Psychologische Hilfe für Schulkinder: Jetzt sollen Mental Health Coaches es richten

Die Bundesfamilienministerin will dafür 10 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Löst sie damit Probleme oder gießt sie Öl ins Feuer der Schulprobleme?

“Depressionen, Prüfungsängste, Stress – viele Kinder fühlen sich überfordert.” So fängt eine aktuelle Meldung auf tagesschau.de zum Thema Mental Health Coaches an Schulen an. Passenderweise erschien sie am “Europäischen Depressionstag” (1. Oktober).

“Awareness Weeks”, Aufmerksamkeitswochen, für psychische Gesundheit sind “in”. Instagrammer und Tiktokker verbreiten Wissen und Halbwissen über psychische Störungen, Menschen hören das und es kommt, wie es kommen muss: Sie erkennen die oft unspezifischen Symptome an sich selbst und halten sich dann für psychisch gestört.

Als Influencerin Cathy Hummels zusammen mit anderen Instagram-Sternchen Ende 2022 auf diese Weise – “Just stop it! Love yourself” – ihre Produkte vermarktete, führte das zu einem Eklat. Zum Beispiel “Gala” reagierte mit scharfen Worten: “Cathy Hummels muss gestoppt werden: Depression ist kein Wellness-Werbemittel!” Doch auch so ein Skandälchen lässt sich natürlich geschickt für PR-Zwecke nutzen.

Was ist falsch mit Awareness?

Doch was könnte an immer mehr Awareness, Awareness, Awareness für psychische Gesundheit auszusetzen sein? Fachfremde sollten wissen, dass es solche Awareness-Weeks schon seit den 1980ern gibt. Damals freilich noch ohne Social Media. Und seitdem sehen wir kontinuierlich steigende Diagnosezahlen, immer länger werdende Wartelisten für psychotherapeutische sowie psychiatrische Hilfe und ebenfalls stark zunehmende Verschreibungszahlen psychopharmakologischer Mittel. Auch für Kinder.

Darum sollte man sich die Frage stellen, was die Schulkinder, die jetzt in den Genuss der Mental Health Coaches kommen, in solchen Workshops lernen. Natürlich, wie beim Coaching und auch Teilen der Psychotherapie üblich, Technologien fürs Selbstmanagement: Es geht um einen besseren Umgang mit Stress, “Wie regle ich meine Emotionen? Wie regle ich meine Gedanken? Bin ich eher positiv oder negativ?” Kurzum, es geht um eine weitere Psychologisierung von Alltagsproblemen.

Ist das schlimm? Nicht unbedingt. Ein Problem ist es aber, wenn damit andere psychosoziale Missstände verdeckt werden. Und an strukturellen Schulproblemen herrscht kein Mangel: Man denke nur an Lehrermangel, zerfallende Gebäude, “Brennpunktschulen” und allerorts fehlenden Investitionen für Gegenwart und Zukunft.

Die Ministerin gibt sich mit ihren 10 Milliönchen nun vielleicht gönnerhaft. Um wirklich etwas zu bewegen, müsste man aber viele Milliarden ins Bildungssystem stecken. Und wieso sollen jetzt Schulkinder die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Bildungspolitik festgefahren ist?

Wie viele Psychotherapeut*innen braucht das Land?

Man sollte auch noch einmal über die nie endenden Forderungen nach mehr Psychotherapeuten nachdenken. Das schreibe ich als jemand, der bereits über 4.000 Psychologinnen und Psychologen universitär ausgebildet hat. Einschließlich Gastvorträgen und so weiter kann man diese Zahl getrost verdoppeln.

Wie viel ist genug? Die Niederlande, wo ich diese Zahlen schreibe, haben eine der größten Dichte an Psychotherapeutinnen und Psychiatern weltweit. Doch auch hier werden immer mehr Therapieplätze gefordert. Haben wir vielleicht erst dann genug, wenn jeder Mensch mit psychischen Problemen eine persönliche Rund-um-die-Uhr-Begleitung bekommen kann?

Natürlich geht es mir nicht darum, psychisches Leiden herunterzuspielen. Durch immer mehr Awareness, wovon die Social Media ohnehin schon voll sind, lernen aber auch immer mehr Menschen mit leichten Schwierigkeiten, ihre Probleme als psychische Störungen zu deuten. Wenn die alle psychologisch-psychiatrische Hilfe suchen, werden die Wartelisten noch länger und wird es für diejenigen, die Therapie am dringendsten brauchen, wieder schwieriger.

Und in solchen Fällen kann es um potenziell lebensbedrohliche Störungsbilder gehen. Gerade bei jungen Leuten ist Suizid eine der häufigsten Todesursachen.

Psychosoziale Faktoren

Mann will der psychischen Gesundheit etwas gutes tun? Prima! Ein ausgewogenes Leben mit genug Bewegung, idealerweise in der Natur, wäre eine gute Sache (siehe z.B. Schleim, 2023, Kap. 3). Soziale Kontakte sind ebenfalls wichtig. Und auch wenn Stress sowie der Umgang damit ebenfalls zum Leben gehört, sollten Individuen und insbesondere Schulkinder nicht die Folgen struktureller und langanhaltender Probleme aufgebürdet bekommen.

Daher wünsche ich mir, dass die Mental Health Coaches die Schuldirektion auf solche Probleme ansprechen. Oder beim Unterrichtsausfall helfen. Oder Lobby-Arbeit dafür betreiben, dass es genug Investitionen gibt – und die tatsächlich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Vergessen wir nicht, dass der größte bekannte Risikofaktor für beispielsweise eine ADHS-Diagnose das Alter bei der Einschulung ist. Das heißt, Kinder, die die Jüngsten in einer Gruppe sind, bekommen am häufigsten die Diagnose. Auch ein Umzug von Erlangen oder Würzburg, wo ADHS besonders häufig diagnostiziert wird, ins nicht weit entfernte Darmstadt oder Frankfurt würde die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose fast halbieren.

Für Depressionen sind schwere Lebensereignisse der stärkste bekannte Faktor, für Schizophrenie Immigration. Und selbst wenn man an der inzwischen widerlegten medizinisch-biologischen Sichtweise auf psychische Störungen festhält, muss man einräumen, dass die Störungsbilder allesamt stressreaktiv sind. Das heißt, chronischer Stress verschlimmert die Symptome in vielen Fällen.

Warum also nicht etwas an den Ursachen tun und die Auslöser chronischen Stressen beseitigen, anstatt jetzt auch den Kindern Stressmanagement beizubringen? Wir sehen gesamtgesellschaftlich seit Jahrzehnten, dass das Probleme nicht löst, sondern nur verstetigt.

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37 Kommentare

  1. Die Bildungsmisere mit Amerikanismen zukleistern, am besten noch als Fortschritt hinstellen. Mental Health Coach*. Besser wäre noch *Coachin.
    Ist das die Softform des Sozialarbeiters/der Sozialarbeiterin.

    Dass die Niederlande die größte Dichte an Psychotherapeuten hat, wundert mich nicht. Wer einmal in Amsterdam war, …..überall Wasser ….. das ist eine ständige Bedrohung ein ständiger Stress, dem die Bewohner dieser Gebiete ausgesetzt sind.
    Und mal angemerkt, die Bilder von Pieter Breughel, so kann man nur malen, wenn man dem Stress der Landschaft ausgesetzt ist.

    Zurück zum Thema, Herr Schleim sie haben es ja schon umrissen “Ein Problem ist es aber, wenn damit andere psychosoziale Missstände verdeckt werden. Und an strukturellen Schulproblemen herrscht kein Mangel: Man denke nur an Lehrermangel, zerfallende Gebäude, “Brennpunkschulen” und allerorts fehlenden Investitionen für Gegenwart und Zukunft.
    ……und der steigende Meeresspiegel !

