J.R.R. Tolkien: Fantasy als Sub-Schöpfung und christlicher Gottesdienst

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Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Weihnachten naht, ich habe Kinokarten für den “Hobbit” und es gilt, ein Versprechen gegenüber dem Kommentator @Skeptiker aus dieser Blogdebatte einzulösen: Ein Blogpost über John Ronald Reuel Tolkien (1892 – 1973), Fantasy & Religion im “Herrn der Ringe”. Schon heute wird Tolkiens Welt und Queste zu den bedeutendsten Literaturwerken des 20. Jahrhunderts gezählt – über Jahrzehnte ausgearbeitet auf Basis v.a. christlicher, altenglischer (Beowulf) und finnischer (Kalevala) Mythologien samt eigener Sprachen. Was aber – gerade im deutschen Sprachraum – sehr wenige wissen: Der katholische Christ Tolkien verstand fantastische Literatur keinesfalls als belanglose Spielerei, sondern betrieb seinen “Weltenbau” mit einer durchdachten, religiösen Motivation! Schon die erste Anregung und den Namen seiner Welt erhielt er aus einer altenglisch-religiösen Gedichtsammlung, dem “Cynewulf / Crist”, wo er über die Zeilen stolperte:

„Eala Earendel engla beorhtast
ofer middangeard monnum sended“

„Heil dir Earendel, strahlendster Engel,
über Mittelerde den Menschen gesandt“

Während “Der Hobbit” noch vor allem für seine Kinder geschaffen war und beinahe zufällig bei einem Verlag landete, scheiterte Tolkien mit dem Versuch, eine frühe Version seiner Mythensammlung “Silmarillion” zu veröffentlichen am Einspruch eines Verlegers, der trocken – und zu Recht – bemerkt haben soll: “Das liest sich ja wie das Alte Testament!” Während der jahrelangen Arbeit am Herrn der Ringe (HdR) hielt Tolkien 1937 den komplexen, langen und daher in Deutschland noch wenig bekannten Vortrag “On Fairy StoriesÜber fantastische Geschichten“, in dem er fantastisches Schreiben als “Unter-Schöpfung” (Sub-Creation) und als Form des Gottesdienstes thematisierte!

JRRTolkienKleinerSchoepferVortragsfolie aus: Blume, M. (2013): Zeit, Evolution und Glauben. Universität Münster, ZIT 2013

 

