Gemeinsame Lektüre von “Uexkülls Umgebungen” von Schnödl und Sprenger

Selten habe ich so viel Überraschung und Interesse zu einer Online veröffentlichten Rede erhalten wie zu Antisemitismus in Politik, Netz und Umweltschutz” für den AK Antirassismus der Grünen Stuttgart. Dabei hat die Vor-Ort-Veranstaltung noch gar nicht stattgefunden!

Die verhängnisvolle Rolle von Jakob Johann von Uexküll (1864 – 1944) bei der Durchsetzung des dualistisch-rassistisch konnotierten Umwelt-Begriffs gegen die monistisch-dialogische Mitwelt war und ist gerade auch am Klima- und Wasserschutz Engagierten weitgehend unbekannt. Immer wieder ergaben sich daraus aber auch gleich Gespräche über das bisherige Unbehagen am Umweltschutz-Begriff, Natur-Kultur-Dualismus und Rassismus im sog. Ökofaschismus. Auch wichtige Debatten um die Bedeutung der Klimaschutzbewegungen einerseits, um die sog. Klimaangst und die Gefahren von Radikalisierung andererseits ergaben sich immer wieder.

Ein Kommentar von @Maisegen wies auf ein online frei verfügbares Buch bei meson press hin:

In diesem Buch heißt es präzise auf S. 22:

“Heute rächt sich, dass die Ökologie so wenig über ihre Vergangenheit weiß: Sie war nie unschuldig, rein oder natürlich – und schon gar nicht bei einem aristokratischen, anti-darwinistischen, anti-demokratischen und ganzheitlich gesinnten Professor in den 1930er Jahren.

Um ökologisches Wissen für die wichtigen Aufgaben der Zukunft in Anspruch zu nehmen und die in ihm angelegten Herausforderungen zu verstehen, ist eine sehr viel intensivere Auseinandersetzung mit der Geschichte der Ökologie nötig als bisher.

Auf dieser Grundlage wäre es schließlich auch möglich, die gegenwärtige Popularität ökologischen Denkens in kulturwissenschaftlichen Debatten strenger auf die Geschichte der Ökologie hin zu befragen.

Wenn heute die Neue Rechte sich ganzheitliches Denken – das mit ökologischem gleichgesetzt wird – auf die wehenden Fahnen schreibt, dann sollte dies in der akademischen Auseinandersetzung mit der Ökologie zu einer kritischeren Positionierung führen.”

Dem kann ich nur aus ganzem Herzen zustimmen!

Zudem enthält das Werk neue Erkenntnisse zur Verstrickung von Uexkülls in der Förderung des Nationalsozialismus und konkret Antisemitismus sowie der Propagierung des Führer-Anspruchs von Adolf Hitler. Auch die Ablehnung der Evolutionstheorie von Charles Darwin aufgrund ihres dynamischen Charakters und von Darwins britischer Herkunft wird deutlicher sichtbar.

Gerne möchte ich Interessierten anbieten, mit mir in den kommenden Wochen Uexkülls Umgebungen” von Schnödl / Sprenger zu lesen und – auch hier auf dem Blog – zu diskutieren. Nutzen wir doch gerne die Möglichkeiten des digitalen Dialoges und von Open Access!

Cover des auch Open-Access-zugänglichen Buchs Uexkülls Umgebungen” von Schnödl & Sprenger, meson press 2021

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

46 Kommentare

  1. Sie sind sich bewusst,dass bei Mitwelt Rasse keine Rolle spielt und in der Taxonomie der Biologie keine Rückwärtsrollen mehr nötig sind?

    • Jenaer Erklärung

      “Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung.”

      Zur Taxonomie der Biologie:

      Spezieismus: Gefühlte Überlegenheit gefährdet den Planeten

      “Die Autoren kritisieren zwei Punkte: Zum einen ist es fraglich, ob unsere heutige Einteilung der Tier- und Pflanzenwelt in Arten und Spezies, basierend auf ihrer Abstammung, überhaupt sinnvoll ist. Zum anderen kritisieren sie, dass der Mensch sich an die Spitze gesetzt habe.

      Dass er dort gelandet sei, habe vor allem etwas mit Religion und Philosophie zu tun, weniger mit empirischen Belegen. Es wäre besser, so einer der Hauptautoren, alle Lebewesen als große Familie zu betrachten, in der das Verhalten eines Mitglieds Auswirkungen auf alle anderen hat.”

      Speciesism in Biology and Culture

      How Human Exceptionalism is Pushing Planetary Boundaries

    • Entschuldigung, @Mussi – das ist mir zu sprunghaft.

      Ja, im Verständnis von Mitwelt wie auch der modernen Anthropologie spielt der „Rasse“-Begriff keine Rolle mehr. Warum aber sollte er dann im GG verbleiben?

      Es gibt Rassismus, aber keine Menschenrassen.

  2. Um das auf den Punkt zu bringen: natürlich gibt es gemeinsame -genetische- Merkmale. Sie heben sich bei Mitwelt aber auf. Das war’s dann.
    Ich hatte Biologie und Geschichte als Leistungskurse. Bin von der einen Stunde Darwinismus in die andere Stunde Sozialdarwinismus gewechselt.
    Heinz Fäh’s “Biologie und Philosophie- Menschenbilder/Erkenntnisweisen/Weltbilder” 1984 hat mich gerettet.
    Schon irre,wie Biologismus-Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften dann doch nach Dekaden zueinander zu finden sollten.

  3. Umwelt = Unterschied= Oder / Mitwelt = Gemeinsamkeit= Und
    Lassen Sie das mal auf sich wirken im Angesicht der Geschichte der Natur- und Geisteswissenschaften und der Fundamentalen Wechselwirkungen.
    Alexander von Humboldt hat schon gesagt: alles Wechselwirkung!
    Michael Blume, Kern getroffen: Spaltung und Fusion… 😉

  4. Jakob Johann von Uexküll könnte als Erfinder der Ökologie verstanden werden, den Schreiber dieser Zeilen täte, rückblickend, die passende Meinung von Ludwig Trepl (ehemals bei “SciLogs.de” dabei, 2016 gestorben) interessieren.
    Der sog. Radikale Konstruktivismus muss nicht verkehrt sein, zudem ist aus diesseitiger Sicht wissenschaftliche Meinung von Jakob Johann von Uexküll nicht mit nationalsozialistischem Gedankengut vereinbar.
    Grundsätzlich ist es auch so, dass auch böse Menschen gute Ideen haben können, insofern ist dem Schreiber dieser Zeilen das hier vorgestellte und dankenswerterweise kostenfrei verfügbare Buch nicht klar.
    Nicht behauptet werden soll sicherlich gegensätzlich, also dass die beiden anders meinen.
    Person und Publikation sind erst einmal klar zu trennen, der Schreiber dieser Zeilen bspw. hätte nie vor sich die beiden Publizisten zu greifen, um so einmal in deren (vermutlich vorhandene) Kompetenz zu gehen.
    Was einige gut fänden, wäre, wenn gute, vielleicht auch großartige naturwissenschaftliche Leistung, wenn sie kritisiert (bis verdammt) wird, erst einmal stark gemacht wird, um erst dann sozusagen auf ihr einzudreschen.
    So erfolgte im zu rezensierenden Buch nicht.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der gerne weiter (ins gemeinte Buch) rein liest, diese Diskussion gerne zu verdichten helfen würde)

  5. Gott, sind wir weit gekommen seit diesem Höhlenmenschen… Manche von uns. Eine Menge scharfsinniger Beobachtungen und Halbwahrheiten, zusammen gestümpert, als hätte ein Metzgerkind fünf Minuten Papi bei der Arbeit zugesehen und dann die Welt ausgeweidet, um mit einem Haufen völlig gesunder Organe Frankenstein zu spielen, auch wenn die Hände viel zu klobig sind, um auch nur Lumpen für eine Vogelscheuche zu nähen. Doch schätze mal, gerade diese vielen wahren Komponenten machen faschistische Pfusch-Flickwerk-Ungeheuer so verführerisch. Andererseits scheuchen die faschistischen Bezüge ernsthafte Wissenschaftler von solchen Gedanken fort. Keine Angst vor Drachen, auch wenn sie noch so viele Leute gefressen haben, ein Braten wird trotzdem draus. Man muss nur darauf achten, sie vorher auch wirklich gründlich zu zerstückeln, damit sie einem nicht noch nach dem Tode im Hals stecken bleiben.