  2. Was das Präventionsprogramm betrifft.
    Prävention lässt sich auf zwei Arten erreichen.
    1. Durch eine Verbesserung der Ausgangsbedingungen
    2. Durch einen gezielten Eingriff um eine Fehlentwicklung wieder rückgängig zu machen.
    Frau Paus setzt auf Couches, die die Situation verbessern sollen.

    Ein Blick nach Baden Württemberg hätte genügt um die Wirksamkeit einer veränderten Schulpolitik zu sehen.
    In Baden Württemberg wurden in den 90iger Jahren die Kriegsflüchtlinge aus Bosnien und dann aus dem Kosovo aufgenommen.
    Für die traumatisierten Kinder bis zu 70 % in einer Schulklasse ,wurden der Lehrplan und die Versetzungsordnung geändert.
    Sitzenbleiben gab es nicht, Integration ging vor der Leistungserhebung.
    Durch die Änderung der Lehrpläne wurden vertrauensbildende Maßnahmen in den Deutschunterricht eingefügt.
    Z.B.wie fühlt ein Blinder. Immer zwei Schüler liefen durch das Treppenhaus, einer mit verbundenen Augen. Der andere Schüler leitete den” Blinden”.
    Dann im Wechsel. Der Höhepunkt war, dass sich der Schüler mit den verbundenen Augen nach hinten fallen ließ, im Vertrauen, dass ihn der andere auffängt.
    Und das funktionierte ohne Verletzungen und Pannen an der ganzen Schule.
    Das nur als Beispiel.

    Der Erfolg war, dass wir kaum Störungen durch einzelne Schüler zu verzeichnen hatten.
    Also, es geht auch ohne Coach.

  3. So einen “Resilienz” Coach hatte ich mal, gesponsert by Jobcenter.
    Der hat mir immerhin zum Schluss ein Glas Honig, selbst-geimkert, geschenkt, was ich demnächst (mit fettem greek-style yogurt) aufbrauchen werde.

  4. Das staatliche Schulsystem sollte abgeschafft werden. Es dient ohnehin nur dazu, Bürger zu staatshörigen NPCs zu machen. Die Tatsache, dass immer mehr Seelenklempner gebraucht werden, zeigt ja, dass dieses System Menschen krank macht. Und dann wird Big Pharma gerufen und stopft sie mit Medikamenten voll.

  5. H.L.Mencken
    Du bist zu optimistisch. In den USA dürfen sogar die Eltern die Kinder unterrichten. Und in der Folge brauchen die noch mehr Seelenklempner und nehmen noch mehr Drogen als die bundesdeutschen Schüler.

  6. @H.L. Mencken

    Das staatliche Schulsystem sollte abgeschafft werden. Es dient ohnehin nur dazu, Bürger zu staatshörigen NPCs zu machen.

    Genau. Und wenn Eltern den fünfstelligen Betrag pro Jahr nicht aufbringen können, den eine Privatschule kostet, haben wir ja immer noch Homeschooling als preisgünstige Alternative. Die Erfolge dieser Form von Bildungspolitik kann man ja bestens in den USA bewundern. QAnon-Verschwörungstrottel, Evolutionsleugner und allgemeine Wissenschaftshasser allerorten.

    Ein paar Schlucke zuviel aus der Pulle mit dem Pinselreiniger genommen, oder was?

  7. Mir ist eine sinnvolle Diskussion mit dem Austausch von Argumenten lieber als eine Sammlung von Stammtischparolen.

    Ich bin ja selbst – vierzehn Jahre! – in den Genuss des öffentlichen Schulsystems gekommen. Nicht alles war perfekt; aber auch nicht alles war schlecht. Die Menschen haben einige der Systemfehler gerade gebogen; dafür bin ich heute noch dankbar.

    In meinem Beitrag ging es darum, strukturellen Probleme zu lösen. Wenn einem das heutige System nicht gefällt, sollte man schon auch sagen können, was eine (bessere) Alternative wäre.

  8. Die baulichen Gegebenheiten kann eine Schule nicht verändern, dafür ist der Schulträger zuständig.
    Für eine entspannte Atmosphäre sorgen ein großer Schulhof, mit Bepflanzung, einem abgetrennten Fußballplatz, einer eigenen Schwimmhalle, einem Parkplatz für die Lehrkräfte und auch für die Schüler.
    Auch die Klassenzimmer sollen groß sein, mit einer maximalen Besetzung von 28 Schülern.
    Wichtig sind große Fenster, Blumen im Klassenzimmer , ein Aquarium oder Terrarium.
    Für die Mittagspause braucht man ein oder zwei Essensräume.

    Jetzt geht es um die Organisationsstruktur. Die Länge einer Unterrichtsstunde, die Länge von Pausen. 45 Minuten sind optimal, kurze Pausen von 5 Minuten und lange Pausen von 20 Minuten.
    Für Schüler, die niemanden zuhause haben gibt es eine Mittagsaufsicht und die Schüler können in der Schule bleiben.
    Wenn jetzt noch ein junges Kollegium dazu kommt, dann ist das optimal.

  9. @Schulprobleme

    Wieso wird hier eigentlich über Schulprobleme und Bildungspolitik diskutiert, die Bundesjugendministerin versucht doch nur, „präventive Angebote zur Stärkung der Resilienz und der mentalen Gesundheit mitten in die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen“ zu bringen—was ja nun mal die Schulen sind.

    Sicherlich haben manche Kinder und Jugendliche auch Probleme mit der Schule, also mit Lehrkräften oder Mitschülern (wie Sartre das einst treffend formulierte: „Die Hölle, das sind die anderen“), aber die Ministerin hatte wohl vor allem das „Aufwachsen in krisenhaften Zeiten und unsichere Zukunftsaussichten“ im Blick (BMFSFJ, 12.09.2023). Man denke etwa an die globale Erwärmung, mit der heute die Kinder im Laufe ihres Lebens konfrontiert sein werden, oder auch an das Erstarken undemokratischer Kräfte, mit der realen Gefahr, dass durchgeknallte Staatsführer und/oder Psychopathen an die Macht gelangen.

    Inwieweit angesichts dieser eher düsteren Zukunftsaussichten Mental Health Coaches helfen können, ist eine andere Frage.

  10. Stephan Schleim
    “Kurzum, es geht um eine weitere Psychologisierung von Alltagsproblemen.”
    Richtig, und die Lehrkräfte sind dabei nicht die idealen Ansprechpartner.
    Den Stress, den eine Lehrerin/ein Lehrer verursacht, der lässt sich nicht genau bestimmen. Der bekommt wieder Stress von der vorgesetzten Diensstelle durch wirklichkeitsfremde Forderungen, und die Dienststelle bekommt wieder Stress von der Politik, die die Schulen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten optimieren will . Damit gemeint sind die Schulzentren , Gemeinschaftsschulen, Gesamtschulen, also Schulfabriken die bei den kleinsten Störungen noch mehr Störungen produzieren.
    Also gemeint ist der Schulstress.

    Ganz anders verhält es sich bei psychischen Problemen, die die Kinder aus der Familie in die Schule tragen. Wenn also die Mutter krebskrank ist oder wenn sich der Vater scheiden lässt oder wenn die Familie von anderen Glaubensgemeinschaften gemobbt wird.
    Das sind Probleme, wo ein mental health coach wahrscheinlich nicht die genügenden Erfahrungen mitbringt.

    Ihre Bedenken sind also mehr als berechtigt.

