monistischer”) Bewusstseinsentwicklung zu tun, sondern ist auch nur eine Form des Surfens auf dem/im Zeitgeist, sozusagen der Versuch den Geist / das Zentralbewusstsein der Schöpfung zu korrumpieren.

    • Hierfür setzt es einen Bonuspunkt, werte(r) ‘Viktualia’ :

      Ist halt genau so unsinnig, wie “an Wissenschaft(ler)” zu glauben, statt an Falsifikation

      Die Wissenschaft ist eine Methode, es wird auch offen von der szientifischen Methode geredet, die das Falsifikationsprinzip kennt.
      An die Richtigkeit dieser Methode kann geglaubt werden, nie aber sollte so an deren Ergebnisse geglaubt werden, sondern nur zur Kenntnis genommen werden.

      Die Esoterik meint “Wissen” für eingeweihte, für spezielle Gruppen, sie schließt sich ab, teils gar von der Ratio.
      Die moderne skeptizistische Naturwissenschaft, die sich um die Erzeugung sog. Evidenz bemüht (und um die empirische Adäquatheit von Theorie (Sicht)), ist exoterisch; jeder kann, könnte sozusagen mitmachen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

  5. @Michael Blume – Ich verurteile nicht die Bedürfnisse,
    Mmh, nicht, dass ich ihnen etwas anderes unterstellen wollte, aber –
    Der Dualismus geht z.B. nicht von der wissenschaftlichen Medizin aus, sondern von jenen, die mit esoterischen Heil(s)versprechen auch finanziell profitieren.
    so wirklich glücklich bin ich für meinen Teil nicht damit, dass die “wisssenschaftliche Medizin” ihrerseits diese Bedürfnisse in einem Maße nicht berücksichtigt, dass der Esoterik-Markt zu einer solchen Blüte kam.

    Ich finde es legitim, dass jeder Mensch von Natur aus subjektiv ist und sehe die
    Behauptung eines innerlichen und geheimen Wissens mitschwingt, das von Kirchen, Wissenschaften, Medien verleugnet oder gar verdrängt werde.
    etwas entspannter.

    Ganz ohne Esoterik; Psychologie reicht zur Wahrnehmung des subjektiven Anteils schon völlig aus. Fraglich bleibt nur, warum die Wissenschaft sich damit so schwer tut. Das Qualia Problem?
    (Naja, Evidenzbasierte Medizin bezieht den Wunsch des Patienten durchaus mit ein. Die Kasse zahlt dem normalen Arzt nur nicht genug dafür, diesen “Wünschen” auch mal zuzuhören.)

    Wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn es mal nicht nur über die “bösen, betrügerischen Esoteriker” ginge – wobei dann Anbieter und Kunden gewöhnlich in einem Topf landen – sondern über die eigentlichen (historischen) Inhalte.

  6. @Viktualia 13.08. 16:22

    „Ganz ohne Esoterik; Psychologie reicht zur Wahrnehmung des subjektiven Anteils schon völlig aus. Fraglich bleibt nur, warum die Wissenschaft sich damit so schwer tut. Das Qualia Problem?“

    Ich schätze mal, dass die Wissenschaft bei diesem Thema an ihrem eigenen Anspruch an Universalität scheitert. Lebenserfahrungen verschiedener Menschen sind nicht nur verschieden, sie können sich sogar widersprechen.

    @Webbaer 13.08. 18:18

    „Die moderne skeptizistische Naturwissenschaft, die sich um die Erzeugung sog. Evidenz bemüht (und um die empirische Adäquatheit von Theorie (Sicht)), ist exoterisch; jeder kann, könnte sozusagen mitmachen.“

    Ne, wer hier den Mainstreamerfahrungen nicht hinreichend folgt, kann ausgegrenzt werden, von dem will man meistens einfach nichts wissen. Der kann höchstens den Mund halten und sich auf ein abgegrenztes Gebiet konzentrieren, in dem die Differenzen der persönlichen Weltbilder keine wesentliche Rolle spielen.

    Mag sein, das die Wissenschaft weniger Esoterisch ist als die meisten Esoterischen Vereine, aber sie bleibt schon auch speziell. Die Konzentration auf das definitiv feststellbare bleibt übrig, es fallen aber auch wesentliche Aspekte des Lebens durchs Raster. Wem dabei angesichts eigener Erfahrungen nichts fehlt, der sieht das anders, als wenn man ein Leben inmitten von spirituellen Erfahrungen führt.

    Sich hier esoterischen Vereinen anzuschließen oder voreilig Heilbehandlungen zu suchen oder sogar anzubieten, das sehe ich auch kritisch. Das ist mir eben alles viel zu voreilig. Ich mach mich dennoch auf die Suche, das Geistige im Leben besser zu fassen.

    Und die gesicherte Erkenntnisse der Wissenschaft die nutze ich wo es geht, das ist nicht das Problem. Das Problem ist dann nur das, das fehlt, weil es systematisch durchs Raster fällt.

  7. Feedback noch zum dankenswerterweise bereitgestellten sogenannten Podcast :

    Dr. Webbaer lässt ihn gerne laufen, wenn er sich in Sitzungen mit “ChatGPT” befindet, ohnehin am Rechner “Tippie, Tippie” macht und nichts dagegen hat, zusätzlich auch beschallt zu werden.

