Die Wirklichkeit schlägt juristisch zurück – Richard Gutjahr, Lenny Pozner vs. Alex Jones

Anfang des Jahres thematisierte ich in einem Medienethik-Seminar am KIT Karlsruhe (und im Februar dann auch hier im Blog) den drastischen Fall von Richard Gutjahr. Der Münchner Journalist war mit seiner Familie zufällig am 14.07.2016 in Nizza gewesen und hatte Handymaterial zum damaligen Terroranschlag liefern können. Doch auch weil Gutjahr mit einer Jüdin verheiratet war, wurde er bald selbst zum Mittelpunkt immer absurderer und bedrohlicher Verschwörungsmythen, die in ihm und seiner Familie Agenten der “Neuen Weltordnung” (NWO) erkennen wollten. Endlich begann er sich juristisch und auch medial zu wehren, wenn auch oft gegen erhebliche Ignoranz auf Seiten der Technologiefirmen, aber auch deutscher Polizei- und Justizbediensteter, die das Internet noch immer für eine “Spielwiese” hielten.

Beim Bodensee Business Forum in Friedrichshafen hatten wir nun die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Workshop, der auf überraschend starke Resonanz stieß. Schnell stellten wir fest, dass meine religionswissenschaftlichen Ansätze rund um Antisemitismus und Verschwörungsmythen in den (neuen) Medien sich hervorragend mit seinen praktischen Erfahrungen deckten und ergänzten, so dass wir Fragen praktisch übereinstimmend beantworten konnten. Stefan Fuchs von der Schwäbischen Zeitung berichtete hier.

Keine leichte Kost: Das Panel beim Workshop zu Verschwörungsmythen, Hass und Antisemitismus im Netz. Moderatorin Jasmin Off, digital Angegriffener Richard Gutjahr & ich. Foto: Michael Blume

Gutjahr & Leonard Pozner als Mutmacher

Gerade weil das Thema so schwer und bedrückend ist – und theoretisch fast jeden von uns eines Tages betreffen kann – war ich jedoch auch sehr froh zu hören, dass es Hoffnungszeichen gibt. Gutjahr konnte von langsam wachsender Sensibilität für Verschwörungsmythen und Cybermobbing bei Firmen wie Facebook, Google und Apple ebenso berichten wie über juristische Schritte in den USA.

Dort hatte der rechtslibertäre Verschwörungsprediger Alex Jones Angehörige von Opfern eines Amoklaufs an der Sandy Hook-Grundschule in Connecticut 2012 beschimpft, “Crisis Actors” – Krisenschauspieler – gewesen zu sein und das Massaker mit 26 Toten inszeniert zu haben. Auch hier konzentrierten sich die Verschwörungsmythen klassisch antisemitisch bald auf die Eltern von Noah Pozner, eines 6jährigen, jüdischen Jungen.

Doch insbesondere Leonard “Lenny” Pozner – der einmal einräumte, früher selbst “Infowars” geschaut zu haben – nahm den Kampf auf und brachte einige Cyberbullies vor Gericht, die teilweise erhebliche Gefängnisstrafen erhielten. Die Pozners und andere Angehörige von Opfern verklagten zudem Alex Jones, der auf Basis von Verschwörungsmythen, Angst und Lügen Produkte in Millionenhöhe an seine leichtgläubigen “Fans” verkauft. Nun haben mehrere Technologiefirmen Jones “Infowars”-Kanäle abgesetzt und ihm drohen nicht nur Gefängnisstrafen, sondern auch millionenschwere Schadensersatzansprüche.

Selbstverständlich ist der Kampf gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen im Netz noch nicht einmal in Ansätzen gewonnen – doch die Wirklichkeit beginnt sich zu wehren. Auch dank tapferer Familien wie den Gutjahrs und den Pozners, die den Hatern die Stirn bieten und damit auch unser aller Sicherheit und Freiheit verteidigen. Von der digitalen Radikalisierung, wie sie weltweit und auch in Deutschland stattfindet, profitieren bislang Rechtspopulisten und Antisemiten, die sowohl Einzelpersonen angreifen wie auch nach politischer Macht streben. „Wir stehen am Scheideweg: Es kommt jetzt darauf an, ob die liberale Demokratie überlebt.“

 

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

45 Kommentare

  1. Ich finde, man sollte sich nicht weiter aufheizen und damit Hetzern weiter Scheite in ihre Feuer werfen imho.

    • Die Erfahrung zeigt: Das „Aufheizen“ leisten die Hetzer in ihren Verschwörungsgruppen selbst, sie radikalisieren sich digital selbst. Zurückhaltung wirkt also nicht beruhigend, im Gegenteil: Wenn sich die digital Angegriffenen nicht wehren, eskalieren die Angriffe.