  11. Die Mental Health Coaches sollen nicht strukturelle Mängel der Schule, sondern von Familien kompensieren. Deshalb kommen sie vom Familienministerium. Mit der Entscheidung für Familie ist nicht nur die Entscheidung für Freiheit gefallen, sondern für die Garantie der Transmission von Problemen. Es geht nur um Kompensation unter Teilhabegesichtspunkten, nicht um Kompensation aller durch soziale Platzierung oder durch elterlicher Unfähigkeit bedingter Nachteile. Ständige Rechtsprechung des BVerfG.
    Warum nicht Stressoren beseitigen? Für viele Kinder sind Eltern und ihre ungenügenden Fähigkeiten und Lebensverhältnisse die Stressoren. Das erkennt kaum einer oder weicht auf periphere Faktoren aus.

  12. Nando
    du hast das richtig beobachtet.
    Wenn man einen verhaltensauffälligen Schüler hat, dann ist entweder die Mutter alleinerziehend oder es ist etwas Traumatisches in dieser Familie passiert.
    Und jetzt kommt aber die Schule ins Spiel. Wenn der Klassenlehrer eine kleine Klasse hat, dann untersucht er die Hintergründe, er spricht mit den Eltern und er überlegt, wie er praktisch eingreifen kann. Das verlangt aber, dass die Schule genügend Freizeit für den Lehrer bereithält. !! Das ist auch eine Form von Struktur, modern heißt das Zeitmanagement.
    Man kann solchen Kindern neue Lebensperspektiven eröffnen, indem man dem Schüler eine Aufgabe überträgt die sinnvoll ist und gleichzeitig eine Befriedigung verschafft. Z. B. er soll die Fische im Aquarium füttern, oder er / sie ist zuständig für den Schulgarten, für das Schmücken des Klassenzimmers,
    …..der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

  13. @Nando, Neumann: In den 1980ern/90ern dachte man, nicht mehr den Eltern die Schuld für die psychischen Probleme der Kinder zu geben. Also erklärte man die Biologie (Gene, Gehirne) zur Ursache.

    Es muss ja nicht das Eine oder das Andere sein. Die familiären Erfahrungen prägen natürlich auch das Gehirn entscheidend, positiv wie negativ.

    Aber auch familiäre Traumata oder ein schweres familiäres Umfeld wird man mit Stressmanagement-Kursen vom Mental Health-Coach in der Schule wohl eher nicht lösen.

  14. Wie so oft verhalten sich Politiker maximal verabscheungswürdig. So auch in diesem Fall. Für diesen Fall relevant ist der folgende Beitrag von Dr. Rainer Böhm: “Die dunkle Seite der Kindheit”, veröffentlicht u.a. in der FAZ.

    https://www.fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de/faz-artikel-4-april-2012/

    Dieser Artikel beschreibt den wissenschaftlichen Stand der Forschung über frühkindliche Stressfaktoren.

    Zusammengefaßt bedeutet dies: Der Staat erzeugt durch die Krippenpolitik u.a. erst den frühkindlichen Stress, den er (Jahre später) zu bekämpfen vorgibt, wie dieser Artikel beschreibt.

    Das schafft ohne Frage Arbeitsplätze in der therapeutischen Branche!
    Doch ist es sinnvoll? Ein klares NEIN. Prävention sähe anders aus.

  15. John R
    Du gehst ans Eingemachte ! Wir wohnen direkt neben einem Kindergarten. Morgens bringen die Mütter ihre Kleinkinder hin, mit viel Geschrei und Geweine. Die wollen bei ihrer Mutter bleiben und nicht abgegeben werden.
    Wo bleibt das Recht des Kleinkindes auf seine Mutter?
    Wo bleibt das Recht der Mutter auf ihr Kleinkind ?

    Die Gesellschaft zwingt über das Arbeitsrecht die Mütter eine Arbeit anzunehmen.
    Und die “emanzipierten” Frauen glauben sich verwirklichen zu müssen, indem sie eine Arbeit annehmen.
    Ein Kompromiss wäre , Kinder bis zum 7. Lebensjahr behalten zu dürfen, Mutter sein ist auch eine Arbeit !! Und dann könnte man den Firmen die Pflicht auferlegen diese Mütter wieder einzustellen. Notfalls per Erzwingungshaft für den Firmeninhaber !
    Dann wäre die Kacke am Dampfen.

  16. @ John R

    Wenn im verlinkten Betrag vermittelt wird Zitat:
    „Je mehr Zeit kumulativ Kinder in einer Einrichtung verbrachten, desto stärker zeigten sie später dissoziales Verhalten wie Streiten, Kämpfen, Sachbeschädigungen, Prahlen, Lügen, Schikanieren, Gemeinheiten begehen, Grausamkeit, Ungehorsam oder häufiges Schreien.“

    So wäre das auch damit zu erklären, dass auf die Kinder wesentlich stärkerer und mehr “Druck“ einwirkt je mehr und je länger sie „unter sich“ sind, sie sich in der „Hölle“ gegenseitiger “Willkür“ durchsetzen müssen und je weniger positiven, erzieherischen Druck sie vom betreuenden Personal ausgesetzt sind.

    Das Personal darf die “Kleinen” ja nicht an der „individuellen natürlichen Entfaltung“ hindern. Dieser „Grundsatz“ wurde einige Zeit recht strikt befolgt. Andere Pädagogen haben davor gewarnt, jetzt viele Jahre später, sie sind längst unter der Erde, kann man die „aufgegangene Saat“, samt dem „Erziehungskonzept“ beurteilen.

    Dieses Konzept hat durchaus auch einen Vorteil für die Erzieher Lobby. Es wird sehr viel, wenig effizientes Personal benötigt. Allerdings werden die „Nerven“ des Personals auf eine harte Probe gestellt.

    Früher kam der „erzieherische Druck“, der aber aus Wissen und Erfahrung optimiert und nicht zufällig und willkürlich war, hauptsächlich von den Eltern, Großeltern oder vom Personal, nur in der (geringen) „Aufsicht freien Zeit“ kam es zu den „internen Gruppenprozessen“, die durchaus auch „Schlägereien“ waren.

    In hauptsächlich professionellen Einrichtungen wurde die „Hölle gegenseitiger Willkür“ durch intensive „geregelte Beschäftigungstherapie (Lernen)“ und Sport minimiert. Für „dissoziales Verhalten“ blieb einfach keine Zeit…..

  17. Ich meine, das Problem sind die Veränderungen in der Gesellschaft. Die Hierarchien lösen sich zunehmend auf. Die Familienmitglieder wollten einfach nicht mehr nach der Pfeife eines Patriarchen oder einer Matrone „tanzen“. Nur mit „eigenem Geld“ erreicht man diese „Freiheit“.

    Die Wirtschaft bekam dringend benötigte Arbeitsplätze. Das könnte sich aber durch Einsatz von KI schnell verändern. Z.B. „Schauspielerstreik“ in Amerika.

    Früher brach bei Familien „ohne Kinder“ und mit „doppeltem Einkommen“ der Wohlstand aus. Heutzutage ist das 2. Einkommen fast schon wichtig für eine bescheidene Existenz.

    Der Staat sollte möglichst flexibel auf die Anforderungen reagieren und die Mittel möglichst zielgenau verteilen. Es gibt Familien die können ein höchst positives Familienleben bestens organisieren. Es dürften eher Familien sein wo ein Partner z.B. eine Lehrerausbildung hat. Die könnten z.B. Kinder von anderen Familien (entgeltlich) mit betreuen, wo die Eltern z.B. in der Pflege beschäftigt sind.

    Kinder mit therapeutischen Bedarf sollten optimal unter Anleitung von Fachleuten betreut werden.