    Ich frage mich, ob Uexküll seine eigene Rolle im System je hinterfragt hat. Der Beobachter ist Teil des Systems, das er beobachtet, und seine Wahrnehmungsfilter werden vom System installiert. Wir können nur in einen Abgrund schauen, der uns schon immer angeguckt hat. Die Welt bewegt sich, ich muss mich mit bewegen und falle dabei vom Thrönchen, also geht meine Welt dabei kaputt, also ist Bewegung etwas, was die ganze, große, weite Welt kaputt macht, und ich muss sie schleunigst darüber informieren, sonst geht sie nach vierzehn Milliarden Jahren Dauerbewegung gerade hier und heute, am Mittwoch um 14:32, daran unter. Erinnert an Hitler, der die Neurosen der Schicklgruber-Inzucht-Hütte auf Völker ausdehnen wollte. Erinnert an Putin, der uns alle dazu bringt, die Rollen zu übernehmen, die uns sein ganz persönlicher Wahn zugedacht hat, bis er den Weltkrieg bekommt, den er sich wünscht. Nur dann müsste sein Wahn auch genug Panzer und Munition auf die Waage bringen, um sich gegen den Wahn anderer Leute durchzusetzen, denn wenn man versucht, ihn umzubringen, regt sich sogar beim gemeinen Westeuropäer der Überlebenswille. Die vielleicht letzte Chance, den Spaß vielleicht nicht im Keim, aber wenigstens als zartes Pflänzchen abzuwürgen, verpennen wir gerade in der Ukraine, weil auch wir nicht auf die Idee kommen, dass unser Wahn nicht von allen und jedem geteilt wird.

    Es ist im Grunde Zufall, ob die Wahrnehmungsverzerrung durch den persönlichen Wahnsinn einen blendet oder als Brille und Vergrößerungsglas fungiert, die einen Aspekte sehen lassen, die Anderen nicht so auffallen. Vielleicht sollte es bei Fielmann Seelenbrillen geben, die die Sehstärke des Hirns korrigieren. Mit einer besseren Brille müsste ich mir hier auf Spektrum nicht die Finger über Gencodes fusselig schreiben, der Typ war nur zwei Dioptrien von meiner Halbblindheit entfernt. Ich frage mich, wie viele Dioptrien mir fehlen, um die Dinge halbwegs realistisch zu sehen?

    Wir haben’s hier mit einem Mann zu tun, der mit Badeschaum dafür argumentiert, dass Seifenblasen sich nicht verknüpfen dürfen. Man kann die Weltsichten nicht vermischen, aber ein Buch darüber schreiben, das den anderen Seifenblasen die eigene Weltsicht unterjubelt. Die „ortlosen“ Juden? Der Mann hat echt noch nie was von Sauerstoff gehört? Oder Wasser? Oder Blut? Waren das für ihn auch Parasiten, die aus dem Körper entfernt werden müssten? Und der „totale Staat“ klingt eher nach Leichenstarre, als nach einem lebenden Organismus. Ist ihm nie aufgefallen, dass sich Seifenschaum und Lebewesen durch so Kleinigkeiten unterscheiden, wie Nervensystem oder Blutkreislauf? Dass sie sterben, wenn sie sich nicht bewegen, doch viel mehr aushalten, als Seifenschaum? Dass sie sich im Laufe des Lebens ständig verändern? Logik? Hirn? Waaaaah! Mami, muss ich den Quark weiterlesen? Bitte, ich werde auch brav meinen Spinat aufessen und mein Zimmer aufräumen! Mehr Ordnungsversrprechen ertrage ich nicht!

    Jeder Schwamm lebt in seiner Schwamm-Umwelt, jeder Tintenfisch in seiner Tintenfisch-Umwelt, doch Spongebob stört trotzdem beim Klarinette-Spielen… Könnte bitte jemand den Typen ausgraben und dem Kadaver so laut „Sprache!“ ins Gesicht brüllen, dass er es noch hundert Jahre rückwärts hört? Merkt er echt nicht, dass es in Sprache auch Planmäßigkeit gibt, aber sich Laute, Buchstaben, Sätze, Wörter, stets in neue Beziehungen zueinander setzen, und so blitzschnell Welten erzeugen, die verschiedene Betrachter in sich einsaugen – die Lebewesen an das gleiche Sinnesorgan anschließen, das beiden die gleichen Daten in die Seifenblase pumpt, und ein Gespräch ist, als würden zwei Bakterien Geninformation austauschen? Die Bakterien haben das Problem der objektiven Beobachtung gelöst – zwei Sets Fühlhärchen tasten mehr als eins. Der Rest ist Puzzeln – die Wissenschaft ist ein stets verbessertes Facettenauge, das ein immer schärferes Bild der Welt erzeugt, gilt zwar auch nur für die Umwelt, in der die Menschheit lebt, aber durch Kommunikation lässt sich auch innerhalb einer Familie oder unter Freunden ein kleineres Auge basteln, das ein objektiveres und detailreicheres Bild des Einzelnen zeigt, als er selbst es hat. Ist zwar eher eine Notlösung, aber wir können ja gucken, wie weit wir damit kommen.

    Ich selbst haue den Leuten meine Schattenbilder um die Ohren, sollen sie die fehlenden Dioptrien selbst nachinstallieren oder sie in die Tonne kloppen, falls sie nur Kleckse sind, in denen nur ich Dämonengesichter erkenne. Ich bin verrückt, das wirkt kontraproduktiv, aber auch zu alt, müde und resigniert, um es noch zu ändern.

    Wie viel Einfluss das Individuum auf seine Umwelt hat, und wie sehr die Umwelt das Individuum prägt… Nee, ich fange jetzt nicht mit Gencodes und Selbstorganisation an. Grundsätzlich ist jeder von uns ein Zahnrad, das von einem Kranz mehrerer Zahnräder umgeben ist und Teil eines Kranzes, der jedes davon umgibt. Aber sehr viel in der Maschinerie dreht sich um Freiräume, Untersysteme mit unterschiedlicher Kraftumverteilung, und so weiter. Jeder will Gott werden oder sucht einen Gott, der ihn beschützt – der ihm einen Freiraum bietet, in dem er Gott spielen kann, in dem nur Zahnräder sind, die schwächer sind als er. Wir haben’s nicht nur mit einer Umwelt zu tun, sondern mit mehreren Umwelten, die ineinander verschachtelt und auf die unterschiedlichste Weise vernetzt sind. Die Planmäßigkeit entsteht durch Druckausgleich, wie in jedem Luftballon. Der Determinismus ist dazu da, Systeme zu zerstören, die sich der Evolution verweigern, indem er sich so sehr gegen jegliche Druckanpassungen wehrt, dass das Teil explodiert und echt leckeres Futter für die Flexibleren wird. Uexküll war Teil der Maschine, seine Gene schufen ein Hirn, das sich als ein Zahnrad in einen Selbstzerstörungsmechanismus integrierte, weil der Selbstzerstörungsmechanismus gerade Planstellen frei hatte, und wäre er nicht da gewesen, wäre Uexküll vielleicht als Penner gestorben, ausgestoßen und vergessen. Aber dieses Hirn förderte gleichzeitig die Evolution der Leute, die sich hier und jetzt an seiner Geistesleiche weiden, durch Teilerkenntnisse.

    Determinismus und Evolution passen in dem Sinne zusammen, dass wir immer wieder die gleichen Muster nachzeichnen müssen – es gibt ein Spektrum von Wegen, die die Evolution gehen kann, wir müssen immer wieder Seifenblasen und Netzwerke bilden, dann werden diese zu komplexeren Seifenblasen, die sich wiederum vernetzen müssen. Aber die Zahl der Kombinationen, die uns zu Verfügung steht, ist unendlich. Ist wie Zeichen – Sie können nur Linien aufs Papier bringen, doch damit endet auch der Determinismus, und eine Reise in unendliche Welten beginnt.

    Pathologie des Verfalls… Die Natur unterscheidet nicht zwischen Verfall und Erschaffung. Veränderung ist Veränderung, Hühnchen und Koch werten sie nur anders. Die Zeichnung muss immer wieder in Pünktchen zerfallen, um Zeichentrickfilm zu werden, der sich immer wieder neu in den Zeichentrickfilm um ihn herum einpasst, und dabei verzichten manche Pünktchen darauf, sich in alte Formen zusammenzufügen, weil sie bessere Kumpels finden. Eine Made ist ein lustigerer Ort als eine Leiche, und in der Leiche herrscht Demokratie: Jeder macht, was er will und scheißt auf alle anderen, weswegen die Zeichnungen immer weiter zerfallen. Würde ich eher Anarchie nennen, aber den Unterschied hat die Demokratie noch nicht raus, weswegen wir auch auf Putin glotzen, wie das tote Hühnchen auf den Koch. Ein Organismus wird durch gemeinsamen Willen gebildet, die Demokratie ist dazu da, dass alle was davon haben, wenn er sich formt. Doch wenn er erst mal da ist, hat auch hier der Organismus zu spuren. Die Regierungsform entscheidet, ob der Staat allen dient oder nur den Eliten, aber dienen tut er auf gleiche Weise. Diese Art des Verfalls hat uns zum Dünger für AfD, Trump, Kaczynski, Putin, Orban, Erdogan gemacht, denn lieber lebendig im Fegefeuer als tot in der Hölle. Würd’ ich mal dran arbeiten, die Demokratie ist der bessere, biologisch interessantere Ansatz. Allein es fehlt das Hirn, dem man vertrauen könnte, dass es allen dient.