      Stattdessen hat es sich als effektiv erwiesen, die Verschwörungsmythen möglichst früh aufzuklären und die nach Aufmerksamkeit und Geld strebenden Anführer sowie Cyberbullies medial, juristisch und schließlich finanziell zu stellen. Ich denke, das wird ein Weg sein, das Phänomen wieder zu stoppen und einigen üblen Gestalten das digitale Handwerk zu legen…

  2. Gutjahr beschreibt in seinem Vortrag, dass er sich, im Wissen um den sogn. “Streisandeffekt”, bewusst zurückgehalten habe. Barbara Streisand hatte sich seinerzeit bitter darüber beschwert, dass auf einem Luftbild, das für den Küstenschutz enstanden war, ihr Haus zu sehen sei und jetzt jeder wisse, wo sie wohne.
    Durch ihre öffentliche Kritik und ihre Klage auf Schadensersatz brachte sie das Bild erst recht in die breite Öffentlichkeit. Jetzt wussten wirklich alle, wo Frau Streisand wohnte. Hätte sie den Munde gehalten, wäre nichts passiert. Erst durch ihr Aktivwerden hat sie Aktivität bei anderen (insbesondere den Medien) hervorgerufen.

    Bei Gutjahr lag der Fall anders. Während er sich zurückhielt ging die Kommunikation in den einschlägigen Kreisen weiter. Die “Debatten” wurden hasserfüllter, hitziger. Wie ein Dampfdrucktopf, den man nicht vom Herd nimmt. Wer den Drucktopf immer auf dem heißen Herd belässt, riskiert, dass einem alles um die Ohren fliegt. Es gilt also, aktiv zu werden. Das hat Herr Gutjahr schließlich getan.
    Erst durch sein Aktivwerden konnte er die Aktiviät der anderen unterbinden.

  3. “Endlich begann er sich juristisch und auch medial zu wehren”

    Man hätte noch erwähnen können, dass er den Prozess gegen Wisnewski verloren hat.

    • Ja, @Peter Müller – wie geschrieben nehmen Justiz und Gesetzgeber die Gefahren gewerbsmäßiger Hetze noch nicht ausreichend wahr und ernst. Dabei betteln doch gerade auch die Rechtspopulisten und Antisemiten um einen stärkeren und stärker autoritären Staat und verhöhnen „gutmenschliche Kuschelpädagogik“.

      Ich finde, diesen Gefallen sollten wir ihnen tun und sehr viel klarer gegen Hetzer und Verschwörungsschwurbler vorgehen. 🙂

  4. @M.Blume: Klar, Sie wissen es natürlich viel besser als der Gesetzgeber und wollen alle mundtot machen, die eine andere Meinung haben. Merken Sie eigentlich nicht, das Sie sich genauso verhalten wie ein typischer AfDler?

    • Nein, lieber @Peter Müller: Ich komme aus dem Liberalismus. Doch ich nehme ernst, was Rechtspopulisten und Rechtsextreme sagen und tun. Wenn sie (wieder) Demokratie und Rechtsstaat verhöhnen, Galgen mit Namen tragen (und von der Justiz nicht gestoppt werden), Medien verhöhnen, Flüchtlinge, Journalisten und Juden angreifen, Wissenschaftsblogger trollen, vom „Jagen“ gewählter Politikerinnen sprechen und das NS-Regime als „Vogelschiss“ abtun, dann sage ich: Diesmal nicht. Ihr habt uns oft genug als „naive Gutmenschen“ verhöhnt – und hattet manchmal sogar Recht. Wir waren bisweilen zu naiv, zu freundlich, zu wenig wehrhaft. Aber im Gegensatz zu Euch sind wir bereit, aus der Geschichte zu lernen. Ihr wollt es autoritärer, und autoritärer werdet Ihr es bekommen. #LawAndOrder 🙂

  5. genauer wäre gewesen: …“sich nicht weiter aufheizen (lassen)“…
    Natürlich ist es unerträglich, Hetzern bei ihrem üblen Tun zuzusehen.
    Darüber kann kein Zweifel bestehen und besteht auch keinerlei Zweifel.

    Hetzer gehen allerdings nicht erst heute bis an die Grenze juristisch definierter Tatbestände, um sich im Fall gescheiterter Abwehr weiterhin zu betätigen.
    Das gehörte imao auch in ein Kalkül wirksamer Infragestellungen des Vorgehens von Hetzern mit einbezogen.

  6. Michael Blume
    Es kommt darauf an, ob die liberale Demokratie überlebt.

    Mit der Datenspeicherung durch staatliche Institutionen hat der Liberalismus schon mal eine Niederlage hinnehmen müssen. Mit der Demokratie sieht es nicht besser aus. Wenn demos cratia die Herrschaft des Volkes meint, dann ist die doch durch unsere Parteien stark behindert. Die Parteien haben den direkten Kontakt zu den Wählern verloren. Die Parteien rekrutieren ihren Nachwuchs nicht mehr aus dem Volk , sondern aus ihrem eigenen Parteienapparat.
    Hier hilft nur ein Wechsel zum direkten Mandat . Indirekte Mandatsträger sind in ihrer Meinungsfreiheit stark eingeschränkt.

