Hans Blumenberg und der Dualismus des Grundes
BLOG: Natur des Glaubens
Unter den vielen Büchern des deutschen Holocaust-Überlebenden und Philosophen Hans Blumenberg (1920 – 1996) gehört “Die Sorge geht über den Fluss” (Suhrkamp 1987, 7. Auflage 2022) zu den sprachlich schönsten. Ihm verdanke ich unter anderem ein neues Verständnis von Goethe und dessen rätselhaftem Faust II.
Dazu hat es aber auch schöne Beobachtungen wie auf S. 122: “Goethe gibt jedem, der sich auf ihn einläßt, den Glauben, es könnten unmöglich die anderen auch und schon gefunden haben, was diesem einzig als ihm Vorbehaltenes erscheinen kann.” – Ach, der Literat des Wassers! 🙂
Aber auch den Begriff des feindseligen Dualismus, den ich erst 2015 durch Oberrabbiner Jonathan Sacks (1948 – 2022, sel. Ang.) kennenlernte, wandte Blumenberg in diesem Werk bereits mehrfach an. So analysierte er im Kapitel “Grund und Boden: Zugrundegehen, Auf den Grund gehen, Auf dem Boden stehen” nicht nur die Wasser-Metaphoriken des Grundes. Er erkundete auch die massiven Unterschiede zwischen den Metaphern der Bepflanzung (bis zur menschlichen “Fortpflanzung” (!)) und des Bebauens (wie beim “Anbauen” von Getreide). Mit der Auseinander-Setzung (!) von nomadischen Viehhirten und be-bauenden Agrarsiedlern (im Deutschen: Bau-ern (!)) seien “divergente Weltansichten und Lebensstile” tradiert worden: “den kultivierenden und den konstruierenden.” (S. 98)
Dies präge sogar unsere unmittelbaren Wahrnehmungen: “Das ist es, was die Verstörung des Blicks auf Landschaften ausmacht, in denen das Wachsende durchsetzt ist oder gar verdrängt wird vom Gegründeten.” (S. 98)
Mit einem Blumenberg-Zitat eröffnete auch mein Buch “Rückzug oder Kreuzzug?”. Foto: Michael Blume
Dies wirke bis heute: “In der Dualität dieser Sichtweisen und ihrer Lebensstile schlummert ein Dualismus, der jederzeit zu nackter Feindseligkeit auszubrechen vermag.” (S. 99)
Blumenberg deutete mit diesen Metaphern den bliblischen Mythos von Kain und Abel überzeugend (und kam im Buch noch mehrfach auf diese zurück). Mir fallen aber auch die beliebten Baumstadt-Fantasien etwa in der “Drachenlanze”-Romanreihe (Solace (!) auf Krynn) oder im Kinoerfolg Avatar I auf.
Und wenn im Angesicht der Klima- und Wasserkrise wieder massiv nach dem Entsiegeln von Böden gerufen, ja gar Hoffnung auf CO2-speichernde Pilze geworfen wird – so lohnt es sich erkennbar doch, den Dingen auf den Grund zu gehen.
Dr. W hat’s mal abgetippt, auf den Einsatz von so genannter OCR verzichtet :
Also, aus Sicht des, dieses (kleinen) Wissenschaftstheoretikers gibt es keine naturwissenschaftliche Wahrheit, Dr. W webverweist gerne auch so, sondern naturwissenschaftliche Theorien haben empirisch adäquat zu sein, dürfen so bleiben; falls nicht steht neue naturwissenschaftliche Theorie an, die sich dann dem dem erneuten physikalischen Wettbewerb stellt.
Die Aufgabe der Newtonschen Naturlehre war ein schönes Beispiel, weil Newton ja so-o verständig und dem Theoretisieren zugeneigt war – dann kam Einstein. (Nicht ganz richtig, Zweifel gab es zuvor und Albert Einstein hatte sozusagen den Punkt getroffen, er stand nicht alleine (sondern sozusagen auf den Schultern von Riesen).)
