Wissenschaft und Spiritualität: Ein verbindender Ansatz

Eine Billion Galaxien. Acht Milliarden Menschen. Ein Ursprung?


Allein unsere Galaxie, die Milchstraße, oder die “Welteninsel”, wie Alexander von Humboldt (1769-1859) sie einst nannte, soll 100 bis 400 Milliarden Sterne enthalten. Insgesamt wird ihre Masse auf die von 1,5 Billionen Sonnen geschätzt.

Rechnet man mit einem Durchschnittswert von 250 Milliarden Sternen pro Galaxie, könnte es bei einer Billion Galaxien ganze 250 Trilliarden (2,5E23 in wissenschaftlicher Schreibweise) Sterne im Universum geben. Das ist eine Zahl mit 24 Stellen!

Mit anderen Worten: Auf jeden Menschen, der heute auf der Erde lebt, kämen rund 31 Billionen Sterne. Von der Anzahl der Planeten, Monde und anderen Himmelskörper ganz zu schweigen.

Und während ein Menschenleben unter guten Umständen vielleicht 80 Jahre dauert, bräuchte ein Lichtteilchen von einem zum anderen Ende der Milchstraße bis zu 200.000 Jahre. Würde man dieselbe Strecke mit einer konstanten Geschwindigkeit von 6 km/h wandern, würde das rund 36 Billionen Jahre(!) dauern.

Ich kann angesichts solcher Dimensionen nur staunen.

Ein Menschenleben

Während die Sterne unbekümmert ihren Weg durchs All fortsetzen, zusammengehalten durch die unsichtbare Gravitationskraft, und unsere Milchstraße in 3 bis 4 Milliarden Jahren wahrscheinlich eine Verschmelzung mit der Andromedagalaxie beginnen wird, ist unser Erdenleben bekümmert: Tagtäglich bereiten Meldungen über Inflation, Gewalt, Krieg, Klimawandel und vieles mehr Kummer und Sorge.

Aus dem Weltraum betrachtet braucht man schon ein sehr gutes Teleskop, um einen einzelnen Menschen zu beobachten; einen Menschen wie Sie oder mich, für den der eigene Alltag die ganze Welt bedeutet. Manche sorgen sich um ihre Gesundheit oder die ihrer Lieben, über gestiegene Preise, manche über leere Regale, manche über dürre Felder – und manche schlicht darum, ob die neuen Schuhe auch wirklich zum Kleid oder Anzug passen.

Doch auch mit dem allerbesten Teleskop wird man etwas nicht sehen, das für viele Menschen fest zur Identität gehört: Ländergrenzen. Beispielsweise haben sich Menschen ausgedacht, wo Deutschland aufhört und Polen anfängt. Und diese Grenzen existieren nicht nur in unseren Köpfen, sondern können eine existenzielle Bedeutung bekommen.

Das ist gerade an den vergangenen Tagen wieder auf dem Balkan deutlich geworden: So wird der Kosovo zwar von einer Mehrheit, doch nicht allen Staaten anerkannt (darunter etwa Spanien). Im Norden des Landes lebt eine Minderheit, die sich über Kultur und Sprache Serbien verbunden fühlt. Die mit Abstand größte Gruppe sind aber die Kosovo-Albaner, mit ihrer eigenen Sprache und Kultur.

Alle sind Menschen. Aber schon an alltäglichen Fragen wie der nach den Nummernschildern für Fahrzeuge oder komplexen Themen der Gegenwart und Zukunft des Landes scheiden sich die Geister. Und mitunter bleibt es nicht bei Meinungsverschiedenheiten, sondern folgen Schusswechsel.

Einem Außerirdischen, der zu Besuch käme, könnte man solche Konflikte wohl nur mit Mühe erklären. Welche wesentliche Eigenschaft unterscheidet Russen und Ukrainer? Christen und Moslems? Amerikaner und Afrikaner? Oder Arme und Reiche?

Keine. Das sind alles soziale Konstrukte. Das macht sie aber nicht minder real. Im Gegenteil sind sie für manche realer als beispielsweise radioaktive Strahlung oder das Coronavirus.

Ursprung

Als sich im 19. Jahrhundert biologisches Wissen über die Evolution der Arten verbreitete, wurde die gemeinsame Abstammung von Menschen und Affen mitunter kontrovers diskutiert. Tatsächlich erstreckt sich die Diskussion über die Ähnlichkeit von Mensch und Tier bis heute.

Viel erstaunlicher ist für mich aber, dass nicht nur Menschen und Affen, sondern auch alle anderen Tiere und sogar Pflanzen, Bakterien und Viren eine gemeinsame Abstammung haben. In diesem Sinne sind wir alle eine große Familie.

Wenn man noch weiter zurückdenkt, waren auch die ersten Zellen und Zellbestandteile aus der Materie zusammengesetzt, die es damals eben gab: zum großen Teil aus Stickstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Diese wiederum stammten nicht von der Erde selbst, sondern sind im Wesentlichen Sternenstaub.

Das führt uns, konsequent weitergedacht, zurück zum Urknall und einer Art “Ur-Atom”. Tatsächlich schrieb der Astrophysiker und katholische Priester Georges Lemaître (1894-1966), der als erster die Urknalltheorie entwickelte, 1931 in der Fachzeitschrift Nature:

“Falls sich die zukünftige Entwicklung der Quantentheorie in diese Richtung weiterbewegt, könnten wir uns den Anfang des Universums in der Form eines einzigartigen Atoms vorstellen. Dessen Gewicht entspräche der gesamten Masse des Universums. Dieses hochgradig instabile Atom würde sich über eine Art super-radioaktiven Prozess in immer kleinere und kleinere Atome spalten. Ein Überbleibsel dieses Vorgangs könnte […] die Hitze der Sterne anfeuern, bis unsere Atome mit einer niedrigen Ordnungszahl Leben ermöglichten.”

Lemaître, 1931, Nature, 3210, S. 706; dt. Übers.

Demnach würden wir alle nicht nur von derselben biologischen Art oder von derselben ursprünglichen Zelle, sondern sogar von einem einzigen “Ur-Atom” abstammen. Dieses bestand vielleicht vor 13,8 Milliarden Jahren, am Anfang von Raum und Zeit, für einen winzigen Moment.

Spiritualität

Die Betonung von dieser Gemeinsamkeit, dieses verbindende Element ist für mich ein wesentlicher Teil von Spiritualität. Obwohl wir uns als Menschen und als Lebewesen schlechthin in so vielen Aspekten ähneln – beispielsweise unserer Herkunft und Geschichte sowie der Abhängigkeit von einer lebensermöglichenden Umwelt –, betonen wir meistens eher die Unterschiede: als Frau, Mann oder geschlechtlich divers, als alt oder jung, als deutsch oder nicht-deutsch und so weiter.

“Verbinden” ist auch eine beliebte Übersetzung von “Yoga” (wortwörtlich: Joch). Das bezieht sich aber eher auf den Yoga als meditativ-spirituelle Übung; also den alten Yoga, der wenig mit dem Recken und Strecken der Gliedmaßen zu tun hat.

In tiefer Meditation lässt sich die Aufhebung der Unterscheidung von Subjekt und Objekt erleben. Alles fällt dann zusammen in Eins. Die Mystiker beschreiben diese Erfahrung mitunter als “ozeanische Entgrenzung”. Ein häufig verwendetes Bild aus der indischen Philosophie ist das des Tropfens im Ozean, der gleichzeitig Tropfen und Ozean ist.

Der österreichische Religionswissenschaftler Karl Baier leitet den Begriff “Spiritualität” historisch von alten Wörtern für “Atem” ab. Später verschob sich das zu “geistig” (von lat. spiritualis) und schließlich den seelischen Zuständen. Über eine mystische Gruppe katholischer Gläubiger in Frankreich seit dem Jahr 1900 habe Spiritualität im Sinne einer Kombination bestimmter Übungen und Erfahrungen eine größere Verbreitung in der Gesellschaft erfahren (Baier, 2022).

Der Hinweis auf den Atem ist wieder ein schönes, weil verbindendes Bild: Denn ob wir arm oder reich sind, alt oder jung, schwarz oder weiß, Mensch oder Tier, Europäer oder Asiaten – wir atmen alle dieselbe Luft. Wie viele Atome und Moleküle mögen wir gar schon mit unseren größten Feinden ausgetauscht haben?

Und das bedeutet, diese Bestandteile nicht nur kurz ein- und ausgeatmet, sondern zum Teil wirklich in den eigenen Körper aufgenommen zu haben, mitunter für Jahre. Vielleicht waren sogar schon frühere Teile von Ihrem Körper in mir und umgekehrt, auch wenn wir einander noch nie begegnet sind!

Religion und Spiritualität

Wir erinnern uns, dass Metzingers Gedanken über “intellektuelle Redlichkeit” eine klare Trennlinie zwischen Wissenschaft und Spiritualität auf der einen und Religion auf der anderen Seite zogen. Den Ersteren gehe es um Erkenntnis – der Letzteren eigentlich um Dogmatik und Täuschung.

Wie wir sahen, krankte Metzingers Ansatz schon an einer unklaren Definition von “Religion”. Baier weist daraufhin, dass man “Spiritualität” als unbelastete begriffliche Alternative verwendete, wenn “religiös” einen negativen Klang bekam. In der Praxis seien die Grenzen von Spiritualität zum religiösen Leben nach Vorstellung der Großkirchen aber durchlässig (Baier, 2022). Will sagen: Es ist unwahrscheinlich, hier überhaupt eine klare Grenze ziehen zu können, was spirituell und was religiös sein soll.

Gemäß einer breiten Definition handle es sich bei Spiritualität um “die existentielle und handlungsbezogene Grundhaltung eines Menschen, die aus dem jeweiligen Verständnis des eigenen Lebens folgt, das sie emotional-stimmungsmäßig prägt” (ibid., S. 31). In der Praxis ereigne sie sich “vor allem an Brennpunkten unseres Lebens, die dem Getriebe von Arbeits- und Konsumwelt Einhalt gebieten, wo sich Einfallsschneisen der alten, unverwüstlichen ruach [hebr. Atem] öffnen können” (ibid.). Und weiter:

“Da sind die Sternstunden, die unserem Leben Sinn verleihen, und die unscheinbaren Momente, in denen man innehält, um sich zu sammeln, um achtsam zu werden, wie man das heute gerne nennt. Hierher gehören aber auch die existentiellen Herausforderungen im Angesicht von Armut, Ungerechtigkeit, Verbrechen, tiefem Beziehungsleid und an die Substanz gehenden lnteressenskonflikten sowie die Konfrontation mit unheilbaren Krankheiten und Tod.”

Baier, 2022, S. 31

Ich erinnere hier auch noch einmal an die Definition von Jerome Stone, die den Begriff weltlich-naturalistisch fassen will:

“Wir sind spirituell, erstens, wenn unser Sinn für Verbindung vergrößert ist. Zweitens sind wir spirituell, wenn wir nach größeren Dingen streben, wenn wir versuchen, unsere Ideale zu verwirklichen. Letztens sind wir spirituell, wenn wir die großen Fragen stellen. Beachten Sie, dass diese drei – Verbindung, Streben und Reflexion über tiefgreifende Fragen – alles Formen sind, unser Selbst zu vergrößern, die engen Mauern des Egos zu durchbrechen.”

Stone, 2012, S. 492; meine Übers.

Verbindung

Demnach geht es bei Spiritualität um mehr, als einander “Guten Tag!” zu sagen oder zusammen in den Urlaub zu fahren. Es geht um eine Verbindung miteinander und mit etwas Größerem, das über einen selbst hinausgeht. Ludger Tebartz van Elst nannte dies den “transzendenten Trieb” und betonte dessen Bedeutung für unsere psychische Gesundheit (Tebartz van Elst, 2021).

Wir können einander spirituell begegnen, wenn wir unsere verbindenden Elemente bewusstmachen: dass wir beispielsweise alle in diese Welt geworfen sind; sich niemand das Elternhaus aussuchen konnte; wir alle krank und älter werden, letztendlich sterben; dass wir alle Beziehungen eingehen und wieder verlieren werden; dass wir alle immer wieder “Brennpunkte des Lebens” (Baier) erleben.

Insofern war nicht nur Metzingers Begriff von Religion zu reduziert, sondern auch seine Vorstellung von Spiritualität im Sinne von Wahrhaftigkeit und Selbsterkenntnis. Denn gerade wenn man, wie er, gleichzeitig die Bedeutung ethischen Handelns betont, ist Wahrheit nicht der einzige, wahrscheinlich nicht einmal der höchste Wert.

Bei der Diskussion von Jiddu Krishnamurtis (1895-1986) philosophischen Gedanken, die Metzinger für seinen Standpunkt vereinnahmte, kamen wir schon auf den Gedanken, dass Worte nicht nur wahr sein, sondern auch keinen Schaden anrichten und hilfreich sein sollen.

Erinnern wir uns an den Moment, als zum Höhepunkt der Finanzkrise, im Oktober 2008, Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück gegenüber den Medien versicherten: “Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.”

Vielleicht wussten die beiden Politiker in diesem Moment nicht, ob das wirklich stimmt. Aber maximale Redlichkeit, wie Metzinger es wahrscheinlich nennen würde, hätte hier überhaupt erst Chaos und einen noch größeren Crash herbeiführen können: wenn nämlich alle in Panik zu den Banken und Geldautomaten gerannt wären, um ihre Konten abzuräumen. Es gibt “Wahrheiten”, die man besser für sich behält – auch und gerade in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Agnostizismus

Metzingers Modell der intellektuellen Redlichkeit möchte ich darum das der intellektuellen Bescheidenheit entgegenstellen. Als intellektuell bescheidener Mensch erkennt man insbesondere an, dass es bis auf Weiteres kein wissenschaftliches Experiment, keine systematische Beobachtung geben kann, mit der etwas Göttliches bewiesen oder widerlegt werden könnte.

Gemäß Huxleys agnostischem Prinzip soll man darum auch fairerweise einräumen, dass diese Frage nicht wissenschaftlich entschieden ist, so prinzipiell vielleicht nicht einmal entscheidbar ist. Im Lager der “Neuen Atheisten” behilft man sich dann vielleicht mit der statistischen Aussage, die Existenz eines Gottes sei zu 99,9% unwahrscheinlich. Solche Berechnungen (besser: Schätzungen) beruhen aber wiederum selbst auf Annahmen, die man glauben kann – oder auch nicht.

Von “Metzingers Helden” zeigte sich nicht nur Karl Popper (1902-1994) respektvoll, ja sogar voller Bewunderung gegenüber der christlichen Lehre von der einen Menschheitsfamilie oder dem Glauben seines akademischen Freundes, des Neurowissenschaftlers uns Nobelpreisträgers John C. Eccles (1903-1997). Vielmehr holte Metzinger sich mit Ludwig Wittgenstein (1889-1951) einen sehr religiösen Menschen und begeisterten Leser des Neuen Testaments ins eigentlich antireligiöse Boot.

Reden wir miteinander

Mich überzeugt Metzingers Ansatz darum nicht. In einer Welt, in der die große Mehrheit einer religiösen Gruppe zugehört, ist es zudem nicht hilfreich, rund 84,5% der Menschheit von vorneherein Unredlichkeit oder gar einen Wahn vorzuwerfen. Im Jahr 2020 waren nämlich laut Schätzungen gerade einmal 15,5% nicht-religiös (Agnostiker miteingeschlossen).

In einigen europäischen Ländern mag man in der heutigen Zeit einen anderen Eindruck gewinnen. Doch weltweit nimmt die Anzahl der religiösen Menschen zu, schlicht weil sie sehr viel mehr Kinder bekommen. Das sollte man auch im Lager der Nicht-Religiösen zur Kenntnis nehmen, bevor man ganz ausgestorben ist.

Bezeichnenderweise stellte sich hier Metzingers psychologische Zurückweisung der Elternschaft als selbst nicht ganz unvoreingenommen und in diesem Sinne unwissenschaftlich heraus. Wie wir sahen, ist es gar nicht so klar, ob es Eltern wirklich schlechter geht als kinderlosen Paaren, wenn man Einschränkungen der Daten sowie wichtige soziokulturelle Faktoren mitberücksichtigt. Auch das ist intellektuelle Bescheidenheit.

Vor einigen Jahren setzte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dafür ein, mehr miteinander zu reden – insbesondere auch mit Menschen, die andere Meinungen haben. Dabei ist es einfach nicht hilfreich, den Anderen von vorneherein Unredlichkeit oder Unehrlichkeit zu unterstellen, wie Metzinger es tut.

Dass wir von- und miteinander lernen, kann im Gegenteil ein verbindendes Element sein. Dann ist hinterher auch niemand ärmer geworden, sondern nur an Erfahrung reicher. Darauf sollte man sich insbesondere in den Parlamenten besinnen: Auch die Spaltung nach Parteifarben oder in links/rechts-Muster ist sozial konstruiert und trennt die Menschen, anstatt sie zu verbinden. Insbesondere ist die generelle Ablehnung aller oppositionellen Anträge kein gutes Vorbild für eine Demokratie, in der man miteinander reden und leben soll.

Wir werden sehen, wie lange dieser verbindende Impetus in der Diskussion erhalten bleibt. Dabei können wir auch dem Spektrum-Verlag einmal für die Bereitstellung des Blogportals danken, auf dem wir einander begegnen.

Staunen

Ich stelle fest, dass ich immer noch so staune, wie am Anfang des Textes. Als einzelner Bürger auf diesem “Raumschiff Erde” nehme ich Vorgänge wahr, die meine Lebensspanne und Vorstellungskraft weit übersteigen. Auch die Tatsache, dass der Computer, an dem ich diese Zeilen Tippe, mir zwar als Substanziell erscheint, während er zum größten Teil (nämlich auf der atomaren Ebene) aus Leere besteht, versetzt mich in Staunen.

Dieses Staunen kann ein hervorragender Antrieb für Wissenschaft und Innovation sein. Doch auch Wissenschaft kennt ihre Grenzen und Technologie erzeugt oft Folgeprobleme, wie uns jetzt beim Klimawandel vor Augen geführt wird. Und selbst wenn eines fernen Tages, den ich nicht mehr miterleben werde, einmal alle wissenschaftlichen Fragen gelöst sein werden – werden genügend spirituelle Fragen für uns offenbleiben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Referenzen

  • Baier, K. (2022). Mit langem Atem: Ein Streifzug durch die Geschichte des Begriffs “Spiritualität”. zeitzeichen 3/2022, 29-31.
  • Lemaître, G. (1931). The Beginning of the World from the Point of View of Quantum Theory, Nature, 3210, 706.
  • Stone, J. A. (2012). Spirituality for Naturalists. Zygon, 47, 481-500.
  • Tebartz van Elst, L. (2021). Jenseits der Freiheit: Vom transzendenten Trieb. Stuttgart: Kohlhammer.

Neu: Folgen Sie Stephan Schleim auf Twitter. Titelgrafik: Nato Pereira auf Pixabay.

Avatar-Foto

Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

130 Kommentare

  1. Organisierte Religion ist nichts anderes als das Schaffen eines Kreises des Vertrauens
    Behauptung: Es geht beim Bekenntnis zu einem (religiösem) Glaubenssystem in Wirklichkeit gar nicht um Fragen des Inhalts, sondern um Fragen des Vertrauens. Es wird zwar behauptet, als Jude, Jainist oder Christ müsse man das und das glauben, doch viel wichtiger scheint mir der rudelbildende Charakter des gemeinsamen Bekenntnisses. Es sind zwar nicht Wolfsrudel, die sich hier bilden, aber es sind schon Rudel, die letztlich darüber entscheiden, welches Leben welchen Wert besitzt und wie stark man sich für jemanden einsetzen oder wie stark man ihn bekämpfen sollte.

    Was ich damit meine lässt sich gut im SPON-Artikel »Die Russen haben kaum Mitgefühl mit den Ukrainern« erörtern. Dort wird über die kollektive Mentalität der Russen berichtet, so wie sie sich in unabhängigen Meinungsumfragen darstellt.

