Karl Popper über Religion und Gott
Serie Wissenschaft und Spiritualität: Was Metzingers “Helden” zum Thema sagen
- Teil 1: Spiritualität – aber nicht Religion? Wie sie in die Wissenschaft passen
- Intermezzo: Neue Studie: Gibt es einen Schaltkreis für Religion und Spiritualität im Gehirn?
- Teil 2: Wie passen Religion und intellektuelle Redlichkeit zusammen?
- Teil 3: Bewusstsein, Erleuchtung & Gott aus philosophischer Sicht
- Intermezzo: Sind Eltern unglücklicher als kinderlose Paare?
- Teil 4: Karl Popper über Religion und Gott
- Teil 5: Ludwig Wittgenstein und Jiddu Krishnamurti über Religion und Gott
- Intermezzo: Wie funktionieren überhaupt wissenschaftliche Erklärungen?
- Teil 6: Wissenschaft und Spiritualität: Ein verbindender Ansatz
Nach einer kurzen Pause – für mich hat im November ein Lehre-intensives Semester angefangen – wollen wir jetzt unsere Serie über Wissenschaft und Spiritualität wieder aufgreifen. Der vorherige Teil “Bewusstsein, Erleuchtung und Gott aus philosophischer Sicht” wird übrigens immer noch intensiv diskutiert und hat schon die 500er-Marke überschritten.
Zur Erinnerung: Thomas Metzinger, Seniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Mainz, beschäftigte sich in einem frei zugänglichen Essay (2013, eine überarbeitete englische Fassung erschien 2017) mit dem Verhältnis von Spiritualität, Wissenschaft und Religion. Anhand des Begriffs der intellektuellen Redlichkeit wollte er aufzeigen, dass, kurz gesagt, Spiritualität und Wissenschaft ein gemeinsames Erkenntnisinteresse verbinde, das der Religion fehle.
Zum Beispiel heißt es: “Wenn die Wissenschaft das Ideal der intellektuellen Redlichkeit aufgibt, ist sie genau deshalb keine Wissenschaft mehr, sondern eine neue Art von Religion” (Metzinger, 2013, S. 30). In diesem Zusammenhang diskutiert er die Forderung des berühmten Wissenschaftstheoretikers und politischen Philosophen Karl R. Popper (1902-1994), sich kritisch mit den Voraussetzungen, Argumenten und Evidenzen des eigenen Standpunkts auseinanderzusetzen. (Nebenbei: Ich las gerade Poppers Doktorarbeit aus dem Jahr 1928, in der er um das Leib-Seele-Problem geht. Dazu ein anderes Mal mehr.)
Von den vielen Philosophen, die Metzinger in seinem Essay diskutiert – gewissermaßen seinen Helden –, betrachten wir nun und in der nächsten Folge drei näher: Popper, Wittgenstein und Krishnamurti. Ergibt es Sinn, deren Gedanken in einem Zusammenhang zu verwenden, der sich in aller Schärfe gegen Religion richtet?
Karl Popper
Poppers Eltern waren zum Protestantismus konvertierte Juden. Sohn Karl hat kein religiöses Leben geführt, jedenfalls nicht im traditionellen Sinne, und sich öffentlich kaum über das Thema geäußert. Bei sorgfältiger Suche stößt man allerdings auf zwei Quellen:
Die erste ist ein Vortrag Poppers mit dem expliziten Titel “Wissenschaft und Religion” aus dem Jahr 1940 (Popper, 1940/2008). Diesen hatte der Philosoph für einen von ihm unterrichteten vierteiligen Kurs an der Universität in Christchurch, Neuseeland, angefertigt. Dorthin hatte er sich auf der Flucht vor den Nazis und dem Weltkrieg begeben. Andere zentrale Quellen für den Kurs stammten von zwei Pfarrern (namentlich einem J. M. Bates und einem W. M. Davies).
Die zweite Quelle ist ein Interview, das der Philosoph dem Rabbiner Edward Zerin im Jahr 1969 gab – tatsächlich unter der Bedingung, dass es erst nach seinem Tod veröffentlicht würde (Popper 1969/2008). Erstmals erschien es dann 1998 im “Skeptic Magazine”, dessen Ausgabe immer noch digital gekauft werden kann. In derselben Ausgabe beschäftigt man sich übrigens auch schon kritisch mit den Aussagen des heutigen Bestseller-Autors und spirituellen Multimillionärs Deepak Chopra.
Religiöser Agnostiker
In dem Interview bezeichnet Popper sich selbst als religiösen Agnostiker:
“Ich weiß nicht, ob Gott existiert oder nicht. […] Manche Formen des Atheismus sind arrogant und ignorant und sollten abgelehnt werden. Doch Agnostizismus – sich einzugestehen, dass wir es nicht wissen und zu suchen – ist in Ordnung.”
Popper 1969/2008, p. 49; dt. Übersetzung
Und später dann:
“Ich denke allerdings, dass alle Menschen, einschließlich meiner selbst, religiös sind. Wir glauben alle an etwas, das wichtiger und – es ist schwierig, die richtigen Wörter zu finden – ist als wir selbst.”
ebenda
Zwei Forscher von der Universität Barcelona – Amerigo Barzaghi und Josep Corcó – haben sich in einem Fachaufsatz ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie sich Popper und der Biologe und Wissenschaftshistoriker Stephen Jay Gould (1941-2002) zur Religion äußerten. Letzteren lassen wir hier außen vor, um es nicht zu komplex werden zu lassen.
Doch es ist sehr informativ, wie die Spanier die Position der beiden berühmten Denker zusammenfassen: “[…] [E]s kann klar festgestellt werden, dass Gould und Popper in dem Gedanken übereinstimmen, dass es keinen intrinsischen und unausweichlichen Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion gibt” (Barzaghi & Corcó, 2016, S. 419; dt. Übers.).
Komplementarität statt Konflikt
Im Einklang mit unserer Serie über Wissenschaft und Religion vom Anfang 2021 sollen also auch diese beiden einflussreichen Denker und Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts zum Ergebnis gekommen sein, dass die beiden Domänen einander nicht widersprechen müssen. Wichtig sei vor allem, dass wissenschaftliche Aussagen auf den wissenschaftlichen Bereich beschränkt bleiben und religiöse auf die religiöse Sphäre.
Das ist genau mein Standpunkt. Dazu Popper:
“Ich sehe das insbesondere im Fall jener Atheisten, die mit so viel Nachdruck behaupteten, dass sie an gar keine Religion glaubten: Ich vertrete den Standpunkt, dass diese Leute zweifellos in genau demselben Sinn religiös waren, in dem wir denjenigen den Besitz von Religion zuschreiben, die einem der vielfältigen Glaubensbekenntnisse folgen […]. Ich vertrete die These, dass auch wenn es viele Abstufungen im Glauben gibt – obwohl der Glaube sehr stark in manchen und eher schwach in anderen sein mag –, es wahrscheinlich niemanden ganz ohne Glauben gibt.”
Popper 1940/2008, S. 45; dt. Übers.
Auch die “wissenschaftliche Hingabe an die Wahrheit” nannte Popper eine “religiöse Haltung” (ebenda, S. 47). Umgekehrt lobte er das Christentum für die Verbreitung der Ansicht, dass wir alle Brüder und Schwestern sind, dass die Menschheit eine Einheit ist.
Das Ich und sein Gehirn
In dem Vorwort zu dem einflussreichen Buch “Das Ich und sein Gehirn”, das Popper zusammen mit dem Neurophysiologen und Nobelpreisträger John C. Eccles (1903-1997) schrieb, heißt es:
“Es kann jedoch hilfreich sein, gleich einen wichtigen Unterschied zwischen den Autoren zu nennen: einen Unterschied im religiösen Glauben. Einer von uns (Eccles) glaubt an Gott und das Übernatürliche, während der andere (Popper) als Agnostiker beschrieben werden mag. Jeder von uns hat nicht nur tiefen Respekt für die Position des anderen, sondern sympathisiert mit ihr.”
Popper & Eccles, 1977/1985, S. VIII; dt. Übers.
Die Vorstellung von Gott im Laufe unserer Kulturgeschichte wird im Buch über Ich und Gehirn tatsächlich sehr häufig angesprochen. Die tiefere Lektüre sei dem geneigten Leser überlassen. Wichtig für uns ist hier:
Karl Popper würde Metzingers Vorstellung von intellektueller Redlichkeit wohl vehement widersprechen. Popper äußerte sich nämlich nicht nur wohlwollend über Religion, sondern sah umgekehrt auch in bestimmten atheistischen und wissenschaftlichen Positionen religiöse Züge. Er schrieb jedenfalls mit Respekt und Interesse über religiöse Haltungen, anstatt sie, wie Thomas Metzinger, als unredlich und unethisch auszugrenzen.
Fazit
Popper bezeichnete sich selbst als religiös, wenn er sich auch nicht im traditionellen Sinne einer bestimmten Glaubensrichtung zuordnete. Angesichts der obigen Zitate kann man sich fragen, ob der heutige Gebrauch von “spirituell” seine Haltung vielleicht besser beschreiben würde.
Solche Definitionsfragen und den Bezug zu einem möglichen “transzendenten Trieb” haben wir in den ersten beiden Teilen der Serie ausführlich diskutiert (Teil 1, Teil 2). Allerdings verwendete Karl Popper das Wort “spirituell” in einem anderen Aufsatz aus demselben Jahr (“Ideal and Reality in Society”, 1940). Das legt zumindest den Verdacht nahe, dass diese Begriffe für ihn eine unterschiedliche Bedeutung hatten.
Für ihn gehörten Wissenschaft und Religion eindeutig zu unterschiedlichen Sphären: Erstere beschäftigt sich mit dem, was in der Welt der Fall ist; Letztere widmet sich dem Sollen, also der Moral. Außerdem äußerte er sich positiv über einige Religionen, darunter das Christentum. Daher mutet es merkwürdig an, ihn, wie Metzinger in seinem Aufsatz, gegen Religion in Stellung zu bringen.
Probleme entstanden laut dem berühmten Denker erst dann, wenn sich zum Beispiel Theologen mit ihrer Autorität über wissenschaftliche Sachverhalte auslassen – wie es noch im 19. Jahrhundert öfter vorkam, beispielsweise bei der Frage nach der Evolution und insbesondere der gemeinsamen Abstammung von Menschen und Tieren – oder umgekehrt Wissenschaftler sich beruflich über Moral äußern:
“Die Sphären von Wissenschaft und Religion stören einander nicht. Jeder Konflikt zwischen ihnen rührt von einer Grenzüberschreitung, von einer Seite zur anderen. Aber die Sphären der Religion und der moralischen Probleme decken sich zu einem sehr großen Teil.”
Popper 1940/2008, S. 48; dt. Übers.
Da Religionen inzwischen in vielen Ländern an Einfluss verloren haben, kann man sich fragen, inwiefern dieser Standpunkt noch aktuell ist. Woher stammen eigentlich unsere moralischen Vorstellungen, die über das hinausgehen, was der Gesetzgeber vorschreibt beziehungsweise im Strafrecht verbietet? Das ist eine gute Frage für die Diskussion.
Hier geht es zum nächsten Teil der Serie “Spiritualität & Wissenschaft”: Ludwig Wittgenstein und Jiddu Krishnamurti über Religion und Gott
Das könnte Sie auch interessieren:
- Einführung in die Serie über Naturalismus und Religion: Bewusstsein, Philosophie, Religion und Naturwissenschaft
- Wie ähnlich sind Tiere und Menschen?
- Spiritualität – aber nicht Religion? Wie sie in die Wissenschaft passen
- Wie passen Religion und intellektuelle Redlichkeit zusammen?
Referenzen
- Barzaghi, A. & Corcó, J. (2016). Stephen Jay Gould and Karl Popper on Science and Religion. Scientia et Fides, 4, 417-436.
- Popper, K. R. (1940/2008). Science and Religion. In: J. Shearmur, and P. N. Turner (eds.), After the Open Society: Selected Social and Political Writings, pp. 41-48. New York: Routledge.
- Popper, K. R. (1969/2008). Karl Popper on God: interview with Edward Zerin. In: J. Shearmur, and P. N. Turner (eds.), After the Open Society: Selected Social and Political Writings, pp. 48-52. New York: Routledge.
- Popper, K. R. & Eccles, J. C. (1977/1985). The Self and Its Brain (2nd Printing). Berlin: Springer.
Neu: Folgen Sie Stephan Schleim auf Twitter. Titelgrafik: Nato Pereira auf Pixabay.
Menschen hatten schon immer Augen im Kopf und das gleiche Gehirn wie wir. Und weil die Natur auf Wiederholungen beruht, und sowohl die Religion wie die Wissenschaft darauf, zu beobachten, Wiederholungsmuster zu suchen und sie sich mit einer höheren, jedoch verständlichen Logik zu erklären, enthält bereits Religion sehr viel Proto-Wissenschaft und physikalische Formeln in Bilderschrift – also Gleichnisse. Das Beispiel, das mir immer wieder einfällt, weil ich alle anderen vergessen habe, ist der Babelturm, der die Mechanismen der Entropie beschreibt. OK, eins noch: Die Erbsünde, der erste Ansatz zur Genetik und Psychologie, denn Menschen waren schon immer Sklaven ihrer genetisch dominierten Natur und haben sich dadurch ihr Leben kaputtgemacht.
Der Übergang muss einfach fließend sein, und, wenn man sich die Geschichte anschaut, war er es auch. Der Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft ist wie die Grenze zwischen USA und Mexiko: Da hat einer einen Zaun durch die Wüste gezogen, für den die Wüste keinen Anlass bietet: Hätte man sie allein für sich betrachtet, hätte man nie schlussfolgern können, dass da irgendwann ein Zaun hinkäme. Zwei Mem-Stämme kämpfen um den Lebensraum Hirn, die Reli-Neandertaler verteidigen ihr Siedlungsgebiet gegen die Wissenschafts-Cro-Magnons, doch um einander im Kampfgetümmel zu unterscheiden, brauchen sie schon sehr viel Kriegsbemalung und unterschiedliche Grunzlaute. Natürlich verwechseln sie etwas, was sie selber willkürlich auf die Karte pinseln, mit naturgegebener Realität, und natürlich ist es naturgegebener Realität völlig schnuppe. Und natürlich kommt es aufgrund dieser Ähnlichkeit auch vor, dass zwei einander zu sexy finden, um keinen Paarungsversuch zu starten.
Es ist auch ein Kampf zwischen den Hirnhälften, denn die Religion lädt schnöde Tatsachen mit Emotionen und Bedeutung auf, macht um jede Kleinigkeit einen Affenzirkus, besteht auf Samenergüsse und hysterische Anfälle wegen nichts. Die Wissenschaft hingegen sponsert ein Weltbild, das die Daten fast schon pathologisch emotionell entsaftet. Was eigentlich ein Geisteszustand ist, der es ermöglicht, sie aus der Distanz zu betrachten und die Zusammenhänge zu studieren, wird zum krampfhaft herbeigebeteten Dauerzustand, so wie sich die Buddhisten im Zustand von Dauermitgefühl zu halten versuchen. Im Grunde arbeitet jede Religion mit Hypnose der Macht: Wir spiegeln den Geisteszustand der Autoritäten. So wimmelt es in Asien von kleinen Buddhas, in Russland von kleinen, schrecklichen, von Albträumen geprägten Iwans und im Westen von lauter Möchtegern-Wissenschaftlern.
(Dämonologie, die Wissenschaft von kollektiven Geistern, die viele Menschen zu einer Einheit zusammenschweißen und sich nur in großen Zahlen manifestieren, ist ein so interessantes Forschungsgebiet, dass sie echt jemand gründen sollte. Russland zum Beispiel ist ein Staat gewordener Ödipus-Komplex unter Psychopathen, in dem der kleine Dschingis ständig seine Mama Katharina die Große zu schwängern versucht, weil die Pathologien und Neurosen von den staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen der Völker gespiegelt, konserviert, vererbt, weitergetragen wurden, und sich auf merkwürdige Weise verknüpften, wobei sie sich an ein Land anpassten, das die gigantische Eizelle Eurasien zu kolonisieren versucht, wofür ihm allerdings die technologisch-wirtschaftliche Potenz fehlt: Geister, auch die Geisteskrankheiten, neigen dazu, sich Leiber aus Fleisch, Blut, Stein und Metall zu basteln, in denen sie ewig leben, und die DNA ist nur einer von vielen Datenträgern. Nur so am Rande.)
Menschen sind nun mal dafür konzipiert, mit einer Religion als Betriebssystem zu arbeiten, und verbraten alles, was man ihnen vor die Nase setzt, zur Religion. Und wenn die Wissenschaft zur Religion wird, werden Wissenschaftler zu Priestern. Das heißt, Gruppendruck lässt sie in einen archetypischen Modus schalten, einen Geisteszustand des Bewahrers und Verteidigers des Stammeserbes, der Traditionen und der herrschenden Ordnung. Also genau das Gegenteil von dem, was ein Wissenschaftler sein sollte: Wissenschaft ist eine Religion des Zweifels. Sie muss so sehr an den Zweifel glauben, dass sie selbst den Zweifel und ihren Glauben daran anzweifelt.
Was dem Wissenschaftler vor allem nützt, ist die mönchische Tugend der Demut. Er unterwirft sich der Realität, den Daten, den Fakten, ist immer bereit, alles, was er zu wissen glaubte, alles, was er zum festen Bestandteil seines Ichs gemacht hat, mit einem Schulterzucken über den Haufen zu werfen, ganz egal, wie sehr es ihn verwirrt, wie sehr es weh tut, wie sehr es der Karriere schadet. Es hilft unheimlich, eine komplexbeladene arme Sau ohne Selbstwertgefühl zu sein, doch so jemand kommt zur Wissenschaft wie Religion, weil er Schutz und Halt bei etwas Größerem, Mächtigerem sucht, gewissermaßen eine Ich-Transplantation, er hat kein Selbst, also lässt er sich als Plug-in-Peripheriegerät von einer CPU vereinnahmen, die den Job per WLAN erledigt. Doch gerade so jemand muss besonders hart dagegen kämpfen, nicht zu einem unerträglichen, besserwisserischen Klugscheißer zu mutieren, sobald ihm auf Schritt und Tritt klar gemacht wird, dass er auf seinem Fachgebiet eine Autorität ist. Er muss sich der Rolle verweigern, die ihm die Menschen zuweisen, um der Rolle gerecht zu werden, die er gewählt hat. Als Mittler zwischen Menschheit und Natur steht er zwischen Allmacht des Universums und dem unwissenden Staub, und muss aufpassen, dass ihm die Sicherungen nicht genauso durchknallen, wie so ziemlich jedem Papst, Propheten, Ayatollah, Zaren von Gottes Gnaden oder Sektenführer bis jetzt.
Anders gesagt, er muss damit fertig werden, dass er irgendwann verbraucht ist, die Verehrung der Menschen ihn blendet, sodass er nicht mehr die Realität sieht, sondern nur noch lehren kann, was er gelernt hat – sei es wahr oder falsch. Er wird bespielt, dann zum Tonbandgerät in Dauerschleife, das Dinge predigen muss, bei denen es herzhaft egal ist, ob es selbst sie versteht, gewissermaßen zur katholischen Kirche auf zwei Beinen. Die gleichen Muster wiederholen sich in allen Größenordnungen und Variationen, die Welt ist ein Fraktal. Ohne das hermeneutische „Wie oben, so unten“ würden weder Wissenschaft noch Religion funktionieren, aber auch das Universum nicht.
Es ist die gleiche Sorte Menschen, die Wissenschaftler und Priester werden, sie haben das gleiche Hirn im Kopf, die gleichen Gefühle, die von der gleichen Welt geschaffen wurden, und sie studieren die gleiche Welt. Der Widerspruch schwindet völlig, wenn man die Kräfte des Universums live beobachtet. Ich kann den winzigen Aspekt eines Dämons herausschneiden, den blutigen Fleischfetzen Genpool nennen, ihn ins ruhige Labor nehmen und mit allerlei Skalpellen der Wissenschaft tranchieren, so ein toter Fetzen ist relativ harmlos. Aber ich kann die Dämonen auch live beobachten, quer durch die Geschichtsbücher, durch die Politik, die Gesellschaft, im Alltag. Dann kriegt man Lovecraftsche Zustände und macht den gaga Abdul Alhazred. Wer nicht bereit ist, auf ewig allein und isoliert im All zu schweben, irgendwo zwischen eiskalter Vernunft und purem Wahnsinn, dort, wo die beiden Augen in seinem Kopf stets um Kompromiss ringen, selbst nicht zu wissen, ob er irre geworden ist, oder alle anderen, ob er die Brille verloren hat oder alle anderen die Welt völlig falsch sehen – tut gut daran, sich eins dieser Augen auszureißen.
Und so entsteht die Trennung zwischen Religion und Wissenschaft – es ist einfach der Versuch, psychisch mit Dingen fertig zu werden, die man nur aus dem Augenwinkel betrachten kann, sonst verbrennen sie einen, nicht direkt in die Sonne zu starren. All unsere Welten, Gesellschaften, Staaten, Weltbilder, Religionen, Weltanschauungen, sind Mauselöcher, die uns schützen, indem sie uns nur zeigen, was wir sehen sollen, und nicht mehr Schatten der Wahrheit hereinlassen, als unbedingt nötig, damit sie funktionieren. Wir laufen in festen Bahnen, schauen kaum nach links und rechts, diese Achterbahnen-Knäuel machen unser sicheres Universum aus. Wir müssen einfach eine enorme Datenmenge filtern, die wir im Alltag nicht brauchen, um den Alltag zu bewältigen. Leute, die die Daten anders filtern, füllen meistens die Gummizellen, manchmal die Klöster, manchmal die Labore. Deswegen hielt man früher oft Wahnsinnige für Propheten – sie waren der Vorläufer des wahnsinnigen Wissenschaftlers, dem die Realität mehr Strom auf die Birne legt, als die Birne verträgt, doch sie gerade dadurch heller leuchten lässt. Die Gummizellen – nun ja, auch die Produktion von Propheten läuft mit Versuch und Irrtum und enorm viel Verschleiß und Fehlversuchen, wie die Produktion von Mikrochips.
Religion und Wissenschaft fallen zusammen, weil die Kräfte, die spirituelle Zustände verursachen, real sind. Die Religion will ihre Wirkungsmechanismen nicht kennen und sich nur blind ihrer Willkür unterwerfen. Die Wissenschaft will die Wirkungsmechanismen kennen, um sie zu kontrollieren, und meint, allein dadurch, dass sie Grimoires vollkritzelt, würden die Götter und Dämonen exorziert und beschworen. Doch sie ist kein Bürokrat, der die Mechanismen eines Staates festlegt, sondern ein Zauberlehrling, der seinen Lehrer zu wenig versteht, um seine Macht zu respektieren. Das Universum zu studieren ist, wie mit einem Weißen Hai tauchen: Ihn zu verstehen hilft, nicht gefressen zu werden. Durch das Verstehen die Ehrfurcht zu verlieren, hilft, gefressen zu werden.
Nach diesem Beitrag helfen weder Religion noch Wissenschaft, hier hilft nur noch ein Slivovitz. Den hast du vergessen, Paul S.
[Ich glaube, es hat mehr Sinn, den Schnaps vor der Lektüre seines Gastkommentars zu verzehren. S. Schleim]
Stephan Schleim schrieb (01. Dez 2022):
> […] Karl Popper […] Für ihn gehörten Wissenschaft und Religion eindeutig zu unterschiedlichen Sphären: Erstere beschäftigt sich mit dem, was in der Welt der Fall ist; Letztere widmet sich dem Sollen, also der Moral.
Mit dem Problem, wie denn überhaupt herausgefunden werden sollte, was “in der Welt der Fall ist”, hat sich Popper demnach (konsequenterweise) nicht beschäftigt. …
Karl Raimund Popper ist für mich maßgebend. Aber in diesem Punkt halte ich seine Ansicht für falsch: “Ich denke allerdings, dass alle Menschen, einschließlich meiner selbst, religiös sind.” Auch nach gründlicher Prüfung habe ich in mir keinen Glauben entdecken können “an etwas, das wichtiger ist als wir selbst”. Popper hatte sicher nicht etwa Irdisches im Sinn wie die eigenen Kinder oder die Nation.
Karl Popper über sein Verhältnis zu John Eccles: “Es kann jedoch hilfreich sein, gleich einen wichtigen Unterschied zwischen den Autoren zu nennen: einen Unterschied im religiösen Glauben. Einer von uns (Eccles) glaubt an Gott und das Übernatürliche, während der andere (Popper) als Agnostiker beschrieben werden mag. Jeder von uns hat nicht nur tiefen Respekt für die Position des anderen, sondern sympathisiert mit ihr.”
Die Frage ob es Gott gibt, interessiert den Skeptiker nicht. Für mich hat die Trennung der zwei Lehrbereiche Überzeugungskraft: NOMA (Non Overlapping MAgesteria). Gleichzeitig erkenne ich die Wirkmächtigkeit des Glaubens an. Glaubensgemeinschaften spielen unleugbar eine Rolle in den Sozialgefügen unserer Welt – oft positiv, manchmal negativ. Der Respekt gilt vielleicht der gemeinschaftsbildenden Kraft der Religion und weniger der Tatsache, dass ein Gläubiger ihr folgt. Popper hat sicherlich Respekt vor dem Nobelpreisträger Eccles, aber vor dessen Glauben? Ich weiß nicht. Toleranz ist vielleicht das passendere Wort. Der Respekt vor Eccles führte möglicherweise auch dazu, dass sich Popper zu einer Art Dualismus hat verführen lassen, den ich befremdlich finde. Er hält es “für berechtigt und nützlich, zwei Arten in Wechselwirkung stehender Zustände (oder Ereignisse) zu unterscheiden, physikalisch-chemische und psychische” (Objektive Erkenntnis, 1973, S. 279).
“Unredlich und unethisch” würde ich eine religiöse Haltung keinesfalls nennen.
@Frank Wappler
Nun, ich denke schon, dass Karl Popper ein aufmerksamer Beobachter war und sah, „was in der Welt der Fall ist;“
Siehe dazu auch den Essay „Die moralische Verantwortlichkeit des Wissenschafters“, „der der Frage nachging, wie sich verhindern lässt, dass die Wissenschaft von der Politik vereinnahmt wird. Er ist heute so zukunftsweisend wie damals.“
@Timm:
“Der Respekt vor Eccles führte möglicherweise auch dazu, dass sich Popper zu einer Art Dualismus hat verführen lassen, den ich befremdlich finde.”
Vor einiger Zeit hatte ich die Möglichkeit das Eccles Archiv in der Uni Düsseldorf zu besuchen. Das Archiv enthält u.a. alle Bücher von Eccles bzw. seine Bibliothek, alle Briefe (u.a. Briefe die im Austausch mit Popper entstanden), etc.
Daher konnte ich sehen welche Bücher Eccles gelesen hat und interessanterweise schrieb er in viele Bücher eigene Kommentare nieder (beispielsweise in etwa “was für ein Haufen Unsinn” in ein Buch von Daniel Dennett, der Eccles Position natürlich entgegensteht).
Ich setzte mich also an Eccles originalen Schreibtisch und las auch etwas in Eccles Briefen über Popper sowie den Briefverkehr mit ihm. Basierend darauf hatte den Eindruck dass Eccles und Popper sich gegenseitig relativ stark beeinflusst hatten. Eccles drückte beispielsweise eine sehr starke Begeisterung für Poppers Wissenschaftsphilosophie aus. Gleichzeitig las Eccles nicht nur naturwissenschaftliche Fachliteratur, sondern auch sehr viel Philosophie. Egal was man von Eccles Position hält, er war auch in der Philosophie (des Geistes) wohl gut belesen, wenn nicht sogar besser als Popper.
Interessant.
Frank Wappler,
„was der Fall ist“
Ein Richter beurteilt einen Fall nach dem Äußeren, aber auch nach den Motiven.
Sind die der Fall ? Auf jeden Fall, denn nach den Motiven bemisst sich das Strafmaß.
Wenn es nach Wittgenstein ginge und das Motiv im Dunkeln bleibt, dann sind die Motive nicht der Fall. Im Prinzip war Wittgenstein kein Philosoph im herkömmlichen Sinne, er war eher der Totengräber der Philosophie. Das nur am Rande.
Aber , die Denkweise W. war nützlich, denn man muß über seine Traktate nachdenken und kommt an den gleichen Eckpunkt, nämlich , ist Religiosität im weiteren Sinne der Fall.
(Nebenbei: Ich las gerade Poppers Doktorarbeit aus dem Jahr 1928, in der er um das Leib-Seele-Problem geht. Dazu ein anderes Mal mehr.)
(Zitatende)
Ich nehme an, “man kennt auch” das folgende Werk von 1977 (Deutsch1982)
(700 Seiten !). Ich glaube, ich hatte hier irgendwo schonmal darauf hingewiesen.
Karl.R. Popper / John C.Eccles : “Das Ich und sein Gehirn”
( Deutsch im Piper Verlag ,1977)
in dem Popper eine (relativ milde?) Gegenposition zu Eccles einnimmt.
Zitat daraus:
“Wir sind beides Dualisten -genauer Pluralisten – und Anhänger der Theorie der Wechselwirkung. Wir hoffen, voneinander gelernt zu haben.”
@ littleLouis
Sehen Sie,deswegen bin ich ein Fan0 der Komplementarität.
Jede These/Hypothese vs Antithese beinhaltet begründeten Glauben.
Hegel’s Diskursproblem.
@ Timm Grams 01.12.2022, 15:50 Uhr
Zitat: „Der Respekt vor Eccles führte möglicherweise auch dazu, dass sich Popper zu einer Art Dualismus hat verführen lassen, den ich befremdlich finde.“
Ich würde Ihre Aussage „zu einer Art Dualismus hat verführen lassen“ so interpretieren, dass sie der Idee von „Descartes Leib-Seele-Dualismus“ zumindest kritisch gegenüberstehen?
Ich nehme an, dass Sie ein maßgeblicher Forscher (mit diesem Namen) im Zusammenhang mit Computer Simulationsprogrammen sind.
In der Technik „geht“ nicht viel mehr, als z.B. eine technische, reale elektronische Schaltung (samt Mess- und Prüftechnik) als „Mathematische Abstraktion“ (sozusagen nur „geistig“) im Computer und völlig „abgetrennt“ von der Hardware „abzubilden“. Am Bildschirm können Techniker mit der „Abstraktion“ arbeiten, wie mit der realen Technik. (Diese Bemerkung für mitlesende Nicht Insider).
Derartiges wurde ehemals von „Antidualisten“ strikt abgelehnt, weil es unmöglich wäre „geistiges“ von der „Hardware getrennt“ zu behandeln, geistiges wäre absolut untrennbar mit der Hardware verbunden, deswegen der „Descartes Leib-Seele-Dualismus“ prinzipiell falsch.
Mich würde besonders Ihre Sicht in diesem Zusammenhang interessieren?
Zitat: „“Unredlich und unethisch” würde ich eine religiöse Haltung keinesfalls nennen.“
Ich vermute, Herr Metzinger „spielt darauf an“, dass z.B. Pfarrer selber nicht so recht an eine „Seele“ glauben, aber diese Sicht vertreten müssen.
Grams: Popper & Religion
Popper hat hier – war das 1940 im Vortrag oder in den 1960ern im Interview? – tatsächlich eine All-Aussage formuliert, die sich mit nur einem Gegenbeispiel formulieren ließe. Diese Ehre könnten Sie sich vielleicht zuschreiben.
Vielleicht könnte man auch erst noch genauer analysieren, was Popper mit “alle sind irgendwie religiös” meint.
Hier gehe ich allerdings nicht mit. Wenn wir nicht einmal die Worte eines kritischen Rationalisten ernst nehmen können, wessen Worte dann überhaupt?
Das ist halt der Vorteil: Als Agnostiker kann man auch mit Gläubigen ein Buch zusammen schreiben.
@Mona: Popper & Gegenwart
Ja: Demokratie vs. Totalitarismus ist heute (leider) wieder ein an Aktualität kaum zu überbietendes Thema. Das hat Popper sehr intensiv beschäftigt. Daher: Die offene Gesellschaft – und ihre Feinde.
@Philipp: Eccles
Ach, schon wieder eine Gemeinsamkeit!
(Aber an Gott oder Eccles “Psychonen”, über die die “Seele” mit dem Gehirn interagiert, glaube ich darum trotzdem nicht. Darum ging es gerade heute noch in der “Philosophy of Psychology”-Vorlesung.)
P.S. Aber Dennett hat ja nicht nur Unsinn fabriziert, sondern sogar ganze Experimente erfunden – und die Welt schrieb es einfach von ihm ab.
@ Grams
Carl-Friedrich von Weizsäcker hat sich mit Bohr über über das Problem auseinandergesetzt.
Mir fehlt momentan die Verbindung zu Popper aus diesem Gedanken.
Gibt es da Verbindungen?
@Louis: Eccles & Popper
Inwiefern sind das jetzt Gegenpositionen?
Ich habe Das Ich und sein Gehirn nur in Auszügen gelesen; vielleicht im Ruhestand den Rest.
Es behandelt halt in großen Teilen die westliche Ideengeschichte.
Ich ziehe meinen letzten Kommentar zurück, weil ich aus lauter Eile den Kommentar noch vor den Abendnachrichten schreiben wollte , ohne den Text zu Ende gelesen zu haben. War dann aber so neugierig, dass ich doch weitergelesen habe. Sorry.
ui…hier geht es gerade rund…herrlich…
Ja: Demokratie vs. Totalitarismus ist heute (leider) wieder ein an Aktualität kaum zu überbietendes Thema. Das hat Popper sehr intensiv beschäftigt. Daher: Die offene Gesellschaft – und ihre Feinde.
(Zitatende)
Leider wurde Popper aber seit den 1960er Jahren vom Linksliberalismus , vor allem aber auch vom Ego- Liberalismus und vom Neo-Liberalismus als poltische Waffe gegen alles “Linke” in gewisser Weise “mißbraucht”. Und das bis heute.
Schon in den 1970er Jahren haben SPD- Intellektuelle darauf hingewiesen, dass man Popper nicht durchweg als “Linkenhasser” darstellen kann.
Zu “Marktfragen hatte er eine, glaube ich, recht differenzierte Einstellung.
“Revolutionäre” Einstellungen lehnte er zwar aus einer Art von “pazifistischer” Einstellung heraus strikt ab. Er war aber trotzdem kein “Marx- Hasser” und erkannte dessen Analysen der “Sozialen Misere” der Arbeiterschaft ” durchaus an . Und Marx als Philosophen. Nicht aber dessen teleologische Geschichtsphilosophie, die er strikt ablehnte und auch für die späteren Fehlentwicklungen bis hin zum Autoritarismus und Totalitarismus verantwortlich machte.
Soviel nur mal kurz zum Thema. Denn jetzt schau ich einen TV- Philosophen mit dem Namen “Scobel”.
Warum gibt es Gegenposotionen?