Es gibt heute ebenfalls Zweifel an der Richtigkeit der sogenannten Relativitätstheorie; Dr. W teilt sie partiell, mag aber selbstverständlich kein direkter Gegner dieser plausiblen Theorienmenge sein, die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit rät zur Relativität an, no problemo!
KA, war der (hier) geschätzte Lars Fischer hier ironisch?
Modalverben, Dr. W nutzt sie ebenfalls, oft auch, wenn er “beschwätzen”, nicht überzeugen will, sind problematisch, auch Man-Sätze, die nutzt Dr. W nur in Ausnahmefällen, wenn alle, wirklich Alle gemeint sind.
Kein “Bauchrednertum”, keine rhetorischen “Gimmicks” versucht werden.
Von ihm versucht werden, sicherlich ist mit Polemik und Agitation sparsam umzugehen.
Also, “Statistik”, Dr. Webbaer erkennt hier eine Metaphorik, hier steckt auch der Staat drinnen, ist naturwissenschaftlich relevant, es geht auch um die Irrtumswahrscheinlichkeit und darum bestimmte Theorien als empirisch inadäquat ablehnen zu können, was frickin schwierig ist und idR sehr großer Datenlagen, sehr großer erfasster Datenmengen bedarf.
Genannt wird so szientifische Methode.
Statistisch wird dann i.p. Irrtumswahrscheinlichkeit von Hypothese, die zerlegt werden soll, auch Null-Hypothese genannt wird, sozusagen herumgekaut.
Es gibt dann Hilfsgrößen wie die sogenannte statistische Signifikanz (die am besten nicht bei 5 Prozent liegt, sondern ga-anz klein sein sollte.)
Dem Popperschen Falisifikationsprinzip folgend, es wird ja heute die Falsifikation von naturwissenschaftlicher Theoretisierung gesucht – und nicht selten auch gefunden.
Es wird nicht mehr verifiziert, aus gutem Grunde nicht, Newton und so, siehe oben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Webbaer (der einen sozusagen letzten Kampf i.p, Verifikation und Unvernunft im “Kampf” gegen Albert Einsteins kleine Theoretisierungen meint gefunden zu haben, danach kam da nichts (?) mehr, im Sinne der Verifikation, sie verteidigend, als Prinzip)
Stimme in vielem zu, @Webbaer – nicht jedoch in der selbst-widersprüchlichen Annahme des Relativismus, es gebe „keine naturwissenschaftliche Wahrheit“.
Worin aber sollten auch etwa „Zweifel“ an bereits etablierten Theorien begründet sein – wenn nicht in der Hoffnung, eine noch bessere Annäherung an die wissenschaftliche Wahrheit der Realität zu finden?
In der Wissenschaft antwortet die Wirklichkeit unseren Beobachtungen inklusive Experimenten. Laut dem Dualismus wäre es eine feindliche, verschwörerische Täuschung und nach dem Relativismus nur ein chaotisches Rauschen. Nur der dialogische und erkenntnistheoretische reflektierte Monismus führt hier weiter.
Es wird ja nicht mehr verifiziert, naturwissenschaftliche Theorie, so dass die Idee der naturwissenschaftlichen Wahrheit ausgedient zu haben scheint, im skeptizistisch-falsifikationistischen Sinne, Karl Popper und so, aber auch Bas van Fraassen sind hier beispielhaft zu nennen.
Dr. Webbaer webverweist gerne aber auch in diesem Zusammenhang auf Stefan Rahmstorf und zwar so :
-> https://www.achgut.com/artikel/medienwende_mission_impossible
Dr. Webbaer betrachtet insofern das Bemühen empirische Theorien als (irgendwann) empirisch inadäquat nachzuweisen als allgemein naturwissenschaftlich durchgesetzt, auch als (ewiger) Prozess (vs. Projekt), der die Suche nach Erkenntnis, nach Scientia [1] meint, mittlerweile breit verstanden.