Für Tolkien spiegelt sich in der Fähigkeit des Menschen, “sekundäre Welten” erschaffen zu können, nicht weniger als die Ebenbildlichkeit des Schöpfers, der den Menschen in der “primären Welt” geschaffen habe. (S. 18:)
“Fantasy remains a human right: we make in our measure and in our derivative mode, because we are made: and not only made, but made in the image and likeness of a Maker.”
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“Fantasy bleibt ein Menschenrecht; wir schaffen nach unserem Maß und unseren Methoden der Ableitung, weil wir geschaffen wurden; und nicht nur geschaffen, sondern erschaffen im Bild und in der Ähnlichkeit eines Schöpfers.”
Im Gegensatz zur Zauberei und anderer Illusionskünste gehe es bei der Fantasy, so Tolkien, gerade nicht darum, eine diesseitige Realität in der “primären Welt” vorzutäuschen, sondern eine “sekundäre Welt zu erschaffen”. Entsprechend zeigten die fantastischen Kreaturen wie Elfen oder Drachen schon dem Kinde an, dass es sich nun in einer anderen, geschaffenen Welt befinde. (S. 12:)
“What really happens is that the story-maker proves a successful “sub-creator.” He makes a Secondary World which your mind can enter. Inside it, what he relates is “true”: it accords with the laws of that world. You therefore believe it, while you are, as it were, inside. The moment disbelief arises, the spell is broken; the magic, or rather art, has failed. You are then out in the Primary World again, looking at the little abortive Secondary World from outside.”
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„Was tatsächlich geschieht, ist, daß sich der Erzähler als ein erfolgreicher ‚Unterschöpfer‘ erweist. Er schafft eine Sekundärwelt, die unser Geist betreten kann. Darinnen ist “wahr”, was er berichtet: Es stimmt mit den Gesetzen dieser Welt überein. Daher glauben wir es, solange wir uns gewissermaßen darinnen befinden. Sobald Unglaube aufkommt, ist der Bann gebrochen; der Zauber, oder vielmehr die Kunst, hat versagt. Und dann sind wir wieder in der Primärwelt und betrachten die kleine, mißlungene Sekundärwelt von außen.”
Hier wird bereits deutlich, dass der engagierte Familienvater Tolkien sich empört dagegen wandte, dass Fantasy nur Kinderliteratur sei. Dies sei ein Mißverständnis, nicht zuletzt aufgrund falsch verstandener Kindheit – die wiederum “aufgrund des zunehmenden Rückgangs von Kindern” (S. 14) um sich greife.
Denn die Fantasy erfülle für die Menschen allen Alters wesentliche Funktionen der Recovery (Wiederherstellung; Wiedergewinnung der Lebensfreude, des Staunens), der Escape (zeitweise Flucht aus dem von Zwängen bestimmten Alltag) und schließlich der Consolation (Trost und Hoffnung) – letztlich auf Christus verweisend.
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Denn eine tiefe, fantastische Geschichte führe die Charaktere – und damit auch die Lesenden – durch furchtbare Gefahren zu einem glücklichen Ende, durch eine Eukatastrophe. (S. 22:)
“The eucatastrophic tale is the true form of fairy-tale, and its highest function.”
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“Die eukatastrophische Geschichte ist die wahre Form der fantastischen Geschichte; und ihre höchste Funktion.”
Und das Evangelium sei schließlich, so Tolkien, die höchste und wahre Form aller Eukatastrophen – zugleich fantastisch und wahr. (S. 24:)
“The Christian joy, the Gloria, is of the same kind; but it is preeminently (infinitely, if our capacity were not finite) high and joyous. But this story is supreme; and it is true. Art has been verified. God is the Lord, of angels, and of men—and of elves. Legend and History have met and fused.”
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“Die christliche Freude, die Glorie, ist von der selben Art; aber sie ist in hervorragender Weise (unendlich, wenn unsere Kapazitäten nicht endlich wären) hoch und freudvoll. Aber diese Geschichte ist die Höchste; und sie ist wahr. Kunst wurde bewahrheitet. Gott ist der Herr, von Engeln, und von Menschen – und von Elfen. Legende und Geschichte sind sich begegnet und sind verschmolzen.”
Es bleibe aber noch vieles zu tun – auch im Bereich der Fantasy, denn das “Evangelium hat die Legende nicht aufgehoben, sondern geheiligt” (S. 24:)
“The Christian has still to work, with mind as well as body, to suffer, hope, and die; but he may now perceive that all his bents and faculties have a purpose, which can be redeemed. So great is the bounty with which he has been treated that he may now, perhaps, fairly dare to guess that in Fantasy he may actually assist in the effoliation and multiple enrichment of creation.”
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“Der Christ hat noch immer zu arbeiten, mit dem Geist wie mit dem Körper, zu leiden, zu hoffen und zu sterben; doch er kann nun wahrnehmen, dass all seine Krümmungen und Fähigkeiten ein Ziel haben, das eingelöst werden kann. So groß ist der Schatz, der ihm geschenkt wurde, dass er nun, vielleicht, zu Recht annehmen darf, dass er durch die Fantasy zum Schmuck und zur vielfachen Bereicherung der Schöpfung beitragen kann.”
Andere Christen haben einen Sinn in ihrem Leben darin gefunden, zu Ehren Gottes Kathedralen zu errichten – J.R.R. Tolkien errichtete Ihm eine fantastische Welt mit eigenen Mythen und Sprachen. Dabei schöpfte der spätere Professor für englische Sprache aus den Überlieferungen der Völker – nicht, weil ihm die christlichen Mythen nicht ausgereicht hätten, sondern weil er durch Gott alle schöpferischen Legenden und Sprachen als “geheiligt” sah. Entsprechend fiel er auch nicht auf den tumben Reduktionismus sowohl der biblischen Fundamentalisten wie der aggressiven Antitheisten herein – sondern erkannte, dass es die Mischung aus Fantastik und Geschichte war, die den Mythen der Bibel ihre Kraft verliehen.
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Tolkien starb zwei Jahre nach seiner lebenslang geliebten Frau Edith. Sein ältester Sohn, John Francis Reuel (1917–2003), war 1946 zum katholischen Priester geweiht worden und las ihm die Messe. Auf dem gemeinsamen Grab des Ehepaars Tolkien in Oxford werden unter dem Zeichen des Kreuzes nicht nur ihre Namen der primären Welt angegeben, sondern auch “Luthien” für Edith und “Beren” für J.R.
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Wer da behauptet, Fantasy habe mit Religion(en) bzw. Religionswissenschaft nichts zu tun, hat das 20. Jahrhundert und dessen Herrn der Ringe nicht verstanden. Wir haben gerade erst begonnen, unseren Hunger nach Mythen interdisziplinär & evolutionär zu erkunden.
TolkienOnFairyStories

