Verschwörungsfragen 23 – Blut für Öl – Das Unternehmen Wüste und die Rentierstaatstheorie

Leserinnen und Leser dieses Blogs, der Salonkolumnisten und von “Islam in der Krise” werden die Rentierstaatstheorie bereits kennen. Doch in der 23. Folge von Verschwörungsfragen stellte ich sie auch auf dem Podcast vor.

Sie finden auch diese Verschwörungsfragen-Folge wieder auf podigee sowie via Spotify, Deezer, iTunes und YouTube.

Eine pdf-Textversion der Folge finden Sie zum Download wie immer hier – und im Folgenden als Fließtext:

In meiner Schulzeit gab es den Aufruf zu einer großen Demonstration gegen einen weiteren Golfkrieg unter dem Motto „Kein Blut für Öl“. Ich gehörte zu der Gruppe, die sich schwer damit tat, gemeinsam mit Leuten die USA anzuprangern, die ihrerseits stolz ihre benzingetriebenen Mofas und Autos vor dem McDonalds vorführten. Wir diskutierten: Bevor wir uns über andere moralisch erheben, müssten wir dann nicht auch unser eigenes Verhalten reflektieren? Und wie aufgeklärt war es eigentlich, Partei für das Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein zu ergreifen, der sein eigenes Volk mit Terror und Giftgas überzogen und den Iran und später Kuwait angegriffen hatte?

Erst viele Jahre später erfuhr ich vom „Unternehmen Wüste“, mit dem das wankende, deutsche Reich bei uns in Württemberg und Hohenzollern versucht hatte, Mineralöl aus Ölschiefer der Schwäbischen Alb zu pressen. Dazu legte die SS mehrere KZ-Außenstellen wie Bisingen, Erzingen und Dautmergen an, in denen über 10.000 Gefangene zum Arbeitseinsatz interniert waren. Der jüdische Häftling Klot Hirsch aus Wilna beschrieb Dautmergen als – Zitat – „Todesfabrik, eine richtige Hölle.“ – Zitat Ende –

Am Ende dieses wahnhaften und buchstäblich menschenverachtenden „Unternehmens Wüste“ waren mindestens 3450 Menschen ermordet worden, um 1.500 Tonnen minderwertiges Mineralöl zu produzieren. Ich kann mich nicht erinnern, dass dieser Aspekt von „Blut für Öl“ in den 1990er Jahren bei uns Thema etwa der Heimatgeschichte gewesen wäre. Dass es bei der Gewinnung dieses Rohstoffes um viel Geld und wenig Moral ging, erfuhr man allenfalls aus der US-Serie „Denver Clan“. Und ich fürchte, viele werden auch heute zum ersten Mal vom NS-„Unternehmen Wüste“ hören.

Denn tatsächlich zieht sich die Blutspur von Erdöl und Erdgas bis in unsere heutige Zeit. Arabische, aber auch afrikanische und südamerikanische Regime von Saudi-Arabien über den Sudan bis Venezuela rüsteten sich mit Ölmilliarden und vor allem westlichen Waffen gegen ihre eigenen Völker und gegeneinander auf. Mehrere Kriegszüge, aber auch antiwestliche OPEC-Ölboykotte richteten sich gegen Israel und seine Verbündeten. Historiker schätzen, dass die kommunistische Sowjetunion ihren Niedergang noch um zwei Jahrzehnte hinauszögern konnte, weil wir – der Westen – deren Öl und Gas einkauften. Klar, dass auch gleich nach dem Zerfall des roten Imperiums bizarre Öldiktaturen wie Turkmenistan und Aserbaidschan entstanden und neben bereits bestehende Ölregime wie Algerien, Libyen, Irak und Iran traten.

Nicht nur US-amerikanische, sondern auch europäische und deutsche Firmen verdienten an Importen von Öl und Gas sowie an Exporten von Waffen und Luxusgütern prächtig. Nahezu alle Länder des Mittelmeeres unterstützen in wechselnden Bündnissen Kriegsparteien in Libyen, um sich Zugriffe auf Öl- und Gaswege zu sichern.

Und auch heute noch beklagt unsere Bundesrepublik voll aufrechter, moralischer Empörung die russisch-iranischen Kriegszüge und Verbrechen etwa in Syrien und den Terror der Hisbollah im Libanon, während wir gleichzeitig gemeinsam mit Russland die Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee ziehen und nach Geschäftsmöglichkeiten mit dem Iran suchen. Die US-Regierung wendet sich wiederum voller moralischer Empörung gegen diese Projekte und fordert, dass wir mehr Öl und Gas aus den USA beziehen sollten.

Als ich für das Land Baden-Württemberg im Irak-Einsatz war, glaubte – zu Recht – kaum ein Mensch, dass es irgendeiner Kriegspartei um Frieden, Entwicklung und Menschenrechte ging. Kaum jemand wunderte sich, dass der vermeintliche „Islamkritiker“ Donald Trump mit dem saudi-arabischen Regime einen Schwertertanz aufführte. Obwohl die Führungsriege von Al-Qaida vor allem aus Saudi-Arabern bestand, hatte und hat dieses Land aufgrund seines Ölreichtums kaum Sanktionen zu befürchten. Die wechselnden Allianzen zwischen syrischen, irakischen, türkischen und kurdischen Akteuren rund um den sogenannten „Islamischen Staat“ wurden gerade auch von den einfachen Menschen als Manöver um die Ölfelder bei Mossul und Kirkuk sowie um Transport- und Schmuggelwege gedeutet. Die furchtbaren politischen, wirtschaftlichen, aber auch kulturellen, psychologischen und religiösen Folgen von Ölförderung und Ölhandel konnte ich mit eigenen Augen sehen. Und ein gebildeter, demokratisch gesinnter, irakisch-kurdischer Freund fragte mich damals ins Gesicht: „Michael, du bist doch Wissenschaftler. Wenn du behauptest, der blutige Niedergang dieser Region ist keine Verschwörung, dann biete doch eine bessere Erklärung!“

Und es gibt diese bessere Erklärung wirklich – und zwar seit Jahrzehnten. Auf meinem Wissenschaftsblog, in meinem Buch „Islam in der Krise“ und in unzähligen Vorträgen und Gastbeiträgen zum Beispiel bei den Salonkolumnisten habe ich wieder und wieder darum gebeten, was ich jetzt auch via Podcast tue: Wenn Sie in Ihrem ganzen Leben nur eine einzige, politikwissenschaftliche Theorie kennenlernen wollen, dann bitte ich Sie, geben Sie der Rentierstaatstheorie diese Chance.

Rentierstaatstheorie, Darstellung in "Islam in der Krise"Darstellung der Rentierstaatstheorie aus “Islam in der Krise”, Grafik: Michael Blume

Diese wird zwar so geschrieben, hat aber nichts mit Rentieren zu tun. Stattdessen steckt in ihr das Wort der „Rente“, das wir heute vor allem als Altersversorgung kennen. In der Ökonomie werden „Renten“ meist als Einkommen bezeichnet, für die die Empfänger nicht oder nicht mehr selbst arbeiten müssen. So lebte beispielsweise der bedeutende Theologe Charles Darwin (1809 – 1882) vom Erbe seines Vaters und seiner Frau und war damit ein „Rentier“. Dies gab ihm die Zeit, die wegweisende Evolutionstheorie zu entdecken und auszuarbeiten.

Doch auf der Ebene von Staaten wirken sich Renteneinkommen negativ aus. Wenn eine Regierung gar nicht mehr auf die Steuern der eigenen Bevölkerung angewiesen ist, sondern ihre Einnahmen zum Beispiel durch Tributzahlungen, Zölle, Drogen, Diamanten, vor allem aber Rohstoffe, Öl und Gas bezieht, dann werden immer wieder drei Sachen passieren.

  1. Die Wirtschaft wird sich zum Schlechteren verändern, weil viel Geld plötzlich nicht mehr mit Produktion und Innovation zu verdienen ist. So stürzten selbst noch die Niederlande nach großen Gasfunden in eine Wirtschaftskrise mit steigenden Preisen, auseinander fallenden Löhnen und sinkender Produktion. Am Ende der sog. „holländischen Krankheit“ musste unser Nachbarland sogar Käse importieren und brauchte lange, um seine wirtschaftliche Balance und Entwicklung wieder zu finden.
  2. Die Machthaber werden einen Teil der Renteneinnahmen einsetzen, um an der Macht und damit an den Milliardenquellen zu bleiben. Knapp gesagt werden Rentierstaatsregime stärker in Unterdrückung und Waffen investieren, gesunde Demokratien dagegen in Bildung und Entwicklung. Weil sie das erkannt haben, haben norwegische Wissenschaftlerinnen und Demokraten gerade noch rechtzeitig durchgesetzt, dass die gesamten Rohstoffeinnahmen des nordeuropäischen Landes in einen Fonds fließen, der „nicht“ allein von der jeweils amtierenden Regierung kontrolliert wird.