Es gibt keine Hoffnung sich einer naturwissenschaftlichen Wahrheit anzunähern, denn diese Wahrheit gibt es nicht, es kann nur bessere Erkenntnis erlangt werden, vom Weltteilnehmer, der kein Mensch (Bär oder AI zum Beispiel?) sein muss.
Der Mensch (wie auch Bär und AI) darf diese (Meta-)Erkenntnis annehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Webbaer
[1]
‘Scientia’ = ‘Science’
(In der deutschen Sprache wird, diese (natur-)’wissenschaftliche’ Veranstaltung meinend, ein wenig missverständlich von ‘Wissenschaft’ geredet.)
@Webbaer
Da bewies der Kollege doch zu Recht, dass Naturwissenschaft alleine (!) nicht ausreicht – schon Popper betrieb ja zu Recht philosophische und sehr kluge, auch das christliche Kreuz bedenkende Erkenntnistheorie:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-schrumpfen-der-freiheit-poppers-kreuz-der-wahrheit-im-hossa-talk-184/
Und konkret: Wie sollte denn eine Erkenntnis „besser“ als eine andere sein, wenn nicht in der Annäherung an eine letzte Wahrheit? Der Relativismus erlaubt ja kein Gut oder Böse, Wahrheit oder Lüge, Besser oder Schlechter.
Howdy, lieber Herr Dr. Michael Blume, und zu dieser Ihrigen Frage kurz :
Eine Erkenntnis ist dann “besser” als eine andere Erkenntnis, wenn sie sich von der Falschheit von (gerne auch naturwissenschaftlicher) Sicht (“Theorie”) besser abwendet – und Anwendungen (das sozusagen Zauberwort an dieser Stelle) bereit stellt, die andere (vielleicht ebenfalls empirisch adäquate) Erkenntnis nicht bereit stellt.
Mehr Evidenz auf ihrer Seite hat, wobei Bas van Fraassen – aus diesseitiger Sicht korrekt – anmerkt, dass naturwissenschaftliche Theorien sozusagen nebeneinander quasi gleichberechtigt zu stehen haben, solange sie nicht empirisch falsifiziert, also (noch) empirisch adäquat sind.
Feyerabend, Jude (nichts gegen Juden, Dr. W nennt sie gerne mal so, wenn sie leisten (oder auch nicht, oft leisten sie)), hatte es insofern auch mit der “Theorienfreiheit”, soll heißen, es kann genau unendlich viele Möglichkeiten geben naturwissenschaftliche Theorie zu entwickeln, es gibt dafür kein bestimmtes Procedere.
Wobei es in der Tat ein “heißes Eisen” ist, Erkenntnis als “besser” oder “schlechter” zu bezeichnen.
Sie schrieben ja selbst in umrahmenden doppelten Anführungszeichen.
Dr. W mag in diesem Zusammenhang Anwendungen.
Nicht empirisch adäquate naturwissenschaftliche Theorie verliert an Macht, vielleicht könnte sich darauf im Sinne der szientifischen Methode geeinigt werden?
(Sie bleibt dennoch von Interesse, manchmal, denn es könnte ja auch nachgebessert werden.)
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Webbaer
@Webbaer
Wenn die Leistung „besserer“ Theorien in der „Abwendung von Falschheit“ und in „mehr Evidenz“ besteht, so ist damit eine Annäherung an Wahrheit als weniger falsch & Quelle von Evidenz impliziert. Auch wenn Sie nur auf Ihren Schatten starren, so setzt dieser doch zumindest eine Lichtquelle voraus. 😊📚✨
Dr. Webbaer schrieb (24.07.2023, 19:42 Uhr):
> […] Also, aus Sicht des, dieses (kleinen) Wissenschaftstheoretikers gibt es keine naturwissenschaftliche Wahrheit […]
Vor wenigen Tagen wurde (hiermit nachweislich) bekanntgegeben:
Dass diese zitierte Aussage naturwissenschaftlichen Hintergrund hat, ist sicherlich unstrittig.