Die physikalische vs mentale Kernfrage?
herrlich…
@Stephan Schleim 01.12.2022, 19:37 Uhr
Selbstverständlich kann man auch als Agnostiker mit Gläubigen ein Buch schreiben. Ich habe den Eindruck, dass Popper dem Sog in eine Richtung nachgegeben hat, die seinem ursprünglichen Ansatz aus Logik der Forschung im Grunde zuwiderläuft. Das ist nicht weiter schlimm, aber es verwirrt mich. Andere ebenfalls.
@ Schleim
Ich würde mal salopp sagen, daß sich aus dem Zusammenleben einer Gruppe von Trockennasenaffen Regeln entwickelten, um das Zusammenleben erträglicher für die Gruppe zu machen. Da muß der einzelne Affe auch mal zurückstecken. Im Volksmund heißt das: “stell dir vor, es würde jeder so machen.” -ein Prüfstein für moralisches Handeln, dem Kant mit seinem Imperativ wohl zustimmen würde, da es eben nicht die goldene Regel ist. Braucht es da Religion? Ich meine nein!
Wie ist es aber mit dem Ausgleich zwischen dem Individuum und seinen Bedürfnissen und der Gruppe bestellt? Folge ich mir, so ist es Hybris, folge ich der Gruppe, so ist es die Form einer Sklavenmoral (->Nietzsche). Ist hier Religion vielleicht nötig? Ich meine ja. “Das geknickte Rohr will ich nicht brechen, den glimmenden Docht nicht auslöschen.” Doch gleichzeitig ist der Verweis auf Gott eine der wenigen Möglichkeiten, dem Größenwahn einerseits und dem blinden Folgen einer Gruppe anderseits zu entgehen.
@Paul S 01.12. 12:24
„Religion und Wissenschaft fallen zusammen, weil die Kräfte, die spirituelle Zustände verursachen, real sind. Die Religion will ihre Wirkungsmechanismen nicht kennen und sich nur blind ihrer Willkür unterwerfen. Die Wissenschaft will die Wirkungsmechanismen kennen, um sie zu kontrollieren, und meint, allein dadurch, dass sie Grimoires vollkritzelt, würden die Götter und Dämonen exorziert und beschworen.“
Das spricht mir aus der Seele. Es lohnt sich immer wieder, Paul S zu lesen.
“Ich weiß nicht, ob Gott existiert oder nicht. […] Wir glauben alle an etwas, das wichtiger und – es ist schwierig, die richtigen Wörter zu finden – ist als wir selbst.”
Popper 1969/2008, p. 49; dt. Übersetzung
Und darüber, dass jemand “nichts” weiß, machen wir so viele Worte?
Dabei hat meines Erachtens Herr Popper auch noch einen Denk”fehler” in seiner Argumentation, aus meiner Sicht sollte der Satz so lauten:
“Wir glauben alle an etwas, von dem wir glauben, dass es wichtiger und – es ist schwierig, die richtigen Wörter zu finden – sei als wir selbst.”
Ich habe hier schon mal die Religiosität als Kollateralschaden der Menschwerdung bezeichnet, entstanden in dem Moment, als wir uns des “morgen” und “übermorgen” im Hinblick auf unser fragiles tägliches Dasein bewusst wurden. Das zu wissen/anzunehmen hindert mich nicht, meinem “Konstruktionsfehler” nachzugeben und in gewissen Sinne spirituell oder religiös zu sein, “credo quia absurdum est” sozusagen, aber umgekehrt zum Original.
Wenn wir sehen, dass unsere Vorfahren sowohl die feinen Feuersteinklingen an Speeren und Pfeilen hatten und daneben die Flöte aus Schwanenknochen, könnten wir vielleicht sagen, dass Wissenschaft/Technik etwas für den Magen, die Spiritualität/Religiosität etwas für das Gefühl ( körperlich: Gehirn ) ist. Der Magen fühlt sich wohl, wenn er mit nahrhafter Speise gefüllt ist, das Gehirn fühlt sich wohl, wenn es glauben kann, dass “da etwas ist, was aufpasst” – und wenn sich beide wohl fühlen, fühlt sich auch der Mensch wohl.
Zum besseren Verständnis: das Zitat aus Jesaja ist ein Zugeständnis an die Sklavenmoral. Die Herrenmoral aber muß sich einem Gotte beugen, da sie sich sonst selbst überhöhen würde. Eine Moral muß, wenn sie denn wirken soll, immer über den Menschen hinausweisen. Ohne Gott bleibt die Moral auf Seiten der Herrschenden eine Herrenmoral, auf Seiten des niederen Volkes eine Sklavenmoral! Nicht im Sinne Nietzsches! Nietzsche lebte in der Tradition des humanistisch gebildeten Menschen. Wir heute leben in der Tradition des für den Wirtschaftsmarkt ausgebildeten Menschen. Das ist ein wesentlicher Unterschied! Daher verstehen wir die alten Meister auch kaum noch.
Physik (mittels des neuronalen Substrats des Bewusstseins und/bzw. Computern) sowie auch intellektuelle/spirituelle Kreativität:
https://www.youtube.com/watch?v=uOJCS1W1uzg
Popper hat mit seinem Falsifizierbarkeitskriterium die zwei Reiche getrennt: Wissenschaft einerseits und Metaphysik andererseits. Wenn er davon spricht, “zwei Arten in Wechselwirkung stehender Zustände (oder Ereignisse) zu unterscheiden, physikalisch-chemische und psychische”, dann formuliert er eine nicht prüfbare, also metaphysische, Aussage. Dabei spricht er von Wechselwirkungen, die sich eigentlich empirisch untersuchen lassen müssten. Metaphysik suche ich in der Bibel oder im Corpus Hermeticum, nicht aber bei Popper.
Karl Popper sieht sich als ehrlichen Makler zwischen Wissenschenschaft und Religion. Doch in Wirklichkeit hat er einen Grenzzaun gezogen, der Falsifizierbarkeit heißt und unüberwindlich ist.
Zur Erinnerung: “Das Falsifikationsprinzip verlangt, dass Theorien/ Hypothesen so formuliert sein müssen, dass sie einer empirischen Prüfung zugänglich und prinzipiell widerlegbar sind.”
Und dieses Prinzip wir eben in der Mehrzahl so verstanden, Gott ist einer empirischen Prüfng nicht zugänglich, deshalb gibt es ihn nicht.
Noch konkreter wird Karl Maier, der die Religion als Kollateralschaden der Menschwerdung bezeichnet.
Herr Maier, gehts noch ? Den frühen Christen verdanken wir den Humanismus, die Achtung vor den Schwachen und Hilfsbedürftigen.
Den Glaube an Gott fühlen viele Menschen real, und Gott ist real.
@Jeckenburger:
Das ist genau die Problematik: Wissenschaft basiert auf Empirie (und in der Folge natürlich auch auf den damit konstruierten Theorien).
Religion dagegen basiert auf einer subjektiven Idee oder persönlichen ‘Erfahrung’ bzw. Gefühl.
Das erste lässt sich empirisch und/ oder logisch begründen, das zweite entspringt einer subjektiven Beliebigkeit.
Wo soll denn hier eine Verbindung bestehen?
Im Grunde ist es unredlich, Religion wissenschaftlich begründen zu wollen.
In der Psychiatrie sitzen übrigens genug Leute, die eine persönliche Erscheinung haben. Wo wollen Sie da die Grenze ziehen.
@ Timm Grams
Ich nehme an, dass Sie der Simulationswissenschaftler Timm Grams sind.
Der derzeitige wissenschaftliche Mainstream ist offensichtlich gegen „Descartes Leib-Seele-Dualismus“, der für mich praktisch auch ein Hardware–Software–Dualismus ist. Es ist nicht einfach, sich dieser Sichtweise entgegen zu stellen. Persönliche „Weltbilder“ könnten erschüttert werden, da ist „Feingefühl“ angebracht.
Andererseits, mehr Trennung in Hardware-Software, als es die Simulationsleute, wenn sie eine technische, reale elektronische Schaltung (samt Mess- und Prüftechnik) als „Mathematische Abstraktion“ (sozusagen nur „geistig“) im Computer und völlig „abgetrennt“ von der Hardware „abbilden“, kann es fast nicht geben. Am Bildschirm können Techniker mit der „Abstraktion“ arbeiten, wie mit der realen Technik.
Derartiges wurde ehemals von „Antidualisten“ strikt abgelehnt, weil es unmöglich wäre „geistiges“ von der „Hardware getrennt“ zu behandeln, geistiges wäre absolut untrennbar mit der Hardware verbunden, deswegen der „Descartes Leib-Seele-Dualismus“ prinzipiell falsch.
Mich würde besonders Ihre Sicht in diesem Zusammenhang interessieren?
Mona schrieb (01.12.2022, 16:06 Uhr):
> Nun, ich denke schon, dass Karl Popper ein aufmerksamer Beobachter war und sah, „was in der Welt der Fall ist;“
Jedes Individuum (wie du oder ich oder Popper) mag ja seine jeweilige “Welt” mehr oder weniger aufmerksam “sehen”; und solche individuellen Wahrnehmungen sind unbestreitbar „in der Welt der Fall“.
Aber (und da kommt das eventuelle “Sollen” wieder ins Spiel):
Sollte das etwa alles sein, „was in der Welt der Fall ist“ ?
> Siehe dazu auch den Essay „Die moralische Verantwortlichkeit des Wissenschafters“ [ https://schweizermonat.ch/die-moralische-verantwortlichkeit-des-wissenschafters/ … ]
Dass dieser Essay mit dem o.g. Problem zu tun hätte, wie denn überhaupt herausgefunden werden sollte, was “in der Welt der Fall ist”, kann ich nur an einer einleitenden Stelle erkennen; nämlich
Popper hat darin offenbar das besonders in der Wissenschaft relevante “Sollen” immerhin benannt. (Da hab ich schon wieder was — recht Unerwartetes — gelernt; vielen Dank!)
Aber hat er sich mit konkreten Ausprägungen des “Suchens nach Wahrheit” beschäftigt ?
Hat Popper verlangt: “Jedes konkrete Vorhaben, nach wissenschaftlicher Wahrheit zu suchen, muss falsifizierbar sein.” ? — Oder hat er das nicht ?
Frank Wappler,
Das Suchen nach Wahrheit, nennen wir es einfach Neugier, das muss nicht verifizierbar sein auch nicht falsifizierbar, es gehört zum Wesen der Neugier, dass sie grenzenlos ist .
Mit der Entdeckung der Atomkraft hat der Mensch eine Grenze überschritten, die es ihm ermöglicht, die bewohnbare Welt zu zerstören.
Robert Oppenheimer hat es hinterher bereut, die Wasserstoffbombe gebaut zu haben. Die Gentechniker werden es auch bereuen wenn in 100 Jahren die ersten Chimären unsere Erde bewohnen, Lebewesen mit festgelegter Anzahl von Zellen, die es ihnen ermöglicht in einer radioaktiv belasteten Umwelt zu leben aber mit einer Teilintelligenz von Menschen. (man erlaube mir die apokalyptischen Phantasien).
Wer setzt dann der menschlichen Neugier die Grenze ?
Was würde Popper über die Zukunft der Menschheit sagen ?
@Louis: Poppers Politik
Ich finde Popper weder explizit “links” noch “rechts”, sehe mich selbst so und bin prinzipiell gegen dieses Lagerdenken.
Deshalb könnte ich wohl auch nie gut in einer politischen Partei funktionieren: Weil es mir nicht darum geht, das Gegenüber zu besiegen (Rhetorik), sondern die besten Argumente und Gründe zu finden – das ist für mich Philosophie und Wissenschaft.
@Grams: Popper & Religion
Wir wissen beide nicht, was in seinem Kopf vorging.
Ein Fakt ist, dass er seinen Kurs/seine Vorlesung über Religion aus dem Jahre 1940 wohl eher nicht an die große Glocke gehängt hat; und er wollte, dass das Interview erst nach seinem Tod veröffentlicht wird. Dafür wird es Gründe geben – vielleicht ein wahrgenommenes religionsfeindliches Klima in Wissenschaft & Philosophie?
Fakt ist aber eben auch, dass er sich in “Das Ich und sein Gehirn” eben explizit mit Respekt und Bewunderung über Eccles’ Glauben äußert.
Ich versuche, mich (anders als Metzinger) mit Respekt über religiöse Strömungen zu äußern. Das bedeutet für mich Toleranz. Darum kann (und soll) man natürlich trotzdem Instrumentalisierung religiöser Lehren oder Missbrauch in solchen Strukturen kritisieren und bestrafen.
Mir sind aber auch viele Leute aus dem Bereich der Theologie begegnet – einem habe ich gerade einen akademischen Geburtstagsgruß gewidmet –, die mit ihrem “Gottvertrauen” eine bestimmte, bewundernswerte Ausstrahlung haben.
In mir ist kein Glauben an so einen persönlichen Gott; die Bewunderung für das Alles habe ich inzwischen aber auch gefunden – oder entwickelt.
@Hilsebein: Religion & Moral
In einer ausweglosen Situation kann einem der Glaube an ein paradiesisches Jenseits vielleicht beim Durchhalten helfen – umgekehrt können Belohnung & Sünde natürlich Mittel sein, Menschen zu kontrollieren.
Insofern dürfte es auch bei den frühen christlichen Sklaven zwei Tendenzen gegeben haben. Der unerschütterliche Glaube an spätere Gerechtigkeit kann einen auch zum Märtyrer machen. Nach dem Ersten des Christentums bin ich zufällig benannt.
P.S. Und in der Philosophie war das im frühen 20. Jahrhundert eine wichtige Diskussion, ob wir Moral ohne Religion haben können, wohl auch unter dem Eindruck von Nietzsches “Gottes Tod”. Ein interessantes wie komplexes Thema.
@Maier: Ihre Ergänzung halte ich für nachvollziehbar. Man sollte aber auch der (empirischen) Tatsache ins Auge sehen, dass es nicht nur immer mehr religiöse Menschen auf der Welt gibt, sondern sich auch das Verhältnis von Religiösen zu Nichtreligiösen verschiebt – zugunsten der Religiösen.
Das könnte man im atheistischen/naturalistischen Lager endlich einmal zur Kenntnis nehmen.
@Grams: Metaphysik
Man kann wohl kaum eine Drei-Welten-Lehre vertreten, ohne Metaphysik zu betreiben; Popper war aber halt auch kein Vertreter des Wiener Kreises (mit ihrem Positivismus), sondern einer deren Kritiker.
Um mir solche Probleme zu ersparen, interessiere ich mich mehr für Erkenntnistheorie als für Ontologie.
@fauv: Kurzschluss
Erst geben Sie Poppers Falsifikationskriterium richtig wieder (dessen Bedeutung in der wiss. Praxis übrigens begrenzt ist) und kommen dann doch auf diesen argumentatorischen Kurzschluss (Denkfehler):
Nein! Aussagen über Gottes Existenz sind nicht falsifizierbar – und deshalb nicht wissenschaftlich.
@Stegemann: Empirie
“Empirie”, schauen Sie mal ins Wörterbuch, rührt aber ursprünglich auch von Erfahrung: Wissenschaft soll eben auf Erfahrung (Beobachtung) der Welt beruhen, nicht auf philosophischer Spekulation.
Die Erfahrungen von Wissenschaftlern sollen zählen, die von religiösen Menschen aber nicht?
Diesen Standpunkt kann man vertreten – dafür braucht man aber eine zusätzliche, philosophische Annahme über die gültige Erkenntnisquelle der Welt (z.B. den wissenschaftlichen Realismus mit einem erkenntnistheoretischen Optimismus).
Sie entstammen nicht nur aus anthropologischer Sicht dem Fortpfanzungsgedanken.
Karl Popper war übrigens den Islam meinend sparsam, hat da womöglich nie Worte heraus gebracht.
@Schleim:
Genau das meinte ich!
@Stegemann 02.12. 10:34
„Das erste lässt sich empirisch und/ oder logisch begründen, das zweite entspringt einer subjektiven Beliebigkeit.“
Erfahrungen sind doch nicht gleich beliebig, nur weil verschiedene Menschen in verschiedenen Lebenslagen verschiedene Erfahrungen machen. Klar sind so manche persönlichen Erfahrungen auch selten und nicht verbreitet. Aber damit noch lange nicht beliebig.
Manche Erfahrungen taugen so wie sie sind nicht zu Wissenschaft, d.h. zu Allgemeingut. Aber man nutzt sie dann eben selber. Was haben Sie dagegen?
„In der Psychiatrie sitzen übrigens genug Leute, die eine persönliche Erscheinung haben. Wo wollen Sie da die Grenze ziehen.“
Da sagen Sie was. Man kann auch richtig Probleme mit seinen eigenen Erfahrungen haben. Ein wichtiges Faktum ist, ob man mit seinen Erfahrungen selber zurecht kommt. Nicht, ob man Wege findet, dass es von der Wissenschaft erfasst und brauchbar eingeordnet wird. Und es spielt auch keine Rolle, was Leute dazu sagen, die meinen, dass man bestimmte Erfahrungen gar nicht machen kann, weil die Wissenschaft sagt, dass das nicht geht.
Geht eben doch. Und wenn es Halluzinationen sind, auch das sind markante Erfahrungen, die man erstmal integrieren muss.
Ich hab die Welt nicht erfunden, und verstehe auch nicht, wieso menschliche Erfahrungen so verschieden sein können. Aber ich arbeite dann doch mit dem, was eben da zu sein scheint. Wenn sich hieraus ganze Religionen bilden, ist das doch beachtlich, finde ich. Da kann man sich doch durchaus mit beschäftigen.
@Stephan 02.12. 11:52
„In mir ist kein Glauben an so einen persönlichen Gott; die Bewunderung für das Alles habe ich inzwischen aber auch gefunden – oder entwickelt.“
So gehts mir auch.
Man kann hier auch mit Verstand und Systematik an das Thema herangehen, ohne persönliche Realitäten gleich verwerfen zu müssen.
Die Position Metzingers wird für mein Empfinden leider fehlinterpretiert. Gibt es da ein Problem mit ihm? Die Unvereinbarkeiten und Dichotomien, die unterstellt werden, erscheinen mir etwas oberflächlich und ungerecht.Ich teile sein Verständnis der ‘intellektuellen Redlichkeit’.Die Kritik daran überzeugt nicht.
Kein Mensch mit gesunder Intelligenz wird mit klaren Sinnen einem ganz grundsätzlichen ‘ignorabimus’ widersprechen. Metzinger kämpft dafür,so wie ich ihn verstehe.
Wissenschaft inklusive des Naturalismus sind in einem tieferen Verständnis niemals ideologisch.Ideologie und Wissenschaft sind völlig inkompatibel,schließen sich einander völlig aus. Wissenschaft hat niemals einen Absolutheitsanspruch, tritt nie an mit der Überzeugung, wirklich jemals alles verstehen und erklären zu könne. Zweifel, stetes Hinterfragen und Skepsis sind ihr tiefes Wesen.
Ich schätze die meisten ihrer Beiträge und bewundere sie geradezu für viele scharfen Analysen, Herr Schleim, zugleich empfinde ich nicht selten intuitiefes Befremden über ihre Positionen. Mir mangelt es an einer erkennbaren und eindeutigen Haltung zu den Fragen der Existenz.Bei mir war die Wegstrecke dafür übrigens ein halbes Jahrhundert lang.
Die vielfältigen Funktionen von Religionen(inkl. der hin und wieder positiven) wird doch niemand bestreiten. Religiöse Vorstellungen sind zutiefst menschlich, finden sich in archaischen ursprünglichen Formen schon in den prähistorischen Höhlemalereien in Spanien,Brasilien, Frankreich etc. – Homo Sapiens möchte verstehen. Wissenschaft wird immer eine Asymptote bleiben.
Das Nichtverstehen hat übrigens nicht das Geringste mit Sinnfindung bezüglich unserer Existenz zu tun. und ich bezweifle stark das Moral etwas mit religiösen Vorstellungen zu tun.Das altmodische Wort ‘Demut’ beschreibt am besten die Haltung, die all unseren philosophischen und wissenschaftlichen Klimmzüge
begleiten sollte
Gönnen wir einfach dem Menschen die Freiheit, sich seinen ganz persönlichen Reim auf die Mysterien der Existenz zu machen. Ultimative Antworten kann es nicht geben.
Eine naturalistische Herangehensweise zur Lösung der uns gestellten Fragen ist alternativlos – sie muss nur stets die Relativität und die Vorläufigkeit ihrer Erfolge im Auge behalten. Absolutheitsansprüche sind stets inakzeptabel.
p.s. : “Das Ich und sein Gehirn” war mir kurz nach seinem Erscheinen inspirierende Lektüre,ähnlich wie in meiner frühen Gymnasialzeit das Werk von Freud.
Die Theorie des ‘Absurden’ nach Camus weist einen guten Lösungsweg für ein erfülltes Leben. Oft wird sie falsch interpretiert.
Sogenanntes Lagerdenken entstand bei Karl Popper dadurch, dass er zwischen Kollektivisten und Liberalisten zu unterscheiden wusste.
Sein sog. Toleranz-Paradoxon zielt auch so.
Die Unterscheidung meinend, auch sog. Lager.
Eine Art Schroedinger-Katze im so gemeinten Politischen gibt es nicht (unaufgelöst).
Stephan Schleim
…..Gott ist nicht falsifizierbar……..das ist mir schon bewusst, deswegen war Popper ja auch kein “Antichrist”, sondern ließ die Entscheidung offen.
@Gitarro: Metzinger
Danke erst einmal für Ihre kritische Rückmeldung. Wie ich am Anfang der Serie schrieb, bin ich Metzinger immer noch für die breite akademische Ausbildung dankbar und auch dafür, mir so viele Einblicke ins akademische Arbeiten gegeben zu haben. Vor rund zehn Jahren verloren sich dann unsere Wege.
Bei seiner Religionskritik verkalkuliert er sich meiner Meinung nach aber. Mir würde es helfen, wenn Sie Ihren Standpunkt nicht nur an Ihrem Eindruck oder “Gefühl” festmachen, sondern konkret an Metzingers Text, wo es zum Beispiel heißt:
Übrigens hatte Metzinger 2006 schon einmal einen ähnliche provokanten Essay über Religion in Gehirn&Geist, Der Preis der Selbsterkenntnis.
Darauf haben die Theologin Christina Aus der Au – die ich witzigerweise auf einem Treffen der MIND-Group Metzingers in Frankfurt kennengelernt hatte – und ich eine Replik verfasst: Selbsterkenntnis hat ihren Preis.
Ich finde es nach wie vor überheblich, sich selbst auf den Standpunkt der Selbsterkenntnis zu stellen – und sie anderen (hier: religiösen Menschen) abzusprechen. Auf unseren 2006er Essay hat er nicht inhaltlich reagiert. In seinem 2013er/2017er Essay hat er seinen Standpunkt ausgearbeitet, ohne auf unsere Kritik einzugehen. Jetzt gibt es eben wieder eine Replik.
@Gitarro: Fragen der Existenz
Ich bin jetzt (laut meinem Ausweis) gerade einmal 42 Jahre alt, habe einen stressigen Full-Time Job an der Uni, betreibe einen sehr aktiven Blog, habe dieses Jahr zwei Bücher geschrieben – das dritte würde eher in Ihre Richtung gehen, schaffe ich dieses Jahr aber wohl nicht mehr –, versuche auch noch, Hobbys und Freundschaften zu pflegen, was eine Herausforderung ist, glauben Sie mir, denn auch mein Tag hat nur 42 Stunden. *Zwinkersmiley*
Wenn Sie eine konkrete Frage haben oder sich noch etwas gedulden, wird mein Standpunkt zu “Fragen der Existenz” bestimmt bald deutlicher werden.
P.S. “Inuitief” halte ich übrigens für eine sehr schöne Wortneuschöpfung.
P.P.S. Vielleicht haben Sie bei der Inhaltsübersicht gesehen, dass ich in dem letzten Teil der Folge mehr über meinen eigenen Ansatz formulieren will. Ich weiß allerdings noch nicht, wann ich dazu kommen werde. Vielleicht um die Weihnachtszeit? Würde ja passen.
Auch jemand wie Herr Dr. Stephan Schleim darf einmal einkehren, in bereits vorweihnachtlicher Zeit, sich sozusagen zurück ziehen. nicht nur auf den so genannten Grinch wartend.
Im Allerbestmöglichen.
@ Elektroniker 02.12.2022, 10:49 Uhr
Als Simulationswissenschaftler würde ich mich nicht bezeichnen. Meine erste Aufgabe in der Industrie war tatsächlich, ein Simulationsprogramm für elektrische Schaltungen zu schreiben. Und meine Denomination als Professor lautete zuletzt Simulation und Programmkonstruktion. Die Simulation ist für mich immer nur Werkzeug, nie Forschungszweck gewesen.
Die Maschine-Mensch-Analogie war bis in die 60er Jahren hinein en vogue, im Gefolge des Buches Kybernetik von Norbert Wiener. Ich fürchte, dieses Buch gehört wie auch Gödel, Escher, Bach von Hofstadter zu den viel zitierten und wenig gelesenen Werken. Der Hype hat inzwischen stark nachgelassen. Ich halte von solchen Überlegungen nicht allzu viel.
Meine Überlegungen zum Thema finden Sie in den beiden Artikeln Vom Erscheinen und Verschwinden des Ich.
P.S. @fauv: Faslifizierbarkeit
Die Hypothese, dass es einen Gott gibt, ist nicht falsifizierbar…
…die Alternativhypothese, dass es keinen Gott gibt, auch nicht.
Vielleicht geht Ihnen jetzt ein Lichtlein auf?
Intellektuelle Redlichkeit bedeutet ja gerade, dass man nicht vorgibt, etwas zu wissen oder auch nur wissen zu können, was man nicht wissen kann, dass man aber trotzdem einen bedingungslosen Willen zur Wahrheit und zur Erkenntnis besitzt, und zwar selbst dann, wenn es um Selbsterkenntnis geht, und auch dann, wenn Selbsterkenntnis einmal nicht mit schönen Gefühlen einhergeht oder der akzeptierten Lehrmeinung entspricht. (Metzinger, 2013, S. 11)
Genau diesem Zitat stimme ich ausdrücklich zu.Selbsterkenntnis kann dabei natürlich nur ein langer Prozess der Approximation sein,ohne Zielereichung.Metzinger sagt es genau so.
Sie interpretieren es aus meiner Sicht leider nicht so.
Dabei geht es doch gerade um den mühsamen, nie endenen Prozess, der naturgemäß hin und wieder auch das Erleben der eigenen Dissonanz beinhaltet.
Die Kritik Metzingers richtet sich gegen die nich selten existierende völlige Unfähigkeit sehr religöser Menschen, die einmal etablierte Gewissheit zu hinterfragen.Das ist in der Tat intellektuell unredlich und es ist das Gegenteil von wissenschaftlichem und philosophischem Zweifel.
Würde ich agieren wie ein Taliban oder islamischer Terrorist,hineingeboren und sozialisiert in die entsprechende Kultur? Ich spräche japanisch und äße natürluch Insekten bei entsprechender Herkunft. Schopenhauer liegt nicht ganz falsch: religiöser Glaube ähnelt einer Infektion.Erfolgt sie sehr früh,dann ist sie nahezu unheilbar.Unsere gefühlte Autonomie ist oft auf dünnem Eis.
Auch Hirnplastizität ist zwar ein evolutionäres Prinzip,aber ihre Gestaltung steht uns nur in geringem Umfang offen.Mühsam.
Offenbarungsreligionen halte ich für eine Zumutung und das Christentum ist ein Konglomerat aus bereits lange vor seiner Entstehung existierender Vorstellungen. Kurt Flasch hat ein Standardwerk zu der Ideengeschichte vorgelegt : Kampfplätze der Philosophie: große Kontroversen von Augustin bis Voltaire.
Lesenswert.Augustinus bis Luther . . .
Wissenschaft ist immer schon ein Synonym für Ergebnisoffenheit. Glaube stets gleichbedeutend mit es nicht zu wissen.
Ich finde es schön,wenn Einstein irrte,wenn Newton es nicht wissen konnte, Freud leider nichts wusste von Nervengewebe etc. –
Freude an der Korrektur des Irrtums.Das macht es aus. Glaube schließt dieses Erlebnis völlig aus. Und es ist völlig unangemessen und eine weitere Anmaßung, Moral auf Religion zurückzuführen. Die Geschichte gibt es nicht her.
Für mich ist sicher,ich werde sterben,ohne es verstanden zu haben.
Das ist überhaupt kein Problem.Es ist eine beruhigende Vorstellung. Man muss sie halt üben und alle Eitelkeit und Sterblichkeitsverweigerung verlieren zunehmend ihre Bedeutung,
‘
@ Stephan Schleim 02.12.2022, 12:18 Uhr
Ich bezeichne mich manchmal als Popperianer, verbinde damit aber keinen tieferen philosophischen Anspruch. (In den 60ern, zu meiner Studienzeit, war es üblich, Hegel zu zitieren. Ich habe Hegel nicht verstanden. Darunter habe ich gelitten. Popper hat mich mit Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde aus dieser Lage befreit.) In meinem Artikel über Geistartiges habe ich versucht, den Dualismus und die Drei-Welten-Lehre Poppers als reine Klassifikationsschemata zu sehen, ohne metaphysischen Überbau.
@ Stephan Schleim 02.12.2022, 12:21 Uhr
Zitat: „Aussagen über Gottes Existenz sind nicht falsifizierbar – und deshalb nicht wissenschaftlich.“
Was würden sie zu folgendem Argument (aus Sicht der Informatik), als Philosoph sagen:
Was „deklariert“ ist (auch „Gott“), z.B. wie „informelle Objekte“ der Informatik, das existiert nun einmal, wie lange auch immer. Was aber noch lange nicht bedeutet, dass es für jemanden, außer z.B. für den Programmierer, eine „Bedeutung“ hat.
Objekte können im Computer für Millisekunden existieren, danach werden sie „gekillt“, weil Speicherplatz frei werden soll. Aber sie können auch beliebig lange existieren, wenn es zweckmäßig ist.
Es müsste selbst deswegen existieren, damit jemand formulieren könnte, dass er das betreffende „Objekt“ völlig bedeutungslos findet?
@Gitarro: Einseitigkeit
Ihr Standpunkt wirkt auf mich genauso einseitig wie der Metzingers. Wenn man immer nur die eine Seite sieht, die einem ins Weltbild passt, dann kann man damit jeden ixbeliebigen Standpunkt rechtfertigen. Das ist weder vernünftig, noch philosophisch, noch wissenschaftlich. Und dann kommt man eben auf Aussagen, wie:
Hier wird nicht weniger getan, als Menschen mit religiösem Glauben allgemein nicht nur die Rationalität und Integrität, sondern auch Moral abzusprechen; sie werden eigentlich entmenschlicht (dehumanisiert), verlieren ihren Personenstatus. Das hat mit dem Projekt der Aufklärung nach meinem Verständnis überhaupt nichts mehr zu tun.
Allein schon aufgrund der Tatsache, dass “Religion” hier gar nicht klar formuliert wird, bräuchte man intellektuelle Bescheidenheit (siehe Teile 1 und 2) statt Überheblichkeit im Gewand der “Redlichkeit”. Wir haben gerade bei Popper gesehen, dass einer der bedeutendsten Wissenschaftstheoretiker des 20. Jahrhunderts nicht nur sich selbst als “religiös” bezeichnet (also irrational, unmoralisch, laut Metzingers Aufsatz), sondern auch in der wissenschaftlichen Suche nach Wahrheit etwas Religiöses sieht (also sind auch “gute” Wissenschaftler irrational und unmoralisch). Wer bleibt dann eigentlich noch bei den intellektuell redlichen Menschen übrig, außer Ihnen und Metzinger?
Wenn man nur die Welt sieht, die einem gefällt, kommt man eben auf Aussagen, wie:
Haben Sie überhaupt ‘mal Wissenschaft betrieben und z.B. versucht, einen Befund zu veröffentlichen, der nicht in den “Mainstream” passt? Haben Sie schon ‘mal Thomas Kuhns Überlegungen zur Funktion des Dogmatismus in der Wissenschaft gelesen? Wohl nicht.
Ich habe Sie gebeten, anhand Metzingers Text aufzuzeigen, dass ich ihn angeblich falsch wiedergebe. Das machen Sie nicht. Es bleibt halt bei Ihren Eindrücken. Klingt für mich weder wissenschaftlich, noch philosophisch überzeugend. Erkenntniswert? Eher gering.
Allein schon die Tatsache, dass Popper Standpunkt diametral Metzingers Position, der sich auf Popper beruft, zu widersprechen scheint, sollte einen doch nachdenklich stimmen. Davon sehe ich bei Ihnen keine Spur.
@Grams: Hegel
Sie hätten es wie William James machen und Lachgas konsumieren müssen, um die Wahrheit von Hegels Philosophie einzusehen. Dazu ein Andermal mehr.
Das könnte man im atheistischen/naturalistischen Lager endlich einmal zur Kenntnis nehmen.
Wenn Sie noch das abwertende ” endlich einmal” weggelassen hätten, könnte ich uneingeschränkt zustimmen.
Andererseits wird etwas nicht automatisch dadurch “wahrer”, weil eine große Zahl ( und von mir aus auch die Mehrheit ) daran “glaubt”. Wir gehen zwar in der gesellschaft davon aus, dass die Mehrheits”meinung” maßgebend ist, das sagt aber noch nichts über die “Richtigkeit” der Mehrheitsmeinung aus.
Ich habe ausgeführt, dass ich auf Grund meiner “Konstruktion” ( im Gehirn ) durchaus spirituelle/religöse Empfindungen habe – aber selbst wenn mir diese ganz “klar” sind und “wahr” erscheinen, müssen diese noch lange kein Pendant in irgendeiner Dimension haben. Die Mathematik zeigt ja deutlich, dass man mit n-dimensionalen Räumen und unendlichen Unendlichkeiten logisch konsistent rechnen kann, obwohl sich das niemand irgendwie vorstellen kann.
Unser Grundfehler ist die Annahme, dass alles, was sich im Gehirn elektrisch darstellt, auch irgendwo und irgendwie ein – hier fehlen mir auch die Worte – Gegenstück haben müsste.
@ Timm Grams 02.12.2022, 14:19 Uhr
Danke für den Link.
Im Zusammenhang mit dem „Empfindungsphänomen“ habe ich von einer „Valenzelektronen – Muster – These“ gehört die ehemals in Forschungseinrichtungen der Nazis „herumgegeistert“ sein soll. Das Phänomen könnte als „Nebeneffekt“ in sensorischen Molekülverbänden die Elektronen aussenden, auftreten.
Allerdings dürften keine Unterlagen (mehr) existieren, möglicher Weise deswegen, weil verantwortliche Forscher (Mediziner) wegen Kriegsverbrechen exekutiert wurden und die Unterlagen „mit ins Grab“ nahmen.
Ist derartiges, aus Ihrer Sicht, überhaupt denkmöglich?
Sie gehen leider nicht auf das ein,was ich schreibe.Das bedaure ich. Auch meine Rezeption von Popper ist eine andere als ihre.
Sie überzeugen mich einfach nicht.Das ist nicht schlimm, sie können gut damit leben. Die gegenseitige Empfehlung der Lektüre ‘wichtiger”Autoren ist nicht zielführend.Sie lesen meine nicht und ich wohl nicht die ihrigen.