    Neben interessanten Einsichten (“Der Mensch besteht zu 60 (70?) % aus Wasser” – mehr “O” übrigens als “H”), gibt es natürlich auch Meinungen, nun, Einschätzungen (kA, ob US-amerikanische Einzelstaaten ‘zusammenbrechen’ werden), die Old Webbaer nicht teilt, gar abzulehnen hat, aber darum will er sich nicht kümmern, auch um nicht anzuecken – wenn er doch grundsätzlich zufriedener Abnehmer wie gemeinter Leistung ist.

    Nun zwei Fragen noch zur sogenannten Reaktanz :

    Ist der politisch Konservative (Dr. W ist kein politisch Konservativer) nicht immer “reaktant”, ist er aus Sicht des politisch Linken, der ja Kollektivist ist mit besonderem international(istisch)em Anspruch, auch sozusagen dem Progressivismus huldigt, nicht immer “reaktionär” oder “reaktant” ?

    Ist die Unterstellung von Reaktanz nun sozusagen cooler, modischer als die Unterstellung von Reaktionärheit, gar im Sinne einer “Dysphemismus-Tretmühle” ?

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    • Danke für das Feedback, @Webbaer

      Zu Ihrer Nachfrage: Reaktanz betrifft als natürliche psychologische Reaktion erst einmal alle Menschen. Brianna West formuliert sogar: „Dein Gehirn kann nur wahrnehmen, was es kennt. Deshalb basieren Deine Wünsche für die Zukunft lediglich auf vergangenen Lösungen oder vergangenen Idealen.“ („101 Essays…“, S. 16)

      Eine konservative Haltung achtet die Reaktanz bei sich und anderen, wogegen eine progressive Haltung sie zu überwinden oder verleugnen sucht.

      In vor-digitalen Gesellschaften konnten Progressive und Konservative das gesellschaftlich erträgliche Entwicklungstempo aushandeln, nicht selten gar koalieren. Die Gefährdung von Konservativen besteht jedoch im Umkippen der Reaktanz ins Reaktionäre, in dem die ganze Entwicklung (und Linke) als verschwörerischer Weg in den Untergang besteht. Die Gefährdung von Progressiven besteht im Umkippen der Selbstgerechtigkeit (nach Popper: des Historizismus) ebenfalls in den verschwörungsgläubigen Dualismus.

  8. Ja, danke, lieber Herr Dr. Michael Blume, Dr. W wird (vergleichsweise) treu diesem Podcast lauschen (neben oben genannter Beschäftigung), Ihr Kollege scheint in Ordnung zu sein, zum Alevitentum soll an dieser Stelle unausgeführt bleiben; vielleicht, vielleicht, dies nur ein ganz kleiner Wunsch, mal auf die zeitgenössische Ai eingehen, gerne auch kritisch.
    MFG
    WB

  9. @Viktualia 13.08. 16:22

    „Wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn es mal nicht nur über die “bösen, betrügerischen Esoteriker” ginge – wobei dann Anbieter und Kunden gewöhnlich in einem Topf landen – sondern über die eigentlichen (historischen) Inhalte.“

    Dem kann ich mich nur anschließen. Auch wenn Esoterik ausarten kann, so geht es letztlich auch um Diskussion und Integration von ganz realer persönlicher Erfahrung. Das ist einmal auch historisch. So war die Homöopathie zu der Zeit, als sie erfunden wurde, allein deswegen schon ein Fortschritt, indem sie wenigstens unschädlich war.

    Was in Grenzen auch heute noch ein Pluspunkt für die Homöopathie ist. Entsprechende Mittel sind überall da besser, wo es nichts Vernünftiges Chemisches zu verschreiben gibt.

    Die strengen Vorschriften für die Wirksamkeit von Arzneimitteln sind auch sowieso übertrieben. Bei sonstigen Heilmethoden wie z.B. Operationen gibt es so scharfe Einschränkungen gar nicht. Das hat zwar einerseits den Vorteil, dass die Pharmafirmen keine beliebigen Substanzen auf den Markt werfen können. Andererseits schränkt das aber auch die Möglichkeiten ein, wirksame Placebos zu etablieren.

    Die Placebos wären eben überall besser, wo es nichts wirklich entscheidend Heilendes gibt. Wenn sie dann vergleichsweise harmlos sind, können sie entscheidend besser sein, wenn ansonsten nur wenig Hilfreiches mit gravierenden Nebenwirkungen zur Verfügung steht.

    Gleichzeitig haben wir auch einen Kostenfaktor. Ziemlich Teures, das dennoch oft nur wenig wirkt, kostet die Krankenkassen viel Geld, was dann bei den Pharmafirmen für riesige Gewinne sorgt. Diese Geschäfte werden auch mit den strengen Vorschriften für Arzneimittel gefördert, es geht dabei nicht nur um das Wohl der Patienten.