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

49 Kommentare

  1. Sorry, lieber Michael aber – gerade als katholischer Theologe und als Katholik – sehe ich das eher wie dieser freundliche SPIEGEL-Kommentator hier.

    Fantasy hat ALLES mit Religion, aber NICHTS mit dem christlichen Glauben zu tun, welcher sich allenfalls religiöser Ausdrucksformen bedient, sie aber im Grunde aufhebt (im Hegelschen Sinne). Ein vor allem religiöses Christentum ergibt immer ein Zerrbild des sehr diesseitsbezogenen christlichen Glaubens. Für Eskapismus jeglicher Art gibt es im christlichen Glauben keinen Platz.

    Interessant fand ich den Gedanken, dass Fantasy auch nichts mit Fantasie zu tun hat … Übrigens funktioniert auch biblische Apokalyptik ganz anders – wie gute Kunst versucht sie etwas sichtbar zu machen, was unserer Aufmerksamkeit entgeht und ganz und gar nicht Produkt unserer Fantasie ist oder sogar zu einer “second world” gehört. Es ist auch ganz falsch, dass das Mitschöpfer sein, das die Bibel dem Menschen zuschreibt, mit der Fähigkeit zusammen hängen soll, sich Quatsch auszudenken.

    Du merkst schon, bei mir ist Hopfen und Malz verloren, ich mag dieses Hobbit-Herr-der-Ringe-Dingsda-Zeugs absolut und überhaupt nicht, es langweilt mich zu Tode. Aber wenn hier sogar wesentliche oder innerste Zusammenhänge zum christlichen Glauben behauptet werden (z.B. von Tolkien oder Dir), die es nicht gibt, kann man das nicht einfach unkommentiert durchgehen lassen. Finde ich.

      • Mir gefällt, erwartungsgemäß und sehr berechenbar, das P.S. dieses Beitrags auf phantanews am allerbesten. 😉

      • Lieber Herr Hoppe,
        ich bin auch Katholik, teile Ihre Meinung zu Tolkien aber überhaupt nicht.

        Jetzt noch zwei Sachen zu dem von Ihnen verlinkten SpOn-Kommentar. Dort heisst es:

        Jeder Aufenthalt in Mittelerde endet mit der Einsicht in die Vergeblichkeit solcher Ausflüge. Auf den Wolkenkuckuckskontinenten der Fantasy wird Fantasie in der Regel nicht angeregt, sondern eingezäunt und abgebaut.

        Das mag für einige Leute Zutreffen, für mich allerdings nicht. Ich finde es in der Regel eher erstaunlich, wenn ein Autor (oder eine Autorin) sich eine sehr Detailreiche Welt ausgedacht hat. Oftmals haben die Leute nämlich so schöne, interessante Ideen, auf die ich eher weniger kommen würde, warum auch immer.

        Zweites Zitat von SpOn:

        Je akribischer Nicht-Orte wie Gondor oder Westeros kartografiert werden, umso mehr schwächen diese experimentellen Topografien unser Interesse für echte Orte und das, was dort geschieht.

        Mit Verlaub, aber das halte ich für Quatsch mit Sosse. Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Das Problem dabei ist ja, das man sich nicht für alles Orte in der Welt interessieren kann; – wir Menschen sind nun mal eben Menschen und nicht Gott, der überall gleichzeitig ist. Und deshalb sind wir auf’s selektieren angewiesen.