Meine Beiträge waren immer auch Appelle zur Demut. Der Begriff und seine Semantik beschäftigen mich schon seit langer Zeit.
Meine Kernaussage bleibt,dass wir vieles einfach nicht verstehen werden. Auch darauf gehen sie leider nicht ein.
Meist schreiben sie aus einer Position existierender oder gefühlter Überlegenheit. Ich persönlich muss es schon lange nicht mehr immer am besten verstehen. Es ist völlig unerheblich.
Ich werde neugierig bleiben und Autoren finden, die mich bereichern.Metzinger war für mich einer.
‘Klugheit und Scharfsinn führen nicht zwingend zu ‘Tiefe’ und Weisheit.’
Der letzte Satz ist eine Hypothese allgemeiner Natur und nicht auf Personen bezogen.
@Stephan 02.12. 14:21
„Die Hypothese, dass es einen Gott gibt, ist nicht falsifizierbar……die Alternativhypothese, dass es keinen Gott gibt, auch nicht.“
Was ist denn, wenn man Wechselwirkungen einer Geisteswelt mit der materiellen Welt nachweisen könnte? Ich meine, das würde einen Unterschied machen. Klar wäre dann noch kein Gott im engeren Sinne nachgewiesen. Wie eine nachgewiesene Geisteswelt jetzt wieder konkret beschaffen ist, das wäre dann zunächst mal ein sinnvoller Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Wenn wir jetzt Menschen haben, die längst persönliche Erfahrungen mit einem Nachweis von Wechselwirkungen einer Geisteswelt mit der materiellen Welt haben, dann kann man denen das dann auch logischerweise überlassen, die Angelegenheit weiter zu untersuchen, um es dann im eigenen Leben sinnvoll zu berücksichtigen bzw. anzuwenden.
Sozusagen einen persönlichen Glauben daraus zu machen, der eine gewisse persönliche Evidenz aufweist.
Vielleicht muss man sich davon verabschieden, dass jeder dieselben Voraussetzungen mitbringt. Und die Pluralität der eigenen Erfahrungen der jeweiligen Menschen als grundlegend ansehen. So wie man in der Psychologie auch jedem Menschen eine eigene Persönlichkeit zugesteht.
Wenn jetzt Einzelne wie die Löwen um ihre eigene Position kämpfen, dann haben die vielleicht eben genau das nicht verstanden?
Stephan Schleim,
……ein Licht das aufgeht…..
Ein Großes Plus für diesen Satz: “Hier wird nicht weniger getan, als Menschen mit religiösem Glauben allgemein nicht nur die Rationalität und Integrität, sondern auch Moral abzusprechen; sie werden eigentlich entmenschlicht (dehumanisiert), ”
Falsifizieren oder nicht Falsifizieren, das ist im Falle Gottes anmaßend.
Er, der alles geschaffen hat, die Sprache, die Logik, die Welt, über den wollen wir diskutieren und dann feststellen, dass wir das gar nicht können.
Das ist der innewohnende Widerspruch im Denken. Das ist die Blindheit der Naturwissenschaften, die geblendet ist von ihrern Erkenntnissen und Erfolgen und dabei ist, die Welt zu zerstören.
Gitarro,
bei den Indianern ist die Erde, der Erdboden heilig, weil sie verstanden haben, dass wir auf Gedeih und Verderb von ihr abhängen. Sie benützen das Wort Gott nicht und nennen ihn stattdessen den “Großen Geist”. Sollten wir auch übernehmen. Im Alten Testament stellt sich Gott vor mit den Worten , “ich bin der da ist”. Und es war und ist bei den Juden verboten, Gott darzustellen.
Karl Popper hat sich diesem Dilemma mit der “Offenen Gesellschaft” gestellt, die jedem das Recht einräumt, über Religion selbst zu entscheiden.
Zum Folgenden:
“…Ich habe den Eindruck, dass Popper dem Sog in eine Richtung nachgegeben hat, die seinem ursprünglichen Ansatz aus Logik der Forschung im Grunde zuwiderläuft. Das ist nicht weiter schlimm, aber es verwirrt mich. Andere ebenfalls.”
(Zitatende)
Die hardcore- Naturalisten und “naiven Empiristen” verziehen bzw.verzeihen dem “späteren (!) Popper” (bis heute) nicht, dass er mit seiner Kategorisierung der Realität in Welt Eins bis Welt Drei wieder die Tür zur Metaphysik wieder etwas deutlicher als in “Logik der Forschung” geöffnet hat.
Das betrifft besonders seine Hypothesen /Theorien zu “Welt 3″. Das ist es auch, worüber sich der Autor des obigen Zitats mokiert.
Und diese “Welt 3” der rein “ideellen Dinge” ist es auch, worum sich das ganze “Geist”- oder auch das Informationsproblem” ( Sie Mitkommentator “Elektroniker”) dreht. Und natürlich auch das “Dualismus” – Problem.
Ein ähnliches Problem hatte Popper allerdings zuvor mit seinen Thesen zum “Teleologischen Historizismus” in Verbindung mit dem Falsifikations- Gebot.
Er war zunächst redlich genug , aufgrund dieser beiden Theoreme einen gewissen Skeptizismus bezüglich dogmatischer Positionen des Darwinismus zu formulieren. (Was sich ja auch logisch daraus ergibt.)
Was ihm aber erheblichen Gegenwind (nicht nur) aus dieser “Community” einbrachte, sodass er nach harten Debatten schließlich bezüglich der Kritik an Aspekten der (darwinistischen) Evolutionstheorien einen (halben ?) Rückzieher machte.
(Ich hab das halt jetzt mal sehr kurz und estwas pauschal formuliert)
Frage in die Runde: wie real ist die Phantasie der Möglichkeit?
Nicht nur @ T.J. und P.S.:
“..„Religion und Wissenschaft fallen zusammen, weil die Kräfte, die spirituelle Zustände verursachen, real sind. Die Religion will ihre Wirkungsmechanismen nicht kennen und sich nur blind ihrer Willkür unterwerfen. Die Wissenschaft will die Wirkungsmechanismen kennen, um sie zu kontrollieren, und meint, allein dadurch, dass sie Grimoires vollkritzelt, würden die Götter und Dämonen exorziert und beschworen.“
________
Das spricht mir aus der Seele. Es lohnt sich immer wieder, Paul S zu lesen.
(Zitatende)
Dem kann ich auch teilweise zustimmen. Aber jetzt was Generelles:
So kann man nicht (über “Religion” ) weiterdiskutieren. Die Einen denken dabei nur an die bekannten großen Moralvereine, bei denen der “metaphysische” (oder esoterische) Unterbau nur Mittel zum Zweck der Gemeinschaftsbildung (und auch Rekrutierung) und zur pychologisch- politischen Kontrolle (psychisch) “abhängigen” Mitglieder ist.
Die anderen gehen dem intellektuell- (unredlichen ?) Narrativ der Berufstheologen auf den Leim und gehen davon aus, dass es sich bei “Religion” nur um eine Sonderform einer hochintellektuell- metaphysischen Philosophie des bzw. eines Geistes handele. Was besonders bei den Intellllektuelllen unter den Gläubigen (ob Priesteramt oder nicht) naturgemäß besonders gut ankommt.
Für andere wiederum handelt es sich bei Religion eigentlich nur um eine Sonderform von Psychotherapie. Was (nicht nur) die großen “Amtskirchen auch schon immer bzw. traditionell ausgiebig dazu benutzten , ihre Schäfchen von sich psychologisch abhängig zu machen.
Die allermeisten Durchschnittsmenschen aber halten Religion heute für eine Art von nationalem kulturellen Brauchtum oder gar für etwas , was man als hiesiger Staatabürger halt haben muss, um kein Außenseiter zu sein. (-:
______________
Auch Stehan Schleim hat schon auf dieses Problem hingewiesen, ignoriert es aber zu Beginn seines Popper Textes auch wieder weitgehend.
Ich glaube, (!) wenn Metzinger “Religion” scharf kritisiert, meint er hauptsächlich die (politischen) Glaubensvereine. Aber anders als Herr Schleim meine ich, dass Metzinger diesbezüglich recht hat, weil auch ich (auch als Agnostiker) diese Richtung der Kritik für legitim und berechtigt halte.
Instgesamt spürt man selbst bei (zumindest ökonomisch vom Staat abhängigen) Intellektuellen immer noch eine gewisse Angst vor der politisch-gesellschaftlichen Macht der Großkirchen. Und manchmal und zunehmend auch vor der (befürchteten) zunehmenden gesellschaftlichen Macht des Islam.
Und gibt sich vielleicht deswegen trotz seines philosophischen Agnostizismus nicht allzu deutlich kirchenkritisch oder gar religionskritisch. man sagt dann, man sei ja doch irgendwie “spirituell” interessiert.
Oder hält zu diesem Thema einfach den Mund.
Dazu gehört wohl auch, dass man unbedingt glaubt , darauf hinweisen zu müssen , dass Popper kein (böser) Atheist war. Was ja auch stimmt. Allerdings war er ja auch kein gläubiger Christ. Sondern eben eine Art von agnostischem Humanist. Und nur deswegen hat er gelegentlich seine Sympathie zum (augeklärt- humanistischen ) Albert Schweitzer -Christentum zu erkennen gegeben, in dem Jesus allenfalls als eine Art Legende betrachtet wird und man nur den (relativen) Humanismus der “Bergpredikt” zum Thema macht. Wobei bei diesen “Entmythologisierern” die historische Existenz eines Jesus von Nazareth eine völlig irrelevante Angelegenheit wird.
Wovon ja auch viele protestantische Theologen geprägt sind, die dann weit mehr Angst vor dem Klimakollaps verbreiten, als vor dem apokalyptischen Höllenfeuer. Wobei Letzteres ja ihre eigentliche Bestimmung sein sollte.
Für deren Unterhalt leisten bekanntlich hiezulande auch Agnostiker und Atheisten ihren finanziellen Beitrag. Wenn auch nicht direkt über Kirchensteuer , so doch indirekter über sonstige Subventionen aus dem allgemeinen Steueraufkommen.
Amen – in Poppers Namen (-:
Moralisches Handeln
Meines Wissens verhält es sich so:
Wer Gutes nur deshalb tut, weil er sich eine Belohnung erhofft, handelt nicht moralisch.
Wer Böses nur deshalb unterlässt, weil er Strafe fürchtet, handelt ebenfalls nicht moralisch.
@Balanus
So ist es.
@little Louis 02.12. 18:55
„Ich glaube, (!) wenn Metzinger “Religion” scharf kritisiert, meint er hauptsächlich die (politischen) Glaubensvereine.“
Gut dass Sie dieses Thema ansprechen. Ich halte mich seit ewig so weit von Glaubensvereinen aller Art fern, dass ich die damit verbundenen Probleme gar nicht sonderlich präsent habe. Natürlich wird hier mehr oder weniger geschäftsmäßig gebogen und manipuliert bis es kracht. Da bleibt die Redlichkeit wirklich verbreitet auf der Strecke.
„Aber anders als Herr Schleim meine ich, dass Metzinger diesbezüglich recht hat, weil auch ich (auch als Agnostiker) diese Richtung der Kritik für legitim und berechtigt halte.“
Entsprechend sehe ich nur die Menschen, die eben auf der Suche nach ihrer Wahrheit sind. Die können gerne noch in die Kirche gehen, aber sollten dennoch so souverän glauben, was sie selber wirklich auch vertreten können.
@Balanus 02.12. 21:09
„Wer Gutes nur deshalb tut, weil er sich eine Belohnung erhofft, handelt nicht moralisch. Wer Böses nur deshalb unterlässt, weil er Strafe fürchtet, handelt ebenfalls nicht moralisch.“
Wenn er sich dann wenigstens an die Regeln hält, gehts ja noch. Erwartet der Staat denn wirklich mehr von uns? Eigentlich gar nicht, scheint mir, manchmal sogar im Gegenteil. Wer selber überlegt was er verantworten kann, könnte ja auch auf die Idee kommen, dass spezielle Vorschriften verkehrt sind, und sich dem dann widersetzten.
Was keinen davon abhalten soll, aus freien Stücken z.B. mit der Natur so gut wie möglich umzugehen. Auch wenn der Staat da eigentlich gar nicht von begeistert ist.
@ Tobias Jeckenburger
Es braucht doch keinen Staat als ordnenden Finger Gottes, um moralisch handeln zu können. Sich selbst Gesetzgeber zu sein und danach zu handeln, ist die Freiheit, wonach zu suchen sich lohnt. Der Prüfstein des Volksmundes “stell dir vor, es würde jeder so machen” kann da Hilfe sein.
@Hilsebein 03.12. 00:02
„Es braucht doch keinen Staat als ordnenden Finger Gottes, um moralisch handeln zu können.“
Ja aber der Staat hat doch das halbe Leben durchorganisiert und reglemtiert uns so detailliert, dass wir kaum noch Gelegenheit haben, moralische Fragen überhaupt zu stellen.
„Sich selbst Gesetzgeber zu sein und danach zu handeln, ist die Freiheit, wonach zu suchen sich lohnt.“
Ist das dann Anarchie? Oder kann man das erst machen, wenn die Menschen eben reif dafür sind? Ich denke mal nicht. Wir leben in einer Demokratie, und können uns insbesondere über Moraldiskussionen darauf einigen, welche Partei wir wählen wollen. Ansonsten bleiben für moralisches Handeln nur noch manche Bereiche übrig, die eben noch nicht völligstens durchreglementiert sind.
Beispiel Klimawandel: Der Staat wird inzwischen durchaus aktiv, und organisiert zunehmen detailliert, die Energiewende umzusetzen. Wie allerdings seit 70 Jahren in D gewohnt, versucht der Staat auch bei jeder Gelegenheit, unser Leben teurer zu machen, um entsprechend die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln. Dem kann man nun wirklich sinnvoll entgegenwirken, und selber eben trotzdem weniger konsumieren, und entsprechend auch weniger arbeiten. Das würde die Energiewende um Einiges beschleunigen, und wäre damit eine moralische Entscheidung im Interesse von Natur und Zukunft der Menschen.
Nur wo der Staat Korrektur gebrauchen kann, oder da wo er überhaupt nicht hinreicht, ist doch noch Raum für Moral. Was dagegen schon gut geregelt ist, dass läuft doch wunderbar per Belohnung oder Strafe. Kein Grund, da überhaupt noch groß drüber nachzudenken.
Wer redet noch über Anschnallen im Auto? Macht Sinn, ist Pflicht, wen es dennoch stört, ist völlig egal.
Sehe ich nicht. Was machen wir hier? Wir hocken am Rechner und stellen uns Fragen zur Moral. Und der Staat? Ist uns hier egal!
Wenn ich mir die Frage stelle: “stell dir vor, es würde jeder so machen” und mich aufgrund dieser Frage einsichtig zeige, daß mein Handeln Einfluß auf das Umfeld hat und mir gegebenenfalls auf die Füße fallen kann, dann ist die Gefahr der Anarchie nicht gegeben. Dabei bleibe ich frei, da ich selbst zur Einsicht gelangt und nicht von außen durch ein mir fremdes Gesetz bestimmt wurde.
“Was dagegen schon gut geregelt ist, dass läuft doch wunderbar per Belohnung oder Strafe. Kein Grund, da überhaupt noch groß drüber nachzudenken.”
Wie @Balanus schon ausführte: moralisch kann sich solches Handeln nicht nennen. Das ist nicht menschliches, sondern hündisches Verhalten.
@ littleLouis
Der wesentliche Unterschied zwischen Wissenschaft nach Popper und Religion,also religiöser Glaube, ist doch wohl der der Legitimität und Legalität von Dogmen.
Wenn jemand sagt “Gott sagt/will das”, dann ist es doch Begründung für eine Handlung. Auch hier spielt Moral nicht unbedingt eine Rolle.
Wissenschaft hat sich aus dieser “Rhetorik” befreit und Metzinger treibt es auf die Spitze.
Im Grunde sagt Wissenschaft,es kann keine letztendliche Begründung für unser Handeln geben,während Religion genau den anderen Weg der letzten absoluten Begründung geht.
Diese Begründung ist aber lediglich aus Glaube abgeleitet und nicht aus Wissen.
Insofern befinden wir uns immer noch oder schon wieder intensiver in der Aufklärung.
Wer also fest im Glauben ist,Gott ihm “Befehle”/Rechte gibt die absolut sind, diese durch Spiritualität durch Rituale und religiöse Führer bestätigt werden,dann ist das im Zweifel gefährlicher,als ein Theoretiker wie Metzinger.
Viele kommen in diesem Gemisch mit absoluten Regeln besser zurecht,als mit dem wissenschaftlichen Zweifel.
Wissenschaft stellt in Frage,Religion verheisst Gewissheit. Das ist die einfache Formel: Zweifel vs Absolutheit.
Und es ist Ironie,dass der Absolutheitsanspruch der monotheistischen Religionen nur auf Glaube basiert,den Wissenschaft bewiesen hat.
Selbst intellektuelle Redlichkeit kommt,wie oben schon mal angedeutet, nicht ohne Glaube(nichtreligiösem/-spirituellem) aus.
Mir stellt sich daher die Frage,warum Glaube offensichtlich die tiefere Kraft als das Wissen ist? Möglicherweise deshalb,weil Wissen eher die Vergangenheit und Glaube die Zukunft betrifft?
@ littleLouis – Ergänzung
Im Grunde ist es die Frage der ‘Instanz’.
Sind wir selber verantwortlich oder geben wir Verantwortung lediglich in die Möglichkeit ab?
@ littleLouis
wenn Sie soweit sind: wie wirksam ist der Regess?
@Timm Grams
Die Maschine-Mensch-Analogie war bis in die 60er Jahren hinein en vogue, im Gefolge des Buches Kybernetik von Norbert Wiener.
Analogien sind generell ein wichtiges Instrument der Erkenntnis. Mit neuen Technologien entstanden immer auch neue Analogien Mensch-Technik. Allerdings verleiten sie zu manchen Übertreibungen und Vereinfachungen, weswegen die anfängliche Euphorie dann schnell nachlässt.
Die Kybernetik beschreibt nach meiner Überzeugung die “Software der Natur”, so wie Mathematik und Logik. Dinge und Ereignisse der beobachtbaren Natur und des Naturgeschehens werden damit der Erkenntnis zugänglich und als Gesetzmäßigkeiten beschrieben. Die Kybernetik beschreibt bestimmte Instrumente und Vorgänge, nach denen die Natur, wie auch das Leben und der Mensch, prinzipiell und gesetzmäßig funktionieren und gesteuert werden. Es gibt Schalter, Filter, Schablonen, Ventile, Speicher und manch andere, die man heute in Elektronik und Computertechnik findet, aber eben auch in der Molekularbiologie. Als Beispiel seien Transmitter und Rezeptoren, oder Enzym und Substrat als Schalter genannt. Die komplexe Welt kann nicht anders funktionieren als ihre elementaren Bausteine vorgeben.
Wenn man den Menschen verstehen will, dann braucht es eine Kombination aus top-down- und bottom-up-Strategie, um sich irgendwo in der Mitte zu treffen, zwischen Molekularbiologie und Psychologie. Man braucht Brückenbegriffe, um die Aggregationsstufen der Strukturen zu überwinden, vom Molekül zu Zellorganellen, zum Gewebe, zum Organ und Organismus. Ebenso müssen die abstrakten Begriffe für Phänomene wie “Geist” in ihre Funktionen zerlegt und verfeinert werden. Das Hauptproblem ist, dass das arbeitende Gehirn nicht direkt beobachtet oder seziert werden kann, so dass Analogien aus der Kybernetik als Hilfsmittel unausweichlich sind.
@Hilsebein 03.12. 01:05
„Was machen wir hier? Wir hocken am Rechner und stellen uns Fragen zur Moral. Und der Staat? Ist uns hier egal!“
Wenn wir darüber diskutieren, ob wir Bio-Produkte moralisch gut finden, dann haben wir die Freiheit, je nach Belieben Bio-Produkte zu kaufen. Wenn es aber darum geht, dass es nur noch Bioanbau geben sollte, dann können wir nur Vorschläge für entsprechende Gesetze machen, und auch Parteien wählen, die das im Programm haben.
Aber was jetzt noch Gesetz ist, das ist jetzt auch erstmal Faktum. Das wird letztlich mit aller Staatsgewalt durchgesetzt. Wenn nötig bis zum Bürgerkrieg.
„…moralisch kann sich solches Handeln nicht nennen. Das ist nicht menschliches, sondern hündisches Verhalten.“
Ist das auch, das ist weder moralisch noch wirklich menschengerecht. Aber eben Fakt. Wer meint, dass er eigentlich weniger Steuern zahlen sollte, dem nützt das gar nichts. Er muss zahlen, was Gesetz ist. Und wer meint, dass er mehr Steuern zahlen sollte, kann auch das nicht mal machen. Das Finanzamt wird im das zuviel gezahlte Geld zurücküberweisen.
Man kann natürlich das Geld irgendwo spenden, wenn man meint, dass man der Gemeinschaft mehr zahlen sollte.
Und man kann natürlich auch gucken, wie man Steuern vermeiden kann, wenn man meint, dass man weniger Steuern zahlen sollte. Die Realität der Steuerfahnder ist dabei aber unbedingt zu beachten, wenn das funktionieren soll.
Wir können natürlich auch über Steuerpolitik diskutieren, und dass kann dann auch in zukünftige Gesetze resultieren, aber das Procedere der demokratischen Gesetzgebung kann dabei nicht übersprungen werden.
Man könnte das übliche rechtsstaatliche Vorgehen auch idiotensicher nennen. Das funktioniert auch mit Idioten, und könnte manchmal auch mit Hunden funktionieren.
Tobias Jeckenburger 03.12.2022, 16:24 Uhr
Patrick Deneen spricht vom Scheitern des Liberalismus und von einer Res Idiotica.
@Dietmar Hilsebein // 03.12.2022, 01:05 Uhr
» Das ist nicht menschliches, sondern hündisches Verhalten. «
…wenn man aufgrund von „Belohnung oder Strafe“ einfach nur Regeln befolgt.
„Hündisch“ ist ein ziemlich abwertender Begriff, der dem besten Freund des Menschen nicht wirklich gerecht wird, wie ich finde. Aber im Kern trifft es die Sache, keine Frage.
Um beim Thema zu bleiben:
Deshalb denke ich nicht, dass Metzinger „Menschen mit religiösem Glauben […] auch Moral“ abspricht und sie damit eigentlich „entmenschlicht (dehumanisiert)“, wie Stephan schreibt (02.12., 15:28). Weil es eben bei moralischem Verhalten grundsätzlich darauf ankommt, was dahinter steckt, die eigene innere Überzeugung, ein Pflichtgefühl sich selbst gegenüber, oder etwa bloß der Glaube an einen strafenden oder belohnenden Gott, bzw. religiöse Regeln und Gebote.
Insofern impliziert Metzingers Aufsatz nach meinem Verständnis keineswegs, dass religiöse Menschen nicht moralisch handeln können—solange sie eben nicht, wie Metzinger schreibt, „die ganze Idee einer Ethik des inneren Handelns bereits aufgegeben“ haben, und das bloß wegen eines bestimmten Glaubens.
@Mussi
Der wesentliche Unterschied zwischen Wissenschaft nach Popper und Religion,also religiöser Glaube, ist doch wohl der der Legitimität und Legalität von Dogmen.
Genau das ist nach meiner Überzeugung der zentrale Unterschied. Religion hat keine Legitimität, die der Wissenschaft vergleichbar wäre. Religion beruht allein auf Überlieferungen, also im Grunde auf der Beliebigkeit individueller Interpretationen natürlicher Erscheinungen oder persönlicher Empfindungen, auf Nacherzählungen historischer Ereignisse oder auf willkürlichen Erfindungen. Dazu kommen die typischen, psychologischen Phänomene mündlicher Erzählungen.
Besonders abzulehnen sind die Wahrheitsansprüche von Religionen, oftmals im offenen Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, der missionarische Eifer und die Vorschriften zur Lebensweise nicht nur ihrer Anhänger. In den USA sehen wir gegenwärtig all diese Eigenheiten bei den Evangelikalen. Es ist schlicht eine Lüge zu behaupten, das Christentum hätte die Moral oder die Menschenrechte möglich gemacht.
Subjektiv darf selbstverständlich jeder Mensch glauben, was er will. Jeder Mensch muss sich aber auch fragen lassen, was und warum er glaubt. Ein friedliches und befriedigendes Zusammenleben braucht einen Minimalkonsens.
@ Mussi 03.12.2022, 07:22 Uhr
Was Metzinger so über Redlichkeit (lt. Text) von sich gegeben hat, sind eher „Gemeinplätze“ die man nüchtern in seiner Position eher nicht äußern sollte. Zumal die Vorwürfe umgekehrt für Wissenschaftler, eher noch mehr gelten, weil die „Pfaffen“ stark kontrolliert werden. Einerseits von ihrer Obrigkeit, andererseits vom „Volk“. (Deswegen müssen (mussten) sie auch mit einer Kutte herumlaufen).
Zitat: „Diese Begründung ist aber lediglich aus Glaube abgeleitet und nicht aus Wissen.“
Das stimmt so nicht. Der Christliche Glaube ist aus der Jüdischen Lehre mit ca. 3000 Jahre Tradition (und Wissen darüber) abgeleitet.
Nur, um es salopp zu sagen, die Juden haben untereinander zu viel (ums „Recht – haben“) gestritten, was an sich ein hervorragendes geistiges Training ist und offensichtlich zu einer gewissen geistigen Überlegenheit geführt hat.
Andererseits haben sie sich „selber zerlegt“ und mussten in die Diaspora. Kein Wunder, dass der christliche „Werbegag“ des Jahrtausends (mit dem „die andere Wange“ auch noch hinhalten) so erfolgreich war.
Wissenschaft wäre als „Regelsystem“ wegen der vielen „Updates“ gar nicht geeignet. Was vor 50 Jahren die tollste Erfindung/Entdeckung war, wird heute niedergemacht. Von Medikamenten, Lebensgewohnheiten (Kohle, Öl, Gas,…), Soziale Belange (Erziehungskonzepte, Frauenrechte,….)
Die Gesellschaft läuft Gefahr, kollektiv verrückt zu werden, wenn viele mit den „Updates“ nicht mehr zurechtkommen…. (Bürgerkriege?).
Es stehen tausende Jahre Tradition unter härtesten Bedingungen, gegen Ideen von Wissenschaftlern.
“…Im Grunde ist es unredlich, Religion wissenschaftlich begründen zu wollen.
In der Psychiatrie sitzen übrigens genug Leute, die eine persönliche Erscheinung haben. Wo wollen Sie da die Grenze ziehen.…” (Zitatende)
Das ist vermutlich zu einfach bzw. zu “kurz” gedacht. Denn in der Theologie (nicht in der Religionspraxis der “normalen” Gläubigen) geht es natürlich als Begründung des Ganzen um den “Erstverursacher ” (Er hat uns “geschafffen”).
Und darum geht es auch in der Wisssenschaft (der Kosmologie oder der Physik oder der Evolutionsbiologie usw.)).
Hat aber dort einen anderen Namen:
Urknall oder z. B. Erste Quantenfluktuationen, Große Vereinheitlichte Theorie (von “Allem”) , Selbstorganisation von Materie zu Lebendigem, Geist, Information ……………..
(-: ` (-;
Staat und eine revolutionäre Stimmung? @Tobias Jeckenburger
Gehe ich recht in der Annahme, daß es Ihnen nicht um moralische Fragen, sondern um das Erzeugen einer revolutionären Stimmung geht? Da bin ich der falsche Gesprächspartner. Ich halte es mit Kant: die Reform der Denkungsart dauert zwar länger, dürfte aber nachhaltiger sein. Die Revolution frißt stets ihre eigenen Kinder -auch eine friedliche. Oder kann sich noch jemand an Bärbel Bohley und das Neue Forum erinnern? Außerdem kann eine revolutionäre Stimmung erst entstehen, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen. Beides sehe ich in Deutschland derzeit nicht.
Die Begriffe “Glaube”, “Religion”, “Wissenschaft” sind mir in dieser Diskussion ein bisschen zu unscharf.
“Glaube” ist etwas sehr Persönliches, das aus der eigenen Erfahrung, Bildung usw. entsteht. Ich behaupte mal, leicht überspitzt, dass keine zwei Menschen denselben Glauben haben.
“Religion” ist eine Ideenlehre, eine Ideologie, die, historisch gewachsen, aus Lehrsätzen besteht, die (mehr oder weniger logisch) ineinander greifen. Diese Ideologie wird i.d.R. von einer Institution repräsentiert/ getragen.
“Wissenschaft” folgt in ihrer Methodik bestimmten Regeln, die unabhängig vom Forscher und Objekt gelten: Nachprüfbarkeit, Transparenz usw. Schon diese beiden genannten Punkte grenzen Wissenschaft einerseits und Religion und Glaube voneinander ab.
“Spiritualität” ist nichts weiter als ein Gefühl, dass hinter dem jetzigen Erkenntnisrahmen weitere Phänomene ‘lauern’, von denen wir nichts wissen, vllt. nicht einmal ahnen. Insofern kann ein Popper durchaus spirituell sein, ohne religiös zu sein.
“Moral” regelt das Verhalten der Menschen untereinander. Diese Regeln waren vor der Religion da, sonst hätten unsere Vorfahren nicht überlebt und uns gäb’s nicht. Um die allg. Akzeptanz der Regeln durchzusetzen, braucht’s eine Instanz, die (am besten) über dem Menschen/ der Gesellschaft steht. Kurz: die Moral braucht Gott, nicht umgekehrt.
N.B. das sind jetzt wirklich nur Skizzen. Alles Weitere würde den Rahmen sprengen.
@Elektroniker: “Was vor 50 Jahren die tollste Erfindung/Entdeckung war, wird heute niedergemacht.” Das stimmt. Nur verwechseln Sie Methodik und Inhalt. “Wissenschaft” bezeichnet das Regelwerk, das “Wie”, nicht das “Was”. Deshalb ist heute Newtons Mechanik genauso gültig wie die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik.
@ der-schleifer
Es stimmt, ich habe schlampig formuliert. Allerdings kritisiert der „Volksmund“ die von mir angeführten Unzulänglichkeiten und macht das System „Wissenschaft“ dafür verantwortlich.
Zitat: „“Moral” regelt das Verhalten der Menschen untereinander. Diese Regeln waren vor der Religion da, sonst hätten unsere Vorfahren nicht überlebt und uns gäb’s nicht.“
Ich bin eigentlich begeistert von Ihrer Formulierung.
Nur verstehe ich nicht, warum sie das, was „vor der Religion“ war, „Moral“ bezeichnen?
Ich könnte mir vorstellen, es haben sich nach und nach in der Tierwelt immer mehr optimierte „Instinkte“ entwickelt, die auch das Verhalten in der Gruppe und der ganzen Gruppe bestimmt haben. In diesem Sinne könnte sich eine Art von „Betriebssystem“ für die neuronale Hardware entwickelt haben. Es ist klar, dass die jeweiligen „Betriebssysteme“ für die jeweilige „Umgebung“ (Klima, Feinde,….) optimiert sind.
Möglicherweise haben bereits Affen die Vorstellung von der Existenz einer Art von „abstrakten großen Boss“ entwickelt. Das wäre der Schritt vom „Betriebssystem“ zur „Religion“. (Es soll beobachtet worden sein, dass hochrangige weibliche Affen von anderen Weibchen „verlangt haben“ eines ihrer Jungen, sozusagen aus „höheren Gründen“ zur „Opferung“ herauszugeben, was die Affenmütter widerwillig akzeptiert haben sollen….)
„Moral“ ist vermutlich in das „Betriebssystem“ eingebunden. Es scheint aber wegen der „fließenden Entwicklung“ schwer, das an einem bestimmten Ereignis festzumachen.
In diesem Stand der Diskussion könnte die Lektüre von Götter Gene Genesis der Autoren Ina Wunn, Patrick Urban und Constantin Klein weiterhelfen.
@Hilsebein 03.12. 01:05
„Gehe ich recht in der Annahme, daß es Ihnen nicht um moralische Fragen, sondern um das Erzeugen einer revolutionären Stimmung geht?“
Ich sehe das eigentlich nur etwas fatalistisch. Revolution habe ich dabei nicht im Sinn. Die Staatsgewalt ist eben vorhanden, und nimmt uns letztlich jede Menge moralische Entscheidungen einfach nur ab.
Entsprechend ist politische Arbeit im weitesten Sinne als einen Versuch, die bestehenden Gesetze zu gestalten, dann auch wichtig. Hier ist dann auch Kant inclusive, der kategorische Imperativ “stell dir vor, es würde jeder so machen” ist in allgemein geltenden Gesetzten dann ja eingebaut. Es muss es dann ja jeder so machen.
Ich finde es auch eigentlich gar nicht so wichtig, ob man jetzt z.B. Klimaschutz aus Eigenverantwortung oder durch staatliche Vorschriften hinbekommt. Dem Klima nützt beides. Was jetzt den Göttern gefällt, ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Klima wird die Götter jedenfalls auch interessieren. Wir haben nach 4 Mrd Jahren Evolution nicht die Aufgabe, diesen Planeten zu ruinieren. Und wir können es besser, da bin ich mir sicher. Ob jetzt Sex außerhalb der Ehe Sünde ist, wird mutmaßlich auch die Götter wenig interessieren. Wer hier mit wem ins Bett steigt, ist denn auch nach menschlichen Gesetzen inzwischen im wesentlichen freigegeben.
Wer sich aus Verantwortung dem eigenen Partner gegenüber Seitensprüngen enthält, handelt dann aber wirklich selbstverantwortlich moralisch. Das wäre eine der verbleibenden Gelegenheiten, wo persönliche Moral noch seinen Platz hat.
@ Tobias Jeckenburger
Als Revoluzzer wären Sie mir lieber. Dann würde wenigstens noch Blut durch Ihre Adern fließen. Als Hund mißfallen Sie mir. Nicht alle staatlichen Gesetze sind falsch -das behaupte ich nicht, auch wenn ich dem Staate gegenüber mißtrauisch bin -soviel Nietzsche muß sein! Es geht darum, ob ich die bestehenden Gesetze durch Einsicht zu meinen eigenen werden lassen kann. Das geht nicht durch hündisches Verhalten. Ich muß darüber nachdenken! Das kann mir kein Hund abnehmen. Nur durch die Einsichtsfähigkeit kann ich mir die Freiheit bewahren. Folgte ich blind einem Gesetze, so wäre ich ein Sklave!
Kant würde Ihnen links und rechts eine Ohrfeige geben. Nein, es muß eben nicht ja jeder so machen. Sie müssen mittels des Imperativs durch eigenständiges Denken Ihr Verhalten prüfen. Wer sein Denken an der Garderobe des Staates abgibt, steht noch vor der Aufklärung!
Nachtrag
Merksatz: durch das hündische Verhalten ist Demokratie nicht möglich! Der Sklave sucht stets den Herren. Und den gibt es nur in autokratischen oder diktatorischen Systemen.