    Noch schlimmer sieht es mit dem Internet aus. Hier hat sich eine „Institution“ gebildet, die ein Eigenleben führt und nur durch die USA und deren Sicherheitsbehörden kontrolliert werden kann.

    Und diese Institution beinflusst das soziale Leben in einer Weise, die sich noch nicht abschätzen lässt. Es gibt einfach noch keine Erfahrungen darüber, wie man Wahlen durch das Internet beeinflusst, wie man unliebige Personen kalt stellen kann, wie man durch Falschmeldungen die politischen Entscheidungen beeinflusst.

    Hilfe kommt von anderer Seite. Vom dummen und ignoranten Mitbürger, der die Zusammenhänge nicht versteht und sich ziemlich statisch verhält.
    Und Hilfe kommt von den Religionsgemeinschaften, die ihre Maxime nicht im Internet suchen.

  7. @Peter Müller

    Zu Tatsachen kann man selbstverständlich verschiedene Meinungen, Bewertungen haben. Handelt es sich bei den Jagdszenen, die in Chemnitz unbestreitbar stattgefunden haben, schon um Hetzjagden? Kann man drüber streiten. Da Chemnitz noch steigerbar ist, wäre ich mit Superlativen auch sparsam: Ich finde diese Formulierung auch unglücklich.

    Momentan aber wird eine Grenze überschritten, die nicht verhandelbar ist: es werden Tatsachen schlicht bestritten. Wer leugnet, daß es in Chemnitz überhaupt Übergriffe gegeben habe, ist draußen. In einem anderem Universum. Mit dem kann ich nicht mehr streitbar reden.

    Bei Gutjahr sind einige der Meinung: Erster Besitzer eines iPads, in der ersten Reihe in Nizza, in München, das kann kein Zufall sein. Der ist Besitzer exklusiven Wissens. Seine jüdische Ehefrau sehen einige als Indiz für Mossad.

    Wenn aber aus einer Mutmaßung, einem Verdacht eine als Tatsache geglaubte Gewissheit wird, und dies auch noch Konsequenzen hat in der Tat: Daß ein Mann gemobbt, bedroht, gestalked wird, Menschen das Gesetz in die eigene Hand nehmen, dann werden da massiv Grenzen überschritten, gegen die man sich mit allen Mitteln wehren muß. Ihnen wünsche ich nicht, je solchermaßen angegangen zu werden.

  8. @Alubehüteter

    Komisch, wenn es gegen Russland geht, reichen Mutmaßungen und unbewiesene Verdächtigungen aus, um Sanktionen zu verhängen. Da fordert niemand Beweise von den Geheimdiensten, wie sie jetzt für die Aussage von Maaßen gefordert wurden.

  9. @Peter Müller

    Was Rußland angeht, gebe ich Ihnen Recht. Das sind unbewiesene Verdächtigungen, was den angeblichen Giftmord angeht. Auch wenn Rußland im Falle ihrer Einsatzkräfte in der Ukraine gelogen hat, beweist das für den Fall Skripal nichts.

    Der Verdacht Maaßens: Da ist ein Video, nichts spreche dafür, daß es authentisch ist, hat sich als noch viel haltloser herausgestellt. Das war purer Müll, den er erzählt hat. Und das als Nachrichtendienstler. Die AfDler, die solch verquasten verschwörungstheoretischen Unfug hyperventilieren und auch noch toppen mit Lügen, es seien Leute erwischt worden, die solch gefaketen Videos produzieren; dann auch noch, nachdem das als falscher Verdacht / Lüge aufgeklärt ist, noch weiter steigern, indem sie den Produzenten eines Satirevideos outen (öffentlich-rechtlicher Rundfunk! Lügenpresse! Merkelsystem-Medien!) samt Adresse, sind für mich raus. Nicht alle, die darauf hereinfallen. Aber die AfD selber ist zum Lügenmedium mutiert.

  10. @Peter Müller
    Komisch, bei Rußland stellt sich immer mehr heraus, daß mißliebige Dissidenten oder
    Überläufer gerne mal im Ausland umgebracht werden. Beweise sind schwierig zu beschaffen, da Rußland clever genug ist, die Spuren möglichst gut zu verwischen.
    Putin hat gelogen, als er die Krim besetzte, er hat weiter gelogen, als er behauptete, Rußland unterstütze die russischen Separatisten nicht militärisch, wahrscheinlich ist die
    Vergabe der Fußballweltmeisterschaft auch nicht mit rechten Dingen zugegangen und von den Dopingfällen wollen wir erst gar nicht reden.
    Aber dafür macht ein Außenminister Lawrow Stimmung gegen die deutsche Polizei wegen einer angeblichen Vergewaltigung und sorgt dafür, daß rußlandgläubige Deutschrussen unter falschen Voraussetzungen Demonstrationen abhalten.