        Ach ja, wenn Sie (oder sonstwer) fragen, warum ich das hier kommentiere? – Zum einen kommentiere ich nichts auf SpOn, weil ich da eh nur lese, wenn dorthin verlinkt wird. Zum anderen teilen Sie ja die Meinung des SpOn-Autors, also wird meine Meinung Sie hier eher erreichen, als wenn ich sie dort schreibe.

        Jetzt zur Fantasy allgemein: Da frage ich mich gerade, ob Sie diese Ansicht nur auf das Tolkiensche Werk beziehen oder auf das Genre der Fantasy ganz allgemein?

        Mir gefällt, erwartungsgemäß und sehr berechenbar, das P.S. dieses Beitrags auf phantanews am allerbesten. 😉

        Nun ja, man kann das Werk Tolkiens für Überbewertet halten. Ich bin kein Literaturwissenschaftler, deshalb mag ich das nicht sachlich bewerten. Aber vom Gefühl her und dem was ich bisher so über Fantasy im Zusammenhang mit Tolkiens Werk gelesen habe, würde ich doch sagen, dass Tolkien einen wesentlichen Teil zur Entwicklung des Genres im 20. Jahrhundert beigetragen hat. Man bedenke nur mal die vielen Quest-Geschichten, die danach kamen und erst in den 1990er Jahren weniger wurden. Die waren fast alle von ihm inspiriert.

      • Wenn ich mich nicht völlig irre, bin ich dem Autoren des erwähnten Artikels vor zwei Wochen über den Weg gelaufen. So klein ist die Welt. Toller Beitrag zur Debatte!

    • Man kann zwei Extremaufassungen zur guten alten Realitätsflucht ausmachen:
      1. Die Auffassung, die in Brechts epischen Theater zum Ausdruck kommt, dass der Zuschauer möglichst erkennen soll, dass das alles fiktiv, nur Maskerade ist. Das Theater dient dazu, den Zuschauer auf den Klassenkampf hinzuweisen.
      2. Die Aufassung Tolkins.

      Die Mehrheit der Menschheit, mich eingeschlossen, ist wohl irgendwo in der Mitte. Man will sich verzaubern lassen, wird aber von Bezügen zur “echten Realität” abgezogen.

      Was die Verachtung des Genres Fantasy angeht: Das ist eigentlich kaum eine Meinung, sondern drückt ja in erster Linie eine Abneigung aus. Selbstverständlich sei es jedem gegönnt, sich seine Abneigung selbst auszusuchen. Viele der Serien und Filme, die so im deutschen TV laufen, finde ich persönlich auch sterbenslangweilig oder sogar schrecklich anzusehen. Aber ich akzeptiere natürlich, dass sich Leute so etwas ansehen.
      Das soll auch kein Relativismus sein (denn eine relativistische Auffassung zur Unterhaltung ist leider sehr verbreitet), ich nehme Kunst und Unterhaltung und die Botschaften, die damit transportiert werden, durchaus ernst. Ich finde es schade und auch nicht gut, dass dies heutzutage nicht getan wird. Umgekehrt werden dafür meiner Meinung nach einige anderen Ideen von den Leuten viel zu ernst genommen, aber das wäre ein anderes Thema…

    • @ Christian Hoppe: “Ein vor allem religiöses Christentum ergibt immer ein Zerrbild des sehr diesseitsbezogenen christlichen Glaubens. Für Eskapismus jeglicher Art gibt es im christlichen Glauben keinen Platz.”

      Mir ist nicht klar, was Sie unter einem “religiösen Christentum” verstehen. Das Urchristentum war doch pur eskapistisch, man erwartete das Ende der Welt und die Rettung der Gläubigen, siehe die Weltflucht der ersten Mönche in der Thebäis oder gar Simeon Stylites, der Eremit auf der Säule. War das ein Missverständnis oder ein Irrtum?

      Ich möchte aber Tolkien nicht verteidigen, ich habe ihn nicht gelesen und kenne nur die Filmtrilogie HdR. Bei Literatur ist mir persönlich wichtig, dass jemand nicht nur etwas zu sagen hat, sondern dass er/sie sich auch ausdrücken kann, eben schreiben kann, Sprache, Stil etc. Ist Tolkien als Stilist berühmt?