Elektroniker,
Gut dass du das Judentum erwähnst. Die 3000 Jahre Erfahrung stecken im Alten und im Neuen Testament.
Kein Modehype kann diese Wahrheiten toppen.
Und wenn man Religion nur auf “ewige Wahrheiten” reduziert, hat die Religion schon ihre Daseinsberechtigung erlangt. Ich denke dabei an den Dekalog, der die Grundlage unseres Kulturschaffens ist.
Jetzt zu Popper, dieser “geistige Titan” der ist beim Denken ganz neue Wege gegangen indem er die Falsifikation als Leuchtturm im Denken sieht.
Aber damit hat er auch gleichzeitig der Religion das Leben schwer gemacht, weil eben die Verifikation, das Erleben des Guten einer Idee, in den Schatten gestellt wird. Wie will man die Behauptung “Gott ist tot” widerlegen ?
Paul S. würde sagen, die Falsifikation frisst sich wie eine Krebsgeschwulst durch das Gedankenreich und macht es sterblich.
Stephan Schleim
Mehr kann ich zu Herrn Popper nicht sagen, der übersteigt meine geistigen Fähigkeiten.
“Steven Weinberg über Religion und Gott” — letztes Kapitel aus dem Buch *Lake Views – This World and the Universe* von 2011:
https://uutampa.org/uuhumanist/shaagdata/history/120926_withoutgod_weinberg.pdf
Steven Weinberg schrieb in einem Essay (LI 84), dass die Naturwissenschaft nie zum Kern der Dinge vordringen werde und “schlimmer noch: Das Weltbild der Wissenschaft ist ziemlich entmutigend. Wir können der Natur weder einen Sinn des Lebens für uns entnehmen noch eine objektive Grundlage für unsere moralischen Prinzipien oder eine Entsprechung zwischen dem, was wir für das moralische Gesetz halten, und den Gesetzen der Natur, wie es sich die Philosophen von Anaximander und Platon bis Emerson erträumten. Obendrein erfahren wir, daß die Emotionen, die wir am meisten schätzen, unsere Liebe zu unseren Ehegatten und Kindern, ermöglicht werden durch chemische Prozesse in unserem Gehirn, das durch eine über Millionen von Jahren wirkende Auslese von zufälligen Mutationen zu dem geworden ist, was es ist. Und dennoch dürfen wir nicht in Nihilismus versinken oder unsere Emotionen unterdrücken. Im günstigsten Fall leben wir auf Messers Schneide, zwischen Wunschdenken auf der einen Seite und Verzweiflung auf der anderen.” – Wenn also Naturwissenschaft nicht “zum Kern der Dinge” vordringen kann, dürfen naturwissenschaftliche Erkenntnisse auch nicht unser Weltbild bestimmen.
Weiter war da John Eccles, als Folge seiner Gehirnforschung resümierte, der Geist benutze das Gehirn, wie der Klavierspieler das Klavier. Was wir brauchen ist eine Ganzheitswissenschaft, die vom LEBENDIGEN ausgeht.
Ich habe unter diesen Gesichtspunkt die darwinistische Evolutionstheorie revidiert und eine neue veröffentlicht, die dem Menschen grandiose Perspektiven eröffnet. Zugleich ist damit auch das Problem des Bewusstseins gelöst: https://www.academia.edu/47776276/Ursprung_und_Ziel_Wie_die_Evolution_weitergeht_
Manfred Reichelt
zum Link, Wie die Evolution weitergeht oder Was wir über die wesentlichen Dinge des Lebens erfahren müssen.
Da haben Sie sich viel vorgenommen, vorallem ist die Grenze zur Religion dabei offen.
Stephan Schleim
Nachtrag zu Falsifizierung.
Sie sagen, Gott lässt sich weder falsifizieren noch verifizieren. Das ist richtig, wenn man eine Grenze zieht zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften. Karl Popper hebt diese Grenze auf, indem er erlaubt jede Theorie aufstellen zu können und die Theorie solange gültig bleibt, bis sie falsifiziert ist.
Und da die Gesellschaft in Europa mittlerweile der naturwissenschaftlichen Denkweise den Vorzug gibt, und damit dem Darwinismus, lässt sich die Religion falsifizieren. (im Sinne von unbeweisbar) Das ist zwar nicht Poppers Absicht, eher das Gegenteil, die Gesellschaft handelt aber nach beweisbar und unbeweisbar. Und unbeweisbar meint hier falsifiziert. Oder strenger formuliert, was nicht verifiziert werden kann ,ist falsifiziert.
Popper mildert diese Folgen ab, durch die Prophezeiung einer Offenen Gesellschaft.
NOMA
Die Idee von den nicht überlappenden „Lehrämtern“ (Nonoverlapping Magisteria) finde ich wenig überzeugend. Es müsste schon eine sehr eingeschränkte, geradezu minimalistische Glaubenslehre sein, wenn sie nicht mit empirischen Erkenntnissen der Wissenschaften kollidieren soll.
In der Praxis funktioniert dieses Prinzip offenkundig nicht, und ob es vom Prinzip her überhaupt gelingen könnte, ist noch die Frage.
Lediglich im Denken mancher Menschen scheint die Trennung dieser beiden Lehrbereiche bzw. Sphären leidlich gut zu funktionieren—aber so genau können wir auch nicht wissen, wo jemand Abstriche bei der einen oder anderen Seite macht, damit es harmoniert und nicht zu inneren geistigen Konflikten kommt.
Popper (1940/2008, S. 48; dt. Übers.):
Das halte ich für interessegeleitetes Wunschdenken.
Zu moralischen Problemen können Wissenschaften ganz gewiss mehr und substantielleres beitragen als irgendeine Religion. Und zwar ganz ohne Grenzüberschreitung. Denn der Mensch befindet sich zur Gänze diesseits der vermeintlichen Grenze.
@ Dietmar Hilsebein 04.12.2022, 02:41 Uhr
Für Patrick Deneen ist es genau andersherum (Why liberalism failed, 2019). Beide Standpunkte haben etwas für sich. Adverbien wie “nur” und “stets” würde ich in diesem Zusammenhang lieber nicht verwenden.
@fauv
Falsifizierbarkeit ist nicht dasselbe wie Falsifizierung. Falsifizierung muss selber falsifizierbar sein und kann falsifiziert werden!
Poppers naiver Falsifikationismus, der von August Weismann 1868 erstmals formuliert wurde, ist durch den raffinierten Falsifikationismus von Imre Lakatos überholt worden. Hypothesen oder Theorien stehen nicht isoliert im Raum, sondern sind eingefügt in ein Netzwerk vorhandener und bewährter Theorien. Dieses Netzwerk wird mit dem Fortschritt der Wissenschaft immer dichter und zuverlässiger. Poppers Leistung ist die Widerlegung des Induktionismus. In Konkurrenz zum Falsifikationismus steht der Paradigmenwechsel bei Thomas Kuhn.
Alan F. Chalmers:
Die Wissenschaftsauffassung des raffinierten Falsifikationisten, die den Fortschritt der Wissenschaft hervorhebt, betont weit mehr die relativen Verdienste konkurrierender Theorien als die Verdienste einzelner Theorien. Diese Sichtweise vermittelt im Gegensatz zu der eher statischen Darstellung der meisten naiven Falsifikationisten ein eher dynamisches Bild der Wissenschaft. Statt zu fragen ,,Ist diese Theorie falsifizierbar?”, “Wie falsifizierbar ist diese Theorie?” und ,,Ist diese Theorie falsifiziert worden?”, wird nunmehr die Frage gestellt ,,Ist diese neu vorgeschlagene Theorie ein tragfähiger Ersatz für die Theorie, mit der sie konkurriert?”.
Typisch für Religionen ist, dass falsifizierte Theorien durch neue ad-hoc-Theorien ersetzt werden, um die fundamentalen und unfalsifizierbaren Behauptungen zu retten. So entsteht ein Netzwerk fadenscheiniger oder falscher Theorien, das zunehmend unglaubwürdiger und bizarrer wird.
@ Manfred Reichelt 04.12.2022, 10:57 Uhr
Zitat: „Ich habe unter diesen Gesichtspunkt die darwinistische Evolutionstheorie revidiert und eine neue veröffentlicht, die dem Menschen grandiose Perspektiven eröffnet. Zugleich ist damit auch das Problem des Bewusstseins gelöst“
Mich würde Ihre Sicht interessieren. Kann aber Ihr pdf weder herunterladen noch lesen, weil ich nicht bei Facebook bin, und Google hat mich aus unbekannten Gründen hinaus geschmissen.
Wesentliche „Schlagworte” würden reichen.
@ Timm Grams
Sie haben recht. Danke für den kritischen Hinweis.
Anton Reutlinger,
Die Falsifizierung ist ein Kind der Mathematik. Ein einziger Fehler in der Beweiskette stürzt das gesamte Gebäude.
Diese Denkweise auf die Geisteswissenschaften zu übertragen ist nicht zulässig.
Weil ein geisteswissenschaftliches System z.B. die Kategorien von Kant nur eine Denkhilfe sind , eine Ordnungshilfe, eine Interpretation .
Dass eine Falsifizierung falsifizierbar sein muss, wie soll das in der Mathematik dargestellt werden ?
Die Division durch 0 ist in der Mathematik nicht definiert. Die Durchführung führt zu einem Widerspruch. Das Gegenteil der Falsifizierung wäre hier die fehlende Definition.
Und genau das verlangt die Bibel beim Gottesbegriff: -“Du sollst dir kein Abbild von Gott machen”, heißt es im Dekalog. Jeder Verstoß dagegen , führt zu einem logischen Widerspruch. (das beste Beispiel ist die Theodizee)
@ fauv 04.12.2022, 11:30 Uhr
Der Satz “was nicht verifiziert werden kann, ist falsifiziert” hat mit Popper so gar nichts zu tun.
@ anton reutlinger 04.12.2022, 12:11 Uhr
Zitat: „Hypothesen oder Theorien stehen nicht isoliert im Raum, sondern sind eingefügt in ein Netzwerk vorhandener und bewährter Theorien. Dieses Netzwerk wird mit dem Fortschritt der Wissenschaft immer dichter und zuverlässiger.“
Das bezweifle ich. Ich fürchte, dieses Netzwerk wird immer instabiler, zumal wegen der zunehmenden Größe und Komplexität die Wahrscheinlichkeit von Fehlern zunimmt.
Der Grund könnte sein, dass im Grunde die „normale Sprache“ zur Formulierung der Thesen genutzt wird. Z.B. nicht einmal die strikte Einhaltung der Kategorien „automatisch“ geprüft wird, wie z.B. bei Programmiersprachen durch den Compiler. Natürlich können auch andere Fehler bei der Deklaration der Begriffe auftreten.
Die Informatiker haben gewusst warum derartiges unbedingt nötig ist, sonst würden die Programme völlig absurden Unsinn abliefern.
Zitat: „So entsteht ein Netzwerk fadenscheiniger oder falscher Theorien, das zunehmend unglaubwürdiger und bizarrer wird.“
Ich möchte hinzufügen, nicht nur die Religionen, auch die Wissenschaft ist von diesem Problem betroffen.
Die „religiösen Thesen“ haben sich übrigens mitunter mehrere Tausend Jahre „bewährt“, nicht aber die Thesen der Wissenschaft….
Timm Grams,
der Satz “was nicht verifiziert werden kann, ist falsifiziert”, der stammt von mir und soll heißen, “worin sich kein Sinn findet,das ist Unsinn”.
Also eine positivistische Einstellung.
Und die hat in den Naturwissenschaften durchaus Sinn.
Wenn man jetzt über Religion nachdenkt, dann sind Sinn und Unsinn eine Sache des Weitblickes. Bibelzitate sind so ein Beispiel, die auf den ersten Blick als Widerspruch gesehen werden auf den zweiten Blick als interpetationsbedürftig.
Und dann kommt die große Stunde der “Religionsfeinde”, die den Widerspruch als Fehler oder Unsinn kommentieren.
@Hilsebein 04.12. 02:12
„Es geht darum, ob ich die bestehenden Gesetze durch Einsicht zu meinen eigenen werden lassen kann. Das geht nicht durch hündisches Verhalten. Ich muß darüber nachdenken! Das kann mir kein Hund abnehmen. Nur durch die Einsichtsfähigkeit kann ich mir die Freiheit bewahren. Folgte ich blind einem Gesetze, so wäre ich ein Sklave!“
Jetzt soll ich den Unfug auch noch einsehen? Wenn etwa die Helmpflicht für Radfahrer kommt, dann bleibt mit nichts anderes übrig, als einen Helm aufzusetzen. Natürlich kann ich auch Widerstand leisten, und eben regelmäßige Bußgelder zahlen. Kann mir aber auch passieren, dass ich irgendwann richtig Ärger bekomme, und es mir untersagt wird, Fahrrad zu fahren.
Ich werde hier doch tatsächlich wie ein Hund behandelt, dass macht der Staat schon fast aus Gewohnheit. Natürlich kann ich diesen Paternalismus zum Kotzen finden, und ich kann in der Öffentlichkeit dagegen wettern, soweit ich Zeit dafür habe, und kann natürlich eine Partei wählen, die eben gegen Helmpflicht ist.
Ist mir zu kompliziert, ich setze dann einfach einen Helm auf. Auch wenn mir der Wind in den Haaren und das damit verbundene Freiheitsgefühl durchaus angenehm wäre.
Der Staat nimmt uns eben viele Entscheidungen ab. Was wir im Einzelfall persönlich davon halten, spielt kaum eine Rolle. Und es ist meistens Zeitverschwendung, sich hier allzuviel Gedanken zu machen, besser wir konzentrieren uns auf unsere verbliebene Freiheit. Und gucken da, was jetzt moralisch richtig ist, und handeln auch danach.
Es interessiert auch den Gesetzgeber meistens nicht, was das betroffene Individuum von dem Gesetz hält. Es geht eben um die Sache, und wenn man den Helm trägt, schützt das auch dann vor Kopfverletzungen, wenn man den Helm unfreiwillig aufsetzt.
„Sie müssen mittels des Imperativs durch eigenständiges Denken Ihr Verhalten prüfen.“
Für was denn? Wenn die Helmpflicht kommt, dann hat doch der Gesetzgeber die Entscheidung definitiv getroffen. Nur solange man mir die Selbstverantwortung lässt, muss sich mir selber überlegen, ob ich nun den Helm benutze oder nicht.
„Wer sein Denken an der Garderobe des Staates abgibt, steht noch vor der Aufklärung!“
Wenn sich auch der demokratische Staat mit aller Staatsgewalt in Dinge einmischt, die der Bürger auch ganz gut selber regeln kann, dann kann ich doch höchstens Parteien wählen, die weniger dazu neigen, überaktiv zu sein. Direkter Widerstand ist meistens aussichtslos. Manchmal kann man es mit dem Verfassungsgericht probieren. Derweil die Gerichte noch nicht entschieden haben, muss ich den Helm aber auch dann aufsetzen.
@ Tobias Jeckenburger
Warum sind Sie so pessimistisch, daß Sie ja doch nicht ändern können? Gab es nicht mal eine Greta Thunberg, die ganz allein auf der Straße saß und dann eine ganze Bewegung ins Rollen brachte?
“Es heißt in den Schriften der Weisen: „Ihr sollt die Schlange nicht deshalb gering achten, weil sie keine Hörner hat. Niemand weiß, ob aus ihr nicht einst ein Drachen wird, wie auch aus einem einzelnen Mann eine ganze Armee werden kann.”
@Hilsebein 04.12. 02:12
„Warum sind Sie so pessimistisch, daß Sie ja doch nicht ändern können?“
Wenn es tatsächlich um Helmpflicht für Radfahrer geht, da sehe ich die Sache aussichtslos, hier Widerstand zu leisten. Hier haben wir nur eine kleinere Meinungsverschiedenheit, keine weltbewegende Frage. Die Masse der Vorschriften, die verzichtbar sind, wären dann schon aber ein sinnvolles Arbeitsgebiet, auch öffentlich zu thematisieren.
„Gab es nicht mal eine Greta Thunberg, die ganz allein auf der Straße saß und dann eine ganze Bewegung ins Rollen brachte?“
Ich sag ja nichts gegen kompetente Öffentlichkeitsarbeit. Gerade wenn es um wirklich große Themen geht. Und Gretas Widerstand geht ja nicht nur um staatliches Handeln, sondern schließt ja gerade auch den Einzelnen mit ein. Hier wird neben der Förderung von grüner Technik auch eine Reduktion von jede Menge Konsum gefordert. Teils durch Gesetze, aber auch in der Eigenverantwortung des Einzelnen.
@ Elektroniker, 04.12.2022, 12:19 Uhr
Wenn Sie hier schreiben können, haben Sie doch einen Browser um ins Internet zu kommen. Auf facebook habe ich meine Arbeit nicht veröffentlicht, sondern hier: https://www.academia.edu/47776276/Ursprung_und_Ziel_Wie_die_Evolution_weitergeht_ (Sie müssten eigentlich da den Text lesen können, ohne ihn herunterzuladen. Mit dem cursor ganz rechts nach unten ziehen.)
In Stichworten: Ich gehe davon aus, dass das biologische Leben nur eine Erscheinungsform des “Lebens an sich und Materie gewissermaßen eine Entvitalisierung darstellt. Also alles ist aus dem Lebendigen entstanden. Damit hat Leben weder Anfang noch Ende. Wir Menschen haben also berechtigte Hoffnung über unseren individuellen Tod hinaus.
@Elektroniker
Die „religiösen Thesen“ haben sich übrigens mitunter mehrere Tausend Jahre „bewährt“, nicht aber die Thesen der Wissenschaft….
“Bewährt” in Form von Religionskriegen, Kreuzzügen, Menschenrechtsverletzungen, Hexenverbrennungen, Hinrichtungen, Verfolgungen, Diskriminierungen …
Die “religiösen Thesen” sind nichts als Behauptungen, in aller Regel ohne empirische Grundlage, ohne Logik, ohne nachvollziehbare Begründung, ohne Bezug zur realen Welt. Natürlich gibt es im Umfeld der religiösen Thesen viele Nebensätze, wie die Prinzipien der Moral, die Begründungen oder soziale Rechtfertigungen haben können. Im Gegenzug aber dient diese Moral auch der Stigmatisierung, der Unterdrückung, der Sanktionierung, der Ausmerzung von Widerspruch, den willkürlichen Machtansprüchen.
fauv 04.12.2022, 13:24 Uhr
Es ist ja gerade die positivistische Einstellung des Wiener Kreises, gegen die sich Karl Raimund Popper so stark gemacht hat. Er lehnt das Induktionsprinzip ab. Darin folge ich ihm.
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno legen den Begriff Positivismus sehr weit aus: Positivistisch ist für sie alles, was sich auf Fakten beruft und darauf Logik, Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnung anwendet. In diesem Sinne haben sie Karl Popper den Positivisten zugerechnet. Genau um diese Art des Positivismus geht es im Positivismus Streit der 60er Jahre. Diesen Positivismus meinen sie aber offensichtlich nicht.
Den Satz “worin sich kein Sinn findet, das ist Unsinn” finde ich grotesk. Welchen Sinn wollen Sie denn in der Fünften Sinfonie von Beethoven finden? Meine Suche jedenfalls ist erfolglos. Unsinn ist die Sinfonie für mich deswegen trotzdem nicht. Die Gottesvorstellung hat für viele, viele Leute einen Sinn.
Anton Reutlinger
…….Die „religiösen Thesen“ haben sich übrigens mitunter mehrere Tausend Jahre „bewährt“, nicht aber die Thesen der Wissenschaft….(Elektroniker)
Was Sie bemängeln sind die Fehler der Menschen. Bleiben Sie sachlich !
Bei den religiösen Schriften geht es um ewige Wahrheiten. Z. B. du sollst nicht töten . Reicht das nicht? Du sollst nicht stehlen ! Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten !
Nachzulesen im Dekalog, Altes Testament.
Theorien in der Physik brauchen ein update oder werden sogar verworfen, wie die Lehre, dass die Erde eine Scheibe ist.
Aber auch hier geht die Kritik an die Erkenntnisfähigkeit der Menschen.
Und bei den nichtreligiösen Weltanschauungen wird es geradezu apokalyptisch.
Josef Stalin ließ Tausende von Menschen bei seinen Säuberungsaktionen töten, dagegen sind die Hexenverbrennungen der Christen geradezu gering.
Fazit, Herr Reutlinger, Sie suchen am falschen Ende. Religiöse Menschen sind pflichtbewusst, zuverlässig und staatstragend.
Der Autobiografie- Band Band von 1979/1982 :
Karl R. Popper: “Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung enthält auf 371 Seiten kürzere Texte zu allen hier angesprochen Aspekten der Popper`schen Philosophie. (Verlag Hoffmann und Campe)
Manche hier werden eventuell nicht wenig staunen (nicht nur) über die folgenden kurzen Zitate daraus:
Kapitel 21: Drohender Zweiter Weltkrieg und “Judenfrage” auf Seite147:
“….Obwohl Juden (und Menschen jüdischer Herkunft) vor dem Gesetz mit anderen gleichgestellt waren, so wurden sie nicht in jeder Hinsicht als gleichgestellt behandelt. Dennoch glaube ich, dass die Juden so gut behandelt wurden, wie man es vernünftigerweise verlangen konnte. (Sie hatten mehr Rechte, als die Araber in Israel heute)
(Zitatende, Hervorhebung von mir)
Kapitel 37 ab Seite 24:
Darwinismus als metaphysisches Forschungsprogramm :
“…..Situationslogik. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Frage des Wissenschaftscharakters der Darwinschen Theorie und im weitesten Sinn der Theorie von Versuch und Fehlerelimination interessant. Ich bin zum Schluss gelangt, dass der Darwinismus keine prüfbare wissenschaftliche Theorie ist, sondern ein metaphysisches Forschungsprogramm – ein möglicher Rahmen für empirisch prüfbare wissenschaftliche Theorien………( Die Theorie der Gene ist eine offensichtlich prüfbare Theorie. MeineThese hinsichtlich des Darwinismus geht davon aus, dass der Darwinismus die Theorie der Gene nicht einschließt.
(Zitatende aus S.244. Hervorhebungen von mir)
____________________________________
Im Text ” “Von der Notwendigkeit des Friedens” schlägt er nach der Dekonstruktion des stalinistischen Marxismus ab Seite 315 folgendes (Weltverbesserungs-)Programm vor:
1. Mehr Freiheit, kontrolliert durch Verantwortlichkeit
2.Weltfrieden
3.Bekämpfung der Armut.
( Durch “gewisse Eingriffe in die Freie Marktwirtschaft ….Aber wir mischen uns ständig in die freie Marktwirtschaft ein…….)
4.Bekämpfung der Bevölkerungsexplosion.
(..Dieser Punkt ist von größter Dringlichkeit…)
5. Erziehung zur Gewaltlosigkeit
(Zu der er auch die Bekämpfung von Grausamkeit und “seelischer Grausamkeit” zählt. Und : ” Haben Sie Mut, sich über Moden hinwegzusetzen……. das ist wohl der beste Beitrag, den Sie für die Freiheit leisten können)
6. Beherrschung und Einschränkung der Bürokratie. (Wozu er , obwohl es nötig sei, nicht viel (mehr) sagen möchte
Quelle: Karl.R.Popper: “Alles Leben ist Problemlösen” Über Erkenntnis, Geschichte und Politik”, Piper- Verlag 1994
____________________________
Oder etwas aus einem Text von 1977 im UTB- Band “Karl Popper Lesebuch
(1995- 1997 bei Mohr Siebeck) auf Seite 227 – 228:
“.. Die Behauptung, dass die Evolution restlos erklärt ist, ist natürlich eine kühne Behauptung und ganz und gar nicht nachgewiesen. Alle wissenschaftlichen Theorie sind Vermutungen, sogar jene, die viele strenge und verschiedenartige Prüfungen erfolgreich bestanden haben….”
Er schreibt dann weiter, dass er die Mendelsche Untermauerung sowie die Theorie der Entwicklung (möglicherweise) aus einem einzigen Organismus für “gut geprüft” hält. Jedoch sei Darwins eigener höchst bedeutender Beitrag zur Evolutionstheorie – seine Theorie der natürlichen Selektion – schwierig zu prüfen.. Es seien “wirklich strenge Prüfungen der Evolutionstheorie schwer zu finden, viel schwerer als Theorien in der Physik oder Chemie”.
Dann führt er aus, dass (auch) er “die Theorie früher als “fast tautologisch” bezeichnet habe. Dann aber habe er versucht zu zeigen, dass die Theorie der natürlichen Selektion trotz ihrer Unüberprüfbarkeit “doch von großem wissenschaftlichen Interesse” sei. Und zwar als ein “höchst erfolgreiches Metaphysisches Forschungsprogramm”
Das glaube er zwar jetzt immer noch, doch sehe er die Sache (insgesamt?) jetzt anders und er freue sich über die Gelegenheit, seine Sinnesänderung einzugestehen. ( Seite 229 im “Popper- Lesebuch)
Wenn schon immer wieder auf das Falsifikationsgebot rekursiert wird, sollte auch auf dessen kritische Einschätzung durch die “Popper-Schüler” und mehr oder weniger vehementen (zeitgenössischen) Kritiker P. Feyerabend, Imre Lakatos und Thomas Kuhn hingewiesen werden.
Als aktuelle “Nachwehen” dieser Kritik (besonders von Feyerabend) könnte auch das Folgende aus dem relativ aktuellen Artikel “ Der beschädigte Nimbus: Fälschung, Betrug und Streit in der Wissenschaft” aus “Zeitgeist online” betrachtet werden:
“….Täuschung im wissenschaftlichen Leben gilt als Angriff auf das Ethos eines höchst respektablen Berufs. Sie wird als gravierender empfunden als Täuschung im sozialen oder politischen Leben, weil hier die Fallhöhe vom Sockel normativer Ansprüche zum Boden normverletzende Fakten größer ist als dort. Betrug in der Wissenschaft untergräbt das Phänomen, das William Broad und Nicholas Wade als den „Mythos der Logik“ bezeichnen,2 d. h. den kollektiven Glauben an die Unfehlbarkeit von Menschen, deren professionelles Tun mutmaßlich vom reinen Logos geleitet wird und die man insofern über kriminelle Neigungen und „unreine“ Versuchungen erhaben wähnt. Indes − bestünde eine solche Resistenz, gäbe es weder die skandalösen Betrügereien von Wissenschaftlern, die im Forschungsbetrieb skrupellos mogeln, noch die heftigen Kontroversen unter Experten, die unerschütterlich auf ihre eigene Kompetenz pochen. Drei Beispiele:
…………. (Ende der Zitation) aus :
Quelle:
https://zeitgeist-online.de/exklusivonline/fachartikel/1099-der-beschaedigte-nimbus-faelschung-betrug-und-streit-in-der-wissenschaft.html
Dort liest man auch (neben 4weiteren ) die folgende Forderung an (redliche) Wissenschaftler:
“…..die Normen der Ehrlichkeit, welche Glaubwürdigkeit (beim eigenen Verhalten), Offenheit (gegenüber abweichenden Überzeugungen oder Lehrmeinungen), Stetigkeit (beim Verfolgen von Problemlösungen), Wahrhaftigkeit (bei der Präsentation und Interpretation von Befunden) sowie Bereitschaft zum Umdenken (bei „unbequemen“ Alternativen) einschließen;..”
(Zitatende, Hervorhebung von mir)
Zum Folgenden:
“…..Den Satz “worin sich kein Sinn findet, das ist Unsinn” finde ich grotesk. Welchen Sinn wollen Sie denn in der Fünften Sinfonie von Beethoven finden? Meine Suche jedenfalls ist erfolglos. Unsinn ist die Sinfonie für mich deswegen trotzdem nicht. Die Gottesvorstellung hat für viele, viele Leute einen Sinn….”
Dazu eine kleine Metapher:
Der (sinnsuchende) Wissenschaftler (hier vielleicht ein Zoologe) geht zum Schwanenteich im Stadtgarten und findet an diesem Tag keinen einzigen Schwan.
Zieht er dann daraus den Schluss, dass alle Besuche im Stadtgarten mit dem Motiv Schwäne zu entdecken (oder dort zu erforschen) , absolut sinnlos und deswegen “unwissenschaftlich ” seien?
Und wenn er dort sein Leben lang nur weiße Schwäne (empirisch) ” entdeckt” bzw. “beobachtet” hat, kann er daraus den Schluss ziehen, dass es auf der Erde generell keine schwarzen “Schwäne gibt oder gar “geben könne” ?
Ich weiß , ein uraltes, ziemlich abgenutztes Beispiel. Aber natürlich immer wieder aktuell .
Zum Beispiel, etwas abgewandelt und weit polemischer, auch so:
Ist die Beobachtung, dass die Globaltemperatur in den letzten Dekaden kontinuierlich angestiegen ist der unwiderlegbare Beweis dafür, dass uns in 30 oder 50 Jahren der endgültige Hitzetod droht ? (-: (-;
Zum Folgenden:
“…..Typisch für Religionen ist, dass falsifizierte Theorien durch neue ad-hoc-Theorien ersetzt werden, um die fundamentalen und unfalsifizierbaren Behauptungen zu retten. So entsteht ein Netzwerk fadenscheiniger oder falscher Theorien, das zunehmend unglaubwürdiger und bizarrer wird…”
(Zitatende)
Auch wenn es vermutlich stimmt wäre ich damit mal (mehr als) sehr vorsichtig, Herr Reutlinger.
Denn wie bestimmt auch Sie wissen , kann das sehr schnell auf (sehr) viele Bereiche gerade auch der aktuellen (theoretischen) Naturwissenschaften
als gewaltiger Bumerang zurückfallen.
Denn immer mehr Kritiker (auch von innerhalb der “community) formulieren das heute nicht ohne Berechtigung so:
Typisch für ( zumindest eine rein mathematisch – theoretische) Wissenschaft ist, dass ( halb oder ganz falsifizierte) Theorien durch neue ad-hoc-Theorien ersetzt werden, um die fundamentalen und unfalsifizierbaren Behauptungen zu retten. So entsteht ein Netzwerk fadenscheiniger oder falscher Theorien, ( die eigentlich nur empirisch unprüfbare mathematische Hypothesen sind) das zunehmend unglaubwürdiger und bizarrer wird.
Haben Sie Gegenargumente?
little Louis,
Sinn und Unsinn sind Schlussfolgerungen oder Bewertungen und nur im Zusammenhang zu sehen.
Die fünfte Sinfonie zu senden ,anstelle einer SOS Meldung, wenn das Schiff sinkt, das ist Unsinn.
Die fünfte Sinfonie zu spielen wenn das das Publikum wünscht, das ist sinnvoll.
Was jetzt den Hitzetot betrifft. Der kann auch ausbleiben, wenn die Erde vorher von einem Meteoriten getroffen wird.
@fauv
Bei den religiösen Schriften geht es um ewige Wahrheiten. Z. B. du sollst nicht töten
Dazu braucht es keine Religion, das sagt die menschliche Vernunft, die schon vor allen Religionen vorhanden war. Es sind gerade die Religiösen, die sich im Alleinbesitz der Wahrheit wähnen und gegen ihre eigenen Regeln verstoßen, siehe Iran zur Zeit wie auch das christliche Russland.
Fazit, Herr Reutlinger, Sie suchen am falschen Ende. Religiöse Menschen sind pflichtbewusst, zuverlässig und staatstragend.
Das behaupten die Religiösen von sich selber. Den Beweis dafür sind sie aber über Jahrtausende schuldig geblieben. Das Fazit ist, dass Religionen das Gegenteil dessen hervorbringen, was sie vorgeben, somit keine Existenzberechtigung haben. Nur dank der religiösen Indoktrination im Kindesalter mit Unterstützung des Staates bleiben sie erhalten.
Nicht die Naturwissenschaft ist eine Konkurrenz und Gefahr für die Religionen, sondern die Psychologie und die Philosophie. Die Psychologie hat sich aber bisher nicht von der Bevormundung aus der Religion befreien können wie die Naturwissenschaft und die Philosophie, weil sie sich noch zu wenig mit den Ängsten und Befindlichkeiten der Menschen befasst und weil zu wenige Menschen mit ihren Erkenntnissen vertraut werden.
A. Reutlinger,
wir haben ja eine Reformation gehabt, die Protestanten haben sich von der Bevormundung durch den Vatikan befreit.
Trotzdem bleiben die religiösen Wahrheiten unangetastet. Warum ? Weil sie vernünftig sind.
Sie sprechen die menschliche Vernunft an, die ist tatsächlich die Voraussetzung, dass Religion sich segensreich entfalten kann.
Und die Tatsache, dass es keinen Kulturkreis ohne Religion in irgendeiner Form gibt, zeigt, dass Vernunft und Religion zusammengehören.
fauv 04.12.2022, 16:06 Uhr
Glauben Sie wirklich, mit einem solchen Wechsel der Kommunikationsebenen könne man eine fruchtbare Diskussion bestreiten?
@ anton reutlinger 04.12.2022, 14:50 Uhr
In unserer heutzutage weitgehend säkularen Welt könnten wir uns allen technischen Erleichterungen und unseren Freiheiten hingeben, Schwerstarbeit wird durch Technik weitestgehend substituiert. Wir könnten ausflippen vor Glückseligkeit, weil die Pfaffen nichts mehr zu reden haben.
Nur, statt Glückseligkeit gibt es Depressionen, viel Elend und die Psychiater sind ausgebucht,….
Wie schaut es wirklich aus? Der Krieg um unsere Werte in der Ukraine könnte zum Weltkrieg und der Auslöschung unserer Zivilisation führen, bei den neuen „Kreuzzügen“ waren wir in Afghanistan, oder die Nato Osterweiterung, die Hetze in den Medien gegen Länder mit anderen Sichtweisen (Persien, China, …), dann gäbe es noch die Obdachlosigkeit (Menschenrechte??). Temporär gab es Massentötungen, von den Nazis, nicht von den „Religiösen“.
Heutzutage könnte man sich durchaus wegen der Überbevölkerung sorgen, aber früher wäre die Gesellschaft ohne Religionen ausgestorben. Sieht man heute in der Statistik, die „Religiösen“ werden weltweit immer mehr, die andern „sterben aus“….. .
Zitat: „Die “religiösen Thesen” sind nichts als Behauptungen, in aller Regel ohne empirische Grundlage, ohne Logik, ohne nachvollziehbare Begründung, ohne Bezug zur realen Welt.“
Das stimmt so nicht. Die Moslems sollen z.B. (mit welchen Methoden auch immer) genau ausgetüftelt haben, nach welcher Entfernung von der Einleitung von Fäkalien in einen Fluss das Wasser wieder (wegen der „Selbstreinigung“) zum Trinken verwendet werden darf.
Selbstverständlich hatten Religionen intern absolut nachvollziehbare Begründungen für ihre Entscheidungen. Sie machten sie aber nicht kund, weil sie von den Betroffenen, nahe liegender Weise, unterschiedlich bewertet werden, was zu schweren Konflikten führen kann. In diesem Sinne hört man gelegentlich schon wieder den Ruf nach dem „starken Mann“, einen Führer 2.0, der alle Probleme mit eiserner Faust behebt.
