Blume & Ince 15: Gesicht zeigen auf Demos und Videocast

Nach der Potsdam-Einladung des Austrofaschisten Martin Sellner durch reiche Rassisten geht endlich ein Ruck durch Deutschland: Millionen Demokratinnen und Demokraten strömen auf die Straßen und Plätze und zeigen ihre Gesichter für Vielfalt, Rechtsstaatlichkeit und Dialog.

Die Freude darüber sah und hörte man mir auch als Hauptredner bei “Stuttgart hält zusammen” an – und gleich eingangs konnte ich auch meinen Mit-Podcaster Prof. Dr. Inan Ince begrüßen.

Klar, dass wir beide aber auch über den Begriff “Gesicht zeigen” diskutierten, der ja sowohl in der Wirtschaft und Werbung (als Aufbau von Vertrauen & Kundenbindung) wie in der Politik (vgl. Demonstrationen und Wahlplakate) und in der Religion eine Rolle spielt.

So war es für Teilnehmende völlig selbstverständlich, nach der Mitgliederversammlung der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) für ein gemeinsames Foto religions- und geschlechterübergreifend Gesicht zu zeigen.

Foto von Teilnehmenden der ORD-Mitgliederversammlung am 31. Januar 2024 in Stuttgart. Es fotografierte Israel Meller

Auch beim klassischen Fotografieren zeigen Menschen ihre Gesichter. Foto: Israel Meller

Also widmeten wir die 15. Folge des Podcasts “Blume & Ince” dem Thema Gesicht zeigen für Vielfalt & Demokratie – und beschlossen es auch erstmals mit einem parallel aufgezeichneten Videocast zu versuchen!

Selbstverständlich ist das Ganze für uns noch eine große Umstellung – und wir werden sicher weitere Erfahrungen sammeln müssen. So habe ich beispielsweise mal eine Bundeswehr-Badge des bundesdeutschen Militärrabbinates in die Kamera gehalten, die mir Rabbiner Zsolt Balla nach dem Vortrag übergab und blogge sie anbei auch. Ob und wie wir auf dem Podcast zukünftig aber auch Gegenstände (vielleicht Bücher?) thematisieren sollen, ist derzeit noch ganz offen.

Eine Bundeswehr-Badge des Militärrabbinates in weiß, graun und blau. In der Mitte stehen die beiden mosaischen Gebotstafeln mit je hebräischen Buchstaben unter einem Magen David. Um den Rand steht in Hebräisch und Deutsch: "Wenn ich nicht für mich bin, wer ist für mich? Und wenn nicht jetzt, wann denn?" Klick führt zum Blogpost zur ORD-Mitgliederversammlung.

Die Bundeswehr-Badge des Militärrabinates erhielt ich auf der ORD-Mitgliederversammlung in Stuttgart. Sie zeigt u.a. die beiden mosaischen Gebotstafeln in der Mitte. Foto: Michael Blume

Sicher ist, dass wir dank der technologischen Begabungen von Prof. Dr. Inan Ince unser gemeinsames Projekt Blume & Ince fortan sowohl als klassischen podigee-Podcast wie auch als YouTube-Videocast-Kanal anbieten.

Screenshot der ersten Videocast-Folge von Blume & Ince mit Prof. Dr. Inan Ince links und Dr. Michael Blume rechts. Klick führt zur Folge auf dem YouTube-Kanal

Was geschieht hier? Screenshot vom Videocast-Kanal “Blume & Ince” auf YouTube: Michael Blume

Wir wollen den Einsatz neuer Medien im Fediversum nicht nur theoretisch fordern, sondern auch praktisch gestalten und erleben. Wir wollen auch medial Gesicht zeigen – für Vielfalt, Demokratie und Wissenschaft.

 

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

6 Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch zum neuen Format. Die Umstellung hat doch wunderbar geklappt. Bin schon gespannt, wie es weitergeht mit dem Podcast auf YouTube.

    Gesicht zeigen. Dazu bedarf es des Mutes. Normalerweise lese ich in meiner Tageszeitung keine Leserbriefe. Jetzt werde ich sie häufiger lesen, weil sich viele der Briefeschreiber*innen ganz offen zur AfD bekennen und die Demos kritisieren. Wir stehen ja erst am Anfang der Demonstrationen für Vielfalt, Toleranz etc. Ich fürchte, wir werden diese Menschen nicht mehr erreichen. Um so wichtiger scheint es mir zu sein, weiterhin Zeichen gegen die AfD etc. zu setzen – aber auch gegen den BSW oder die sog. Werteunion. Aus den Augen verlieren sollten wir in diesem Zusammenhang auch die Kommunalwahlen nicht. Je stärker die Fraktionen der AfD in den Stadt- und Gemeinderäten nach der Wahl sein werden, desto schwieriger wird es für die anderen Parteien sich abzugrenzen. Im übrigen habe ich die Befürchtung, dass es der AfD keine Schwierigkeiten bereiten wird, ausreichend Kandidaten und Kandidatinnen zu finden.