    … wenn ich eine Umschulung mache, verändere ich meine Zahnradform und kann mich anders in den Staatsapparat einfügen. Ist ja stets ein Problem, wenn zum Beispiel Kohlekumpel massenhaft arbeitslos werden und sich für sich sonst kein Job findet. Der Staat verändert sich, der Bürger verändert sich, und es muss immer wieder der eine auf den anderen warten. Ist aber auch eine Ressourcenfrage – je mehr Arbeiter ich durchfüttern kann, desto mehr kann ich die Aufgabe eines Spezialisten in viele einfachere Aufgaben aufteilen, und weil die Leute die dann schnell lernen, können sie einerseits schneller ihren Job wechseln, wenn er ihnen nicht gefällt, andererseits werden sie zu austauschbaren Massenprodukten, die kein Druckmittel haben, ihre Interessen durchzusetzen, als in Massen aufzutreten. Also als Arbeiterbewegungen, Gewerkschaften, Revolutionen, Lynchmobs und so. Was Frankenstein nicht mit dem Skalpell macht, macht die Evolution mit der Axt, doch Frankenstein sollte erst mal wissen, was er tut, und die Evolution hat den Dreh schon raus. Frankenstein sollte also vor allem wissen, dass er sich sehr oft einfach nur raus halten muss, die Schäden versorgen und erst mal gucken, wo das Ganze hingeht. Manchmal geht es in Tod, Alter, Krankheit, wie bei jedem Organismus, doch das entscheidet der Organismus, nicht das Dafürhalten von Frankenstein oder Uexküll. Aber dass wir lieber Skalpell und Aspirin verwenden als Axt, ist der Motor der Evolution, so schaffen wir immer neue, bessere Organismen, die uns vor der Axt schützen, und vielleicht richten wir am wenigsten Schaden an, wenn wir nach Mitgefühl handeln.

    Wenn die freie Presse schlecht ist, wieso mögen wir sie? Wenn Demokratie schlecht ist, wieso mögen wir sie? Der Mann ist ein Lego-Stein, der die Noppen für störend hält. Dass sich Ketten nur innerhalb von Massen bilden, sieht er auch nicht. War anscheinend der Typ, der immer der Anleitung folgte, und vorher die Steinchen fein zählte und sortierte. Bei mir war’s immer ein Haufen, und die große Ambition war stets, aus mehreren Kästen das größte und tollste Raumschiff zu bauen, das möglich war, und dabei möglichst keines übrig zu lassen. Pathologische Zwänge äußern sich bei verschiedenen Leuten auf verschiedene Weisen.

    Was ich hier vermisse, ist das Konzept des Gleichgewichts zwischen Ordnung und Chaos. Aber die Erkenntnis, dass das effizienteste System dasjenige ist, dass stets am Rande des Chaos balanciert, aber gerade noch so die Ordnung wahren kann, gab’s zu seiner Zeit halt noch nicht.

    Staat ist die Matrix, die wir brauchen, um unsere eigenen Welten zu erhalten. Dafür muss der Organismus eine funktionierende Maschine darstellen. Doch wenn er uns diese Freiheiten nicht lässt, wenn er uns nicht genauso dient wie wir ihm, ist er sinnlos. Ein Drittel von 24 Stunden arbeiten wir und dienen der Maschine, ein Drittel sind wir frei, ein Drittel sind wir die Maschine, die im Bett zerfällt, damit unsere Zellen-Diener frei sein und sich um sich selbst kümmern können. Wenn die Zellen keinen Bock haben, sich um ihre Umwelten zu kümmern, erzeugt das Mikrorisse, Fehler im System, und die Maschine wird krank und schwach. Ein Oberhaupt, ein Hirn aus Chef und Beratern, kontrolliert vor allem, was die Maschine als Ganzes tut, und zwar vor allem nach Außen, da sind Autoritarismus und Durchsetzungsvermögen oft zwingend. Nach Innen gilt eher Dialog, Samthandschuhe, Kompromiss, der ganze verweichlichte linke Weiberkram. Die Linken sehen nur das Innere, die Rechten nur das Äußere, und sie bestehen stur darauf, dass das Wohnzimmer keine Wände haben darf, oder die Wände kein Wohnzimmer dazwischen. Seifenblasen, Brillen, Filter, wie gehabt.

    Ansonsten gibt oft die Umwelt vor, wie sehr das System seine Ressourcen autoritär, durch einen gemeinsamen Willen auf ein gemeinsames Ziel ausrichten muss, oder ob es besser ist, wenn jeder Tropfen auf eigene Faust durch eine Wand sickert, die sich allen Faustschlägen widersetzt. Ein flexibles Hirn kann keine Theorie ersetzen, wir könnten allerdings an einer anpassungsfähigen Demokratie schnitzen, die sich im Notfall wie eine Diktatur verhalten kann, aber eben auch verhindert, dass sich der Notfall umso mehr in die Länge zieht, je mehr Macht der Diktator an sich reißt. Das Ideal wäre wohl der T-1000: Ein Formwandler, der zerfließen kann, und gerade deswegen jede Form annehmen kann, die er gerade zum Überleben braucht.

    … Aristokraten würde man heute wohl als Management bezeichnen. Eine kleinere Zahl von Führungskräften führt zur schnelleren Willensbildung, doch sie muss aus den gleichen Gründen demokratisch kontrolliert werden, wie eine Diktatur. Mein Gott, jede Firma, in der Führung und Betriebsrat gut zusammenarbeiten, kann Ihnen mehr dazu erzählen. Das Volk ist überall und sieht alles, es ist ein Sensorennetz, ein riesiges Auge, dessen Eindrücke sich als Gefühle äußern. Nur im Denken ist es scheiße, deswegen gibt es seine Rohdaten in Märchenform weiter – als Träume, Verschwörungsmythen, Bullshit, der immer im Kreis wiederholt wird, und den die Führung deuten muss wie Freud, um die realen Probleme und Zustände zu erkennen.

    Was der Mann auch noch verwechselt, sind Status und Funktion. Der Boss ist ein Kollege, der eine andere Funktion in derselben Maschine erfüllt. Vielleicht musste er dafür mehr lernen, seine Fähigkeiten sind ein höheres Gehalt wert, Instinkte treiben ihn dazu, sich wichtig zu machen und mich zum Buckeln, doch dass ich seine Befehle ausführen muss, heißt nicht, dass wir in menschlicher Hinsicht nicht gleich wären. Uexküll will sich für was Besseres halten und sucht sich billige Ausreden dafür, wie jeder Säufer, der einen Drecksjob hat und sich was auf seine Hautfarbe einbildet, weil er sonst nix zu bieten hat. Ein Arier ist das Gegenteil eines Aristokraten, der Möchtegern und Hochstapler ohnegleichen. Wer sich den Titel allein aufgrund seiner Geburt zumutet, ist eine Mogelpackung. Wir sehen hier eine Hierarchie – was die „Demokratisierung“, also Inflation des Adelsbegriffs dem Adel angetan hat, will er für sich haben, aber er will nicht zulassen, dass sich die Inflation auf das gemeine Volk ausweitet. Heute ist der Pass der Ariernachweis und Adelstitel, und die Adeligen sind immer noch die gleichen selbstgerechten Arschlöcher, wie eh und je, aber definitiv nicht schlimmer. Mehr als absolute Korruption ist halt nicht möglich, ganz egal, wie vielen Teilnehmern man sie ermöglicht. Schon der klassische Adel glich einem gehirnlosen Tiere, das die Dummheit in seiner reinsten Form verkörperte. Wie viele Staaten hat er mit seiner blinden Gier zugrunde gerichtet? Wie steht’s mit uns und unserem Kapitalisten-Adel?

    Es braucht alle, um uns durch Gleichgewicht davon abzuhalten, immer wieder die gleiche Scheiße zu bauen. Und da ist wiederum Frankenstein gefragt, damit sich die Leute weder gegenseitig niedermetzeln noch den Staat paralysieren.

    Ich breche das mal ab, weil’s zu lang wird. Aber ich find’s schade – so viele coole Denkansätze, zu einer Theorie aus Halbwahrheiten pervertiert, die sich nur um den eigenen Machterhalt und die eigenen Vorurteile dreht. Dass Menschen, ganz besonders in Massen, Idioten sind, ist nicht ihre Schuld, und heißt nicht, dass das Individuum Verachtung verdient, auch nicht, wenn diese Massen Aristokraten vom Stühlchen schubsen, weil diese genauso Idioten sind. Er war das gesunde Organ eines parasitären Staates, eines, der unter permanenter Autoimmunerkrankung gelitten hatte, und hat einen Heilungsversuch abzuwehren versucht. Für die Krankheit ist das Heilmittel die Krankheit. Wohlgemerkt, ich rede von der Funktion, nicht vom Menschen. Und wenn man die Juden vom Stühlchen schubsen will, um deren Funktion zu klauen, sind sie halt keine Symbionten, sondern Parasiten, die einem durch Kompetenz die ganzen coolen Jobs wegnehmen, die man nicht mehr allein aufgrund seiner Geburt bekommt, sodass man es nie nötig hatte, viel Kompetenz zu entwickeln.