    • Placebos oder esoterische “Medizin” (“Homöopathie”) helfen nicht wirklich, sind auch vglw. teuer.
      Auch wird der Leidende so womöglich vom Gang zum Arzt abgehalten.
      Es ist Leidenden möglich sich in Selbsthilfegruppen zu organisieren und sich so ein wenig Zusammenhalt und auch Linderung zu verschaffen.
      MFG
      WB (der nicht die Preispolitik der Pharma-Konzerne verteidigen wird)

  10. @Webbaer 14.08. 21:27

    Placebos oder esoterische “Medizin” (“Homöopathie”) helfen nicht wirklich, sind auch vglw. teuer.

    Soweit ich weiß ist ein Placebo doch mehr als gar keine Behandlung. Wenn es denn teuer wäre, würde ich mir was billigeres wählen. Schließlich braucht man hierfür keinen aufwendigen Produktionsprozess. Eine professionelle Verpackung wäre wichtiger.

    Arzneimittel müssen im Zulassungsprozess meistens gegen ein Placebo antreten, was eigentlich Unsinn ist. Eigentlich müssten sie nur gegen wirklich angewendete Alternativen antreten. In der praktischen Anwendung kann man auch für das Problem eigentlich unspezifische Medikamente einfach als Placebo verschreiben. Warum auch nicht?

    Gerade Homöopathie besticht ja mit seiner verlässlichen Inhaltstofflosigkeit. Hiermit kann man nicht Schaden. Akupunktur ist auch recht ungefährlich. Der Heilpraktiker mit einen Pflanzentees muss hier schon eher aufpassen.

    „Auch wird der Leidende so womöglich vom Gang zum Arzt abgehalten.“

    Auch das würde ich nur bei Kleinigkeiten machen, oder wenn der Arzt nicht wirklich helfen kann.

    „Es ist Leidenden möglich sich in Selbsthilfegruppen zu organisieren und sich so ein wenig Zusammenhalt und auch Linderung zu verschaffen.“

    Oder sich im Internet schlau machen. Klar geht das auch. Wenn aber ein Fachmann helfen kann, dann kann man das halt auch nutzen. Ob es nun ein richtiger Mediziner, ein Homöopath oder Heilpraktiker ist. Wenn der richtige Mediziner nicht recht helfen kann, oder mit Kanonen auf Spatzen schießen will, kann man sich eine 2. Meinung holen, und das vielleicht sogar beim Alternativanbieter.

    • @Tobis Jeckenburger

      Eigentlich müssten sie nur gegen wirklich angewendete Alternativen antreten.

      _____________________________
      Das müssen sie ja. Um zu sehen, welches besser wirkt.
      Gegen Placebos müssen sie außerdem ” antreten”, um zu sehen, ob sie überhaupt wirken.

  11. @Dr. Webbaer – Danke für die Blumen!
    Und – Die Esoterik meint “Wissen” für eingeweihte, für spezielle Gruppen, sie schließt sich ab, teils gar von der Ratio.
    Meinen sie “Okkultismus”?
    Der schließt sich ab, ich meine, dass Eso/Exo sich nur auf innen/außen bezieht; “abgeschlossen” i.S. von verborgen ist dann Okkultismus.
    Also Magie/Hexerei, während “Mystik” (im sprituellen Sinne) was für alle ist, weil ein Inneres hat ja jeder von uns.

    @Tobias Jeckenburger – ernsthaft? Ich bin entsetzt!
    Placebos statt Medis – das wär doch Betrug!
    Da wäre meine Befürchtung, dass dann alles wie ein Nocebo wirkt, wenn keiner mehr weiß, wodrin jetzt noch Wirkstoffe sind – und wo nicht.

    Und ich glaube eigentlich, dass, bei Homöopathie, nicht das Mittel, sondern die Aufmerksamkeit des Arztes wirkt – von daher sehe ich keine wirkliche Möglichkeit, zu sparen. Außer dadurch, dass die Leute früh genug für sich sorgen und nicht ewig warten, weil sie den Ärzten sowieso nicht mehr trauen…

  12. @Viktualia 15.08. 15:41

    „Placebos statt Medis – das wär doch Betrug!“

    Nicht wenn es drauf steht. Und dann direkt daneben wie wirksam es auch ohne spezielle Inhaltsstoffe hilft, also z.B. „hilft gegen Husten bei 30% der Patienten“. Man kann doch Studien machen, das wird ja sowieso bei der Zulassung von Wirkstoffen gemacht. Das geht dann auch mit Placebos, die hinsichtlich besserer Wirksamkeit sogar in Farbe, Form und Geschmack optimiert werden können. Und das dann je nach Krankheit nochmal speziell optimiert.

    Ich sehe keinen Grund sowas nicht anzubieten, wenn es der Kunde nachfragt. Mit dem dicken Werbespruch: „Garantiert ohne schädliche Chemie“ drauf.

    Wie gesagt, Placebos wirken besser als gar keine Behandlung, aber nur wenn man diese Möglichkeit auch nutzt. Sonst wären es keine Placebos.

    „…sondern die Aufmerksamkeit des Arztes wirkt – von daher sehe ich keine wirkliche Möglichkeit, zu sparen.“

    Ja wenn das denn so hilft, und der Hausarzt zu sehr unter Zeitdruck steht, dann macht es doch Sinn, wenn es wenigstens ein Anderer macht. Ich denk aber mal, dass das noch mal eine Sache für sich ist. Sowohl Zuwendung als auch Symbolpillen oder Akupunkturnadeln sind durchaus in der Lage, eine Selbstheilung zu unterstützen. Alles drei wirkt psychologisch, aber es wirkt.