Ein von der Pandemie mit Jobverlust betroffener Bürger, sieht die Pandemie ganz anders, als einer der daran sterben könnte….
Der Machtanspruch dient normalerweise der für die Gesamtheit des Volkes optimalen Prozesssteuerung.
@Louis
Haben Sie Gegenargumente?
Selbstverständlich gibt es auch in der Naturwissenschaft kühne Hypothesen, die zunächst nicht überprüfbar sind, so wie die Relativitäts- und die Treibhaustheorie. Es gibt in der Wisssenschaft aber auch Fortschritte der Instrumentellen Möglichkeiten, oftmals gerade infolge solcher Hypothesen. Inzwischen ist die Relativitätstheorie vielfach empirisch bestätigt, ebenso die Treibhaustheorie und die Gravitationswellen!
“Die Wissenschaft” ist ein Heer von Wissenschaftlern, die sich gegenseitig kritisieren. Kein seriöser Wissenschaftler behauptet von sich, “ewige Wahrheiten” zu verkünden, wie es die Theologen unbekümmert tun. Auch die Relativitätstheorie wird in der gegenwärtigen Form wahrscheinlich nicht ewig gelten. Es ist auch klar, dass die Naturwissenschaft nicht alle Rätsel der Welt lösen kann – so what.
@Elektroniker
Die Moslems sollen z.B. (mit welchen Methoden auch immer) genau ausgetüftelt haben, nach welcher Entfernung von der Einleitung von Fäkalien in einen Fluss das Wasser wieder (wegen der „Selbstreinigung“) zum Trinken verwendet werden darf.
Waren das genuin religiöse Methoden, oder waren es nicht doch wissenschaftliche Methoden? Dass religiöse Menschen nicht notwendig dumm sind, das sei zugestanden. Gerade die Moslems haben bewunderungswürdige Leistungen vollbracht, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Kunst, siehe die Mauren in Spanien. Mit dem religiösen Glauben hat das aber nichts zu tun, sondern mit dem menschlichen Verstand und der Vernunft. Bezeichnenderweise haben die Christen fast alles wieder zerstört!
Timm Grams
Die Begriffe sinnvoll und sinnlos bekommen nur dann einen Inhalt, wenn man ein Beispiel nennt. In der Mathematik nennt man solche Begriffe Variable z. B. x.
Sinnvoll ist X dann, wenn es eine Bedingung erfüllt. Wenn man bei einem Witz = x
an der falschen Stelle lacht, dann war der Witz sinnlos. Lacht man an der richtigen Stelle, dann war der Witz sinnvoll, denn er hat den Zuhörer zum Lachen gebracht. Das ist der sinn eines Witzes.
Und jetzt, was meinen Sie mit Kommunikationsebene ?
“Kein seriöser Wissenschaftler behauptet von sich, “ewige Wahrheiten” zu verkünden” (Zitatende)
Doch , in gewisser Weise schon.
Zum Beispiel glauben vielen Wissenschaftler inbrünstig, dass alles, was was zur Zeit (!) nicht empirisch fassbar bzw. nicht methodisch erforschbar ist, nicht existent sei. Und verkünden das als eine Art von “ewiger naturwissenschaftliche Wahrheit”
Andere wiederum glauben, dass alles, was mathematisch konsistent formuliert wurde, als nahezu ewige wissenschaftliche Wahrheit zu gelten habe. Weil sie der (ontologischen) Überzeugung sind, dass die die Natur (bzw. die “Naturgesetze”)
auf nichts anderem als “Mathematik” beruhten. Und halten auch das für eine Art von ewiger wissenschaftlicher Wahrheit.
@Louis
Welche Wissenschaften meinen Sie eigentlich? Die Mathematik, wie auch die Logik, beruht auf den Naturgesetzen, nicht umgekehrt. Auch das menschliche Denken beruht auf den Naturgesetzen. Es ist nicht unabhängig von der Natur und nicht vor der Natur. Insofern sind die Naturgesetze solange gültig, wie es denkende Menschen gibt. Der Mensch muss mit der Wissenschaft leben, wie sie ist oder wie er sie macht, eine andere gibt es nicht – auch wenn Sie gerne eine andere hätten.
A. Reutlinger,
gut, dass Sie eine eindeutige Aussage gemacht haben, ” die Mathematik beruht auf den Naturgesetzen”.
Der Mathematiker Kronecker behauptete: Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht.
Das ist auch nur bildhaft gemeint, aber es sagt aus, die Abstraktion von Dingen sind nicht die Dinge selbst. Die Zahlen sind die Abstraktion von Mengen und die können nur denkende Wesen vollbringen, Menschen und Säugetiere.
Die Logik ist nur eine andere Form von den Gesetzen zwischen Zahlen.
Naturgesetze sind nur Abstraktionen von den Zusammenhängen zwischen Zeit, Masse und Entfernung.
Und diese Zusammenhänge sind immer gültig, auch wenn es keine Masse , keine Zeit und keine Entfernung mehr gibt.
Denn ein Gedanke ist ewig, einmal gedacht kann er nicht mehr rückgängig gemacht werden.
@ fauv 04.12.2022, 17:37 Uhr
Ich habe und hatte viel mit Mathematikern zu tun, aber dass jemand eine Variable sinnvoll genannt hat, ist mir noch nicht begegnet. In der Mathematik sind Sätze wahr oder falsch. Es kann sinnvoll sein, eine Variable einzuführen, oder aber auch sinnlos. Die Variable selbst ist nichts von dem. Auch dass man einen Witz sinnvoll oder sinnlos nennt, ist mir noch nicht begegnet. Er ist schlecht oder gut oder irgendetwas dazwischen.
Ich fürchte, Sie halten nicht auseinander, was etwas ist einerseits und was man damit macht andererseits. Es sind verschiedene Ebenen.
@Reutlinger: Logik & Mathematik
LOL, jetzt wird’s noch schräger als beim reutlingerischen “reduktionistischen Holismus”. Oder war es ein “holistischer Reduktionismus”?
Mathematik und Logik sind, wenn überhaupt, dann Geisteswissenschaft.
Tipp: Suchen Sie doch einmal die natürliche Entsprechung der Zahl eins.
Und wenn Sie die gefunden haben, machen Sie dasselbe mit der Null.
Viel Spaß!
“…Die Wissenschaft” ist ein Heer von Wissenschaftlern, die sich gegenseitig kritisieren…” (Zitatende)
Hielten Sie diese Behauptung auch aufrecht, wenn ich auf ca. 90% der “Klimawissenschaftler” verweisen würde ? (-: (-;
@Balanus: balanesische Kirche
Na ja, warum überhaupt etwas ist und nicht nichts – das kannst du nicht naturwissenschaftlich beantworten. (Obwohl es zweifellos etwas gibt, nicht nur nichts.)
Warum die Naturkonstanten und -Kräfte überhaupt so sind, dass stabile Strukturen (bzw. Ordnung) möglich sind (und nicht nur Zerfall/Chaos), kannst du auch nicht beantworten. Idem dito.
Und auch warum es geboten ist, Balanus hier diskutieren zu lassen, statt bei ihm die Inquisition vorbeizuschicken und einer “peinlichen Befragung” zu unterziehen, kannst du allenfalls moralisch, nicht naturwissenschaftlich beantworten.
Grams: Götter – Gene – Genesis
Na ja – dass man religiöse Phänomene evolutionär erklären kann, wenn man es denn will, ist ein alter Hut. Bestimmte Religionen bieten eben Vorteile fürs Leben, Überleben und Fortfpflanzen.
Ob diese Erklärungen zutreffen, steht aber auf einem anderen Blatt. Im Gegenteil könnte man dann argumentieren, dass der Nutzen von Religionen (pragmatisch gesehen) ein Hinweis auf deren Wahrheit ist; was nutzen aber evolutionäre Erklärungen?
P.S. Bedenklich stimmt mich auch, wenn Autorinnen und Autoren über sich selbst schreiben:
Aha.
fauv 04.12.2022, 17:37 Uhr
Übrigens: Mark Twain hat einmal einen völlig witzlosen Witz völlig unverändert wiederholt und das so oft, bis das Publikum gelacht hat. Der Witz war schlecht, die Darbietung Spitze.
@ A.R. und zu:
“..Der Mensch muss mit der Wissenschaft leben, wie sie ist oder wie er sie macht, eine andere gibt es nicht – auch wenn Sie gerne eine andere hätten…” (Zitatende)
……oder wie er sie macht,…….
Eben darum geht es ja gerade. Ich hätte halt gerne mehr Transparenz und mehr Offenheit in “erknntnistheoretischer” bzw. “wissenschaftstheoretischer” Hinsicht.
Also weniger strikt geleugneten Dogmatismus und weniger kastenartige
Selbstabschottuung der “Community, mit welcher viele versuchen, sich gegen zu viel lästige Kritik von “Außen” zu immunisieren.
Das ist nicht nur ein akademisches Luxusproblem. Denn die “Scientific- Community ” mischt inzwischen (wieder) gewaltig in der Politik mit . Ob gewollt oder gezwungenermaßen. Und es ist unredlich und demokratieschädlich, Steuerzahlern Halbmärchen über den (realen) Wissenschaftsbetrieb und die oft (natürlich nicht ausnahmslos) dahinterstehenden (nichtwissenschaftlich- politischen) Interessen zu erzählen.
Weil ich es (erst) heute gerade gelesen hab , dazu mal auch das Folgende Beispiel
(Wozu manche natürlich wieder sagen werden , da handle es sich nicht um ((echte)) Wissenschaftler) (-:
https://www.heise.de/tp/features/Covid-Impfungen-Das-Problem-des-Nicht-Wissen-Wollens-7364192.html
@ Stephan Schleim 04.12.2022, 18:41 Uhr
Ich will und kann die Autoren von Götter – Gene – Genesis nicht verteidigen. Aber vielleicht lese ich den Werbetext etwas anders als Sie. Dort steht: Die Antwort sei überzeugend (eine subjektive Wertung) auf der Grundlage überprüfbarer Tatsachen (objektiv). Ein solcher Werbetext wird üblicherweise vom Verlag verantwortet.
@ anton reutlinger 04.12.2022, 17:15 Uhr
Für mich sind Religionen „psychische Betriebssysteme“, geeignet für komplexere neuronale Netzwerke. Sie sind so optimiert, um mit den Anforderungen der jeweiligen Umwelt zurecht zu kommen, so wie Computer Betriebssysteme.
Die Wissenschaft liefert zweckmäßige Erkenntnisse, sozusagen „Werkzeuge“, um mehr, zunächst einmal ohne besonderen Anlass, über die Welt zu erfahren. Natürlich sind die „Werkzeuge“ oft auch sehr nützlich, um das Leben zu erleichtern. Es sind Tools, aber keine Betriebssysteme.
Auf Empfehlung eines Bekannten meines Vaters, der Insider im Schulwesen war, kam ich in ein Kosten günstiges, katholisches Internat, in dem ein spanischer (aus meiner Sicht extrem intelligenter) Jesuit, maßgeblich für das damals „modernste“ Erziehungskonzept stand.
Abgesehen von den recht strikten „Trainingsmethoden“, beruhte das Konzept auf so etwas wie „bewusste und systematische Musteranalysen“ und „Synthesen“. Wie es letztlich heute in der KI zur Anwendung kommt, aber ein „uralter Hut“ (Gleichnisse) in der „christlichen“ Vermittlung von Wissen ist.
Von Missständen habe ich nichts wahrgenommen, im Gegenteil, es wurde, man könnte sagen übertrieben, auf höchste „Korrektheit“ und natürlich auch auf humanitäre Grundsätze bestanden.
Eine, möglicherweise übertriebene, „Beißhemmung“ gegen „kirchliches Personal“ habe ich nur deswegen, weil ich den Eindruck hatte, die nehmen es doch tatsächlich ernst mit „Humanität und Nächstenliebe“. Dr. Schleim dürfte sich durch ähnliche Beobachtungen seine „Beißhemmung“ aufgerissen haben.
Christen und Moslems sind nun einmal konkurrierende „Ideologiekonzerne“. Wettbewerb kann zu „Krieg“ entarten, war schon immer so.
@Grams: Einen solchen Werbetext liefern i.d.R. die Autoren selbst. In jedem Fall segnen sie ihn ab.
@Louis
Hielten Sie diese Behauptung auch aufrecht, wenn ich auf ca. 90% der “Klimawissenschaftler” verweisen würde ?
Meinen Sie, 90% der Klimawissenschaftler kritisieren sich nicht gegenseitig?
In welchem Wissenschaftszweig gibt es intensivere gegenseitige Kritik als in der Klimawissenschaft, wenn man die vergangenen Jahrzehnte betrachtet? In den letzten Jahren allerdings wird die Kritik immer weniger, weil die Evidenzen immer deutlicher werden. Trotzdem gibt es immer noch Wissenschaftler, die den Treibhauseffekt bezweifeln, allerdings stehen diese Wissenschaftler auf den Gehaltslisten von Öl- und Kohlekonzernen. Daran ist deutliche Kritik berechtigt und notwendig.
Skepsis gegenüber der Wissenschaft ist immer legitim, Kritik dann, wenn sie begründet oder berechtigt ist. Zweifel und Misstrauen dagegen müssen sehr gut begründet und belegbar sein. Exxon und Shell finanzieren seit Jahrzehnten ominöse Forschungsinstitute für Gefälligkeitsstudien gegen den Klimawandel. Ähnliches ist bekannt von gewissen Pharma- und Chemiekonzernen.
Wissenschaftler sind halt auch nur Menschen, nicht anders als Theologen. Die Aussagen von Wissenschaftlern lassen sich überprüfen, die von Theolügen nicht.
Stephan Schleim 04.12.2022, 20:08 Uhr
Ja. Aber es bleibt ein Werbetext.
@Stephan // 04.12.2022, 18:32 Uhr
» Na ja, warum überhaupt etwas ist und nicht nichts – das kannst du nicht naturwissenschaftlich beantworten. «
Habe ich auch nicht behauptet.
Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Von *Natur*wissenschaften war bei mir nicht die Rede, sondern von Wissenschaften generell.
»Und auch warum es geboten ist, Balanus hier diskutieren zu lassen […], kannst du allenfalls moralisch, nicht naturwissenschaftlich beantworten. «
Eben, moralisch, und was moralische Fragen angeht, da sehe ich Kompetenzen vor allem bei Psychologen, Soziologen und Anthropologen, aber nicht bei irgendwelchen Glaubenslehrern. Und natürlich auch bei Philosophen, sofern sie sich auf die Geistes- und Sozialwissenschaften stützen und nicht auf Metaphysik.
Zitat Stephan Schleim: „ Karl Popper würde Metzingers Vorstellung von intellektueller Redlichkeit wohl vehement widersprechen.“
Nein, würde er nicht. Denn Metzinger spricht in seinem Essay Spiritualität und intellektuelle Redlichkeit implizit – ohne es immer wieder zu nennen – von der institutionalisierten Religion, also von den Kirchen als Statthaltern der Religion, und nicht von allem Religiösen an und für sich.
Das lässt sich doch schon daran erkennen, dass Metzinger eine positive Einstellung gegenüber der Spiritualität hat. Gibt es aber eine völlig areligiöse Spiritualität? Das bezweifle ich.
In meinen Augen basieren die Artikel Stephan Schleims über Metzingers Auffassung zur Religion auf einem Missverständnis. Dem Missverständnis nämlich, wer Erkenntnis und Wahrheit über Glauben setze wie das Metzinger tut, der sei gegen jede Form der Religion. Dabei ist Metzinger gar nicht gegen jede Form der Religion, er ist nur gegen einen Glauben um des Glaubens willens, also gegen den Fideismus. Für Metzinger ist die Suche nach Wahrheit und Erkenntnis einfach wichtiger als ein dogmatischer Glaube. Metzinger argumentiert auch stark zeitgenössisch, indem er etwa gegen den althergebrachten Glauben an die Unsterblichkeit der Seele damit in Frage stellt, dass in der Wissenschaft, aber auch in heutigen philosophischen Diskussionen niemand mehr mit der Seele argumentiert. Dabei geht er wohl davon aus, dass Wissenschaft und zeitgenössische Philosophie auf der Suche nach Erkenntnis und Wahrheit alte Vorstellungen zu Recht aufgegeben haben.
Fazit: Popper ist wohl schon religiöser als Metzinger, aber der Unterschied ist vielleicht kleiner als es zuerst den Anschein hat. Heute würde Popper vielleicht weniger positiv über die Religion schreiben, sie für weniger wichtig halten. Ganz ähnlich wie Isaac Newton, der einer bestimmten Form des wissenschaftlichen Denkens zum Durchbruch verhalf gleichzeitig aber im Privaten Alchemie betrieb. Wenn Newton wieder geboren würde, würde er sich heute wohl nicht mehr mit Alchemie beschäftigen. Genau so würde Popper heute wohl gar nichts mehr zur Religion sagen und eher davon reden, dass es Moral auch ohne Religion gibt.
Sind Kirchen Hüter von Moral und Ethik?
Zitat Stephan Schleim:
Die von Kirchen vertretene Ethik und Moral wurde immer wieder von „moralischen Menschen“ in Zweifel gezogen. Auch jetzt gerade.
Im Wikipedia-Eintrag zur russisch-orthodoxen Kirche liest man (Zitat):
Fazit: Sowohl die evangelische Kirche Luthers als auch die russisch-orthodoxe Kirche vertraten Positionen, die von Menschen ausserhalb dieser Kirchen als unmoralisch/unethisch betrachtet wurden und werden. Ja, man kann die moralischen Positionen fast aller Kirchen, christlich oder nicht christlich, immer wieder in Zweifel ziehen.
@ Stephan Schleim, 04.12.2022, 18:32 Uhr
In meiner Arbeit -https://www.academia.edu/47776276/Ursprung_und_Ziel_Wie_die_Evolution_weitergeht_ – werden alle wesentlichen Fragen beantwortet. Ganzheitlich, interdisziplinär. Das Ergebnis: Das “Leben an sich” ist der Ursprung alles dessen was ist und jemals sein wird. Dieses Leben ist ewig. Dieses Leben ist allgegenwärtig und im Menschen verkörpert, wo es sich seiner selbst – und damit der Mensch selbst – als ewig bewusst werden kann. Aber sehen Sie selbst…
Timm Grams,
das Beispiel von Marc Twain mit dem Witz trifft den Kern des Themas.
Nämlich, was ist „Sinn“ ?
Zuvor noch eine Frage an Sie, deren Bentwortung weitreichende Folgen hat.
Wenn jemand einem anderen Menschen einen Witz erzählt,
und derjenige muss lachen, liegt es dann an dem Witz oder liegt es am Zuhörer ?
Und dann muss klar sein, was die Pointe eines Witzes ist. Es ist doch die Spannung die während des Witzes aufgebaut wird, die einen Zuhörer zwingt zuzuhören und dass die Spannung plötzlich durch eine unerwartete Wendung zusammenbricht, was zu einem erlösenden Gefühl bei dem Zuhörer führt.
Also, was ist Sinn und wo steckt er , im Zuhörer oder im Witz ?
Erst dann können wir über Positivismus reden.
Institutionalisierte Religionen stellen Glauben (wenn nötig) über Wissen
Viele christlichen Kirchen und muslimische Glaubensrichtungen haben immer wieder gegen die Evolutionstheorie angekämpft, sie diffamiert oder ihre Lehren gar als unvereinbar mit dem Glauben dargestellt. Mit andern Worten: Wenn Stephan Schleim meint, es gehe bei Religion und Wissenschaft um zwei getrennte Welten, dann ignoriert er die Reibungsstellen zwischen Wissenschaft und Religion.
Hier kann ich Stephan Schleim sogar zustimmen: Thomas Metzinger stellt sich im Zweifel immer hinter die Aussagen der Wissenschaft, er favorisiert Wissen/Erkenntnis über dogmatischen Glauben.
@Holzherr
Die deutlichsten Reibungsflächen sind ohne Zweifel in den USA zu sehen, wo moderne Wissenschaft auf altertümliche Religionsauffassungen stößt, abgesehen von den islamistischen Kulturen. Die Vorstellungen von Sexualität sind das markanteste Beispiel für die Unvereinbarkeit von Wissenschaft und Religion im gesellschaftlichen Alltag, sowie für die Unvereinbarkeit von Moralvorstellungen, die der (medizinischen) Wissenschaft eklatant widersprechen (Homosexualität = Krankheit). Dazu kommen die aggressiven und völlig inakzeptablen Versuche, religiöse Moralvorstellungen über die gesamte Gesellschaft zu stülpen (Abtreibungsverbote).
fauv schrieb (04.12.2022, 15:18 Uhr):
> […] Theorien in der Physik brauchen ein update oder werden sogar verworfen, wie die Lehre, dass die Erde eine Scheibe ist.
Die (experimental-geometrisch-)physikalische Theorie, die den Begriff “(ist eine) Scheibe” überhaupt erst als einen (“theoretisch denkbaren”) Befund der Anwendung einer entsprechenden Messoperation definiert, und damit insbesondere von anderen (von vornherein ebenso “theoretisch denkbaren”) Befunden wie “(ist eine) äußere Kugeloberfläche” oder “(ist eine) innere Kugeloberfläche” oder “(ist) so (geformt)” oder noch anders unterscheidbar macht,
ist doch nicht das Selbe wie ein bestimmter (“tatsächlicher”) Befund (aus dem Wertebereich der entsprechenden Messoperation),
bzw. wie die Erwartung/Vorhersage/Behauptung/Lehre ausgerechnet dieses Befundes, und keines anderen.
Die Festsetzungen, wie überhaupt zu messen wäre, und ggf. schon gemessen wurde, ob die Erde eine Scheibe ist, oder nicht,
bleiben insbesondere auch dann bestehen, wenn das (“geographische”) Modell “dass die Erde eine Scheibe ist” schon längst (durch Anwendung der festgesetzten Messoperation) widerlegt wurde, und folglich verworfen werden kann.
fauv schrieb (02.12.2022, 09:53 Uhr):
> Zur Erinnerung: “Das Falsifikationsprinzip verlangt, dass Theorien/ Hypothesen so formuliert sein müssen, dass sie einer empirischen Prüfung zugänglich und prinzipiell widerlegbar sind.”
Ist das von Karl Popper selbst so formuliert, also insbesondere Theorien und Hypothesen “in einen Topf geworfen” worden ?
(Falls ja, bitte vollständige Quellenangabe.)
p.s.
fauv schrieb (01.12.2022, 19:08 Uhr):
> Frank Wappler, „was der Fall ist“ […]
fauv schrieb (02.12.2022, 11:36 Uhr):
> Frank Wappler, Das Suchen nach Wahrheit, […]
Danke für auch diese Kommentare; ich bitte aber um Verständnis dafür, dass mich (bis auf Weiteres) vor allem die obigen Zitate aus den Kommentaren (04.12.2022, 15:18 Uhr) und (02.12.2022, 09:53 Uhr) interessieren.
@anton reutlinger 05.12.2022, 11:08 Uhr: Danke für die sehr kompakte Darstellung der Stellen wo Wissenschaft mit institutionalisierter Religion kollidiert.
Religion ist jedenfalls nicht einfach Religion. Ich würde sogar behaupten, dass bei vielen religiösen Glaubensgemeinschaften die Vorstellung der richtigen Form des zivilen Lebens wichtiger ist als allgemeine religiöse Prinzipien. Bei christlichen Kirchen und muslimischen Glaubensgemeinschaften etwa dominieren patriarchalische Vorstellungen und die sind in einem gewissen Sinne für diese Glaubensgemeinschaften wichtiger als irgendwelche abstrakten Gebote oder Leitlinien.
Frank Wappler,
Die genannten Aussagen vom 2.12. und 4.12. stammen nicht wörtlich von Karl Popper.
Sie sind Zusammenfassungen meinerseits aus Wikipedia zum Thema Karl Popper und aus Begriffserklärungen zu Falsifizierung und Verifizierung.
Nachtrag: Ich finde Ihren Gedankengang bemerkenswert, der das Wort “ist”
untersucht und den Messvorgang fordert, der eine derartige Aussage bestätigt.
anton reutlinger schrieb (04.12.2022, 12:11 Uhr):
> […] Poppers naiver Falsifikationismus […] ist durch den raffinierten Falsifikationismus von Imre Lakatos überholt worden. […]
> […] wird nunmehr die Frage gestellt ,,Ist diese neu vorgeschlagene Theorie ein tragfähiger Ersatz für die Theorie, mit der sie konkurriert?”.
Warum wurde die Auffassung von Lakatos denn überhaupt als “(eine Art des) Falsifikationismus” bezeichnet ?
Woran wäre zu entscheiden, ob zwei gegebene Theorien überhaupt “[miteinander] konkurrieren” ?,
und (falls so), ob die eine “ein tragfähiger Ersatz” der anderen wäre ??
Auch die Darstellung von Lakatos Auffassung im zitierten Kommentar (04.12.2022, 12:11 Uhr) lässt jedenfalls die wesentliche Unterscheidung zwischen
– Theorien, also insbesondere den (nachvollziehbaren) Festsetzungen, wie überhaupt gemessen werden soll, und
– Modellen, d.h. Zusammenfassungen von (schon gewonnenen) Befunden und (ggf. auf dieser Grundlage) noch erwarteten bestimmten Befunden
nicht erkennen; insbesondere, weil das Wort “Modell” darin gar nicht auftritt.
@Louis
Hier ein Beispiel, mit welcher Unverfrorenheit und quasi religiösen Argumentationen in USA gegen die Klimawissenschaft und Klimapolitik agitiert wird, zum Schaden der ganzen Welt. Die New York Times von heute:
The Texas Group Waging a National Crusade Against Climate Action
Die Aktivisten dieser Organisation, finanziert von der Öl-, Gas- und Kohleindustrie, hielten unter Trump Einzug in das Weiße Haus. Der Bezug zur Religion ist ganz einfach: es sind dieselben Leute und dieselben geheuchelten Ideologien. Die einzige und verbindende Moral ist Publicity und Money.
Moral und Wahrheit ist (fast) immer auch eine Frage der Relativität: nicht was ist gut oder schlecht, wahr oder falsch, sondern was ist besser oder schlechter, mehr oder weniger wahr. Für absolute Aussagen ist die Welt viel zu komplex und kompliziert.
@anton reutlinger
„Du sollst nicht stehlen!“
Mir fällt im Augenblick keine Situation ein, die diesen Satz relativieren würde.
In welchem Fall wäre es moralisch geboten, jemanden etwas zu stehlen, was er rechtmäßig besitzt?
@Balanus
Sie könnten jemandem eine Waffe stehlen, nachdem er jemanden oder Sie damit bedroht hat.
Man kann gerne glauben was man will. solange man bei der Wissenschaft nicht vom Erkenntnisweg abweicht. Wissenschaft sagt hinter jedem Problem steht ein begreifbare Ursache. Wenn man das aufweicht verlässt man die Wissenschaft, egal wie man das meint. Wissenschaft und Glauben ist diametral.
fauv schrieb (05.12.2022, 12:03 Uhr):
> Die genannten Aussagen vom 2.12. und 4.12. stammen nicht wörtlich von Karl Popper.
Danke.
> Sie sind Zusammenfassungen meinerseits aus Wikipedia zum Thema Karl Popper und aus Begriffserklärungen zu Falsifizierung und Verifizierung.
Sieh mal an. …
> Nachtrag: Ich finde Ihren Gedankengang bemerkenswert, der das Wort “ist” untersucht
Um den Gedankengang in meinem vorausgehenden Kommentar (05.12.2022, 11:24 Uhr) ausdrücklich auch in anderen Worten zu formulieren:
Es ging und geht mir jeweils um die Unterscheidung zwischen
– der Festsetzung/Definition einer bestimmten Messgröße, von vornherein, einschließlich ihres (i.A. mehrere verschiedenen Werte enthaltenden) Wertebereiches,
– der Feststellung/Aussage eines bestimmten Wertes aus dem Wertebereich dieser Messgröße, als Ergebnis/Befund in einem bestimmten wahrgenommenen und ausgewerteten gültigen Versuch, oder
– die Erwartung/Vorhersage eines bestimmten Wertes aus dem Wertebereich dieser Messgröße, als Ergebnis/Befund eines bestimmten gültigen Versuchs, der (mindestens) noch ausgewertet bzw. überhaupt erst noch wahrgenommen werden soll;
und entsprechend um die strikte Unterscheidung zwischen “Theorie” und “Modell”.
> und den Messvorgang fordert, der eine derartige Aussage bestätigt.
Jedenfalls betrachte ich Äußerungen von Erwartungen/Vorhersagen nur insofern als (wenigstens im Prinzip) falsifizierbar, sofern sie einen echten Teilbereich des Wertebereiches einer konkret nachvollziehbar als Messoperator definierten und festgehaltenen Messgröße betreffen.
(Im Ausnahmefall einer Messgröße, deren Wertebereich nur genau einen einzigen Wert beinhaltet, ist die Ermittlung genau dieses Wertes in jedem gültigen Versuch von vornherein ein Theorem der betreffenden Theorie.)
@ M2 Der Begriff “Glaube” wird einerseits verwendet für eine Annahme, von der man nicht weiß, ob sie richtig oder falsch ist; für die man sich aber entschieden hat. Das ist am häufigsten der Fall. Der urchristliche Glaube aber ist etwas anderes. Er ist Glaube an eine Realität, die auch erkannt werden kann. Deshalb sagte Jesus: “Ihr werdet die Wahrheit erkennen” (Joh. 8,32)oder Paulus “Der Geist erkennt alles, sogar die Tiefen der Gottheit” (1. Kor. 2,10). Das Christentum hat damit den höchsten Anspruch, dem es freilich im Volkschristentum und auch sonst in vielerlei Hinsicht nicht gerecht wird.
Freilich geht es hier nicht um die naturwissenschaftliche Realität, sondern um die Realität, die in der Lage ist alle Probleme der Menschheit zu lösen, da der Mensch selbst das Problem ist.
Frank Wappler,
gut, damit ist der Begriff falsifizierbar schon enger gefasst und eigentlich nur für einen engen Wertebereich anwendbar.
@Reichelt
Gesalbter Theologen-Nonsens. Die Theologie gefällt sich selber in ihrer Wortakrobatik mit inhaltslosen Begriffen und Ausdrücken, in ihrer lateinischen Battologie.
@anton reutlinger
Ich meinte schon „stehlen“, und nicht ‚abnehmen‘ oder ‚entwenden‘ oder ‚sicherstellen‘…
Davob ab, worauf ich hinauswollte, ist, dass es wohl keine Gesellschaft gibt, in der das Bestehlen der Mitbürger (Gruppen- oder Stammesmitglieder) gutgeheißen wird, also nicht als moralisch verwerflich gilt.
@ anton reutlinger, 05.12.2022, 17:15 Uhr
Leider kann ich Ihnen da nur kleinlaut widersprechen. Aber ich bemühe mich ein positives Beispiel gegenüber dem weitverbreiteten Theologenunsinn zu sein. Deshalb unterscheiden sich meine Beiträge auch gravierend gegenüber hohlen Schwätzern. https://www.academia.edu/41929365/Gene_Bausteine_des_Lebens
https://www.academia.edu/87336969/Intimit%C3%A4ten_im_Lebenslauf
@Balanus
Auf das Motiv kommt es an. Dieselbe Tat kann unmoralisch oder moralisch gerechtfertigt sein, z.B. Notwehr oder Verhinderung einer Straftat. Man kann verschiedene Begriffe dafür verwenden, aber die Tat an sich bleibt dieselbe. Aus unterschiedlicher Perspektive kann die Tat moralisch unterschiedlich bewertet werden. Dafür sind meist die Gerichte zuständig. In manchen Kulturen ist Gewalt gegen Frauen moralisch zulässig.
@Reichelt
Ok, das akzeptiere ich. Es gibt selbstverständlich auch vernünftige, der wirklichen Welt zugewandte Theologen, sogar in meiner Verwandtschaft. Worauf man sich ohne Zweifel verständigen kann, das ist das Bedürfnis der Menschen nach seelischem Beistand im allgemeinen Sinne, nach dem sprichwörtlichen Seelsorger. Zustimmung gibt es sicher auch bei mancher Kritik an den religiösen Institutionen und ihrer theologischen Redlichkeit.
@anton reutlinger
» Auf das Motiv kommt es an [beim Stehlen].«
Aha, der Zweck heiligt also die Mittel.
Nach dieser Logik wäre auch Folter erlaubt. Wenn es keine allgemeingültigen moralischen Grundsätze gibt, dann hat sich das Problem mit der Moral erledigt, und (nicht nur) Popper wäre diesbezüglich im Irrtum.
Aber immerhin werden dabei nicht die Religionen tangiert, denn die können zu moralischen Fragen ohnehin nichts beitragen, wenn sie Grenzverletzungen ausschließen und schön innerhalb ihrer Sphäre bleiben.
fauv 05.12.2022, 10:12 Uhr
Beim Positivismus geht es um den Wahrheitswert von Sätzen über die Natur. Was könnten Witze damit zu tun haben? Ich fürchte, Sie veralbern mich.
@Holzherr: Metzinger-Exegese
Also wenn ein sehr erfahrener Autor, insbesondere ein Philosophieprofessor, einen fast 40-seitigen Essay schreibt, dann wird man ihn doch wohl beim Wort nehmen dürfen und nicht erst mit Exegese anfangen müssen, was er “in Wirklichkeit meint”.
Für bestimmte Bereiche der institutionalisierten Religion gilt der berechtigte Teil der Kritik bestimmt im stärkeren Sinne; vergessen Sie aber nicht, dass diese Institution auch Barmherzigkeit, Seelsorge usw. leistet. Was ist eigentlich der Beitrag von Wissenschaftlern und (akademischen) Philosophen auf diesem so existenziell wichtigen Gebiet?
Kurzum, man sollte sich nicht nur den Teil herauspicken, der einem passt, und den Rest übersehen. Schon in Teil 1 & 2 sahen wir, dass ein grundlegendes Problem des Essays eine unbefriedigende Definition von “Religion” ist. Dieses Problem äußert sich jetzt auch in unserem Dissens. Wenn nicht einmal klar ist, was genau “intellektuell unredlich” sein soll, steht die Frage des “Ob” dahin.
@Balanus
Aha, der Zweck heiligt also die Mittel.
Wie kommen Sie denn darauf? Moral ist kein Wert an sich, sondern ein Sammelbegriff für bestimmte Verhaltensformen, denen die Beachtung gemeinsamer Werte in einer Gruppe oder Gesellschaft zu Grunde liegt. Die Werte können materieller oder ideeller Natur sein. Die Moral wird in Normen, Gebräuchen oder Gesetzen formell oder informell festgelegt.
Verhaltensnormen wie “du sollst nicht stehlen” können nicht absolute Gültigkeit beanspruchen, denn dafür sind das Leben und die Welt zu kompliziert, zu vielschichtig, zu perspektivisch, zu dynamisch. Ist Homosexualität moralisch, ist Impfverweigerung moralisch? Deshalb gibt es Parlamente, um konsensfähige Gesetze zu erlassen, und Gerichte, um über Verstöße gegen Gesetze in jedem Einzelfall zu urteilen.