  3. Um die Unzufriedenheit im eigenen Land zu ersticken, werden Rentierstaatsregime Opposition und Medien wahlweise einkaufen oder brutal unterdrücken. Sie werden von Venezuela über den Sudan bis zum Iran und Brunei Verschwörungsmythen, Antisemitismus, Rassismus und Homophobie verbreiten, um zu begründen, warum Gewalt und Folter unverzichtbar wären und demokratische Verhältnisse leider, leider ganz unmöglich wären. Im Zweifel werden solche Regime lieber Hunderttausende eigener Bürgerinnen und Bürger ermorden und vertreiben, als ihre Öl- und Gaseinnahmen mit ihnen zu teilen.

Hier wird auch der Unterschied zu anderen fossilen Rohstoffen wie Kohle sichtbar, den leider auch moderne Autoren wie Ian Morris ausblenden. Die Kohleförderung konnte nicht nur durch wenige hochbezahlte Experten gestemmt werden, sondern benötigte große Mengen an Facharbeitern. Aus den Kohlekumpeln, Stahl- und Fabrikarbeitern entstanden so Kerne der Arbeiterbewegungen, die zwar auch extreme Flügel ausbildeten, insgesamt aber die wichtige Sozialdemokratie hervorbrachten. Noch einmal: Die spätere Sowjetunion war weit mehr ein weiteres Öl- und Gasrentierimperium als eine Arbeitergesellschaft.

Was aber bedeutet all dies für uns?

Es bedeutet, dass es einerseits richtig ist, den Zusammenhang zwischen Blut, Öl und Gas deutlich zu machen. Es bedeutet aber auch, dass es überhaupt nicht hilft, wahlweise gegen die USA, Russland, den Islam oder gar gegen eine angebliche zionistische Rothschild-Weltverschwörung zu wettern.

Solange wir Öl und Gas verfeuern, finanzieren wir selbst autoritäre Regime, Terrorgruppen und wechselnde Koalitionen voller Waffen, Gewalt und Verschwörungsmythen. Dass wir zusätzlich auch noch Unmengen an CO2 in die Atmosphäre blasen und mit dem Klimawandel die Erde aufheizen, Wasserwege, Land- und Viehwirtschaft zerstören, trug zu den Kriegen in Syrien, im Irak, in Libyen, im Sudan und inzwischen auch Südsudan ganz konkret bei.

Der beste und schnellste Weg zur Reduzierung unserer Öl- und Gasabhängigkeit liegt dabei nicht im Verkehr, sondern in der Ernährung. Mit jedem Kilogramm Fleisch verschwenden wir mehrere Kilogramm Futtermittel, Wasser und vor allem Energie und Anbauflächen. Würde Europa seine Massentierhaltung zurückfahren und Landwirte stattdessen für die Produktion von Bioenergie und Biosprit verlässlich bezahlen, so wäre sehr viel gewonnen. Auch die neue Initiative der Bundesregierung für grünen Wasserstoff begrüße ich daher sehr.

Und ich habe Hoffnung: Gerade auch die jüngeren Generationen und Covid19 erinnern uns an die Bedeutung von Wissenschaft und Realität, wogegen sich manche Ältere & libertäre Antisemiten an überholte Rollen, Identitäten und Verschwörungsmythen klammern.

Nicht als vermeintlicher Gutmensch und Träumer, sondern als ehemaliger Soldat der Bundeswehr, als liberaler Christ und Demokrat mit einer Finanzausbildung vor dem Studium der Religions- und Politikwissenschaft, als verheirateter Vater von drei Kindern möchte ich daher auch selbsternannte Verteidiger der Werte und Vaterländer zum Realismus aufrufen: Die Weise, wie wir uns ernähren und bewegen ist kein „weiches“ oder gar lächerliches Thema, sondern entscheidet knallhart über Macht- und Geldfragen.

Wer sein Land wirklich liebt, wer Demokratie, Frieden, Menschenrechte und die Zukunft unserer Kinder verteidigen, Antisemitismus, Rassismus und Sexismus und auch die Gefahr weiterer Pandemien bekämpfen will, kann nicht mehr auf Massentierhaltung und Pipelines setzen, sondern auf die schnelle Dekarbonisierung und den entschlossenen Ausbau erneuerbarer Energien. Es ist schon viel zu viel Blut für Öl geflossen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Bitte bleiben Sie gesund.

Quellen:

Morris, Ian (2015/2020): Beute, Ernte, Öl. Wie Energiequellen Gesellschaften formen. Random House

Morris, Craig & Jungjohann, Arne (2016): Energy Democracy: Germany’s Energiewende to Renewables. Palgrave

Blume, Michael (2017): Islam in der Krise. Eine Weltreligion zwischen Radikalisierung und stillem Rückzug. Patmos

Zekorn, Andreas (2019): Todesfabrik KZ Dautmergen. Ein Konzentrationslager des Unternehmens „Wüste“ mit einem Epilog zu dem polnischen Schriftsteller und KZ-Häftling Tadeusz Borowski. Landeszentrale für politische Bildung (LpB) Baden-Württemberg

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

59 Kommentare

  1. “Ich gehörte zu der Gruppe, die sich schwer damit tat, gemeinsam mit Leuten die USA anzuprangern, die ihrerseits stolz ihre benzingetriebenen Mofas und Autos vor dem McDonalds vorführten”

    Ganz richtig. Dann schon lieber Krieg, als mit den falschen Leuten dagegen zu demonstrieren. Deshalb ist die Friedensbewegung bei uns auch so stark.

    • Ja, @Peter Müller – wir wissen ja inzwischen, dass Sie den USA & den Juden den militärischen Sieg über Adolf Hitler und dessen „Herrenrasse“ nicht verzeihen können. Entsprechend größere Sympathien hegen Sie für Diktatoren wie Putin und eben Saddam Hussein. Schon klar…

      Wie Sie ggf. gelesen oder gehört haben, bin ich kein Pazifist. M.E. kann und muss man Tyrannen notfalls auch bewaffnet bezwingen. Aber klüger ist es, Diktaturen die wirtschaftlichen, politischen und psychologischen Grundlagen zu entziehen. Und am Klügsten ist es, sie gar nicht erst entstehen zu lassen und durch den Kauf fossiler Rohstoffe auch noch zu finanzieren.

      Mit freundlichen Grüßen!

  2. Nun beim Thema “grüner Wasserstoff” gibt es die Idee, diesen aus Nprdafrika zu “importieren”. Haben wir dann nicht dasselbe Problem wie im Falle von Öl oder Gas?

    Gruß
    Rudi Knoth

    • Ja, @Rudi Knoth – zumindest bestünde die Gefahr neuer Abhängigkeiten und Staatsrenten. Auch deswegen halte ich Energieeinsparungen (etwa durch die Reduktion von Massentierhaltung) sowie die stärkere Produktion erneuerbarer Energien im Inland für den besten Weg.

      • Für mich ist die Frage offen, ob auch grüner Wasserstoff tatsächlich Staatsrenten bedeutet. Es ist unklar, wie viele Facharbeiter man tatsächlich braucht, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Die Erfahrungen mit den Erneuerbaren hier scheint mir darauf hinzudeuten, dass dort durchaus Bedarf an Fachkräften zur Installation und Wartung besteht. Dann könnte sich dies eher wie bei der Kohle entwickeln.
        Zusätzlich bringt es politischen Sprengstoff, wenn Staaten wie Saudi-Arabien keine Zukunft im Öl sehen. Dann ist die Frage, welche Alternativen sich für den Staat auftun. Ich denke man sollte hier durchaus ehrliche Signale senden, dass man an grünem Wasserstoff interessiert wäre und diesen abnehmen würde. Der Aufbau der Infrastruktur wird auf jeden Fall eine Menge gebildeter Menschen vor Ort benötigen und hat damit auch politisches Potential.

        Das heißt natürlich nicht, dass man die inländische Produktion vernachlässigen sollte, aber die Herausforderung ist enorm, wenn man sich klar macht, dass im Moment 70% der Energie importiert wird. Insbesondere die kurzfristige Reduzierung der Emissionen ist auf inländische Energieversorgung angewiesen. Die langfristige Dekarbonisierung der problematischen Bereiche wie etwa Stahlproduktion oder Teile des Verkehrs kann aber durch Importe einfacher werden, je nach Entwicklung der Technologien. Diese Tür sollten wir deswegen meiner Meinung nach, jetzt schon anfangen zu öffnen, da die Entwicklung langfristig ist.

        Daneben bietet die Zusammenarbeit im Handel mit grünen Energierträgern durchaus auch Chance, wenn es darum geht den Wandel zu niedrigen Emissionen global zu bewerkstelligen. Aber diese Chancen sind langfristig und ersetzen natürlich keine lokalen, sofortigen Handlungen.

        • Vielen Dank für den konstruktiven Kommentar, @libertador!

          Tatsächlich ist m.E. keine verfügbare Technologie der Energieproduktion ganz ohne schädliche Nebenwirkungen, so dass m.E. Energieeinsparungen etwa durch den Verzicht auf Massentierhaltung prioritär wären. Dann aber wird es auch auf ein kluges Design von Energiemixen gehen.