    Auch fände ich es zweckmäßig, wenn die Kinder künftig wesentliche Teile ihrer Ausbildung und des Trainings von KI gesteuerten „Lernmaschinen“ erhalten. Die sollten den Lehrstoff individuell (sogar in Fremdsprachen) und mit ständiger Lernkontrolle (möglichst so interessant wie Computerspiele) vermitteln können.

    So wie wie sie jetzt schon vor dem Laptop hocken und sich ihren Spielen hingeben. Man muss ihnen nur noch den Lehrstoff „passend unterjubeln“, inklusive kleiner „Leckerchen“, z.B. interessante „Spiele“ nach tollen Lernleistungen…..

    Scheint zwar noch nicht ganz realistisch. Aber „Lernmotivationen“ notfalls zu „manipulieren“, das wäre einmal ein positives Beispiel für „Manipulation“. Da könnten sich Psychologen nutzbringend so richtig „austoben“.

  18. Die Erziehungsmisere unter dem Begriff der “Veränderung der Gesellschaft” zu verstecken, das ist nicht zielführend.
    Erziehen heißt sozialisieren. Das geht nur von Mensch zu Mensch. Kinder lernen durch Nachahmen.

    Alle Schulprojekte mit künstlicher Intelligenz werden scheitern, weil Lernen nicht nur das Aneignen von Wissen ist sondern auch das Aneignen von Verhaltensweisen.

    Und hier ist die Baustelle. Eine psychische Störung hat man früher als asoziales Verhalten bezeichnet. Verwahrlosung war noch so ein Begriff, der aber treffend ist. Seelisch verwahrloste Kinder haben zu wenig Zuwendung gehabt.

    Eine Gesellschaft, die die Kinder nicht in das Zentrum ihrer Bemühungen rückt, die wird den sozialen Frieden verlieren.

  19. @ Neumann 05.10.2023, 13:02 Uhr

    Zitat: „Erziehen heißt sozialisieren. Das geht nur von Mensch zu Mensch. Kinder lernen durch Nachahmen. ….. und auch das Aneignen von Verhaltensweisen.“

    Kann man so sehen. Das Problem ist nur, die Kinder ahmen die „Gestalten“ und die „Verhaltensweisen“ aus dem Fernseher nach, nicht unbedingt die „Edlen“.

    Eine „Lernmaschine“ wie ein Spielecomputer zum „pauken“ und ein „Aufpasser“, der kein voll ausgebildeter Pädagoge sein muss, allenfalls ein „Schauspieler“, für das Erlernen der Verhaltensweisen, könnte reichen. Auch hat man heutzutage große Probleme wegen der „Babylonischen Sprachverwirrung“ in den Schulklassen.

    Zitat: „Eine psychische Störung hat man früher als asoziales Verhalten bezeichnet. Verwahrlosung war noch so ein Begriff, der aber treffend ist. Seelisch verwahrloste Kinder haben zu wenig Zuwendung gehabt.“

    Früher wurde „problematisches Verhalten“ meistens sehr „handfest, schnell und auch erfolgreich“ behoben. Nur, sagen wir einmal 10% „Problemkinder“ machten „Schwierigkeiten“. Die „Normalen“ 90% verstanden sehr schnell worauf es ankommt.

    Man macht Therapeuten, vermutlich nicht ganz zu Unrecht, den Vorwurf, sie möchten aus „Geschäftsgründen“ möglichst viele „Klienten“ produzieren. Ein Junge verlangte im Wartezimmer beim Arzt von seiner Mutter den Spielzeug Revolver, damit legte er mit „bum bum“ auf die anderen Patienten an. Damit war er ein Fall für den Jugendpsychiater. Die meisten Patienten meinten, das Problem hätte man früher sehr wirksam und viel schneller gelöst….

    Eine rund 10 jährige „kleine Schwester“ „analysierte“ die Probleme ihrer 2 Jahre älteren, sehr „widerspenstigen großen Schwester“ recht sachlich, sie meinte nur „die spinnt“ und begründete das recht rational. Die Eltern waren verzweifelt, machten sie doch alles „richtig“ und sie hätten der „Großen“ nichts „durchgehen“ lassen. Der Psychologe verordnete „liebevolles in den Arm nehmen“ und sie sollte selber erklären warum das Verhalten „schlecht“ ist…..

    Eine Scheidung ist vermutlich das Schlimmste was Eltern ihren Kindern antun können und der Hauptgrund für viele Probleme.

  20. Realo
    Der Fernseher, warum bezahlen wir Fernsehgebühren wenn die “Öffentlichen” zu wenig Kontrollen durchführen.
    Das Hauptproblem bleibt aber das Internet,indem es gar keinen Schutz für Kinder gibt.
    “Eine Gesellschaft, die seine Kinder nicht vor Gewaltvideos schützen kann , ist langfristig zum Niedergang verurteilt.

    Das ist keine Schwarzmalerei, in den USA zeichnet sich schon der Zerfall der Kultur ab. Wenn jeder Haushalt eine Pistole oder einen Revolver hat ist das kein gutes Zeichen.

    Aussicht , aus gestörten Kindern werden in der nächsten Generation die gestörten Eltern. Auf dieser Rutschbahn geht es nur bergab.
    Das Problem ist bekannt , nur weiß man noch keinen Ausweg.

  21. @Realo:

    So wäre das auch damit zu erklären, dass auf die Kinder wesentlich stärkerer und mehr “Druck“ einwirkt je mehr und je länger sie „unter sich“ sind, sie sich in der „Hölle“ gegenseitiger “Willkür“ durchsetzen müssen und je weniger positiven, erzieherischen Druck sie vom betreuenden Personal ausgesetzt sind.

    Das Personal darf die “Kleinen” ja nicht an der „individuellen natürlichen Entfaltung“ hindern. Dieser „Grundsatz“ wurde einige Zeit recht strikt befolgt.

    Trotz der vermeintlichen Zustimmung ihrerseits habe ich diesen Behauptungen doch einige Argumente entgegenzusetzen:

    Insbesondere das Konzept des “erzieherischen Druck[s]” erscheint mir schizophren bzw. kontradiktorisch gespalten, denn…

    …als Naturwissenschaftler liegt es mir nahe, die Gleichgewichte zwischen verschiedenen Urkräften zu beschreiben.

    Im Falle des von @Realo postulierten “erzieherischen Drucks” liegt daher ein Widerspruch vor, denn die zwei diametral entgegengesetzen Kräfte Zug und Druck sollen hier in einer Begrifflichkeit vereint werden. Er‘zieh’hung und Er‘drück’ung sind offenbar Gegensätze. Entweder das Eine oder das Andere. Es kommt sehr häufig vor, daß Eltern bzw. Pädagogen von Erziehung faseln und stattdessen Druck ausüben.

    In dieser “Kultur” versuchen die Machthaber beinahe ausschließlich Alles durch Druck anzugehen. Eine sehr eindimensionale Herangehensweise an gesellschaftliche Herausforderungen. Dies führt verständlicherweise zu immensem Streß bei den so Behandelten, die dann häufig unter dem Druck zusammenbrechen bzw. nieder-gedrückt-werden (De-Pression).

    Ein Gleichgewicht der Urkräfte Zug und Druck ist unerläßlich für eine funktionierende Kultur. Wir scheinen gegenwärtig gesellschaftlich weit entfernt von diesem Equilibrium.

  22. @Stephan

    » Die Kritik richtete sich doch ausdrücklich dagegen, strukturelle Probleme mit individuellen Methoden (wie Stressmanagement, Gefühlsregulation) zu “behandeln”.«

    Hmm, es geht dir also gar nicht um die von der Bundesjugendministerin eingeführten Coaches für die psychologische Betreuung der Kinder, sondern um strukturelle (Schul-)Probleme. Und anstatt hilfebedürftigen Kindern individuell zu helfen, sollte man sich deiner Meinung nach lieber um das Strukturelle kümmern. Nun, ich meine, zweifellos sind beispielsweise saubere Toiletten für das Wohlbefinden der Kinder wichtig, aber gegen individuell bestehende Zukunftsängste (Klima, Politik, Berufswahl) helfen sie wohl eher nicht.