    Ich habe jetzt mal das Thema Aleviten gegoogelt. Das ist wirklich überaus interessant, wie sich das zum Beispiel im Vergleich mit den Ismailiten entwickelt hat. Bei beiden ist Ali, der Schwiegersohn des Propheten Mohammed, von zentraler Bedeutung. Dennoch hat sich wohl nur bei den Ismailis eine Art Personenkult entwickelt, wenn man die herausgehobene Position des Aga Khan betrachtet. Oder sehe ich das falsch?

    Zum Thema U- und E-Musik. Das ist schon lange her, dass man da einen Unterschied gemacht hat, wobei ich sog. Schlager wie “Atemlos” nicht gerade als gehobene Unterhaltung betrachten würde. Allerdings haben die drei Tenöre Jose Carreras, Placido Domingo und Luciano Pavarotti bei ihren gemeinsamen Konzerten ja auch Lieder von Sinatra gesungen. Domingo hat Songs mit John Denver (Perhaps Love) aufgenommen. Jonas Kaufmann singt Lieder aus Filmen der 30er Jahre. Manche rechnen auch die Operette bzw. das Musical zur U-Musik. Dabei haben selbst gestandene Wagner-Interpreten Ausflüge in die Operette unternommen. Und letztlich dient Musik auch der Unterhaltung.

    Eines meiner Vorbilder ist Marlene Dietrich. Sie hat sich gegen die Nazis gestellt und ist dafür sehr lange von vielen Deutschen als Vaterlandsverräterin angesehen worden. Wir brauchen heute mehr denn je Leute wie die Dietrich. Eine beeindruckende Persönlichkeit, die es aber – wie viele andere Emigrierte auch – vorgezogen hat, ihren dauerhaften Wohnsitz nach dem Krieg nicht mehr in Deutschland zu nehmen. Von Golo Mann habe ich mal den sinngemäßen Satz gelesen, wer Deutschland in der Nazizeit gekannt hat, kann den Deutschen nie wieder ganz vertrauen. Meine Kinder und Enkelkinder sollten so einen Satz nie lesen müssen!

    Apropos Mann. Thomas Mann ist ja auch nicht zurückgekommen. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschichte kennen, als Thomas Mann 1955 in Stuttgart den Festvortrag anläßlich des 150. Todestages von Friedrich Schiller hielt. Die Veranstaltung fand im Großen Haus des Staatstheaters statt. Walter Erich Schäfer, der Generalintendant schreibt in seinen Memoiren, dass er zahlreiche wütende Briefe erhielt, dass ausgerechnet Thomas Mann, der in der Nazizeit auch gegen die Machthaber sich ausgesprochen hat, diese Rede zum Gedenken an einen der “deutschesten” Dichter halten werde. Je häufiger ich solche Geschichten lese, desto mehr wird mir klar, dass wir mit den neuen Faschisten fertig werden müssen.

    Es gibt in den Vierteiler “Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss” die Szene, in der der Arzt und Familienvater Weiss nach Polen abgeschoben wird. Wann immer ich jetzt den von den in Potsdam versammelten Faschisten verwendeten Begriff der Rem… lese (sorry, ich mag das Wort nicht ausschreiben), muss ich an diese bewegende Szene denken.

    Danke für Ihren Einsatz! Dafür werden Sie, wie man an Ihrer Teilnahme an der Mitgliederversammlung der ORD sehen kann, sehr geschätzt. Und vielleicht wird das mit dem Lampenfieber auch irgendwann besser. (Zwinkersmiley).

  2. Gesicht zeigen: sich Argumente ausgewiesener Gegner zueigen machen (lassen)?
    problematisch imao: Faschismus bedeutet ja gerade „Gesicht zeigen“. (Fascies)
    Auf eben diesen Niveau argumentiert zb Villem Flusser in „Maskenwenden“ imao schlüssig: „nicht das Gesicht entscheidet, sondern der Anspruch in dem das Gesicht in Erscheinung zu treten sucht.“

    Villem Flusser als Quelle mag vlt abseitig erscheinen: imao indes zählt der Gedanke vlt wert zu überlegen.

    viele Grüsse

  3. AfD Verbot: canceled, mit fug und recht: man würde den ganzen laden noch weiter in den Untergrund treiben. bei den dortigen Waffenarsenalen: net besonders schlau imho.
    Höcke Bürgerrechte absprechen wollen bedeutete Höckes Strippenziehern neue Marionetten zur Aufgabe zu geben:
    Gewonnen = 0
    Verloren = liegende 8
    ergebnis= mehr als schwach

    • Auch hierzu von mir ein Nein, @mentalsports – wer sich weigert, Aufträge des Grundgesetzes zu erfüllen, weil dessen Feinde bereits viel zu stark und gar “bewaffnet” wären, hat die Demokratie bereits aufgegeben. Dazu bin ich nicht bereit. Unsere Bundesrepublik verdient keine Feigheit, sondern Mut und einen wehrhaften Rechtsstaat.

Schreibe einen Kommentar