      Für mich sind religiöse Schriften interessanter, die geglaubt werden oder wurden. Zur Erforschung des homo religiosus sind sie authentischeres Material als Kunstmythen. Was nicht ausschließt, dass man auch dort interessante Einsichten finden kann.

      • Bei Literatur ist mir persönlich wichtig, dass jemand nicht nur etwas zu sagen hat, sondern dass er/sie sich auch ausdrücken kann, eben schreiben kann, Sprache, Stil etc. Ist Tolkien als Stilist berühmt?

        Ob er als Stilist berühmt ist, kann ich nicht sagen, aber ich weis aus Diskussionen in Literaturforen, das sein Stil als gewöhnungsbedürftig gilt, weil er eine recht eigenwillige Art hat, seine Geschichten zu erzählen. Am besten macht man sich selbst ein Bild davon oder sucht geeignete Sekundärliteratur, womit ich allerdings nicht dienen kann.

    • Hallo ich mag Hegel auch sehr, aber jeder kann da ja nicht bewandert sein; warum verachten sie denn so die Volksfrömmigkeit umd wollen das alles so clean. Tut mir leid ich will nichts Böses sagen aber bei ihnen mit ihrer Mischung aus Neurowissschaft and dogmatischem Katholizismus was ist da das Problem warum mögen sie die Qualia nicht, die Gefühle, das unklare Wirre woraus das Leben besteht. Es ärgert mich ungemein wenn sowas verachtet wird, haben sie schon mal richtich gearbeitet also bei Regen und Schnee wenn sie eine Maschine reparieren müssen, und sie müssen dann müssen diese und jene Messung machen, dass es ja nicht ausser der Garantie ist. Wissen sie wie bischissen es ist richtig zu frieren und dann noch geistig arbeiten zu müssen?

  2. @Christian Hoppe

    “Übrigens funktioniert auch biblische Apokalyptik ganz anders – wie gute Kunst versucht sie etwas sichtbar zu machen, was unserer Aufmerksamkeit entgeht und ganz und gar nicht Produkt unserer Fantasie ist oder sogar zu einer “second world” gehört.”

    Hört hört, wenn da nur nicht das theologische Dogma der SCHEINBAR unausweichlichen Hierarchie wäre – für solch Fantasy, die den Menschen dieser Welt- und “Werteordnung” Hoffnung gibt, solltet ihr “christlich Gläubigen” dankbar sein, wenn da nicht … 😉

    • @Christian Hoppe

      Die “Kunst” ist Philosophie, die Mensch klarmachen soll, daß die Vorsehung bis zur Apokalypse / das Schicksal / die “göttliche Sicherung” sehr wohl UND NUR GEMEINSAM überwindbar ist, zu den Möglichkeiten in geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein, wie “im Himmel all so auf Erden” 🙂 Die Kirchen und ihre Theologie aber spielen weiter mit der nur zeitgeistlich-kreislaufenden und somit unveränderten Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und “Individualbewußtsein” 😉

  3. Bei dem Vergleich könnte man auch auf Tolkiens Freund C.S.Lewis verweisen, dieser hatte z.B. bei der Narnia Reihe seinen christlichen Glauben direkt in eine Fantasy übertragen. Tolkien hingegen wollte weniger erklären als viel mehr selber erschaffen.
    Solche Werke als Gottesdienst zu sehen, hier Motivation, Gestaltung und Auswirkung klar zu definieren, wird nur Ansichtssache uns Stückwerk bleiben können — aber interessant allemal.

    • Ja, @sindemal – Narnia ist schon eine ziemlich offensichtliche, christliche Parabel, HdR ein Stück unabhängiger, gleichwohl “sub-schöpferisch” motiviert. Die Debatten der Inklings wären für Religionswissenschaftler sicher ein Fest gewesen! 🙂

        • @Joe

          Tatsächlich taucht auch dieser Aspekt bei Tolkien auf! In “Athrabeth Finrod ah Andreth” (“Die Diskussion zwischen Finrod and Andreth”) wird der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass der beobachtende Illuvatar einst in den Weltenlauf eintreten und die Welt heilen werde!

          Passend und verweisend zu Weihnachten… 😉

          Dir auf diesem Wege auch ein Dank für die vielen lieben Tweets!