    Was der richtige Mediziner macht, das soll er ja nicht lassen. Das kommt hier sehr auf die jeweilige Krankheit an, was jetzt wie viel besser ist. Und auf den Placebos stehts dann ja auch drauf, bei welcher Krankheit es wie gut hilft, und das ist dann definitiv mit Studien belegt.

    „…weil sie den Ärzten sowieso nicht mehr trauen…“

    Man macht so seine Erfahrungen mit teurem Unsinn, der zuweilen von Ärzten vorgeschlagen wird. Das muss kein esoterisches Verschwörungsgeschwurbel sein, wenn man mit Ärzten vorsichtig ist. Wenn Medizin und Pharmaindustrie jedenfalls versucht, ihre Konkurrenz auch juristisch zu bekämpfen, dann trägt auch das nicht zum Vertrauen bei.

    • @Tobias Jeckenburger

      Mit dem dicken Werbespruch: „Garantiert ohne schädliche Chemie“ drauf.

      ______________________________________________
      Es fehlt die Information: Garantiert ohne Wirkung.

  13. Was ist Geld? Die Antwort eines studierten börsengeilen Betriebswirts war: „Der Blick auf’s Geld ist für mich wie klares Wasser“ und zu Steuern und Abgaben die Aussage: „Damit wird mir Teil meiner Lebenszeit gestohlen“.
    Typisch modern neoliberal diese Reduzierung aufs Ökonomische. Die Geldfunktion aber ist nicht nur eine scheinbare Erleichterung des Gütertausches und ein Spielchip zur Generierung eines „leistungslosen Einkommen“.

    Der Großteil unserer Gesellschaft ist blind dem gegenüber, das Geld auch eine zivilisierende, gesellschaftsverändernde Kraft ist. Einen Schlüssel liefert die Eigentumsökonomie von Gunnar Heinsohn, einen weiteren Peter Mersch mit der Feststellung “Die Zivilisation beginnt mit der Akzeptanz des Eigentum”. Oder noch intensiver wenn man versucht die „Radermachersche Urformel“ (meine Benennung) die da heißt „Geld = das verbriefte Recht auf die Ressourcen des anderen“. in seine Teilfaktoren aufzulösen,
    Dazu als Starthilfe beim Nachdenken ein Satz von Peter Sloterdijk:
    Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: Das gehört mir!, und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, ist der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft.“ „Demnach beginnt, was wir das ‚Wirtschaftsleben‘ nennen, mit der Fähigkeit, einen überzeugenden Zaun zu errichten und das eingehegte Terrain durch einen autoritativen Sprechakt unter die Verfügungsgewalt des Zaun-Herrn zu stellen. Der erste Nehmer ist der erste Unternehmer – der erste Bürger und der erste Dieb. Er wird unvermeidlich begleitet vom ersten Notar.

    Es ist also kein Wunder das bis heute die Wissenschaft keinen klaren Blick auf’s Geld hat.

    • Danke, @Rolf Kuntz. Ich lese auch Sloterdijk immer wieder, derzeit sein Prometheus-Feuer-Buch. Heinsohn wurde hier auf dem Blog sogar schon mehrfach (kritisch-konstruktiv) rezensiert.

      Das Bild vom „bürgerlichen“ Zaun setzt leider bereits Agrarwirtschaft und „Burg“ voraus. Es erklärt also gerade nicht, warum Geld – fließt. 💧🤷‍♂️🤔

      • Herr Blume
        der sinnbildliche Zaun ist (für mich) argrawirtschaftsfrei. Er steht lediglich symbolisch für Eigentum und wie Sloterdijk es schon süffisant auf den Punkt bringt, hat das Ureigentum eine nicht immer ganz legale Geburt. Es sei denn Sie glauben an die Märe gotgegebener exklusiver politischer Macht mit der Religion als als sinnbildlicher Advokat.
        Warum Geld fließt – das war nicht die primäre Frage – beantwortet zutreffend Heinsohn. (kettensägenschnittartige) Kurzfassung: Geld/Eigentum das unter der Matraze liegt ist so wertlos wie ein eingzäunter Acker der nicht bewirtschaftet wird und der Gefahr unterliegt zu verbuschen. Darum muß im Erhaltungsinteresse des Eigentums gewirtschaftet werden, wobei immer die Gefahr besteht – insbesondere bei GläubigerSchuldbeziehung – daß das Eigentum oder Teile des Eigentums verloren gehen. Darauß läßt sich der Zins ableiten mit all seinen weiteren Spezifitäten.Heinsohn hat dies auf den Nenner gebracht “Geld ist ein Derivat des Eigentums”.
        Darüber zu diskutieren ob Geld perse schlecht oder gut ist, ist vergleichbar mit dem Wunsch zurück ins Paradis, dort wo es keinerlei Motivation gibt irgendwiewas für die menschliche Entwicklung zu tun.

        Bin jetzt mit der Kettensäge durch.