  3. Eine alte Streitfrage, ob es besser ist, mit fragwürdigen Regimen auch Geschäfte zu machen (Wandel durch Annäherung), oder ob Boykott eher richtig wäre.
    Die Rechtslastigkeit eines Verwandten des Boykottgedankens- der Idee der Autarkie- läßt mich eher an Vorsicht mit Boykotten denken.
    Allerdings gibt es da auch Grenzen, mit Bombenpolitik das “ausgleichen”, was vorher die Ölgeschäfte verbockt haben, ist auf Dauer nicht akzeptabel.
    “Wer sein Land liebt (oder zumindest nicht haßt, Anm.des Kommentierenden)…Menschenrechte…Rassismus und Sexismus”
    Dem stimme ich zu, aber gerade deshalb bin ich nicht der Einzige, den es auf die(den) Palme(r) bringt, wenn diese Dinge immer nur auf der rechten Seite verortet werden. Idenditätspolitik und aufgeklärter Patriotismus, das schließt sich gegenseitig kategorisch aus.

  4. Die Analyse ist zutreffend, nicht aber das Heilmittel. Bioenergie ist zu flächenintensiv und zu teuer. Priorität sollte es haben, größere Teile des Energiebedarfs mit preiswerter Solarenergie zu decken.
    Es gibt gute Gründe für weniger fleischliche und tierische Ernährung, aber die Erzeugung von zusätzlichem Biogas zählt nicht dazu.

    Übrigens kann die Umstellung am effizientesten mit höheren CO2-Preisen erreicht werden, die aber so hoch sein müssen, dass tatsächlich fossile Energien eingespart werden und nicht nur Kohle durch Erdgas ersetzt wird. Das schadet dann auch den Öldiktaturen, bzw. hilft ihren Ländern.

  5. @Photovoltaik

    Bei den Wirkungsgraden von Photovoltaik von 10 bis 20% bräuchten wir vergleichsweise keine nennenswerten Flächen im Vergleich zur Biogasnutzung. 1 bis 2% der Landesfläche in Deutschland wäre absolut ausreichend. Wenn man da die Paneele mit landwirtschaftlicher Nutzung kombiniert ist das gut, aber relativ unwichtig.

    Die Paneele rund ums Mittelmeer verstärkt aufzustellen macht aber sehr viel Sinn, weil dort bis zu 3 mal mehr Sonne zu ernten ist als etwa in Norddeutschland, und das bei den selben Investitionen.

    Es klingt irgendwie paradox, dass man die Rentierstaaten auch mit Photovoltaik ungünstig weiter fördern würde. Die Profitquote wäre aber wohl deutlich kleiner, als bei Öl und Gasimporten. Der Abnahmepreis für Energie aus der Sahara wäre wohl vergleichsweise recht niedrig, weil entsprechende Stromleitungen nach Europa richtig teuer wären, und eine Umwandlung in Wasserstoff hat auch entsprechende Verluste, dass dabei nicht so viel Profit mit zu machen wäre.

    Die Aufstellung und die Pflege der Paneele würde auch einiges an Arbeit für die örtliche Bevölkerung mit sich bringen.

    Unterm Strich wäre der Renteneffekt im Vergleich zu den heutigen Profiten mit Öl und Gas aber deutlich kleiner. Wenn wir unabhängig von den Renteneffekten gute Außen- und Entwicklungspolitik machen würden, dann meine ich, dass wir eine Chance haben, dass sich das politische Klima in den betroffenen Ländern nachhaltig bessern kann.

    So oder so, macht es sehr viel Sinn erstmal die bei uns installierte PV-Leistung zu verfünffachen, bevor wir anfangen, Stromleitungen Richtung Mittelmeer zu verlegen und in großem Stil Wasserstoff aus den regenerativen Überschüssen herzustellen. Und auch die Windenergie lässt sich noch verdoppeln, wenn wir im Binnenland noch überall zubauen, wo geeignete Standorte frei sind.

    Von Biogas aus Resten und Abfällen halte ich viel, aber extra Mais anzubauen um daraus Biogas zu machen ist nur eine gute Idee, wenn man damit kurzfristige Landwirtschaftliche Überschüsse loswerden will. Rein umweltmäßig halte ich es für deutlich günstiger, die Flächen dann besser Aufzuforsten oder in für den Inlandtourismus attraktive Gegenden zu verwandeln. Das würde pro Hektar vermutlich deutlich mehr CO2 einsparen, und sähe dabei auch noch besser aus.

      • Ich glaube Trump wird den senilen Hampelmann Biden mit Leichtigkeit schlagen. Aber wie Sie schon sagen, wir werden sehen. Eine Glaskugel hab ich leider auch nicht.

        • Setze auch auf Amtsverlust. Trump hat in der Coronakrise die USA unvorstellbar vor die Wand gesetzt. 60.000 Neuinfizierte täglich, mit steigender Tendenz, von denen 600 sterben werden (auf die BRD heruntergerechnet wären das 13.000 bei real ca. 600). Potentiell könnten über zwei Millionen US-Amerikaner an Covid-19 sterben. Das macht insbesondere den Weissen Alten Männern Todesangst. Und ohne sie wird es nicht reichen.

          Ausführlich habe ich das entfaltet im Adrenochrom-Thread (ja, der ist immer noch aktiv, und wo sich Spinner und Paradiesvögel tummeln, ist ein Alubehüteter gerne dabei 😉).

  6. Wenn man gegen den Krieg im Irak demonstriert hat, so hatt man sich noch lange nicht auf die Seite der Regierung des Irak gestellt.

    Man hat sich vor allem gegen einen unberechtigten völkerrechtswidrigen militärischen Angriff gestellt, der mit Lügen begründet wurde.
    So hat man den Nahen Osten nur weiter destabilisert und deutlich mehr Leid erzeugt als verhindert.

    Das hat erstmal mit unserer Rolle bei der Finanzierung von Diktaturen etc. nichts zu tun, u.a. ist das der Regierung der USA ja offensichtlich auch völlig egal.

    Wollten wir gegen unsere Ausbeutung anderer Länder vorgehen, müssten wir uns von unserem Wirtschaftssytem trennen .. ein Kapitalismus mit ständigem Wachstum funktioniert ohne Ausbeutung u.ä. nicht; von den prinzipiellen Grenzen der Rohstoffe mal abgesehen.

    • Lieber @einer,

      gerade auch das Regime von Saddam Hussein wurde durch Ölexporte und auch deutsche Importe massiv finanziert. Und es gab auch keine vergleichbaren Demonstrationen gegen seine Giftgasangriffe gegen die Kurden sowie gegen seine völkerrechtswidrigen Angriffe auf den Iran und Kuwait.

      Wer all das – und mithin auch seine eigenen “Anteile” an dieser Diktatur – ausblenden und lieber allgemein über einen unterbestimmten “Kapitalismus” schwurbeln möchte, hat es halt mit Wissenschaft schwer. Nicht „der Kapitalismus“, sondern Sie und ich als Menschen agieren, kaufen, konsumieren… Und Naturgesetze – etwa zur Energieverschwendung durch Massentierhaltung – gelten auch unabhängig von Ideologien. 🙂

      Ihnen alles Gute, bleiben Sie gerne erkenntnisoffen – selbst gegenüber Staaten und Völkern, die Sie nicht mögen! 🙂

      • Und weil unser Staat bzw. mittelbar ich selbst Sadams Regime mitfinanziert hat, soll ich nicht gegen einen völkerrechtswidrigen Krieg demonstrieren?

        Weil einer was Böses tut, darf es der andere auch?

        D.h. konsequent zu Ende gedacht, man darf gegen nichts demonstrieren?
        Denn u.U. trägt man ja unfreiwillig selber etwas dazu bei, auch wenn man vielleicht gar keine Möglichkeit hat dieses zu vermeiden?

        Sehr merkwürdig diese Sicht.

        • Das ist ein Strohmann, @einer – nirgendwo habe ich behauptet, dass niemand demonstrieren soll. Unser damaliges Gefühl war und heutiges Plädoyer ist, das eigene Verhalten – auf wissenschaftlicher Grundlage – zu reflektieren, bevor man demonstriert. Auch mit dem Benziner zur Kein-Blut-für-Öl-Demo fahren und sich danach einen Fleischburger gönnen ist überhaupt nicht verboten – aber erkennbar geheuchelt. It‘s your choice, every day.

          Psychologisch geht es letztlich wieder darum, ob wir dualistisch das Böse nur auf Andere projizieren, oder auch uns selbst hinterfragen. Wer wirklich Frieden erreichen will, gibt sich nicht mit plumpen Gut-Böse-Dualismus und Verschwörungsgeschwurbel zufrieden, sondern setzt auf Wissenschaft und Änderungen auch des eigenen Verhaltens.

          • Durch welches eigene Verhalten habe ich denn den Angriff der USA auf den Irak provoziert? Auch wenn ich (unwissentlich) Sadams Regime mit ermöglicht habe, hat das doch mit dem Kriegsgrund nichts zu tun. Die USA haben den Irak doch nicht wegen Sadams Menschrechtsverletzungen angegriffen.