Wer über den Begriff “(naturwissenschaftlicher) Wahrheit” verfügt, kann diese zitierte Aussage unter den Vorbehalt stellen, dass alle relevanten zugrundeliegenden Angaben (insbesondere in den verlinkten Konferenz-Berichten) nicht in relevanter Weise unwahr sind, sondern “wahrheitsgemäß”, bis zum eventuellen Beweis des Gegenteils.
> […] Statistisch wird dann i.p. Irrtumswahrscheinlichkeit von Hypothese, die zerlegt werden soll, auch Null-Hypothese genannt wird, sozusagen herumgekaut.
Ganz recht.
Wie nennt jemand, der “Theorien [ggf.] als empirisch inadäquat ablehnen” möchte, das jeweilige System aus begrifflichen Axiomen, begrifflichen Definitionen und (ggf.) daraus folgenden Theoremen, das die Begriffe überhaupt erst zur Verfügung stellt, unter deren ausdrücklicher Verwendung
– sowohl die o.g. Null-Hypothese
– als auch jegliche der Null-Hypothese widersprechende Hypothese
formuliert sind ?
p.s.
> […] Dr. Webbaer (der einen sozusagen letzten Kampf i.p, Verifikation und Unvernunft im “Kampf” gegen Albert Einsteins kleine Theoretisierungen meint gefunden zu haben, danach kam da nichts (?) mehr, im Sinne der Verifikation, sie verteidigend, als Prinzip)
Insbesondere in frühen (verfrühten ?) Darlegungen Einsteins ist regelmäßig von »(starren) Maßstäben« die Rede.
Was mag das sein ??, bzw.
Wie (s.u.) ließen sich solche von “irgendwelchen anderen” Paaren voneinander getrennter “Enden” unterscheiden ??
Auch hinsichtlich dieser Frage schätze ich Einsteins (erst) 1916 geäußerten Grundsatz:
Frank Wappler schrieb (25.07.2023, 17:28 Uhr):
> […] p.s. […] Insbesondere in frühen (verfrühten ?) Darlegungen Einsteins ist regelmäßig von »(starren) Maßstäben« die Rede.
Die Verlinkung, die dem nicht unmittelbar nachvollziehbaren und daher zweifelhaften Begriff unterlegt war, erweist sich leider als bis zur Unbrauchbarkeit verkürzt.
In beabsichtigter Weise brauchbar wird sich stattdessen hoffentlich diese Verlinkung erweisen.
> Was mag das sein ??, bzw.
> Wie (s.u.) ließen sich solche von “irgendwelchen anderen” Paaren voneinander getrennter “Enden” unterscheiden ?? […]
Erkenntnis.
Erkenntnis, die auf der allgemeinen (und wiederverwendbaren) Fähigkeitslehre basiert, auf der Mathematik, die eine am besten stabile Axiomatik (in sich widerspruchsfrei ist – so muss nicht sein) besitzt, und auf naturwissenschaftlicher Beobachtung mit sich anschließender Theoretisierung (durch Erkenntnissubjekte) basiert. [1]
Ersetzen Sie, lieber Kommentatorenfreund Herr Dr. Frank Wappler, insofern auch ‘wahrheitsgemäß (bis zum eventuellen Beweis des Gegenteils)’ durch ‘erkannt’.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Webbaer (der so auch, zu Testzwecken, um sog. künstliche Intelligenz zu testen, sich mittlerweile auch mit unterschiedlicher zeitgenössischer AI auseinandergesetzt hat, die Ergebnisse waren erfreulich (?) gut)
[1]
Erkennende Subjekte erfassen Welt ausschnittsweise, näherungsweise und an Interessen (!) gebunden, um in der Folge ausschnittsweise, näherungsweise und an Interessen (!) gebunden zu theoretisieren zu suchen.
Insofern hat jede physikalische Theorie auch einen Scope, einen Geltungsbereich, Dr. W hat sich hier auch von Herrn Josef Honerkamp (“SciLogs.de”!) beraten bis schulen gelassen.)