    Das Meinungsforschungsinstitut Lewada zeichnet folgendes Bild der heutigen Russen:
    – 53% der Russen sind der Ansicht, dass die Militäroperation in der Ukraine erfolgreich verläuft
    – Russen, die die Militäroperation (in der Ukraine) für nicht erfolgreich halten, geben als Grund an, es dauere schon zu lange
    – der Anteil der Russen, die Mitleid mit den Ukrainern zeigen, beträgt etwa 1.5 bis 2 Prozent
    – Empathie gibt es nur für die eigenen im Krieg gefallenen Soldaten
    – die Zustimmung zum Krieg beträgt etwa 70% unter den Russen

    Nun die Frage: Was hat dieses Meinungsbild der Russen mit der Religion zu tun?
    Nach meiner Ansicht sehr viel, denn die russisch-orthodoxe Kirche bestätigt die Russen in dieser Ansicht. Sie sagt den Russen, wenn ihr in Gott glaubt, dann müsst ihr den Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Nur dann seid ihr auf der Seite Gottes, nur dann gehört ihr zu unserer Gemeinschaft.

    Kurzum: Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft bestimmt wofür man bereit ist zu sterben und wofür man bereit ist zu leben.

  2. @Holzherr: Solche Umfragen sollte man mit Vorsicht genießen – vielleicht sind sie schlicht Kriegspropaganda.

    Fakt ist, dass weder auf der russischen, noch auf der ukrainischen Seite die meisten Soldaten selbst die Entscheidung dafür getroffen haben, in diesem Krieg zu kämpfen – und oft genug auch zu sterben. Vielen bleibt hier einfach keine Wahl; darum sind viele andere ja auch schon geflohen. Das könnte man als verbindendes Element sehen, während Sie wieder die Trennung betonen.

    Es kam im Stellungskrieg des Ersten Weltkriegs in Belgien (“Im Westen nichts Neues”) schließlich zu einer Phase, in der die Soldaten auf beiden Seiten ein stillschweigendes Abkommen darüber getroffen hatten, keine verlustreichen Angriffe mehr zu lancieren. Man sah keinen Ausweg, auch keinen Sinn mehr in dem ewigen Kampf – und tat dann nur noch so.

    Das war ein spirituelles, weil über Grenzen und Konfliktlinien verbindendes Moment dieses Konflikts.

  3. Wo soll ich anfangen, wo aufhören?
    Es fängt damit an, dass, um im Bild zu bleiben, alle Raumfahrernationen Ihre Raumfahrer anders benennen: die Amerikaner Astronauten, die Russen Kosmonauten, die Chinesen Taikonauten (Je nach Raumfahrtorganisation werden Raumfahrer als Kosmonauten (Sowjetunion, DDR, Roskosmos/Russland) oder Astronauten (z. B. NASA, ESA, CSA, JAXA) bezeichnet. Andere Nationen verwenden auch weitere Begriffe (z. B. Taikonaut in der VR China, Spationaute in Frankreich, Angkasawan in Malaysia und Wiomanaut in Indien / wikipedia/Raumfahrer) . Jeder möchte besonders sein und für sich Heldenstatus reklamieren.
    Kern dieser Bezeichung (Abgrenzung/Verbindung) ist aber die Aussagenlogik. Und = alle Raumfahrer, Oder=verschiedenen Nationen. Sowohl als auch, also das Komplementäre, wären die „Zwischentöne“ der Bezeichnungen. Man erkennt gleichzeitig das Trennende, aber auch das Verbindende. Es ist unausgesprochen, aber da.
    Und damit haben wir das ganze Dilemma der kompletten (westlich sowie östlich) Philosophien, Religionen, Ideoligien.
    Sagen wir Mensch, also Art, dann sind alle gleich. Sagen wir Amerikaner oder Chinese, dann haben wir die Untescheidung. Sagen wir Schwarzer oder sagen wir Weisser, dann haben wir Unterschiede, aber wir „ahnen“, es gibt Gmeeinsames.
    Was fangen wir nun damit an?
    Kann man die Gleichzeitigkeit von gleich vs ungleich fassen? In Sätzen und Worten, in Differenzierung und Diversifizierung ist es schwer möglich, da die monistische Regel des Begriffs mit seiner Bedeutung steht. Aber wie sieht es aus, wenn wir Begriffe der Metaebene mit konkreten Bezeichungen verbinden? Mensch und schwarz und Mensch und weiss? Es steht immer noch getrennt da, aber wir „BEGREIFEN“ es! Es ist das gespürte sowohl als auch. Es ist Subjekt und Objekt, aber doch eins.
    Es ist das sowohl als auch von Und/Oder!
    Verbindung und Verbindlichkeit als Sprache ist also „spürbar“. Genauso spürbar, wenn zwei Körper zusammenliegen und das Gefühl der Verschmelzung eintritt. Es solche Menschen geben, die das Spüren.
    Spaltung und Fusion (Konkurrenz und Kooperation / Verschmelzung und Scheidung) sind die beiden fundamentalen Prinzipien der konkreten Energieumwandlung. Einstein hat das mit seinem Äquivalenzprinzip theoretisch quantitaiv bewiesen, uns also verdeutlicht, was wir eh schon mehr als vermuteten bzw. sowieso da war und ist.
    Wie @Schleim auch einführt, sind wir nichts anderes als verkörperte/materialisierte Energie. Qualitativ ausgestattet mit mit Reflexen, Automatismen, Trieben, Instinkten, Intuitionen, Emotionen, Motiven, Ratio/Vernunft, Leben. Das verbindet uns mit Tieren bzw. wir kommen daher.
    Wo finden wir die Gleichzeitigkeit von Fusion und Spaltung, Verschmelzung und Scheidung statt? Im Stoffwechsel, in und mit uns!
    Und/oder/wenn-dann, als Einheit hat es die gleiche Qualität wie der Goldenen Schnitt: habt Vergnügen! Die einzige Grundlage für wirkliche positve Spiritualität.
    Man mag darin Gott und Wunder sehen, man mag darin aber auch nur eine „einzigartige“ (?!) Faszination sehen.
    Ich bin nicht spirituell. Aber ich geniesse zu Leben und frage mich, warum es nicht gelingt, es jedem und allem zu gönnen? Ist der Einzelne besonders und deshalb rechthaberisch oder ist es die Gesamtheit, die die Summe ausmacht. Ein emergentisches ungelösstes Problem.

  4. @Mussi: falsche Software?

    Ein Drama ist, dass auf vielen Menschenkörpern diese “Software” läuft, wonach man desto mehr wert ist, je mehr man besitzt. Und Besitz (be-sitz, interessantes Wort auch) zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Andere es dann nicht besitzt.(*)

    Von Mahatma Gandhi ist dieses schöne Zitat erhalten (in etwa):

    There is enough for everybody’s need. But there’s not enough for everybody’s greed.

    (*) Man muss darum nicht in ein kommunistisches Extrem verfallen; aber dass Eigentum verpflichtet und irgendwo Maß gehalten werden muss, das wäre schon wichtig.

  5. Brecht hat es folgendermassen ausgedrückt:
    Fragt der Reiche den Armen: warum bist du arm? Sagt der Arme: wärst du nicht reich, wäre ich nicht arm!

    Ja, Besitzschaffung und Verteilung ist das gegenwärtige Hauptproblem.

    Der Kapitalismus sagt, er schaffe Werte. Stimmt ja auch. Aber gleichzeitig vernichtet er sie auch.

  6. @Mussi: “Wachstum”

    Ja – die Physik sagt uns, dass das Universum ein Nullsummenspiel ist (Energieerhaltung); man kann sie nur anders verteilen.

    In der kapitalistischen Volkswirtschaft entsteht “Wachstum” leider sehr oft durch eine Externalisierung von Kosten: Das höherwertige “Produkt” verkauft man an den meistbietenden Kunden, während “Abfall” (einschließlich so etwas wie verbrannter Böden in Südamerika für die Erzeugung von Tierfutter für Europa; Kinderarbeit und andere Ausbeutung in den Sweatshops in Bangladesch, damit wir billige Pullis kaufen können usw.) für die Anderen übrig bleibt.

    Man hat dieses Jahr ja gesehen, wie das mit dem Lieferkettengesetz lief: Am Ende wurde es wieder so kompliziert gemacht und wurden so viele Ausnahmen aufgenommen, dass es eigentlich ein Papiertiger bleibt. Tja.

    Bei den Beispielen für Wachstum, die ich hier ansprach (Beziehungen, Verbindung, Unterricht, Spiritualität) kann man miteinander teilen – und am Ende haben alle mehr und niemand weniger. Das kann der Kapitalismus nicht.

  7. @ Schleim

    Der Kapitalismus schafft es nicht, weil sein Kern die Bilanz, die Gewinn-Verlust-Rechnung, ist.
    Mehr als nur ein Gefühl ist, wenn wir bilanzieren, nicht nur Energie, dass dieses Bilanzieren so heimlich in der Frühzeit in die Erkenntnis und dann in ein T-Konto gewandert und geflossen ist.
    Wir kommen da nur raus, so meine Lösung, wenn wir die Bilanz abschaffen und dann auch Unterlassen wieder möglich ist und wird.
    Das ist jetzt kein Antikapitalismus, sondern einfach nur Nachdenken über Geld.
    Das globale Vermögen und die globalen Schulden, eben Teile des T-Konto, liegen in etwa in Waage. Dabei ist das überwiegende Vermögen privatisiert, die überwiegenden Schulden sozialisiert.
    Alles mit einen Knopfdruck ausradierbar.

  8. Wenn wir uns selber also immer mehr Schulden aufhalsen, die die Grundlage für Vermögen sind, also Schulden der eigentliche Wachstumsmotor sind, dann kommen wir da nie raus, da es immer lautet, Schulden müssten zurückgezahlt werden.
    Schulden sind der eigentliche Motor des Kapitalismus.
    Wir “verstehen” Schulden deshalb so gut, weil Hunger und Durst und Atemnot nichts anderes ist, als ein Energiedefizit: Bilanzdefizit.

  9. bräuchte ein Lichtteilchen von einem zum anderen Ende der Milchstraße bis zu 200.000 Jahre. Würde man dieselbe Strecke mit einer konstanten Geschwindigkeit von 6 km/h wandern, würde das rund 180 Millionen Jahre dauern.

    Das stimmt nicht.

  10. @Mussi: Kapitalismus

    Amen – es müssen nur die richtigen Menschen die richtigen Knöpfe drücken und nicht die falschen die falschen. Wir werden’s sehen! Erst einmal einen guten Rutsch ins Jahr 2023.

  11. @Uwe: Lichtjahre

    Ein Lichtjahr entspricht in etwa 9.460.730.472.580.800 Metern, also 9,5E12 km (= 9,5 Billionen).

    Wenn man mit 6 km/h wandert, geht es also um 9,5E12/6 = 1,6E12 Stunden, 66E9 Tage oder 180,8E6 Jahre, also rund 181 Millionen Jahre.

    Was steht im Text?

    Rund 180 Millionen Jahre Wanderung einmal quer durch die Milchstraße.

    Stimmt also doch.

  12. @Uwe: Oh ja, also ist es eine 36 Billionen-jährige Wanderung. Wow! Danke für den Hinweis.

    Da sieht man wieder einmal, dass man gemeinsam mehr kann als alleine.

  13. @Hauptartikel

    Wo wir herkommen, wo wir hin wollen und welche aktive Verbindung wir im hier und jetzt haben, daraus folgt dann ein Gesamtergebnis.

    Aus einem Kosmos, der aus einem Uratom hervorging, über ein Leben, dass aus einer Urzelle hervorging und aus Sternenstaub besteht und sich von Sternenlicht ernährt, entstand ein Mensch, der sich aufmachen kann, die ganze Galaxis zu besiedeln. Zumindest, wenn sie es nicht sowieso schon ist, und wir das nur noch nicht gemerkt haben.

    Derweil bleibt uns die Perspektive, vom naturfressenden Monster zu einem Paradiesgärtner zu werden, der insbesondere auch für sich selbst aus diesem Planeten einen wunderbaren und friedlichen Ort zu leben machen kann.

    Neben den Perspektiven des Woher und Wohin sind allerdings die Möglichkeiten aktiver Verbindung wohl ein entscheidender Faktor. Ohne die menschliche Weltneuheit, die Kulturfähigkeit, wären wir immer noch in Afrika und würden auf Bäumen schlafen. Jetzt fehlt nur noch, dass wir insbesondere an einer vernünftigen Weltkultur arbeiten, was in neuerer Zeit längst angefangen wurde. Insbesondere Wissenschaft und Technik wird tatsächlich weltweit geteilt und vorangebracht.

    Die Ländergrenzen, die uns noch trennen, werden ergänzt durch lokale Religionen und Ideologien. Hier ist wohl eine wesentliche Baustelle. Neben politischen Vereinigungen wie etwa die EU, ist eine gesetzliche Glaubensfreiheit wohl ganz oben auf der Liste. Ich hoffe mal, dass Glaubensfreiheit dann letztlich auch Entwicklungen ermöglicht, sich nicht gegenseitig abzuschotten, sondern gemeinsam auf die Suche nach aktiver Verbindung mit dem Kosmos und vor allem auch miteinander zu gehen.

    Neben unterschiedlichen kulturellen Kontexten haben wir auch ganz persönliche Vielfalt unter uns verteilt, dem müssen wir dabei gerecht werden, wenn das was werden soll. Wir werden mit einer einzigen Weltanschauung nicht auskommen, aber mit verschiedenen Varianten, die soweit zusammenpassen, dass sie koexistieren können, könnte es klappen, meine ich zumindest.

  14. Zitat Artikeltext:

    Auf jeden Menschen, der heute auf der Erde lebt, kämen rund 31 Billionen Sterne. Von der Anzahl der Planeten, Monde und anderen Himmelskörper ganz zu schweigen.

    Man könnte also irgendwann alle Menschen auf alle bewohnbaren Planeten verteilen und dann wäre jeder Planet möglicherweise von nur einer Person bewohnt.
    Beste Voraussetzungen für Frieden. Auch für Ruhe und Ungestörtheit. Kein Streit mehr möglich, weil es niemanden gibt mit dem man streiten könnte. Und jeder könnte dann seiner Privatreligion nachgehen. Beste Voraussetzungen für Spiritualismus, weniger gute Voraussetzungen für Glaubensgemeinschaften, ausser man überträgt Botschaften durchs interstellare Medium. Katholiken müssten dann möglicherweise ein paar Jahrhunderte warten bis das urbi et orbi des Jahres 3000 bei ihnen ankommt.

  15. Zitat Artikeltext:

    In tiefer Meditation lässt sich die Aufhebung der Unterscheidung von Subjekt und Objekt erleben. Alles fällt dann zusammen in Eins. Die Mystiker beschreiben diese Erfahrung mitunter als “ozeanische Entgrenzung”. Ein häufig verwendetes Bild aus der indischen Philosophie ist das des Tropfens im Ozean, der gleichzeitig Tropfen und Ozean ist.

    Mit zukünftiger Technologie lassen sich Entgrenzungen und Vergeistigungszustände vielleicht wirklich irgendwann in Realito erfahren und erleben. Liesse sich der Geist/Mind einer Person etwa als Datenpaket herunterladen, könnte diese Person anschliessend in Sekundenschnelle per Glasfaserkabel die ganze Erde umkreisen und sogar gleichzeitig an mehreren Orten sein und die Software, die ein solches Personendatenpaket „animiert“ und die damit jeder davon verkörperten Person Erfahrungen/Erlebnisse ermöglicht, könnte sogar Erlebnisse verschiedener Instanzen der gleichen Person den andern Instanzen zuspielen und sie daran teilhaben lassen, was gerade die anderen Versionen ihrer selbst erfahren: eine wirklich ozeanische Erfahrung. Und an Silvester gibt es einen Toast an andere Versionen von sich selbst über sieben Ozeane und mehrere interplanetäre Räume hinweg.

    Bleibt dann nur noch zu hoffen, dass es nicht etwas wie einen HangOver gibt. Auch Datenverluste oder -Verfälschungen könnten das Bild etwas trüben oder etwa eine Energiekrise. Wobei Stromunterbrechungen auch wieder nicht so tragisch sein müssten, denn in dieser virtualisierten Welt sind ein paar Jahre oder Jahrhunderte ja nur winzige diskrete Punkte im Gewebe des sich ins Unbestimmte entwickelnden zivilisatorischen Raumzeit-Kontinuums.

  16. @ Jeckenburger

    Ich würde sogar behaupten,dass würde die überwiegende Mehrheit der Menscheit so sehen. Ausser momentan Putin,Xi Jingping und Konsorten.

  17. @ Holzherr

    So leid es mir tut,der Mechanismus der Komplementarität schließt das aus.
    Es bleibt bedingte Phantasie,science fiction.

  18. @Holzherr:

    “Liesse sich der Geist/Mind einer Person etwa als Datenpaket herunterladen”

    Vergessen Sie es. Der alte Dualismus. Das, was Sie denken und empfinden, kann nicht hoch- oder runtergeladen werden. Oder glauben Sie, dass man einen Orgasmus hochladen kann? Nein, Denken ist nichts anderes als Empfinden (bevor dieser Einwand kommt), es ist alles biologische Äußerung eines Organismus. Qualia kann man nicht hochladen.

  19. Wissenschaft wäre,Praxis zu theoretisieren. Wie @Neher es gut beschrieben hat.
    Religion wäre, mittels Transzendenz Praxis zu erklären. Wege hin und zurück,zurück und hin.
    Das wäre die kernigste Definition beider.
    Fragt sich also,wenn Praxis = Sein = Erlebnis = Erfahrung = Sinne= Natur = Sprache ist,was dann eigentlich Transzendenz ist?
    Was ist also,wenn Transzendenz denken = Praxis Teil des Sein ist?
    Herje…Augen auf in der Schule!
    Dann kann Transzendenz/Metaphysik vielleicht Phantasie sein. Wohlgemerkt.
    That’s it.
    Die Möglichkeit!!!

  20. Es gibt “Wahrheiten”, die man besser für sich behält – auch und gerade in zwischenmenschlichen Beziehungen. (Zitatende)

    Ja, ja. Eine wahrhaft tiefe Erkenntnis für alle Wahrheitssucher. Deshalb wissen diese auch, dass es eine noch grundlegendere Erknntnis bezüglich des Themas gibt, welche lautet:

    “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, selbst dann nicht wenn er mal die Wahrheit spricht”.

    Oder :

    Wer selbst zugibt, dass er ein rein “strategisches” Verhältnis zur Wahrheit pflegt” , dem sollte man aus gutem Grund immer zunächst mal misstrauen.

  21. Von “Metzingers Helden” zeigte sich nicht nur Karl Popper (1902-1994) respektvoll, ja sogar voller Bewunderung gegenüber der christlichen Lehre von der einen Menschheitsfamilie oder dem Glauben seines akademischen Freundes, des Neurowissenschaftlers uns Nobelpreisträgers John C. Eccles (1903-1997). Vielmehr holte Metzinger sich mit Ludwig Wittgenstein (1889-1951) einen sehr religiösen Menschen und begeisterten Leser des Neuen Testaments “

    Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen einer respektvollen Toleranz gegenüber einer “Religion” bzw. einer Dogmatik und der eventuellen Zustimmung zu diesen Glaubensinhalten.
    Poppers Respekt galt nachgewiesenermaßen nur dem “entmythologisierten” (also fast schon agnostischen) Albert Schweitzer – Humanismus. Da hilft alles
    Herumexegieren nichts.

    Reden wir miteinander
    Mich überzeugt Metzingers Ansatz darum nicht. In einer Welt, in der die große Mehrheit einer religiösen Gruppe zugehört, ist es zudem nicht hilfreich, rund 84,5% der Menschheit von vorneherein Unredlichkeit oder gar einen Wahn vorzuwerfen. Im Jahr 2020 waren nämlich laut Schätzungen gerade einmal 15,5% nicht-religiös (Agnostiker miteingeschlossen).

