Jugend und Zukunft – Ein neues Interesse an Naturwissenschaft und Religion
Als mich Pfarrerin Monika Renninger vom Hospitalhof Stuttgart für einen Vortrag zu “Gott, Gene und Gehirn” vor Schülerinnen und Schüler anfragte, sagte ich natürlich gerne zu – schließlich diskutiere ich auch mit meinen eigenen Kindern gerne über dieses und andere Themen. Doch als dann Hunderte Jugendlicher auch aus weit entfernten Schulen den großen Saal samt Empore füllten und ein fitter Schüler selbstbewusst und humorvoll die Moderation stemmte, war ich beeindruckt. Selten hatte ich ein so konzentriertes Publikum, kluge, auch kritische Nachfragen und später sehe ich, dass davor und danach Internetrecherchen angestellt wurden. Die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer bestätigen den Eindruck. “Es sind tolle Jahrgänge. Sie verlangen mehr, aber dann knien sie sich auch rein. Die sind hellwach.”, erläutert eine Religionslehrerin, die später auch eine EMail mit Rückmeldungen schreibt. Eine Biologielehrerin erkundigt sich nach Literatur über Gen-Kultur-Koevolution bzw. biokultureller Evolution, da dies in ihrer Klasse gerade Thema sei. Und ich denke bei mir so: Wow…
Staune über eine junge Nachfrage nach Evolutionsforschung zu Religion. Cover von “Gott, Gene & Gehirn”, 3. Auflage (2012)
Einen Tag später spreche ich zum Antisemitismus im Heinrich-Fries-Haus in Heilbronn – und werde auch dort von einem Lehrer angesprochen. “Mein Leistungskurs interessiert sich sehr für Naturwissenschaft und Religion. Da haben wir Ihren Beitrag zu Darwin und Gott in SWR Wissen angehört, gelesen und diskutiert. Dafür wollte ich Ihnen danken.”
Wie Kochen, Musik, Sprache evolviert(e) auch Religion in der ständigen Wechselwirkung aus Natur und Kultur. Grafik: Michael Blume
Und dann kommen auch noch Mails zu einem aktuellen Interview in der ZEIT-Beilage “Christ und Welt”, ebenfalls zu Evolution und Religion. Ich war eher überrascht gewesen, dass Maria Rossbauer darüber sprechen wollte – doch offensichtlich hatte sie das steigende Interesse am Thema wahrgenommen.
Was ist hier los?
Klar frage ich mich am Ende dieser intensiven Woche, ob dieses neue, massive Interesse nur Zufall ist, oder ob mehr dahintersteckt. Schon im November 2017 hatte ich mich über viele Neuerscheinungen zum Thema gefreut. Akademisch Engagierte wie Hansjörg Hemminger berichten auch von einer Vertiefung der Debatte. Werfen auch die neuen Medien und das tägliche “Switchen” zwischen verschiedenen Realitäten neu die Wahrheitsfragen auf?
Meine Überlegungen gehen zu den Jugenddemonstrationen von #FridaysforFuture. Oft die gleichen Leute, die angesichts gegen Flüchtlinge keifender Senioren dafür plädiert hatten, “die Sorgen der Bürger” ernstzunehmen, reagieren verwirrt und verärgert auf den Protest Jugendlicher gegen eine verschnarchte Umwelt- und Klimapolitik, gegen betrügerische Konzerne und desinteressierte Medien. Anonyme Kolumnisten wie “Dr. Deutsch” und auch Henryk Broder bei der AfD raunen da von Öko-Verschwörungen (“System Greta”) und gar “Kindesmissbrauch”. Die Jugend solle sich aus den Angstkampagnen der alten Populisten gefälligst heraushalten!
Nein, auch ich bin keine “Stimme der Jugend” – sie sprechen für sich selbst. Und sowohl bei meinen Kindern, bei den Interessierten im Hospitalhof wie auch bei den Demonstrierenden bei #FridaysforFuture nehme ich ein neues Interesse an tieferen Antworten wahr. Viele Angehörige der Generation, die bereits von klein auf durch digitale Medienerfahrungen positiver wie auch negativer Art gegangen ist, verlangen und geben neue Antworten darauf, was wahr und echt und wichtig ist. Die alten Worthülsen reichen ihnen nicht mehr, sie verlangen mehr.