    Natürlich hat auch meine Interpretation ihre Filter, sie gehört in eine Zeit, die aus dem Nationalsozialismus gelernt hat, und auch wenn es nicht unbedingt das Richtige ist, ist es doch zumindest was Gutes. Und an dieses Gute, an den Gedanken, dass der Mensch dem Staat und der Evolution seine Dienste verkauft, damit sie ihm dienen und beiden auf Augenhöhe begegnen kann, würde ich mich klammern. Für den Staat bin ich Partner, wir arbeiten füreinander. Für Evolution, die einst Gott genannt wurde, bin ich Sklave und muss parieren. Das heißt nicht, dass er wichtiger ist als ich, seine Ziele wichtiger oder richtiger als meine, dass ich Unrecht und er Recht hat, wenn ich mich ihm widersetze und er mich bestraft, dass ich mehr als Dienst nach Vorschrift machen muss. Eigentlich ist er noch ein viel mieseres Arschloch, als ein Mensch es je sein könnte. Dies ist seine Welt, ich arbeite hier nur, und wenn die Lohntüte leer bleibt, kann er sich seine Staaten, Organismen, Lego-Raumschiffe in den Arsch schieben. Wahrscheinlich macht mich diese Haltung zu einem besseren Lego-Stein, aber das braucht mich nicht zu kümmern. Non serviam – dienen werde ich nicht. Ich werde kooperieren, weil’s mir nützt, auch wenn er schlau genug war, die Welt so zu bauen, dass darin nichts passieren kann, was ihm nicht nützt.

    Bei Nazi-Freunden muss man zwischen Vorher und Nachher unterscheiden. Falls Fridays for Future zu Fackelmärschen mit Hexenverbrennung und die letzte Generation auf die Idee kommt, der vorletzten ein Bisschen auf die Sprünge zu helfen, damit die ihr den Titel nicht streitig macht, werden wir beide hinterher wohl auch ein Stigma davon tragen. Für uns stehen aber ganz andere Aspekte im Vordergrund, das Gewaltpotenzial nehmen wir hin, um ganz andere Ziele zu erreichen, und hoffen, dass wir nicht zu solchen Gräueltaten fähig sind. Nazis waren up to date, was Wissenschaft angeht, nur war es die Wissenschaft nicht. Ich rechne mal damit, dass es bei der Klimaforschung ein paar Upgrades gegeben hat, doch auch die Rassenlehre ließ die Retter der Menschheit fortschrittlich, schlau und modern wirken. Was auch immer die Wissenschaft macht, ob sie irrt, lügt, die reinste Wahrheit ohne Mängel und Fehler predigt – die Superkraft des Menschen, aus Gold Scheiße zu spinnen, ändert sich nie. Ob’s nun Gold oder Katzengold ist, das Ergebnis ist immer die gleiche Scheiße. Würde ich einfach mal drauf achten.

    • Danke für Ihren Rant, @Paul S.

      Ich frage mich, ob es eine inhaltliche oder gar tradierte Beziehung zwischen den Seifenblasen-Schaum-Metaphern des Baron von Uexküll und der Sphären-Trilogie von Sloterdijk gibt. Diese eröffnet mit „Sphäre 1 – Blasen“ und schließt mit „Sphäre 3 – Schäume“. Vgl.

      https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sphären_(Sloterdijk)

      Weiß dazu jemand etwas? Lohnt die mehr als zweieinhalbtausend-seitiges Lektüre? 🤔📚🫧

  6. Mit Herrn Paul will ich nicht konkurrieren, ein Auszug aus wikipedia reicht:
    “Uexkülls Umweltlehre führte zu einer ganzheitlich begründeten Ablehnung der Demokratie und entlud sich in einer identitären Logik, in der alles planmäßig an seinem Ort ist und das, was am falschen Ort ist, verschwinden soll. ”

    Das ist das Konzentrat des Nationalsozialismus.

    • Es kann halt nicht einfach so abgekanzelt werden, auch bspw. Carl Schmitt (ein großartiger politischer Philosoph, wie gefunden werden könnte), Habermas (vor dem Karl Popper x-fach gewarnt hat, ich schließe mich dem an, er wird aber stark beachtet, womöglich verdientermaßen, aus diesseitiger Sicht eben nicht) und Wernher von Braun (NSDAP-Mitglied ab dem Alter von 25 Jahren, 1938, sofern ich mich korrekt erinnere, also spät und früh (WW2 meinend) gleichzeitig) haben sich hier persönlich schuldig gemacht.
      Leistung muss nicht politischen Fehlern sozusagen verrechnet werden, so dass auch die Leistung in Abrede gestellt wird.
      Selbst “Satan” (wir beachten die doppelten umrahmenden Anführungszeichen, eine Metapher liegt vor) könnte geleistet haben.
      (Und genau deshalb wird Stalin in Russland differenziert gesehen und Mao in China.)
      MFG
      WB

  7. @fauv 05.02. 13:14

    „und entlud sich in einer identitären Logik, in der alles planmäßig an seinem Ort ist und das, was am falschen Ort ist, verschwinden soll.“

    „Blut und Boden“-Konzepte sind angesichts moderner Wirtschaftsweise weniger relevant. Vor 90 Jahren noch war der lokale landwirtschaftliche Ertrag ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor und bestimmte den erzielbaren Wohlstand ziemlich mit.

    Inzwischen sind wir ganz woanders angekommen, durch massive Steigerung der Erträge pro Hektar und durch entsprechende Technik, dass auch kaum noch Arbeitskräfte gebraucht werden. Die meisten Ressourcen liegen inzwischen in der Kompetenz der Menschen, die moderne Technik hat Ausmaße angenommen, dass landwirtschaftlichen Flächen kaum zum Wohlstand beitragen. Gleichzeitig sind die Transportmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte so billig geworden, dass Transportwege kaum eine Rolle spielen.

    Mag sein, dass steigende Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Produkte auch im Ukrainekrieg eine gewisse Rolle spielen. Die Ukraine hat eine bedeutende Produktion an Nahrungsmitteln mit reichlich Exportpotential. Wenn die Preise weiter steigen, weil immer mehr Menschen in Schwellenländern sich auch Fleisch leisten können, dann wird Ackerland wieder zu einer lohnenden Beute.

    Insbesondere für Autokratien wie Russland, die sowieso von Rohstoffexporten leben, und es kaum hinbekommen, ihr eigenes menschliche Potential zu entfalten und eine entsprechende Produktivität zu realisieren.

    Insgesamt gesehen ist aber auch die Energiewende ein weiterer Schritt, um „Blut und Boden“-Konzepte überflüssiger zu machen. Die eigenen Solarparks und Windräder können letztlich überall stehen, und wenn man sie einmal hat, verbrauchen sie keine weiteren Ressourcen, insbesondere keinen expliziten Landbesitz. Und schon gar keine weiteren Bodenschätze, sofern die Anlagen zu 100% recycelbar sind.

    Das Potential für ein friedliches Zusammenleben wird entsprechend steigen, wenn es weniger Gründe gibt, sich gegenseitig zu beklauen. Wenn die Weltbevölkerung sogar in immer mehr Ländern zurückgeht, sinken entsprechend auch die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel wieder, und gleichzeitig die Bedeutung von Anbauflächen als Kriegsbeute.

    • @Jeckenburger

      Wenn sich das perverse Konzept der Globalisierung der “Dienstleistungsgesellschaft” durchsetzen könnte, dann würde sich nur die ignorante Arroganz des imperialistisch-faschistischen Erbensystems steigern.

      “Frieden” auf Erden, wäre dann eine aristo-technokratische Angelegenheit, ganz so wie Goethe es mit der “Demokratie” sah.👋😎

  8. Der Herr von Uexküll hat mit Sachen wohl mehr an die Menschen gedacht, die nicht am richtigen Ort sind.
    Zu Blut und Boden, oder wie man es auch benannt hat, “mehr Lebensraum im Osten”, dazu gibt es die moderne Variante, China pachtet Gebiete , bezahlt die jeweiligen Regierung und die Bevölkerung geht leer aus.
    Gerade gestern Abend hat sich ein Bauer aus dem Donaudelta (Rumänien) beschwert, dass die Regierung ihr Land an die Chinesen verpachtet hat.
    Sollte in der EU nicht vorkommen !
    Die Stromtrassen für die Windräder werden auch einmal besteuert werden als willkommene Nebeneinanhme.
    Was die Weltbevölkerung betrifft, da befürchte ich, werden die eigentlichen Kriege erst beginnen, mit Vertreibung wegen Wassermangel, oder durch Vertreibung mit provozierten Kriegen.
    Nahost liefert ja hier gute Vorbilder.

  9. Die beiden Autoren stellen sehr interessante Thesen auf. Sie setzen den populären, oberflächlichen Holismus in die Nähe von Konservatismus und sogar Faschismus. Das wird scharfen Widerspruch hervorrufen. Diese Form von Holismus propagiert ein synchrones, statisches Weltbild, im Gegensatz zum diachronen Weltbild des Darwinismus mit geschichtlicher Entwicklung, Veränderung und Diversität.