    (Zitatende)

    Wiederum eine merkwürdig “strategische” Haltung zur Wahrheit oder auch zur “Intellektuellen Redlichkeit”. Ich persönlich halte ein solches Herumlavieren eher für unredlich. Und : Soll das etwa heißen, eine “große mehrheit ” habe immer recht (zu haben) ?

    Und was ist mit der (etwas kleineren) Gruppe derjenigen “Spiritisten” aus der “Esoterik”- Szene, die sich nicht direkt oder indirekt auf die abrahamitischen Religionen beziehen?? Da hört das Verständnis und die Toleranz dann aber ganz schnell auf und es wird pauschal in pseudowissenschaftlichem Jargon von “gefährlichen (Aluhut-) Spinnern, die sowieso alle rechtsaffin seien, geschwurbelt. Aber wirklich zu Wort kommen, lässt man sie nie.

    Vermutlich wurde der Begriff “spirituell” auch von Theologen als eine Art von Tarnbegriff erfunden, unter dem dann auch ansonsten “rationale” Intellektuelle ihr (unterdrückten?) kindlich – naiven (bzw. in der Kindheit einprogrammierten) Herz- Jesu Glaubensbedürfnisse verstecken können.

    Im Grunde geht es hier vermutlich (zumindest teilweise) auch immer um einen alten Konkurrenzkampf zwischen eher “weltlicher” Metaphysik und den “geistigen” Machtansprüchen der ( organisierten) Religionen über diesen (metaphysischen) Bereich.
    Mal ganz abgesehen davon, dass für ein praktizierter Humanismus auch ganz gut ohne jegliche (religiöse oder sonstige) Metaphysik auskommt. (Wie u.A. auch Popper gezeigt hat)

    Und die dass Stephan Schleim umwerfend “spirituelle” Gefühle beim Sinnieren über die “Unendlichen Weiten des Weltalls ” und allem, was sonst noch Großartiges in der Welt zu erkennen ist überkommen:
    Na ja, was soll ich dazu sagen? Vielleicht nur:

    Schön für ihn. Vor allem wenn sie ihn auch im neuen Jahr begleiten. Andere mögen aber bei allzu viel “Unendlichen Räumen” zwischen den Sternen und den Elementarteilchen von tiefer Bedeutungslosigkeit übermannt werden.
    Ich vermute aber, dass beides ist , was es ist : Halt irgendwie “unverbindlich- subjektiv”. Worüber man vielleicht kein allzu großes Gedöns machen sollte.

    Zumindest nicht mehr in diesem Jahr 😉 👌

  22. Nachtrag:
    Text- bzw. Orthografiefehler bitte ich zu entschuldigen . Bei mir hat die “Vorschau” – Funktion nicht funktioniert und ich habs eilig.🤷‍♂️

  23. Litt1e Louis,
    „nicht herumlavieren !
    Worüber man vielleicht kein allzu großes Gedöns machen sollte. „
    Sie ist da, die Müllabfuhr der Philosophie !

    Was täte die Philosophie, wenn alle der gleichen Meinung wären.?
    Nur in der Diskussion können Menschen ihre Vortellungen, Wünsche artikulieren und zu einem Kompromiss kommen.
    Wir suchen hier nach einem „verbindenden Ansatz“.
    Und dieser Ansatz muss handgreiflich sein, der muss wahr sein.
    Und es gibt sie schon diese Ansätze. Die Klimakatastophe, die Vermüllung der Meere, die Versklavung der Frauen alles Realitäten, die Pandemien, die gelöst werden müssen.

    Und es besteht Hoffnung, die Menschheit, es gibt sie schon, die hat begriffen, dass wir nur gemeinsam eine Lösung finden werden. Dazu wäre eine Feindbild Raligion nicht notwendig, das Hernn Metzinger ins Stammbuch geschrieben.

    Und Dir ins Stammbuch geschrieben, mach es 2023 besser ! Guten Rutsch !

  24. @Wolfgang Stegemann (Zitat): “Das, was Sie denken und empfinden, kann nicht hoch- oder runtergeladen werden.
    …Qualia kann man nicht hochladen.“

    Richtig, Prozesse wie Gedanken oder Qualia kann man nicht hoch- oder runterladen. Darum spreche ich ja davon, dass eine Software die heruntergeladenen Mind-Daten animiert.

    Hintergrund: Für mich gibt es keinen Zweifel, dass Gedanken, Empfindungen, auch das Bewusstsein, Prozesse sind, die in unserem Hirn ablaufen und die eine intakte „Hardware“ (=Hirn) voraussetzen. Diese Prozesse beginnen aber nicht im Nirvana, nicht in einem leeren Raum, sondern sie setzen auf den Erinnerungen, früheren Erfahrungen, gemachten Lernprozessen auf, also auf dem, was ich Daten nenne.

    In der virtuellen Welt, die ich mir vorstelle, werden die Prozesse, also Gedanken, Qualia, etc. nicht mehr durch ein biologisches Hirn „ausgeführt“, sondern durch eine Software, die das Hirn emuliert, also softwaremässig nachbaut. Zu den Daten, die heruntergeladen werden, gehören auch die Spezifika des Geistes/Hirns, also wie die Synapsen und vieles mehr des Individuums zum Zeitpunkt des Herunterladens konfiguriert sind.

    Kurzum: Für mich gibt es keinen Zweifel, dass das was in unserem Geist abläuft, eine biologisch-/physikalische Grundlage hat und dass es auf das ankommt was in unserem Nervensystem passiert und was sich ändert (abgespeichert wird etc). Konkret bedeutet das, dass Gedanken mit der Aktivierung von Neuronen (und vielem mehr von dem, was es sonst noch in unserem Hirn gibt) einhergehen. Ohne Hirn können sie genau so wenig denken wie sie ohne Taschenrechner Rechnungen eintippen können.

    Ferner gilt: Wer Begriffe wie Qualia oder Bewusstsein verwendet um damit Bewusstseinsprozesse in eine magischen Harry-Potter-Welt zu verpflanzen, der ist nichts anderes als ein Eskapist.

  25. @Holzherr:
    Im Gehirn gibt es keine Daten. Das ist eine Alltagsanalogie. Im Gehirn laufen biologische, also chemische und physikalische Prozesse. Wo sollen denn in Synapsen etc. Daten stecken. Das ist eine grundfalsche Vorstellung.
    Daten können Sie im Hirnscanner in Form von Zahlenreihen sehen. Machen Sie mal aus so einer Zahlenreihe Liebe oder Hass.

  26. @Holzherr: Planeten

    Also an Planeten besteht für uns Menschen kein Mangel; bloß, ob sie auch bewohnbar sind, darüber gehen die Meinungen auseinander.

    Tatsächlich würden aber wohl die allermeisten Menschen an der sozialen Isolation zugrunde gehen; das ist tatsächlich ja eine Strafe, zum Teil sogar eine Foltermethode.

    Lese-Tipp: Der kleine Prinz. Insbesondere das Kapitel über den Betriebswirt, der die Sterne zählte – und danach meinte, sie gehörten nun ihm.

  27. @Stegemann: Bewusstseins-Upload

    Auf den Qualia-Begriff verzichte ich ja lieber…

    …aber was ist denn das prinzipielle Argument gegen die Möglichkeit eines Bewusstseins-Uploads? (Ob es nun um Orgasmen geht oder welche Erfahrungen auch immer.)

    Übrigens haben Forscher in Does brain activity cause consciousness? A thought experiment gerade diesen Gedanken durchgespielt: Wenn man das Neuronenfeuern bei einer bestimmten Erfahrung aufzeichnet – und die Aufzeichnung später auf demselben Gehirn abspielt, müsste dann nicht dasselbe erfahren werden?

    P.S. Mit dem Thema der Artikelserie hat das aber wohl nicht mehr so viel zu tun.

  28. @Schleim:
    Eine Aufzeichnung auf einem Gehirn abspielen? Das möchte ich sehen. Wir reden aber von einem Organismus aus Fleisch und Blut, oder?

  29. @Louis: Sie verstoßen gegen die Hausordnung, beleidigen Leute, wie es Ihnen beliebt, ohne dafür die Verantwortung zu übernehmen – und verbreiten jetzt auch noch haltlosen Quatsch über Popper, wo dessen Standpunkt zur Religion doch gerade – mit Belegen nachgewiesen und verlinkt – ausführlich herausgearbeitet wurde.

    Solche Leser brauche ich hier wirklich nicht.

  30. @Stegemann: Elektrische Signale lassen sich doch aufzeichnen und dann wiederholen, wo ist das Problem?

    Im Übrigen ist es nun einmal ein Gedankenexperiment.

  31. @Holzherr 30.12. 19:57

    „Ohne Hirn können sie genau so wenig denken wie sie ohne Taschenrechner Rechnungen eintippen können.“

    Ich wüsste jetzt hier keinen, der das behauptet.

    „..um damit Bewusstseinsprozesse in eine magischen Harry-Potter-Welt zu verpflanzen, der ist nichts anderes als ein Eskapist.“

    Ich kenne eine Geistheilerin, die allerlei Geister in Heilprozessen bemüht, aber selbst die flüchtet nicht vor der Wirklichkeit.

    Wer mehr oder weniger mit Geisteswelten zu tun hat, lebt aber in jedem Fall in einer größeren Welt. Hier kommt immer was dazu. Dasselbe ist auch der Effekt von wissenschaftlichen Erkenntnissen, auch die vergrößern das Bild von der Welt, das wir Menschen uns machen können. Entsprechend beliebt ist gerade die Astronomie, praktischer Nutzen ist hier Nebensache, ich würde sogar sagen, es geht vor allem darum, von fernen Sternen und fremden Planeten träumen zu können. Sich ein Bild zu machen, von kosmischen Weiten und Welten.

    Spielfilme liefern auch Welten, aber ich guck mir auch gerne Dokumentationen an.

    @Stegemann 30.12 23:06

    „Wo sollen denn in Synapsen etc. Daten stecken.“

    Beim Lernen sollen doch tagsüber jeweils neue Synapsen geknüpft werden, und nachts im Schlaf werden viele wieder entfernt. Ohne dem, also ohne Schlaf, wird man in wenigen Tagen nicht nur ziemlich unbrauchbar, sondern auch mehr oder weniger wahnsinnig.

    Wenn Nervenzellenverbände an ihren Synapsen arbeiten, werden schon auch Informationen und damit Daten gespeichert und verwaltet. Überhaupt sind die Analogien zwischen Computern und Nervensystemen manchmal durchaus brauchbar. Beide sind soweit wie möglich miniaturisiert und so organisiert, dass sinnvolle Datenverarbeitung möglich wird.

    Es gibt eine Informatik, die sich nur auf Computer bezieht, die kann man so nicht für Nervensysteme anwenden. Wir haben auch kein Backend, mit dem wir unser Gehirn mit neuer Software aufrüsten könnten. Alle Informationen, die das Gehirn braucht, müssen über die körpereigenen Sinne reinkommen, und können nur vor Ort integriert werden. Man kann hier nicht einfach ein Modul Englisch importieren, alles muss immer wieder neu gelernt werden.

    Aber intern läuft hier schon sowas wie Informatik, scheint mir. Die eben auch Daten in Form von Synapsen speichert, welche dann in das System sinnvoll und wirksam integriert sind. Ob jetzt ein Bit mit 1 oder 0 belegt ist, oder eine bestimmte Synapse hinzugefügt oder wieder entfernt wird, beides sind die Grundlage der weiteren Informationsverarbeitung.

    @Michael 30.12. 23:46

    „Das klappt aber nur, wenn wir einander vorher nicht auslöschen. Ich weiß nicht, wie realistisch das ist.“

    Probieren wir es, was können wir sonst machen?

  32. @Wolfgang Stegemann und Tobias Jeckenburger
    betreffend Geist auf Maschine laufen lassen.

    Die Vorstellungen hinter den Ideen, einen menschlichen Geist auf einer Maschine laufen zu lassen, gründen letztlich in etwas ähnlichem wie dem Turing-Test oder dem Simulation Game (Nachahmungsspiel) wie es Alan Turing nannte und was man verallgemeinert so formulieren könnte:
    Etwas, was auf jeden beliebigen Reiz gleich reagiert, ist funktionell äquivalent und kann an die Stelle des Originals treten.

    Im Original-Turing Test waren die Reize um die es ging Worte und Sätze und wenn eine Maschine darauf gleich wie ein Mensch reagierte, war damit gezeigt, dass die Maschine gleich denken und sprechen kann – unter der Voraussetzung allerdings, dass es ein sehr rigoroser Test ist, ein Test der die zu testende Maschine bis aus letzte herausfordert.

    In einer Abwandlung kann man einen solchen Turing-Test aber auch dazu verwenden, um zu testen ob etwas Bewusstsein oder was auch immer hat. Vielleicht braucht man aber in einem solchen Fall mehr als Worte und Sätze. Das Prinzip dahinter ist aber das selbe.

    Eine Maschine, die immer dort wo wir Menschen Ideen, Eingebungen, Tagträume, Empfindungen, Ängste, Schmerzen, etc. haben , die in diesen Fällen also, ebenfalls ein Äquivalent aufweist, eine solche Maschine muss als gleichwertig, als ebenbürtig betrachtet werden.
    Die Realisation muss dabei in der Maschine, dem Roboter, nicht dieselbe sein wie beim Menschen, das heisst der Tagtraum des Roboters muss sich nicht in einem von Blut durchströmtem hirnähnlichen Gewebe abspielen, sondern er kann beispielsweise in einem der heutigen Computerchips ablaufen.

    Wenn in der Kritik zum Turing-Test gesagt wird (Zitat): Beim Turing-Test gehe es „in erster Linie um Täuschung“., dann muss man sich bewusst sein, dass eine perfekte Täuschung eigentlich keine Täuschung mehr ist.
    Dazu ein Beispiel: Wenn ich jemanden einen Pullover schenke, und die Beschenkte sagt: „Danke für den Angora-Pullover“, dann könnte ich ihr beispielsweise sagen: es ist aber gar kein Angora-Pullover. Wenn nun aber die Beschenkte daraufhin den Pullover prüfen lässt (etwa durch ein Labor) und die bestätigen ihr es sei ein Angora-Pullover, dann ist es in gewissen Sinne doch ein Angora-Pullover, selbst wenn es ein Imitat ist. Das Imitat war dann einfach so perfekt, dass es vom „Original“ nicht zu unterscheiden war.

  33. @Schleim, Holzherr:
    Was ist Dualismus? Dualismus ist das Zerreißen von ICH und Bewusstsein. Beide werden dort als Partner gesehen, die man austauschen kann. Aber Bewusstsein ist eine Eigenschaft meines ICHs bzw. ICH bin mein Bewusstsein. Niemand würde auf die Idee kommen, mein Herz und meinen Herzschlag zu trennen. Das ist kompletter Unfug. Die Tatsache, dass unser Hirn auf sich selbst referenziert, scheint der Grund dafür zu sein, dass wir immer wieder meinen, es gibt zwei Entitäten in uns: ICH und Bewusstsein.

  34. @Schleim
    Wenn man das Neuronenfeuern bei einer bestimmten Erfahrung aufzeichnet – und die Aufzeichnung später auf demselben Gehirn abspielt, müsste dann nicht dasselbe erfahren werden?

    Das ist eine sehr naive Vorstellung, auch wenn es nur ein Gedankenexperiment ist. Nach Jeder Aufzeichnung wäre das Gehirn in einem veränderten Zustand. Zu jedem Zeitpunkt hätte das Gehirn einen anderen Zustand. Die Aufzeichnung selber würde das Gehirn verändern. Man kann das Gehirn nicht anhalten und auf “Start” drücken.

    Was genau sollte aufgezeichnet werden, elektrische Ströme oder wandernde Neurotransmitter? Wo sollte die Aufzeichnung ansetzen? Wäre eine Aufzeichnung vollständig bezüglich der zu übertragenden Information? Ein solches Experiment wäre vergleichbar mit dem Laplaceschen Dämon oder dem “Gehirn im Tank” von Gilbert Harman.

  35. @Holzherr 31.12. 02:13

    „Eine Maschine, die immer dort wo wir Menschen Ideen, Eingebungen, Tagträume, Empfindungen, Ängste, Schmerzen, etc. haben , die in diesen Fällen also, ebenfalls ein Äquivalent aufweist, eine solche Maschine muss als gleichwertig, als ebenbürtig betrachtet werden.“

    Kommt drauf an, wofür ich die Maschine gebaut habe. Will ich einen Haushaltsroboter, der alle anfallenden Arbeiten erledigen kann, und nebenbei noch für Smalltalks taugt, reicht mir auch einer, der zwar alle Fähigkeiten hat, allerdings dennoch keinerlei Innenwelten erlebt.

    Es gibt Menschen, die bekommen Kinder, weil sie ihnen das Leben schenken möchten. Will man mit vergleichbarer Motivation Roboter bauen, die Innenwelt mit Bewusstsein haben, um ihnen eben dieses Innenleben zu schenken, dann müssen sie es auch haben.

    Will man das jetzt zweifelsfrei feststellen, wird es noch mal schwieriger. Wenn man solche Maschinen mal hat, dann kann ich mir aber vorstellen, dass man das spätestens dann feststellen kann. Vielleicht sogar einfach an der konkreten Programmierung. Ich habe zwar keinerlei Idee, wie das gehen soll, aber das kann meine Beschränktheit sein. Wenn es dann tatsächlich geht, dann gibt es sicherlich auch die Idee dazu.

    @Stegemann 31.12. 10:06

    „Die Tatsache, dass unser Hirn auf sich selbst referenziert, scheint der Grund dafür zu sein, dass wir immer wieder meinen, es gibt zwei Entitäten in uns: ICH und Bewusstsein.“

    Wir können uns selbst betrachten, und uns quasi von uns selbst distanzieren. Das ist beachtlich, und das ist auch wesentlich. Wenn wir die Funktionalität von uns selbst mal wirklich verstanden haben, dann werden wir einen Schritt weiter sein. Und vielleicht sogar Wege finden, wie wir es Maschinen beibringen können.

    Die Erkenntnis von wirklichen Zusammenhängen führt meistens auch zu technischen Anwendungen. Ich wüsste jetzt keinen Grund, warum das mit einer Erkenntnis von wirklichen Geisteswelten anders sein soll. Wenn sie denn tatsächlich existieren.

    @reutlinger 31.12. 13:57

    „Das ist eine sehr naive Vorstellung, auch wenn es nur ein Gedankenexperiment ist. Nach Jeder Aufzeichnung wäre das Gehirn in einem veränderten Zustand.“

    Darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, ob ein ganz bestimmtes Erleben aus einem ganz bestimmten Prozess folgt. Ob das wiederholbar ist, ist doch egal.

  36. @anton reutlinger

    » Das ist eine sehr naive Vorstellung, auch wenn es nur ein Gedankenexperiment ist. Nach Jeder Aufzeichnung wäre das Gehirn in einem veränderten Zustand. «

    Was die „sehr naive Vorstellung“ betrifft, da wäre ich vorsichtiger mit meinem Urteil. Die Autoren wissen, wovon sie schreiben, das sind keine Spinner, die zu viele SF-Romane gelesen haben.

    Und was heißt schon veränderter „Zustand“. Elektrisch gesehen, ja, aber in dem Gedankenexperiment kommt es ja primär auf die Struktur an (vermute ich mal, ich habe nicht den ganzen Aufsatz gelesen). Und die Struktur, also die synaptischen Verknüpfungen, die ändern sich nicht so schnell, denn dazu müssen erstmal Gene aktiviert und Proteine synthetisiert werden.

    Also, erstmal lesen, dann urteilen, meine Herren Reutlinger und Stegemann.

  37. @Balanus:
    ich hab’s gelesen, kompletter Schmarrn. Ein paar Aktionspotentiale als Bewusstsein verkaufen, man bringt hier Empirie und Philosophie durcheinander.

  38. Leben in spirituellen Kollektiven in Planet Magnon
    Der Schriftsteller Leif Randt beschreibt in Planet Magnon ein Sonnensystem mit mehreren bewohnten Planeten, in denen Menschen wie wir wohnen, aber unter völlig anderen Verhältnissen als hier auf der Erde. Es gibt keine Staaten, sondern eine Art zivilisatorisches Betriebssystem namens Actual Sanity, welches alles am Laufen hält was es für ein zivilisiertes Leben braucht.