  11. @Peter Eumella

    Ich vermute ja, das die Amerikaner selbst hinter 9/11 stecken. Beweise sind schwierig zu beschaffen, da die Amis clever genug sind, die Spuren möglichst gut zu verwischen. Bush hat gelogen, als er der Welt erzählt hat, dass irakische Soldaten Babies aus Brutkästen werfen. Powel hat vor der UNO gelogen, als er behauptete der Irak würde MVW besitzen. Wahrscheinlich sind die Vorwürfe gegen Russland auch alle erfunden. Aber dafür machen deutsche Politiker Putin Vorwürfe wegen angeblicher Giftgasattacken und sorgen dafür, das NATO-gläubige Deutsche unter falschen Vorrausetzungen gegen Russland hetzen.

    • @Peter Müller

      Eine Frage aus ehrlichem Interesse: Woher stammt Ihr gefühltes Misstrauen gegen eine alte Demokratie (USA) und Ihr Vertrauen in eine post-sowjetische Diktatur (Russland)?

  12. @Michael Blume

    Ganz einfach: die Russen haben mich nicht so oft belogen. Ich halte sie für glaubwürdiger. Eine Auswahl von Gründen warum ich den Amerikanern nicht mehr traue, habe ich ja dargelegt, obwohl die Liste noch viel länger ist. Ich weis auch nicht warum eine “alte” Demokratie, die sehr lange kein Problem mit der Sklaverei hatte, besser sein sollte als eine relativ junge.

    • @Peter Müller

      Das ist tatsächlich interessant, da ich ja wahrnehme: Die Sowjetunion belog, knechtete und unterdrückte Millionen (darunter meine Familie), führte katastrophale Kriege (z.B. Afghanistan) und der heutige „Präsident“ Putin diente direkt im KGB. Dass er auch sein eigenes Volk knechtet, Kriegszüge von Tschetschenien, über die Ukraine & Krim bis Syrien führt(e) und Oppositionelle einsperren und vergiften lässt, kommt hinzu.

      Sie, lieber Herr Müller, genießen die Freiheiten, gefahrlos den liberalen Demokratien misstrauen und Putin huldigen zu können. Dazu benutzen Sie auch Technologien, die nahezu vollständig in den Ihnen als wenig vertrauenswürdig erscheinenden USA entwickelt wurden. Als erklärter Merkel-Fan in Russland wären Sie dagegen sehr gefährdet…

      Aber bestimmt sind wir uns einig, dass Homo sapiens eine überaus faszinierende Spezies sind.

  13. @Michal Blume

    “Die Sowjetunion belog, knechtete und unterdrückte Millionen…”

    Sie haben aber schon mitbekommen, dass es die Sowjetunion nicht mehr gibt?

    Die Amerikaner haben überigens auch, ganz demokratisch, Millionen von Indianern geknechtet, unterdrückt und ermordet.

    • @Peter Müller

      Ja, aufgrund ihres politischen und wirtschaftlichen Systems ist die Sowjetunion zusammengebrochen. Umso interessanter finde ich die weitgehend kritiklosen Unterwerfungsphantasien von deutschen
      Rechten, Linken und Querfrontlern gegenüber einem diktatorischen und kriegführenden Ex-KGBler.

      Obwohl (oder weil?) die liberalen Demokratien im Wettstreit der Systeme erfolgreich waren, erträumen sich nicht wenige ein neo-autoritäres System unter strammer, putinesker Führung…

      Welche Faszinationen spricht er bei Ihnen so an? 🤔

  14. Ob „die“ (welche denn bitte genauer?) Amerikaner hinter 9/11 „stecken“ oder aber eine „Internationale der Verschwörungstheoretiker“ .

    Gleichwie @ Peter Müller: Die Kriegstoten seitdem sind durchaus zählbar quid pro quo.

    Was stört scheint Ihre Unbekümmertheit bei Schuldzuweisungen wie es vorkommen könnte.

    fas.org zb hatte im Jänner 2003 bereits faktenbasiert Entwicklungen abgeleitet, die heute als „„Flüchtlingskrise“ verhandelt werden…

  15. … das aber waren nicht „die“ Anerikaner sondern europäische Flüchtlinge: Quäker und Puritaner ins gelobte Land.

  16. @Michael Blume

    Und trotzdem bleibt da die Merkwürdigkeit, daß Edward Snowden im Exil in Rußland ist, statt in den USA ein gefeierter Volksheld zu sein, und vor allem: Frei. Denn er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Was doch indiziert, daß die Phase der 70er wieder vorbei ist, wo ein Woodward und Bernstein noch gefeiert, zu Filmhelden, zu Legenden wurden, und die USA sind gegenwärtig eher wieder in einer antiamerikanischen Phase eines Hoover/McCarthy.