    Es war schon immer üblich, zweifelhafte, ideologische und inakzeptable Weltanschauungen hinter rationalen, wohlklingenden Argumenten zu verbergen. Zufällig habe ich einen Bericht über völkische Siedler in der Lüneburger Heide gesehen, die ihren nazistischen Faschismus hinter ökologischen Sprüchen und Aktivitäten verschleiern. Ökofaschismus kommt nicht so sehr von Ökologen, sondern von Faschisten. Die Ökologen müssen aufpassen, dass sie deren populistischen Tricks nicht auf den Leim gehen und müssen sich deutlich abgrenzen.

    Der strenge Konservatismus, sei er politisch, religiös oder kulturell, ist in die Vergangenheit gerichtet und hat für die Veränderungen und Probleme in der Welt keine Lösungen zu bieten. Er belügt und zerstört sich selbst. Man sieht es in Russland und man sieht es in USA.

    • Danke, @anton reutlinger. Ich würde zwar eher von reaktionärem Dualismus sprechen (jede Veränderung sei der Feind), doch Anfang des 20. Jahrhunderts war auch die Ablehnung von Evolutionstheorie auch im Namen der Wissenschaft (!) noch „konservativ“.

      Sehr richtig finde ich auch den Hinweis, dass eine unreflektierte Benutzung des Umwelt-Begriffes noch viel Dualismus und Ökofaschismus tradiert. Ich steige daher zunehmend auf das inhaltlich bessere, dialogisch-monistische Mitwelt um und empfehle dies auch anderen.

    • Bereits zu Nazizeiten gab es diverse Siedler Strömungen mit sehr unterschiedlichem Gedankengut. Teilweise mit rechtem Gedankengut tlw aber auch komplett unabhängig davon. Alles über den Nazi Kamm zu scheren wird dem Thema nicht gerecht.

      Davon unabhängig war das ganze noch nie gesellschaftlich relevant und wirds auch nie, allein aus Gründen der Effizienz. Weder hat sich der Amisch Ansatz über die Welt verbreitet noch andere völkische Ansätze.

      • @M2

        Von Uexküll selbst sprach sich aktiv für Adolf Hitler und den Nationalsozialismus aus – von daher wirkt es seltsam, anderen vorzuwerfen, sie würden ihn „über den Nazi Kamm scheren“. Er ist hier nicht das Opfer, sondern brachte noch 1933 eine überarbeitete Neuauflage von “Staatsbiologie” heraus, um sich dem NS anzudienen. Dies alles und vieles mehr finden Sie im oben verlinkten Open Access-Buch.

        Die Amish verweigerten dagegen u.a. den Wehrdienst – den von Uexküll verlangte – und waren bereit, für mehr Religionsfreiheit u.a. nach Nordamerika zu ziehen. Sie waren also gerade nicht säkular-völkisch, sondern christlich-anabaptistisch. Hier scheren Sie selbst also über einen Kamm, was ideengeschichtlich einfach nicht zusammengehört.

        • > Hier scheren Sie selbst also über einen Kamm,

          Genau das mach ich nicht, keine Ahnung aus welcher Stelle sie das herauslesen. Im Gegenteil sagte ich das die Siedler Problematik vielschichtiger ist, als Antwort auf meinen Vorredner.

          > Von Uexküll selbst sprach sich

          Uexküll hab ich weder erwähnt noch in irgendeiner Form verteidigt.
          Wenn ich dazu eine andere Meinung als der Artikel hätte hätte ich es gesagt.

  10. Interessanter Text den sie da aufgetan haben. Unabhängig war mir schon vorher aufgefallen, dass der Begriff der Natur in der Form eines Gegensatzes zur Kultur reichlich unsinnig ist. Das lässt sich beispielsweise daran erkennen, dass heute Kindern Bauernhöfe als “Natur” (als Gegensatz zur angeblich nicht-“Natur” Stadt) gezeigt werden, wenngleich Bauernhöfe eine kulturelle Innovation der neolythischen Revolution waren (und demnach in einer gegensätzlich interpretierten Wahrnehmung eigentlich keine Natur sein dürften).
    Was für Implikationen in er Problematik des kulturellen “Natur”-Begriffes erstrecken sich auch auf den Begriff der “Naturwissenschaft”?

    Zudem hätte ich (falls erlaubt) auch einige Fragen in Hinblick auf mein persönliches Weltbild und inwiefern dies in Hinblick auf die Erkenntnisse im Buck Anpassung Bedarf, bzw. wo es wichtig wäre Vorsichtig zu sein:
    Im Bereich der Migration (Mensch ist Mensch) und des Klima- sowie Mitweltschutzes dürfte man mich als (links-)grün versift bezeichnen.
    Gleichzeitig habe ich aber was die aktuelle Grüne Bewegung angeht aktuell deutliche Konflikte mit meinen pazifistischen Überzeugungen (wenngleich ich nicht so Naiv bin die vor dem Krieg für Atomwaffen eintretende AfD als pazifistisch zu beschreiben) und vertrete auch eine andere Haltung in Bezug auf das Recht auf Leben.
    Und gerade da schockiert mich irgendwie aber auch das was ich sehe, wenn ich aufgrund dieses Recherscheanstoßes über die Geschichte ökologischer “Lebensschützer” recherschiere. Alles voller Nazis.
    Und das Problem ist, dass ich da eigentlich bis jetzt meine Haltung zum Recht auf Leben auch mit meinen Überzeugungen zum Klima- und Mitweltschutz in Verbindung gebracht habe.
    Ist das gefährlich und müsste ich da meine Haltungen ändern?

    • Danke 🙏 & ein klares „Nein“, @Frage: Von Nazis alleine und deren Missbrauch von Mitwelt- und Lebensschutz brauchen Sie sich keine Vorgaben machen zu lassen.

      Auch ich muss ja z.B. als Vegetarier damit klarkommen: Auch Hitler war Vegetarier, Jesus dagegen nicht. Er aß jüdisch-koscher und wäre sicher über industrielle Massentierhaltung entsetzt gewesen – aber er aß eben auch Fleisch von geschächteten Tieren. Vgl. dazu:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/adam-und-eva-waren-vegetarier-ueber-juedische-tierethik-und-massentierhaltung/

      Für mich bedeutet das, dass ich mir die Gefahren des Dualismus bewusst mache. Die auch darin bestehen können, andere Menschen aufgrund ihrer Nahrungsmittel abzuwerten. Dazu habe ich als Monist aber kein Recht. Mit dieser Reflexion kann ich meine Pflanzenkost – die mir schmeckt, wissenschaftlich und ethisch zusagt und auch gesundheitlich gut tut – beibehalten und dennoch Lehren aus der Geschichte ziehen.

      Ihnen nochmal Danke für das Interesse und alles Gute!

      • Danke für Ihre Antwort, ich bin beruhigt, und behalte so mein Weltbild 🙂

        Vegetarier bin ich übrigens auch, und halte diese Idee, die manche haben, mit dem Recht auf Fleisch für ziemlich absurd. Aber diese Idee für den eigenen Genuss (um was anderes geht es da ja gar nicht, da der Konsum, insbesondere wie er heute stattfindet, wohl kaum der Ernährung dienlich ist) andere Wesen zu töten ist ja nichts neues.

        Der Punkt ist, dass der Vegetarismus auf eine deutlich längere Tradition (Adam und Eva etc.) zurückblicken kann als bei der Ökologie, die sich ja gerade mit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hat.

        Alles Gute!

  11. Jakob von Uexküll liefert hier eine Projektionsfläche zur Darstellung bestimmter Phänomene im Umfeld der Wissenschaften. Es geht um die Rechtfertigung von antidemokratischem, antiliberalem, antisemitischem und rassistischem – kurz: faschistischem – Gedankengut anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse, durch deren Umdeutung und Fehldeutung. Das gab es bereits im späten 19.Jhdt. im Bereich der Biologie als Sozialdarwinismus bzw. Soziobiologie. Es ist an sich also nicht neu. Oftmals waren renommierte Wissenschaftler involviert, indem sie Fehldeutungen aktiv befördert oder passiv nicht bekämpft haben.

    Der Faschismus bleibt immer derselbe, aber die Versuche der Rechtfertigung ändern sich mit dem wissenschaftlichen Fortschritt und mit den anstehenden gesellschaftlichen Problemen und Themen. Das sind heute Ökologie, Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz. Seitens der Faschisten will man damit an den gesellschaftlichen Debatten teilhaben, ihre Richtung steuern, öffentliche Aufmerksamkeit erregen und Zustimmung sowie Anhänger gewinnen. Naive oder politisch ignorante Wissenschaftler lassen sich, wie Jakob von Uexküll, dafür einspannen, aus unterschiedlichen Motiven. Auch die Corona-Pandemie lieferte dafür Beispiele (“Querdenker”).

  12. @Uexkülls Umgebungen S. 22

    „Auf dieser Grundlage wäre es schließlich auch möglich, die gegenwärtige Popularität ökologischen Denkens in kulturwissenschaftlichen Debatten strenger auf die Geschichte der Ökologie hin zu befragen.“

    Was sich seit Uexkülls Zeiten geändert hat, dass ist die Bedeutung von Landwirtschaft und Landbesitz. Die Wirtschaft ist mobil geworden, rein technisch bedingt. Die meisten Ressourcen sind menschliche Kompetenz geworden. Produktivität lebt von innovativen und effektiven Menschen.