    Alle Menschen im Sonnensystem von Planet Magnon leben in selbst gewählten spirituellen Kollektiven, und jede dieser spirituellen Kollektive bestimmt über Gewohnheiten, Werte, Regeln, Sehnsüchte und Lebensweisen wie das Leben abläuft und was in ihm wichtig ist. Das spirituelle Kollektiv ersetzt in gewissem Sinne auch die uns bekannten Nationen wenn es um sportliche Wettbewerbe geht: Man fiebert dann beispielsweise für die Dolphins (eines der spirituellen Kollektive). Ein Kollektiv steht auch für eine bestimmte Ästhetik. Oft aber für das, was die Mitglieder des Kollektivs bewegt. So gibt es etwa später im Buch einen Club der gebrochenen Herzen, ein Kollektiv, deren Mitglieder Liebesbeziehungen nachtrauern. Wo es bei uns Erdlern nur Werbeplakete für Produkte gibt, gibt es in Planet Magnon auch Werbeplakate von und für spirituelle Kollektive oder Werbeplakate, die beides verbinden: Produktwerbung und Werbung fpr ein Kollektiv. Hier ein ganz zu Beginn des Buches stehender Absatz, der einen Eindruck vermitteln will:

    An der unverputzten Tankstellenaußenwand hing eine Werbung für Tabak. Ein Mädchen in unserem Alter war auf dem Plakat abgebildet, es hatte rötlich koloriertes Haar, lehnte an einer Hausfassade und trug ein halboffenes Hemd. Das Mädchen rauchte zwar nicht, denn rauchende Teenager durften zu dieser Zeit auf Cromit nicht gezeigt werden, aber ihr Blick schien zu fragen, ob man nicht eine Zigarette mit ihr teilen wollte, eine Zigarette am Strand, die glasige Augen und ein blümerantes Körpergefühl hinterlässt. Niemand von uns war Raucher, aber wir dämonisierten Tabak auch nicht. Wir waren diversen Substanzen gegenüber offen oder ihnen sogar zugeneigt, das lernten wir früh, das war normal unter Juniordolfins. Bereits am Tag des Akademiebeitritts hatten erste Trinkspiele stattgefunden. Natürlich gab es Einzelne, die bewusst gegen diese Spiele anrebellierten, eine solche Verweigerung kam in jedem Jahrgang vor, das war üblich und auch erwünscht. Die Mehrheit von uns lernte Alkohol jedoch schnell als produktiven Schutzraum kennen, und das bereits Jahre bevor wir mit dem tatsächlich produktiven Schutzraum, mit der Flüssigkeit Magnon nämlich, vertraut gemacht wurden.

    Kollektive übernehmen in Planet Magnon also die Rolle von Staaten, von Glaubensgemeinschaften und von Schulgemeinschaften, denn es sind nichts anderes als sich freiwillig organisierende Gruppen, die etwas an die Hogwarts-Häuser in Harry Potter erinnern.

    Hier ein weiterer Abschnitt, der die Freiwilligkeit der Zugehörigkeit aufzeigt:

    Im Sommercamp würden uns auch weibliche Juniordolfins begegnen, unzählige Dolfingirls, vor
    allem aber würden unweit von unserem Camp auch die Junioren anderer Kollektive ihren Sommerurlaub verbringen. Die anvisierten Romanzen über ästhetische Grenzen hinweg wurden von unseren Dozenten nicht nur toleriert, sie wurden sogar befürwortet, ermöglichten sie doch Austausch und Konflikt und langfristig die Schärfung des eigenen Profils. Kein Dozent fürchtete, dass wir zu Fans eines anderen Kollektivs werden könnten, vielmehr gingen sie davon aus, dass wir durch unser Begehren neue Mädchen und Jungs für die Haltungen und Konzepte der Dolfins begeistern würden.

    Kurzum: Unsere aktuelle Art zu leben, unsere derzeitigen Präferenzen und Lebensanschauungen und „spirituellen Einstellungen“ sind vielleicht eine bessere Grundlage für das Zusammenleben in einer bestimmten Gruppe von Gleichgesinnten,
    als es die Nation, die „westliche Welt“, die evangelische oder katholische Kirche und weitere auf ewig fixierte Glaubensgemeinschaft sind.

  39. Prosit Neujahr!

    Meine Empfehlung zum Neuen Jahr: Googeln zur “adulten Neurogenese” und zur “neuronalen Plastizität“. Das Gehirn verändert laufend seine Struktur.

    Ohne die neuronale Plastizität wäre es uns Menschen nicht möglich, die stets neuen Anforderungen des Lebens zu meistern: Sobald wir etwas Neues erlernen – sei es eine Vokabel, eine Rechenart oder einen Tanzschritt –, verändern sich insbesondere die Nervenzellverbindungen und zu einem gewissen Grad auch größere Strukturen.

  40. @Reutlinger: Plastizität

    Ja. Und das wissen wir tatsächlich sogar ganz ohne Hirnforschung: Denn wenn sich unsere psychologischen Fähigkeiten ändern, muss sich natürlich auch deren physiologische Basis verändern.

    Die Nervensysteme von uns allen hier sind von MENSCHEN-BILDER beeinflusst. Vielleicht tröstet es sie aber, dass das für meins in sehr viel stärkerem Maße gilt. In diesem Sinne allen ein gutes & plastisches Neu(ro)jahr.

    P.S. Auf die adulte Neurogenese sollte man sich aber nicht zu viel einbilden. Deren Bedeutung ist nach wie vor in der Wissenschaft sehr unklar und umstritten.

  41. @anton reutlinger

    » Das Gehirn verändert laufend seine Struktur. «

    Und dennoch bleiben Sie, ‚anton reutlinger‘, immer derselbe. Oder haben Sie den Eindruck, dass Ihre bewussten Wahrnehmungen und Ihre Grundüberzeugungen, Ihr bewusstes „Ich“, sich laufend ändern?

    Wenn Nein, dann ist die wichtigste Voraussetzung für das in Frage stehende Gedankenexperiment bereits erfüllt.

    Frohes Neues allerseits!

  42. Holzherr, Reutlinger, Dr. Schleim, Jeckenburger, Stegemann, Balanus
    Ein Gutes Neues Jahr!

    wir reden über Inhalte und wir reden über Begriffe !
    Vor einer Stunde habe ich bei Freud gelesen, das sich Ich, Überich und Es nennt.
    Das ist eine praktische und einsichtige Vorgehensweise.
    Und wenn man diese Einteilung noch kombiniert mit der Christlichen Seele und dem Begriff Bewusstsein, dann sind wir gut ausgerüstet für das Neuroland.
    Ja, und das gehirn, das dürfen wir in den Mittelpunkt stellen, obwohl wir bis jetzt nicht verstanden haben wie wir denken.
    Meine Meinung ganz kurz: Das Ich ist das abstrakte Ich, dass die Lebenszeit überdauert.
    Das Bewusstsein ist das temporäre Ich, dass jeden Tag anders sein kann .
    Und dass unser Gehirn auch dem Stoffwechsel unterliegt, ist es auch plastisch zu sehen, also veränderlich.
    Alle Versuche dazu sind förderlich.
    Für die christliche Kirche gibt es noch die Seele, am ehesten verwandt mit dem abstrakten Ich + Würde des Menschen.
    Und wo ist jetzt der verbindende Ansatz ?
    Er steckt in § 1 GG, Die Würde des Menschen ist unantastbar.
    Und wenn das Wort “Würde” nicht die Spiritualität beinhaltet, dann habe ich etwas falsch verstanden.
    Die Wissenschaft, die zeigt sich von ihrer besten Seite, bei Operationen am Gehirn, bei Medikamenten, die unser Leben schmerzfreier halten.
    Und das alles als Philosophie zusammenzubringen, Herr Schleim viel Erfolg da bei.

  43. Frohes Neues allerseits.

    @Holzherr 01.01. 10:38

    „Unsere aktuelle Art zu leben, unsere derzeitigen Präferenzen und Lebensanschauungen und „spirituellen Einstellungen“ sind vielleicht eine bessere Grundlage für das Zusammenleben in einer bestimmten Gruppe von Gleichgesinnten,…“

    Ein Freund von mir hat sich der örtlichen Baptistengemeinde angeschlossen. Diese Gemeinde erscheint mir schon mehr als eine solche bestimmten Gruppe von Gleichgesinnten, mehr als die großen Kirchen zumindest.

    Aber man kann seinen Weg eigentlich auch ziemlich alleine gehen. Und Kontakte pflegen, die vielfältig sein können.

    Aber grundsätzlich gefällt mir die Idee, durchaus verschiedene Philosophien zu entwickeln. Ich habe den Eindruck, dass jeder auf seine eigene Art den Kosmos erfährt, und sich da auch unterschiedliche Konzepte machen muss. Das erfordert ja gerade nicht, sich nur mit Gleichgesinnten zu verbinden. Wenn man es ganz genau nimmt, dann findet man sowieso niemals einen anderen, der die Welt genau so wie man selber erlebt.

    Eine gewisse Grundbildung liefert ja schon das aktuelle Schulsystem. Einerseits hat das Vorteile, andererseits würde ich hier auch schon mehr Individualität befürworten. Was nützt ein Übermaß an Grundbildung, wenn sie die Schüler nur noch nervt, und nur noch für Klausuren gelernt wird. Wenn man hier schon mit 10 oder 12 Jahren mehr Auswahlmöglichkeiten hätte, und überhaupt weniger Pflichtstoff verlangt würde, dann käme da sehr viel mehr Kultur bei raus.

    Dann könnte man seine Individualität mit mehr Kenntnissen ausbauen. Und vielleicht auch mehr Selbstständigkeit entwickeln, und eben komplett ohne Glaubensgemeinschaften auskommen. Und sich mit Menschen verbinden können, die alle die Dinge mehr oder weniger verschieden sehen.

    Wenn der Mensch die Glaubensgemeinschaft nicht braucht, dann braucht man sie gar nicht. Politische Organisation sucht immer Wege, die Menschen mitzunehmen. Ein Konsens, was Gesetz sein sollte, reicht aber. Das meiste Leben sollte da gar nichts mit zu tun haben.

    @fauv 01.01. 12:30

    „Und wo ist jetzt der verbindende Ansatz ?
    Er steckt in § 1 GG, Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

    Da stehts ja auch schon, was wirklich Konsens ausmacht.

    „Und wenn das Wort “Würde” nicht die Spiritualität beinhaltet, dann habe ich etwas falsch verstanden.“

    Genau das meine ich. Jeder erlebt das Leben anders, dass ist grundlegend zu respektieren.

  44. @Balanus:
    Mal abgesehen von den 80 Milliarden Neuronen mal 1000 bis 10000 Verbindungen (irre große Zahl) ist das zentrale Problem des Leib-Seele Problems, das ja hier gedanklich gelöst werden soll, dass man versucht, das Mentale (Bewusstsein) mit der Physik (Neuronen, Aktionspotentiale, etc.) zu verbinden.
    Stellen Sie sich eine physikalische Gleichung vor und dann intergrieren Sie dort hinein das Mentale. Man vermischt zwei Bezugssysteme und wundert sich, dass nichts dabei herauskommt (herauskommen kann). Es ist ein Scheinproblem.
    Die Lösung ist, das Mentale in Begriffen der Physik (besser: Biologie) zu formulieren. Und das sieht dann so aus: Nervenzellen werden multidimensional erregt. Das kann man selbst erleben oder von außen beobachten. Das ist dann schon alles.
    Daher muss das in Rede stehende Projekt scheitern, da das Mentale nicht physikalisch operationalisiert wird.

  45. @Wolfgang Stegemann

    » … man versucht, das Mentale (Bewusstsein) mit der Physik (Neuronen, Aktionspotentiale, etc.) zu verbinden. «

    Richtig, so habe ich das auch verstanden. Und das ist doch genau das, was die Empiriker und Anti-Dualisten behaupten: das sogenannte Mentale beruht ursächlich auf biologisch-physikalischen Strukturen. Und weil das so ist, spielt sich auch alles in ein und demselben Bezugssystem ab—dem Hirn.

    Zumal: Für die Autoren ist das Bewusstsein (in Anlehnung an Tononi und Edelman) schlicht „the experience of ourselves and the surroundings that fades when we enter deep sleep or under anesthesia”.

    Dieser Ansatz kommt mir nicht sehr philosophisch vor.

  46. @Mussi:
    Danke für die kompetente Kritik.

    @Balanus:
    Warum wollen Sie nicht verstehen, dass beim Leib-Seele Problem eine Gleichung aufgemacht wird, bei der zwei unterschiedliche Beschreibungswelten zusammengebracht werden sollen, die nichts miteinander zu tun haben. Bewusstsein ist ein Begriff aus Philosophie / Psychologie, Neuronen ist ein Begriff aus der Naturwissenschaft. Man kann nicht im selben Satz mit beiden Begriffen arbeiten. Ist doch eigentlich ganz einfach zu verstehen, oder?
    P.S. ich bin für ca. eine Woche nicht errechbar.

  47. @Wolfgang Stegemann

    Ok, dann haben wir da offenkundig unterschiedliche Auffassungen. Für mich ist „Bewusstsein“ einfach nur ein Begriff, mich interessiert nicht so sehr, wo er her kommt oder was er außerhalb der Naturwissenschaften bedeutet, sondern was die biologischen Grundlagen der Phänomene sind, die schließlich zu diesem Begriff geführt haben.

    Ein bewusstes Farberlebnis, wie es in diesem Gedankenexperiment dargestellt wird, ist ein neurophysiologisches Phänomen, und deshalb muss es einen Weg geben, es naturwissenschaftlich zu untersuchen und zu beschreiben.

    Bis denne, bleiben Sie gesund 🙂

  48. @ Stegemann

    Welche Chance habe ich?

    Ich lebe in einer physikalischen-chemischen-biologischen Welt. Ich bin- in dieser Welt,in der auch Mentales vorkommt.
    Warum dann sollausgerechnet Mentales ausserhalb sein?

  49. @ Stegemann

    Die Psychologie/Psychatrie spricht häufig von Dysfunktion.
    Hat aber null Ahnung von der FUNKTION.

  50. @ Mussi:

    ich lebe in einer Welt in der “mentales” und “biologisches” oder “physikalisches” nur unterschiedliche epistemische Perspektiven auf ein Phänomen sind.

    Für mich gibt es nicht biologisches UND mentales. Das wäre doppelt gemoppelt. 🙂

    “Die Psychologie/Psychatrie spricht häufig von Dysfunktion.”

    Ja nee, is klar!

  51. @ Philipp

    Denken Sie etwas mehr über Ein-/Zwei-/Mehrdeutigkeit nach.

    Es wirkt in Ihnen!

  52. @ Mussi:

    Es ist ihr Problem dass Sie das Kommentar von Stegemann nicht verstehen, unabhängig davon ob Sie Ihm zustimmen oder nicht.

  53. @Balanus
    Ein bewusstes Farberlebnis, wie es in diesem Gedankenexperiment dargestellt wird, ist ein neurophysiologisches Phänomen, und deshalb muss es einen Weg geben, es naturwissenschaftlich zu untersuchen und zu beschreiben.

    Ist es nicht umgekehrt? Wenn man es naturwissenschaftlich erklären und beschreiben kann, dann ist es ein neurophysiologisches Phänomen. Ich persönlich glaube nicht, dass die Farbwahrnehmung naturwissenschaftlich erklärbar ist. Es gibt Dinge im Universum, die einfach so sind, wie sie sind.

    Nicht jedes Phänomen in der Welt ist naturwissenschaftlich erklärbar. Eine weiße Figur vor einem weißen Hintergrund ist nicht erkennbar. In einem Haus ohne Fenster kann man nicht die Außenfassade erkennen. Wir sind Teil dieses Universums und können es nicht von außen betrachten. Die Differenz zwischen innen und außen ist nicht erkennbar, somit fehlt diese fundamentale Information. Hätte die Welt nur eine einzige Farbe, dann wäre sie nicht erkennbar.

    Moleküle im Organismus üben Druck und Zug aufeinander aus, führen Schwingungen und Bewegungen aus, auf Grund der physikalischen Kräfte. Wie wirken sich diese Effekte auf das Ganze aus? Wir wissen, dass Molekülschwingungen als Wärme empfunden werden können und als solche bewusst werden. Es gibt noch viele Fragen an Biologen und Philosophen.

  54. @anton reutlinger

    Damit ich Sie nicht falsch verstehe, frage ich lieber nochmal nach:

    Glauben Sie wirklich, dass die Wahrnehmungsfähigkeit der Tiere naturwissenschaftlich nicht erklärbar ist?

    Denn darauf läuft es ja am Ende hinaus, wenn man meint, die Unterscheidung verschiedener Wellenlängen der elektromagnetischen Strahlung sei nicht erklärbar.

    Wohlgemerkt, es geht nicht darum, warum eine bestimmt Wellenlänge als grün empfunden wird und nicht als blau, das stelle ich mir auch ziemlich schwierig vor (wenn nicht gar unmöglich). Oder warum man Licht nicht hören kann und Töne nicht sehen.

    Grenzen der naturwissenschaftlichen Erklärbarkeit gibt es, keine Frage, aber wo diese im Einzelnen liegen, das wäre noch zu klären (jenseits des Horizonts liegen z. B.: was war vor dem Urknall, was genau ist „dunkle Energie“, warum sind die „Naturgesetze“ und Naturkonstanten so wie sie sind und nicht anders, warum kann Licht sich nicht schneller ausbreiten als mit Lichtgeschwindigkeit?)

  55. @Balanus
    Wohlgemerkt, es geht nicht darum, warum eine bestimmt Wellenlänge als grün empfunden wird und nicht als blau, das stelle ich mir auch ziemlich schwierig vor …

    Genau darum geht es mir, d.h. warum man überhaupt Farben sieht. Ich stelle nicht infrage, dass man Wellenlängen unterscheiden kann, das ist naturwissenschaftlich schon banal. Kennen Sie das Phänomen der Synästhesie, dass man Töne als Farben sieht und umgekehrt? Selbstverständlich ist die Wahrnehmungsfähigkeit der Tiere prinzipiell nicht anders als beim Menschen.

    Das Bewusstsein hat eine funktionale und eine phänomenale Komponente. Die funktionale Komponente, mit dem Gedächtnis als wichtigstes Modul, wird man eines Tages erklären können. Demenz und Alzheimer sind auch mit einem nachlassenden Bewusstsein verbunden.

  56. @Schleim
    Wenn man das Neuronenfeuern bei einer bestimmten Erfahrung aufzeichnet – und die Aufzeichnung später auf demselben Gehirn abspielt, müsste dann nicht dasselbe erfahren werden?

    (Ende Doppel-Zitat)

    Auch wörtlich fast dieselbe Frage hatte ich vor Wochen in einem Kommentar auch schon gestellt.

  57. …………….untersucht der Autor etliche weitere Mechanismen der «epistemischen Irrationalität», also der vernunftwidrigen Erkenntnissuche. Etwa so: lieber eine krause Erklärung als gar keine. Das alles gehört für Sterzer zur Normalität, bedeutet aber nicht, dass man der (eigenen oder fremden) Irrationalität einfach ausgeliefert sei. Er plädiert für einen «rationalen Umgang mit der Irrationalität»: Wir sollen uns die Überzeugungen erschüttern lassen und das Gespräch auch mit Leuten suchen, die uns «verrückt» vorkommen.

    Ende der Zitation (Hervorhebung von mir)………..

    …….aus einer Rezension des folgenden Buches:

    «Die Illusion der Vernunft» heisst das Buch des Psychiaters und Neurowissenschafters Philipp Sterzer, Professor an der Uni Basel; der Untertitel warnt: «Warum wir von unseren Überzeugungen nicht zu überzeugt sein sollten» (Ullstein)

    Quelle:
    https://click.mlsend.com/link/c/YT0yMTE4OTE0MTc5MjQ2MDY4NzQxJmM9aDRtOCZlPTE4MjM1MjcmYj0xMDYwMTE5NDM1JmQ9bDB5M3U1YQ==.QV4gkqiqas9H2sg7CVPXWVUrK5mqo1mbsTIQHUGySF8

  58. @anton reutlinger

    » Genau darum geht es mir, d.h. warum man überhaupt Farben sieht. «

    Verstehe! Das ist aber—nach meinem Verständnis—nicht das Anliegen der Gedanken-Experimentatoren.