@M2: Wissenschaft und Religion
Amen.
Dazu fällt mir spontan ein: Erstens ist es eine philosophisch-metaphysische Annahme, dass hinter jedem Ereignis eine Ursache steht (während sehr viele natürliche Phänomene kausal nicht erklärbar scheinen); und zweitens ist es eine philosophisch-epistemische These, dass wir Menschen diese (angebliche) Ursache auch wirklich begreifen können.
Während Sie behaupten, hier Wissenschaft wiederzugeben, vertreten Sie in Wirklichkeit eine spekulative Philosophie. Ehrlich gesagt: Mich nervt’s.
P.S. Man hat doch gerade erst in der Coronapandemie wieder gesehen, wie wenig weit man mit kausalen Erklärungen kommt.
@anton reutlinger
» Verhaltensnormen wie “du sollst nicht stehlen” können nicht absolute Gültigkeit beanspruchen, …«
Das sehe ich anders. Das ist doch der Witz bei Moralprinzipien und Verhaltensnormen, dass sie Allgemeingültigkeit beanspruchen. Wären sie beliebig, je nach Lage und Situation, dann bräuchten wir sie nicht, dann gäbe es sie auch nicht, denn wozu sollten sie dann gut sein?
Was man natürlich kann, und das geschieht ja oft genug, ist, dass man moralische Normen verletzt, dass man unethisch oder unmoralisch handelt, weil man meint, ein höheres oder wichtigeres Gut würde das erfordern.
» Moral ist kein Wert an sich, sondern ein Sammelbegriff für bestimmte Verhaltensformen, denen die Beachtung gemeinsamer Werte in einer Gruppe oder Gesellschaft zu Grunde liegt.«
Ich denke, was Sie da beschreiben ist im Grunde der Ursprung der „Moral“ bzw. des moralischen Empfindens. Schon innerhalb eines Wolfsrudels gelten bestimmte, genetisch fixierte Verhaltensregeln, die dem Sozialverband gut tun. Warum sollte das bei den sozial lebenden Primaten wie z. B. dem Menschen anders sein?
(die Länge meiner Antworten nimmt zu, das ist nicht gut ;- )
P.S. Man hat doch gerade erst in der Coronapandemie wieder gesehen, wie wenig weit man mit kausalen Erklärungen kommt.
Können Sie bitte spezifizieren, auf welche “kausalen Erklärungen” Sie sich dabei beziehen, die, so entnehme ich dem Satz, aus Ihrer Sicht nicht “kausal” waren?
@ Reutlinger
@ Balanus
@ Reutlinger, das mag in rechtsstaatlichen Systemen funktionieren. Wobei der Rechtsstaat ja kein statisches Gebilde ist. Die Konsensfähigkeit auch innerhalb des Rechtsstaates nimmt mit dem Machtgefälle ab. Das heißt: die Unterprivilegierten (“Sklaven”) haben an der Erarbeitung der Konsensfähigkeit einen geringeren Anteil. Man hört des öfteren, daß sie dies durch Wahlenthaltung selbst verschuldet haben. Sei’s drum. Mag sein, daß ich Nietzsche zu frei interpretiere. Folgte man aber Ihnen, Herr Reutlinger, dann werden wir eben doch zwei Lager der Moral vorfinden: der Herren und Sklaven.
@ Balanus
Eben. Auch die Herren müssen sich einem Gesetz beugen, das über sie selbst hinausweist. Und an diesem Punkt kommt es scheinbar zu diesem Wirrwarr, welches Herrn Reutlinger so sauer aufstößt. Ein Gesetz, das über mich selbst hinausweist? Was soll das sein? Ein göttliches? In der Frage der Moral scheint es mir beinahe, daß wir es vorfinden wie ein Naturgesetz. Aber ich will mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen. Ich habe die Moral selbst lange abgelehnt. Der Begriff allein führte bei mir zu einem Würgereiz. Ich mußte erst alt werden, um Kant in mein Denken hereinzulassen.
@Hilsebein 05.12. 23:52
„Folgte man aber Ihnen, Herr Reutlinger, dann werden wir eben doch zwei Lager der Moral vorfinden: der Herren und Sklaven.“
In der Tat machen unsere Parlamente die Gesetze so, dass es eher den Herren als den Sklaven passt. Nebenbei sorgen auch die Beamten dafür, dass es ihnen ganz gut geht. Beide, die Wirtschaft mit ihren Lobbyisten und die Bürokratie mit ihren Beziehungen, spielen mit, und hinterlassen uns Gesetze, die für viele andere suboptimal sind.
„Ich mußte erst alt werden, um Kant in mein Denken hereinzulassen.“
Ich denke, man muss praktischerweise zwischen persönlichen moralischen Überlegungen und den geltenden Gesetzen unterscheiden. Beides ist in Bewegung. Die persönliche Moral bestimmt, wie wir uns persönlich verhalten, wo wir einen wirklichen Spielraum dafür haben. Was inzwischen Gesetz geworden ist, wird aber auch mit aller Staatsgewalt durchgesetzt, und es macht meistens keinen Sinn, sich dagegen aufzulehnen.
Natürlich nimmt jeder an einem umfassenden Diskurs teil, und die Parteien und Parlamente orientieren sich ja auch mehr oder weniger daran, wie es der Wähler überwiegend sieht. Wo die Demokratie nicht funktioniert, bzw. sowieso kein richtiger Rechtsstaat stattfindet, da gibts dann irgendwann auch so viel Unmut, dass die Menschen anfangen, richtig Widerstand zu leisten. Da bin ich dann auch dabei.
Derweil bleiben mir aber die eigenen Überlegungen, diese im persönlichem Einflussbereich umzusetzen und darüber hinaus am Diskurs teilzunehmen. Und natürlich die Parteien genau zu beobachten, und entsprechend so zu wählen, wie ich es für richtig halte.
Insbesondere ist hier noch mal wichtig, nicht nur nach den eigenen speziellen persönlichen Interessen zu wählen, sondern schon auch die ganze Gesellschaft, und eigentlich sogar die ganze Menschheit und den ganzen Planeten im Auge zu haben.
Und wichtig ist, sich nicht täuschen zu lassen. Gut ist das, wenn man schon vor der Wahl erkennt, was eine Partei wirklich vorhat. Um sich genau daran dann auch zu orientieren.
Die Interessen sind schon vielfältig, aber die Vorstellungen der Menschen, wie ein Zusammenleben gut funktionieren sollte, sind noch mal um einiges komplexer. Entsprechend ist der Diskurs auch sehr umfangreich und so kompliziert, dass in keiner mehr ganz überblicken kann. Zumal sich neuerdings der Diskurs mehr als früher in sogenannte Filterblasen aufspaltet.
Das wiederum liegt vielleicht auch einfach daran, dass der Einzelne heutzutage viel mehr Möglichkeiten hat, sich aktiv zu beteiligen. Mehr Selbstdisziplin im Sinne von Kants Kategorischem Imperativ ist allerdings dann auch in diesem erweitertem Diskurs ziemlich sinnvoll. Der Blick über den eigenen Tellerrand lohnt sich umso mehr, je mehr Möglichkeiten der Beteiligung sich bieten.
Timm Grams,
zum Veralbern wäre mir die Zeit zu schade.
Der Wahrheitswert in der Logik kann nur 3 Zustände einnehmen, wahr, falsch oder nicht entscheidbar.
In der Mathematik sind also die Wahrheitswerte deduktiv bestimmbar.
In der Physik ist das schon nicht mehr so eindeutig, weil hier die Ergebnisse von Versuchen nach einer Gaussschen Normalverteilung erfolgen können.
Und wie schon Frank Wappler ausgeführt hat, ist ein Messergebnis nur dann und nur dann falsifiziert, wenn es nicht dem Ergebnis nach der theoretischen Vorhersage entspricht. Und da Messergebnisse in der Regel verschieden sind, muss definiert werden, wieviel Abweichung vom theoretischen Wert sind erlaubt und das Ergebnis gilt als wahr und als Bestätigung einer Theorie.
Und jetzt zurück zum Witz.
Müssen wir lachen, weil der Witz lustig ist, oder ist er lustig, weil wir ihn als lustig empfinden. Wenn es ein dreckiger Witz ist, sagt der Volkssmund: Das Schwein sitzt im Ohr des Zuhörers.
Daraus lässt sich ableiten, dass Wahrheit oder Sinn nicht nur im Objekt des Beobachtbaren zu suchen sind sondern auch in der Person des Suchenden beziehungsweise in seiner Messapparatur.
Die Positivisten machen es sich zu einfach, wenn sie den Wahrheitswert dem Objekt zuordnen und so tun als sei nur die Wirklichkeit der Träger des Wahrheitswertes.
Und das jetzt übertragen auf die Geisteswissenschaften, ja da ist der Erkenntnisprozess dynamisch zu sehen als ein ständiges Hin und Her zwischen Objekt und Subjekt. Und deswegen ist der Positivismus gänzlich ungeeignet für gesellschaftliche Betrachtungen.
Jeckenburger: Die Interessen sind schon vielfältig, aber die Vorstellungen der Menschen, wie ein Zusammenleben gut funktionieren sollte, sind noch mal um einiges komplexer.
Ein wahrer Satz; deshalb meine Überzeugung, dass Moral nicht absolut sein kann. In dieser Welt stehen moralische oder ethische Werte oftmals in einem Konfliktverhältnis zueinander. Das aktuellste und wohl härteste Beispiel ist die Triage im Zuge der Pandemie. Schon in der griechischen Antike wurde dieser spezielle Konflikt behandelt als “Brett des Karneades”.
Die Werte und die Normen, die Gegenstand von Ethik und Moral sind, können unterschiedliche Gültigkeit haben. Manch allgemeine Normen, wie z.B. “du sollst nicht töten”, die das Leben selbst betreffen, bleiben dauerhaft gültig, spezifischere Normen unterliegen dem gesellschaftlichen oder kulturellen Wandel oder auch dem Fortschritt wissenschaftlicher Erkenntnisse und dem technologischen Fortschritt wie dem Internet. Aus Letzteren entsteht die Notwendigkeit neuer Normen.
In Indonesien wurde gerade außerehelicher Sex verboten und mit Gefängnisstrafe belegt, in Russland wurde aktuell das öffentliche Bekenntnis zur Homosexualität verboten und in USA steht beim Supreme Court eine Entscheidung an, ob religiöse Überzeugungen höherwertiger sind als die Gleichbehandlung von Geschäftskunden, d.h. ob homosexuelle Paare von bestimmten Dienstleistern abgewiesen werden können.
@Dietmar Hilsebein // 05.12.2022, 23:52 Uhr
» In der Frage der Moral scheint es mir beinahe, daß wir es vorfinden wie ein Naturgesetz. Aber ich will mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen. «
Ich lehne mich bei dieser Frage gerne weit aus dem Fenster. Es verhält sich, wie ich meine, nämlich im Grunde so, wie Kant es seinerzeit empfunden und formuliert hat: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung, […] der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“
Es ist allem Anschein nach tatsächlich so, dass das „moralische Gesetz“ in unseren Genen angelegt ist, also ganz profan und ohne jegliche Transzendenz. Und wie das eben mit vielen biologischen Merkmalen und Eigenschaften so ist, ist die moralische Empfindungsfähigkeit beim Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt, von nicht vorhanden bis extrem stark—und unterliegt zudem noch den im Laufe der postnatalen Entwicklung gemachten Erfahrungen.
Im Falle des Moralempfindens liegen wir mit der durch Introspektion gewonnenen Erfahrung also goldrichtig. Nur durch Introspektion bzw. mittels subjektiver Empfindung können wir von diesem speziellen genetischen Erbe erfahren. Und das ist nicht nur beim Moralempfinden so, sondern betrifft auch viele andere innere Verfasstheiten.
# fauv 06.12.2022, 11:09 Uhr
Beim Positivismus geht es um die Objektivierung von Erscheinungen durch prüfbare Hypothesen, also solchen, die intersubjektiv nachprüfbar sind. Horkheimer und Adorno haben recht, wenn sie Popper den Positivisten zurechnen. Diese Art von Positivismus funktioniert in den Naturwissenschaften ganz gut, in den Gesellschaftswissenschaften eher nicht. Das ist eine Lehre aus dem Positivismusstreit.
Der Positivismus, gegen den sich Popper wendet, geht darüber hinaus davon aus, dass allgemeingültige, also nicht falsifizierbare Hypothesen über die Natur möglich sind.
Ich sehe nicht, worin in Witzen Wahrheit und Sinn liegen könnten und schon gar nicht, was sie mit Positivismus zu tun haben. Witze kann man jedenfalls nicht gegen den Positivismus ins Feld führen.
In diesem Punkt folge ich Ihnen: Immer wenn das Ich dem Gegenstand der Analyse angehört, funktioniert die Objekt-Subjekt-Trennung und damit auch der Positivismus nicht. Aber davon war hier schon ausgiebig die Rede:
https://scilogs.spektrum.de/menschen-bilder/das-fuenfte-weltraetsel-bewusstsein/
@anton reutlinger
Die Existenz moralischer Dilemmata hebt den Absolutheitsanspruch des „Moralgesetzes“ nicht auf, sondern ergibt sich ja gerade aus diesem Anspruch.
Oder andersherum: Gäbe es diesen Absolutheitsanspruch nicht, gäbe es—in bestimmten Situationen—auch keine moralischen Konflikte.
fauv schrieb (06.12.2022, 11:09 Uhr):
> […] Und wie schon Frank Wappler ausgeführt hat, ist ein Messergebnis nur dann und nur dann falsifiziert, wenn es nicht dem Ergebnis nach der theoretischen Vorhersage entspricht.
Diese zitierte Formulierung habe ich weder wörtlich geschrieben; noch kann ich darin auch nur entfernt wiedererkennen, was ich oben schreiben wollte und geschrieben habe.
Stattdessen:
Die Vorhersage des Wertes einer Messgröße in einem bestimmten Versuch ist falsch, wenn sie ungleich dem wahren Wert dieser Messgröße in diesem Versuch ist.
Falls so, dann ist das Modell, das diese Vorhersage beinhaltet, damit falsifiziert.
(Falls aber nicht die definitive Messoperation angewandt und damit der wahre Wert der betreffenden Messgröße im betreffenden Versuch ermittelt würde,
sondern in Anwendung einer womöglich vereinfachten Ersatz-Operation lediglich ein Ersatz-Ergebnis, üblicher Weise zusammen mit einer Angabe seines Vertrauensbereiches, dann ist der Vergleich mit dem Vorhersagewert eben entsprechend unsicher, und jede davon abhängige Schlussfolgerung erst recht.)
> Und da Messergebnisse in der Regel verschieden sind, muss definiert werden, wieviel Abweichung vom theoretischen Wert sind erlaubt und das Ergebnis gilt als wahr und als Bestätigung einer Theorie. […]
Auch diese Formulierung lasse ich mir jedenfalls nicht unterschieben (sofern das beabsichtigt war).
Und da ich zumindest in einer Hinsicht überhaupt zu erahnen meine, was damit gemeint sein mag, möchte ich widersprechen:
Auch der wahre Wert einer bestimmten Messgröße (die ausreichend viele verschiedene Werte in ihrem Wertebereich hat) kann Versuch für Versuch ungleich sein (bzw. gar nicht existieren, falls der betreffende Versuch nämlich kein Eigenzustand dieser Messgröße bzw. ihres definitiven Messoperators war).
timm Grams,
wenn man sich mit dem Positivismusstreit beschäftigt, dann kommt man zwangsläufig zu der Auffassung, Popper ist ein Positivist. Er postulierte ja die Einheit von Natur- und Sozialwissenschaften.
Und tatsächlich wird ja bei Wahlvoraussagen statistisch vorgegangen, in den Wirtschaftwissenschaften wir auch statistisch begründet und verworfen, in dieser Hinsicht hat Popper Recht.
Was jetzt die Religion betrifft, lässt sich religion statistisch begründen ?
Lässt sich Moral statistisch begründen ? Ja und Nein, man kann untersuchen wieviele Menschen einen Schwangerschaftsabbruch ablehnen und wieviele ihn befürworten.
Darum wieder mein Beispiel mit dem Witz, ist die richtige Antwort auf die Moral des Schwangerschaftsabbruches in den Menschen zu suchen oder ist die Moral dazu eine logische Schlussfolgerung aus der Behauptung, “Du sollst nicht töten, also religiöser Natur.
Frank Wappler,
da habe ich Sie missverstanden.
Sie reden von einem wahren Wert einer Messgröße. Sie meinen einen gesicherten Wert einer Messgröße. Gut ! Wenn jetzt eine Messung ein anderes Ergebnis zeigt, dann war die Messung falsch.
Wenn jetzt eine vereinfachte Messung durchgeführt wurde, dann ist das Ergebnis unsicher. Auch o.K.
Was jetzt kommt ist unklar bzw. mir nicht klar.
“Auch der wahre Wert einer bestimmten Messgröße (die ausreichend viele verschiedene Werte in ihrem Wertebereich hat) kann Versuch für Versuch ungleich sein (bzw. gar nicht existieren, falls der betreffende Versuch nämlich kein Eigenzustand dieser Messgröße bzw. ihres definitiven Messoperators war).
Nennen Sie mal ein Beispiel !
@Balanus 06.12. 12:34 / 12:42
„Nur durch Introspektion bzw. mittels subjektiver Empfindung können wir von diesem speziellen genetischen Erbe erfahren. Und das ist nicht nur beim Moralempfinden so, sondern betrifft auch viele andere innere Verfasstheiten.“
Eine zentrale Rolle für die Introspektion ist interessant. Wenn wir aber auch Geisteswesen inmitten von Geisteswelten sind, dann finden wir nicht nur unsere genetischen Präferenzen, sondern eventuell auch „göttliche“ Hinweise.
„Oder andersherum: Gäbe es diesen Absolutheitsanspruch nicht, gäbe es—in bestimmten Situationen—auch keine moralischen Konflikte.“
Die Absolutheit z.B. der zehn Gebote resultieren wohl tatsächlich daraus, dass sie so schön kurz verfasst sind. Inmitten der Komplexität des echten Lebens kommt man mit diesen Kurzformen oft nicht so recht hin. Und muss anderweitig weiterforschen.
Ähnlich geht es dem Grundgesetz. Es ist sehr allgemein und kurz gefasst, das bedarf dann eben noch ergänzenden Gesetzen und gerichtlichen Entscheidungen, die ganze Bücherregale füllen.
@Balanus
Wie würden Sie Triage oder Notwehr und Absolutheitsanspruch miteinander versöhnen, oder “unter einen Hut bringen”? Die Konflikte zwischen Werten oder Normen kommen nicht von der Ablehnung eines Absolutheitsanspruches, sondern von den vielfältigen und oftmals einander widersprechenden oder konkurrierenden Umständen des Lebens. Deshalb fließen die Umstände einer Straftat in das Strafmaß ein. Ich plädiere keineswegs für einen beliebigen Relativismus.
Die Evolution der “Hochleistungs- Intelligenz” wird immer weiter nach Hinten (bzw. nach Unten) verschoben. Schon Popper hat ja darauf hingewiesen, wie “wacklig” evolutionäre Aussagen bzw. Hypothesen über sehr weit zurückliegende Vorgänge schon prinzipiell sind. Und dass deswegen solche Konstrukte eigentlich immer nur als (vorläufige) Forschungshypothesen und nicht als feste Theorien betrachtet werden sollten.
Man erkennt im Artikel aber auch das (nicht erst gegenwärtige) Hauptproblem der “Theorien” zur Humanevolution. Fast alle sind irgendwie “verseucht” durch Nationalismus oder Nationalchauvinismus. Und sehr oft auch durch Angst davor, von irgendjemand als “rassistisch” interpretiert (bzw. diffamiert) zu werden.
Und deswegen sind sie wohl (noch) immer mit Vorsicht zu genießen.
Bezug: Grewi – Artikel:
https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/homo-naledi-nutze-bereits-fruehmenschenart-werkzeuge-und-feuer20221204/
@Maier: kausale Erklärungen
Nein, die Beweislast trägt natürlich derjenige, der behauptet, es gäbe kausale Erklärungen für alles in der Welt.
Gerade erst erfuhr man in den Nachrichten, dass der Unterschied zwischen “an” und “mit” Corona verstorbenen im heutigen Zustand der Pandemie noch schwieriger sei als vorher; das war mein aktuelles Beispiel.
Was soll also das hochtrabende Geschwurbel von den kausalen Erklärungen, wenn es sie in der Praxis doch so gut wie nie gibt?!
“Skepsis gegenüber der Wissenschaft ist immer legitim, Kritik dann, wenn sie begründet oder berechtigt ist. Zweifel und Misstrauen dagegen müssen sehr gut begründet und belegbar sein “(Zitatende)
Na dann erklären Sie mir mal, wie ich ohne zweifeln zu dürfen skeptisch sein soll.
Ihr Kommentar erinnert mich irgendwie an die raffinierten “Auslegungskünste”
(Exegese), mit denen (nicht nur) Vatikan -Theologen seit vielen Jahrhunderten versuchen, ihre Macht- Theologie (Ich rede nicht von “Metaphysik”) vor Kritik zu immunisieren bzw. vor den rationalistischen (Vernunft-) Kritikern in (zumindest rhetorische) Sicherheit zu bringen. (-: (-;
Zum Folgenden:
” ..Sie meinen einen gesicherten Wert einer Messgröße. Gut ! Wenn jetzt eine Messung ein anderes Ergebnis zeigt, dann war die Messung falsch.
Wenn jetzt eine vereinfachte Messung durchgeführt wurde, dann ist das Ergebnis unsicher. Auch o.K.
Was jetzt kommt ist unklar bzw. mir nicht klar.
“Auch der wahre Wert einer bestimmten Messgröße (die ausreichend viele verschiedene Werte in ihrem Wertebereich hat) kann Versuch für Versuch ungleich sein (bzw. gar nicht existieren,…” (Zitatende).
Mir ist auch nicht ganz klar, was Mr. Wappler meint.
Esntweder es gibt ein (gültiges) Messresultat oder nicht. Welche Resultate als gültig oder eben nichtgültig eingestuft werden sollen, muss vorher äußerst transparent gemacht werden. Und es muss ebenso transparent gemacht werden, warum genau ein Resultat als nicht gültig angesehen wird.
Nachträgliche oft intransparente “Um-Interpretationen” von (meist unklaren ) Messergebnissen im Grenzbereich oder gar unterhalb des Auflösungsvermögens der Messapparatur sind m.E. wissenschaftlich zumindest (!) zweifelhaft.
Ebenso die sog. “Renormierungen” mit dem Ziel , unklare oder gar “missliebige”
Messergebnisse besser mit den Standardtheorien in Einklang zu bringen.
Vielleicht meint Mr. Wappler das Letztere oder ähnliche nachträgliche Bewertungen oder “Umwertungen”.
@Louis
Popper hat aber vergessen, dass die Evolution kein Einzelereignis ist, sondern ein fortdauernder Vorgang über viele millionen Jahre. Das heißt, man kann daraus sehr wohl zuverlässige Theorien ableiten. Die DNA hat sich seit den Anfängen des Lebens nicht grundlegend verändert, die grundlegende Struktur des Lebens als Zellorganismen auch nicht. Das Problem der Evolutionstheorie ist der spärliche Bestand an Fossilien, das weiß aber jeder Evolutionsbiologe selber.
Das Wesen der Evolution ist nicht die Abfolge und Kontinuität der Spezies, sondern es sind die systemischen Mechanismen der evolutionären Veränderungen. Die einzelnen Spezies sind Produkte vieler Zufälligkeiten über lange Zeiträume. Das gilt auch für den Menschen, egal ob man es glaubt oder nicht!
Was wollen Sie eigentlich sagen mit Ihrem Beitrag?
Balanus
Die Aussage vom “moralischen Gesetz” in uns , das ist eine Redewendung; die Behauptung , dass die Moral genetisch bedingt sei, bleibt eine Behauptung, solange das Mora-Gen nicht gefunden ist.
little Louis,
kritisch sein, heißt neudeutsch “woke” sein und ist dynamisch positiv zu sehen.
mißtrauisch sein, da schwingt auch die Enttäuschung mit und ist negativ zu sehen.
Herr Schleim hat vollkommen Recht, wenn er Kritik vom Zweifel trennt.
Nachtrag für Balanus
Mora-Gen = Moral Gen.
Beispiel zum Obigen: (Mal nicht aus der Physik)
Meines Wissens wurde nicht genau definiert, was “coronakrank” genau bedeuten soll. Ebenso wurde nicht wissenschaftlich korrekt (siehe oben) festgelegt oder “standardisiert” , unter welchen Testbedingungen und bei welchen (Empfindlichkeits-) “Einstellungen” ein Corona -PCR- Resultat eine “Infektion” mit dem Virus beweisen können soll.
Es ist also vermutlich so, dass es
wahrscheinlich kaum allgemeingültig anerkannte PCR-Testierungsnormen gab
bzw. dass es keine allgemeingültige Kalibrierungsnorm für die PCR-“Messapparatur” gab.
In der Folge war man ziemlich frei in der “Interpretation” dessen, wann jemand als “infiziert” eingestuft werden sollte und was “coronakrank” eigentlich bedeuten sollte.
Was natürlich der Politik einen enormen Handlungsspielraum und den “Höchsten Gerichten ” einen enormen Interpretationsspielraum lies.
Böse Zungen behaupten, dass das kein Zufall war.
Hat jemand schlagende Gegenbeweise zu diesen Thesen?
little Louis,
du bist schon ein schlauer Fuchs.
Ich habe auch eine böse Zunge.
Der Ablauf der Coronapandemi ist ein Lehrstück für rationales Denken im Schatten einer lebensbedrohenden Krankheit. Ich denke, die Menscheit hat sich recht gut zwischen Panik und Fatalismus hindurchgearbeitet. Die Aufhebung der Makenpflicht in Zügen und Straßenbahnen ist ein Zeichen für” back to normal.”
Ein Schmankerl, ein Apotheker hat bei uns für die blaue Maske am Höhepunkt der Panik für eine einzelne Maske 19,90 € verlangt und auch bekommen.
“……mißtrauisch sein, da schwingt auch die Enttäuschung mit und ist negativ zu sehen……” (Zitatende)
AHA ! Der wissenschaftliche Begutachter soll also vorsichtig mit eventuellen Zweifeln an der methodischen Korrektheit einer eingereichten Arbeit sein . Weil Zweifel ja eventuell eine negative Emotion sind.
Sondern eher mit Wohlwollen an seine Arbeit gehen. Zumindest bei einem einflussreichen Fachkollegen, mit dem man es sich ja nicht verscherzen will.
Ich hege den leisen Verdacht, dass das Zweifeln da nach einem doppelten wissenschaftlich- moralischen Standard erfolgen soll:
Innerhalb der “Community ” wohlwollend gebremst und bei Begutachtungen von “Außenseitern” oder “Grenzwissenschaftlern” (oder gar “Esoterikern) dann aber hart und völlig rücksichtslos.
___________
Stimmts- oder sagt man jetzt, ich hätte das alles doch irgendwie fehlinterpretiert und diese Kritik sei völlig überzogen und/oder beträfe nur einige wenige “Schwarze Schafe” unter den Wissenschaftlern?
little Louis
du sollst nicht der Elefant im Porzellanladen sein , mehr heißt das nicht.
Modern heißt das, spiele nicht die Dramaqueen.
Ja, und die Worte sind ja dann für die Ewigkeit.
so und jetzt sachlich, bei einem Zweifel überkommen einem nicht nur negative Gefühle. Wenn ich an meiner Gasrechnung zweifle , weil die so hoch ist, dann ist der Zweifel auch eine Tür der Hoffnung.
Think positive.
Nachtrag: Heute ist Nikolaus. Überkommen dich Zweifel oder hast du positive Gefühle?
Es geht darum ,dass man nach dem Lesen einer wissenschaftlichen Abhandlung mit positiven Gefühlen das Buch weglegt.
“…Was wollen Sie eigentlich sagen mit Ihrem Beitrag?…” (Zitatende)
Ich wollte nicht (wie Sie wahrscheinlich vermuten) behaupten dass es “keine Evolution” gab oder gibt. Sondern nur darauf hinweisen, dass die Aussagekraft bzw. auch die “Gültigkeit” so mancher (orthodoxen) Evolutions (Teil ?) – Erzählungen (vor allem was mehr oder weniger weit zurückliegende Ereignisse betrifft) wahrscheinlich begrenzter ist, als sie publikumswirksam dargestellt werden.
Ihre Einwände kommen mir, wie bei so vielen mehr oder weniger “wissenschaftsgläubigen Intellektuellen , etwas “scheinheilig” vor:
Zuerst verkündet man mit stolz geschwellter Brust der ganzen Welt , dass allein die Theorien der Standardwissenschaft(en) eine nennenswerte Erklärungskraft bezüglich “der Natur” besäßen. Und dass grundlegendere Kritik an dieser fast nur von esoterischen Wissenschaftsfeinden kommen könne.
Wenn dann aber gefährliche , weil unbestreitbar begründete Kritik an einer wissenschaftlichen Behauptung oder Theorie aufkommt , zieht man sich schnell auf den angeblichen Selbstskeptizismus der Wissenschaft zurück. Und behauptet, dass das alles ja nur vorläufige Hypothesen gewesen seien , die durch “neuere Erkenntnisse” jetzt halt obsolet geworden seien.
Was der ganz normale Gang aller Wissenschaft und ein erneuter Triumph derselben sei.
(Und die Politik sagt unschuldig: ” Später ist man halt immer schlauer”)
Ich kann das so schön aufschreiben, weil ich dieses “Glaubensbekenntnis”
schon X- mal gelesen hab.
Zum Beispiel in der Printausgabe des “Skeptiker” dem Zentralorgan der GWUP.
@Louis
Ist es möglich, dass Sie den PCR-Test nicht wirklich verstanden haben? Sonst würden Sie nicht solche Behauptungen aufstellen.
@anton reutlinger
» Wie würden Sie Triage oder Notwehr und Absolutheitsanspruch miteinander versöhnen, oder “unter einen Hut bringen”?«
Muss ich doch gar nicht. Es ist z. B. moralisch geboten, wenn möglich, Menschenleben zu retten. Das gilt absolut. Ansonsten könnte es ja auch heißen: Manchmal ist es moralisch geboten, wenn möglich, Menschenleben zu retten. Oder eben: Es ist nicht moralisch geboten…
Wenn ich nur einen Rettungsring habe, aber 10 Menschen zu ertrinken drohen, stehe ich vor einem Dilemma. Eben weil es die (absolute) moralische Pflicht gibt, Leben zu retten, wo immer ich kann.
» Ich plädiere keineswegs für einen beliebigen Relativismus. «
Dann habe ich Sie wohl falsch verstanden. Mir war, als plädierten Sie für einen moralischen Relativismus, je nach Lage der Dinge.
Niemand behauptet, dass das Leben einfach ist und dass es keine moralischen Konflikte gibt, eben weil es Situationen geben kann, wo man gezwungen ist, verschiedene moralische Forderungen gegeneinander abzuwägen. Das macht, sofern man moralische Prinzipien hat, das Leben spannend.
Aber heutzutage ist Moral eh nicht sonderlich en vogue. Begriffe wie „Moralkeule“, „moralisieren“ und „Moralapostel“ gibt es wohl vor allem deshalb, weil manch einer glaubt, Moral sei etwas, was man von anderen einfordern könne—und nicht begreift, dass es bei Moral um eine Selbstverpflichtung geht (ganz im Sinne Kants).
“..Heute ist Nikolaus. Überkommen dich Zweifel oder hast du positive Gefühle?..”
O Gott Herr Nikolaus, dann beichte ich jetzt halt:
Vor mehr als 60 Jahren hatte ich noch Angst vorm “Roten Mann”. Später dann weniger, weil ich selbst (mal etwas weniger , mal etwas mehr) eine Art “Rote Socke” war.
Heute argumentiere ich (politisch) meist (aber nicht ausnahmslos bei jedem Thema) humanistisch – Rot.
Und habe trotzdem keine Angst, vor irgendwelchen Partei – Niko- Läusen eins aufs Maul zu kriegen, weil ich zu speziellen Problemen (Sach-) Meinungen habe , die gerade auch “die Rechten” so formulieren.
Weil ich (auch) wegen dieses Problems in keine ( rote oder grüne ) Partei eingetreten bin. Mit linksgelb (!) hatte ich mal kurz geliebäugelt. Wegen der “Freiburger Thesen”. Und Rosarot hab ich seit der Agenda -Wende kaum mehr gewählt, weil ich aus dem (teilweise unteren “Mittelstand”) stamme und die Marxschen Analysen bezüglich der “Arbeiterklasse” zumindest überwiegend richtig und auch ” ethisch- moralisch” gut fand.
Links- Schwarz (Blüm) kam nicht in Frage, da ich nicht den Religiösen heucheln wollte. (-:
Was is jetzt , Du Nikolaus – komm ich in den Sack oder gibts endlich Geschenke?
Wei für heute reichts.
fauv schrieb (06.12.2022, 13:47 Uhr):
> […] mal ein Beispiel !
Gerne ein hypothetisches aber anschauliches Beispiel:
Messgröße: “Distanzverhältnis”,
als reellwertiges Verhältnis der Distanz zweier identifizierbarer Beteiligter voneinander zur Distanz zweier weiterer identifizierbarer Beteiligter voneinander.
(Wie diese Messgröße als Mess- bzw. Auswertungsoperator definiert ist, lässt sich zwar darlegen, ist zum Verständnis des Beispiels aber vermutlich nicht in allen Einzelheiten erforderlich.)
Versuch 1:
das Verhältnis der Distanz der beiden Elfmeter-Punkte voneinander zur Distanz der beiden End-Punkte der Spielfeld-Mittellinie voneinander,
betreffend das Fußball-Spielfeld (einschl. seiner Konstituenten) im Europa-Park-Stadion (alias Mooswaldstadion) Freiburg i.B., während des bisher letzten Fußball-Bundesliga-Spiels der laufenden Saison.
Ergebnis:
dieser Versuch war gültig; d.h. diese beiden Elfmeter-Punkte waren in diesem Versuch durch einen bestimmte Distanzwert (“ihre Distanz voneinander”) charakterisiert, und diese beiden End-Punkte der Spielfeld-Mittellinie waren in diesem Versuch durch einen bestimmte Distanzwert (“ihre Distanz voneinander”, alias “die Länge der Mittellinie”) charakterisiert,
und das Verhältnis dieser beiden Distanzen (in der o.g. Reihenfolge) hatte in diesem Versuch den genauen Wert 1,142.
Versuch 2:
das Verhältnis der Distanz der beiden Pfosten des Tores an der (sogenannten) Süd(-Tribünen-)seite des Spielfeldes voneinander zur Distanz der beiden Pfosten des anderen Tores,
betreffend das Fußball-Spielfeld (einschl. seiner Konstituenten) im Europa-Park-Stadion (alias Mooswaldstadion) Freiburg i.B., während des bisher letzten Fußball-Bundesliga-Spiels der laufenden Saison.