            Auch haben Sie impliziert, dass eine Demonstration gegen den Angriffskrieg der USA einen automatisch auf die Seite von Sadam stellen würde.
            Das ist nicht so, man kann gegen den Angriff sein ohne Sadams handeln irgendwie gut zu finden. Das eine hat mit dem andere nichts zu tun.

            Die USA haben einen Krieg gestartet und ihn mit Lügen begründet – auch ihren Verbündeten gegenüber, allein dagegen kann man guten Gewissens demonstrieren, auch wenn Deutschland Waffen produziert und Sadam ein Verbrecher war.
            Und man kann auch dagegen demonstrieren wenn man die USA mag, auch das hat damit nichts zu tun.

            Eine Demonstration gegen einen Krieg, den die USA gestartet haben, ist noch lange kein Antiamerikanismus.
            (davon gab es gerade damals sicher mehr als genug)

            Genausowenig projiziert man alles Böse auf Andere, wenn man auf ein Fehlverhalten aufmerksam macht (ergo demonstriert).

            Das wirkt auf mich ein wenig nach “Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein (auf sie). “

          • Sorry, dass ich Ihr Feindbild hinterfrage, @einer – aber der Angriff des Irak z.B. auf den Iran sowie der Einsatz von Giftgas haben Sie nicht gestört? Waren das keine Verstöße gegen Völker- und Menschenrechte?

            Sie können gerne auch noch nachträglich für diktatorische Regime Partei ergreifen und sich dabei gerecht fühlen, so oft Sie wollen. Wir sind ein freies Land. Aber Sie müssen genau deswegen halt auch damit leben, dass sich einige nicht vorführen lassen und Sie auch nach dem eigenen „Friedens“-Verhalten fragen.

            Schon wegen der Operation Anfal hatte Saddam Hussein m.E. seinen Sturz verdient. Besser wäre es freilich gewesen, (auch) diesen Diktator erst gar nicht zu finanzieren und auszurüsten…

          • Auch mit dem Benziner zur Kein-Blut-für-Öl-Demo fahren und sich danach einen Fleischburger gönnen ist überhaupt nicht verboten – aber erkennbar geheuchelt. It‘s your choice, every day.

            Mit diesem Argument hat man Greta Thunberg verhöhnt, als sie ein Foto postete, wo sie im Zug dinierte aus Plastik-Einweggeschirr. Stellte sich heraus: Und die beigelegte Banane stammte auch nicht aus regionalem Anbau in Südschweden. Rezos Zerstörungsvideo wurde widerlegt, als sie auf Facebook jahrealte Fotos fanden vom Tauchurlaub aus den Malediven. Wird er wohl auch nicht hingesegelt sein.

            Ich verstehe Ihr Argument, Herr Blume; es nötigt um so mehr Respekt ab, als Sie versuchen, danach zu leben. Aber ich muß nicht erst ein heiligmäßes Leben führen, um das Recht zu haben, mich politisch zu äußern.

          • Das sehe ich ganz genauso, @Alubehüteter. In der Politik geht es nicht um Heiligkeit, sondern um Wirkung. Wissenschaft kann dazu beitragen, die je eigene Wirksamkeit zu erhöhen. Auch ganz unter jeder Heiligkeitsschwelle. 🤓✅🌈

          • Das ist wohl nicht eindeutig aufzudröseln, wird man sich immer wieder neu ansehen müssen.

            Auf der einen Seite die Heuchelei, das zum Volksmund gewordene Heine Wort

            Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
            Und predigten öffentlich Wasser

            Auf der anderen Seite das Gebot, nicht ad hominem zu argumentieren. Wer mit einer Deutschen Physik und einer Jüdischen Physik argumentiert, hat schon verloren.

          • So ist es, @Alubehüteter. Hinzu kommt, dass sich Internet-Agierende gerne hinter Pseudonymen verstecken und gerne auch auf Kosten öffentlich zugänglicher Personen provozieren. Manche/r hält es offensichtlich für ein erregendes Spiel, sprachliche Grenzen auszuloten – gerade auch in Bereichen des Antisemitismus und Rassismus.

            Hier halte ich tatsächlich Zurückweichen für das falsche Signal, sondern lade gerne auch proaktiv zu Nachdenken und Selbstreflektion ein. Umgekehrt bemühe ich mich auch, die vielen konstruktiven und tatsächlich interessierten Stimmen nicht nur hinzunehmen, sondern würdigend aufzugreifen. Welche Kultur sich im Internet und konkret auf Wissenschaftsblogs sich durchsetzt ist ja kein Naturgesetz, sondern wird durch uns alle mitgestaltet. Ich will nicht gleich das hohe Wort der “Verantwortungsgemeinschaft” beschwören, Sie alle aber doch aufrufen, sich mitgestaltend statt destruktiv einzubringen. Das Netz kann doch auch eine Chance für die persönliche Entwicklung sein.

          • @ Michael Blume

            aber der Angriff des Irak z.B. auf den Iran sowie der Einsatz von Giftgas haben Sie nicht gestört? Waren das keine Verstöße gegen Völker- und Menschenrechte?

            Wer hat Saddam eigentlich das Giftgas gegen die Kurden geliefert? 😉

            Aber das war ja auch nicht die Begruendung des Irak-Kriegs 2003. Die Begruendung war, dass Rumsfeld’s langjaehriger buddy boy Saddam am 11ten September beteiligt war und mit neuen Massenvernichtungswaffen die USA bedrohe. (es sagt einiges ueber die Dummheit der Masse aus, sich von einem “shithole country” ohne Luftwaffe bedroht zu fuehlen)

          • Vielen Dank, @Lars – da sind wir beide tatsächlich mal einer Meinung!

            1. Auch deutsche Firmen haben das Saddam-Regime beliefert und am Öl-Geld kräftig verdient. Das macht antiamerikanische Töne von deutschen Ölverbrauchern m.E. noch unglaubwürdiger. „Blut für Öl“ war und ist auch Made in Germany.

            2. Die Begründungen für die miteinander verbundene Reihe der Golfkriege samt der wechselnden Allianzen dazu lassen sich sehr viel besser über die Öl-Rentierstaatstheorie als über die öffentlichen Verlautbarungen erschließen. Es gab weder die Massenvernichtungswaffen, noch griff Saddam den Iran, Kuwait und die Kurden sowie Schiiten aus humanitären Gründen an… 🤦‍♂️
            Wenn sich das mehr herumsprechen und zum Denken anregen würde – dann hätte sich auch diese Podcast-Folge sehr gelohnt!

            In diesem Sinne vielen Dank!

  7. Hallo Herr Blume,
    ich habe den Eindruck , dass sie wie die Quantenphysiker nach einer Weltformel suchen, also den Welle-Teilchen Dualismus in der Gesellschaft der Menschheit. Bei all den ,was sie beschreiben, versuche ich noch hinter den Dingen zu schauen und erkenne das Spiel von Macht /Machtinteressen und Geld (Profit). B. Brecht: “Zuerst kommt das Fressen und dann die Moral”. So ist Deutschland einer der größten Rüstungsproduzenten , verdient damit also Milliarden, empört sich aber über Putin, Trump etc. die dieses Spiel der Doppelmoral viel besser beherrschen. Die Welt wird geprägt von reinen Machtinteressen, die auf wirtschaftliche Interessen basieren. So wird Putin den Konflikt in Syrien incl. der damit verbundenen Flüchtlingswelle, weiterhin aktivieren, da er damit die westlichen Demokratien, die im Prinzip machtlos sind, schleichend demontieren . Auch Trump hat diese Machtlosigkeit erkannt und setzt auf “Amerika first”, sprich auf die Profitmaximierung amerikanischer Konzerne. Es geht also primär um wirtschaftliche Interessen, neue Märkte, Profitmaximierung – um eine neue Form des Imperialismus . Europa mit seiner Vorstellung von Demokratie könnte da ein Auslaufmodell sein.

    • Lieber @Querdenker,

      wissenschaftliches Suchen und Erkennen bezieht sich ja immer auf – empirisch überprüf- und also falsifizierbare! – Strukturen hinter den Phänomenen. Und, klar, das versuche ich auch als Religions- und Politikwissenschaftler.

      Die Demokratie ist die Staatsform, die dies nicht nur am Besten ermöglicht, sondern auch öffentliche Debatten darüber begrüßt – wie wir beide sie gerade führen. Auch deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass unsere Demokratie sich zwar weiterentwickeln muss – wie jedes Regierungssystem -, aber keinesfalls “ein Auslaufmodell” ist. Autoritäre Staatsformen wie zum Beispiel Öl-Rentierstaaten würden das wissenschaftliche Aufzeigen solcher Strukturen unterdrücken.

      Ihnen Dank für Ihr Interesse, Wissenschaft hat viel zu bieten!