    Denen geht es darum, in Frage zu stellen, ob Aktionspotentiale für das bewusste Wahrnehmen (kurz: Bewusstsein) vorrangig von Bedeutung sind. Außerdem wollen sie klären, wo die Grenzen liegen bei der Erklärung des Bewusstseins anhand von neurophysiologischen Messungen.

    Also, ich habe da kein Problem damit …

  59. Eigentlich wollte ich zu dem hier diskutierten Paper nichts schreiben da es vom Thema abgeht. Aber ihr hört ja gar nicht mehr auf, also was solls…

    Das Paper habe ich gestern Abend komplett in Ruhe gelesen.

    Die Autoren haben den Leser gefragt bei jeweils jedem der drei Schritte zu entscheiden ob man den Schritt für möglich hält (ob die Person den grünen Stimulus noch genauso wie vorher erleben oder überhaupt erleben würde). Ich bin bereits bei Schritt 1 von 3 ausgestiegen bzw. habe diesen mit “nein” beantwortet.

    Bestimmte Muster von Aktionspotentialen sind (wenn überhaupt) nur ein hinreichendes neuronales Korrelat für Bewusstsein. Davor stehen aber noch notwendige Bedingungen, z.B. ein ausreichender Metabolismus. Viele kognitive Neurowissenschaftler haben ihre Probleme mit der Unterscheidung zwischen notwendigen neuronalen oder physiologischen Prädispositionen vs. hinreichenden neuronalen Korrelaten für Bewusstsein…

    Für Bewusstsein gehören meiner Ansicht nicht nur Neurone sondern auch Gliazellen, also z.B. Astrozyten. Auch hier müsste also alles theoretisch “gleich” im Replay ablaufen, nicht nur bei Aktionspotentialen. Dazu weitere hormonelle Prozesse im Körper die Erleben ebenfalls beeinflussen bzw. damit “identisch” sind, etc. pp.

    Das alles natürlich nur unter der theoretischen Annahme dass ein solches Gedankenexperiment real zumindest prinzipiell durchführbar wäre, was ich wie Anton Reutlinger ebenfalls ablehne bzw. für nicht möglich halte (aufgrund viele Faktoren, jene zu diskutieren hier zu weit geht).

  60. @ Martin Holzherr 30.12.2022, 19:57 Uhr

    Zitat: „Für mich gibt es keinen Zweifel, dass Gedanken, Empfindungen, auch das Bewusstsein, Prozesse sind, die in unserem Hirn ablaufen und die eine intakte „Hardware“ (=Hirn) voraussetzen.“

    Das „Hirn“ allein reicht offensichtlich nicht, wenn sie mehr als „winzige Teilaspekte“ des „Bewusstseins“ betrachten wollen.

    Beispiel: Sie treten sich einen Nagel in den großen Zeh. Dann haben Sie Empfindungen an sensorischen Zellen der Zehe die gleichzeitig elektrische Impulse aussenden.

    Im Gehirn können sie die Stelle des Schmerzes lokalisieren, weil Sie gelernt haben, dass immer wenn an einer bestimmten Nervenfaser im Gehirn ein Signal einlangt an der großen Zehe „was los ist“.

    Zusätzlich werden weitere Informationen in das Gesamtsystem eingebunden. Z.B. visuelle Informationen vom Auge, die nach einer Auswertung im Gehirn ergeben, das Sie z.B. auf einen Holzbalken, bei dem ein Nagel herausstand, getreten sind.

    Aber auch früher gelernte, auch individuelle Infos, wie Sie sich verhalten sollen, werden in dass Bewusstsein „eingeblendet“.

    Zuletzt wird alles vorgefallene als Episode in Ihrer Biographie gespeichert sein.

    Sie könnten zwar die Impulse messen und übertragen (uploaden) und danach wieder „abspielen“. Aber den „Nagelstich“ samt Empfindungen und das zusätzliche „Szenario“, dass z.B. die visuellen Empfindungen an der Netzhaut „realisiert“ hat können Sie nicht übertragen. Jedenfalls nicht, wenn die sensorischen Zellen hauptsächlich auch die Empfindungen „realisieren“.

    Bei der Realisation von Qualia, Empfindungen, reicht eine „Emulation“ vermutlich nicht, weil die nur bei ganz bestimmten „Physikalischen“, allenfalls „Quantenphysikalischen“ Prozessen auftreten könnten und derartiges auf einer rein „elektronischen Hardware“ nicht möglich sein dürfte.

    Zitat: „Für mich gibt es keinen Zweifel, dass das was in unserem Geist abläuft, eine biologisch-/physikalische Grundlage hat und dass es auf das ankommt was in unserem Nervensystem passiert und was sich ändert (abgespeichert wird etc). Konkret bedeutet das, dass Gedanken mit der Aktivierung von Neuronen (und vielem mehr von dem, was es sonst noch in unserem Hirn gibt) einhergehen.“

    Das sehe ich auch so. Allerdings kann die Sache mit den Empfindungen offensichtlich nur auf einer „biologischen Hardware“ emuliert werden.

  61. @ Wolfgang Stegemann 30.12.2022, 23:06 Uhr

    Zitat: „Im Gehirn gibt es keine Daten. Das ist eine Alltagsanalogie. Im Gehirn laufen biologische, also chemische und physikalische Prozesse. Wo sollen denn in Synapsen etc. Daten stecken. Das ist eine grundfalsche Vorstellung.
    Daten können Sie im Hirnscanner in Form von Zahlenreihen sehen. Machen Sie mal aus so einer Zahlenreihe Liebe oder Hass.“

    Aus Sicht der Informatik werden im Gehirn zwar keine „Daten“, sondern “Objekte“ in den synaptischen Verzweigungen „abgebildet“. Diese Art der „Wissensabbildung“ wurde von E. Kandel nachgewiesen und wird seriös nicht mehr bestritten.

    Aus Zahlenreihen dürften derzeit tatsächlich keine Empfindungen „realisiert“ werden können, jedenfalls nicht auf den üblichen elektronischen Maschinen. Allenfalls auf biologischen oder hybriden Maschinen.

  62. @Balanus
    Ein Beispiel zum Aktionspotential: die Zellen der Stäbchen schütten im Dunkeln, wenn also keine Reize von außen anliegen, eine Höchstmenge an Glutamat in die Synapsen aus. Bei Helligkeit werden sie gehemmt – durch Schließung von Na-Kanälen – und erzeugen dadurch weniger Aktionspotentiale.

    Es ist also nicht so einfach, dass Sinnesreize immer ein Aktionspotential erzeugen, es geht auch umgekehrt! Das bedeutet natürlich, dass die Reaktion auf Helligkeit nicht linear ist, sondern ein Maximum hat, wenn genügend Na-Kanäle geschlossen sind, so dass kein Aktionspotential erzeugt wird. Dasselbe gilt für die Ganglienzellen, die die visuellen Signale in das eigentliche Gehirn übertragen. Die Netzhaut selber ist bereits Teil des Gehirns.

  63. @ Stephan Schleim 31.12.2022, 00:10 Uhr

    Zitat: „…aber was ist denn das prinzipielle Argument gegen die Möglichkeit eines Bewusstseins-Uploads? (Ob es nun um Orgasmen geht oder welche Erfahrungen auch immer.) …..

    Wenn man das Neuronenfeuern bei einer bestimmten Erfahrung aufzeichnet – und die Aufzeichnung später auf demselben Gehirn abspielt, müsste dann nicht dasselbe erfahren werden?“

    Da ergibt sich die Frage ob das Neuronenfeuern ausreicht um (z.B. Orgasmus) Empfindungen (im Gehirn) zu rekonstruieren, nicht nur den Ort der Empfindung zu lokalisieren.

    Falls aber die Empfindungen zumindest hauptsächlich, direkt an der Sensorik z.B. Zapfen, Stäbchen,…. auftreten, würde diese Information fehlen und könnte auch nicht mehr rekonstruiert werden.

  64. @Philipp 02.01. 15:42

    „Für Bewusstsein gehören meiner Ansicht nicht nur Neurone sondern auch Gliazellen, also z.B. Astrozyten. Auch hier müsste also alles theoretisch “gleich” im Replay ablaufen, nicht nur bei Aktionspotentialen. Dazu weitere hormonelle Prozesse im Körper die Erleben ebenfalls beeinflussen bzw. damit “identisch” sind, etc. pp.“

    Ertmal das, dann auch noch die aktuelle Außenwelt. Die findet sich ja in verarbeiteter Form auch im aktuellen Leben wieder. Nachts im Dunkeln im Bett sieht auch das Bewusstsein ganz anders aus als tagsüber bei einem Spaziergang im Park. Und in Isolationstanks gibts richtige Effekte, da hat man früher mal Meditationsexperimente mit gemacht.

    So oder so, im Bewusstsein landet eine Teilmenge von all dem, was in und um den Organismus passiert. Vermutlich eine definitiv abgegrenzte Teilmenge, irgendwie muss hier eine eindeutige Grenze sein, was jetzt zur Teilmenge gehört, und was nicht mehr bewusst wird und nicht erlebt wird.

    Und wir brauchen, meine ich zumindest, auch eine Art Behältnis. Einmal in Form von hinreichenden Korrelaten, und hier nicht unbedingt nur spezielle Aktionspotenziale, dann aber auch das definitive Wachsein. Das ja ein höchst aktiver Prozess sein muss, der sich z.B. durch Narkosegabe oder Schläge auf den Kopf abrupt abstellen lässt.

    So was ähnliches, wie wenn man beim PC ein Betriebssystem installiert haben muss, und dieses unbedingt hochfahren muss, dass es auch akut in Betrieb ist.

    Soweit haben wir es noch naturalistisch.

    Ich vermute zusätzlich beim Behältnis einen persönlichen Geistesraum, der für den Betrieb auf breiter Basis gezielte Quantenzufällle benötigt, um hochzufahren, und um aktiv sein zu können. Hierfür gibt es nur Hinweise in Form von persönlicher Erfahrung, aber es scheint mir sehr gut möglich zu sein, dass man eben die gezielten Quantenzufälle in absehbarer Zukunft eben genau dann nachweisen kann, wenn es gelingt, die ersten Modelle von z.B. Erlebniswelten von Labormäusen als Computersimulation zum Laufen zu bekommen.

    Wenn das nicht mit Pseudozufallszahlen, sondern nur mit Zufallszahlen aus Quantenzufällen laufen kann, dann wäre diese Sache ganz gut belegt, finde ich. Das ist dann aber wohl was für die fernere Zukunft. Und nur was für Leute, die Geisteswelten akzeptieren können.

  65. @ Wolfgang Stegemann 01.01.2023, 16:04 Uhr

    Zitat: „…. ist das zentrale Problem des Leib-Seele Problems, das ja hier gedanklich gelöst werden soll, dass man versucht, das Mentale (Bewusstsein) mit der Physik (Neuronen, Aktionspotentiale, etc.) zu verbinden.
    Stellen Sie sich eine physikalische Gleichung vor und dann intergrieren Sie dort hinein das Mentale. Man vermischt zwei Bezugssysteme und wundert sich, dass nichts dabei herauskommt (herauskommen kann).“

    Genau dass ist das Problem. Es ist den Informatikern aufgefallen, weil ihnen ihre Software um „die Ohren geflogen“ ist, wenn nicht bestimmte Regeln penibel eingehalten werden. Deswegen haben sie den Dualismus nicht abgeschafft, sondern auch noch erweitert auf eine Art „Trialismus“ Prozessor – Prozess – Information.

    Man muss sehr vorsichtig formulieren, penibel Kategorien beachten, darf z.B. nicht Objekte unterschiedlicher Kategorie gleichsetzen, sonst stößt man auf Widersprüche. Andererseits will man einen Zusammenhang zwischen Körper – Geist und Prozesse, Hardware – Software und Prozesse, Physikalische Prozessoren – Prozesse – Information allenfalls auftretende Phänomene, …… erforschen.

    Das Prinzip der Aufspaltung in Komponenten war in der Technik an sich ein alter Hut. Man musste immer schon, z.B. in der Statik, Kräfte nach bestimmten Regeln zerlegen um ihr Zusammenwirken erklären und berechnen zu können. Sonst gäbe es weder Bauwerke noch Flugzeuge.

    Das Mentale kann in der Tat nicht so ohne weiteres physikalisch direkt „operationalisiert“ werden.
    Die Informationsverarbeitung kann mit den Methoden der Elektronik/Informatik zumindest annähernd erklärt werden. Wie es zu Empfindungen kommen könnte (als Phänomen, das nur teilweise erklärt werden kann, wie auch andere Phänomene), ist noch offen.

  66. @anton reutlinger

    » Es ist also nicht so einfach, dass Sinnesreize immer ein Aktionspotential erzeugen,… «

    Kommt wohl darauf an, wo man misst. Die Rezeptorzellen (Stäbchen und Zapfen) erzeugen, wenn ich’s richtig verstanden habe, überhaupt keine Aktionspotentiale. Die treten erst bei den nachgeschalteten Ganglienzellen auf. Ist kompliziert, ich bin da auch kein Fachmensch für…

    @Philipp

    Wenn man bereits bei Step 1 keine bewusste Wahrnehmung mehr hat beim Replay, dann passt das angeblich zur Integrierten Informationstheorie des Bewusstseins von Tononi (man braucht alle Strukturen und alle Wirkungsketten).

    Was ich mich dabei frage, ist, ob bereits die Aktivitäten im visuellen System hinreichend sind für bewusstes Sehen. Oder ob das Bewusstwerden andernorts erfolgt (da, wo im Gedankenexperiment die Aktionspotentiale aufgezeichnet werden). Das hat man doch sicherlich schon an Affen genau untersucht, wo die Signale aus der Sehrinde weitere Aktivitäten auslösen.

  67. @ Balanus:

    Was du schreibst ist korrekt, die Stäbchen und Zapfen erzeugen keine Aktionspotentiale, die entstehen erst in nachfolgenden Zelltypen.

    Zu deiner Frage (meine persönliche Ansicht als Antwort): ich würde Bewusstsein gar nicht lokalisieren; Bewusstsein ist meiner Ansicht nach nicht in bestimmten Gehirnarealen lokalisiert (so wie z.B. die IIT annimmt). Und wie du weißt denke ich ohnehin nicht das Bewusstsein im Gehirn lokalisiert ist, sondern eher sowas wie ein Systemzustand des Organismus ist. Die visuelle Wahrnehmung findet sicher nicht im visuellen Cortex statt. Von solchen Lokalisationen geht eigentlich kaum noch jemand aus.

    Überraschenderweise lokalisieren aber manche Bewusstseinstheorien das Bewusstsein dann doch wieder irgendwo im Gehirn. Die von dir angesprochene IIT bezieht sich besonders auf den parietalen Cortex bezieht, während z.B. die GNWT eher von fronto-parietalen Netzwerken ausgeht.

    Für die visuelle Wahrnehmung ist natürlich eine bestimmte Dynamik im visuellen Cortex notwendig, aber die alleine reicht sicherlich nicht, sondern eine bestimmte Dynamik, Muster (wie auch immer man es jetzt abstrakt nennen möchte, ist ja egal) muss auch in passenden Relationen zur restlichen Aktivität des Nervensystems gestellt werden. Oder anders formuliert: das ganze Gehirn muss mehr oder weniger richtig ticken, sonst kommt keine visuelle Wahrnehmung zustande, auch wenn der visuelle Cortex alles richtig machen würde. Davon gehe ich aus.

    Ich war vor einiger Zeit für eine Blasenspiegelung beim Urologen (die Hölle). Für mich war das so schmerzhaft und psychisch anstrengend dass ich während der Blasenspiegelung irgendwann meine visuelle Wahrnehmung verlor und nur noch “weiße Farbe” sah. Ansonsten war ich bei Bewusstsein und konnte den Arzt hören und meinen Körper wahrnehmen.

    Für mich stellte sich danach natürlich sofort die Frage: wieso verliere ich nur die visuelle Wahrnehmung, nicht aber die restlichen Aspekte des Bewusstseins? Meine Überlegung war dass bestimmte Areale, Netzwerke, etc. hier irgendwie nicht mehr richtig in Relation zueinander gestellt wurden, da die Dynamik vollkommen quer ging (Überschüttung durch abnormer Balance zwischen Glumatat und GABA [excitation-inhibition balance – EIB verschoben] aufgrund von Stress etc.).

    Vielleicht war beispielsweise der visuelle Cortex OK, während andere Bereiche des Gehirns quer schossen sodass die visuelle Wahrnehmung verloren geht. Habe leider keinen fMRI scan von meinem Gehirn während dieses Horrortrips, sonst würde ich nachschauen.

  68. @Stegemann 01.01. 16:04

    „Und das sieht dann so aus: Nervenzellen werden multidimensional erregt. Das kann man selbst erleben oder von außen beobachten. Das ist dann schon alles.“

    Selbst erleben ist dann aber psychologisch zu beschreiben, von außen beobachten kann man per Verhaltensbeobachtung oder per Fragebogen. Oder mit fMRTs und ähnlichen Geräten. Die multidimensionale Erregung im Detail zu kennen, dass ist dann eine Aufgabe eher für Jahrhunderte.

    Also, wir kommen doch von den verschiedenen Zugängen absehbar überhaupt nicht runter. Und wenn wir das Selbererleben irgendwie einordnen wollen, müssen wir es doch mit dem Physiologischen vergleichen.

    Psychologie ganz aufzugeben, weil es nicht konkret mit multidimensionaler Erregung identifiziert werden kann, macht jedenfalls auch keinen Sinn.

    Und wenn wir doch noch richtige Geisteswelten dabei haben, dann müssen die spätestens mit ihrem Nachweis am Ende auch noch mit einbezogen werden.

  69. @ Philipp 02.01.2023, 20:57 Uhr

    Zitat: „Was du schreibst ist korrekt, die Stäbchen und Zapfen erzeugen keine Aktionspotentiale, die entstehen erst in nachfolgenden Zelltypen.“

    Interessant wäre, ob und welche, vermutlich chemische Informationsträger („Botenstoffe“) die Information zu den Aktionspotentiale aussendenden Neuronen übermitteln?

    Meine Vermutungen zum Bewusstsein sind zwar extrem banal, aber ich vermute, dass die Netzhaut, sozusagen im Sinne des Wortes, tatsächlich der 1. „reale Bewusstseins Bildschirm“, damit eine wichtige Komponente des „visuellen Bewusstseins“ ist. (Begriffe wie „Hirnradar“, „Bildschirme“, „Hirnkino“,…. kommen in Thesen übers Bewusstsein öfter vor).

    Man kann sogar selber von außen im Spiegel das „angezeigte Bild“ auf der Netzhaut erkennen. Selbstverständlich erfolgt die Auswertung (Mustererkennung, z.B. Oma mit Hund) erst in den nachgeschalteten Neuronenverbänden. Die Information abbildenden Signale werden durch das System aus Neuronen und Synapsen „verschoben“, dabei ausgewertet und am „Ende“ im „flachen“ Grenzbereichen zu anderen Hirnorganen als Ergebnisse im informellen (nicht optischen Sinn) „abgebildet“.

    Dafür spricht, dass immer nur (Zwischen- bis End-) Ergebnisse im „Bewusstsein „auftauchen“ und nicht die ganze „Lebensbiographie“ gleichzeitig. In diesem Falle würde man wegen der gleichzeitig ins Bewusstsein gelangenden Information „verrückt“ werden.

    Es ist irgendwie vergleichbar mit einem Film, bei dem nicht „die ganze Filmrolle“ auf einmal, sondern die Einzelbilder hintereinander auf der Leinwand zur Anzeige gelangen.