        • Zaun bedeutet Garten. Guard, geschützter, da baulich genutzter Raum.
          Dieser Gartenzaun markiert das gemeinschaftliche Eigentum der Menschen gegenüber anderen Tieren.

          • …und gegenüber anderen Menschen, @Maisegen.

            Wir hatten es gerade in der aktuellen Podcast-Folge 4 zu Esoterik (auch in der Wirtschaftswissenschaft): Solange die Menschen mangels Kühlschränken & Co. gar keine großen Vorräte anlegen konnten, war gegenseitiges Teilen, ja Schenken (sog. Sharing) die beste Wirtschaftsform. Auch Menschen abschreckende Zäune setzen dagegen bereits Gedanken von gemeinschaftlichem oder gar individuellem Sondereigentum voraus.

            Waren-Tauschmärkte, die Wertzuschreibungen an Gold und Silber, Geld usw. kamen erst sehr, sehr viel später nach dem Sharing auf und werden bis heute etwa in Religionsgemeinschaften oder glücklichen Familien nicht exklusiv angewendet.

            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/blume-ince-4-esoterik-zwischen-ergaenzung-und-dualistischer-abzocke/

            Allen Dank für die regen und oft weiterführenden Diskussionen!

          • Herr Blume,
            da Sie ja nah dran sind, mal folgendes Beispiel:
            Die christliche Methode mit dem Klingelbeutel durch die Reihen zu gehen. Und mit voller Berechnung hängt unten ein Glöckchen dran das auch den Zauderer zur Räson bringt.
            Ist das jetzt freiwillig oder gesellschaftlicher Zwang?

            Im Sinne der Geldfunktion nach Prof. Radermacher “Geld = das verbriefte Recht auf die Ressourcen des anderen” ist das nach meinem Dafürhalten eine Variante des “verbrieften Rechts”. Waren-Tauschmärkte, Wertzuschreibungen an Gold…sorry das all sind Dinge die ich als Werkzeuge des Systems beschreiben würde. Aber der Kern der Geldfunktion wird damit nicht offen gelegt.
            Nehmen Sie mal die radermachersche Formel und betrachten die einzelnen Terms als Lokon und versuchen Sie mal die Fäden abzuwickeln. Hochinteressant!

          • Ja klar, @Rolf Kuntz – ich beschrieb ja in der Folge, wie die ersten Obolei-Münzen direkt aus antiken Opfermünzen in der heutigen Türkei entstanden sind, fast sieben Jahrhunderte vor Christus. Und auch die Wert-Zuweisungen an Gold und Silber erfolgten via Tempel und religiöser Mythologien. Religiöse Spenden bewerte ich im Grundsatz positiv, sofern sie dann auch lebensdienlich verwendet werden. Gegen die Vorstellung, mensch könne (oder müsse!) sich den Zugang zum Paradies gewissermaßen verkaufen, rebellierte m.E. der Protestantismus dagegen zu Recht. Auch andere, religiöse Traditionen kennen diese Konflikte, etwa zwischen den brahmanischen Opferkulten und der früh-buddhistischen Erlösungslehre.

            Geld ist mithin eine sehr nützliche Erfindung, sollte aber nicht zum Religionsersatz und schon gar nicht zur Basis von Verschwörungsmythen werden. Denn am Ende des Tages geht doch jede Wert-Zuschreibung immer “nur” von Menschen aus. Gold, Silber und Münzen, auch Papiergeld und BitCoins lassen sich weder essen noch trinken.

  14. @Geld/Fließen
    Das Wort “Garten” kommt von den Gerten, die ihn einzäunen.

    Mal davon ab, was das für den Gärtner bedeutet, bedeutet es für das Gemüse, dass es bis zur Ernte geschützt ist und nicht von z.B. Rehen gefressen wird. (Vielleicht war die Schlange im Paradies ja eine Schnecke?)

    Sprich, es “fließt” (also wächst) mehr Gemüse durch das Vorhandensein des Zauns, bzw. das Gemüse wird größer, es schwimmen mehr Stücke in der Suppe.

    @Michael Blume – Geld fließt nicht automatisch; der Punkt ist doch, dass es nur dann “gut” (also fruchtbar) sein kann, wenn es denn fließt.
    Aber bekanntlich scheißt der Teufel auf den größten Haufen – und damit ist nunmal kein Durchfall gemeint, sondern durchaus kompaktes Elend.

  15. Geld ist ein Fetisch, der Beziehungen von Menschen untereinander als Eigenschaften einer Sache widerspiegelt. Daher kann auch alles zu Geld gemacht werden, im doppelten Wortsinn: Gegen Geld gehandelt werden oder, wie z.B. Gold, Zigaretten oder Bitcoins, als Geld verwendet werden.

    Nachzulesen bei Karl Marx.

    Da Geld anders eine Ware normalerweise nur Tauschwert und keinen Gebrauchswert hat, hat der bekannte Spruch “Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann” mehr analytische Tiefe als man zunächst meint.

    Jetzt kann man noch darüber nachdenken, warum Gott und Geld Konkurrenten sind, oder zu sein scheinen, warum man also nicht Gott und dem Mammon dienen kann (Mt 6,24). Darauf lassen sich verschiedene Antworten geben, klügere und dümmere.