Mir macht das Mut, sogar Hoffnung. Schließlich geht es um unsere gemeinsame Vergangenheit und ihre Zukunft. Und wenn es die ewiggestrigen Populisten noch so ärgert: Einige dieser jungen Leute werden schließlich den Stab eines Tages übernehmen – auch in der Politik, auch in den Wissenschaften, auch in den Religionen.
Herr Lindner, ich meine den Parteivorsitzenden seiner Bildungskommission, kräht ja nach Bildung.
Seneca meinte: es sei ausreichend habe man für sich gelernt.
Der Erziehungsauftrag meinungsbildender Bemühungen wirkt indes diskutabel, wo es um Indoktrinitationen geht und weniger um Bildung.
Nicht nur Herr Lindner stellt das mit seiner steil wirkenden These vom „Bildungsmangel“ stets eifrig bemüht das infrage.
Ich jdnfls hab da kein Prob mit, mir von Ladenschwengeln Bildungsbefreitheit unterstellen zu lassen.
In der Realität ist zum Glück das Gegenteil der hier herbeifantasierten Tendenz der Fall.
Die Jugend gibt immer weniger auf religiösen Humbug und das ist auch sehr gut und sehr richtig so.
@A G
Wie das Interesse an „religiösem Humbug“ bei „der Jugend“ ausgeprägt wäre, kann ich leider nicht beurteilen: Das große Interesse bezog sich auf die seriöse Evolutionsforschung zu Religiosität und Religionen.
Wenn ich hoffen darf, dass Sie die Evolutionstheorie anerkennen, dann werden Sie schlecht bestreiten können, dass auch die Religion in der Evolutiongeschichte entstanden sein muss.
Aber da sich viele Menschen – und gerade auch engstirnige Fundamentalisten und Antitheisten – traditionell mit Wissenschaft etwas schwer tun, verlinke ich Ihnen einfach mal einen einführenden Film. Aber Vorsicht: Im Gegensatz zu Internetblasen fordern Wissenschaften immer wieder auch zum Überdenken der eigenen Position heraus. Das überfordert viele…
https://m.youtube.com/watch?v=Iy9J9ddelVw
Ihnen alles Gute! 🙂
Früher wussten es die Menschen nicht besser und haben alles Unerklärliche Göttern und Geistern zugeschrieben. Wir leben aber im 21.Jahrhundert und brauchen solchen religiösen Quatsch nicht mehr. Wer trotz besseren Wissens immer noch glaubt, dass ein alter Mann in den Wolken lebt und von Engeln umflogen wird, den kann man heutzutage einfach nicht mehr ernst nehmen. Wissenschaft ist das Gegenteil von Religion.
@Peter Müller
Hinter Ihren gewohnt, nun ja, „meinungsstarken“ Ausführungen verbergen sich gleich mehrere nachprüfbare Thesen, u.a.:
1. Dass religiöse Menschen grundsätzlich ein naives, wissenschaftlich überholtes Gott- und Weltbild verträten.
2. Dass Wissenschaft und Religion die gleichen Fragen beantworteten.
Beides ist nachweisbar falsch – und das meine ich nun nicht primär philosophisch, sondern ganz nüchtern empirisch. Hier die empirische Kernfrage, für Sie auch gerne bebildert: 🙂
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-empirische-beweislast-der-antitheisten/
Lieber Herr Blume,
ich mag mich täuschen, aber ich habe das Gefühl, dass Sie so langsam zwischen allen Stühlen sitzen.
Ihr Einsatz für Greta Thunberg, ihre klare Positionierung gegen nicht-religiöse Verschwörungstheorien, gegen Antisemitismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und für Toleranz passt einfach aus meiner Sicht nicht zu ihrer Hoffnung auf eine Fortdauer von Religiosität in welchem Sinne auch immer.