    »In deinem Sinne: Meditieren gegen den Klimawandel? ….«

    Nicht doch, nicht gegen den Klimawandel. Sondern gegen eventuell vorhandene Ängste um eine gute Zukunft. Auf strukturelle Veränderungen zu warten, macht da wohl wenig Sinn.
    Eher könnte helfen, wenn man erklärt, dass es längst nicht so schlimm kommen wird, wie von manchen behauptet. Denn wenn es stimmte, dass hauptsächlich CO2-Emissionen für die globale Erwärmung verantwortlich wären, dann hätte die Regierung schon vor Jahren das Höchsttempo auf den deutschen Autobahnen deutlich begrenzt. Da das aber nicht geschehen ist, gibt es kein Grund, sich unnötige Sorgen zu machen.

  23. @Balanus: Klima-Angst

    …aber gegen individuell bestehende Zukunftsängste (Klima, Politik, Berufswahl) helfen sie wohl eher nicht.

    Klar, wenn die Angst einen lähmt, sollte man etwas dagegen tun. Dagegen hat die (kognitive) Verhaltenstherapie übrigens seit bald 100 Jahren gute Methoden. Der Stoizismus sogar schon seit rund 2.000 Jahren.

  24. @ John R

    Zitat: „Im Falle des von @Realo postulierten “erzieherischen Drucks” liegt daher ein Widerspruch vor, denn die zwei diametral entgegengesetzen Kräfte Zug und Druck sollen hier in einer Begrifflichkeit vereint werden. Er‘zieh’hung und Er‘drück’ung sind offenbar Gegensätze. Entweder das Eine oder das Andere. Es kommt sehr häufig vor, daß Eltern bzw. Pädagogen von Erziehung faseln und stattdessen Druck ausüben.“

    Er‘zieh’hung und Er‘drück’ung sind (originelle) Metapher.

    Die Regeln die von den Erziehern (und Eltern) üblicher Weise vermittelt werden und die verbindlich eingehalten werden müssen, sind eher „optimal ausgeglichen“ und für ein vernünftiges Zusammenleben unerlässlich. Selbstverständlich geschieht die Durchsetzung mittels Manipulation, Druck und allenfalls mit „Bestechung“.

    Es ist unrealistisch zu glauben, die Jugendlichen könnten sich ihre eigenen Regeln selbst „stricken“ und für die Konflikt freie Durchsetzung sorgen. Sind „Problem Jugendliche“ in einer Einrichtung untergebracht, bereiten sie sich gegenseitig die „Hölle“, mit Folgen die in Ihrem Link beschrieben werden. Andererseits können gut ausgebildete und erfahrene Erzieher diese „Hölle“ bestens unterbinden.

    Es stimmt dass der „erzieherische Druck“ Stress verursacht. Nur, der selbst verursachte Druck, durch fehlenden Druck von Außen, generiert noch weitaus mehr Stress, weil sich letztlich die rohe brutale Gewalt durchsetzt.

    Angeblich wurden diese Erfahrungen sogar von Insassen in ehemaligen Nazi KZs gemacht, wenn die Insassen selbst für Ordnung sorgen durften….

  25. @Neumann, da hast du absolut recht, das ist auch mein Standpunkt. Ich habe das kurz mal so praktiziert und habe privat einen Lehrer beraten und der Schüler ist dann stärker aufgeblüht und hat im Rahmen seiner Möglichkeiten eine gute Entwicklung genommen. Ich bin nicht mehr praktisch tätig, aber würde mich politisch auch dafür einsetzen, dass Lehrer genug Freiräume für so etwas haben und auch Beratung und sozialpädagogische Unterstützung für einige Klassen bekommen als Stütze für Unterricht.

    @ Stephan Schleim, ja also die Entwicklung war zwiespältig. Einerseits sah man, dass Kühlschrank-Mutter als Erklärung für Autismus falsch ist. Dann gab es etwa im Kontext von HEE bei Psychosen die Erwägung, dass das den Familienfrieden stört, wenn man der Familie da was anlastet oder sie sich angelastet fühlen könnte. Erwägung galt dann für alle Probleme von Kindern, Eltern fühlen sich angesickt, machen zu, ziehen sich zurück, reagieren Frust am Kind aus, Risiken steigen. Gleichzeitig Konstruktivismus: ach man weiß ja heute gar nicht mehr, die einen meinen so, die anderen so.
    Ansonsten ist es aber noch ideologischer gewesen: die Eltern sollten um jeden Preis exkulpiert werden, weil die These bestand, dass jeder Druck alles schlimmer macht, das Selbstwertgefühl schwächt, man endlich aufhören soll, über die zu lästern, Professionen, Gesellschaft und Staat haben nichts besseres zu bieten und drum bauen wir die Familien unter elterlicher Führung wieder auf. Dann war man kann nur durch Unterstützung von Eltern was erreichen und das allerwichtigste: allen war klar, dass damals die Erziehungsanforderungen exponentiell angestiegen sind und die Mehrheit schlichtweg so schnell gar nicht die Kompetenzen entwickelt haben konnte. Deshalb lange Leine. Das wurde politisch, rechtlich, psychologisch usw. alles durchexerziert.

    Was auf jeden Fall praktiziert wurde, die Ursache im Kind zu suchen. Entweder stumpf mit seiner „Subjektivität“ und dann vllt teils auch mit Moffit u.ä. und ADHS, expansiv-oppositionellen Störungen mit genetischer Komponente oder so usw. Meist nicht konzeptionell richtig gefasst.
    Was klar ist, ist dass die Probleme durch Alleinerziehende, Arbeitslosigkeit, schwierige Lagen zunahmen und interventionsbedarf bestand, dann gern psychopharmakologisch, weil dann wird Eltern entlastet und mit ihr hat’s rein gar nichts zu tun. Ich habe mal eine Doku gesehen, da hat ein netter KPsychiater dann zu hören bekommen, sie ist daran jedenfalls nicht schuld und dafür verantwortlich und hat den dann allein da stehen lassen. Das ist das Risiko, was man immer verhindern wollte, dass Eltern sich dann zurückziehen und dem
    Kind entfallen.

    Ich meine auch, dass sich Gehirnentwicklung und Familienbeziehung interaktiv entwickeln idR. (Abgesehen von den Sonderfällen mit Genetischen Einschlägen, intrauterinen Schäden, Geburtskomplikationen) Ich bin da von Kernberg und Kuhl geprägt, was das angeht. Ich denke auch nicht in Kategorien von entweder oder. Ich meine muss das im Einzelfall umsichtig beurteilen.