  16. @Geld –
    Geld ist ein Fetisch, der Beziehungen von Menschen untereinander als Eigenschaften einer Sache widerspiegelt.

    Marx kannte sich mit Magie aus? Ich bin erstaunt.
    “Fetisch” ist ja ein Begriff aus diesem Formenkreis; ein (Kult)Gegenstand, dem Macht innewohnt; bzw. mit dem manipuliert, Macht ausgeübt werden kann.

    “Magie” ist, dass dies wirkt, weil da nicht nur die Eigenschaften der Dinge sind, sondern auch unsere Eigenschaft, ein Streben nach diesen Dingen zu haben. Die Beziehungen, die wir zu den Dingen haben, bzw. aufnehmen können, sind manipulierbar.

    Und mit einem Fetisch sind sie noch leichter zu manipulieren; so funktionieren z.B. teure Autos oder Uhren als Statussymbole: sie symbolisieren die Macht des Geldes – die Eigenschaften des Besitzers werden mit denen des Autos/der Uhr aufgewertet.

    Womit wir auch wieder bei Marx wären, wenn die Beziehungen untereinander nicht an den menschlichen Eigenschaften, sondern Besitztümen gemessen werden.

    Was die Macht des Fetischs stärkt und die der Individuen schmälert -> Magie.

    warum Gott und Geld Konkurrenten sind,
    Wie Magie und Mystik.

  17. An meine Antworter Blume, Viktualia und Kuhn.
    Die Fragestellung „was ist Geld“ wird meist mit tiefschürfenden Sätzen der Stammtischebene beantworten. Alkoholfrei eine Spur intellektueller in der Beschreibung des Geldumgangszwangs, welcher unweigerlich mehr Fragen als Antworten aufwirft.
    Kommt man dabei dem Gedanken näher das Geld als zivilisiertes Medium der unmittelbaren Befehlsgewalt weit überlegen ist, dann erst befindet man sich auf der richtigen Pfadspur, eine die weit in die Vergangenheit weist.

    Aber keine dieser Beschreibungen macht den Kern des Geldes sichtbar. Gunnar Heinsohn hat, ähnlich wie Isaac Newton den Grundstein für die klassische Mechanik legte, den Eigentumsbegriff an die primäre Geldendstehungstelle gerückt. Jeder Tauschprozess oder Kreditgenerierung setzt Eigentum voraus.
    Heinsohn sagt „Geld ist ein Derivat des Eigentums“. Die Frage was Eigentum ist, ist bei Heinsohn stiefmütterlich behandelt. Wogegen Prof. Radermacher – Er ist schließlich Mathematiker – diese Begrifflichkeit in einer Art von Formel feinjustiert definiert „Geld = das verbriefte Recht auf die Ressourcen des anderen“.
    Klar, Eigentum ist eine Ressource, aber Jugend, Leistungsfähigkeit, Bildung und die Zeugung durch elitäres Spermas sind ebenso Ressourcen. Darauf zielt Radermacher hin. Interessant ist es dabei die gesellschaftlichen Spielregeln ins Auge zu nehmen. Peter Mersch hat dies in seiner „Systemischen Evolutionstheorie“ getan und sagt. „Die Akzeptanz des Eigentums ist der Beginn der Zivilisation“. Das klingt erstmals abgehoben und vor langer Zeit. Aber wie wäre es mit einem Theorierlebnis?

    Sonntag, der 21. August 2022 und endlich halbwegs gedämpfte Tagestemperaturen um etwas unternehmen zu können und ich nahm mir den „hole Fels“ im Achtal vor.
    Den „hohle Fels” betritt man durch ein Gittertor. Man gelangt in einen Vorraum in dem rechts und links erklärende Schaukästen stehen.
    https://www.lochstein.de/hoehlen/D/sw/mischwa/blautal/hohler/hohler.htm

    Nach Höhlensichtung auf dem Weg hinaus, ich schaute mir noch die Schaukästen an, da bemerkte ich den Typen von der Kasse mit dem ich vor Eintritt ein anregendes Gespräch hatte, wie er einem Freund die Dinge hier erklärte. Und wie es der Zufall wollte, stießen wir genau auf der Höhe des Schaukasten mit der “Venus vom hohle Fels“ und “der Urflöte” aufeinander.

    Thematisch wird dort auf das Thema hingeleitet, daß der Neandertaler als Frühmensch durch den anatomisch modernen Menschen abgelöst wurde, welcher Kunst und Kultur mitbrachte. Dieser neuen Zeitabschnitt, benannt Aurignacien und begann vor etwa 40.000 Jahren mit dem Auftreten des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) in Europa. Die ersten Spuren davon sind ausgerechnet hier bei uns um Ulm herum zu finden.

    Aber zurück zu den beiden jungen Männern, deren Gespräch ich im groben mithörte. Es reizte mich, vor diesen historischen Argumenten und Fragmenten mit meiner Theorie dazwischen zu gehen und so sprach ich die Beiden an:

    Nach meiner Auffassung gehört der Zusammenhang dieser beiden Relikte anders interpretiert. Das Auftreten in Verbindung mit Kunst ist doch nur eine Feststellung, aber die primäre Fragestellung müßte heißen: wie ist der Homo sapiens zum Künstler geworden?