    Was die Technologien aus Amerika angeht: Es ist ein Glücksfall, daß Hippies und Wissenschaftler, also Wissenschafts-Kommunisten, das Internet gebaut haben als ein freies, weil sie damit voll unter dem Radar der Reagen-Administration gesegelt sind, die das für unwichtigen Kram irgendwelcher Spinner angesehen haben ohne größere Bedeutung außerhalb eines kleinen esoterischen Kreises. Das war schnell vorbei, spätestens als in Europa die Krypto-Wars gegen Amerika geführt und zivilgesellschaftlich gewonnen wurden. Für den aktuellen Angriff Apples auf die westliche Freiheit hat schon kaum einer noch ein Bewußtsein: Wenn wir schon nicht die Infrastruktur kontrollieren können, das Internet, dann wollen wir wenigstens die totale Kontrolle über die Endgeräte. In China ist die NewYorkTimes-App aus Apples App-Store gekickt worden. Sie müssen es, weil sie es können.

    • Oh ja, @Alubehüteter: Dank Snowden hat die Welt von US-amerikanischen Spähprogrammen erfahren, wogegen jene von Russland und China weiterhin geheim wuchern.

      Die Rolle der digitalen Medien und der kalifornischen Netzkultur sehe ich gerade auch als Europäer gleichwohl kritischer. Dass z.B. Facebook weibliche Brustwarzen abblockt, aber Hass, Verschwörungsmythen und sogar Holocaust-Leugnung in Mengen freischaltet und unseren europäischen Medien die Werbeeinnahmen entzieht (ohne selbst fair Steuern zu bezahlen), finde ich sehr bedenklich…

  17. @Michael Blume

    „Die Sowjetunion belog, knechtete und unterdrückte Millionen (darunter meine Familie), führte katastrophale Kriege…“

    Man sollte bei der Aufzählung diverser Schandtaten unsere eigene Geschichte sowie das Leid und den Tod von Abermillionen Menschen nicht vergessen, auch wenn der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland lediglich als Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte bezeichnet hatte. Auf der Website der „Bundeszentrale für politische Bildung” kann man über die Kriegsfolgen des zweiten Weltkriegs lesen: „6 Millionen europäische Juden fielen dem Rassewahn der Nationalsozialisten zum Opfer, in weiten Teilen Europas war jüdisches Leben ausgelöscht. (…) Die Kriegshandlungen selbst sowie ihre unmittelbaren Folgen hatten weltweit etwa 60 bis 70 Millionen Menschen das Leben gekostet, in der Mehrzahl Zivilisten. Allein die Sowjetunion beklagte 27 Millionen Tote, knapp die Hälfte davon Angehörige der Roten Armee, von denen wiederum jeder Vierte nicht im Kampf fiel, sondern in deutscher Kriegsgefangenschaft umkam.”

    • So ist es, @Mona – und deswegen wären wohl sicher viele irritiert, wenn Rechtspopulisten einem ehemaligen Gestapo-Offizier huldigen würden. Bei einem ehemaligen KGB-Offizier scheint es dagegen weit links und weit rechts kaum Hemmungen zu geben… 🤔

  18. @Michael Blume

    Daß Facebook und YouTube Nippel blocken mag für unser deutsches Moralverständnis befremdend wirken, ist aber rein praktisch: Würde man es auf YouTube zulassen, wäre dieses nicht zu unterscheiden von YouPorn.

    Die Gefahr ist eine ganz andere: Die BILD hat in vorauseilendem Gehorsam, Zensorschere im Kopf, das barbusige Mädchen-von-Seite-1 gestrichen: Weil sie sich ausrechneten, daß dies von Apple in einer BILD-App in ihrem Store nie geduldet würde. Um sich nicht zu sehr von der Digitalausgabe zu unterscheiden, haben sie ihren Print angepaßt.

    Apple drängt Intel, einen Chip zu entwickeln, der nur noch die Installation von von Apple signierter Software zuläßt. Wir haben ein Zeitfenster der Freiheit dadurch, daß Intel die Mobilgerätentwicklung verschlafen hat. Die Kalifornische Ideologie des freedom of speach ist Vergangenheit, nur (aber immerhin!) noch Google steht für sie ein.

    Es gibt zwei Amerikas. Das eine steht für Freiheit, für öffentliche Kontrolle des Staates. Das andere ist ein antiamerikanisches, das sogar in aller Öffentlichkeit Konzentrationslager betreibt, von denen Guantanamo nur das bekannteste ist. (Konzentrations-, nicht Vernichtungslager; meine Referenz wäre Dachau.) Letzteres ist spätestens seit Bush Jr. wieder Establishment.

    Was die Spähprogramme der Russen und Chinesen angeht, verstehe ich nicht, wie man die immer wieder gegen die NSA in Stellung bringen kann. Ich will kein Lied singen von der Schlechtigkeit des Menschen. Aber es ist doch sonnenklar, daß, bis sich ein Snowden findet, der uns mal erzählt, was Sache ist, sich zuvor schon 10 andere an Rußland und China verkauft haben. Was immer sie wissen wollen, sie werden es erfahren – Von ihren Leuten im NSA.