    Du hast recht, dass man das nicht lösen wird. Ich habe das halt seit den 1950er Jahren alles durchgearbeitet. Man hat sich politisch dafür entschieden, für viele Einzelfälle das in Kauf zu nehmen und zu sagen, das ist halt Schicksal, das kann und muss der Staat nicht großartig kompensieren. In den 80 und 90er Jahren hat man so gespielt, alle Eltern sind gleich und hat gesagt, das ist absolute Privatverantwortung der Eltern. Das muss man hinnehmen und aushalten als freiheitlicher Staat. Es ist historisch betrachtet ein Fortschritt, dass jetzt nochmal an dieser Stelle staatliche Mitverantwortung übernommen wird. Ich bin da halt ernüchtert, weil ich das alles wissenschaftlich durch habe. Die wollen nichts lösen, sondern nur Impulse unter Teilhabegesichtspunkte setzen. Im Grunde habe ich keine abschließende Beurteilung ob ein anderer Ansatzpunkt besser wäre – ich mag diese Stressgeschichten auch nicht. Man wird sehen müssen, mit welcher Haltung das abläuft, ob unterstützend-nachbeelternd oder aktivierend-responsibilisierend. Es gibt Grund zur Hoffnung für ersteres. Ich muss aber immer wieder unterstreichen: Ende der 70 hat man sich mit Strukturen abgefunden und wir haben gemessen daran Quantensprünge gemacht. Klar, ohne diese historische Perspektive wäre ich auch unzufriedener. Ich kann dir aber sagen, dass man bei Frühen Hilfen wertschätzend unterstützt und begeleitet, vllt. wird es auch bei den Coachs eine solche Haltung geben. Die strukturellen Familienprobleme zu verbessern ist Generationenprojekt. Da kommt man nur schlecht ran und will das auch nur bedingt. Eltern, ihre Fähigkeiten und sozioökonomischen Umstände sind Schicksal und Lebensrisiko des K.

    @Neumann: Juhu, zum Verwahrlosungsbegriff habe ich genau dieselbe Einstellung.

  26. @Nando, all: Psychologie, Schuld & Moral

    Ansonsten ist es aber noch ideologischer gewesen: die Eltern sollten um jeden Preis exkulpiert werden …

    Man sollte auch nicht vergessen, dass früher in der Psychotherapie Berichte über sexuellen Missbrauch gerne als “kindliche Phantasie” abgetan wurden; das Gegenteil davon ist, hinter jedem Symptom frühkindliche (v.a. sexuelle) Traumatisierung sehen zu wollen. (Man sollte sich auch an die Welle der damals so genannten multiplen Persönlichkeitsstörung erinnern, in deren Zug die Anzahl der “gefundenen” Persönlichkeiten und deren Bizarrheit immer weiter zunahm.)

    So verläuft eben wissenschaftlich-klinischer Fortschritt: Irgendwann reduziert man die alte Theorie auf eine übertriebene Vorstellung, z.B. die “Kühlschrankmutter-” oder “Rabenmuttertheorie”, lehnt diese als überholt ab – und fühlt sich also so viel überlegener als die alte Theorie.*

    Ich erinnere daran, dass einer meiner ersten Blogbeiträge hier vor vielen Jahren Die entschuldigende Funktion der Naturwissenschaft behandelte: Man hatte eine (tatsächlich sehr seltene) Genvariante entdeckt, die das Risiko der Diagnose Schizophrenie erhöhte – und entschuldigte damit gleich die Eltern. (Wissenschaftlich eigentlich absurd, einen Einzelfund so übertrieben aufzublasen.)

    Ich habe in meinem Leben mehrere Menschen kennengelernt, die in ihrer Familie schwere bis schwerste Misshandlungen miterlebt haben. Wenn die schulische Probleme und/oder psychisch-psychiatrische Symptome entwickeln (meist beides), dann freuen sich Täterinnen und Täter natürlich, wenn Fachleute das Problem Psychologisieren, Individualisieren und dann auch noch genetisch verklären. Die Betroffenen freuten sich, wenn ihnen mit einer Diagnose “Depression” oder “ADHS” oder “Autismus” oder “Borderline” endlich erklärt wurde, “was mit ihnen nicht stimmt” (oft im Wortlaut so gehört).** Mit Medikamenten kann dann vielleicht ein Funktionsniveau hergestellt werden, über das sich auch die Gesellschaft (z.B. Lehrerinnen und Lehrer, später die Arbeitgeber) freut.

    Ich bin mir aber zu 99% Sicher, dass das langfristig nicht funktioniert: Die Folgen schwerer Vernachlässigung und/oder Misshandlung (oft beides) lassen sich nicht einfach so wegdiagnostizieren. Wenn die Betroffenen nicht sowieso psychiatrische Medikamente bekommen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich mit “Drogen” selbst versorgen, vergleichsweise sehr hoch (siehe meine Gedanken zur Selbstmedikation im neuen Artikel hier).

    Aber was will man machen? In Familienstrukturen kann es sehr unangenehm werden, wenn jemand anfängt, nach “schmutziger Wäsche” zu suchen. Und selbst wenn dann Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln (für die Betroffenen sehr unangenehm), selbst wenn dann Anklage erhoben wird (dann noch einmal extrem unangenehm, das vor Gericht, also potenziell öffentlich, noch einmal alles aussagen zu müssen und sich auch den kritischen Fragen der Verteidigung zu stellen), selbst wenn es potenziell nach Jahren zur Verurteilung kommt (vielleicht noch in Berufung und Revision) und sich die Medien genug an so einem Fall aufgegeilt haben (“sex & crime”) – ja, was dann?

    Auch wenn es gut gemeint ist, können staatliche Behörden einem Menschen i.d.R. nicht die Erfahrung geben, zurückgeben oder ersetzen, in einer sicheren, geborgenen Familienstruktur aufzuwachsen.

    Die inzwischen beachtlich vielen Artikel zu psychischen Störungen hier (es sind bald 150) kann und sollte man durchaus als Aufforderung dazu sehen, solche Probleme nicht pseudowissenschaftlich unter den Teppich zu kehren; und da spreche ich auch aus eigener Betroffenheit.

    Wie dem auch sei, um das etwas fachgerechter abzurunden: Das Umfeld für alles verantwortlich zu machen ist ebenso beschränkt, wie das Individuum oder seine Gene für alles verantwortlich zu machen; darum wird hier ja seit vielen Jahren das biopsychosoziale Modell verteidigt.

    * Ein eher wissenschaftlich interessantes Beispiel für das Abschreiben alter Paradigmen ist auch der Umgang mit dem Behaviorismus, dem man beispielsweise gerne unterstellt, die Existenz von Bewusstsein geleugnet zu haben.

    ** Man könnte darüber lachen, wäre es nicht so traurig, wenn die Leute, die sagen, mit der Diagnose hätten sie “endlich gewusst, was nicht mit ihnen stimmt”, einem Jahre später wieder begegnen und dann mit denselben Worten, doch diesmal einer anderen Diagnose, berichten, jetzt wüssten sie endlich, was nicht mit ihnen stimmt; in zwei konkreten Fällen, an die ich jetzt denken muss, ging es um einen Wandel von Depression zu Asperger-Autismus und von ADHS zu Borderline.

  27. Nando,
    ….Juhuu…..
    die Diskussion nimmt Fahrt auf. Jetzt müssen wir nur noch unterscheiden zwischen Jungen und Mädchen.
    Ein Junge braucht zur Entwicklung Druck, damit seine Ansichten und Phantasien nicht ins Leere laufen. Dem müssen die Grenzen aufgezeigt werden. Und daran wächst er.
    Bei Mädchen ist das anders. Die wollen bewundert werden und gelobt. Und natürlich auch geliebt werden.
    Für die Mädchenerziehung sind die Lehrerinnen besser geeignet, denn die durchschauen die subtilen Gemeinheiten junger pupertierender Mädchen. Und Frauen sind in dieser Hinsicht auch konsequenter.
    Also, was haben wir herausgefunden, und haben auch die Meinung von Herrn Schleim für uns,
    für die richtige Erziehung braucht es Zeit. Fehlende Zeit ist wie eine Lunte, die nicht ausgeht. Zur falschen Zeit die fehlende Zeit und das Seelenleben explodiert.
    Bei den einen nach außen, bei den anderen nach innen.