    Das „Bewusstsein“ dürfte demnach auf viele Bereiche mit „flachen End- bzw. Zwischenstrukturen“ verteilt sein. (Körperhaut mit Sensorik, Netzhaut, Trommelfell, Hirnhaut, Zwischenschichten zwischen Hirnorganen, innere Sensorik,…. oft auf einer empfindungsfähigen Sensorik.) Es erfolgt natürlich dann keine „optische“ sondern eine „informelle“ Abbildung, z.B. als „gemeinsam feuernde“ Neuronen. Die haben dann sozusagen die „Bedeutung“, das bestimmte Informationen von bestimmten auch Empfindung realisierenden Sensoren „anliegen“. Z.B. die Stimme, und das optische Bild der Oma mit Hund….

    Dass die Ladungsverschiebungen sozusagen auch individuell „Taktgesteuert“ erfolgen, scheint naheliegend. Sie haben selbst einmal in einem Beitrag von Neuronen berichtet, die meiner Meinung nach genau dies bewirken, „richtig zu ticken“.

    Der Ausfall der visuellen Wahrnehmung ist typisch bei „Ohnmacht“, wären sie nicht gelegen bei Ihrer Untersuchung, wären sie umgefallen…. Mediziner vermuten, es kommt vom Blutdruckabfall.

    Wäre die Ohnmacht „tiefer“ gewesen, hätten Sie den Arzt nicht mehr gehört und auch die Schmerzwahrnehmung wäre vermutlich verschwunden.

    Mein Großvater hat sich übrigens bei einer derartigen Untersuchung, allerdings mit ehemals „robusteren“ Instrumenten, ein schweres Trauma „aufgerissen“ und hat niemals wieder ein Krankenhaus aufgesucht, er wurde 84 Jahre alt.

  70. Je weniger man über etwas weiss, desto mehr kann man darüber reden. Beim Begriff „Bewusstsein“ wird das noch dadurch begünstigt, dass es keine allgemein akzeptierte Definition gibt.

    Am besten lässt sich das, was Bewusstsein ist, wohl noch durch Phänomene fassen, in denen das „Bewusstsein“ fehlt aber der „Geist“ dennoch etwas leistet. Ein gutes Beispiel scheint mir die kortikale Blindheit bei der die primäre Sehrinde (teilweise) ausfällt, was bewirkt, dass die betroffene Person im Ausfallsbereich nichts sieht, aber dennoch auf visuelle Reize dort reagiert. Etwa indem sie dort etwas ergreift oder indem sie ausweicht. Und das ohne dass die Person sagen kann, warum sie es tut.

    Es gibt auch viele normale geistige Vorgänge, bei denen wir das Bewusstsein wie ein- und ausschalten können. Etwa beim Tastatur-Tippen, das wir so weit automatisieren können, dass es nur noch mit einem Restbewusstsein passiert.

    Beide hier aufgeführte Beispiele passen gut zu einer neueren These, gemäss der Bewusstsein eigentlich bedeute, dass man sich an etwas erinnere/erinnern könne. Bewusstsein ist damit etwas, was erst im Nachhinein eintritt, dann nämlich, wenn ein geistiger Vorgang eigentlich schon abgeschlossen ist, er nun aber an der Gedächtnisschnittstelle landet. Das bedeutet auch: Woran man sich grundsätzlich nicht erinnern kann, das liegt ausserhalb des Bewusstseins.

  71. @ Martin Holzherr 03.01.2023, 08:42 Uhr

    Zitat: „Je weniger man über etwas weiss, desto mehr kann man darüber reden. Beim Begriff „Bewusstsein“ wird das noch dadurch begünstigt, dass es keine allgemein akzeptierte Definition gibt.
    Am besten lässt sich das, was Bewusstsein ist, wohl noch durch Phänomene fassen, in denen das „Bewusstsein“ fehlt aber der „Geist“ dennoch etwas leistet.“

    Vermutlich kann man „Bewusstsein“ auf eine Kette relativ banaler Mechanismen reduzieren.

    Es werden sozusagen, wie im „Höhlengleichnis“, Schatten (eines optischen Bildes) an eine Wand geworfen, dabei werden Zusammenhänge z.B. von Bildpixeln sichtbar, die zu einem Bild „emergieren“.

    In weiteren (neuronalen) Verarbeitungsstufen werden die („konstruierten“) flächigen „Musterabbildungen“ mit früheren Mustern auch aus anderen Prozessen, z.B. vom Hörsystem mit der „informellen Abbildung“ (Neuron „feuert“ (wie „Licht“, oder „hohe Ton Amplitude“) – Neuron „feuert nicht“ (wie „Schatten“ oder „kleine Amplitude“) der Wörter „Frau“ und „Hund“ verglichen.

    In weiteren Verarbeitungsstufen können immer mehr „Details“, z.B. Frau Maier, die Oma vom Nachbarn mit ihrem Hund Rolfi…. ermittelt werden.

    Die „Handlungen“ z.B. Gesprächsdialoge werden auch direkt von den Prozessen gesteuert, das Bewusstsein ist häufig als auch steuernder „Beobachter“ in die Prozesse eingebunden.

    Es scheint noch offen, wie weit das Empfindungsphänomen als (Quanten-??) physikalisches Phänomen erklärt werden kann. Zumindest Korrelationen derartiger Prozesse mit Empfindungen gefunden werden.

  72. Elektroniker
    02.01.2023, 16:21 Uhr
    @ Wolfgang Stegemann 30.12.2022, 23:06 Uhr

    Zitat: „Im Gehirn gibt es keine Daten. Das ist eine Alltagsanalogie. Im Gehirn laufen biologische, also chemische und physikalische Prozesse. Wo sollen denn in Synapsen etc. Daten stecken. Das ist eine grundfalsche Vorstellung.
    Daten können Sie im Hirnscanner in Form von Zahlenreihen sehen. Machen Sie mal aus so einer Zahlenreihe Liebe oder Hass.“

    (Ende der Zitation von weiter oben)

    Das ist zu flach gedacht oder zumindest missverständlich formuliert. Natürlich bilden neurologische Strukturen Information nicht topografisch- morphologisch als eine Art von Buchstabensuppe ab, sodass man die Information dann mit dem Mikroskop ablesen könnte. 😉

    Es könnte aber sein dass die Information auf zugrundeliegende Basis-Oszillationen elektrischer Art (oder auch chemischer Art) aufmoduliert ist. Und damit wäre Information, zumindest in der Form eines physikalischen Prozesses, durchaus direkt im Gehirn lokalisiert.

    In etwa so, wie bei der Funkübertragung von Information diese auf eine EM-Basiswelle entweder durch Amplituden- oder Frequenzänderungen “aufmoduliert” werden.

    (Im Grunde geschieht das bei jeder “Aufzeichnung” von Information, da jeweils immer eine statische oder gleichmäßig variable (= Welle) Grundstruktur “systematisch” (Im System steckt die Information bzw. Bedeutung ) mehr oder weniger dauerhaft morphologisch verändert wird.)

    Was allerdings noch nichts darüber aussagt, ob die jetzt physikalisch. neurologisch ablaufende bzw. gespeicherte (Gehirn-) Information “existentiell” einzig und allein an diese Strukturen oder Abläufe gebunden sein MUSS. Wobei wir wieder einmal beim Gehirnscann und dem Detektieren und “Neu- Einspielen” von Bewusstseinsinhalten (= Information) angelangt wären.
    Und damit auch bei einem “umstrittenen” Professor aus (ich glaube) Tübingen, dem man unsauberes wissenschaftliches Arbeiten nachgewiesen (?) hat, wie es heißt.
    Dessen nächste Arbeit zum gleichen Thema dann aber das Peer Review
    offenbar relativ problemlos bestanden hat.

  73. Nachtrag:

    Was alles bzw. welche Strukturen oder Prozesse im (biologischen) Körper (innerhalb und außerhalb des Gehirns) dann jeweils als Träger dieser “Informations- Modulationen” in Fage kommen bzw. tatsächlich dienen, ist wieder eine andere Frage.

    Und noch weitspekulativer ist die Frage , ob diese Art der Information ( oder auch die Informationsverarbeitung) lediglich ein “Schatten” bzw. ein Korrelat von “ganz was Anderem” ist. Diese Korrelation muss dann aber auch irgendwie (physikalisch?) systematisch- gesetzmäßig sein, sonst könnte sie nicht dauerhaft bestehen bzw. funktionieren.
    Wer nicht esoterisch “schwafeln” will redet (bzw. schwafelt) dann halt von sowas wie “neuer Physik”.😎

  74. Zur Information:

    Heinrich Päs hatte das mal schön formuliert:

    Information ist dann die Differenz der Entropie eines bestimmten Makrozustands und der Entropie des Makrozustands mit der größtmöglichen Entropie.

    Das klingt nach recht alter Physik.

  75. @Louis
    Es könnte aber sein dass die Information auf zugrundeliegende Basis-Oszillationen elektrischer Art (oder auch chemischer Art) aufmoduliert ist.

    Das ist den Neurowissenschaftlern bereits bekannt. Die Signale aus der Außenwelt (keine Informationen!) werden in den Frequenzen der Aktionspotentiale verschlüsselt. Die Amplitude der Aktionspotentiale ist unveränderlich, kann also keine Information enthalten! Eine Nervenzelle erhält Signale von tausenden Vorgängerzellen, die in einem einzigen Axon zum Aktionspotential verdichtet werden.

    Wilde und unfundierte Spekulationen – “es könnte sein …” – helfen nicht weiter.

  76. @ anton reutlinger 03.01.2023, 19:37 Uhr

    Zitat: „Die Amplitude der Aktionspotentiale ist unveränderlich, kann also keine Information enthalten! Eine Nervenzelle erhält Signale von tausenden Vorgängerzellen, die in einem einzigen Axon zum Aktionspotential verdichtet werden.“

    Diese Aussage ist zwar korrekt. Aber für neuronale Systeme nicht wirklich relevant.

    Wenn man einen Vergleich mit Systemen der Nachrichtentechnik ziehen würde, hätte man es bei neuronalen Systemen, ganz grob gesagt, mit einer Art von „Puls-Code-Modulation“, kurz PCM zu tun.

    Allerdings sind es bei neuronalen Systemen „Spikes“, bei nachrichtentechnischen Systemen genau definierte „Rechteckimpulse“, z.B. „Lichtblitze“ die in einer genau „definierten Zeitstruktur“ gesendet werden. Die Information eines Spike liegt darin, ob es in einem engen „Zeitschlitz“ auf einer bestimmten „Leitung“ vorhanden ist, oder nicht.

    Bedeutet, grob und anschaulich für das neuronale System formuliert: Viele, mehr oder weniger benachbarte Sensoren, z.B. die Stäbchen und Zapfen (bzw. die damit „verknüpften sendefähigen Neuronen“) senden in einer Art von „Vielfach“ auf vielen Leitungen, jeweils in einer Art von „Zeitschlitz“, einen „Spike“ aus, oder auch nicht.

    Die „Information“ steckt in den auftretenden „Signalmustern“ (örtlich und zeitlich), als „Gesamtheit“, (wie in der Digitaltechnik) nicht im einzelnen „Spike“. Dieses (digitale) Prinzip war früher selbst von erfahrenen alten Elektronikern, die das „klassische Analogkonzept“ im „Hinterkopf“ hatten, nur schwer zu verstehen.

    Die „Informationen“ können mit bestimmten „Anordnungen“ und in so etwas wie „Baumstrukturen“ (im Sinne der Informatik) von Neuronen und Synapsen, einerseits sehr ökonomisch, redundant und mit „schnellsten Zugriffseigenschaften“ gespeichert, andererseits auch ausgewertet werden.

    Im Prinzip werden beim Eintreffen neuer Informationen die synaptischen Strukturen erweitert. Bedeutet, an bestehenden (und auch neuen Neuronen) werden zwischen Axonen und Dendriten neue Synapsen eingebunden, bzw. bestehende Synapsen „verstärkt“ (E.Kandel).

    Wie auch in der Elektronik, spielen UND Gatter (McCulloch) eine Rolle, um „Musterkomponenten“ (von einzelnen Leitungen) vergleichen zu können. Neuronen „feuern“ dann, wenn auf möglichst vielen Dendriten möglichst gleichzeitig Signale einlangen. (Wegen dem jeweils anschaulichen „möglichst“, kann es auch nur „qualifizierte UND“ Gatter geben.) Diese „mangelnde Exaktheit“ begründet gleichzeitig die „Launenhaftigkeit“ biologischer neuronaler Systeme.

    Was Sie unter „verdichtet“ verstehen, würde anschaulich ungefähr bedeuten, dass in der Biologie, anders als in der Elektronik mit der strengen Logik, z.B. der Lösungsweg für 1+1 = 2 nicht auf einem einzigen „Pfad“ beruht, sondern z.B. 90 Pfade liefern das korrekte Ergebnis was sich auch „durchsetzt“, 10 Pfade ein falsches Ergebnis.

  77. Sodele,

    da ja nun offenbar geklärt ist, dass das von Stephan lancierte Gedankenexperiment keineswegs so abwegig ist wie es dem einen (WS) oder anderen (ar) erscheinen mag, wird es Zeit, ein abschließendes Statement zur Metzinger-Religion-Redlichkeit-Serie zu versuchen.

    Zunächst bleibt festzuhalten, dass es fast immer gut ist, intellektuell redlich zu bleiben, gerade auch dann, wenn es um religiösen Glauben und Glaubensüberzeugungen geht.

    Insoweit wäre Metzingers Forderung oder Kernbotschaft (Aufsatz von 2013) also zuzustimmen. Auch die von ihm gewählten „Helden“, wie Stephan Schleim sie nennt, können durchaus als gute Beispiele für diese Redlichkeit dienen.

    Was mir fehlt sind schlagende Negativbeispiele von Personen, die diese intellektuelle Redlichkeit vermissen lassen. Schließlich kann Metzinger ja kaum meinen, wie unterstellt, dass alle religiös empfindenden Menschen per se intellektuell unredlich seien.

    Außerdem kommt meiner Ansicht nach zu kurz, dass Menschen nur sehr bedingt von ihren angeborenen oder erworbenen religiösen (oder nicht-religiösen) Neigungen und Überzeugungen lassen können.

    Insofern greift auch Huxleys agnostisches Prinzip zu kurz. Wer meint, es sei richtig und vernünftig an höhere, übersinnlich Mächte zu glauben, der wird das tun—warum auch nicht, schließlich wird ja nur geglaubt und vertraut und nicht gewusst.

    Und wenn schon Religiöse kein Problem mit dem agnostischen Prinzip haben, dann brauchen auch Nichtreligiöse sich keinen Kopf zu machen—denn die wissen ja genauso wenig jene aus der religiösen Fraktion, ohne allerdings darum gleich an übernatürliche Dinge zu glauben.

    Wer also meint, er sei in Glaubensdingen im Lager der Agnostiker gut aufgehoben, der hat das Wesentliche offenbar nicht begriffen: Religiöser Glaube ist weder eine Frage des Intellekts noch des Wissens. Allein schon deshalb, weil (wissenschaftlich) erworbenes „Wissen“ aus methodischen Gründen ohnehin stets mit einem Fragezeichen versehen ist.

    Was nun das Verhältnis oder die Vereinbarkeit von religiösen Glaubensüberzeugungen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen betrifft, so muss man wohl unterscheiden zwischen den getroffenen Aussagen und Behauptungen und den Menschen, die von sich sagen, sie seien sowohl religiös als auch wissenschaftsorientiert.

    Mitunter kommen da merkwürde Widersprüche zum Vorschein.

    Einerseits wird gesagt:

    » Überzeugungs- und Glaubenssystem auf der einen und Wissenschaft auf der anderen Seite sollte man strikt trennen. « (SS in „Was ist Naturalismus“).

    Andererseits wird vom selben Autor behauptet, „gute Wissenschaft“ befreie von „Ideologie“, also von bloß geglaubten, unbegründeten Überzeugungen (statt sie zu festigen).

    Da weiß der interessierte Leser dann nicht, wem von beiden er glauben soll… 😉

  78. @Balanus 04.01. 12:17

    „Und wenn schon Religiöse kein Problem mit dem agnostischen Prinzip haben, dann brauchen auch Nichtreligiöse sich keinen Kopf zu machen—denn die wissen ja genauso wenig jene aus der religiösen Fraktion, ohne allerdings darum gleich an übernatürliche Dinge zu glauben.“

    Wir haben es ja nicht nur mit philosophischen Überlegungen zu tun. Sondern auch schlichtweg mit persönlichen Erfahrungen und mit persönlichen Gewohnheiten. Wobei dann gerade die Gewohnheiten auch Erfahrungen zur Folge haben. So kann man sich durch regelmäßiges Beten mit einer gewissen Geborgenheit anfreunden.

    Oder gerade anders herum, sich auch von Glauben distanzieren, weil man als Kind regelmäßig in den Gottesdienst mitgeschleift wurde, und man hier keine wirklichen Glaubenserfahrungen erlebt hat, sondern nur jede Menge Heuchelei in einem Betrieb, der sich hauptsächlich selber dient.

    Wo dass allgemeine Wissen nicht hinreicht, tun dies aber öfter die eigenen Erfahrungen. So vielfältig wie die sein können, sind es aber immerhin immer die eigenen. Auch darum muss man nicht viel geben, kann man aber. Ich finde, man braucht hier eine gewisse richtige Toleranz, und auf der Basis kann man dann auch koexistieren. Neben konträren Standpunkten findet man auch immer wieder Gemeinsames, das den Austausch lohnenswert macht.

    Was das Leben ausmacht, und was das Leben lebenswert macht, ist schon wichtig, finde ich. Damit lohnt es sich zu beschäftigen. Der eine mag Angst vor der Endlichkeit des Todes haben, der andere gerade vor einem Leben danach. Hier muss sich jeder auf sich selbst besinnen, und gucken, was er wirklich vor sich selbst vertreten kann.

    Und wenn man damit durch ist, kann man das auch nach außen vertreten, aber man sollte sich klar sein, dass andere eben zu anderen Überzeugungen gekommen sind. In weiten Bereichen einfach unentschieden zu sein, ist dabei auch ein Standpunkt, der unvermeidlich sein kann.

  79. Man sollte bedenken, wozu Glaube fähig ist, sei es religiöser Glaube, Aberglaube, spiritueller Glaube, Verschwörungsglaube oder politischer Glaube. Sicher kann auch Wissenschaft missbraucht werden, wie an manchen Beispielen deutlich wird, die oft genug genannt werden. Aber dahinter steckte immer auch eine Form von Glauben als Ideologie. Das Wissen diente nur der Rechtfertigung durch Vortäuschung von Vernunft.

    Die wichtigsten Unterschiede zwischen Wissen und Glauben sind wohl die Diskursfähigkeit, die Argumentationsformen, die empirische Evidenz und Reproduzierbarkeit, die epistemische Prüfbarkeit, die Möglichkeit des Irrtums. Charakteristisch für Glauben ist der absolute Wahrheitsanspruch.

    Der Glaube muss privat sein und privat bleiben. Das Elend des Glaubens liegt in dem missionarischen Eifer zur “Überzeugung” der Mitmenschen, die oft genug in Unterdrückung und Gewalt mündet.

  80. @ A.R. und zum Folgenden von ihm:

    “…..Wilde und unfundierte Spekulationen – “es könnte sein …” – helfen nicht weiter…..” (Zitatende)

    Es hilft aber auch nicht weiter, durch “es könnte sein” als vorsichtige Hinweise charakterisierte Gedanken als wilde und unfundierte Spekulation (etwas unredlich) abzutun. Es ging schließlich um die Behauptung, dass “im Gehirn” keine “Information” (materiell )vorhanden sei.
    Schließlich ist das Gehirn ein informationsverarbeitendes System. Ich kenne aber keine Informationsverarbeitung OHNE Information. Nicht vorher geklärte trickreiche Umdefinitionen von Begriffen führen da nur zu (bewusster?) Verwirrung.
    Im Übrigen glaub ich Ihnen ja , dass sie ein korrekter (standardwissenschaftlicher) Fachmann sind. Es ist also unnötig , immer wieder direkt oder indirekt auf diesen Umstand hinzuweisen. Es mag ja sein, dass ich öfter spekuliere – aber wo ist das Problem? Sparen Sie sich doch einfach polemische Formulierungen und bleiben Sie bei den vorgebrachten Argumenten. Das macht dann einen NOCH besseren Eindruck in einem populärwissenschaftlichen Blog. 😉

    Übrigens hat “Elektroniker ” natürlich recht, dass es sich teilweise oder ganz um “Pulscode- Modulation handeln könnte bzw. tatsächlich handelt. Aber ist das nicht auch nur eine “extreme Art” von Amplituden- (und Frequenz) Modulation ?