Dr. Webbaer schrieb (26.07.2023, 13:19 Uhr):
> Erkenntnis. […]
Danke für die Antwort.
Die Vorsilbe “er-” in “Erkenntnis” erinnert (mich) allerdings eher an “Ergebnis” und “erledigte Aufgabe” als an Frage- bzw. Aufgabenstellung.
wissen Sie,was ich mich frage: wie muss ein Messias aussehen und sein,der uns aus diesem gesamten Dilemma führt?
Die Juden warten darauf,die Christen glauben,da kommt ein Zweiter,bei den Moslems weiss ich es nicht und so harren wir der Unzulänglichkeit des Mensch seins
Ziemlich destruktiv…
Auch die meisten Muslime warten auf den Messias Jesus, den sie Isa nennen, lieber @Mussi. Auch menschliche Hoffnungen scheinen psychologisch stark ins Personale zu gehen. Wir hoffen stärker auf Erlösung durch Jemanden als durch Etwas. Auch darin liegt eine große Verantwortung zwischen Monismus, Relativismus und Dualismus (-> Tyrannophilie).
wenn im christlichen Sinne jeder das Ebenbild Gottes ist,ist jeder ein kleiner Messias…und jeder ist monistisch,dualistisch und pluralistisch…
was sagt die Religionswissenschaft dazu?
und jeder trägt zur Zerstörung der Schöpfung bei.
herje…
Nun bin ich kein Theologe, @Mussi – sondern „nur“ Religionswissenschaftler. Wenn ich aber Rabbi Jonathan Sacks, sel. Ang., richtig verstanden habe, dann haben auch wir an der Freiheit G‘ttes teil und sind also zur Verantwortung fähig. Vgl.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/freund-feind-dualismus-statt-rinks-lechts-hufeisen-theorie-eine-wuerdigung-von-rabbi-sacks-sel-ang/
Danke für Ihr lebendiges Interesse!
Das habe ich verstanden.
Aber wer würde sagen,da ist der Erlöser?
Sagt es der Papst,widersprechen die Juden. Sagt es Ayatholla,dann widerspricht der Rabbi. Sagt es der Rabbi,dann widersprechen die Christen und Moslems. In ihren jeweiligen menschlichen Verantwortungen.
Das ist doch,gelinde gesagt, ziemlich ausweglos.
Ich weiß nicht, @Mussi – bisher sind sich ja auch alle Genannten einig, dass es ein Messias aus dem Volk Israel 🇮🇱✡️ sein wird. Und sowohl mit jüdischen wie islamischen Freundinnen und Freunden kann ich als Christ entspannt feststellen, ja gar scherzen: Wir werden sehen.
Politische Tyrannen bringen genau diese Weite der Zeit nicht mit.
Mit Haile Selassi dem 225. Thronfolger Salomons und Sabas war da schon für manche ein Messias. Und es kommen bestimmt noch mehr.
“How long shall they kill our prophets while we stand aside and look” Bob Marley – Redemption Song
Leider hat Bob Marley mit Robert Mugabe wohl auch einem Tyrannen unterstützt, was sich aber erst nach seinem Tod offenbarte.
“soon we will find out who is the real revolutionary ´cause I don´t want my people to be tricked by mercenarys” Bob marley – Zimbabwe
und: wer würde einem Erlöser folgen? Da gibt es ja gerade viele,die sich so sehen.
Trump,Bolsonaro,Orban,Erdogan usw…
Das ist ein ziemliches Durcheinander…
Der Gegensatz zwischen kultivierend und konstruierend existiert nicht. Konstruieren, Neues erschaffen, tut der Forscher, der Ingenieur, der Erfinder, und das erfordert immer Experimente, Risiken, Gefahren, hohe Verluste durch Versuch und Irrtum. Es braucht immer eine konservative Basis als Fettpölsterchen: Sie macht immer wieder das Gleiche, perfektioniert den gleichen Lebensstil, bewahrt das Sichere, Erprobte, Verlässliche. Sie bietet Investoren, sicheren Hafen, ein Heim, einen Ort, wo man sich erholen und seine Wunden versorgen kann.