    Evolution, da denken wir zu erst an Darwin und dessen Kernsatz, der da lautet “Survial of the Fittest” was vereinfacht übersetzt heißt “der Stärkere oder Bestangepasste siegt”. Mit Blick auf den Neandertaler und dem Homo sapiens ist doch eigentlich der Stärkere schnell identifiziert….. hingegen es siegte der “Bestangepasste”.
    Die „Systemische Evolutionstheorie“ liefert dafür eine überraschende Antwort. Diese Theorie sagt: Die Akzeptanz des Besitzrechtes bezeichnet den Beginn der Zivilisation und beruht auf der “Gefallen-wollen-Kommunikation”.

    Dazu ein Beispiel. Rotkäppchen ist im Wald unterwegs und trägt ein Körbchen voll mit Beeren. Da kommt ein Räuber und entwendet Rotkäppchen den Korb. Die systemische Evolutionstheorie bezeichnet einen solchen Vorgang als “dominante Kommunikation”, wogegen ein Wandersmann, der dem Rotkäppchen 10 € für den Korb anbietet, also das Besitzrecht akzeptiert, als “Gefallen-wollen-Kommunikation” bezeichnet wird.

    Übersetzt heißt das für mich, in der Welt des Neandertalers herrschte die “dominante Kommunikation”, beim modernen Menschen die Akzeptanz des Besitzes und damit die “Gefallen-wollen-Kommunikation”.

    Welche Besitzrechte gab es bei steinzeitlichen Nomaden?

    Fast keine, aber eines ragte heraus und gibt es noch heute!
    Ich habe meinen beiden schweigenden Gesprächspartner etwas Denkzeit gegeben. Es fiel ihnen dazu allerdings nicht ein.

    Das Verfügungsrecht der Weibchen über Ihren eigenen Körper!
    Aus Sicht eines Mannes war der weibliche Körper die begehrlichste Ressource. Der Neandertaler hat dies Problem mit der dominanten Kommunikation gelöst. Dabei mußte er nicht kreativ nachdenken.

    Der Homo sapiens, unser Vorfahre, mußte sich was einfallen lassen, um gegen die Konkurrenz auftrumpfen zu können. Zu allen Zeiten, so auch heute, werden die unsinnigsten und/oder aufwendigsten Aktionen erdacht, um seiner Göttin die eigene Attraktivität “Survial of the Fittest” zu belegen. Sie war für ein Flötenspiel empfänglicher als für phantasielose Kraft und das Aus für den Neandertaler.

    Das Einfallen-lassen-müssen ist der Startschuß dessen was wir hier als Kunst und Kultur präsentiert sehen. Es ist der Anfang von Allem. Was “moderne Anatomie” damit zu tun haben könnte, erschließt sich mir nicht.

    In Anbetracht der korrespondierenden Ausstellungsobjekte verschlug es den Beiden die Sprache. Aber die Blicke zeigten, das diese Theorie einen Eindruck hinterlassen hat und mit Sicherheit diskutiert wird.

    Ob ich mit meiner spontanen Übersetzung der „Systematischen Evolutionstheorie“ ins Schwarze getroffen habe sei mal dahingestellt. Das Beispiel aber führt zum elementaren Verständnis von Ressource und Eigentum aus dem sich das Geld entwickelte. Notwendigerweise dazu die Befehlsgewalten zum Schutz des Eigentums und Grundlage der menschlichen Gesellschaftsform.

    Ich kenne auch noch andere Beispiele welchen diesen Duktus belegen, möchte aber hier nicht noch länger zitieren.

  18. @Kuhn 16.08. 21:23

    „warum man also nicht Gott und dem Mammon dienen kann (Mt 6,24)„

    Mir ist unklar, wer Gott ist, und wie man ihm wirklich dienen kann. Einfacher ist die Alternative zwischen Gemeinwohl und Mitweltverantwortung versus privatem Profit zu beurteilen. Derweil es aber auch interessant ist, nicht sein eigenes Streben schlichtweg auch im egoistischem Sinne zu verschwenden.

    Was nützt es mir wirklich, mich ein Leben lang abzuplagen, und das dann nur für Statussymbole, die mir eigentlich nur mit manipulativer Werbung schmackhaft gemacht wurden. Ohne dass ich den Unsinn wirklich brauche.

    So verschwende ich ganz konkret meine eigentlich kostbare Zeit, anstatt mich mehr mit Natur und Erkenntnis zu beschäftigen, und mich so zu bewegen, dass weder Mitwelt noch Mitmenschen darunter leiden. Hier können konkrete Beziehungen wachsen, zwischen uns und dem Kosmos. Das hat viel mehr Substanz, als ein Leistungswettrennen mitzumachen, das schon länger zu nichts mehr führt.

    Technische Herausforderungen anzugehen kann gut, oder nicht so gut sein, je nach dem wozu das dann benutzt wird. Wieviel Sinn Innovationen haben, kommt auf den Einzelfall an. Das eine entspricht einer Mitweltverantwortung, das andere setzt der Verschwendung noch eins drauf.