  8. Lieber Michael Blume,

    ich musste schmunzeln, als Sie Charles Darwin einen “bedeutenden Theologen” nannten; und zwar nicht deswegen, weil er ein bedeutender Biologe war, sondern, weil es ganz klar eine Theologie vor und nach der “evolutionären Wende” gibt. Am deutlichsten erkennbar in anti-darwinistischen Konzepten wie dem Kreationismus. Außerdem stimme ich Richard Dawkins darin zu, dass es keinen überzeugenden Atheismus ohne Evolutionstheorie gäbe. Dass Dawkins früher mal ein wichtiger Evolutionsbiologe gewesen war, bevor er sich leider einer Art “atheistischen Theologie” zuwandte, spricht genau genommen dafür, dass er damit recht hat.

    • Vielen Dank, @Martin Marheinecke – Ihr Interesse freut mich sehr. Allerdings haben Sie mich an dieser Stelle wohl tatsächlich falsch verstanden: Charles Darwin WAR studierter Theologe, er hat nie einen anderen Studienabschluss erworben. Dazu – und zu seinen faszinierenden Forschungen zu Religion & Evolution – habe ich vor Jahren einmal eine Darwin-Biografie bei Herder geschrieben:
      https://www.herder.de/theologie-pastoral-shop/evolution-und-gottesfrage-ebook-(epub)/c-37/p-5755/

      Ihnen Dank für Ihr Interesse, bleiben Sie dran!

      • Als ausgesprochenem “Fan” dieses bemerkenswerten Forschers war mir allerdings bekannt, dass Charles Darwin studierter Theologe war, und nie Biologie studiert hatte. Wie viele Enthusiasten neige ich dazu, mir gut bekannte Tatsachen für “allgemein bekannt” zu halten. Jedenfalls ging ich davon aus, dass aus hinter Ihrer Feststellung einfach mehr stecken müsse.
        Es stimmt zweifelsohne, dass die Theologie nach der “2. kopernikanischen Wende” nicht mehr diesselbe sein konnte, wie vorher. Das gilt naturgemäß auch für den Atheismus, insofern ihm ein “quasi religiöses” System zugrunde liegt.

  9. Sorry, dass ich Ihr Feindbild hinterfrage, @einer – aber der Angriff des Irak z.B. auf den Iran sowie der Einsatz von Giftgas haben Sie nicht gestört? Waren das keine Verstöße gegen Völker- und Menschenrechte?

    Doch, aber wenn einer etwas Falsches macht, wird dasselbe für einen anderen nicht besser oder richtiger.

    Sie können gerne auch noch nachträglich für diktatorische Regime Partei ergreifen und sich dabei gerecht fühlen, so oft Sie wollen. Wir sind ein freies Land. Aber Sie müssen genau deswegen halt auch damit leben, dass sich einige nicht vorführen lassen und Sie auch nach dem eigenen „Friedens“-Verhalten fragen.

    Ich ergreife keine Partei für ein diktatorisches Regime.

    Schon wegen der Operation Anfal hatte Saddam Hussein m.E. seinen Sturz verdient. Besser wäre es freilich gewesen, (auch) diesen Diktator erst gar nicht zu finanzieren und auszurüsten…

    Sicher, aber das waren ja nicht die Gründe für den Angriff.
    Sonst hätten sich die USA vielleicht auch Gedanken über das Machtvakuum gemacht, dass dort hinterlassen wurde.

    • Ja, @einer – erst will Ihnen einer die Abneigung gegen Juden ausreden, jetzt auch noch gegen die USA… 🤷‍♂️

      Vielleicht besser so?

      Sie hatten immer absolut Recht, @einer. Sie brauchen Wissenschaft eigentlich gar nicht, denn Sie konnten schon immer Gut und Böse ohne Zweifel unterscheiden. Und auch wenn Sie jedermann & -frau kritisieren und (nur) gegen Demokratien demonstrieren dürfen, so sollte es doch niemand wagen, Ihnen zu widersprechen.

      So besser? 😉🤓🌈

  10. @ Michael Blume

    Würde Europa seine Massentierhaltung zurückfahren und Landwirte stattdessen für die Produktion von Bioenergie und Biosprit verlässlich bezahlen, so wäre sehr viel gewonnen.

    Bitte nicht. Es gibt keine schlechtere erneuerbare Energie als “Bio”sprit. Der Platzbedarf für Biosprit pro erzeugter Energieeinheit ist rund 2 Größenordnungen größer als der für Photovoltaik oder Windkraft. Ausnahmslos jedes Feld mit Energiepflanzen ist schlicht ökologischer Irrsinn.

    • @Tim

      Ich bin da unideologisch und begrüße jeden Schritt zu mehr & besseren erneuerbaren Energien.

      Die Mär, dass diese oder jene Biotechnologie aber „Irrsinn“ sei und keinesfalls gefördert werden dürfe, höre ich nun seit Jahrzehnten. Und zwar v.a. von Leuten, die mit jedem Kilo Fleisch 🍖 aus Massentierhaltung selbst Unmengen an Energie, Wasser, Land verschwenden.

      Was halten Sie von diesem Post meines Blognachbarn Lars Jäger?
      https://scilogs.spektrum.de/beobachtungen-der-wissenschaft/folge-dem-geld-die-maer-von-der-unbezahlbarkeit-regenerativer-energien/

      Mit Dank für Ihr Interesse und herzlichen Grüßen!

      • Das Umweltbundesamt führt ein paar der Probleme von Biomasse als Energieträger auf:
        https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/bioenergie#bioenergie-ein-weites-und-komplexes-feld-

        Da sind zu nenne:
        – Konkurrenzsituation der genutzten Flächen zur Nahrungsmittelproduktion.
        – durch Verdrängungseffekte gesteigerte Konkurrenz mit Flächen des Ökosystems (iLUC Effekt)
        – fruchtbare Flächen sind selten und andere alternative Energien sind ein vielfaches effizienter als Energie aus Biomasse, daher kann Anbaubiomasse nur einen sehr kleinen Beitrag leisten

        Die Bioenergie stellt derzeit den mengenmäßig größten Anteil unter den erneuerbaren Energien in Deutschland zur Verfügung. Somit stellt sich die Frage, ob die Energiewende ohne einen Ausbau der Bioenergie auf Basis von Anbaubiomasse möglich ist.

        Für den Strombereich haben wir in der Studie „Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen“ gezeigt, dass eine regenerative Stromversorgung ohne Bioenergie im Jahr 2050 möglich ist.

        usw.

        vermutlich habe ich wieder was falsch gemacht mit diesem Beitrag …

        • Nö, @einer – alles gut. Sie sind kein Opfer böser Mächte, auch hier nicht.

          Dass eine Reduktion des Fleischverbrauches direkt Unmengen Futtermittel, Energie, Wasser etc. einsparen UND Flächen auch für die Erzeugung erneuerbarer Energien freimachen würde, setze ich jetzt einfach mal als bekannt voraus. 🤷‍♂️🖖

    • Das entspricht meinem Kenntnisstand, der Flächenbedarf für Energiepflanzen ist zu groß, und noch mehr Monokulturen z. B. mit Raps sind ökologische in mehrfacher Hinsicht weitaus problematischer als Photovoltaik, Solarthermie und auch Windturbinen.
      Warum nicht das Eine wie das Andere lassen? Massentierhaltung und Pflanzenproduktion in grossen Monokulturen für den Tank statt den Teller sind gleichermaßen aus energie-ökonomischer wie ökologischer Sicht unverantwortlich. Damit will ich nichts gegen die bessere Nutzung vorhandener Biomasse sagen, ebensowenig übrigens gegen extensive Tierhaltung, ohne die eine ökologisch orientierte Landwirtschaft nur schlecht funktioniert.

      Obwohl ich durchaus ein Fan der Brennstoffzelle bin, halte ich kurz- und mittelfristig das Konzept “grüner Wasserstoff” für wenig sinnvoll. Allenfalls als Speichermedium für “überschüssigen” Wind- oder Solarstrom halte ich die Wasserstoffherstellung mitteln Elektrolyse für sinnvoll, denn die Wandlungsverluste sind erheblich. Bei aller Faszination, die die Wasserstoffnutzung hat – die leistungsfähigsten Raketentriebwerke arbeiten mit Wasserstoff, und Brennstoffzellen sind wohl die einzige praktikable Möglichkeit, Flugzeuge elektrisch zu betreiben – pragmatisch gesehen sind bis auf weiteres batterieelektrische Fahrzeuge und wo möglich Oberleitungen /Stromschienen die wirtschaftlicheren Lösungen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!

  11. Wow. Die Reihe „Verschwörungsmythen“ ist endlich angelangt bei der Folge mit der aufgeladenen Zahl 23. Und zu diesem bedeutenden Anlaß hat Blume zum Thema – Keinen Verschwörungsmythos. Sondern ein Antidot, das zeigen kann, daß die Realität nicht minder faszinierend sein kann.