    • @Alubehüteter

      Ja, jeder einigermaßen informierte Mensch muss ja erkennen, wie brutal Russland und China schon jetzt auch das Internet nutzen, um Bürgerinnen und Bürger im In- und Ausland auszuspionieren und zu manipulieren. Aber das wird gerade auch in diesen Ländern kaum diskutiert, während Snowden in den westlichen Demokratien zu einer Art Volksheld avancierte. Und auch Ihnen gelingt es offensichtlich nicht, über die USA zu diskutieren, ohne zu angeschmackten NS-Vergleichen zu greifen… :-/

      Für mich als liberalen Demokraten ist die verbreitete Putin-Verehrung also eine echte Anfrage an mein Menschenbild. Fühlen sich tatsächlich viele Menschen von Freiheiten und widerstreitenden Informationen überfordert? Wollen sie vielleicht lieber in einem autoritären System leben, das ihnen schwierige Entscheidungen abnimmt, sie von der Last des Selberdenkens befreit?

      Gerade lese ich mit einiger Nachdenklichkeit, das rund 80 Prozent der Chinesinnen und Chinesen das digitale “Sozialpunktesystem” befürworten:
      https://www.handelsblatt.com/politik/international/totale-ueberwachung-darum-befuerworten-viele-chinesen-das-sozialpunktesystem/22834722.html

      Was wäre Ihre Einschätzung dazu?

  19. Zunächst: Diese Webseite ist zumindest mit meinem mobilen Android immer schwieriger zu erreichen. Anscheinend rufen mit dem Setzen eines Cookies meine Browser stets nur noch den letzten abgerufenen Status der Seite auf. Mir gehen langsam die Browser aus.

    China … ein großer Kontinent, eine Milliarde Menschen. Ich traue mir da kein Gesamturteil zu. Was Apple und Google in den letzten Wochen abgetrotzt wurde, entsetzt mich natürlich auch. Andererseits hören wir in NRW im Rundfunk gerade die Fortsetzung von Trisolaris, und wir sind erstaunt, was in China Bestseller werden kann. Ich kriege das nicht zusammen. Muß auch nicht alles verstehen.

    Ich behaupte, daß ein Amerika, das vor den Augen der Weltöffentlichkeit Konzentrationslager betreibt, ein antiamerikanisches Amerika ist. Das ist nicht das Amerika, das einmal Woodward/Bernstein gefeiert hat, nicht das Amerika, das mit Richard Stallman eine Ikone der digitalen Bürgerrechtsbewegung hervorgebracht hat. Das ist das Amerika, das einen Charly Chaplin verbannt hat. “Konzentrationslager” gab es vor den Nazis und gibt es noch; der Archipel Gulag steht auch in dieser Tradition. Menschen werden interniert auf bloßen Verdacht hin; ohne ein irgendwie geartetes Verfahren; ohne, daß Angehörige oder Anwälte davon erfahren; in Lagern, wo z.B. das Rote Kreuz oder die Vereinten Nationen keinen Zugang haben; wo Personal sich nicht vor staatlichen Stellen/Gerichten verantworten muß für Übergriffe. Und dieser von mir beklagte Antiamerikanismus hat in den USA eine lange Tradition, siehe Hoover/McCarthy.

    Was die Manipulation von Wahlen im Westen durch die Russen angeht, mache ich mir da keinen großen Kopf. Die Etats unserer Parteien und Medien sind viel größer. Da sollte man eher mal schauen, was in Schwellenländern geschieht.

    Putin-Verehrung: Ich trolle da AfD-Leute gerne, indem ich Erdogan über den grünen Klee lobe (Kranken- und Sozialversicherungen, Eisen- und Autobahnen …) und meckere, was Putin für eine Lusche ist (Ergebnis seiner Wirtschaftspolitik: Die Erhöhung des Renteneinstiegsalters). Und das, obwohl die Türkei als Rohstoff nur über Haselnüsse verfügt, Rußland hingegen … Privilegien, wenn man pseudonym durchs Netz mardodiert. Öffentlich würde ich nicht zu Erdogan stehen können/wollen 😉

    • @Alubehüteter

      Woher kommt nur dieser Drang, USA und Israel grundsätzlich mit absurden NS-Vergleichen zu diskutieren? Ein Gefühl der Demütigung wegen der WK-Niederlagen? Sehnsucht nach moralischer Überlegenheit? Wo kommt das her, was ergibt Ihre ehrliche Introspektion? 🤔

  20. Wo habe ich die USA mit NS-Vergleichen strapaziert? Ich habe lediglich festgestellt, daß die USA vor den Augen der Weltöffentlichkeit in Guantanamo ein Konzentrationslager unterhalten, was in meinen Augen allem ins Gesicht spuckt, wofür das gute Amerika steht. Bezug zum Nationalsozialismus habe ich lediglich in Klammern genommen, und zwar negativ: Ausdrücklich will ich die amerikanischen Konzentrationslager – die ich im nächsten Beitrag in die Reihe z.B. der sowjetischen Gulags gestellt habe – nicht verwechselt wissen mit nationalsozialistischen Vernichtungslagern. Mit dem NS haben die USA nichts zu tun.