    Die Wirtschaft sucht sich ihre Standorte vor allem nach den Menschen aus. Und gleichzeitig sind die ökologischen Probleme auch globalisiert. Die Energiewende ist in erster Linie ein technischer Prozess, der eine bereits mobile Wirtschaft noch mobiler macht. Die Investitionen in PV-Module und Windräder sind selbst globalisiert. Sie werden da hergestellt, wo es gerade günstig ist, und werden da aufgestellt, wo sie gerade gut ins Stromnetz passen.

    Noch braucht es auch Rohstoffe, um diese Anlagen herzustellen, allerdings braucht die 2. Generation der Anlagen dann auch diese nicht mehr, wenn sie hinreichend recyclebar sind.

    Im Prinzip sind gerade die europäischen Juden Jahrzehnte früher in dieser mobil gewordenen Wirtschaft erfolgreich gewesen. Entsprechend wundert es nicht, dass man Juden verteufelt, wenn man diese mobil gewordenen Wirtschaftsweise verteufelt.

    Unser ökologisches Hauptproblem, der Klimawandel, bezieht sich aber auf die mobile Wirtschaftsform, und dessen Lösung, die Energiewende, macht die Wirtschaft noch mobiler.

    Das andere Problem, dass die aktuelle Landwirtschaft betrifft, ist und bleibt aber lokal. Ein Umstieg auf Bioanbau wäre hier die Lösung. Der wäre lokal, und auch wichtig. Allerdings geht es hier um vergleichsweise geringe Umsätze. Aber eine lokale Identität, wie sie zu Üexkülls Zeiten gesucht wurde, kann der Umstieg auf Bioanbau auch nicht mehr liefern. Früher war fast die Hälfte der Menschen in der Landwirtschaft tätig, heute kaum noch einer. Einmal sind die Umsätze nur noch Nebensache, und die meisten Kosten sind heute auch noch die Maschinen, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen.

    Wir brauchen hier überhaupt keinen Identitätswandel, sondern professionelle Landwirte, die effektiv produzieren und dabei die langfristige Produktivität ihrer Anbauflächen im Auge behalten. Die richtigen Rahmenbedingungen werden reichen, um flächendeckend auf Bio-Anbau umzustellen.

    Der Mensch ist global geworden, das dreht keiner mehr zurück. Konzepte wie die Essbare Stadt allerdings machen dennoch Laune. Und sich ganz privat eher zum Vergnügen mit Gartenbau und Kleintierhaltung zu beschäftigen bleibt eine Option – wenn auch kaum zur Versorgung, sondern eher der eigenen Erfahrung wegen. Und als Maßnahme, sich seine Zeit zu füllen, wenn man nicht mehr Vollzeit arbeiten muss.

    Wenn wir mal den Wachstumszwang unserer Wirtschaft überwunden haben, dann kann das aktuell werden.

    Die Menschen selbst sind freilich auch mobil, werden aber durchaus von Landesgrenzen aufgehalten. Eine völlige Freizügigkeit gibt es nicht, und die scheint mir derzeit auch nicht sinnvoll zu sein. Ich finde hier, dass man besser die Wirtschaft zu den Menschen bringen sollte. Wie gesagt, die Kompetenzen der Menschen sind maßgeblich, weniger der Ort, wo sie leben.

  13. Zu Th. Jeckenburger
    “Landwirtschaft und Landbesitz…”
    Da sie nicht auf dem Lande leben , was sich in ihren theoretischen Abhandlungen widerspiegelt, sollten sie dieses vielleicht einmal nachholen. Landwirtschaft/Landbesitz ist im Kapitalismus den gleichen Gesetzen untergeordnet wie in der Wirtschaft. Das Kapital wird da angelegt wo die höchsten Gewinne zu erwarten sind. Früher haben reiche Bauern die ärmeren wohl erpresst um sie dann aufzukaufen, heute kauft das internationale Kapital Land da es im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Bevölkerungswachstum hohe Gewinne verspricht. Es bestehen Einrichtungen wo Kapitalanleger sich in Sachen hohe Renditen ,also im Landkauf , beraten lassen können. Um dann Gewinne zu erreichen wird dieses Land dann mit unzähligen Pflanzengiften besprüht was dann zur Folge hat das Biotope zerstört werden und vielleicht Vögel irgendwann tot von den Bäumen fallen . Land, Boden, ist heute wahrscheinlich wertvoller als Gold um scheint zum Spekulationsobjekt verkommen. Diese Idylle der Biobauern ist dagegen unbedeutend da ,ich sehe das in meinem Umland, große Flächen von Ausländern aufgekauft werden. Uexkülls Welt interessiert heute niemand mehr weil der Tanz um das beste Land, um den höchsten Profit, neue Uexkülls produziert

    • Schade, @Golzower, dass Sie sich der konstruktiven Auseinandersetzung mit von Uexküll verweigern. Es waren und sind weder internationale Verschwörer noch landraubende „Ausländer“ die Uexkülls „produzieren“. Solange Sie Ihren eigenen Dualismus nicht hinterfragen, sondern die Bedrohungserzählungen stets auf Feindbildern projezieren, kommen auch Sie selbst nicht weiter. Und das ist schade.

  14. @Golzower 07.02. 18:10

    „Land, Boden, ist heute wahrscheinlich wertvoller als Gold um scheint zum Spekulationsobjekt verkommen.“

    Derweil steigen die Weltmarktpreise für landwirtschafliche Erzeugnisse, entsprechend schneller noch steigen die Landpreise. Der Weltmarkt reagiert aber auch, so sorgen die höheren Preise dafür, dass vor allem in Afrika auf noch sehr großen Flächen sehr viel effektiver produziert werden kann. Und neben steigenden Bevölkerungszahlen in Afrika sinken die Bevölkerungszahlen in den reicheren Ländern.

    Eine Prognose zukünftiger Weltmarktpreise ist also gar nicht so einfach. Aber so oder so, wem das Land konkret gehört, und wer hier etwa sogar Spekulationsgewinne machen kann, dass kann dem Verbraucher ziemlich schnuppe sein. Das ändert zunächst mal nichts an den Marktpreisen der Erzeugnisse, die werden von Angebot und Nachfrage bestimmt, und nicht vom Gutdünken der Landbesitzer. Zumindest, solange hier keine Monopole entstehen, die das Angebot künstlich knapp halten.

    „Diese Idylle der Biobauern ist dagegen unbedeutend…“

    Ich sehe das weniger idyllisch. Man kann Bioanbau im großem Stil umsetzen, und braucht nur die richtigen Anreize dafür. Etwa über die Mehrwertsteuer, wenn man hier z.B. nach und nach auf Bioprodukte keine Mehrwertsteuern erhebt, auf Nicht-Bio aber volle 19%. Das dürfte schon reichen, dass EU-weit innerhalb von ca. 20 Jahren komplett auf Bio umgestellt wird. Und über ein passendes Lieferkettengesetz kann man dann die weiteren Importe entsprechend auch genau so besteuern.

    Überhaupt haben wir in der EU ganz erhebliche Subventionen für die Landwirtschaft, die braucht man gar nicht mehr, wenn die Preise wirklich nachhaltig steigen. Das eingesparte Subventionsgeld könnte man wiederum in die Förderung von Bioanbau und Tierwohl in der Tierhaltung investieren.

    Man muss es nur wollen. Wer hier der Bodeneigentümer ist, spielt praktisch keine Rolle. Egal wer das ist, wenn er Gewinn einfahren will, muss er effektiv produzieren, und eben Biostandards einhalten, wenn er zu den niedrigen Mehrwertsteuersätzen seine Produkte verkaufen will.

    Uns selbst wenn der Acker einem Chinesen gehört, dann kann man ja auch noch zusätzlich mehr Grundsteuern erheben, dann verdient unser Gemeinwesen in jedem Fall auch mit.

    Ein ernsthaftes Problem sind sicherlich die mittelfristig geringeren Erträge in der Biologischen Anbauweise, da muss man gucken, wie die sich langfristig entwickeln. Die könnten über viele Jahre hinweg dann doch wieder zunehmen, weil der Raubbau an der Bodenqualität durch Bioanbau getoppt und sogar rückgängig gemacht werden kann. Oder wir müssen halt weniger Fleisch essen und weniger wegwerfen, dann passt es immer.

    Entscheidend ist hier die bessere Qualität und die langfristige Bodenerhaltung bzw. eine Bodenverbesserung. Aber auch Grundwasserschutz und Biodiversität und natürlich weniger Treibhausgase.