    • @ Tobias Jeckenburger:

      “Mir ist unklar, wer Gott ist, und wie man ihm wirklich dienen kann.”

      Max Weber hatte damit weniger Probleme, für ihn war der Kapitalismus mit seinem Streben nach Geld eine Art Gottesdienst, “innerweltliche Askese”.

      • Eine nur kleine, religionswissenschaftliche Korrektur, @Joseph Kuhn: Max Weber leitete dieses „protestantische Arbeitsethos“ aus dem Calvinismus, einer Schweizer Strömung der Reformation, her – nicht allgemein aus dem Gottesglauben.

        Studien etwa zur Entwicklung verschieden konfessioneller Kreise in Preußen zeigten jedoch, dass sich weniger konkrete Theologien als vielmehr die schnelle, protestantisch gebotene Alphabetisierung („Bildung“) und die folgende, oft sehr strenge Systematisierung des Lebens auf das Arbeitsethos auswirkt(e). Auch weltweit zeigte (und zeigt) sich diese Dynamik.

        • @ Michael Blume:

          Ja, der Calvinismus kam ihm u.a. durch die Prädestinationslehre entgegen. Der Erfolg beim Gelderwerb zeigt an, ob man auf Gottes Gnade hoffen darf.

          Man muss dem nicht folgen. Heinz Steinert beispielsweise meint ja, Webers Ableitung des Geistes des Kapitalismus aus der protestantischen Ethik sei nur eine Anhäufung von Irrtümern und Fehlschlüssen.

          Mir gefällt die Nähe von Geld und Gott. Ich habe vor vielen Jahren, als Otmar Issing noch einfacher Professor war, bei ihm mal Geldtheorie gehört. Seitdem bin ich überzeugt davon, dass Geld nur funktioniert, wenn man daran glaubt und dass Leute wie Issing eine Art rationale Theologie verkünden, auch wenn sie das weit von sich weisen würden.

  19. @Kuntz 19.08. 17:28

    „Aus Sicht eines Mannes war der weibliche Körper die begehrlichste Ressource. Der Neandertaler hat dies Problem mit der dominanten Kommunikation gelöst.“

    Ja gibt es denn überhaupt Belege dafür, dass bei den Neandertalern nicht auch Damenwahl üblich war? Und die Frau nicht selber entschieden hat, auf wen sie Lust hat?

    In jedem Fall war in den meisten Jäger- und Sammlerkulturen des anatomisch modernen Menschen Damenwahl relevant. Öfter gab es eine lebenslängliche Eheverpflichtung, öfter aber nicht mal das.

    Mit dem Aufkommen des Ackerbaus wurde Besitz erst wirklich maßgeblich. Und entsprechend vermögende Männchen attraktiv, weil sie was zu bieten hatten. Damit einher ging dann aber auch, dass es der Frau untersagt wurde, sich auch nach Lust mit anderen zu paaren.

    In modernen Zeiten sieht es wieder anders aus. Auch Männer mit wenig Geld kommen wieder in Frage, weil entsprechender Wohlstand herrscht, und man eben keinen reichen Partner braucht, um die Kinder durchzukriegen. Das geht inzwischen sogar ganz ohne Partner, entsprechend ist man nicht mehr in der Ehe aneinander gekettet, und kann sich nach Lust und Laune auch neue Partner nehmen.

    Wobei es früher durchaus unangenehm sein konnte, mit einem Mann Sex zu haben, den man nur des Geldes wegen geheiratet hat, ohne wirklich Lust auf ihn zu haben. Und auch eine gescheiterte Ehe dennoch lebenslänglich durchzuziehen, war für die Frau u.U. sehr unangenehm. Vergewaltigung innerhalb der Ehe war entsprechend auch erlaubt oder sogar geboten.

    Einen Fortschritt der Zivilisation muss der Ackerbau nicht in jeder Hinsicht gebracht haben. Durchgesetzt hat er sich durch die höheren Landwirtschaftlichen Erträge, der Umgang mit Frauen war wohl eher ein Kollateralschaden. Inzwischen wurde in modernen demokratischen Gesellschaftsformen auch die sexuellen Vorschriften gelockert oder sogar aufgehoben. Zivilisation geht offenbar sogar viel besser ohne ein Eigentumsrecht an Frauen.

    Beschert hat uns das allerdings auch einen Rückgang der Geburtenzahlen. Der jetzt wiederum aber auch vorübergehend überaus positiv zu bewerten ist. Angesichts moderner Überbevölkerung und verschwenderischer Lebensweise wäre ein Zusammenbruch der ganzen Zivilisation ohne den aktuellen Bevölkerungsrückgang in dem meisten Regionen kaum noch abzuwenden.

    Wenn wir in ein oder zwei Generationen genug geschrumpft sind, dann kann hier wohl auch der Staat maßgeblich helfen, wenn er halt Eltern wirklich großzügig unterstützt. Immerhin ist die Erziehungsleistung auch ein Dienst an der Gesellschaft, wenn man dies entsprechend honoriert, dann werden wir uns auch wieder für mehr Kinder entscheiden. Noch können wir aber erstmal noch mal Einiges schrumpfen, so wird es umso einfacher, mit den Grenzen des Planeten zurechtzukommen.

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