Der Glaube an eine bestimmte Religion schließt Toleranz eigentlich aus: zumindest durfte ich das als Kind und Jugendlicher in einem sehr christlichen Umfeld so erleben.
Und logisch ist es auch, denn welcher Glaube kann es sich schon leisten einen anderen Glauben für ähnlich wahr zu halten als den eigenen, ohne in Zweifel zu versinken.
Ich freue mich auf jeden Fall auf Ihr neues Buch, und bin auch an Ihrer Seite, wenn Sie eine “verschnarchte Umwelt- und Klimapolitik” geißeln.
Beim Thema Religion werden wir wohl weiter Dissens haben, aber Sie haben meinen vollen Respekt was Ihre Positionierungen betrifft.
Falls sie zum neuen Buch Lesungen veranstalten, so werde ich diesmal hoffentlich vorbei kommen können. Weiterhin viel Freude an Ihrer Arbeit und viel Energie wünsche ich Ihnen.
Lieber @Alisier,
vielen Dank für Ihre Sorge!
Tatsächlich gehört das Brückenbauen (und gerade nicht das passive „Sitzen zwischen den Stühlen“) wohl zu meinen biographischen Konstanten: Wossi, christlich-muslimischer Dialog, Religion & Hirn- bzw. Evolutionsforschung, Realpolitik und Sonderkontingent, Bücher & Bloggen, Social Media & Aufklärung gegen Antisemitismus, Rassismus und Sexismus usw.
Und klar gibt es auch Rückschläge und Niederlagen. Doch insgesamt überwiegt immer wieder die Entdeckung: Es geht voran! 🙂
Herzliche Grüße!
Peter Müller
“der alte Mann in den Woken”, das ist mittelalterliches Denken. Sie reiten doch auch nicht mehr mit dem Pferd zum Einkaufen!
” Über allen Göttern herrscht ein einziger, oberster Gott, “bewegungslos”, ein erhabenes Wesen, das “als Ganzes” mit seinem Denken identisch sei – reiner Geist. ”(Parmenides)
Diese Aussage ist 2500 Jahre alt, als es das Christentum noch nicht gab.
Nach dem Alten Testament der Juden sollen Sie sich gar kein Bild von Gott machen.
Versuchen Sie es mal damit und vertrauen Sie einfach !
@Michael Blume:
Aus dem verlinkten Artikel: “Obwohl Atheismen seit der indischen und griechischen Antike nachgewiesen sind, kannte und kennt die Wissenschaft keine einzige Erfolgsgeschichte einer atheistischen Gesellschaft oder auch nur Gemeinschaft – nicht einmal ein einziges Beispiel einer nichtreligiösen Tradition, die auch nur ein Jahrhundert lang wenigstens stabil geblieben wäre!”
Sie kennen offenbar China noch nicht. Die kommen seit Jahrtausenden ganz gut ohne klassische Religion aus. Ich zitiere aus Wikipedia:
“Das Wesen der Religion in China unterscheidet sich deutlich von dem in Europa. In China hat die Frage nach dem Sinn des Lebens, einem Leben nach dem Tod oder nach einem allmächtigen Gott nie eine große Rolle gespielt.”
Oh doch, @Peter Müller – ich kenne China, war auch schon da. 🙂
Und selbstverständlich hatte China reichhaltige Religionen. Abgesehen davon, dass sich auch die chinesische KP religionsförmig präsentierte, scheiterte auch sie an der Abschaffung des Glaubens und sieht sich heute wachsenden Religionen gegenüber.
Und dann stimmt auch dort die demografische These: Auch nach der Abschaffung der 1-Kind-Politik steigen die Geburtenraten noch kaum (und dass vor allem Mädchen fehlen, sei ebenfalls erwähnt).
Selbstverständlich steht es Ihnen frei, wissenschaftliche Erkenntnisse zu den sozialen und demografischen Potentialen von Religion(en) zu ignorieren. Es braucht viel Mut, tatsächlich wissenschaftlich zu lesen und zu denken… 🙂
Alisier
deine Meinung ” passt einfach aus meiner Sicht nicht zu ihrer Hoffnung auf eine Fortdauer von Religiosität” ist ein typischer Fall von Projektion. Was man sich wünscht, das muss auch wahr sein.