Ergebnis:
dieser Versuch war gültig; das Verhältnis dieser beiden Distanzen (in der o.g. Reihenfolge) hatte in diesem Versuch den genauen Wert 0,9998.
Versuch 3:
das Verhältnis der Distanz der beiden Elfmeter-Punkte voneinander zur Distanz des Spielfeld-Mittelpunkts und der (rechten) Hosentasche des Schiedsrichters voneinander,
betreffend das bisher letzte Fußball-Bundesliga-Spiels der laufenden Saison (SC Freiburg – 1. FC Union Berlin).
Ergebnis:
dieser Versuch war ungültig; der Spielfeld-Mittelpunkt des Europa-Park-Stadions und die Hosentasche des Schiedsrichters waren während des betreffenden Fußballspiels nicht durch eine bestimmte Distanz voneinander charakterisiert (sondern sie bewegten sich gegenüber einander).
Versuch 4:
das Verhältnis der Distanz der beiden Elfmeter-Punkte im Europa-Park-Stadion voneinander, während des letzte Fußball-Bundesliga-Spiels der laufenden Saison (SC Freiburg – 1. FC Union Berlin) zur Distanz der beiden Elfmeter-Punkte im Europa-Park-Stadion voneinander, während des ersten Fußball-Bundesliga-Spiels in diesem Stadion (16. Oktober 2021 gegen RB Leipzig).
Ergebnis:
dieser Versuch war gültig; das Verhältnis dieser beiden Distanzen (in der o.g. Reihenfolge) hatte in diesem Versuch den genauen Wert 1,00005.
> Sie reden von einem wahren Wert einer Messgröße.
… jeweils betreffend einen bestimmten, gültigen Versuch. Dieser Begriff ist ein Fachausdruck, insbesondere mit Relevanz hinsichtlich “Messung” und “Genauigkeit”.
> Sie meinen einen gesicherten Wert einer Messgröße.
Gemeint ist jeweils der Wert, der in Auswertung eines gültigen Versuches in Anwendung der definitiven Mess- bzw. Auswertungs-Operation der betreffenden Messgröße erhalten wird (falls man es/das Messen wirklich so weit treibt; bzw. der so erhalten würde, falls man es/das Messen so weit triebe).
Als “gesichert” würde ich einen wahren Wert nur bezeichnen, wenn “man es/das Messen wirklich so weit getrieben” hat, den betreffenden Wert so zu erhalten
(und damit auch “abgesichert” hat, dass der betreffende Versuch wirklich gültig war).
> Gut ! Wenn jetzt eine Messung ein anderes Ergebnis zeigt, dann war die Messung falsch.
Dass in Messungen/Auswertungen verschiedener Versuche ungleiche wahre Werte der selben (durch die selbe nachvollziehbare Mess- bzw. Auswertungs-Operation definierten) Messgröße erhalten werden können, sollte ja anhand des obigen Beispiels verdeutlicht worden sein.
Es geht dabei natürlich insbesondere um die logische Möglichkeit der Ungleichheit, im Prinzip.
Im Gegensatz dazu besteht ja die äußerst praktische und bequeme “Einfachheit von Standardmodellen” gerade in der Annahme/Vorhersage, dass in Versuchen, die “wieder die selben Sachen betreffen”, wie im obigen Beispiel-Versuch 4, “einfach” der Verhältniswert 1,0 zuträfe; und dass darin z.B. logisch vorstellbare “unknown Unknowns” gar nicht als “zureichender Grund von Ungleichheit” gebraucht würden.
Bezieht sich die zitierte Bemerkung stattdessen auf ein-und-den-selben Versuch, mit ein-und-dem-selben Satz von auszuwertenden Wahrnehmungsdaten, die (z.B.) von verschiedenen Experimentatoren in Anwendung der nominell und angeblich selben Mess- bzw. Auswertungs-Operation ausgewertet wurden,
dann bedeuten ungleiche Resultate zwangsläufig, dass mindestens eines davon falsch ist.
(Ist das problematisch, oder ansonsten interessant? Das betrifft eben das Gewissen und die Tagesform der Ausführenden …)
> Wenn jetzt eine vereinfachte Messung durchgeführt wurde, dann ist das Ergebnis unsicher.
So praktisch und üblich solche vereinfachten “Ersatz-Messungen” sein mögen, auch in Verbindung mit der anderswo erwähnten “Alltagssprache” (z.B. ungenauer Weise von “zunehmender Distanz voneinander” zu reden, während sich die Betreffenden doch stattdessen voneinander entfernen und bestenfalls “zunehmende Entfernung voneinander” aufweisen):
in der Debatte von Grundsätzlichem lenkt das eher ab. Deswegen hatte ich das anfangs gar nicht erwähnt, und vor allem jeweils Mess- bzw. Auswertungs-Operation definitve Mess- bzw. Auswertungs-Operation einer Messgröße gedacht.
@Louis
Dass Sie die Evolution bezweifeln, habe ich Ihnen noch nicht zugetraut. Was glauben Sie, wieviel Kritik es an der Evolutionstheorie schon gegeben hat? Sie sind viel zu spät damit. Natürlich hat es viele Modifikationen gegeben, weil Evolutionsforschung immer wieder Neues hervorbringt, durch weitere Funde von Fossilien, durch neue Instrumente (z.B. Altersbestimmung), durch neue Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften wie Chemie und Biologie, durch Züchtungsexperimente. Wissenschaftskritik ist generell legitim, aber Ihre Pauschalbehauptungen sind nur zum Gähnen.
Wissenschaft ist nicht die Schaffung von Wissen,
sondern die Beseitigung von Unwissen.
@Balanus
Dass Leben das höchste Gut oder der höchste Wert ist, der geschützt oder gerettet werden muss, da gibt es keine zwei Meinungen. Aber wenn ich nur einen Rettungsring habe, kann ich eben nur einen Menschen retten. Das Beispiel hinkt ein wenig, das ist klar. Bei Notwehr könnte das Problem konkurrierender Werte deutlicher werden. Aber ich glaube, wir müssen es nicht weiter vertiefen.
@ fauv 06.12.2022, 12:53 Uhr
Sie schreiben:
Ob eine naturwissenschaftliche Aussage richtig oder falsch ist, darüber können sich Chinesen und Amerikaner sicherlich einigen. Positivismus funktioniert. Schwieriger wird es, wenn soziale Institutionen zu beurteilen sind. Da spielen Wertvorstellungen eine Rolle. Ich lese Die offene Gesellschaft und ihre Feinde so: Popper beschreibt eine liberale, demokratische Gesellschaft und nimmt diese als Maßstab für konkurrierende Gesellschaftssysteme. Das Urteil über ein Gesellschaftssystem ist demnach bestimmt durch die Werte des Liberalismus und folglich nicht objektiv. Auch wenn es mir sympathisch ist: Ein solches Vorgehen kann ich nur dogmatisch nennen. Hier ein Beleg, den ich auf die Schnelle finden konnte: “Wir müssen verlangen, dass jedermann das Recht haben soll, sein eigenes Leben zu gestalten, wie er will, solange er dadurch das Leben anderer nicht zu sehr stört.” (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. 1957. Neuntes Kapitel: Ästhetizismus, Perfektionismus, Utopismus) Ein objektives, standpunktunabhängiges Urteil allein auf der Grundlage von Fakten, Logik und Mathematik, kurz Positivismus, ist so nicht möglich.
Timm Grams,
Zustimmung,
Eine Einschränkung bei der Beurteilung von Gesellschaftssystemen möchte ich doch zulassen, die Norm sollten die Menschenrechte der Vereinten Nationen sein.
Noch einen schönen Nikolausabend.
Frank Wappler,
sehr ausführlich und genau. Das muss ich erst einmal verdauen.
für eine Stellungnahme dazu bin ich noch nicht fähig.
Littlr Louis,
Ja, das Problem mit den Parteien. Manchmal wusste ich auch nicht, wen ich wählen sollte. Zuerst war ich FDP, dann nie wieder nach dem Bruch des Wahlversprechens nicht mit der CDU zu koalieren.
Dann SPD um die SPD wieder mehrheitsfähig zu machen. Das war ein Fehler. die SPD hat den Sozialgedanken verraten.
Dann die Verlegensheitlösung die Grünen. Die sind nur tragbar, wenn die Bevölkerung schon schwarz ist.
Ja und die Roten, die verwechseln ein Glaubensbekenntnis mit einem Wahlprogramm.
Fehlt noch die AfD , die sind wirklich im falschen Jahrhundert.
Rassismus ist durch nichts zu rechtfertigen.
little Louis schrieb (06.12.2022, 15:44 Uhr):
> […] Entweder es gibt ein (gültiges) Messresultat oder nicht.
(… hinsichtlich jeder einzelnen Messgröße, und hinsichtlich jedes einzelnen Versuchs.)
Dieser Aussage, in all ihrer Schlichtheit, lässt sich ja kaum widersprechen.
Und es ist doch auch selbstverständlich, dass ein Versuch, “in dem” bzw. “in dessen Auswertung” “es ein (gültiges) Messresultat gibt”, insbesondere als “ein gültiger Versuch” zu bezeichnen ist.
> Welche Resultate als gültig oder eben nichtgültig eingestuft werden sollen, […] transparent gemacht werden, warum genau ein Resultat als nicht gültig angesehen wird. […] “missliebige” Messergebnisse […]
Entscheidend für “Gültigkeit” oder “Ungültigkeit” eines Versuchs ist aber nicht welches Resultat d.h. konkret welcher Wert in Auswertung dieses Versuches ermittelt würde,
sondern vor allem ob überhaupt ein Resultat zu ermitteln ist;
natürlich immer unter Voraussetzung der gewissenhaften, nachvollziehbaren, wiederholbaren Anwendung der jeweils festgesetzten Mess- bzw. Auswertungs-Operationen.
Es sei (nochmals) an die formale Darstellung des Messens als Eigenwertproblem erinnert, und die damit verbundene “Reihenfolge des Vorgehes”:
1. Die Definition der Messgröße als Mess- bzw. Auswertungs-Operator: Ô.
2. Das Sammeln von auswertbaren Wahrnehmungsdaten jeweils eines Versuches: | ψ ⟩.
3. Die Beurteilung, ob aus den gegebenen Daten mit der festgesetzten Operation überhaupt ein Ergebniswert zu ermitteln ist, oder nicht; d.h. entsprechend mathematisch-formal, ob der Zustand | ψ ⟩ ein Eigenzustand des Operators Ô ist, oder nicht; d.h. symbolisch, ob (u.a.)
⟨ (Ô ψ) | ψ ⟩ * ⟨ ψ | (Ô ψ) ⟩ = ⟨ (Ô ψ) | (Ô ψ) ⟩ * ⟨ ψ | ψ ⟩,
oder nicht. Und erst falls so:
4. Die (gewissenhafte, aber insofern auch zwangsläufige) Ausführung der Auswertung;
symbolisch durch Auswertung des Ausdrucks
⟨ ψ | (Ô ψ) ⟩ / ⟨ ψ | ψ ⟩.
Ob ein auf diese Weise ermittelter bestimmter Wert darüberhinaus für “erhofft” oder “überraschend” oder “unerfreulich” oder wie-auch-immer gehalten wird, ist für dessen Gültigkeit unerheblich.
Alle Hypothesen bzw. Vorhersagen, die für den betreffenden Versuch einen anderen Wert prognostizierten, haben sich daraufhin schlicht als falsch erwiesen;
alle Modelle, die solche falschen Hypothesen bzw. Vorhersagen beinhalten, sind damit falsifiziert.
@fauv
» Moral Gen. «
Was soll das denn sein? Ein kleiner Scherz, nicht wahr?
Ja doch, auch S. Schleim ist ein Exeget von T. Metzinger.Interpretation und Kritik sind immer eine Form von Exegese. Das weite Feld der Hermeneutik halt.
Es ist immer bedauerlich, wen der Kritisierte selbst keine Chance zur Interpration und Erläuterung seiner eigenen Ausführungen hat,wenn er so hart kritisiert wird. Woher und warum eigentlich diese Schärfe? Sie wird dem Werk von Metzinger nicht gerecht
Sie erscheint mir völlig unverhältnismässig und sabotiert so unnötigerweise den hehren Anspruch des Kritikers.
Mir ist S. Schleim zu stark überzeugt von seiner Sicht der Dinge.Keine relativierenden Formulierungen,zu kompromisslos.Kein Spielraum für abweichende Meinungen.
Schleim rezipiert Popper, Metzinger etc. in der einzig möglichen Auslegung – so lässt er allzu deutlich erkennen.
A bisserl lustig is das scho.
T. Metzingers Intellekt,seinen Analysen und seinem Denken wird er damit auf jeden Fall nicht gerecht.
Mir bleib ein ungutes Gefühl und ein von nun an leider gestörtes Interesse an den meist doch tollen Beiträgen von S. Schleim. Die Kritik am Philosophen aus Mainz ist aus meiner Sicht in Form und Inhalt nicht gelungen.
Mir fehlt dafür auch das Verständnis.
@Reutlinger:
“Nicht die Naturwissenschaft ist eine Konkurrenz und Gefahr für die Religionen, sondern die Psychologie und die Philosophie. Die Psychologie hat sich aber bisher nicht von der Bevormundung aus der Religion befreien können wie die Naturwissenschaft und die Philosophie…”
Die akademische Psychologie entstand vor ca. 140 Jahren, ist also eine sehr junge Wissenschaft und hat mit Religion nichts zutun (natürlich untersucht auch die Psychologie u.a. das Erleben und die Auswirkungen von Religion auf den Menschen, aber das ist ja ein anderes Thema). Inwiefern die Psychologie nicht auch eine Naturwissenschaft ist lässt sich wissenschaftsphilosophisch schon wieder endlos streiten. Die Psychologie versucht jedenfalls primär empirische Modelle und Theorien über das Erleben und Verhalten des Menschen zu bilden. Weder das subjektive Erleben oder metaphysische Ideen wie die der Religion packt die Psychologie meist nicht einmal mit der Kneifzange an, solange beides nicht in operationalisierte Konstrukte in der Dritten-Person-Perspektive übergeführt wurde.
Ich verstehe also nicht wo die Psychologie als Wissenschaft insgesamt ihrer Meinung nach von der Religion “bevormundet” wird?
“…weil sie sich noch zu wenig mit den Ängsten und Befindlichkeiten der Menschen befasst …”
Was ist beispielsweise mit der klinischen Psychologie?
@Louis
Eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie ist eine reduktionistische Theorie und hält den Fakten nicht stand. Deshalb habe ich ganzheitliche Theorie veröffentlicht, die vielleicht Ihren Beifall findet: https://www.academia.edu/47776276/Ursprung_und_Ziel_Wie_die_Evolution_weitergeht_
@Philipp
Ich schätze die Psychologie hoch ein und gebe Ihnen recht. Die Antwort auf Ihren Beitrag haben Sie selber schon gegeben: Weder das subjektive Erleben oder metaphysische Ideen wie die der Religion packt die Psychologie meist nicht einmal mit der Kneifzange an …. Die Psychologie scheut sich bislang, der Religion Konkurrenz zu machen als “Seelsorger”. Dabei wäre das in der heutigen Zeit der Krisen bitter nötig, besonders für Kinder. Die Schulpsychologen haben alle Hände voll zu tun. Hier wäre der Staat gefragt, die Religion als Schulfach durch Sinnvolleres zu ersetzen, auch im Hinblick auf die Auswüchse der sozialen Medien.
Die klinische Psychologie befasst sich hauptsächlich mit den psychischen Störungen und Krankheiten. Das ist wichtig auch für die Hirn- und Bewusstseinsforschung, weil dadurch viele Erkenntnisse gewonnen werden können. Es gibt viele, für den Laien erstaunliche, Phänomene und Syndrome oder Agnosien. Auch die Psychologie des Unbewussten (John Bargh) hat dafür große Bedeutung.
Das Anton-Syndrom ist ein seltenes neurologisches Syndrom. Es beschreibt die visuelle Anosognosie (fehlende Krankheitseinsicht) der eigenen (kortikalen) Blindheit nach Schädigung der Sehbahn beider Gehirnhälften. Das Anton-Syndrom geht zurück auf den österreichischen Neurologen Gabriel Anton (1858–1933).
An dieses Syndrom kann ich mich aus naheliegenden Gründen am besten erinnern, um es als Beispiel zu verwenden. Die Betroffenen bemerken selber nicht, dass sie blind sind. Deshalb konfabulieren sie irgend etwas, wenn sie gefragt werden, was sie sehen. Der Mensch ist eben keinesfalls ein perfektes Wesen. Offenbar hatte der Schöpfer selber das Anton-Syndrom!
@Anton Reutlinger
danke, jetzt verstehe ich was gemeint war und wie Sie es sehen.
@Gitarro: Emotionen vs. Argumente
Wie ich schon sagte: Sie treten hier vor allem Emotional auf; jetzt klingen Sie fast schon weinerlich. Bei MENSCHEN-BILDER geht es aber um Argumente – und das ist, wenn ich mich nicht ganz irre, gerade auch Metzingers Anspruch als Philosoph.
Ich mache das genau am Text fest. Sie haben aber auch nach mehreren Bitten immer noch keine Zitate angeführt, um Ihren Standpunkt zu untermauern.
Metzinger vertritt diesen Standpunkt nachweislich seit 2006 bis 2017. Auch darauf reagieren Sie wieder nicht. Sie unterstellen mir, Metzinger hätte hier keine Gelegenheit zur Reaktion. Auch das ist falsch. Tatsächlich reagierte Metzinger nicht auf unsere Kritik (siehe Link).
Verbreiten Sie hier keine Falschheiten und rein emotionale Eindrücke. Da sind Sie hier am falschen Ort.
Balanus
Der Satz stammt von Ihnen:”Es ist allem Anschein nach tatsächlich so, dass das „moralische Gesetz“ in unseren Genen angelegt ist, also ganz profan und ohne jegliche Transzendenz.
Wenn das so ist, dann gibt es Gene, die die Moral bedingen, die Moral-Gene.
Ich weiß nicht, ob ich es richtig sehe. Aber ich habe eigentlich Metzinger so gesehen, dass er für die Philosophie die Tür zu anderen (z.B. technischen) Wissenschaften „geöffnet“ hat. Z.B. nicht einmal ausschließen dürfte, dass „Empfindungen“ in dem Sinne „verstanden“ werden könnten, um sie, mit welcher Methode auch immer, irgendwann „künstlich realisieren“ wird können. Es womöglich dazu kommen könnte, künstlich und unnötig „Schmerz“ und damit so etwas wie zusätzlich „Leid“ in die Welt zu bringen. Das finde ich höchst kreativ.
Andererseits, die „pauschale Redlichkeitskritik“ an anderen Fachgebieten, z.B. an der Religion in dieser „offiziellen Art“, scheint schon ungewöhnlich.
Es ist zwar völlig üblich, eigentlich alltäglich, dass Vertreter von „Fachgebieten“ „inoffiziell“, womöglich im Suff, übereinander herziehen. Für mich fast schon selbstverständlich, habe das immer wieder interessiert beobachtet. Wie auch so etwas wie die „Heucheleien“ in ihrem Umgang untereinander, wenn sie zusammengetroffen sind.
Aber es ist halt nicht die „feine englische Art“…..
@fauv
» Moral-Gene «
Im Plural klingt’s nicht ganz so schräg, ist aber trotzdem Quatsch.
Balanus,
Einverstanden,
jetzt müssen Sie aber erklären, was der Positivist unter Moral versteht.
Ist die ein Objekt unserer Beobachtung, ist die nur ein Sammelsurium von Verhaltenswesen, die als wertvoll angesehen werden.
Und dann kommen wir zur Psychologie, lässt sich Moral psychologisch erklären ?
Und letztlich, lässt sich Religion psychologisch erklären.
Man denke an Kulturkreise, wie den Buddhismus, der keinen Gott kennt.
Es ist doch eher so, dass die Psychologie die Religion erklären will und nicht die Religion die Psychologie.
@fauv:
“Und dann kommen wir zur Psychologie, lässt sich Moral psychologisch erklären ?”
Das wird in der Psychologie versucht, wobei es natürlich letztendlich darauf ankommt was man mit einer “Erklärung” meint und es natürlich auch unter Psychologen völlig unterschiedliche Ansätze und Meinungen gibt. Gerade in der Psychologie gibt es zu jedem Thema meist zig unterschiedliche Modelle und Theorien, die mitunter ganz andere Inhalte/Dinge postulieren.
Ich halte jedenfalls nichts davon das Phänomen der Religion vollständig reduktionistisch auf psychologische Beschreibungen und Erklärungen zu reduzieren. Das ist so als wolle man alles physikalisch bzw. mit der Physik erklären, was genauso Unsinn wäre.
Norbert Bischof hat versucht Moral psychologisch in seinem Buch “Moral” zu behandeln. Aber Achtung: das Buch ist sehr lang und nicht als einfache Bettlektüre geeignet, sondern bedarf schon hoher Konzentration und Fleiß bei der Durcharbeitung, zumal hier Wissen aus vielen Wissenschaftsbereichen interdisziplinär zusammentrifft (Biologie, Evolution, Psychologie, Philosophie, etc.).
Die Psychologie versucht auch nicht die Religion zu erklären, das würde ich so nicht unterschreiben.
Es gab beispielsweise berühmte Personen die mit der Psychologie assoziiert werden. Der Neurologe und Psychoanalytiker Freud versuchte Religion beispielsweise zu pathologisieren und so zu erklären. Aber das sind immer Auslegungen, Ansichten und Theorien von einzelnen Personen.
Die Psychologie als Wissenschaft versucht eher einzelne Aspekte von Religion hinsichtlich der Auswirkungen auf den Menschen zu untersuchen. Beispiel: ist die Genese nach einer schweren Erkrankungen bei tief gläubigen Personen besser als bei einer Kontrollgruppe? (Ich erinnere mich an eine solche Studie aus meiner Studienzeit.) D.h. es werden Fragen untersucht die eigentlich neutral der Religion gegenüberstehen bzw. die Religion als solche gar nicht bewerten oder erklären wollen.
Es sind eigentlich immer einzelne Personen die dann mit großen Theorien gleich die ganze Religion psychologisch versuchen zu erklären, aber nicht die Psychologie per se.
Philipp
Das ist auch meine Meinung.
Die Psychologie per se will und kann die Religion nicht vereinnahmen.
Wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen das bleibt die Domäne der Religion.
Was jetzt den Herr Metzger betrifft, da habe ich mich ein wenig klug gemacht und kann aber immer noch nicht sagen, was das “Freistellungsmerkmal” dieser Persönlichkeit ist.
Karl Popper ist fein raus mit seiner 3 Weltentheorie, worin die materielle Welt die 1. Welt ist, dann folgt die Welt der Gedanken und Gefühle, letztlich die Welt der Religion.
Zu den Notwendigkeiten des Lebens und den Bedürfnissen des Menschen gehört zweifelsfrei das Verständnis der Lebenswelt. In der vorwissenschaftlichen Zeit hat man sich dafür mystische Erklärungen ausgedacht, angelehnt an Naturphänomene, die sich dann zu abstrakten, religiösen Erklärungen entwickelten. Nun existieren religiöse und rational wissenschaftliche Erklärungen nebeneinander.
Man kann sich fragen, warum die religiösen Erklärungen nicht schon abgelöst wurden; das ist wohl eine psychologische Frage. Anscheinend kann die Wissenschaft die psychischen und mentalen Bedürfnisse der Menschen nur ungenügend befriedigen, z.B. die Sinnhaftigkeit des Lebens. Aber auch Schwierigkeit, Wandel und mangelnde Relevanz wissenschaftlicher Erklärungen spielen dabei sicher eine Rolle, medizinische Erklärungen ausgenommen.
Anton Reutlinger
eine ihrer Nebelkerzen
“Nun existieren religiöse und rational wissenschaftliche Erklärungen nebeneinander. ”
Nennen Sie doch mal ein Beispiel.
@ fauv
ein ziemlich eklatantes Bsp:
https://aeon.co/essays/how-heaven-became-a-place-among-the-stars
@Philipp 06.12. 12:38
„Es sind eigentlich immer einzelne Personen die dann mit großen Theorien gleich die ganze Religion psychologisch versuchen zu erklären, aber nicht die Psychologie per se.“
Naja, die Themen von Religion und Psychologie überschneiden sich schon erheblich. Beide Fachgebiete sind in sich wiederum sehr umfangreich, und mit durchaus unterschiedlichen Konzepten vertreten. Es gibt nicht nur eine Religion, und auch mehr als eine Psychologie.
Ich für mich vermute, dass Menschen ganz verschieden funktionieren können, je nach kulturellem Hintergrund, aber auch je nach ganz persönlichen Seinsweisen. Zu dem in der konkreten Bildung Erlerntem, das für sich schon immer eine ganz spezielle Auswahl aus dem kulturellem Gesamtangebot ausmacht, kommen noch sehr persönliche Erlebnisse, die im Grunde für jeden Menschen einmalig sind.
Entsprechend haben beide Fachgebiete mit einem Pluralismus zu kämpfen, der streckenweise widersprüchlich sein kann. Die Religionen haben es fast einfacher, die organisieren sich einfach unabhängig von einander, führen nur ihre eigene Tradition weiter und treiben ihre ganz eigene Forschung und Lehre. In der Psychologie gibt es keine traditionellen abgeschlossenen Sparten, entsprechend geht es hier angesichts der realen Unergründlichkeit des Menschen drunter und drüber.
Das ist alles kein Unvermögen, das liegt in der Natur der Sache. Jeder Mensch ist ein eigenes Experiment, dass das sich das Universum leistet und leisten kann. Nach der Sicht des einen wurschteln wir uns recht zufällig durch die Zufälle der persönlichen Erfahrung, manch anderer sieht hier mehr, und meint, dass wir Teil einer Geisteswelt sind, die eine eigene Ordnung mitbringt. Aber auch mit einer solchen geistigen Ordnung bleibt die persönliche Welt einmalig.
Natürlich kann man hier die Menschen dennoch vergleichen, und neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten untersuchen und beschreiben. So wie klar ist, dass jeder seine eigene Persönlichkeit hat, so hat auch jeder seine eigenen Lebenserfahrungen. Und entsprechend eigene Konzepte über sich selbst und die ganze Wirklichkeit.
Fazit: Religion und Psychologie bearbeiten im Grunde dasselbe Fachgebiet: Das Innenleben des konkreten Menschen. Und das ist so vielfältig, dass hier auch für beide Ansätze Platz ist.
@Reichelt
Nach der Lektüre einiger Zeilen Ihres Traktats kann ich mir das Schmunzeln nicht verkneifen. Alles, was Sie der Wissenschaft als Fehler unterstellen, wenden Sie selber an. Ihr Ergebnis steht vorab fest. Dazu suchen Sie nach passenden Prämissen, aus denen Sie selbiges herleiten, eine Petitio Principii also letztlich. Mann kann es auch als Abduktion deuten, indem Sie zu einem Phänomen aus vielen möglichen Ursachen genau die Auswahl treffen, die Ihrem Weltbild entspricht. Als Bestätigung zitieren Sie vermeintlich passende Sätze aus der Philosophiegeschichte.
Sie behaupten, die Welt könne nicht aus Elementarteilchen aufgebaut sein, weil diese nur Zerfallsprodukte seien. Die Zerfallsprodukte sind nun mal Bestandteile der Objekte, aus denen sie stammen. Ihre Behauptung ist an den Haaren herbeigezogen, rein spekulativ und ohne jeden empirischen Nachweis. Die Zielrichtung ist klar, dass es mehr geben müsse als die Physik erkennt. Um ein komplexes System zu verstehen, muss man notwendig seine Einzelteile verstehen. Selbstverständlich reicht das nicht aus, es gibt Beziehungen zwischen den Teilen und es gibt Überlagerungen von Beziehungen (Kräften). Die Schwerkraft zeigt sich nicht an einem einzigen, zusammenhängenden Objekt, obwohl sie auch dort vorhanden ist, sondern erst als Beziehung zwischen zwei oder mehr getrennten Objekten. Emergenz bezieht sich nur auf Phänomene.
Sie glauben, im “Leben an sich”, wie Sie es nennen, den ewigen Urgrund des Universums und des biologischen Lebens erkannt zu haben. Außer selbst erfundenen Begriffen haben Sie keine Anhaltspunkte dafür und keine konkreten Vorstellungen, wie das funktionieren soll. Die Evolutionstheorie beschreibt die Entwicklung des Lebens in Details, nicht vollständig zwar, aber nachvollziehbar und empirisch prüfbar. Die Genetik haben Sie offenbar nicht verstanden, denn die Psyche des Menschen kann zwar epigenetische Effekte hervorrufen, die aber nicht die Gene ursächlich verändern, sondern deren Regulation über einige wenige Generationen steuern können. Auch die Wirkung des Zufalls für die Evolution haben Sie offensichtlich missverstanden.
Alles in allem ist Ihr Traktat wissenschaftlich wertlos und wird nur bei Ihresgleichen Anerkennung finden.
anton reutlinger
07.12.2022, 16:40 Uhr
Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, meine Arbeit zu lesen. Es ist dies natürlich keine Forschungsarbeit, in der das Ergebnis noch offen wäre, sondern sie ist das Resultat einer Zusammenschau naturwissenschaftlichen, philosophischen, psychologischen und “esoterischen” Wissens.
Das Problem, auch wenn Sie das anders sehen, durch Ihr gewohntes Denken, dürfte endgültig gelöst sein. Im Grunde gibt es da nur noch Detailarbeit. Dass ich etwas nicht verstanden hätte, halte ich für absurd.
@Jeckenburger:
“Fazit: Religion und Psychologie bearbeiten im Grunde dasselbe Fachgebiet: Das Innenleben des konkreten Menschen. Und das ist so vielfältig, dass hier auch für beide Ansätze Platz ist.”
Die akademische Psychologie, also die Psychologie die man heute studieren kann, die eigene Journale besitzt, etc. untersucht eben nicht direkt das “innere Erleben” eines Menschen. Das ist eine häufige Fehlannahme über die Psychologie und über Psychologen. Phänomenologie ist normalerweise nicht Teil der Psychologie sondern der Philosophie.
Wenn man über Psychologie spricht, dann meint man normalerweise ja die akademische Psychologie, ansonsten kann sich alles mögliche “Psychologie” nennen und es ist gar nicht mehr klar wovon gesprochen wird.
Die Psychologie versucht empirische Modelle und Theorien über menschliches Erleben und Verhalten zu erstellen. “Erleben”, ja… aber hier wird alles in Konstrukte und operationalisierte Variablen umgewandelt. Vom unmittelbaren (religiösen) Erleben, das hier in Schleims Blogs über Religion und Wissenschaft diskutiert wird, bleibt da nichts mehr übrig.
Ich weiß dass das etwas pauschal von mir formuliert ist und es immer Ausnahmen und Besonderheiten gibt, aber im Grunde nach ist es so. Religion und Psychologie haben diesbezüglich wirklich nichts gemein. Sie könnten höchstens noch die Theologie als eine Wissenschaft von Religion nehmen. Aber auch die Theologie geht nicht experimentell wie die Psychologie vor.
Das macht die Religion und/oder Theologie natürlich nicht schlechter, ich finde nur dass es hier keine Ähnlichkeit gibt insofern als dass ein Vergleich wirklich sinnvoll wäre, oder dass man sogar behauptet dass beide doch letztendlich das gleiche behandeln. Medizin und Religion behandeln ja letztendlich auch nicht das gleiche, auch wenn es bei beiden um den Menschen geht…
@Reichelt 07.12. 12:38
„Eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie ist eine reduktionistische Theorie und hält den Fakten nicht stand. Deshalb habe ich ganzheitliche Theorie veröffentlicht, die vielleicht Ihren Beifall findet:.. „
Ich denke auch, dass Evolution komplexer ist, als man meistens denkt. Für ihre Pdf müsste ich mich aber irgendwo anmelden. Da komme ich so nicht dran.
@Tobias Jeckenburger, 07.12.2022, 17:37 Uhr
Oh, das wusste ich nicht. Danke für die Mitteilung. Geht es auch nicht, wenn Sie den cursor rechts ganz nach unten ziehen (so war es bei mir einmal, als ich nicht angemeldet war) ?
Frank Wappler schrieb (06.12.2022, 23:07 Uhr):
> […] 2. Das Sammeln von auswertbaren Wahrnehmungsdaten jeweils eines Versuches […]
Diese Formulierung ist leider so kurz geraten, dass sie nur mit besonders viel Verständnis nicht missverständlich wäre (und dann ausgerechnet den Kernpunkt meiner ganzen Darlegung konterkariert).
Deshalb ausführlicher:
Gemeint ist eine bestimmte Menge von Wahrnehmungsdaten, von denen jedes einzelne Element/Datum nicht von vornherein und grundsätzlich ungeeignet ist und (allein schon deshalb) ausschließt, den festgesetzten Mess- bzw. Auswertungs-Operator auf die Datenmenge insgesamt anzuwenden.
Damit ist aber ausdrücklich nicht die Forderung verbunden, dass diese Auswertung dieser Datenmenge insgesamt unbedingt einen bestimmten Ergebniswert (aus dem Wertebereich des angewandten Mess- bzw. Auswertungs-Operators) ergeben müsste.
Um (mangels eines besseren Beispiels) wenigstens eine sicherlich ungenaue Analogie anzubieten:
Wenn man ein “Taschenrechner”-Programm auf einem Laptop eingeschaltet hat, dann kann je nach Tastatur-Eingabe
– das angezeigte Ergebnis als ein bestimmter Zahlenwert abgelesen werden (d.i. ein “gültiger Versuch”), oder
– es wird ein “ungültiger Versuch” gemeldet; z.B. als Anzeige “Division durch Null wird nicht ausgewertet” (was insbesondere auch vorkommen kann, obwohl man die Taste “0” gar nicht gedrückt hatte), oder
– (je)man(d) hat “zwischendurch mal” und “von vorherein abwegig” (<Alt>+<F4>) in die Tastatur getippt …
Mussi,
Das von Ihnen genannte Beispiel , die Darstellung des Himmels von Gustave Doré
bezieht sich auf das Mittelalter. Das ist die Illustration für die Göttliche Komödie aus dem 14. Jahrhundert. Damals gab es noch diese Vorstellung von einem realen Himmel. Heute begreift man “Himmel” als einen Seelenzustand in dem sich der Mensch befindet. Vorallem ist auch die Hölle selbst gemacht, was jeder selbst schon mal erlebt hat, wenn er Gewissensbisse hat wegen einem nicht wieder gut zu machenden Fehler.
Philipp,
jetzt ist auch der Unterschied von Psychologie und Religion geklärt.
Nur aus Interesse, sind die Auftraggeber für experimentelle Psychologie die Handelsketten, die das Kaufverhalten der Kunden untersuchen ?
@Philipp 07.12. 12:38
„Die akademische Psychologie, also die Psychologie die man heute studieren kann, die eigene Journale besitzt, etc. untersucht eben nicht direkt das “innere Erleben” eines Menschen.“
Ich meinte auch nicht das innere Erleben, sondern das Innenleben. Letztlich ist auch jede Verhaltensäußerung eines Menschen Ergebnis innerer Prozesse. Das ist so grundlegend, dass jede Psychologie sich genau damit beschäftigen muss.