    Wenn Ihnen da zu wenig Selbstgeißelung ist: Mir ist nicht entgangen, daß die deutschen Kommando Spezial Streitkräfte Zugang hatten zu Guantanamo und Murat Kurnaz verprügelt (“Weißt Du, wer wir sind? Wir sind die Deutsche Kraft!” Ein Reinhard Günzel war damals deren Chef, den Sie auch noch von der Hohmann-Affäre kennen werden). Bei aller Geißelung des NSA ist mir nicht entgangen, daß unsere Bundeskanzlerin wie unser damaliger Präsident, der Leiter einer im Volksmund nach ihm benannter Behörde, was mich noch viel mehr befremdet hat, das durch Schweigen gedeckt haben. Bei allem, was das gegenwärtige US-Establishment gegenwärtig an Widerwärtigkeiten betreibt, ist unsere Regierung immer mittendrin dabei.

    Wollen Sie uns mal verraten, warum Sie uns Kommentatoren so oft wenig wohlwollend und mit so viel Mißtrauen lesen? Bei Einigen gelingt es Ihnen ja, ursprünglich Nichtgesagtes aus ihnen herauszukitzeln. Ich mische hier aber jetzt lange genug schon mit, daß Ihnen klar sein dürfte, daß ich kein Kandidat dafür bin. Zu Israel habe ich mich meiner Erinnerung nach z.B. nirgends geäußert. Wäre jedenfalls nicht meine Gepflogenheit.

    • @Alubehüteter

      Keine Sorge, meinerseits herrscht da kein Misstrauen, sondern ehrliches Interesse. Ich möchte noch besser verstehen, warum so viele Deutsche bei Diktaturen a la Russland und China ganz ehrfürchtig werden, bei den USA oder Israel aber sehr schnell zu NS-Assoziationen greifen. Ich blogge auch, um von Kommentierenden dazuzulernen. 🙂

  21. Mein Vater war in Riga gebürtiger Lette. Sie werden keinen Kommentar von mir finden, wo ich mich ehrfürchtig zu Putin äußere. Allerdings halte ich seine Nahost-Politik für weitsichtiger als die des Westens, die in den letzten 20 Jahren nur destruktiv agiert haben, nur (allerdings widerwärtige) Regime zerstört und failed states hinterlassen haben. Zu China habe ich zu wenig und dabei zu widersprüchliche Informationen, um mir ein Urteil zu erlauben. Zu Israel habe ich keine Meinung, da ich den Eindruck habe, dass man da erst einmal zu viel lesen müsste. Und zu den USA habe ich, wie gesagt, keine NS-Assoziationen. Sie fragen den Falschen.

    • @Alubehüteter

      Dazu nur zwei Nachfragen: Warum ist es Ihnen so wichtig, den USA „Konzentrationslager“ zu unterstellen? Und interessieren Sie sich nicht in gleicher Intensität auch z.B. für die chinesischen Lager in Xinjang? 🤔

  22. Mir ist nicht entgangen, daß bis zu einer Million Uiguren in China in “Umerziehungslagern” stecken. Habe ich auch in meinen Sozialen Medien kommuniziert. Allerdings liegt mir das in jeder Hinsicht nicht so nahe wie Amerika, das zu unserem Kulturkreis gehört, und dessen Folgen ihrer Nahostpolitik in erster Linie Europa unmittelbar zu tragen hat (Flüchtlinge), und über das ich medial auch weit ausführlicher unterrichtet bin.

    Gegenfrage: Wie würden Sie denn Guantanamo etc. bezeichnen? Gefangenenlager sind das nicht. Ein Murat Kurnaz war niemals Kombattant. Ich habe weiter oben definiert, was für mich ein Konzentrationslager ausmacht:

    Menschen werden interniert auf bloßen Verdacht hin; ohne ein irgendwie geartetes Verfahren; ohne, daß Angehörige oder Anwälte davon erfahren; in Lagern, wo z.B. das Rote Kreuz oder die Vereinten Nationen keinen Zugang haben; wo Personal sich nicht vor staatlichen Stellen/Gerichten verantworten muß für Übergriffe.

    Im Übrigen gehen mir langsam auch die Desktop-Browser aus 🙁

    • Vielen Dank, @Alubehüteter.

      Gerne würde ich nachfragen, inwiefern denn Russland nicht „zu unserem Kulturkreis“ gehört, wie Sie die russische Kriegsführung in Tschetschenien und auf der Krim nennen würden und ob seine Kriegsführung in Syrien an der Seite des Assad-Regimes, der Türkei und des Irans nicht auch erhebliche Auswirkungen auf die Flüchtlingssituation hatte und hat?