Gerade hat Herr Altmaier geunkt, die fetten Jahre seien vorbei. Und wenn es den Menschen wieder schlechter geht, dann erinnern sie sich wieder an ihren Gott.
Gottvergessenheit ist ein Wohlstandsphänomen.
@bote19
“der alte Mann in den Woken”, das ist mittelalterliches Denken.
Für mein Empfinden ist die Kirche noch mittelalterlich. Erst 1992 konnte sie sich zum heliozentrischen Weltbild durchringen, das sie jahrhundertelang abgestritten hat. Wie ist denn die “moderne” Vorstellung von Gott?
“Versuchen Sie es mal damit und vertrauen Sie einfach !”
Nein, ich glaube nichts und vertraue auf nichts, was mir nur jemand erzählt, für das aber nicht den geringsten Anhaltspunkt, geschweige denn Beweis gibt. Und warum soll es jetzt ausgerechnet der biblische Gott sein? Warum nicht Zeus, Horus, Ra, Odin oder Manitu?
“zwischen den Stühlen”
Für die fest auf ihren Stühlen (Wahrheiten) Sitzenden kann es nicht anders sein, als dass jeder andere auch auf einem Stuhl sitzt (so lässt sich vorstrefflich und endlos streiten).
Dann doch lieber ein Außenstehender.
Vielen Dank, @Abronsius. Tatsächlich schätze ich Stühle als Orte, von denen man gut arbeiten, lesen und auch essen kann.
Doch finde ich es schade, wenn Menschen der Mut fehlt, hin und wieder auch von ihren Stühlen aufzustehen, in die Freiheit zu gehen und sich gar – und sei es probeweise – auf andere Stühle zu setzen. Und evolutionär gesehen scheinen auch Tische und Betten von einiger Bedeutung zu sein! 😉
Kurz geschrieben: Das Leben scheint mir dynamischer zu sein als es jedes einzelnes Holzmöbel sein könnte.
Peter Müller
Das moderne Weltbild der christlichen Kirche schließt die Wissenschaft mit ein, sogar die Evolution wird anerkannt.
Wenn Sie mehr an einen persönlichen Gott denken, dafür gibt es Jesus aus dem Neuen Testament. Das war ein Mensch, der für die Menschheit gestorben ist, zur Vergebung der Sünden. Er hat sich selbst als Menschensohn bezeichnet, die Christen bezeichnen ihn als Gottessohn.
Wenn Sie es lieber mit dem Alten Testament haben, da gibt es den transzendenten Gott, der kein Mensch ist, der auch keinen richtigen Namen hat. Er selbst hat sich vorgestellt mit den Worten : “Ich bin, der da ist.” Das ist alles. Und er hat der Menschheit die 10 Gebote, den Dekalog , hinterlassen. Der ist die Grundlage der Rechtssprechung in fast allen Ländern der Erde.
Über 1 Milliarde Menschen glauben an diese Form von Gott.
@Michael Blume
Die “Religionen” in China sind eher Lebensweisheiten und keine Fantasien von übernatürlichen, unsichtbaren Wesen. Es gibt keine Götter, keine Schöpfung, keine “unbefleckte Empfängnis”, keine “Auferstehung”, keine “Himmelfahrt”, keine Propheten, keine Männchen aus Ton das zum Leben erwachten, keine Frau aus der Rippe des Mannes, kein Paradies, keine Hölle usw. Es geht nur um die Menschen.