  28. @Stefan Schleim, das entspricht absolut(!) meiner Sicht der Dinge. Sehe ich alles(!) genauso, habe ich zu sehen bekommen in der Literatur und in der Wirklichkeit.
    Eben, vieles führt auf Traumatisierungen zurück und ich sehe und befürworte – unter Akademikern – Drogengebrauch als Selbstmedikation aufzufassen, zu prüfen, wie man den nötigenfalls (!) nach Ausschöpfung von Alternativen medizinisch ersetzt. Bei allerhärtesten Fällen in Anknüpfung an entsprechende fachliche Standpunkten auch mit Diacetylmorphin, wenn das anamnestisch „bedeutungsvoll“ war.
    Es ist auch hier kompliziert: einigen kann man die Fakten darlegen, wie sie sind; sie fühlen sich entlastet, verkraften es und haben Ressourcen guten Weg einzuschlagen. Hab ich auch schon mal gemacht. Elvanse wurde dann aus eigenem Antrieb abgesetzt, hochbegehrtes Studium ist greifbar. Dann gibts Fälle, die verkraften in der Hinsicht gar nichts, sind ganz liebe Seelen und dann muss man es unaufgeklärt lassen (der Horror von außen, sehr traurig. Ich habe mit solchen korrespondiert, kannte sie seit der Grundschule wie Eisbärbabie oder treues Reh bis ins Heranwachsenden-Alter und dann wegen kumulierter Dummheiten Inhaftierung. Ein Horror für mich, aus dem Urteil liest man zwischen den Zeilen was für ein Abfuck das für die Richter war, verurteilen zu müssen, weil sie es so lange wie möglich vermieden haben vorher), Wertschätzung spiegeln, supporten, sozial integrieren, alltagsstruktur aufbauen und schauen, ob und was man den pharmakologisch bieten kann. Da ist es auch misslich, wenn man denen nichts suffizientes (oder auf absolutausnahmen begrenzt) bieten kann, weil sie damit nicht verantwortlich umgehen können. Auch eine unmögliche Situation für Behandler. Bei anderen Fällen mit eingetretener Depravation suffiziente multimodale Medikation (Opioid, ggf. (bedarfsweise) Benzodiazepin, weiß nicht, ob AD dann überhaupt noch gewünscht) mit akzeptierendem Ansatz. Ich habe Projekte dazu schon mal in Dokus gesehen, mit denen ich zufrieden bin. Und dann gibts eine Population, die mich ratlos zurücklässt: kompliziertes, expansiv ausagiertes Borderline, hohe Neurotizismus-Werte, prekärer sozioökonomischer Status. Generell bei harten Fällen Interpretation von Drogenanamnese/-Gebrauch als Selbstmedikation anbieten, aber bei Problemkonsum natürlich markieren, dass die Art oder Intensität problematisch ist. (Da habe ich mir aber auch schon vergeblich den Mund fusselig geredet). Für einen Teil der Fälle kann man so akzeptable Lösungen finden. Ich weiß, dass noch Fälle bleiben, wozu mir nichts einfällt und zu denen ich mich dann enthalte.

    Zur Frage der Verbesserung: darüber denke ich jahrelang nach und forsche dazu als Jurist interdisziplinär seit paar Jahren. Mit allem hast du als Ausgangspunkt absolut recht. Es ist die Kunst, einen klaren Kopf zu bewahren – vor allem, wenn man zu viel Wirklichkeit wirklich kennt -, Möglichkeiten zu identifizieren und einen klugen Weg zu finden. Mir geht es nicht um Rache, Strafverfolgung, usw. – das steht den Opfern frei -, sondern Lösungen finden für Arrangements. Es ist klar, dass das treue Reh eine Strafprozess-Kaskade nicht verkraften würde, man ihm die Mutter nehmen würde, die er trotz allem liebt, sich selbst die Schuld gibt für alles usw. Ich kenne die ganzen Komplikationen als Horror. Ich kenne es noch schlimmer: die landen im Heim, werden marginalisiert, erhängen sich im Knast oder retten sich mit ca. 18 mutwillig hochaufwendig in Drogenpsychosen und sind für immer fürs Leiden verurteilt. Auch da habe ich als 19 jähriger oder am Abend vorher mit einem Umgang gehabt, der vor Haftantritt megaviele Pilze „gefressen“ hat und für mich war das mehr Weltuntergang als für ihn. Achja: er wurde im Heim unter Ausnutzung seiner instabilen PSt (ohne Borderline) systematisch fertig gemacht (wurde mir gegenüber von Personal zugegeben und habe ich selbst alles gesehen und genossen), ist in der Geschlossenen dann einmal ausgerastet wo sich seine ganzen erlittenen seelischen Kränkungen Bahn gebrochen haben, er rechtswidrig über 24h fixiert wurde und Beruhigungsspritzen nicht wirkten und die Ärzte untereinander stritten wegen der Rechtswidrigkeit und über Verlegung in die Erwachsenenpsy. usw. Er war danach für immer gebrochen, wurde stumpf mit Dipiperon und Taxilan sediert wie ein böser, obwohl er stattdessen mal ein AD gebraucht hätte. Mir wurde das dann als Teenager von Sozialpädagogin anvertraut, damit ich mich als Teenager mit eigenen Problemen etwas kümmern kann – sonst war keiner da für ihn. Mir wurde offen gegenüber eingestanden, dass das Heim bei ihm versagt hat. Ich hatte da mit jungen 13 auch schon einen supertauglichen Suizidversuch mit 56 Tabletten Thioridazin, was man wegen der hohen Kardiotoxizität gar nicht mehr (gern) verschreibt. Interessanterweise bildete sich der Wunsch abends und erhielt sich bis zum nächsten Abend und wurde dann realisiert. Er war eigentlich schon immer verloren und schreibte mir zuletzt, dass Haft droht, Widerruf der Bewährungsauflage, er säße in der Psy zum Entziehen. Obwohl ich Jurist bin, ist das wieder der halbe Weltuntergang für mich. Achja, ich hatte ihn damals schon auf der geschlossenen als Heranwachsenden besucht, er galt als hebephren, wir haben früher gut und gern gekaspert. Jedenfalls wurde wegen (wohl läppischen) Ärgerns von Mitpatienten angeordnet, dass er zwei Wochen auf seinem Zimmer isoliert bleiben muss. Das war sein ganzes Leben im Heim so!🤬🤬🤬 Ich habe also viel Wirklichkeit zu sehen bekommen.

    Und ich forsche und schreibe aber jetzt als Jurist und SoWi und interdisziplinär, rein wissenschaftlich abgehoben.

    Erstens muss in der KJP die Eigenständigkeit der J stärker gewürdigt und gefestigt werden. Sie sollen sich therapeutische Autonomie vorbehalten. Das aber nur nebenher.
    Wir haben jetzt ein gutes Kinderschutzsystem in Deutschland entwickelt: alle Eltern – auch Sie und ich – bekommen erstmal Angebot einer Hebamme, die Tipps für den Anfang gibt und damit zeigt, man muss nicht allein da durch. Jeder Pädagoge usw. wird von Hebammen-Tipps profitieren können zum Start. Risikogruppen bekommen bis zu drei Jahre Frühe Hilfen durch Hebamme u.a. – sie werden also befähigt, ermutigt, begleitet: ihnen wird früh in eine liebevolle E-K-Beziehung verholfen. Es ist effektiv, staatlich Starthilfe fürs Gelingen zu geben. Wir haben verbindliche Früherkennungsuntersuchungen, alle sind zu mehr Aufmerksameit aufgerufen und dann Verantwortung zu übernehmen. Dadurch und lange Entwicklung haben die Erziehungskompetenz zugenommen, die E-K-Verhältnisse sind spannungsfreier, zugeneignter, bedürfnisorientierter. Die Gerichte haben die Zügel angezogen und greifen früher schneller wirksam ein. Die psychosoziale Gesundheit und Probleme der K hatten sich vor Pandemie verbessert. Insgesamt ist der Trend aber positiv geblieben. Die Härten früher waren der Horror.
    Die bio-psychosoziale Prognosemöglichkeiten werden stärker genutzt, zielgruppenspezifische Angebote konzipiert und implementiert. Da muss die Reise hingehen und wir haben Fortschritte. Familienunterstützung und Inpflichtnahme der Eltern soweit die Fähigkeiten reichen, Elternbefähigung, zusätzliche elternunabhängige Angebote für junge Menschen. In der Folge werden die Verhältnisse entspannter, die Kompetenzen nehmen zu, soziale Probleme vererben sich immer weniger.