          • Nur käme das in etwa der Idee gleich, in sich selbst einzugreifen, wenn man die Entstehung der Existenz dort berücksichtigt.

            Illuvatar hatte in Gedanken ein Musikstück/Orchester, welches ihn selbst wiederspiegelte. Also sein Denken und sein.

            Dabei gab es 2 Musikstücke, die insgesamt die Ainur als verschiedene Aspekte davon hervorbrachten. Die Ainur wiederum, welche (als Summe) nun also das Ebenbild von Illuvatar waren, sollten die Welt/Arda erschaffen, was wiederum bedeutet das die Existenz als solches, ein Ebenbild von Illuvatar ist. Der einzige Unterschied ist, das der Kreative Aspekt von ihm, der Leben erschaffen wollte, nicht die Erlaubnis, nicht das Lebensspendente Feuer verwenden durfte (Melkor) und allein aus dem Grund, aus der Verweigerung dieser Erlaubnis, gab es überhaupt das Böse und somit eine Abweichung als “Wiederspiegelung” zu Illuvatars Sein an sich. Sprich die Welt und 1ner der Ainur, sind nicht so, wie von Illuvatar geplant, weil Illuvatar diese Erlaubnis verweigerte. Und das wiederum spricht für eine Unperfektion.

            Und deshalb, wenn er die Welt heilt, ist es quasi so als xD hätte er sich selbst irgendwo aufgeschürft und würde sich wieder n Pflaster drauf kleben.

          • Was, lieber @Sebastian, wie der fromme Katholik Tolkien selbstverständlich wusste, dem Evangelium des Kreuzes sehr nahekommt…

            In ihrem sehr lesenswerten Buch „Green Suns and Faerie: Essays on Tolkien“ ging Verlyn Flieger m.E. sehr überzeugend diesen Fragen nach – die tolkiensche Schöpfungsgeschichte etwa unter der Perspektive der Willensfreiheit erkundend.

            Dass das Christliche nicht kopiert werden brauche, da am Ende alle Fantasie auf das „Evangelium“ zulaufe, hatte Tolkien nicht nur gegenüber C.S. Lewis betont, sondern auch in seinem großen Vortrag „On Fairy Stories“ von 1938.

    • Mir wurde beim Lesen diese Artikels auch zum ersten mal richtig klar, warum Tolkien die Erzählungen von C.S.Lewis so stark kritisiert hat. Zu Tolkiens Auffassung von Fantasy passen christlich Gleichnisse in Geschichten überhaupt nicht, da Lewis ja somit Geschehnisse aus der “Primärwelt” mit der geschaffenen “Sekundärwelt” vermischt.
      Tatsächlich sehr interessant!

      • @Ronald Baumgarten

        So ist es! Wenn Menschen in der Fantasy Parallelen zur Primärwelt finden, ist das aus Sicht Tolkiens völlig akzeptabel. Aber ein Autor, der seine Sekundärwelt gleich auf Aussagen der Primärwelt anlegt, hätte nach Tolkien das Wesen der “Sub-Schöpfung” teilweise verfehlt.

  4. An dieser Stelle berichtige ich mich:

    Der vorhin von mir geposteten Link verweist auf die Aussage eines Theologen, der in Bezug auf den Hobbit “zutiefst christliche” Eigenschaften.bzw. Parallelen vorfindet. Den Fantasy-Aspekt findet man bei jenem Text von theologischer Seite aus vorrangig jedoch beim Hobbit, weniger beim Christentum.

    Meiner persönlichen Ansicht nach scheinen vor allem mittelalterlich geprägte Vorstellungen des Christentums den Nährboden für Fantasy-Literatur à la Tolkien oder C.S. Lewis erbracht zu haben. Engels-, Teufels-, Dämonen-, Henkerserzählungen oder auch die Spannungen zwischen Gut und Böse lassen sich in vielen Fantasy-Literaturen vorfinden – wenn auch nicht immer offensichtlich.

  5. Bin ein großer Fan guter Fantasy unter anderem auch Tolkien und was daran falsch sein soll, ein bisschen in eine Fantasiewelt abzutauchen will mir auch nicht klar werden.