    So what?

  81. Haben sie Alkohol getrunken?
    Konsumieren sie Drogen?
    Glauben sie an Gott?

    Ich weiß nicht.

    ist da wirklich eine bescheidene Antwort.

  82. Nachtrag @ A.R.

    Falls sie mit dem Spekulieren bzw. den “Spekulationen” das mit den berühmten Korrelation der neuronalen Mechanismen zu etwas “ganz anderem” oder “höhereren Geistigen” gemeint haben:

    Diese Spekulationen kommen bekanntlich nicht von mir (schön wärs😊) . Im diesbezüglichen Kommentar hab ich mich auf eine vorherige Formulierung von Stephan Schleim bezogen.

  83. Stephan Schleim schrieb (04.01.2023, 15:17 Uhr):
    > Agnostizismus kommt wortwörtlich von “nicht wissen” […] Was ist daran so schwierig?

    Dass so (scheinbar?) dazu eingeladen wird, sich für einen Agnostiker zu halten, wenn man sich insbesondere auch hinsichtlich der bzw. jeder (Doppel-)Frage »weißt du?, oder weißt du nicht?«
    für einen Agnostiker hält.

    p.s. — Statt (verwelkter?) Blumen:
    https://thenewstack.io/how-googles-emma-haruka-iwao-helped-set-a-new-record-for-pi/

  84. @Stephan // Schwieriger Agnostizismus

    Ergänzend zu Frank Wapplers Einlassung (04.01.2023, 18:23 Uhr):

    » Agnostizismus kommt wortwörtlich von “nicht wissen…” «

    Meine Rede (sinngemäß)!

    »Was ist daran so schwierig? «

    Was die Bedeutung des Begriffs anbelangt, nichts!

    Aber ich fasse meine diesbezügliche Glaubens-Position gerne noch einmal zusammen:

    Die einen wissen nicht und sind religiös gläubig (geworden oder geblieben).
    Die anderen wissen auch nicht und sind nicht religiös gläubig (geworden oder geblieben).

    Ergo: Sowohl Glaubende als auch Nichtglaubende sind letztlich Agnostiker (was natürlich das von Huxley formulierte Prinzip nicht per se wertlos macht).

  85. @Louis
    Schließlich ist das Gehirn ein informationsverarbeitendes System.

    Mit unfundierten Spekulationen meinte ich nicht Sie persönlich, sondern Sprachausdrücke wie “es könnte sein”. Wir sind hier fast alle Laien auf diesem Gebiet, da helfen solche Spekulationen, wie auch Analogien zur Elektronik oder Informationstechnik, eben nicht wirklich weiter.

    Das Gehirn ist ein signalverarbeitendes System, es weiß selber nicht was es tut. Es zerlegt die visuelle Welt in rezeptive Felder (keine Pixel!). Wir reflektieren über das Gehirn und interpretieren sein Produkt als verlässliche Information über die Welt. Verschiedene neurologische “Störungen”, Schädigungen, Abweichungen oder Diversitäten zeigen, dass es dafür keine Garantie gibt. Verschiedene Kulturen deuten die Informationen unterschiedlich. Die Informationen, die das Gehirn liefert, sind im Prinzip individuell oder subjektiv.

  86. @Balanus: agnostisch

    Du verwechselst hier, dass Huxleys agnostisches Prinzip für Wissensaussagen allgemein gilt, meines Erachtens auch den Kern von Philosophie und Wissenschaft ausdrückt; Agnostizismus bezieht sich speziell auf die Frage nach göttlichen Wesen.

    Ich erinnere mich, dass Huxley verwundert darüber schrieb, dass man ihn (im 19. Jahrhundert) mit der Frage nach göttlichen Wesen nicht in Ruhe ließ – und teils sogar stärker angriff als Theisten oder Atheisten. In bestimmten Kreisen ist das im 21. Jahrhundert wohl immer noch so. *seufz*

  87. @reutlinger 04.01. 14:57

    „Der Glaube muss privat sein und privat bleiben.“

    Gläubige wollen sich wie jeder Mensch austauschen, und Glaubensinhalte sind entsprechend auch Kulturbestandteil. Und in der Diskussion und in Entwicklung.

    „Das Elend des Glaubens liegt in dem missionarischen Eifer zur “Überzeugung” der Mitmenschen, die oft genug in Unterdrückung und Gewalt mündet.“

    Das betrifft doch fast immer spezielle Formen organisierten Glaubens. Übel genug allemal, aber die meisten Menschen, die religiös oder spirituell orientiert sind, wollen sich nur austauschen, und haben mit Missionierung wenig zu tun.

    Wenn man nur seinen eigenen Standpunkt erläutert, dann würde ich das nicht Missionierung nennen. Es gehört zum Menschen, sich austauschend weiter zu entwickeln, das Ergebnis nennt man dann auch Kultur.

  88. @Balanus

    Sowohl Glaubende als auch Nichtglaubende sind letztlich Agnostiker

    Na ja, es gibt Glaubende als auch Nichtglaubende, die man zu den Agnostikern zählen muss. Ich kenne aber auch einige Glaubende, die meinen, die Existenz Gottes sei bereits bewiesen, als auch Nichtglaubende, die meinen, die Nichtexistenz Gottes sei zumindest so gut wie bewiesen.

    @Stephan Schleim

    Was @Balanus da zum Agnostizismus geschrieben hat, habe ich ganz ähnlich in der Wikiepdia gefunden.

    Agnostizismus ist sowohl mit Theismus als auch mit Atheismus vereinbar, da der Glaube an Gott und die Ablehnung von Gott möglich sind, selbst wenn die Gewissheit seiner Existenz oder Inexistenz fehlt.
    (Quelle: Wikipedia)

    Da es wohl neben Theisten und Atheisten auch Diverse gibt, stellt sich mir die Frage, wie man letztere dann sinnvollerweise bezeichnet. Gläubig und nichtgläubig sind die anderen, Agnostiker können sie alle sein.

  89. @Jeckenburger
    Gläubige wollen sich wie jeder Mensch austauschen, und Glaubensinhalte sind entsprechend auch Kulturbestandteil.

    Ja und nein. Natürlich dürfen Menschen ihre Meinungen und Überzeugungen austauschen. Aber es ist nicht zulässig, dass Gläubige andern Menschen ihren Willen aufdrängen und Lebensvorschriften für eine ganze Gesellschaft bestimmen. Erst dadurch werden Glaubensinhalte zur Kultur. Vertauschen Sie nicht Ursache und Wirkung! Überall in der Welt wollen Gläubige (hauptsächlich ihre Anführer) willkürlich die Formen der Sexualität diktieren, unter dem heuchlerischen Deckmantel von Moral.

  90. @Stephan // Agnostizismus vs. agnostisches Prinzip

    » Du verwechselst hier, dass Huxleys agnostisches Prinzip für Wissensaussagen allgemein gilt,… «

    Nein, hier liegt keine Verwechslung vor, im Gegenteil, genau das ist doch mein Punkt: Der Agnostizismus bzw. der selbsterklärte Agnostiker beruft sich in der Gottesfrage zu Unrecht auf das von Huxley formulierte agnostische Prinzip.

    [Nein. Agnostizismus ist ein Spezialfall des agnostischen Prinzips. Es gibt hier keinen Widerspruch. S. Schleim]

    @Joker
    Ausnahmen bestätigen die Regel, aber fein, dass du auf den Wiki-Artikel hinweist (den habe ich sicherlich im Laufe der Jahre irgendwann mal gelesen—irgendwo müssen meine Weisheiten und Einsichten ja herkommen 😉

    [Ganz sicher nicht von MENSCHEN-BILDER. Haha. S. Schleim]

  91. @Balanus & Joker: keine Metaphysik

    Für manche Menschen ist der Glaube an die Existenz höherer Wesen/einer höheren Intelligenz vielleicht so überzeugend, dass er den Status einer Gewissheit erreicht; das würde dann wohl nicht mehr dem Agnostizismus entsprechen.

    Mir geht es hier im Blog, wie ich es oft zu sagen versuchte, nicht um Metaphysik, sondern darum, was wir wissen können. Persönlich kann ich sagen, dass mir mit jeder entlarvten Täuschung durch die bekennenden Atheisten (oft im Gewand von Naturalisten), die für sich die Fackel der Aufklärung und Wissenschaft in Anspruch nehmen, der gegenteilige Standpunkt plausibler wird. Dort habe ich auch einfach mehr echte Toleranz erlebt (da denke ich nochmals an Popper; nicht an Metzingers Zerrbild von ihm).

    Letztlich sind wir Menschen alle denselben existenziellen Herausforderungen ausgesetzt (z.B. Leid, Altern und Tod); daran haben auch Wissenschaft und Technologie nichts verändert. Im Gegenteil scheinen die Menschen immer kränker zu werden, je mehr Aspekte des Lebens wir medikalisieren; und dabei haben wir an die große Zerstörung durch Technologie in Krieg und Kapitalismus noch gar nicht gedacht. Im WK1 und WK2, die v.a. nationalistisch gerechtfertigt wurden, starben wohl mehr Menschen als in den sogenannten Glaubenskriegen.

    Man sollte einfach aufhören, so zu tun, als würde Wissenschaft Glauben ausschließen. Auf jeden Fall ist diese Haltung selbst nicht wissenschaftlich, sondern ideologisch. Wenn das das Einzige ist, was jemand aus dieser Serie mitnimmt, sind wir schon einen wichtigen Schritt weiter.

    Agnostizismus und das agnostische Prinzip halten immerhin die Tür dafür offen, dass wir miteinander reden und uns über die existenziellen Herausforderungen austauschen. Und, wer hätte das gedacht: Wir Menschen sind von Natur aus soziale Wesen und brauchen Verbindung. Hin und wieder läuft auf diesen Körpern aber die falsche “Software” und dann kommt es zu Katastrophen. Ein funktionierender demokratischer Rechtsstaat (basierend u.a. auf rechtsphilosophischen und ethischen Ideen) war bisher ein ganz guter, wenn auch kein perfekter alternativer Ansatz.

  92. Der Agnostizismus bezieht sich in seiner wörtlichen Bedeutung auf die Erkennbarkeit bzw. auf das Wissen um die Existenz gewisser Dinge. Die Existenz transzendenter Dinge wie Gott ist per Definition nicht erkennbar. Insofern ist der Agnostizismus hinsichtlich der Existenz Gottes ohne Sinn. Bei Annahme der NIchtexistenz scheidet die Erkennbarkeit ohnehin aus. Der Agnostizismus ist daher eine zwielichtige Weltanschauung.

  93. @Schleim
    Man sollte einfach aufhören, so zu tun, als würde Wissenschaft Glauben ausschließen.

    Die Wissenschaft kann den Glauben nicht ausschließen, das ist banal. Sie kann aber die Gründe des Glaubens als unwissenschaftlich deklarieren, weil Transzendenz oder Metaphysik das Wissen darüber definitiv ausschließt und daher nicht Gegenstand von Wissenschaft sein kann, gleichgültig ob Natur- oder Geisteswissenschaft. Ausnahme davon ist nur die Psychologie des Glaubens und des Agnostizismus selbst. Nach meiner Überzeugung sind manche Agnostiker getarnte Gläubige.

  94. @reutlinger 05.01. 10:43

    „Aber es ist nicht zulässig, dass Gläubige andern Menschen ihren Willen aufdrängen und Lebensvorschriften für eine ganze Gesellschaft bestimmen.“

    In der Tat kann ich dem nur zustimmen. Wenn Mehrheiten derart übergriffig werden, dann kommt auch eine Demokratie an ihre Grenzen. Das zeigen ja die Probleme nach dem arabischen Frühling, genauso wie das Unwesen der von Trump eingesetzten höchsten Richter. Entsprechend können religiös übergriffige Regierungen dann im Bürgerkrieg enden.

    „Erst dadurch werden Glaubensinhalte zur Kultur.“

    Das kann man jetzt nicht sagen. Kultur geht über aktuelle Gesetze weit hinaus. Auch religiöse Minderheiten sind Kulturbestandteil, genauso wie Atheisten und Naturalisten zum aktuellen kulturellem Leben gehören, auch da, wo Gläubige in der Mehrheit sind.

    Ich selber bin zwar durchaus auch spirituell orientiert, im Falle der Sexualmoral fällt mir aber auch nur Einvernehmlichkeit und eine gewisse Haftung für selbstproduzierten Nachwuchs ein. Abtreibung sollte in gewissen Grenzen möglich sein, wo man hier genau die Fristen und die Gründe festlegt, das ist allerdings keine einfache Frage.

  95. @Jeckenburger
    Einverstanden. Eine einheitliche Kultur wäre eine Illusion und widerspräche dem Toleranzgebot.

  96. @ Elektroniker:

    “Dass die Ladungsverschiebungen sozusagen auch individuell „Taktgesteuert“ erfolgen, scheint naheliegend. Sie haben selbst einmal in einem Beitrag von Neuronen berichtet, die meiner Meinung nach genau dies bewirken, „richtig zu ticken“.”

    Sie meinen damit wahrscheinlich meinen Beitrag zur Eigenaktivität (Spontanaktivität) des Gehirns, also die Aktivität die das Gehirn selbst erzeugt, d.h. die nicht durch Umweltstimuli induziert wird.

    Dass das Gehirn einen bestimmten “Takt” für Bewusstsein benötigt ist korrekt. Dies kann man an ganz einfachen Phänomenen sehen, z.B. der 1/f Verteilung der Amplitude (EEG/MEG) oder der Power (fMRI) über den aufgenommenen Frequenzbereich (z.B. 1-200 Hz in EEG, oder 0.01-0.1 Hz in fMRI).

    Sehen Sie z.B. hier Figure 2 A:
    https://www.jneurosci.org/content/31/39/13786/tab-figures-data

    Die langsamen Frequenzen (links) weisen eine höhere Amplitude/Power als die schnelleren auf (rechts). Übrigens gilt das selbst wenn Sie ein einzelnes Neuron anstechen und direkt messen. Die Verteilung sieht in etwa gleich aus. Aber wie kann das sein? Das generierte Aktionspotential in einem Neuron hat ja fast immer die gleiche Amplitude.

    Die Antwort ist folgendermaßen: nach einer Fourier transform bzw. im power spectrum wird die Amplitude (Neuron, EEG, MEG) oder die Power (fMRI) über die Größe jeder Wellenlänge bestimmt nachdem das Signal über sinus und cosinus waves aufsummiert wird.

    Neben wir das Beispiel bei dem wir das Feuern eines einzelnen Neurons aufnehmen. Die langsamen spikes/Aktionspotentiale sind periodisch(er) als die schnellen, sodass die sine wave dieser Perioden größer sein wird als die von schnelleren Frequenzen die wiederum weniger zeitlich abgestimmt (periodisch) auftreten, sondern eine höhere Variabilität aufweisen. Letztere verteilen sich daher über mehr Frequenzen, sodass einzelne Frequenzen am Ende nacher weniger Varianzanteil/Power/Amplitude aufzeigen.

    Deshalb sieht es so aus als ob die langsamen Frequenzen des Gehirns mehr Power als die schnelleren hätten, da die größeren Abstände bestimmter spikes periodischer bzw. exakter zeitlich aufeinander folgen als die schnelleren.

    Sprich, die langsamen Zeitskalen bzw. Frequenzen im Gehirn erfolgen periodischer als die schnellen. Ist das nur Zufall, oder hat das biologische Bedeutung? Für mich ist die Antwort klar, denn:

    Wenn dieses Verhältnis kippt dann geht auch das Bewusstsein verloren (zeigen zig Studien). Hier erfolgt also eine “Codierung” über die Zeit bzw. über bestimmte Frequenzen oder Perioden, bei denen besonders die langsamen Frequenzen einen wichtigen “Takt” für Bewusstsein vorgeben müssen.

  97. @Philipp 05.01. 17:50

    „Hier erfolgt also eine “Codierung” über die Zeit bzw. über bestimmte Frequenzen oder Perioden, bei denen besonders die langsamen Frequenzen einen wichtigen “Takt” für Bewusstsein vorgeben müssen.“

    Das sind sehr interessante Beobachtungen. Das hört sich ein wenig an wie eine Art großes Orchester, dass wiederum sehr empfindlich sein kann. Bewusstsein in Aktion ist ja auch recht flüchtig, so müssen etwa Schulkinder erst lernen, sich länger auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Oder man muss sich beim Kochen sicherheitshalber eine Küchenuhr stellen, um nicht den Moment zu verpassen, wenn die Kartoffeln gar sind. Oder man vergisst wieder, was man jemandem eigentlich noch sagen wollte.

  98. Zum Folgenden von anton reutlinger
    05.01.2023, 11:37 Uhr
    “..Der Agnostizismus bezieht sich in seiner wörtlichen Bedeutung auf die Erkennbarkeit bzw. auf das Wissen um die Existenz gewisser Dinge. Die Existenz transzendenter Dinge wie Gott ist per Definition nicht erkennbar…” (Zitatende)

    Zum wiederholten mal:

    Der zitierte Kommentarabschnitt ist aber nun mal selbst ein rein metaphysischer Glaubenssatz, der auf der spekulativen Hypothese beruht, dass alles empirisch (gerade ?) UNzugängliche aus forschungspraktischen Gründen als “nichtexistent” gedeutet wird.

    Und jetzt?

  99. Im WK1 und WK2, die v.a. nationalistisch gerechtfertigt wurden, starben wohl mehr Menschen als in den sogenannten Glaubenskriegen.
    (Zitatende)

    Dieser Nationalismus hatte aber immer auch eine tiefe religiöse Komponente.

  100. Zum Folgenden von anton reutlinger
    04.01.2023, 20:21 Uhr:

    @Louis
    Schließlich ist das Gehirn ein informationsverarbeitendes System.
    Mit unfundierten Spekulationen meinte ich nicht Sie persönlich, sondern Sprachausdrücke wie “es könnte sein”.
    (Zitatende)

    O.K.
    Ich war mir auch nicht ganz sicher, ob Sie jemanden persönlich meinen und habs deshalb nochmal gelesen. Da ich immer noch unsicher war, hab ich präventiv halt mal rumgemotzt.😎

  101. @ Philipp 05.01.2023, 17:50 Uhr

    Zitat: „Sie meinen damit wahrscheinlich meinen Beitrag zur Eigenaktivität (Spontanaktivität) des Gehirns, also die Aktivität die das Gehirn selbst erzeugt, d.h. die nicht durch Umweltstimuli induziert wird.“

    Genau so ist es. Diese „internen Impulse“ dürften nötig sein, um die „Nutzsignale“ durch das System zu verschieben, wie in der Digitaltechnik. Sie haben in der Technik vielfältige Aufgaben, z.B. auch um Nutzsignale in andere zweckmäßige spektrale Bereiche zu „mischen“.

    Ladungsverschiebungen sind in der Digitaltechnik nötig. In neuronalen Systemen einerseits um die Strukturen (auch unbewusst) zu erweitern, um sozusagen geänderte „Sachverhalte abzuspeichern.“

    Andererseits, „starke Powerwellen“ dürften die Nutzsignale zur weiteren Auswertung durch das System verschieben um weitere „Bewusstseinsinhalte“ (außer auf der Sensorik der „Netzhaut und Körperhaut“) zu generieren, indem die Signale sozusagen gleichzeitig an, meiner Meinung nach sind es „flache haut ähnliche Schichten“, zur „Anzeige“ zu bringen, diese Muster in einer Art von „Verarbeitungskette“ weiter zu verarbeiten, oder die aufbereiteten Signale in periphere motorische Strukturen zu leiten um sinnvoll gesteuerte Handlungen zu bewirken.