  29. @Neumann, ja genau. Ich finde den Verwahrlosungsbegriff jedenfalls auch noch brauchbar, obwohl ich viele Alternativen kenne. Er bringt schön zum Ausdruck: gedeihliche Entwicklung braucht Bewahrung: Verwahrlosung ist ein Mangel an Bewahrung.

    Bei den Jungs würde ich das nur mit einer etwas anderen Konnotation versehen wollen: Aggressivität usw. müssen in einer Bindung gebunden werden, die dem Druck, Übermut und Grenzüberschreitungen Stand hält (iSv Winnicott). Wichtig ist die Bindung: die bindet Aggressivität, dissoziale Tendenzen, sexuelle Expansivität usw.

    Es gibt ja schon Vorstöße, Lehrern Freiräume zu schaffen. Ich votiere noch für stärkere Entlastung durch Sekretariate. Alles, was delegiert werden kann, weil es nicht genuin Lehrerkompetenz ist, sollen Sekretariate u.ä. machen. Außerdem mehr zentralisierte Erstellung und Angebot von fertigen Unterrichtseinheiten.

  30. @Neumann
    Und ja auf Grundlage der Haltung brauchen die häufiger auch mal klare Ansage und Rückmeldung, also brauchen vereinzelt mal Druck, der aber ein Element der o.g. Haltung ist. Zu Mädchen hast fu wahrscheinlich recht, da kenne ich mich ehrlich gesagt gar nicht so gut aus 😅🙈 und bin überzeugt von dem, was du sagst.

  31. Nando
    deine Erfahrungen sind beeindruckend. wir haben da auch etwas zu bieten bis zum Selbstmord.
    Ja, es ist schrecklich was sich in der Umgebung abspielt und hinterher ist man klüger und nur ein kleiner Eingriff hätte genügt, dass der Jugendliche einen anderen Lebensweg hätte einschlagen können.

    Was jetzt konkret die psychologische Hilfe betrifft, die als mental health coaching umschrieben wird. Man müsste wissen, sind das nur Leute, die delegiert werden oder sind das Spezialisten mit Universitätsausbildung.

  32. @ Nando

    Eine Sonderform des Ziehens ist der Sog. Vorbilder erzeugen Sog.
    Gut erkennbar im Sport und bei den Influenceren.
    Erfolg und Attraktivität ist deren Impuls an die Folgenden. Sie werden zu Autoritäten.
    Sofern müsste man klären,was Kämpfer/Helden und Prinzessinen/Mütter ausmacht.
    Was wird stilisiert?

  33. @ Nando

    Mich haben immer Menschen beeindruckt,die ehrlich über ihr gelegentliches Scheitern ausgedrückt haben,darüber aber nicht zerbrochen sind, über auch ihren Zweifel.

  34. @Stephan Schleim und alle

    Ansonsten ist es aber noch ideologischer gewesen: die Eltern sollten um jeden Preis exkulpiert werden …

    Du hattest das an die Spitze deiner Antwort gestellt und ich wollte noch genauer klarstellen, warum ich es genau so zugespitzt habe.

    Ich hatte das so stark pointiert, weil es mir darum geht, dass unter Fachleuten, Wissenschaftlern, Juristen, Lehrern, Politikern das klar ist und sie das Konzept, schmutzige Wäsche zu dethematisieren, nicht für die Wirklichkeit gehalten wird, also glauben, nur weil wir sonst nicht drüber reden, gäbe es sie nicht und sei alles bestens, bestünde kein Handlungsbedarf. Das war eine zeitlang ein riesengroßes Problem, das für die Wirklichkeit zu halten und ist es auch heute noch zT.

    Gegenüber der Familie, den Eltern und Kindern und Normalbürgern soll man natürlich nicht mit der realistischen Haltung auftreten, sondern schauen, dass man eingreift, wo es sein muss sine ira et studio und ansonsten stabilisiert, befähigt, unterstützt, kindliche Bedürfnisse zur Kenntnis bringt usw. – also psychosoziale Hilfe. Wissenschaft und Profession muss es wissen, sich konstruktiv einbringen und das aushalten.
    Nur Personen aus der Zivilgesellschaft, Psychologen, Therapeuten können dann – wenn es verantwortlich und/oder indiziert ist – später Klartext sprechen und den vllt. sogar therapeutisch nutzen.

    Man hat früher nämlich deine Erwägungen familienpolitisch genutzt, um den Abflug zu machen und Geld zu sparen. Und die Familienhilfe hat dann noch den Jungen fertig gemacht usw usf. Politik, Wissenschaft, Professionen müssen im Hintergrund mit realistischem Blick steuern, sodass alle ihr Gesicht wahren und möglichst erfüllende oder erträgliche Familienbeziehungen haben können.

  35. @Neumann

    Danke. Krass. Interessant!
    Ja genau, es hängt davon ab, was das für Leute sind und wie die Auftreten. Damit steht und fällt alles.

    Und man muss sehen, dass es ein Baustein ist. Uns wurde ja noch die Ganztagsschule versprochen, die viel bewirken könnte, wenn man in sie investiert. Auf weiteres Investment oder weitere Bausteine ist zu hoffen.

    @Mussi

    danke.

    Ja, ich denke auch, man muss Haltung und Verhalten im Wesentlichen vorleben und Erziehung, Beratung u.a. dadurch wirkt, dass man sich zum Vorbild macht. Das ist übrigens auch ein Grund, vernünftig mit Eltern umzugehen: wenn man will, dass sie demokratischer mit ihren Kindern umgehen, muss man das im Umgang mit ihnen selbst vorleben.

    Bei Müttern geht es darum, dass ihnen zB Hebammen vormachen, wie man in sich ruht, wie man mit Babys umgeht (ich bin ja vom Fach, aber würde mir das auch wünschen und bekäme das heute sogar auch), ihnen hilft, Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und ihr Verhalten zu interpretieren (das Baby will nicht ärgern, es hat Bauchschmerzen, dagegen hilft das oder das geht gleich vorbei). Bei Müttern geht es nicht um Ideale, sondern um reinfinden in einen Flow, sich in gelingende Beziehung hineinspielen mit Unterstützung. Im Normalfall will ein Mensch ein guter Elternteil sein, gerade am Anfang und deshalb helfen wir gerade in diesem Zeitpunkt grade ganz gut, was das Konzept angeht. Und mit dieser Starthilfe kann dann vieles ganz gut oder in Ordnung laufen. Die Hebamme oder anderes Personal früher Hilfen leben vor, qualifiziert, ohne viel Tamtam. Ich habe das im Fernsehen und hier in der Nachbarschaft gesehen, wie die mir im Treppenhaus entgegenkommen zu den Nachbarn. Die kommen wie ein Sonnenschein, der sogar mich „ansteckt“. Und man macht aufmerksam auf Fähigkeiten von E, von Vorzügen des K usw. usf. Alles ganz menschlich eigentlich.

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