  6. Liegt die Frage (bzw. vielmehr die Antwort darauf), was Fantasy und was Glaubensaussage, weltanschauliche Parabel etc. ist, nicht letztlich völlig ausserhalb des Werks, in Intention und Rezeption?

    • @Andreas

      Tolkien argumentiert vom Autor und dessen “Sub-Schöpfung” her, der wiederum gegenüber Gott, dem eigentlichen Schöpfer, verantwortlich sei. Eine Dekonstruktion des Autors zugunsten des Rezipierenden ist bei ihm also nicht zu finden.

      (Persönlich neige ich zu einer mittleren Position, wonach jede Wahr-Nehmung eines Werkes zwar keine unabhängige Konstruktion, aber doch eine dialogische Re-Konstruktion darstellt.)

  7. Danke Michael, für den Einblick in die Intentionen des großen Altmeisters der Fantasyliteratur Tolkien und was ihn zu seiner Literatur motivierte. Der Disput des Begründers der Inklings mit C.S.Lewis hätte mich auch interessiert. Gibt es dazu wissenswertes (in Deutsch) zu lesen? Die Komplexität der erschaffenen Welten beeindruckt mich wie am ersten Tag.

    Vielleicht wären Tolkien’s Sub-Welten ja wirklich näher an der Urgeschichte des AT (aus der Perspektive eher eines AT-Propheten, (bzw. prämodernen Zeitgenosssen) zu verorten und stattdessen die Fantasywelten eines C.S.Lewis näher am NT aus dem Blickwinkel jener, welche Nahe am Evangelium” stehen (bzw. endzeitlicher, postmoderner Zeitgenossen)?

    Die Durchdringung, bzw. Überschneidung der Fantasywelt (als sich verwirklichender Mythos) mit der uns bekannten realen Welt ist m.W. die Handschrift eines C.S.Lewis. Sie schafft einen ermutigenden und hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft. Während Tolkien eher Vergangenheit, und Herkunft im Fokus hat.

    Bin jedenfalls als Jugendlicher zunächst mit Tolkien’s HdR konfrontiert und angefixt worden. Und später nach einigen Erfahrungen bei C.S.Lewis “hängengeblieben”. Die Apolegetik eines C.S.Lewis zu aktuellen Fragen der Moderne ist für mich immer noch einzigartige Inspiration.

    Ja, ich werde mir den Film in 3D heute abend ansehen und sicher auch beeindruckt sein was digitale Tricktechnik heute so alles bild- und tongewaltig darzustellen vermag. Dennoch meine ich, dass die angeregte Fantasie durch des Lesens des Buches nicht nur eine andere, sondern durchaus auch tiefer geht und nachhaltiger wirkt – als alle Filmbombastik, welche augenblicklich beeindruckt und bewegt – aber eben nicht tief und bleibend genug. Das gilt sowohl für Tolkien – wie auch für C.S.Lewis. 😉

    • @Ingo D.

      Danke Dir – den Vergleich von AT-Tolkien und NT-Lewis habe ich tatsächlich noch nie gelesen, spannend!

      Und vielleicht ergibt sich ja tatsächlich mal ein Blogpost zu den Inklings. 🙂

  8. So, nun wurde also auch der letzte Teil vom “Hobbit” in 3D geschaut. Action- und effektreiches Popcornkino, aber ich bin schon froh, das Buch seinerzeit entdeckt und verschlungen zu haben. Ob Tolkien mit den Verfilmungen glücklich gewesen wäre?

    Nun ja, so ist das wohl mit Schöpfungen – sie machen sich gerne mal selbständig… 😉

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  10. Schönes Thema!

    Der katholische Christ Tolkien verstand fantastische Literatur keinesfalls als belanglose Spielerei, sondern betrieb seinen “Weltenbau” mit einer durchdachten, religiösen Motivation!

    Aja, interessant, es könnte nämlich auf die Idee gekommen werden, dass Heidnisches im Spiel gewesen ist.

    MFG
    Dr. W

  11. PS:
    Ein anderer bekannter literarischer Weltenbauer, Terry Pratchett, hat übrigens philosophisch viel angeschnitten, der geschätzte Tolkien berufte sich eher darauf keine besonderen Nachrichten versandt zu haben.