    Auch ein cooler move. 🤗

  12. @ Michael Blume

    Die Frage ist ganz einfach: Wieviel Watt kann ich im Durchschnitt pro Quadratmeter erzeugen? Heutige Energiepflanzen liegen so weit zurück, dass sich ihr Einsatz in keiner Weise rechtfertigen lässt. Und das hat wirklich nichts mit Leuten zu tun, die Fleisch essen. Ich frage mich, wie man ernsthaft auf einen solchen Zusammenhang kommen kann. 🙂

    Es ist möglich und eine meiner großen Hoffnungen, dass wir mittels synthetischer Biologie eines Tages Pflanzenhaben, die in punkto Flächeneffizienz mit Photovoltaik und Windkraft einigermaßen mithalten können. Aber das ist noch ein sehr weiter Weg.

    Biosprit ist heute ausnahmslos Flächenvernichtung mit all ihren bekannten Schadfolgen. Jedes Feld mit Energiepflanzen ist ein direkter Angriff auf die Artenvielfalt.

    • Ach, @Tim – mit jedem Kilo Fleisch werden mehrere Kilo Futtermittel und damit Unmengen an Energie, Wasser, Landfläche verbraucht – vom Tierleid ganz zu schweigen.

      Wenn Ihnen dieser Zusammenhang – filmisch zum Beispiel in „Cowspiracy“ aufgearbeitet – nicht zugänglich ist, verliert Ihre Klage gegenüber „Energiepflanzen“ an Glaubwürdigkeit. Ganz abgesehen davon, dass ich mich auf die Zusammensetzung erneuerbarer Energien bewusst gar nicht festgelegt habe, um nicht vom Eigentlichen abzulenken…

      • @ Michael Blume

        Diese Diskussionskultur ist einfach nur albern. Ich habe hier an keiner Stelle eine Lanze für das Fleischessen o.ä. gebrochen, sondern einfach nur einen schlechten Vorschlag kritisiert.

        Ein Zusammenhang sei mir “nicht zugänglich”? Meine Klage “verliert darum an Glaubwürdigkeit”? Blödsinn.

        • Lieber @Tim,

          erst austeilen und dann über „die Diskussionskultur“ jammern wirkt nicht überzeugend.

          In dieser Podcast-Folge ging es um die vielfachen Schäden durch Ölförderung und die Energieverschwendung durch Massentierhaltung und Verbrennungsmotoren. Sie schossen sich dagegen auf einen von mir gar nicht gewichteten Nebenaspekt („Biosprit“) ein und höhnten auf meine freundliche Antwort auch noch, Zitat:

          „ Und das hat wirklich nichts mit Leuten zu tun, die Fleisch essen. Ich frage mich, wie man ernsthaft auf einen solchen Zusammenhang kommen kann. :-)“ – Zitat Ende –

          Das Ablenken auf ein Nebenthema ist übrigens eine häufige, rhetorische Figur, um der ernsthaften Auseinandersetzung mit Hauptthesen auszuweichen.

          Tja, nun haben Sie es ja vielleicht doch noch verstanden. Und ggf. auch noch etwas über Diskussionskultur gelernt. 🙂

          Freundliche Grüße!

  13. @Fleisch essen und Rentierstaaten trotzdem nicht fördern

    Ich habe es zwischendurch einmal mit verschiedenen Sojaprodukten probiert, mit unbefriedigenden Ergebnissen. Aber deutlich weniger Fleisch funktioniert bei mir. Wenn wir jetzt tierfreundlichere Haltung praktizieren und binnen 20 Jahren nach und nach sowieso alle Produktion auf Bioanbau umstellen würden, dann würde auch die Qualität von Fleisch und Gemüse deutlich steigen. Wenn das alles wesentlich besser schmeckt, geht dann nochmal eine weitere Reduktion des Fleischkonsums.

    Wenn wir bis dahin Photovoltiak, Windenergie und Elektromobilität gut ausgebaut haben, wird es wohl keine nennenswerten Importe von Öl und Gas mehr geben, vielleicht noch 10% Erdgas. Energiepflanzenanbau brauchen wir hierfür nicht. Sollten wir doch Flächen übrig haben, z.B. weil viele Menschen kein Fleisch mehr essen wollen, würde ich sogar vorschlagen, diese lieber der Natur zurückzugeben, und hier keine Maismonokulturen anzulegen. Einfach noch ein paar Paneele mehr, die dann auch immer billiger werden, und das ist schon wieder ausgeglichen.

    Was ich mich hier aber doch auch frage, ist, ob denn das Diktaturenproblem mit dem Verschwinden von Rohstoffimporten denn wirklich lösbar wird.

    Wenn ich mir China angucke: Hier ist es einer Diktatur gelungen, aus eigener Kraft technisch aufzuholen und auf Augenhöhe technologisch mit uns mitzuhalten. Vermutlich, weil sich die Führung nicht vom Westen korrumpieren ließ, und der Größe wegen entsprechende Mittel in Forschung investieren konnte. Ohne die technische Kompetenz wäre die derzeitige wirtschaftliche Stärke Chinas nicht möglich gewesen.

    Ein wesentliches Element in den ganzen „3. Welt“ ist doch das Fehlen von Know-How und ein Mangel an Bildung. Das Problem löst man nicht mit Energieimporten, nicht ohne Energieimporte, nicht mit Wirtschaftssanktionen und auch nicht mit Bombardieren.

    Hoffnung macht mir, dass in Afrika und auch im Nahen Osten eine verlässliche Stromversorgung möglich wird und massentaugliches billiges Internet die Menschen dort in die Lage versetzt, sich nachhaltig zu bilden. Das wäre eine Basis dafür, dass dort immer mehr Güter im eigenen Land erzeugt werden können. Hier wäre Rechtssicherheit dann auch mit Erfolgsaussichten verbunden.

    Wenn die Einführung von Demokratie auf Arbeitslosenquoten von 50% trifft, dann hält das nur ein paar Monate. Und wenn man den neuen Diktator dann sanktioniert, dann hilft das wohl auch nicht viel.

    Wie wäre das denn, wenn man die angehende Bildungsentwicklung mal richtig fördern würde? Und unsere Firmen dazu bewegen könnte, ihre spezielles Knowhow und ihre Patente mit allen Menschen dieser Welt zu teilen?

    Dann könnte jedes Land selber herstellen, was es braucht. Und wir müssten auch nicht mehr so viel arbeiten, und könnten uns u.a. mit hinreichend Nachwuchs befassen. In der Schule habe ich noch gelernt, dass wir ein rohstoffarmes Land sind, und deshalb den anderen Ländern immer 2 Schritte voraus sein müssen, um überleben zu können. Nun, wenn wir keine Energieimporte mehr brauchen, und die anderen Rohstoffen wirklich nachhaltig wiederverwerten, wofür dann noch Autos in die ganze Welt liefern?

    Schicken wir denen einfach die Baupläne per Mail, dann sollen die sich ihren Mercedes selber bauen.

    Was die besondere Kritik an den USA betrifft, wenn die völkerrechtswidrige Kriege anzetteln: wir sind mit denen in der Nato, und hängen womöglich mit drin, wenn die auf unerwarteten Widerstand stoßen und die Sache ausufert. Wenn sich Russland und die Ukraine um die Amtssprache auf der Krim streiten, bis das gewaltsam ausufert, so haben wir hier wenigstens keinerlei Bündnisverpflichtungen.

    Klar ist das schlimm, wenn Menschen auf Menschen schießen. Noch viel schlimmer wäre aber, wenn wir uns da nicht raushalten können, und da ein ganzer Weltkrieg draus wird.

    • Vielen Dank für den konstruktiven und vielseitigen Kommentar, @Tobias Jeckenburger! Und, ja, ich würde auch nicht so weit gehen zu behaupten, dass die Rentierstaatstheorie alle Diktaturen herleiten kann. Diese politikwissenschaftliche These bezieht sich „nur“ auf die Folgen von externen Renteneinkünften und würde weitere Pfade zu autoritären Systemen nicht ausschließen.

  14. @Blume

    In einem Beitrag war davon die Rede, dass Dawkins früher mal ein wichtiger Evolutionsbiologe gewesen war, bevor er militant atheistisch wurde. Er baut auch auf die Evolutionstheorie auf.

    Dawkins ist aber auch überzeugter Verfechter der „Memtheorie“ (dass sich neben den Genen) auch so etwas ähnliches wie „Gedanken“, genauer „Meme“ vererben.

    Wenn Dawkins von mir frei interpretiert behauptet, dass „Information“ (auf Genen, Memen, Viren ….) in der Auswirkung wie eine riesige „Wasserwelle“ durchs Land treibt und auf so gut wie alle Lebensprozesse massive, vielfältige Prozesse steuernd Einfluss nimmt, dabei Lebewesen neu entstehen, ihr Verhalten gesteuert wird, die Lebewesen letztlich wieder „vergehen“, aber die „Informationswellen“ (auf die Nachkommen vererbte Gene und fürs Überleben wichtige Traditionen) existieren weiter.

    Es gibt nun einmal mit Menschen verknüpfte Informationen (Gene, Meme, …) die nach dem Tod eines Menschen weiter existieren, so wie Computersoftware nach der Verschrottung des Computer weiter existiert.