    Neurologen bezeichnen öfters derartige „Anzeige Strukturen“ als „Hirnradar“, „Hirnkino“, „Bildschirm“,….

    Diese Mechanismen werden in der Elektronik höchst erfolgreich verwendet und sie dürften auch bei neuronalen Systemen eine Rolle spielen.

    Ich nehme an, Sie arbeiten sozusagen „an der Front“ der neuronalen Messtechnik (fMRT). Mir ist natürlich klar, dass das Verständnis biologischer Systemen schwieriger ist, als bei elektronischen Systemen.

    Es sind z.B. wichtige chem. biologische Prozesse zu Systementstehung, dem Systemerhalt, aber auch zur Steuerung der besonderen vermuteten „Information verarbeitenden“ Prozesse (z.B. hemmende, oder fördernde Neurotransmitter) nötig.

    Der „Nutz – Störabstand“ der Signale ist eben so wie er ist. Die wirklichen Mechanismen „verstecken“ sich hinter anderen nötigen Mechanismen. Es gibt keine „Betriebshandbücher“ und auch keine Rückfragemöglichkeit bei Systementwicklern. Die Techniker machen alles um ihre Systeme gut beherrschbar zu machen. Biologische System sind so, wie sie eben sind und es gibt auch noch die ethischen Problem bei der Forschung.

  102. @anton reutlinger // Erkenntnisorgan Gehirn

    » Das Gehirn ist ein signalverarbeitendes System, …«

    …und genau darum kann man es—meinem Verständnis nach—auch als ein „informationsverarbeitendes“ System bezeichnen. Mit dem Begriff „Signal“ ist man ja schon fast auf jener Beschreibungsebene angelangt, auf der wir den Begriff „Information“ verwenden, einfach, weil es sinnvoll erscheint und wir auch keinen anderen, besseren Begriff für das beobachtete Phänomen haben.

    » Wir reflektieren über das Gehirn und interpretieren sein Produkt als verlässliche Information über die Welt. «

    Mir ist nicht ganz klar, was hier mit „Wir reflektieren über das Gehirn“ gemeint ist, aber am Ende steht wohl die „Information über die Welt“, bzw. das, was wir (oder unsere Gehirne) für die korrekte Information über die Außenwelt halten.

    So, wie Sie das formulieren, gewinnt man den Eindruck, die Information entstünde erst während oder nach der Signalverarbeitung irgendwo in den Tiefen des Denkorgans.

    Dabei ist doch schon die Transformation der physikalischen Reize in neuronale Signale ein Teil der Informationsgewinnung. Und gewinnen kann man nur das, was bereits in irgendeiner Form vorhanden ist (internalisierte Form wird sozusagen zu Information).

    Ich sehe das so:

    Ein Nervensystem gewinnt Informationen aus den Formen und Strukturen der Umwelt, es kann gewissermaßen die physikalischen Strukturen der Dinge „lesen“, grad so, wie man (als Mensch mit Gehirn) eine Informationsbroschüre lesen kann. Die diesem „Lesen“ zugrunde liegenden neurophysiologischen Prozesse sind natürlich immer gleich, egal ob es um Schriften oder um Steine geht.

    Entscheidend für das Verständnis ist hierbei, dass es sich tatsächlich um eine physikalisch definierte Information handelt, also Information als Aspekt der oder Pendant zur Entropie. Lichtquanten oder Schallwellen mit definierter Frequenz, energiereiche Moleküle in Nahrungsmitteln, das sind Beispiel für lebensnotwendige Dinge mit relativ niedriger Entropie, die internalisiert werden, um die organismuseigene Entropie auf einem hinreichend niedrigen Niveau halten zu können.

    So in etwa stelle ich mir das vor…

    Aus alledem folgt, dass ich Lebewesen generell als informationsverarbeitende Systeme betrachte. Allein schon wegen des beschriebenen Zusammenhangs von Entropie und Information.

    » Die Informationen, die das Gehirn liefert, sind im Prinzip individuell oder subjektiv. «

    Da ist man gleich geneigt zu fragen: Wem liefert das Gehirn denn die Information? ;- )

  103. @ Elektroniker

    “Der „Nutz – Störabstand“ der Signale ist eben so wie er ist. Die wirklichen Mechanismen „verstecken“ sich hinter anderen nötigen Mechanismen”

    Das Problem geht viel früher los, nämlich damit dass keine allgemeine Einigkeit darüber besteht was das Signal und was Noise ist. Bei manchen Aspekten ja, bei anderen aber nicht.

  104. @ Philipp 07.01.2023, 20:56 Uhr

    Zitat: „Das Problem geht viel früher los, nämlich damit dass keine allgemeine Einigkeit darüber besteht was das Signal und was Noise ist. Bei manchen Aspekten ja, bei anderen aber nicht.“

    Ich meine, das Problem hat wesentlich 2 Ursachen.

    Einerseits dass in der Biologie tatsächlich mehrere „Signalarten“ auftreten, die nicht nur „unnützer störender Nebeneffekt“ sind, sondern vielfältige „echte Aufgaben“ (Nutzsignale, Prozesssteuerung, Erhalt der biologischen „Integrität“,….) haben, die man aber (noch) nicht vollständig kennt.

    Andererseits die „ganzheitliche“ Sichtweise, die derartige Details einfach nicht interessiert.

    Die Elektroniker/Informatiker haben ihr Konzept, Prozessor (Körper), Information (Geist), (also den Dualismus) nicht deswegen um den „Prozess“ erweitert, weil sie womöglich noch „religiöser“ als die Pfaffen sein wollten, sondern weil ihnen die Software um die „Ohren“ fliegen würde, wenn sie nicht penibel derartige „Trennungsregeln“ einhalten würden.

    Die Elektroniker haben es insoferne relativ einfach, weil sie selber immer wieder neue Signale (natürlich für bestimmte Aufgaben) in ihre Systeme eingeführt haben und die alle einen „Bezeichner“ haben, aus dem möglichst die Funktion erkennbar ist.

    Das möchte ich am originellen „interdisziplinären Beispiel“ der Interrupt („IRQ“) Signale aufzeigen: Das auslösende Ereignis wird Unterbrechungsanforderung (englisch Interrupt Request, IRQ) genannt. Nach dieser Anforderung führt der Prozessor eine Unterbrechungsroutine aus (auch Unterbrechungsbehandlung genannt, engl. interrupt handler, interrupt service routine oder kurz ISR).

    Sollte es „echte Probleme“ mit dem Signal / Rauschabstand geben, könnte man versuchen den Pegel so einregeln, dass möglichst viele „optimale (bekannte) Signalmuster“ (allenfalls mittels KI Auswertung) erzielt werden? Ich habe allerdings keine Erfahrung damit.

  105. @Balanus
    So, wie Sie das formulieren, gewinnt man den Eindruck, die Information entstünde erst während oder nach der Signalverarbeitung irgendwo in den Tiefen des Denkorgans.

    Genau so ist es!

  106. @Balanus
    Der Prozess der Signalverarbeitung selber erscheint dem Bewusstsein – dem Ich – als Information, wobei millionen Signale zeitlich parallel verarbeitet werden. Der Sehnerv zum Gehirn hat pro Auge 1,2 millionen Nervenfasern (Axone), d.h. die visuellen Stimuli der Außenwelt auf der Netzhaut sind auf all diese Nervenfasern verteilt.

    Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich unbewegliche Häuser, Bäume und eine WKA, deren Rotoren sich unentwegt drehen. Was genau ist nun die Information? Welche Information hätte ich im Zustand eines Neugeborenen?

    Wenn im Gehirn Signale statt fertiger Informationen verarbeitet werden, dann können sie zu verschiedenen Informationen zusammengefügt werden. Liegt darin das Geheimnis von Träumen, Halluzinationen oder der Spiritualität, wenn man die Augen schließt und sich der Wahrnehmung enthält?

  107. Sorry für offtopic, aber ich möchte nur noch kurz Elektroniker antworten.

    @ Elektroniker:

    “Sollte es „echte Probleme“ mit dem Signal / Rauschabstand geben, könnte man versuchen den Pegel so einregeln, dass möglichst viele „optimale (bekannte) Signalmuster“ (allenfalls mittels KI Auswertung) erzielt werden?”

    Normalerweise analysiert man ja keine Rohdaten, sondern die Daten werden intensiv vorverarbeitet. Allein die Möglichkeiten die Sie in der Vorverarbeitung einstellen und programmieren können sind quasi “endlos” und unterliegen stetiger Weiterentwicklung.

    Damit Sie eine Vorstellung bekommen: ich nutze ein aktuelles Macbook (ein sau schnelles Gerät) und die Vorverarbeitung beispielsweise von 30 gescannten fMRI Personen dauert ca. 35 Stunden am Stück während ich nichts tun kann, da der Laptop so lange benötigt um die Daten für die Analyse aufzubereiten.

    Nun gibt es aber nicht die optimale Vorverarbeitung, sondern bereits in der Vorverarbeitung legen Sie gegebenfalls bestimmte Schritte fest die damit zusammenhängen was Sie am Ende analysieren möchten, d.h. was Sie als Signal und was als Rauschen definieren. Man muss also für jede Analyse neu abwägen und verschiedene Personen nutzen dann auch mitunter verschiedene Einstellungen – je nach Präferenz, Erfahrung, Überzeugung, etc. Einen absoluten Standardweg gibt es meist nicht.

    Dazu kommt natürlich dass sich die Definition von Signal vs. Rauschen (ursprünglich ja von Wiener stammend) über die Zeit und bestimmte Paradigmen hinweg ändert. Neben der praktischen Seite kommt die Theorie ins Spiel.

    Da Sie das Thema im Bezug auf das Gehirn ja ebenfalls sehr zu interessieren scheint kann ich Ihnen ein Buch empfehlen. “Research methods in cognitive neuroscience” von Newman. Das Buch beschreibt als Einstiegswerk über knapp 640 Seiten alle gängingen Neuroimaging Methoden inklusive Einblicke in die jeweilige Signalverarbeitung. Das Buch ist wirklich sehr gut geschrieben und aufbereitet und eignet sich hervorragend guter Einstieg in die Materie.

  108. Das verbindende Element sind nicht die Atome, sondern es ist das Leben an sich , aus dem auch die Atome entstanden sind: https://www.academia.edu/47776276/Ursprung_und_Ziel_Wie_die_Evolution_weitergeht_
    Gegenüber der naturalistischen Weltanschauung, die uns beherrsacht, benötigen wir eine spirituelle Weltanschauung: https://www.academia.edu/62116179/Die_Notwendigkeit_einer_christlich_esoterischen_Weltanschauung.
    Nur so werden wir uns gegenüber den Manipulationen durch KI und genetischen Eingriffen behaupten können.

  109. @ Philipp 10.01.2023, 11:09 Uhr

    Danke für Ihre für mich interessanten Ausführungen.

  110. @anton reutlinger

    Bei einem Neugeborenen steckt das informationsverarbeitende System noch in den Kinderschuhen. Wobei es ohne die einströmenden Signale (Nervenimpulse codiert entsprechend den Umweltreizen) keine korrekte Entwicklung gäbe.

    Wenn man die Information im Gehirn an das Bewusstsein knüpft, bzw. an das bewusst werden der Sinneseindrücke und Gedächtnisinhalte, dann, so fürchte ich, gerät man leicht in Erklärungsschwierigkeiten wegen des unklaren Bewusstseinsbegriffs. Es riecht ein bisserl nach Restbeständen aus dualistischen Zeiten. Was vermeiden werden kann, wenn man die Sache rein biologisch angeht.

    Ob ich nun von Signalverarbeitung spreche oder von Informationsverarbeitung, das ist in meinen Augen gehüpft wie gesprungen. Neuronen können ohnehin nichts anderes als feuern und sich verknüpfen.

    Ach ja, fast vergessen: So was wie „fertige“ Informationen gibt es wohl nicht bei den neurophysiologischen Abläufen im Gehirn. Erstens basiert der bewusst gewordene Gedanke ja selber auch nur wieder auf den andauernden Nervenimpulsen, sprich Signalen, und zweitens scheint mir das nun wirklich eine recht willkürliche Bewertung zu sein.

    Anyway, Themenwechsel:

    Nebenan haben Sie Herbert Spencer zitiert. Ich habe versucht, heraus zu bekommen, woher das Zitat stammt—vergebens. In Spencers Social Statics jedenfalls konnte ich nichts finden, wenngleich es dort thematisch reinpassen würde (Erziehung der Kinder zu autonomen Personen). Dann wäre der Kontext ein völlig anderer, als Stephan Schleim hier vermutet hat.

  111. Neugeborene haben noch keine Informationen über die Welt. Sie sehen noch keine Häuser oder Bäume, sondern Figuren ohne Bedeutung. In einem Bootstrap-Prozess müssen sich allmählich die Bedeutungen bilden, durch fortlaufende Wiederholung, Variation und Kombination von Wahrnehmungen.

    Es ist wohl klar, dass in der Alltagssprache die Begriffe “Informationen”, “Daten”, “Signale” beliebig durcheinander gewirbelt werden, weil sie ständig präsent sind wie das tägliche Brot (obwohl wir nicht nur von Brot leben). Sie haben aber sehr wohl unterschiedliche Bedeutungen. Daten und Signale sind Teile von Informationen. Ein Signal kann den Zeitpunkt der Gültigkeit von Informationen bestimmen, z.B. der Startschuss zum 100m-Lauf. Ein Gewehrschuss würde eine ganz andere Information auslösen. Das heißt, eine “latente” Information – “in Kürze findet der 100m-Lauf statt” – kann durch ein Signal wirklich werden.

    Sie selber schreiben: “So was wie „fertige“ Informationen gibt es wohl nicht bei den neurophysiologischen Abläufen im Gehirn. Erstens basiert der bewusst gewordene Gedanke ja selber auch nur wieder auf den andauernden Nervenimpulsen, sprich Signalen, “. Sie bestätigen also die Signalverarbeitung im Gehirn. Wie und wo aus den Signalen die Informationen als Gedanken entstehen, das versuchen die Neurowissenschaftler zu entschlüsseln. Klar ist, dass dafür sehr viele gleichzeitige Signale notwendig sind, sowohl von den Sinnesnerven als auch vom Gedächtnis.

    Das Zitat von Herbert Spencer ist im Internet mehrfach zu finden, aber ohne die genaue Quelle bzw. das bezügliche Werk von Spencer.

  112. @Balanus
    Zur Rezeption von Herbert Spencer:

    Seit gut fünfzig Jahren wird der Name Herbert Spencer fast ausschließlich im Zusammenhang mit dem Begriff Sozialdarwinismus erwähnt, einer Bezeichnung für die mutmaßliche (pseudowissenschaftliche) Grundlage jeder Art von Politik, die einer ideologischen Legitimierung sozialer Ungleichheiten bedarf, sei es nun Eugenik, Rassismus, Kolonialismus oder Liberalismus. Der politische Liberalismus Spencers und seine Evolutionstheorie werden dabei in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem kruden Sozialdarwinismus zusammengezogen, der den theoretischen Kern der „synthetischen Philosophie“ in keiner Weise wiedergibt.
    [..]
    Keineswegs entspricht es jenen Vorstellungen von sozialdarwinistischem Gedankengut, aufgrund derer Spencers Schriften moralisch verdächtig erscheinen und gar nicht erst gelesen werden.

    Quelle: Das unliebsame System. Herbert Spencers Werk als Prototyp einer Universaltheorie

  113. @anton reutlinger

    Ihr Link funktioniert nicht, aber der lesenswerte (!) Aufsatz ist dank Google leicht zu finden. Umso erstaunlicher finde ich, dass man (bzw. ich) im englischsprachigen Internet nichts finden kann, was dem deutschen Spencer-Zitat auch nur nahe kommt. Sehr verdächtig…

    Auch in Spencers Social Statics, wo es u. a. ja viel um die Erziehung zu selbstbestimmten Menschen geht, wird man nicht fündig.

    Aber bei der Suche ist mir immerhin klar geworden, dass die von Stephan Schleim zitierten Spencer-Sätze schon aus dem Zusammenhang gerissen sind, und dass man bereits eine bestimmte Agenda haben muss, wenn man (als weißer Kolonialherr) mit Spencers Schrift menschenverachtende Taten rechtfertigen will (was aber nicht heißt, dass ich alles unterschreiben würde, was Herbert Spencer als Kind seiner Zeit so von sich gegeben hat im Zusammenhang mit Evolution und menschlichen Gesellschaften).

    Auf jeden Fall ist Stephan Schleims Lesart des angeblichen Spencer-Zitats völlig daneben.

    Interessanterweise gibt es einen ins Deutsche übertragenen kurzen Text, in dem die Begriffe: Mensch Opfer Schicksal Meister Bestimmung, hübsch beisammen sind. Es ist das Geleitwort von Bruce Lipton zu einem Buch von Rob Williams, dem Erfinder von PSYCH-K® (2011) — womit wir auch fast wieder beim Thema wären:

    Die Psychologie der persönlichen Veränderungen, die auf den folgenden Seiten dargestellt wird, ist ein gigantischer Schritt zur Befreiung unserer selbst von den Beschränkungen veralteter Konzepte. Sie zeigt, wie wir Meister unserer Bestimmung werden können, statt Opfer unserer Gene zu sein.
    […]
    Bruce Lipton, Ph.D.
    Zellbiologe und Autor von Intelligente Zelle

  114. @anton reutlinger

    Ich habe im Archiv gewühlt und noch folgende interessante Bemerkungen zu Spencer gefunden. Sie stammen von Peter J. Bowler von der ‚School of Philosophy and Anthropological Studies‘ der Queen’s University in Belfast, also von einem, der sich mit dem Thema ein bisserl auskennt:

    For Spencer, the interaction between individuals stimulated their efforts to adapt to the changing social and physical environment. He then invoked Lamarck’s concept of the “inheritance of acquired characteristics” to explain how these self-improvements accumulated over many generations, leading to biological evolution and social progress. Spencer’s self-improvement model of progress became immensely popular in the later 19th century, and because it too seemed to rely on struggle as the motor of change, it was often confused with the Darwinian mechanism. In fact, Spencer thought that all humans will eventually acquire the faculties needed to interact harmoniously with one another. But his occasional use of highly individualistic language allowed him to be perceived as the apostle of free enterprise. Much of what later became known as “social Darwinism” was, in fact, Spencerian social Lamarckism expressed in the terminology of struggle popularized by Darwin.

    [Hvm]

    Witzig finde ich, dass Bowler von „Selbstverbesserung“ (self-improvement) spricht, was der Zielrichtung des ominösen Zitats, das vermutlich gar nicht von Spencer stammt, doch ein bisschen nahe kommt.

  115. @Manfred Reichelt 17.01. 08:36

    „Das Schöne an der Spiritualität ist ja, dass sie positive Früchte über das begrenzte irdische Leben hinaus trägt und unser Leben im sogenannten Jenseits, sowie in einem der darauf folgenden Erdenleben mitbestimmt.“

    Naja, ich weiß nicht. Was soll ein doch recht biologisches Individuum im Jenseits mit sich anfangen, und was könnte man schon für ein folgendes Erdenleben sinnvoll mitnehmen? Entsprechend glaube ich weniger an eine persönliche Weiterexistenz. Aber um so mehr glaube ich, dass wir Teil einer Geisteswelt sind, und Teil davon bleiben, indem wir uns in ihr mit dem Tod wieder auflösen.

    Entsprechend sind die angesprochene positiven Früchte der Spiritualität eher eine Förderung des aktuellen Geisteslebens, und in unserer Verbindung miteinander wirksam. Und es geht natürlich auch um eine ganz konkrete Erhaltung von Natur, was ja grundlegend eine Voraussetzung für das Leben kommender Generationen ist. Genauso wie auch die Förderung von Kultur und Miteinander unter uns Menschen.

Schreibe einen Kommentar