Natürlich sind die Unterschiede zwischen Konservativ und Progressiv verschwommen. Ganz besonders heute, wo ich Häuser und Fabriken säe wie Getreide, kultiviere wie Gärten und mit Firmenaktien handle wie mit Sklaven. Der Mensch ist des Menschen Hirte und Nutzvieh. Unsere Technologie ist noch zu primitiv, um als Leben zu gelten, echte Symbiosen mit Oldschool-Leben einzugehen, sie bleibt eine Körperprothese, eine Erweiterung für den Cyborg-Affen. Noch stecken wir in den Geburtswehen, noch sind das Kultivieren einer Betonwüste und eines Waldes Gegensätze, und das Forschen, die Evolution mit Hirn-Upgrade, fällt mit Ersterem zusammen. Wir haben einen Dualismus des Kultivierens und einen Konstruktivismus, zwei Evolutionswege, die sich für fertig halten, aber noch inkompatibel sind, und etwas, das nach Neuem strebt.
Dennoch geht der Trend zum Roboglobe, dem Cyborg-Planeten. Wir ernten ja schon jetzt Solarstrom mit Feldern aus Panelen statt aus Weizen, pflanzen Wälder aus Windrädern, entwickeln Mischkulturen, um die Umwelt zu schonen. Wenn KI und Roboter die Wartung übernehmen, haben wir ein Ökosystem mit externalisiertem Immunsystem, die Erde wird einem einzelnen Organismus ähnlicher – auch in Ihrem Körper sind Zellen spezialisierte Maschinen, die einander warten, schützen, heilen.
Evolution as usual, wir haben keinen Einfluss darauf, ob sie passiert, sondern nur, wie. Wir verhalten uns wie sauerstofffurzende Bakterien, die alles anaerobe Leben mit ihren Abgasen vergiftet haben, sodass es heute nur in seltenen Nischen, natürlichen Reservaten, floriert. Ich bin eher für sanfte, symbiotische Übergänge, als den vollen Culture Clash, das ist nämlich voll das Drama. In diesem Falle ist der Konservatismus, die Kultivierung der bisherigen, eher parasitären Lebensweise, die größte Gefahr: Wir haben die Umwelt so sehr verändert, dass das, was gestern Frieden und Sicherheit gab, heute zu Chaos und Konflikten führt. Und für diese Konflikte verheizen wir Ressourcen, die wir für die Konstruktion einer neuen, symbiotischeren Welt bräuchten.
Danke, @Paul S. – hier bin ich tatsächlich mit Blumenberg anderer Meinung. Es macht schon metaphorisch einen riesigen Unterschied, ob wir einen Garten oder Ackerboden kultivieren oder aber ein Fundament konstruieren, legen, gießen. Beides sind menschliche Tätigkeiten, sie verweisen jedoch auf völlig verschiedene… Gründe.
@Michael 24.07. 20:50 / 25.07. 10:07
„Worin aber sollten auch etwa „Zweifel“ an bereits etablierten Theorien begründet sein – wenn nicht in der Hoffnung, eine noch bessere Annäherung an die wissenschaftliche Wahrheit der Realität zu finden?“
Naturwissenschaftlich-technisch sind wir ja schon ganz gut aufgestellt. Eigentlich haben wir alles zusammen, um hier auf Erden richtig gut klarkommen zu können.
Ok, wir haben noch das Rätsel der dunklen Materie in der Kosmologie, und auch ist die Entstehung und Verbreitung des Lebens im Kosmos ein ganz heißes Thema. Hier ist noch Arbeit für die Wissenschaft. Rein praktisch ist das aber im Moment eher Luxus.
Auf der psychologischen Ebene, da ist allerdings wohl noch fast alles offen, scheint mir. Nicht nur bei der Behandlung von psychischen Krankheiten, auch im Selbstverständnis des einzelnen Menschen sind hier noch Welten zu entdecken, die ziemlich brennende Fragen umfassen.