    „Seele“ ist letztlich so etwas wie der „Oberbegriff“ für diese besondere, genau den Tod überstehende „Informationen“ beim Menschen.

    Es gibt nun einmal auch die über Generationen „wandernde“ z.B. „genetische“ und „memetische“ Information, die vielfach verteilt im Generationennetzwerk „gespeichert“ ist und immer wieder aktiviert und auch modifiziert wird, was extrem wichtig für die Evolution war. Aber es gibt auch Information die verloren geht, die vermutlich eher für die Evolution bedeutungslos ist.

    Damit müsste Dawkins (als glühender Vertreter der Memtheorie) bei den Theologen eigentlich offene Türen einrennen, letztlich bestätigen, dass es so etwas wie eine nach dem biologische Ende weiter existierende „Seele“ (ein Bezeichner für diese besondere Art von weiter existierender Information) tatsächlich gibt. Abgesehen davon ist für manche Theologen „Gott“ genau dasjenige „Transzendente“ was die Existenz und Steuerung aller Lebewesen und der ganzen Welt bewirkt hat, also alle (Natur)Gesetze und alle Prozesse, genau so wie sie eben wirklich real existieren. (Wegen der Transzendenz kennt man halt nicht alle).

    Wie wäre aus Ihrer Sicht dieser enorme Widerspruch, dass für Atheisten keine Seele existiert, zu erklären?

  15. @Elektroniker 26.07. 17:50 Hinterlassenschaft

    „Es gibt nun einmal mit Menschen verknüpfte Informationen (Gene, Meme, …) die nach dem Tod eines Menschen weiter existieren, so wie Computersoftware nach der Verschrottung des Computer weiter existiert.“

    Außer Genen und Memen hinterlassen wir mehr: Immobilien, Vermögen, Treibhausgase in der Atmosphäre, abgeholzte Urwälder, ausgerottete Tierarten und ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen unseres Lebens.

    „„Seele“ ist letztlich so etwas wie der „Oberbegriff“ für diese besondere, genau den Tod überstehende „Informationen“ beim Menschen.“

    Ich denke mal, dass in der Theologie wie auch im Verständnis von im weitesten Sinne religiös Gläubigen mit Seele doch sehr konkreter das eigene Bewusstsein in der eigenen Erlebniswelt als irgendwie weiterbestehend erhofft wird.

    Wenn wir auch Geisteswesen sind, dann können wir zumindest teilweise als Teil des geistigen Kosmos weiterexistieren. Wenn wir mit unserer Seele unser Bewusstsein meinen, und dieses aus einer Synthese unseres lokalen Gehirns mit dem kosmischen Bewusstsein besteht, dann können wir hoffen, uns im kosmischen Geist wieder aufzulösen, wo wir auch hergekommen sind. Als Bewusstsein ein Teil der Welt zu sein, und das auch zu bleiben, das hätte was, meine ich.

    Zu glauben, dass wir aus den Gräbern wiederauferstehen, das halte ich auch für aussichtslos. Ein weiteres Leben der Psyche so wie sie ist in neuer Umgebung im Himmelreich, das halte ich nicht mal für erstrebenswert, weil das vermutlich sehr schnell sehr langweilig würde. Ein Kosmos, der so mit seinen Lebewesen umgeht und sie sozusagen auf Ewigkeiten anhäuft und sie in Himmelreichen abhängen lässt, wäre unvernünftig. Meine ich. Und in der Hölle geschmort werden, was meistens als Nebenrisiko dazu gehört, ist klar schon gar nicht attraktiv.

    Unterm Strich haben wir hier also Mythen, an die man besser nicht glauben sollte.

    Was mir noch zum Thema einfällt, ist, dass wir auch schlicht gelebte Vergangenheit hinterlassen. Die könnte auch dann weiterexistieren, wenn keiner mehr dran denkt. Ich halte es für möglich, dass gelebte Zeit ewig ein kann, weil alle Vergangenheit im Kosmos grundsätzlich erhalten bleibt. Das hat vielleicht wenig praktischen Wert, aber irgendwie doch ein Gefühl von wenigstens etwas Ewigkeit, auch des eigenen kleinen irdischen Lebens. So kann dann auch der letzte Urlaub auf Gran Canaria irgendwie in den Annalen des Universums erhalten bleiben.

  16. @ Tobias Jeckenburger 28.07.2020, 15:18 Uhr

    Sie haben in Ihrem Beitrag genau das Problem erkannt. Sie dürften das eigene individuelle Bewusstsein in so etwas wie ein „Welt-“ allenfalls sogar in ein „kosmisches“ Bewusstsein eingebunden sehen. Natürlich dürfte Ihnen auch klar sein, dass es dabei einen wichtigen Widerspruch gibt.

    Zitat: „Ich denke mal, dass in der Theologie wie auch im Verständnis von im weitesten Sinne religiös Gläubigen mit Seele doch sehr konkreter das eigene Bewusstsein in der eigenen Erlebniswelt als irgendwie weiterbestehend erhofft wird.“

    Es geht um das „eigene Bewusstsein“ und die eigene „Erlebniswelt“ und die ist natürlich abgegrenzt vom „globalen Bewusstsein“.

    Aus diesen nahe liegenden Gründen würde es den „Panpsychismus“ nicht geben, er ist sozusagen automatisch ausgeschlossen, er passt nicht in unser „Denksystem“.

    Es geht aber besonders darum, was einem der Sachverhalt einer „partiellen informellen“ Weiterexistenz nach dem Tod bedeutet. Es kann einem völlig egal sein, begeistern oder auch verblüffen, dass so etwas wie „Theologen“ vor tausenden Jahre diesen Sachverhalt zumindest erahnt haben und heutzutage selbst in Ehren ergraute Professoren diese Sachverhalte nicht durchblicken können.

    Wenn man aber versucht die Probleme um Empfindung, Wahrnehmung, Bewusstsein, im Zusammenhang mit dem „Panpsychismus“, die Denkprozesse rein sachlich „technisch“ zu sehen, so würde es eine Erklärung geben, allerdings gibt es schwere Probleme mit den „Begriffsdeklarationen“. Diese wiederum treten auf, weil man die wahren „technisch sachlichen Sachverhalte“ (noch) nicht (wirklich genau) kennt.

    Man könnte vermuten, dass es so etwas wie „Komponenten des Empfindungsphänomen“ gibt die Teile von systemischen Eigenschaft sind. Technisch gesehen, sollten Einflüsse auf die äußeren Elektronenbahnen von (Atomen/Molekülen) bei chemischen Verbindungen so etwas wie ein „Empfindungsphänomen“ entstehen lassen. Es entsteht sozusagen eine „dynamische Modulation der Elektronenbahnen“ mit zusätzlichen z.B. aus der Bahn geflogenen Elektronen, oder „Löchern“ (fehlende Elektronen), die sozusagen wie in der Technik üblich, übertragen oder ausgewertet werden kann. Dies scheint ein zweckmäßiger Ansatz um die Prozesse im Zusammenhang mit der Entstehung von Bewusstsein erklären zu können.

    Dieser o.a. Effekt (Empfindungsphänomen) kann immer auftreten, z.b. auch an der Oberfläche einer blauen Parkbank. Diese Parkbank hat aber selbst offenbar keine „Empfindungen“, weil sie kein neuronal elektrisches Auswertesystem hat. Diese modulierte Dynamik (auf der Parkbank) kann aber z.b. auftreffende „Lichtstrahlen modulieren“ und reflektieren, die (auf bestimmten „blau“ empfindlichen Zellen der Netzhaut sozusagen drahtlos übertragen werden), dort auf der Netzhaut zumindest ein ähnliches „Farbempfindungsphänomen“ auslösen, wie ursprünglich auf der blauen Parkbank. Nur im Gehirn ist es, anders als auf der Parkbank, in ein neuronales Auswertesystem eingebunden, die Farbe könnte tatsächlich real „empfunden“ werden. Wäre es „finster“ könnte die Information nicht übertragen und vom Beobachter nicht „empfunden“ werden. Die anderen Informationen (dass es eine Bank ist, sie im Park steht, Menschen drauf sitzen…) werden im Gehirn in anderen Bereichen ausgewertet.

    Selbstverständlich „hinterlassen“ wir weitaus mehr außer nur Gene und Meme. Wir „leben“ und „leiden“ allenfalls von (an) den Hinterlassenschaften. Besonders beachtlich sind die „informellen“ Hinterlassenschaften. Manche hinterlassen eben nur Teile ihrer Gene in ihre zahlreichen Nachkommen….

    Im weiteren Zusammenhang mit der Erzeugung dieser „Hinterlassenschaften“ entsteht, wie wir alle wissen, auch „viel Vergnügen“, was sehr motivierend sein kann. Motivierende Funktionen, noch dazu auf Empfindungsbasis, können höchst effizient sein. Kein Wunder, dass die „Gene“ gemeinsam im Verbund mit ihren „Kumpels den Memen“ auf die Produktion vieler „Hinterlassenschaften“ aus sind. Bei Menschen (vermutlich auch Tieren) „rotten“ sich demnach Gene und Meme zusammen um ihren Job zu machen, die Steuerung und Produktion von vielfältigen Hinterlassenschaften.