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  16. Die Mythologie von HdR ist eben nicht ans Christentum angelehnt, sondern entweder an
    – die nordische Mythologie..
    oder an
    – die römisch/niedergermanische Mythologie

    Wobei für ersteres deutlich mehr spricht.

    1:Middengard auch bekannt als “Midgard” zu deutsch “Mittelerde”,
    2.die Rohirim Reiter, welche die Bataver (Germanisches Reitervolk und die gefürchtetesten Söldnertruppen der Römer, bis sie den 1. Schlag gegen Rom (Aufstand) anführten und als erstes ein römisches Lager zerstörten und somit Rom’s Fall einleiteten) wiederspiegeln.
    3. Illuvatar (zu deutsch Göttervater, welches ebenfalls Odin (zugegebener maßen auch Zeus) als Titel besaß, nicht aber der Christengott.
    4. die Ainur sind nicht als Engel, sondern als(Valar) Götter und (Maiar)niedere Götter anzusehen.

    Die meisten Dinge, die für eine Anlehnung an das Christentum sprechen würden, haben Argumente die genauso gut auf andere Religionen/Mythologien zu treffen würden. Nur das für andere zB die nordische Mythologie, noch viel mehr Argumente zutreffen. Allein schon die Rohirim sind ein stark ausschlaggebendes Argument.

    Da die Rohirim die Bataver darstellen und die Bataver noch zu der Vorchristlichen Zeit gehören, gehört die Mythologie also noch zur typisch nordischen germanischen oder römisch niedergermanischen Mythologie.

    Ergo würde Illuvatar Odin gleichgestellt(Wenn es hierbei um die Bataver vor der Eingliederung ins Römische Reich geht) werden oder aber Hercules Magusanus. (Wenn es um die Bataver während der Eingegliederten Zeit ins Römische Reich geht)

    Die Römer hatten ja bekanntermaßen die Politisch/Religiöse Taktig, die Götter anderer Kulturen/Religionen, mit ihren zu vergleichen und den ihrigen anzupassen um zu sagen “Hier guckt mal, eure Götter sind in Wahrheit unsere und wir haben viel mehr Ahnung von denen.”

    Meiner Meinung nach, war das hier auch bei den Batavern der Fall. So sind sie von germanisch/nordisch durch die Eingliederung ins römische Reich, zu römisch/niedergermanisch gewechselt. Es war einfach schlichtweg Propaganda um die unterdrückten Völker unter Kontrolle zu halten.

    • ps: Und das Christentum ist ja bekanntermaßen auch nur zusammengeklaut aus unzähligen anderen Religionen/Mythologien. Weil sie ihre Religion eben für bestimmte Zwecke einsetzten und ihr so mehr Macht verliehen.

  17. Hallo an alle weiterhin kommentierenden Teilnehmer!

    Ich möchte nicht grundsätzlich die Religiosität der Tolkien- Fantasy erforschen, bzw. Bezüge zu historischen, kulturellen Einflüssen studieren.
    Ich landete hier, weil ich nicht den richtigen Ansatz zur Suche fand, ob es eine nachvollziehbare Aussage zum Okkultismus gibt, der dem Tolkien- Weltensystem latent zuzuordnen wäre.
    Ausschlaggebend war für mich, dass ich mich mit den erfolgreichsten Titeln/ Texten der Krefelder Heavy- Metal- Band Blind Guardian beschäftigte und gerade in der Akzentuierung, also hervorgehobenen Gesangspassagen und virtuosem Gitarrenspiel/ gesteigertem Trommelspiel/ elektronische Effekte mancher Stücke eine Tendenz zur “dunklen Seite” feststellte, allerdings auch in den Texten die Hilfe Gottes ersucht wird. Eine stilistische Eigenheit der Band oder schon von Tolkien so angewendet? Wie weit wird dem faszinierten Leser der Zugang zum “bösen” Reich erleichtert und wird generell darauf verzichtet, die militärisch- kriegerischen Ereignisse als ungewollt von bestimmten, in dieser Welt angesiedelten Völkern zu beschreiben? Keine Literatur für den Frieden?

    Also wenn es dazu genauere Aussagen gibt, bitte mit Links antworten!

    Danke!

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