„Wenn ich aber Rabbi Jonathan Sacks, sel. Ang., richtig verstanden habe, dann haben auch wir an der Freiheit G‘ttes teil und sind also zur Verantwortung fähig.“
Bei aller Ungewissheit ist allerdings eigentlich völlig klar, dass wir hier mit diesem Ökosystem Erde klarkommen müssen, und unsere technischen Möglichkeiten dann tatsächlich auch z.B. für die Energiewende einsetzen können, wenn wir es nur wollen. Das liegt eben ganz klar in unsere Macht, und damit auch in unserer Verantwortung.
Mit der eigenen Psyche klarkommen ist eine ganz andere Herausforderung, hier ist jeder selber gefragt, was aus sich zu machen. Ich sehe hier weniger Probleme, dafür umso mehr Freiheitsräume, die noch zu entdecken sind.
Insbesondere Freiheitsräume im Miteinander, und hier vor allem im Umgang zwischen hiesiger Verschwendung und der Armut anderswo auf dieser Welt.
Geistige Dimensionen des eigenen Seins scheinen hier ganz wesentlich mitzuspielen. Einen Pluralismus einerseits können wir nicht vermeiden, wir brauchen ihn unbedingt sogar. Aber es ist die Hoffnung auf die eine Geisteswelt, auf die jeder seine eigene Perspektive hat, die wir brauchen. Und ohne die wir keine vernünftige Perspektive haben.
Danke, @Tobias Jeckenburger. Ich stimme Ihnen nicht nur zu, sondern ringe genau deswegen um die Wiederentdeckung des schönen, dialogisch-monistischen Wortes „Mitwelt“.
@Paul S. 25.07. 14:35
„In diesem Falle ist der Konservatismus, die Kultivierung der bisherigen, eher parasitären Lebensweise, die größte Gefahr: Wir haben die Umwelt so sehr verändert, dass das, was gestern Frieden und Sicherheit gab, heute zu Chaos und Konflikten führt.“
Früher war Produktivität und persönliche Leistung immer Basis aller Wertschöpfung. An den Grenzen der Ressourcen und der Ökosysteme angekommen bewegt sich aber alle Leistung langsam aber sicher in alles Kaputtarbeiten.
Die Verschwendung ist mehr als unnütze Mühe, sie zerstört immer mehr an Mitwelt.
„Wenn KI und Roboter die Wartung übernehmen, haben wir ein Ökosystem mit externalisiertem Immunsystem, die Erde wird einem einzelnen Organismus ähnlicher…“
Die Zivilisation kann sich entsprechend zum „Roboglobe“ weiterentwickeln. Der unsere Mitarbeit immer weniger braucht, unsere sorgfältige Gestaltung und Unterstützung aber um so mehr. Sich aufs Nötige zu beschränken, auf das, was die immer automatisiertere Produktion uns mit immer weniger aktiver Mitarbeit bietet, das scheint die Devise aktueller Gegenwart zu sein. Und immer dringlicher unumgänglich zu werden.
Die Welt gehört nicht mehr dem, der leistungsfähiger ist. Jeder Mensch hat immer mehr sein Recht auf seine Teilhabe am immer weiter sich entwickelnden selbsttätigem Roboglobe.
Der Profit und das generierte Vermögen kann zunehmend nicht mehr die Grundlage für die Zuteilung an Teilhabe zu sein, die traditionell eigentlich nur mit Arbeit möglich war. Die Leistungsgesellschaft verwandelt sich sonst langsam aber sicher zur globalen Ausschlussgesellschaft.
Die eskalierende Klima- und Wasserkrise kann sich in der Tat auf ein Überleben in wenigen Archeregionen konzentrieren, die im Wettbewerb um Teilhabe am Weltkapital durch Arbeit den letzten Zuschlag bekommen. Aber nur, bis der dann ganz wegfällt.
Ich denke, wir müssen gucken, wie wir damit klarkommen wollen.