    Sogar die Corona Viren scheinen ganz wild darauf, sich ausgiebig zu verbreiten. Die Entzündungsprozesse scheinen den besonderen „panpsychistischen“ System, deren Teilkomponenten sich zu einem Wirkungs- und Reaktionsmechanismus „zusammengerottet“ haben, (wie beim Menschen), „orgiastisches“ Vergnügen zu bereiten….

    Die „Partymacher“ wollen durch ausnutzen psychischer Effekte „Kasse machen“, jetzt haben sie Konkurrenz durch die Coronavieren, die haben das gleiche „Geschäftsmodell“….

  17. Putin

    Werter Herr Blume, wie würden Sie im Zusammenhang mit der Rentierstaatstheorie eigentlich Putin einschätzen?

    Die vergangenen beiden Jahrzehnte waren ja die grossen Jahrzehnte der Schwellenländer. Allen voran China, aber auch Indien, Brasilien, die Türkei wiesen jährliche Wachstumsraten im zum Teil zweistelligen Bereich auf.

    Bis auf ausgerechnet Rußland. Das eigentlich aufgrund seines Reichtums an Bodenschätzen dazu prädestiniert gewesen wäre. Stattdessen hat Putin das Renteneintrittsalter erhöht für Frauen von 60, für Männer von 65 auf 66.

    Putin hält Rußland so auf dem Niveau einer Rentierstaatsdiktatur. Es herrschen oligarchische Großkonzerne wie Gazprom und Rozneft, während im Kapitalismus Großkonzerne radikal outgesourced haben: Ein VW-Golf wird nur noch zu 30% in Wolfsburg gebaut, den Rest liefern Zulieferbetriebe und wird in Wolfsburg nur noch zusammengebaut. Apple stellt selber überhaupt nichts mehr her.

    Ein Mittelstand aber wird von mehr Menschen gebildet, die auch noch unabhängiger denken. Erdogan ist bei den Bevölkerungsschichten am unbeliebtesten, die seiner Liberalisierung der Wirtschaft am meisten zu verdanken haben.

    Kann man Putin Absicht, oder muß man ihm blosse Unfähigkeit unterstellen? Wir rätseln da alle nur.

    • Ja, @Alubehüteter – ich sehe die Entwicklung von Russland unter Putin leider als sehr passend zur Rentierstaatstheorie. Wichtig daran ist ja gerade die Erkenntnis, dass auch mächtige Einzelpersonen in Rentierstaaten Erwartungen und Zwängen ausgesetzt sind – beispielsweise durch Funktuionäre, Oligarchen und Angehörige. Der anfangs noch durchaus liberal agierende und argumentierende Putin wurde dadurch auch sicherlich zu Veränderungen bewegt. Sogar im Hinblick auf EU-Geldempfänger wie Ungarn oder die Struktur der UNRWA ließen sich durch Politik- oder Wirtschaftswissenschaftlerinnen m.E. entsprechende Analysen vornehmen.

  18. @Elektroniker 29.07. 13:12 Bewusstsein

    „Es geht um das „eigene Bewusstsein“ und die eigene „Erlebniswelt“ und die ist natürlich abgegrenzt vom „globalen Bewusstsein“. „

    Ja, das sind ganz klar zwei verschiedene Sachen, die aber eine Verbindung zueinander haben können. Dann sind wir einerseits mit dem globalem Bewusstsein verbunden, und leben andererseits in einer Synthese, die maßgeblich vom eigenem Gehirn mitbestimmt wird.

    Demnach macht das Christliche Himmelreich keinen Sinn, weil man sein Gehirn dorthin verständlicherweise nicht mitnehmen kann. Aber eine gewisse Auflösung der eigenen geistigen Bewusstseinsanteile im kosmischen Bewusstsein nach dem Tod wäre doch denkbar.

    „Nur im Gehirn ist es, anders als auf der Parkbank, in ein neuronales Auswertesystem eingebunden, die Farbe könnte tatsächlich real „empfunden“ werden.“

    Wie das alles auf der Ebene der Nervenzellen funktioniert ist wohl noch komplett unbekannt. Aber von mehr Erforschung des Konnektoms zunächst mal von Mäusen verspreche ich mir Möglichkeiten, dass wir uns selber doch irgendwann mal anfangen zu verstehen.

    „Die „Partymacher“ wollen durch ausnutzen psychischer Effekte „Kasse machen“, jetzt haben sie Konkurrenz durch die Coronavieren, die haben das gleiche „Geschäftsmodell“….“

    Nun gut, Fressen und Gefressen werden. Jetzt muss man aber unterscheiden: Viren sehen keinen Sinn in ihrem Leben, das sind doch tatsächlich nur molekulare Mechanismen, die sich einfach nur vermehren, wie sie können. Bei Menschen ist das komplizierter: auch wir vermehren uns tendenziell, sehen aber als Sinn für unser Leben oft ganz andere Sachen. Öfter ist das Kinderkriegen ein Lustunfall, die Kinderaufzucht ein Klotz am Bein und die wirklichen Interessen ganz woanders. Wobei manch einer auch tatsächlich wirklich Kinder haben will, und da wiederum sogar einen wesentlichen Sinn darin sieht.

    Was jetzt wirklich vernünftig ist, ist eine echt schwierige Frage, finde ich. Die mechanischen Tendenzen unserer Biologie sind das eine, der Sinn, den wir uns im persönlichem Lebenskampf selber geben, was ganz anderes. Den Bestand der Bevölkerung in etwa zu halten wäre ein gutes Argument, zumindest für den menschlichen Verstand. Und wenn die eine Familie nur ein Kind bekommt, und die andere dann aber gleich drei, würde die Summe ja passen.

  19. @ Tobias Jeckenburger 30.07.2020, 00:50 Uhr

    Zitat: „Demnach macht das Christliche Himmelreich keinen Sinn, weil man sein Gehirn dorthin verständlicherweise nicht mitnehmen kann. Aber eine gewisse Auflösung der eigenen geistigen Bewusstseinsanteile im kosmischen Bewusstsein nach dem Tod wäre doch denkbar.“

    Weil man seinen Körper „nicht mitnehmen“ kann, so könnte man es natürlich sehen. Andererseits ist der Körper so gegen das Lebensende hin, oft in einem eher desolaten Zustand und man will ihn gar nicht mehr „mitnehmen“. Beim Computer kann man zumindest wichtige Software weiter nutzen, die existiert weiter und kann jederzeit aktiviert werden, wenn sie vorher gesichert wurde. Bei Menschen bleibt sozusagen „Software“ im Netzwerk der Menschen (Nachkommen) gespeichert, existent und aktiv.

    Was sich auf der chemischen Ebene „abspielt“ (auch im Bereich der äußersten Elektronenhüllen) weiß man eigentlich recht gut. Nur dass genau dabei das „Empfindungsphänomen“ auftreten könnte, eine Vermutung die mir (als „Desperado“) so ganz locker über die Lippen kommt, derartiges würde ein seriöser Wissenschaftler nicht einmal zu denken wagen. Philosophen würde „in der Kiste“ anfangen zu rotieren, falls es sich annähernd so verhalten würde.

    Uns hat vor vielen Jahrzehnten, ich glaube es war ein Chemielehrer (und begeisterter Goggomobilfahrer), die Nase so richtig in diesen Sachverhalt „eingetaucht“ und gleichzeitig betont, dass man derartiges niemals glauben dürfte, sonst landet man in der Psychiatrie. Ich vermute, er verwendete die Strategie, etwas zu „dementieren“, um erst recht auf die Sache aufmerksam zu machen.

    Der Gag mit den „Partymachern“ soll darauf hinweisen, dass der „Panpsychismus“ konsequent angewendet, bedeuten würde, dass die in verschiedenen „körperlichen Komponenten“ ablaufenden Signal-Reaktionsketten nicht nur in der Tier und Menschenwelt z.B. die Prozesse der „Selbsterhaltung“ fördern, sondern früher auch schon in der Mikrobenwelt bedeutsam gewesen sein dürften.

    Reize des „Reaktions(Sexual)partners“, müssen nicht unbedingt in einem komplexen neuronalen System ausgewertet werden, die Strukturen könnten einfach bestens zusammenpassen (Schlüssel – Schlossprinzip), interagieren und chemische Stoffe Katalysatoren, Pheromone, Hormone könnten dies zusätzlich fördern und auch besondere verstärkende Rückkoppelungen bewirken, so dass die Prozesse sehr „heftig“ ablaufen können.

    Neuronale Systeme können die Wirkungen auf größere Entfernung übertragen, allenfalls verstärken und über größere Bereiche hinweg wirksam sein. In die Prozessketten eingebundene „Empfindungen“ (die sozusagen chemisch „angestrebt“ (Prozesse „verstärken“) werden können, auch wenn sie nicht neuronal ausgewertet werden müssen) wirken „motivierend“, sichern und fördern den Systemerhalt.

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