“Im Zentrum chinesischen Denkens standen stets das Leben, die Erde, Harmonie und das Glück der Menschen, nicht ein unsichtbarer Gott im Himmel. Der chinesische Philosoph Lin Yutang schrieb darüber: „Dem westlichen Geist ist es kaum fassbar, dass die Beziehung von Mensch zu Mensch ohne den Gedanken an ein höchstes Wesen fruchtbar gestaltet werden könnte, während es dem Chinesen ganz ebenso erstaunlich vorkommt, weshalb die Menschen sich nicht auch ohne den Gedanken an einen Gott untereinander anständig sollten benehmen können”
Ach, @Peter Müller – das tut nun wirklich weh… Selbstverständlich sind die chinesischen Religionen auch einfach Religionen – und entsprechend voller höherer Wesenheiten wie Gottheiten und Geistern. Es gibt neben komplexen Ahnenkulten auch Abertausende verschiedener, oft lokaler Gottheiten und Geister. Sogar der Buddha, der “Lord Tao” und Konfuzius selbst wurden und werden vielfach als höhere Wesen, in Statuen, mit Opfergaben und Anrufungen verehrt. Hinzu kommt das starke Wachstum christlicher, neureligiöser Bewegungen sowie die brutale Unterdrückung tibetisch-buddhistischer und uigurisch-islamischer Praktiken. Und vielleicht haben Sie ja auch schon von Falun Gong und der folgenden Panik und Verfolgungskampagnen der KP gehört?
Hier ein – allerdings englischsprachiges – Video, das Ihnen einen kleinen Einblick in die reiche Religionsgeschichte Chinas eröffnet:
https://www.youtube.com/watch?v=dkQv58t8uPg
Eine “religionslose” Menschengesellschaft hat es seit Menschengedenken nie gegeben – und wird es, schon aus demografischen Gründen, wohl auch in naher Zukunft nicht geben. Ja, Wissenschaft kann hart sein. 🙂
@bote19
Dann doch lieber Ra, den Sonnengott. Der macht wenigstens Sinn, denn die Sonne gibt es wirklich und sie ist auch der Grund für das Leben auf unserer Erde. Und das beste, man kann sie/ihn jeden Tag wirklich sehen.
Peter Müller
Sie haben die größte Hürde schon genommen, nämlich , dass der Mensch glaubt niemanden Rechenschaft schuldig zu sein. Niemanden danken zu müssen. die Sonne ist schon mal ein guter Anfang.
Sonnenlicht schafft Vitamin D und das macht glücklich.
@Michael Blume:
“Und vielleicht haben Sie ja auch schon von Falun Gong und der folgenden Panik und Verfolgungskampagnen der KP gehört?”
Haben Sie sich schon mal deren Symbol angesehen? In Deutschland wäre es wohl verboten.
“Eine “religionslose” Menschengesellschaft hat es seit Menschengedenken nie gegeben – und wird es, schon aus demografischen Gründen, wohl auch in naher Zukunft nicht geben.”
Nein, die Wissenschaft und mit ihr die Rationalität sind auf dem Vormarsch und mittelalterlicher Aberglaube stirbt langsam aus. Schauen Sie sich nur mal die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Kirchen in Deutschland an. Vor nicht allzulanger Zeit haben Menschen wie Sie noch unschuldige Frauen auf Scheiterhaufen verbrannt, weil sie angeblich “Hexen” waren. Das war damals für die Gläubigen ein unumstößlicher Fakt, den jedoch selbst Sie vermutlich heute anzweifeln. Hoffe ich doch.
@Peter Müller
Über den Verschwörungsglauben – einschließlich des Hexenglaubens – habe ich sogar bereits ein Buch geschrieben, zu Antisemitismus erscheint im März ein weiteres.
Und keine Religion hat auch nur annähernd so viele Menschen auf dem Gewissen wie die nichtreligiösen Ideologien des 20. Jahrhunderts. Nicht zufällig kann sich keine Gesellschaft ohne Religionsfreiheit positiv entwickeln.
Es ist nicht meine Aufgabe, Ihre materialistische Geschichtsdeutung zu hinterfragen. Die empirischen Daten zu Gemeinschaften und Religionsdemografie liegen Ihnen vor. Es ist Ihr gutes Recht, Wissenschaft zu ignorieren und sich dennoch für „wissenschaftlich“ zu halten. Damit sind Sie in vielfältiger Gesellschaft. 🙂
Lassen wir der Evolution und der Wissenschaft doch einfach ihren Lauf. Ihnen alles Gute. 🍀
@Michael Blume
“Und keine Religion hat auch nur annähernd so viele Menschen auf dem Gewissen wie die nichtreligiösen Ideologien des 20. Jahrhunderts”
In absoluten Zahlen eventuell. Man muß dabei auch berücksichtigen, dass sich die Weltbevölkerung seit 1800 ungefähr versechsfacht hat und auch erst seit Anfang des 20.Jahrhundert Waffen entwickelt wurden, um Menschen in Massen umzubringen.