      Aber ich finde auch, dass Sie bereits genug Fragen beantwortet haben. Und möchte dafür herzlich danken. 🙂

  23. Der ganze ostkirchliche Kulturkreis hat die ora-et-labora-Neubewertung der Arbeit durch Benedikt nicht mitgemacht. Die sind in einem neuplatonischen Jammertal, wo nur die endgültige Erlösung Hoffnung gibt. In der westlichen Kultur ist der Mensch Mitarbeiter und Partner Gottes, verändert und verbessert die Welt.

    Tschetschenien: Bestialisch. Krim: Den Russen als historische Wiege so heilig wie den Serben ihr Kosovo, den Juden ihr Jerusalem. So etwas sollte man respektieren. An der Seite Assads: Hat denn die Entfernung Saddam Husseins die Welt wirklich, wie Tony Blair behauptet, zu einem besseren Ort gemacht? Die Eleminierung Gaddhafis? Es muß eine Perspektive für die Zeit nach dem Regime geben, so wie in Nachkriegsdeutschland. Die scheint der Westen für die Länder des Nahen Ostens nicht zu haben.

    • @Alubehüteter

      Womit wir wohl am Kern des Rätsels angekommen sind: Millionen Menschen aller Herkunft wollen gerne selbst im demokratischen Westen leben, um ihn dann aber zu verhöhnen und von Diktaturen zu schwärmen…

      So erheben sich gar viele gerne über „den Westen“, ohne selbst unter den Fuchteln der Putins, Erdogans, Assads usw. leben zu müssen. Meine (bisherige Beobachtung: Sie wollen die materiellen Früchte der Freiheit genießen, aber die charakterlichen Anforderungen der Freiheit loswerden. Deswegen haben sie für Tyrannen immer wieder mehr Verständnis als für die Schwächen und Fehler der Demokratien.

      Soweit meine #Tyrannophilie-These.

  24. Bei aller persönlichen Abneigung gegen den Machthaber der Türkei. Aber mir ist Ernst Blochs Konzept der “Ungleichzeitigkeit” nicht unvertraut, und ich kann jeden Türken verstehen, der sagt, Demokratie, Meinungsfreiheit, schön und gut, aber die Türkei ist noch nicht so weit. Wird vielleicht nie so weit sein, paßt vielleicht auch gar nicht für die Türkei. Für einen Despoten in der Türkei zu sein setze ich noch nicht gleich mit Ablehnung unserer FDGO. Wird im Einzelfall mit Sicherheit so sein. Viele sind womöglich Erdogan gegenüber loyaler als unserem Staat; da die DiTiB sich derzeit wandelt von einer Gülen-Truppe zu einer Muslimbruderschaft, wird sich das womöglich verstärken. Man muß aber auch zugeben, Erdogan versteht, zu begeistern, zu berauschen; da fühlt sich eine Nation im Aufbruch. Derzeit haben wir keine großen Redner, wie Joseph Fischer einer war oder Willy Brandt.

    Man muß schon sehen, daß in der türkischen Wahrnehmung Erdogan ein historischer Glücksfall ist wie für uns Westdeutsche Adenauer. Der ja auch ein tiefreligiöser, autoritärer Knochen war, zum Schluß ein Präsidialsystem anstrebte.

    Zu Rußland hätte ich noch beizutragen:
    Zum einem hat es eine staatliche Kontinuität gegeben, heißt: Kirche hatte nie ein Machtvakuum auszufüllen wie im Westeuropa der Völkerwanderungen; so etwas wie den Investiturstreit hat es dort nicht gegeben. Kirche war also keine Institution unabhängig vom Staat; es gab nie etwas unabhängig vom Staat.
    Zum zweiten hatte Rußland nie ein starkes Bürgertum; hat also keine demokratischen Traditionen, Erinnerungen, politische Theorien, wie sie in den Stadtstaaten Norditaliens etwa gelebt wurden.
    Drittens hatten sie auch keine Reformation, heißt, keine Erfahrung mit fundamentalem Dissens, Dissidenz.

    Zu Amerika: Da haben wir vielleicht auch ein Migrationsproblem mit Ihnen 😀 Der Islam wird für künftige Generationen zu Deutschland gehören. Für uns in Westdeutschland gehört Amerika schon lange zu Deutschland. Schon als Kinder haben wir Disney-Comics gelesen, haben Disney-Filme im Kino gesehen. Eine jede Generation hatte ihren Glenn Miller, Elvis Presley, Jimi Hendrix, Michael Jackson. McDonald ist einem jedem geläufig. Amerikanische Computer, Smartphones, Benutzeroberflächen. Und also haben wir aber eben auch Oliver Stones “JFK” im Kino gesehen, Woody Allens “Der Strohmann” auf Video. Wenn wir über Amerika reden, dann über einen selbstverständlichen Teil unserer Identität.

    Mir jetzt einen Browser eigens für Ihre Seite eingerichtet, der Cookies verweigert. Scheint zu funktionieren. 🙂

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