  15. Zu Blume:
    Warum akzeptieren sie nicht andere Meinungen und deklassieren sie gleich als “Verschwörer” ? Wenn sie die Gesetze des Kapitalismus erkennen, was nichts mit Verschwörung zu tun hat, dann wird Land nur gekauft um damit Gewinne zu machen und nicht um Unkraut darauf wachsen zu lassen. Ausländer rauben somit kein Land, genau so wenig wie sie Immobilien , Flughäfen oder Häfen kaufen, sondern legen ihr Kapital nur gewinnbringend an. Nach Möglichkeit nicht in spekulativen und windigen Alktiengeschäften sondern in andere Sicherheiten. Ich weis nicht was solche wissenschaftlichen Erkenntnisse mit “Feindbildern” gemein haben oder Bedrohungsszenarien. Übrigens wurde ich letztens erst bei einer Radtour in dem Sinne “bedroht” dass ein neuer Landbesitzer aus dem Westen mir die Weiterfahrt auf einen öffentlichen Weg verbieten wollte weil es angeblich sein Land wäre. Letzterer hat war wahrscheinlich noch das gleiche Gedankengut wie dieser Uexküll, drohte er doch auch noch mit einem Anwalt.

  16. Golzower
    Es ist ein Unterschied, ob man einem Spekulanten gegenübersteht oder einem Ideologen. Der Unterschied liegt im Motiv, das die Menschen antreibt.
    Der Kapitalist ist nur auf Gewinn aus, der Ideologe ist auf Beherrschung aus.

    Nur am Rande, wer mehr über den Nationalsozialismus wissen will, der bekannteste Ideolge war der Philosoph Alfred Rosenberg. Sein Buch “Der Mythus des 20. Jahrhundert hatte eine Auflage von mehr als einer Million Bücher. Nur noch getoppt von “Mein Kampf” , von A.H. selbst.

    • @fauv
      Ja, die zeitgenössischen / zeitgeistlich-reformistischen Ideologen von links nach rechts wollen beherrschen, genauso die Theologen / “Geistlichen” und …, wobei sich die Frage ergibt: Wissen sie wirklich-wahrhaftig nicht was sie tun?!

      Der Kapitalist will die wettbewerbsbedingte Symptomatik des imperialistisch-faschistischen Erbensystems beherrschen, weil er von den Ideologen, Theologen / “Geistlichen” gelernt hat sich nicht darum zu kümmern ob er das Richtige tut, wobei sich die Frage ergibt: Wissen Sie wirklich-wahrhaftig nicht was sie tun?!

      Ich sehe da nur das verhältnismäßig gleiche Vakuum und die einzig wirklich-wahrhaftige Vernunft (die göttliche/vernünftige Sicherung) des geistigen Stillstandes aufgrund der Konfusion, seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung (“Vertreibung aus dem Paradies”). 👋🥴

  17. hto,
    sie wissen was sie tun , sie wägen ab, denn kein Mensch ist frei in seinen Entscheidungen.
    Nur Kinder und Narren sind noch frei.

    • @fauv
      Ja, wenn das Geschäft der Sinn des Lebens ist/sein soll, dann ist die Freiheit der unternehmerischen Abwägungen die Narretei (Bulimie der “Normalität”), wo der Kopf von allen so schwer wird, dass sie sich in den Entscheidungen mehr oder weniger davor und dafür verneigen (damit er sich entleeren möge oder ebenso entsprechend in allen denkbaren …losigkeiten gefüllt werde?)!? 👋🥴

  18. Folgerichtig verweigert sich Uexküll dem ,Massenritual‘ der Wahl – aus bio-logischen Gründen: „Deshalb fordern die Biologen eine Ausnahmeklausel im Wahlgesetz, in dem sie nur ein frivoles Attentat auf das Leben des Staates erblicken können. Sich durch die Ausübung des Wahlrechtes zu Mitschuldigen zu machen, verbietet ihnen ihr
    Gewissen.“

    Betont der Biologe Timo Rieg https://www.deutschlandfunkkultur.de/querdenker-medien-100.html deshalb sein Recht nicht zu wählen, und nimmt es so intesiv mit missionarischem Eifer war? https://www.timo-rieg.de/2020/01/publikationsliste-demokratie/

    Der aktuelle Artikel bei dlf kultur scheint eine Art Opfer/ Täter Umkehr zu sein.
    Haben doch die Menschen bei Querdenken sich selbst so genannt, und mit ihrer Art Querfront auf den Reichtagstreppen unter anderem Q-Anon, Trump und das Deutsche Reich gefeiert, und den Begriff diskreditiert.

  19. Ich glaube ich habe Querdenken und Querfront falsch geschrieben, und die Seitenzahl meines Zitates vergessen: (U.U./S.39) Peinlich Queerdenken zu schreiben, aber da ich es selbst gemerkt hab kann ich noch drüber lachen.
    Die Vorschau funktioniert übrigends manchmal nicht.

  20. @Uexkülls Umgebungen S. 31

    „Von dieser Abgrenzung her wird die Umweltlehre als Versuch lesbar, die Biologie auf neue Grundlagen zu stellen und holistisch zu fundieren.“

    Wie soll das denn gehen, eine geheime Biologie, die den großen Rahmen setzt und alles koordiniert, und nicht darauf angewiesen ist, dass der einzelne Mensch selber über den Tellerrand guckt?

    „Die Radikalität, mit der Uexküll diese anti-anthropo-zentrische Subjektivität der Umwelt, die keinerlei Priorität des Menschen kennt, zur erkenntnistheoretischen Grundlage der Biologie und darüber hinaus zur Weltanschauung macht,..-“

    Hier wird auf der einen Seite der Mensch völlig unterschätzt. Wir sind dazu fähig, uns in großen Gemeinschaften zusammen zu tun, und uns ganz genau zu überlegen, wie wir miteinander umgehen, und wie wir gemeinsam in der äußeren Natur unser Auskommen finden.

    Gleichzeitig können wir die Gesamtkoordination des Planeten nicht sich selbst überlassen. Die Natur hat nicht die Mittel, Windräder wachsen zu lassen, damit die Klimakatastrophe abgewendet werden kann. Menschliches Handeln hat inzwischen viele natürlichen Systeme so sehr verändert, dass die Natur alleine dieses nicht mehr ausgleichen kann. Das geht nur, wenn wir unser menschliches Vermögen nutzen. Und eben Windräder bauen.

    Letztlich sehe ich bei Uexküll keinerlei Kultur, dessen Produktion zum Menschen gehört, und die sich auf der Grundlage neuer Herausforderungen auch intelligent weiterentwickeln kann. Und muss.

    Soweit bis S. 31

    • Volle Zustimmung, @Tobias Jeckenburger!

      Auch neue Studien an Tintenfischen verweisen auf sehr viel ältere Quellen von sozialen Kognitionen schon bei Tieren. Wir spürten und spüren, dass wir beobachtet werden – lange vor jedem sprachlich ausgedrückten Bewußtsein. Die Welt wurde schon im Wasser zur Mitwelt.

      Hierzu ein Blogpost mit Videos zum morgigen Darwin-Day:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/darwin-tag-von-tintenfischen-und-cthulhu-goettern/

      Ihnen Dank für die Mit-Lektüre und die super-konstruktiven Kommentare!

      • Darwins wichtigstes Werk war wohl das über den Regenwurm!
        Er zeigte mit mehreren Belegen, die er über Jahrzehnte auf mehreren Kontinenten sammelte, anhand des Regenwurmes erstmals die Bildung des Mutterbodens durch Bodenlebewesen!

        “Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer”!

        “The Formation of Vegetable Mould through the Action of Worms, with Observations on their Habits”!

  21. @Uexkülls Umgebungen S. 38

    „Die demokratische Gleichheit aller Individuen ist mit der von Uexküll propagierten organischen Ordnung (und das heißt: der ständischen Hierarchie) nicht vereinbar, in der jeder Teil eine spezifische Aufgabe hat, die nur am jeweiligen Ort geleistet werden kann:…“

    Wesentlich scheinen mir allerdings offensichtlich die feudalen Privilegien zu sein, um die es Uexküll wirklich ging. Ich würde mich nicht mal wundern, wenn der Herr das auch ganz genau wusste. Als ehemaliger Landadel, von den Kommunisten enteignet, mag er auch sehr gerne Nationalsozialisten unterstützen, die sich daran machen, die verhassten Kommunisten militärisch nieder zu machen. Diese Rache geht hier wohl über alles. Da werden dann auch ganze Welten einer natürlichen Ordnung für erfunden.

    „Wo in aller Welt gibt es ein gemeinsames Arbeiten gleicher oder freier Faktoren? Zwang und Unterordnung sind die Grundbedingungen jedes gedeihlichen Zusammenwirkens.“

    Die modernen Verhältnisse zeigen offenbar, dass genau das doch funktioniert. Wie man sieht, reicht es, Mitarbeitern angemessenen Lohn und vernünftige Arbeitsbedingungen anzubieten. Und schon gedeiht auch das ganze Unternehmen. Die Menschen kommen sogar von anderen Kontinenten, um entsprechende Arbeitsangebote anzunehmen.

    Eine gewisse Einordnung in Hierarchien scheint allerdings übrig zu bleiben. Aber genau die darf gerne freiwillig sein. Und in einer vernünftigen Firma funktioniert das auch.