In relativen Zahlen sieht die Sache schon ganz anders aus, denn allein der 30jährige Krieg hat 20-45% der Bevölkerung des Heiligen Römischen Reiches das Leben gekostet. Das entsprach damals 3 – 7 Millionen Opfern und würde umgerechnet auf das heutige Deutschland 16 – 36 Millionen Ofern entsprechen.
Ja, @Peter Müller – und dem steht wiederum die verblüffend kurze Zeit gegenüber, in der säkulare Ideologien Hekatomben von Opfern verursachten.
Der säkulare, freiheitliche Rechtsstaat bietet meines Erachtens das Beste aus beiden Welten: Eine humanistische Friedensordnung, auf der Religionen und Weltanschauungen friedlich ihre Potentiale entfalten und miteinander wetteifern können. Und dann also Bahn frei für die Erkenntnissuche und die biokulturelle Evolution… 🙂
@ Michael Blume
Man kann, lieber Herr Blume, die desaströsen Ideologien des 20ten Jahrhunderts mit Fug und Recht auch als hochreligiös ansehen.
Da ist so ziemlich alles drin, was religiöse Systeme ausmacht, Gottesfigur inklusive.
“Nicht zufällig kann sich keine Gesellschaft ohne Religionsfreiheit positiv entwickeln.”
Ich stimme Ihnen da gerne zu. Und wenn wir hier das Wort “Religionsfreiheit” durch “Glaubensfreiheit” ersetzen stimme ich ihnen in vollem Umfang zu.
Beim Thema Religionsdemografie würde ich mich sehr gerne einmal ausführlich mit Ihnen privat unterhalten, falls sich das einmal ergeben sollte. Trotz Lektüre vieler Ihrer Artikel und Bücher bleiben zu viele offene Fragen um mich Ihnen in Ihrer Bewertung anschließen zu können.
Der Ansatz ist interessant, gar keine Frage. Überzeugend ist er für mich nicht. Da geht es mir genau so wie einst Ludwig Trepl. Aber die Erleuchtung kann ja noch kommen.
Und beim Thema Antisemitismus wie bei vielen anderen ähnlich gelagerten sollten wir einfach trotz eventueller Differenzen schon aus Gründen der Redlichkeit zusammenhalten. Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber da ist ein Schulterschluss über alle Denk- und Einschätzungsgrenzen hinweg aus meiner Sicht absolut unumgänglich.
Seien Sie nochmals herzlichst gegrüßt.
@Alisier
Ja, da sind wir uns einig: Religionsfreiheit muss positiv wie negativ gelten und also Glaubens- und Gewissensfreiheit einschließen, vgl.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/saekularisierung-im-islam-verfolgung-von-ex-musliminnen-agnostikern-atheistinnen/
Vielen Dank auch für Ihr sonstiges Interesse – vielleicht kreuzen sich die Wege ja einmal. Allerdings habe ich da keinen wissenschaftlich-moralischen Impuls. Mir reicht es, das Wissen anzubieten. Die meisten Menschen akzeptieren ohnehin nur, was in ihre Vorannahmen passt und ich bilde mir nicht ein, das ändern zu können. 🙂
@Michael Blume:
Am Willen den Gegener zu vernichten, hat es auch religiösen Eiferern nie gemangelt. Sie hatten nur nicht die Mittel dazu. Hätte es zu Zeiten des 30jährigen Kriegs schon Atomwaffen gegeben, würden wie wohl heute nicht mehr existieren.
@Peter Müller
Zu Atombomben und Religion(en) gilt es bald einen Blogpost, versprochen. 🙂