  22. @Uexkülls Umgebungen S. 40 / 41

    „Diese Unvereinbarkeit wiederum resultiert in der planmäßigen Ordnung aller Umwelten an ihren Orten.“

    Wer macht hier die Pläne? Wenn ich mir die letzten 200 Jahren ansehe, geht es hier drunter und drüber, und man kann eigentlich nur gucken, wie man aktuell irgendwie weiter machen kann. Eine allgemeine biologisch gedachte Natur bräuchte eine eigene Geisteswelt, um hier die Pläne zu machen. Allerdings, wenn es diese tatsächlich gibt, dann kann diese Natur auch ganz flexibel mit den Menschen gerade das machen, was eben gerade läuft. Dann sind wir nicht mehr auf eine konsistente persönliche Umwelt festgelegt, und können uns z.B. auch nacheinander in verschiedenen Berufen engagieren, wenn man eben Lust hat, unterschiedlichen Erfahrungen zu machen. Wo ist das Problem?

    „…in der das umgebene Subjekt seine Umwelt hervorbringt und damit durch seine biologische Ausstattung den eigenen Ort planmäßig einnimmt.“

    Das macht im allgemeinen beim Menschen die Kultur. Und im konkreten Alltag der Mensch mit gründlicher Überlegung, wenn es was Vernünftiges werden soll.

    „Aber es gibt sehr wohl Menschen, die nicht am richtigen Ort sind, die also mit ihrer Umwelt nicht an den Ort passen, an dem sie sich befinden: die Juden.“

    Wenn es dann vorne und hinten nicht passt, und vor allem die eigenen Privilegien beschränkt, dann sind die Juden schuld. Derweil gerade Bildung dafür sorgt, dass wir was hinbekommen, und uns auf unsere eigene Produktivität konzentrieren, statt uns mit Gewalt gegenseitig zu beklauen.

    @Uexkülls Umgebungen S. 47

    „alles auszuschließen, was nicht zu dieser Ganzheit gehört – mithin eine in ihren Extremformen eugenische Auslese, die sich insbesondere gegen die liberalen, ‚überzivilisierten’, urbanen Lebensformen wendet, die den Boden unter den Füßen verloren hätten.“

    So ein Unfug. Produktivität hängt an den Kompetenzen der Menschen, das geht einher mit einer zunehmenden Urbanisierung. Natürlich war zu Uexkülls Zeiten Nahrung knapp und noch viel Arbeit in der Landwirtschaft erforderlich. Aber hier dann einen Feldzug draus zu machen, um im Osten neuen Lebensraum zu rauben, das erscheint mir dann fast schon konstruiert. Wie gesagt, es ging wohl eher gegen die Kommunisten, die es gewagt haben, die Feudalherren zu enteignen und zu vertreiben.

    Jedenfalls hat sich das in der Nachkriegszeit dann deutlich entspannt, mit viel höheren Erträgen in der Landwirtschaft und mit einer Mechanisierung, die kaum noch Landarbeiter braucht. Die Lösung der heutigen ökologischen Probleme jedenfalls sind einerseits eine Modernisierung der Technosphäre ganz konkret als Energiewende, und andererseits eine intelligentere Landwirtschaft, die man auch mit Bioanbau bezeichnet. Mit Umweltlehre wie bei Uexküll hat das nichts zu tun. Dass wir auf die Mitwelt angewiesen sind, und sie zu pflegen haben, ist was anderes, als sich Lebensraum gewaltsam anzueignen.

    @Uexkülls Umgebungen S. 48

    „Das von Juden gebildete „parasitäre Netz, das überall die staatlichen Gebilde zersetzt und die Völker in gährende [sic!] Stoffhaufen verwandelt““

    Produktivität außerhalb von Landwirtschaft als parasitär hinzustellen passt nun auch wieder vorne und hinten nicht. Sieht auch ganz nach konstruiert aus, einfach um einen Grund zu haben, die Juden zu enteignen, um sich zu bereichern.

    • Danke & ja, @Tobias Jeckenburger – heute würde von Uexküll und dessen bis heute nachwirkender Umwelt-Begriff wohl unter pseudowissenschaftlichem Intelligent Design kategorisiert. Wie gut, dass Sie das auch am heutigen Darwin Day thematisieren!

  23. @Uexkülls Umgebungen S. 53

    „Nicht die Summe von Tönen macht die Melodie und nicht die rassenmäßig gegebene Summe der Eigenschaften macht die Persönlichkeit, sondern der Plan, der sie verbindet, und der wird für jede menschliche Persönlichkeit neu geschaffen.“

    Wenn der Plan von Geisteswelten gemacht wird, dann sieht es doch eigentlich gar nicht mal so schlecht aus. Hier ist dann auch eine erhebliche Flexibilität möglich, die nicht nur die genetischen Gegebenheiten des Individuum aufnimmt, sondern auch den aktuellen Erfordernissen entsprechen kann.

    Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass die Sozialisation und die Kenntnis der eigenen Kultur als Bildung ganz wesentlich dazu beiträgt, was aus einem Menschen wird. Wenn jetzt noch eine Geisteswelt dazukommt, und dieses dann aufnimmt und integriert, dann haben wir in der Tat wertvolle Menschen, die genau so sind, wie sie aktuell gebraucht werden.

    „Uexkülls Umweltlehre läuft also nicht auf eine Anerkennung des Anderen, sondern auf eine Unüberschreitbarkeit des je Eigenen hinaus.“

    Der Knackpunkt scheint mir hier zu sein, dass man diese ominöse Planmäßigkeit gar nicht konsequent zu Ende denkt. Als eine biologische Funktion, die extrem eingeschränkt ist, und eben nicht aus jedem Menschen was wertvolles machen kann. Ganz im Gegenteil, dass sie Menschen schafft, die man vernichten muss.

    So ein hin und her von Geisteswelten und eben gar keinen wirklichen Möglichkeiten für die falschen Menschen an falschen Plätzen macht dann ganz genau die Grausamkeit und Destruktivität von Uexkülls ganzem Konzept aus.

    Entweder, wir haben einen Plan, der die Menschen so einrichtet, wie sie gebraucht werden. Oder wir haben eben keinen Plan, und jeder muss selber sehen, wo er bleibt, und wie er sein Leben leben kann. Wenn man das positiv verbindet, dann kann sowohl das Individuum sich ein Leben in der aktuellen Kultur aufbauen, und gleichzeitig Geisteswelten mithelfen, das auch insgesamt was Vernünftiges draus wird.

    Man kann es aber eben auch destruktiv und negativ verbinden, das sowohl das Individuum nicht in der Lage ist, sich alleine ein Leben aufzubauen, und auch die hier nur rudimentären Geisteswelten nicht nur nicht helfen können, sondern den Weg der Vernichtung von Menschen im großem Stil gehen muss.

    Unterm Strich heißt das in etwa: Gott ist doof, kann uns nicht helfen, aber muss alle vernichten, die irgendwie suboptimal sind. Und gegen diese Macht können wir uns nicht wehren.

  24. Ein etwas längeres Zitat aus Raoul Frances Ewiger Wald aus dem Jahre 1922 von Seite 103-105.
    Ich denke dass Raoul als Biologe hier auf Herrn Uexkülls antisemitische Schmarotzer Analogie eingeht, den Antisemitismus selbst reproduzierend, doch eine Vernichtung als naturgesetzwidrig ablehnend.

    “In einem wohlgeordneten Staat wandern Fremdlinge ein, von fremder Rasse, klug, einem Leben ohne Arbeit zugetan, kein Kriegervolk, und auch nicht zahlreich genug, um zu erobern zu können, aber begabt und stets auf der Lauer, wie man sich das von anderen erarbeitete zu eigen machen könne. Wer so ist, dem bleibt kaum etwas anderes übrig als zum Parasiten zu werden.
    Und so wurden die Fremdlinge Parasiten in den größeren Staaten . Wenn die anderen den Boden ausnützen, Werte schufen und die uralten Handwerke trieben in vererbter Harmonie, so waren die neuendie sich mühelos Bereicherden. Sie setzen sich fest und sogen und wurden selber üppig und reich. Und alles an ihnen war fremd. Ihre Erwerbsart, ihre Sitten, ihre Tracht , ihre Bräuche. So fremd, dass man gar nicht an ihren irdischen Ursprung glaubte.
    Gott selbst habe sie auserwählt, sagte man, und ihnen ein besonderes Schicksal verliehen.
    Aber die Eingesessenen, fest im Heimatboden Wurzelden wehrten sich gegen die Fremden. Und eine unerhörte Leidenszeit begannmit tausend Verfolgungen und Gegenlisten und dauert noch heute an.
    Die einen vergiften das Leben der anderen. Aber wozu das ausspinnen: Es hat doch jeder schon erraten, was hier gemeint ist.
    Denn wer denkt nicht an die Mistel.

    Die große Sünde

    Auch die Mistel und ihr Wirt gelangen zu einer Harmonie, die in diesem Fall ein Toleranzedikt ist, das lautet:
    Soviel Platz dir eingeräumt; dort magst du hausen mit deinen goldschimmerden Blättern. Eine Gefahr für den Baum ist der Eindringling nicht, er wird es erst durch übermäßige Vermehrung. In anderen Fällen ist man sogar freumdlich gefgen den Schmarotzer.Das ist die Art der Pflanze, die von Gallinsekten angestochen wird. …”

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