„Die Psychologie versucht empirische Modelle und Theorien über menschliches Erleben und Verhalten zu erstellen.“
Genau das meine ich doch, jegliches Erleben und Verhalten ist Ergebnis des Innenlebens. Das innere Erleben ist in der Tat nur ein kleiner Teil davon. Allerdings eigentlich der wichtigste, aber das kann man auch anders sehen. Für meinen Arbeitgeber ist sicherlich meine Arbeitsleistung das wesentliche von mir.
„Vom unmittelbaren (religiösen) Erleben, das hier in Schleims Blogs über Religion und Wissenschaft diskutiert wird, bleibt da nichts mehr übrig.“
Kann man jetzt so pauschal auch nicht sagen. Psychologie beschäftigt sich schon auch mit dem inneren Erleben, wenn auch meistens zu wenig, wie ich zumindest meine.
„Religion und Psychologie haben diesbezüglich wirklich nichts gemein.“
Wie gesagt, beide beschäftigen sich mit unserem Innenleben in allen Aspekten, die dieses hat. Die einzelnen Aspekte werden nur verschieden gewichtet, und die Methoden sind auf jeden Fall andere. Auch kann die Zielsetzung recht vielfältig sein, das gilt aber auch innerhalb der Psychologie. Der eine Psychologe arbeitet in der Personalabteilung und soll das Maximum aus den Mitarbeitern herausholen, der andere unterstützt gestresste Arbeitnehmer, und hilft dabei, sich gegen den Leistungsdruck zu wehren.
Wie auch Religion bzw. Theologie verschiedene Zielsetzungen verfolgen kann. Das Seelenheil mag ein Ziel sein, der Fortbestand der Kirche als Organisation und Arbeitgeber wird aber auch nicht egal sein.
@F.W.
“….natürlich immer unter Voraussetzung der gewissenhaften, nachvollziehbaren, wiederholbaren Anwendung der jeweils festgesetzten Mess- bzw. Auswertungs-Operationen…..” (Zitatende)
Grau ist alle Theorie (-: (-;
Und was ist mit der früher immer als Selbstverständlichkeit geforderten “Wiederholung” des Experiments bzw. der Mess- und Auswertungsoperation durch andere ,von den ersten völlig unabhängige Experimentatoren?
Früher hieß es , kein Forscher würde “Ergebnissen” trauen, die nicht unabhängig wiederholt werden konnten. Am besten mehrfach.
Übrigens hat zum Beispiel P. Feyerabend die tatsächliche “Praktikabilität” des Falsifikationsprinzips stark in Zweifel gezogen. Unter anderem auch, weil wirlich exakte “Wiederholungen” von Experimenten unter genau den gleichen Bedingungen nur selten (praktisch – nicht in der Theorie) ) machbar seien.
___________________
“…Ob ein auf diese Weise ermittelter bestimmter Wert darüber hinaus für “erhofft” oder “überraschend” oder “unerfreulich” oder wie-auch-immer gehalten wird, ist für dessen Gültigkeit unerheblich….” (Zitatende)
“Grau ist alle Theorie” !
Sie wissen selbst ganz genau, dass Wissenschaftler im Verein mit den Wissenschafts- Popularisierern bei jedem mehr oder weniger spektakulären Ergebnis eines der physikalischen oder astronomischen Großexperimente triumphierend darauf hinweisen, wie gut das Ergebnis (wieder mal) die jeweilige Standardtheorie BESTÄTIGT habe. Da hört man den Stein der Erleichterung buchstäblich auf den Laborboden knallen.
Wenn jede Experimentreihe hunderttausende von Dollar oder mehr kostet , ist das ja auch nur menschlich.
@Jeckenburger
Psychologie beschäftigt sich schon auch mit dem inneren Erleben, wenn auch meistens zu wenig, wie ich zumindest meine.
Genau das meine ich auch, gerade in der heutigen Zeit zunehmender Krisen und abnehmenden Vertrauens in die staatlichen und kirchlichen Institutionen. Es gäbe etliche Bereiche, wo Psychologie dringend nötig wäre. Vielleicht müsste man einen zusätzlichen Fachbereich der Psychologie gründen für die Krisen, denen der Mensch heute gegenübersteht, vom Klimawandel über soziale Medien bis zur Pandemie. Dass hier Defizite herrschen, zeigt sich an Erscheinungen wie Querdenker und Pegida, an Desinformation von Medien, an Reichsbürgern und Verschwörungsgläubigen. Natürlich kann man nicht neben jeden Bürger einen Psychologen stellen, zumal die Psychologen selber natürlich auch nicht frei sind von solchen Erscheinungen.
@Louis
Gähn … als ob die Forscher das alles nicht selber wüssten. Eine perfekte Wissenschaft gibt es nicht, das ist banal. Ja, das Geld spielt eine Rolle und der Erfolgshunger und die Eitelkeit mancher(!) Forscher. Komisch, dass es trotz allem immer wieder Fortschritte gibt in der Wissenschaft, z.B. neuartige Impfstoffe, neue Möglichkeiten der Früherkennung von Krebs, neben Gravitationswellen und Higgsbosons. Sogar die Archäologen graben hin und wieder sensationelle Sachen aus (die dann geklaut werden) und der Starphilosoph David Precht schreibt ein krebserregendes Buch.
Nein, die Beweislast trägt natürlich derjenige, der behauptet, es gäbe kausale Erklärungen für alles in der Welt.
Umgekehrt geht natürlich auch:
Nein, die Beweislast trägt natürlich derjenige, der behauptet, es gäbe keine kausale Erklärungen für alles in der Welt.
Mich amüsiert, wenn in den Geistes- und Religionswissenschaften mit Vehemenz über das „wahre“ Irgendwas gesprochen wird, über das Ding an sich und zeitgleich der naturwissenschaftliche Begriff „kausal“ in Zweifel gezogen, in Abrede gestellt wird, es steht den Geistes- und Religionswissenschaften nicht zu ( es ist unehrlich ), die physikalischen Wissenschaften deswegen abzuwerten. Seit der Formulierung der Quantenphysik ist der Begriff „kausal“ sowieso etwas in Verruf geraten und auch in der klassischen Physik nur innerhalb der Fehlergrenzen der Messung definierbar, alles andere ist Spekulation, vielleicht Hybris oder gar Lüge, hier wie dort.
In der Biologie/Medizin ist es noch undeutlicher.
Einem Sterbenden wird es – nehme ich an – angesichts des Todes völlig egal sein, ob er „an“ oder „mit“ ( das ist vielleicht nur abrechnungstechnisch oder für die Statistik interessant ) Corona stirbt – er wird in Kürze tot sein und das ist für ihn die Nachricht oder Botschaft. Gerade die Medizin ist immer noch eine eher beschreibende Wissenschaft, die Ursachen und Wirkungsketten bei fast allen Erkrankungen sind weitgehend noch unbekannt und bei den Medizinern bewundere ich immer, mit wie wenig kausalem Wissen ( nicht zu verwechseln mit empirischem Wissen und Normalverteilungen ) um die Zusammenhänge sie den Patienten genau erklären können, woran er demnächst sterben wird.
Angesichts der grundsätzlichen Unbestimmtheit im menschlichen Leben ist der Wunsch nach dem Wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält, was die Zukunft bringen wird, nachvollziehbar, aber ehrlicherweise müsste man sich eingestehen, dass das einzig Sichere die Unsicherheit/Ungewissheit ist, allen Messergebnissen und Gedanken“experimenten“ zum Trotz.
Diese demütige Erkenntnis zu akzeptieren täte den Geistes- und Religionswissenschaften gut.
Tobias Jeckenburger,
…..empirische Modelle für das Verhalten……
Die Modelle sind alle sehr bodenständig, das heißt einem Ziel unterworfen.
Wie verhält sich jetzt ein Mensch, dem ein Wunder geschieht und der in jeder beglückenden Gegebenheit ein Wunder sieht.
Darüber sollte man mal sprechen. Viele Frauen betrachten überraschende Ereignisse als Wunder. Ich auch. Du gehst also über die Straße und triffst einen Freund, den du gerade besuchen willst. Das ist doch außergewöhnlich.
Oder du suchst nach einem Schlüssel den du verloren hast, Wert = 65 000 € (kein Witz)
Und als du gerade das Suchen aufgibst, da begegnet dir eine Frau, die sieht deinen Kummer und sagt zu dir :”Geben Sie die Hoffnung nicht auf, Sie werden den Schlüssel wiederfinden”. Du gehst den ganzen Weg zurück, ohne Erfolg, vor dir siehst du einen Kiosk, und plötzlich hörst du die Stimme der Frau ganz laut und klar in deinem Kopf”Geben Sie die Hoffnung nicht auf”, das Erlebnis war überirdisch, du überquerst die Straße,
der Kioskbesitzer lacht dich an und sagt, der Schlüssel ist gerade abgegeben worden.” Ist das nicht ein Wunder ? Der Frau bin ich nie wieder begegnet.—
Kausalität
@ M2 05.12.2022, 12:53 Uhr
@ Karl Maier 07.12.2022, 23:40 Uhr
Ein solcher Satz macht mich fassungslos. Und nicht nur mich (Stephan Schleim 05.12.2022, 20:00 Uhr).
Ich sage es so: Das Kausalitätsprinzip wird gelernt. Es ist unserem Erkenntnisapparat zuzuordnen und nicht einer denkunabhängigen Wirklichkeit.
Bei der Ursachenanalyse sind wir meist sogar auf kontrafaktische Schlussfolgerungen angewiesen.
Eine kontrafaktische Schlussfolgerung ergäbe sich aus der Annahme von Akausalität. Welche Folgen hätte sie? – Vermutlich kosmisches Chaos und die Unmöglichkeit biologischen Lebens über Jahrmilliarden. Auch die Quantenphysik hat keineswegs die irrtümliche Annahme von Akausalität zur Folge. Akausalität würde die absolute Zufälligkeit und die Ungültigkeit von Mathematik und Logik bedeuten. Daraus ist zu schließen, dass der Satz vom zureichenden Grund richtig ist (bei Kant: bestimmender Grund).
Das Attribut “begreifbar” ist dagegen unangebracht, denn nicht jede Ursache ist erkennbar, ohne dass damit die Wissenschaft aufgeweicht wird. Vor allem die sogenannten Letztbegründungen in der Naturwissenschaft sind prinzipiell unerkennbar.
@Timm Grams // 08.12.2022, 11:20 Uhr
» Ich sage es so: Das Kausalitätsprinzip wird gelernt. Es ist unserem Erkenntnisapparat zuzuordnen und nicht einer denkunabhängigen Wirklichkeit. «
Ich habe auf Ihrer Seite nachgeschaut: Der Begriff „gelernt“ trifft es nicht ganz, besser ist wohl: „erkannt“ – eben weil das Kausalitätsprinzip dem „Erkenntnisapparat zuzuordnen“ ist, wie Sie zu Recht schreiben.
Und da es um das „Erkennen“ geht, stellt sich die Frage, auf was sich das Erkennen bezieht, ja überhaupt nur sinnvoll beziehen kann. Ich meine, es bezieht sich (vor allem) auf die „denkunabhängige Wirklichkeit“, denn das Erkennen der eigenen Gedanken und Ideen ergibt wenig Sinn (im Sinne von Erkenntnisgewinn).
Das Wesen der Naturwissenschaften ist es ,nach den Ursachen zu forschen.
Wenn man die Ursache nicht sofort findet, dann beginnt die Spekulation.
Dieses Denkprinzip hat sich bewährt.
Und man wendet es bei nicht materiellen Dingen an, bei Handlungen von Menschen, wo man die Ursache als Motiv oder als Absicht oder als Zufall sieht.
Damit beschäftigen sich die Geisteswissenschaften.
Und die Handlungen werden bewertet, und gewichtet, wobei wir zur Moral gelangen.
Also, Ordnung überall.
Die Religion bildet den Abschluss, mit der letzten Ursache, die man als Gott bezeichnet.
Ob jeder das so begreift, das ist nicht sicher, denn die Primitivmaterialisten leugnen eine geistige Welt. Für sie ist alles materiell begreifbar, die Gefühle sind hervorgerufen von den Hormonen, was wir denken ist hervorgerufen von Hormonen, wer wir sind ist eine Folge von Hormonen.
little Louis schrieb (07.12.2022, 19:52 Uhr):
> […] Sie wissen selbst ganz genau, dass Wissenschaftler im Verein mit den Wissenschafts- Popularisierern bei jedem mehr oder weniger spektakulären Ergebnis eines der physikalischen oder astronomischen Großexperimente triumphierend darauf hinweisen, wie gut das Ergebnis (wieder mal) die jeweilige Standardtheorie BESTÄTIGT habe.
Dass der Begriff “Standardtheorie” auch außerhalb der Mathematik gebräuchlich ist, wusste ich bisher überhaupt nicht.
Der Unterscheidung zwischen
– einer Festsetzung, wie jeweils an ein Ergebnis gelangt werden sollte, und
– einem Befund, was (welches Ergebnis, bzw. welche Ergebnisse) auf die festgesetzte “Weise” schon erhalten wurde, und
– einer Vorhersage, was (welche, auf die festgesetzte “Weise” zu ermittelnden Ergebnisse) im Weiteren noch zu erwarten ist
tut das jedoch keinen Abbruch.
Wer auf diese Unterscheidung Wert legt, und die Begriffe “Theorie” und “Modell” (erstens überhaupt beide kennt, und zweitens) entsprechend sorgfältig unterschiedlich benutzt — nämlich den Begriff “Theorie” jeweils für ein bestimmtes System von Festsetzungen “des wie” (einschl. gewisser darauf von vornherein zwingend/beweisbar folgenden Theoremen),
den Begriff “Modell” dagegen jeweils für eine bestimmte Zusammenfassung “dessen, was” auf die festgesetzte “Weise” schon gemessen wurde und (ggf. auch auf dieser Grundlage) in Aussicht steht, auf die festgesetzte “Weise” noch gemessen zu werden —
kann und darf bei jedem mehr oder weniger spektakulären Ergebnis eines der physikalischen oder astronomischen (oder kosmologischen) Großexperimente darauf hinweisen, dass damit (wieder mal) das jeweilige Standardmodell GETESTET wurde.
Ob damit das jeweilige Standardmodell durch das betreffende Ergebnis spektakulär falsifiziert worden wäre, oder stattdessen wieder mal und immer noch mehr erhärtet/korroboriert worden wäre, hinge jeweils vom konkreten Modell und Ergebnis ab. Davon unberührt bleibt jedenfalls die von vornherein erforderliche Festsetzung, wie die betreffende Erwartung zunächst formuliert und damit deren experimentelle Überprüfbarkeit behauptet wurde, und demnach auch genau wie das betreffende Ergebnis entsprechend anschließend ermittelt wurde.
Der wissenschaftliche, Erkenntnis-bezogene Triumph jedes einzelnen solcher Tests liegt ggf. darin, dass die Festsetzung und entsprechende Durchführung “des wie” nachvollziehbar, gewissenhaft (und vor allem) Ergebnis-offen erfolgte, d.h. im Rahmen des durch die Festsetzung gegebenen Werte-Bereiches ohne weitere Beachtung (“oder gar Einflussnahme” …) irgendwelcher (Standard-Modell-)Erwartungen, d.h. unter absichtlicher “Gefährdung” jeglicher Vorhersage (die “echt” ist, also nicht von vornherein als Theorem aus den Festsetzungen “des wie” folgt).
> Und was ist mit der früher immer als Selbstverständlichkeit geforderten “Wiederholung” des Experiments bzw. der Mess- und Auswertungsoperation durch andere, von den ersten völlig unabhängige Experimentatoren?
Früher hieß es, kein Forscher würde “Ergebnissen” trauen, die nicht unabhängig wiederholt werden konnten. Am besten mehrfach.
Eine sehr aufmerksame und relevante Bemerkung. — Respekt!
Kurz gefasst: Doch! — Der Anspruch der Gewissenhaften geht so weit, das Ergebnis (oder ansonsten: die Ungültigkeit) jedes einzelnen Versuches der eigenen, kritischen Überzeugung nach für (je nach Festsetzung und entsprechende Durchführung “des wie” der Ermittlung) wahr/richtig bzw. für im Rahmen des angegebenen Vertrauensbereiches zuverlässig/signifikant halten und vertreten können zu wollen.
Und jedem Weiteren (erstens die nachvollziehbare Qualifikation und zweitens) die anzuwendende Auswertungs-Festsetzung sowie die (zumindest vermeintlich) genau so entsprechend ausgewerteten Versuchs-(Roh- bzw. Wahrnehmungs-)Daten zukommen zu lassen, damit diejenigen sich jeweils selbst entsprechend überzeugen, oder ansonsten willkommene Hinweise auf Irrtümer geben mögen.
Aber, gerade deshalb, ist das Formulieren von bestimmten Erwartungen bzw. von Modellen, erst recht das “sich-Trauen, zu wetten”, separat vom Messen hinsichtlich jedes einzelnen Versuches.
Gerade weil Modelle mit jedem einzelnen Ergebnis stehen oder fallen können (sollen), bedarf die “Erhebung” eines Modells zum “Standardmodell”, dass es “geeignet brauchbar und einfach und absehbar stabil” wäre; also dafür doch die Wiederholung/Gleichheit von Ergebniswerten in verschiedenen Versuchen “unter oberflächlich vergleichbaren Umständen” (d.i. eine Forderung, die in der gewissenhaften Betrachtung und Auswertung eines und jedes einzelnen Versuchs gar keine Rolle spielen kann).
Im Übrigen sind auch Festsetzungen und erst recht Durchführungen “des wie Ergebnisse jeweils ermittelt werden sollen” mit Aufwand verbunden …
Weswegen die Konzentration auf die oben erwähnten Standardtheorie(n) auch in den empirischen Wissenschaften sinnvoll ist, und so i.A. praktiziert wird — bis (anfänglich auch, und schließlich womöglich vorrangig) andere/schlauere/neuere Festsetzungen “des wie” Anwendung finden, und somit “ein neues Paradigma bzw. Forschungsfeld” anlegen.
> “Grau ist alle Theorie” !
Grau, little L., ist alle Theorie --
Doch kunterbunt der Funkentanz der Hamsterräder! ...
(Den Rest des Reimes, den ich mir darauf zu meinem eigenen Vergnügen schon gemacht habe, behalte ich bis auf Weiteres für mich — sonst korroboriere ich womöglich die Erwartung meiner Eignung für die Rolle eines Mephisto.)
Das Wort akausal hat in der technischen Systemtheorie eine Bedeutung, also in einem sehr kleinen und streng abgegrenzten Feld. Dort kommt das Attribut kausal dem technischen System zu, wenn die Ausgangsgröße nicht von zukünftigen Werten der Eingangsgröße abhängt. Wäre dem nicht so, könnte man das System akausal nennen. Bei diesen technischen Systemen ist die Ursache-Wirkungsrichtung von vornherein festgelegt: es geht von der Eingangsgröße in Richtung Ausgangsgröße. Beim “System Welt” sind die Verhältnisse nicht so einfach. Das gerichtete Netz (Digraph) der Ursache-Wirkungs-Beziehungen ist nicht vorgegeben. Es ist uneindeutig. Man kann also bestenfalls sagen, dass eine gewisse hypothetische Kausalbeziehung vorliegt oder eben nicht. Eine Übertragung der Begriffe kausal/akausal auf das “System Welt” ist demnach ausgeschlossen.
@fauv
Auch wenn Sie sich auf den Kopf stellen oder schreien, Sie werden nirgendwo eine geistige Welt finden, weil es keine gibt. Es ist ein bloßer Begriff für bestimmte Erscheinungsformen des menschlichen Nervensystems. Nach dem Hirntod ist die geistige Welt für den betreffenden Menschen irreversibel verschwunden. Wie unterschiedlich und wie irrsinnig die vermeintlich geistige Welt aussehen kann, das erfährt man jeden Tag aus den Nachrichten.
Die mentale und biologische Unterschiedlichkeit der Menschen ist nicht als Geschöpf Gottes, sondern nur als Produkt der biologischen Evolution logisch erklärbar. Zum “Primitivmaterialismus” gibt es keine vernünftige und glaubwürdige Alternative. Nur wer geistig damit nicht zurecht kommt, braucht Krücken dafür, die letztlich nur der mentalen Selbsttäuschung, der psychischen Selbstbefriedigung und der polemischen Selbstverteidigung dienen.
@ Balanus 08.12.2022, 12:57 Uhr
Ihrer Aussage
widerpreche ich vehement. Poppers Logik der Forschung beschäftigt sich mit Erkenntnistheorie, und das ausschließlich. Die denkunabhängige Realität kommt darin nicht vor. In späteren Anhängen hat er das etwas aufgeweicht und er spricht von der Realitätsvorstellung als einem regulativen Prinzip. Ich halte dieses vorsichtige Zugeständnis an die Realisten für entbehrlich.
A.Reutlinger.
Wenn sich Menschen selbst kasteien, dann ist das keine mentale Selbsbtäuschung.
Wenn Menschen sich für andere aufopfern, dann ist das keine psychische Selbstbefriedigung,
Und wenn sich jemand offen zu seiner Religion bekennt, dann ist das keine polemische Selbstverteidigung.
Mit geistiger Welt sind keine Geister gemeint, es bedeutet, dass dieser Bereich unseres Lebens nicht vollständig naturwissenschaftlich erklärt werden kann.
Die Meisterwerke der Musik sind nicht phsikalisch erklärbar. Man kann zwar Zusammenhänge von Melodien und ihren Wirkungen beschreiben, aber dass Kühe bei bestimmter Musik mehr Milch geben, das lässt sich nicht erklären.
Es lässt sich nicht erklären, was Farben sind, man kann die Frequenz des Lichtes messen, aber was „Rot“ bedeutet, wie wollen Sie das einem Blinden erklären. Für den gibt es Farben nicht.
Mir scheint , Sie sind „glaubensblind“.
@Timm Grams
Die Verwendung eines Begriffes in einem Fachgebiet schließt die Verwendung dieses Begriffes in einem anderen Fachgebiet nicht aus, möglicherweise aber mit anderer Bedeutung. Kausalität darf nicht mit Determiniertheit verwechselt werden. Die Determiniertheit besagt, dass eine Ursache eine eindeutig bestimmte bzw. bestimmbare Wirkung hat, Indeterminiertheit entsprechend lässt mehrere Wirkungsmöglichkeiten offen. Jede quadratische Gleichung hat schon zwei Lösungsmöglichkeiten, abgesehen von der Null.
In der Quantenphysik verhindert die Unbestimmtheitsrelation die Eindeutigkeit der Messbarkeit von Wirkungen. Es ist also nicht entscheidbar, ob Determiniertheit oder Indeterminiertheit vorliegt, in jedem Fall aber Kausalität. Die Akausalität dagegen besagt, dass ein Phänomen keine Ursachen habe! Die Konsequenz daraus wäre absolute Zufälligkeit – oder ein Eingreifen Gottes.
Dazu Werner Heisenberg:
“Wenn die Bestimmungsstücke eines isolierten Systems zu einer gegebenen Zeit genau bekannt sind, so gibt es zu jeder späteren Zeit Experimente an diesem System, deren Resultat genau determiniert sind und vorausberechnet werden können, wenn das System keinen Störungen ausgesetzt ist, außer denen, die durch das genannte Experiment verursacht werden.”
Und weiter:
“Wenn zu einer Zeit ein System in allen Bestimmungsstücken bekannt ist, so gibt es auch zu jeder späteren Zeit Experimente an dem System, deren Resultat präzis vorhergesagt werden kann.” Ob man ein solches Verhalten noch kausal nennen soll oder nicht, scheint mir keine interessante Frage.
Quelle: Kausalgesetz und Quantenmechanik
@fauv
Mir scheint , Sie sind „glaubensblind“.
Da gebe ich Ihnen recht. Dass Sie nicht die üblichen Geister meinen, das ist mir klar. Sie selber sind offenbar erklärungsblind, es gibt für Sie nur die eine vorgefasste Erklärungsmöglichkeit, die jeder Grundlage entbehrt und sowohl der Empirie als auch der Logik widerspricht. Wenn Menschen sich für ihren religiösen Glauben selbst kasteien, dann zeigt es nur den Irrsinn und die Fremdbestimmung dieses Glaubens.
@reutlinger 08.12. 13:50
„Sie werden nirgendwo eine geistige Welt finden, weil es keine gibt.“
Und doch ist unser inneres Erleben Teil einer allgemeinen Geisteswelt. Die neurologischen Korrelate des Bewusstseins werden in diese Geisteswelt nur abgebildet. Ohne dem gäbe es keinen Ort, in dem sie sich manifestieren könnten. Wir brauchen die geistige Welt also nirgends suchen, wir sind sie selbst. Wenn auch immer als ein Teil einer allgemeinen Geisteswelt.
„Wie unterschiedlich und wie irrsinnig die vermeintlich geistige Welt aussehen kann, das erfährt man jeden Tag aus den Nachrichten.“
Die Erfahrungswelten gehen offenbar verschiedene Wege. Der eine ist eben „Primitivnaturalist“, der andere religiöser Fundamentalist, viele sind ziemlich unentschieden, und manch einer lebt ganz unspektakulär jeden Tag seine kleinen Wunder.
Wir haben mit Geisteswelten aber einen Pluspunkt: Eine Geisteswelt kann sich verstecken, und sich für Einzelne unsichtbar machen. Anders herum geht das nicht. Eine geistlose Welt kann nicht so tun, als hätte sie geistige Anteile. Von daher ist mit Geist einfach allgemeiner, und kann auch die Geistlosen miteinbeziehen.
Warum halten wir uns nicht einfach ans Grundgesetz, dort ist die Religionsfreiheit doch sogar festgeschrieben?
@Timm Grams 08.12. 14:03
„Die denkunabhängige Realität kommt darin nicht vor. In späteren Anhängen hat er das etwas aufgeweicht und er spricht von der Realitätsvorstellung als einem regulativen Prinzip. Ich halte dieses vorsichtige Zugeständnis an die Realisten für entbehrlich.“
Die denkunabhängige Realität existiert aber doch. Nur ist es sehr schwierig, sie wirklich zu finden. Wir sind nur noch nicht so weit. Unsere Theorien reichen nicht weit genug. Das muss nicht so bleiben. Derweil leben wir mit Modellen, die nur teilweise funktionieren, die aber auch schon recht viel brauchbar beschreiben. Der Technik hilft das schon sehr weitgehend, man könnte fast meinen, wir haben unser physisches Leben mit der derzeitigen Kenntnis schon sehr gut im Griff.
Reichen tut mir das aber auch nicht, ich suche mehr. Nur das Physische im Griff zu haben, ist mir zu wenig. Den Menschen und damit uns selbst zu verstehen, da liegt noch viel vor uns.
A.Reutlinger,
Herr Jeckenburger hat meine Meinung etwas zivilisierter formuliert.
Nachtrag: Meine Meinung ist nicht vorgefertigt, sondern erlebt.
Die Kirche nennt es so: Wer Gott zu nahe kommt, der wird von ihm gefangen.
Es gibt 2 Milliarden Menschen, die christlicher Konfession angehören. Nehmen wir an, nur 1 % von Ihnen hat schon mit Gott gesprochen und von ihm Antwort erhalten, dann sind das immer noch 20 Millionen Zeugen.
@fauv
Dieser Gott ist schlimmer als Trump, wenn er nur mit auserwählten Anhängern spricht.
@Maier: Beweislast
Nein. Es gibt aus guten Gründen eine Konvention, dass derjenige, der eine positive Existenzaussage trifft, diese begründen muss.
Sonst müssten wir ja z.B. die Annahme, dass es Gott gibt, für wahr halten, bis deren Gegenteil bewiesen ist.
Auch in der Praxis hat sich das bewährt: Die Schuld (positiv; dass jemand etwas getan hat) muss bewiesen werden, nicht die Unschuld (negativ; dass jemand etwas nicht getan hat).
Natürlich gibt es hier einen logischen Zusammenhang der Form, dass ein Beweis der negativen Aussage die positive widerlegt oder eine Negation der negativen Aussage (unter der Annahme von tertium non datur) die positive Beweist.
Somit trägt auch derjenige, der die Existenz eines alles erklärenden Kausalgesetzes annimmt, die Beweislast. Ansonsten hätten wir es hier mit Willkür und Vorurteilen zu tun.
@ anton reutlinger 08.12.2022, 13:50 Uhr
Zitat: „Auch wenn Sie sich auf den Kopf stellen oder schreien, Sie werden nirgendwo eine geistige Welt finden, weil es keine gibt.“
Ich fürchte, da ist Ihnen was wichtiges entgangen. Offensichtlich werden größte „Informationsmengen“ (etwas „geistiges“) nicht nur im menschlichen Nervensystem, sondern besonders auch noch auf DNA abgebildet. Die DNA steuert bekanntlich maßgeblich den Aufbau jeglicher Art von „Lebewesen“, z.B. Bakterien, Gräser,…. Besonders bemerkenswert ist, dass die Information nach dem Ende des „Lebewesens“ weiter existiert.
Das ist übrigens ehemals Indischen „Religionsdesignern“ besonders aufgefallen und sie begründeten das Konzept der „Seelenwanderung“. Vollständig im Detail verstanden haben die Genetiker heutzutage die Vorgänge zwar auch noch nicht, aber die Sache mit der grundsätzliche Prozesssteuerung und der weiteren Existenz der Software, nach dem Ende der Hardware, hat sich bestätigt.
Es ist jedenfalls legal, den Mechanismen, die die Entstehung, z.B. auch der genetischen Prozesse bewirkt haben, einen „Bezeichner“, z.B. „Gott“ zuzuweisen. Die Mechanismen, wie im Detail auch immer, existieren, wie auch die Bezeichner.
Auch wenn Sie sich auf den Kopf stellen oder schreien.
@ fauv
“.….. aber was „Rot“ bedeutet, wie wollen Sie das einem Blinden erklären. Für den gibt es Farben nicht…...”
Ich vermute aber, dass man einem Tauben sehr wohl erklären kann, was Worte sind oder was “Akustik” ist.
So einfach ist also das Problem dann auch wieder nicht vom Tisch zu wischen.
@ anton reutlinger 08.12.2022, 14:47 Uhr
Sie schreiben:
Sie nennen demnach ein Phänomen akausal, wenn sich kein Phänomen als Ursache dafür auftreiben lässt. Möglicherweise gibt es solche Phänomene. Ich denke an den radioaktiven Zerfall.
Das liefert keine Handhabe dafür, das System Welt insgesamt kausal oder akausal zu nennen. Und genau diesen Anspruch entnehme ich einer früheren Aussage von Ihnen:
Selbst in einer Welt mit akausalen Ereignissen sind Logik und Mathematik anwendbar. Es muss nur Phänomene geben, über die sich ein kausales Netz legen lässt, so dass unsere Wenn-dann-Wissenschaft Gesetzmäßigkeiten zutage fördert.
Noch einmal: Wir finden Kausalitätsbeziehungen nicht vor. Wir postulieren, messen und prüfen sie. Ob wir dafür ein deterministisches Instrumentarium nutzen oder ein statistisches, steht auf einem anderen Blatt.
https://www2.hs-fulda.de/~grams/hoppla/wordpress/?p=205
@ Elektroniker, 08.12.2022, 17:25 Uhr
In der Tat existieren geistige Welten. Sie erwähnen die Seelenwanderung (Reinkarnation). Auch dazu habe ich einen Text geschrieben. Er zeigt auf, wie dass die Gene durch unser Karma programmiert werden: https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche
@ Elektroniker und zu:
“.Das ist übrigens ehemals Indischen „Religionsdesignern“ besonders aufgefallen und sie begründeten das Konzept der „Seelenwanderung“. Vollständig im Detail verstanden haben die Genetiker heutzutage die Vorgänge zwar auch noch nicht, aber die Sache mit der grundsätzliche Prozesssteuerung und der weiteren Existenz der Software, nach dem Ende der Hardware, hat sich bestätigt…” .
Soweit “wir” aber bis jetzt wissen stirbt sowohl die genetische als auch die “elektronische” Software mit der Vernichtung der jeweiligen Hardware- Speicher.
Und ob es neben diesen hardware- Speichern (eventuell parallel) dazu noch noch irgendwelche andere Speicher für dieselbe Software gibt, wissen (!) wir auch nicht (sicher ?) . Denn es gibt dazu nur rein spekulative Theorien. Zumindest meines (aktuellen) Wissens. Denn selbst wenn die “Grenzwissenschaftler” eventuell wirklich “Geister” detektieren, wissen wir noch lange nicht, “wo diese herkommen” bzw. ob sie irgendetwas mit “reiner Information” oder mit Information auf einem anderen, uns unbekannten Speicher zu tun haben.
@ A.R. und zu:
“…Wenn zu einer Zeit ein System in allen Bestimmungsstücken bekannt ist, so gibt es auch zu jeder späteren Zeit Experimente an dem System, deren Resultat präzis vorhergesagt werden kann.” Ob man ein solches Verhalten noch kausal nennen soll oder nicht, scheint mir keine interessante Frage….”
Der Herr Heisenberg kannte also die Zukunft weil er sicher war, dass alles “auf der Welt” zu hundert Prozent determiniert ist.
Das ist auch eine schöne “Religion” ! (-:
Wenigstens aber interessante Meta- Physik.
@Elektroniker
Auch wenn Sie sich auf den Kopf stellen oder schreien.
Das ist nicht nötig, ich kann lesen und selbstständig denken. Mit Ihrem Halbwissen überschätzen Sie sich. Information gibt es nur in Anwesenheit eines informationserkennenden Systems. Deshalb existiert die genetische Information nach dem Tod nur noch für den Gerichtsmediziner. Alles andere ist nur Wortgeschwurbel.
Information ist nicht Realität, sondern abstraktes Modell der Realität, äquivalent einer mathematischen Gleichung, oder einer zeichnerischen Darstellung eines DNA-Abschnitts. Die Gesetzmäßigkeiten der Chemie bestimmen, wie die Gene abgelesen und in Proteine übersetzt werden. Die molekularen Bindungskräfte bilden die Schnittstellen. Die DNA selber wie auch der ganze Organismus weiß nichts von ihrer Information.
Sie wissen doch selber, dass unterschiedliche Systeme nur über Schnittstellen kommunizieren können, z.B. USB oder WLAN. Wo ist die Schnittstelle zwischen der geistigen und der physischen bzw. physikalischen Welt? Ohne diese Schnittstellen läuft gar nichts. Es ist der Mensch, der sich eine geistige Welt erfindet, ermöglicht durch die Fähigkeit der Sprache bzw. der gegenseitigen Kommunikation. Die Erfindung von Wörtern ist quasi unbegrenzt. Tiere haben keine geistige Welt, weil sie die Wörter dafür nicht haben.
“….Gähn … als ob die Forscher das alles nicht selber wüssten. Eine perfekte Wissenschaft gibt es nicht, das ist banal. Ja, das Geld spielt eine Rolle und der Erfolgshunger und die Eitelkeit mancher(!) Forscher. Komisch, dass es trotz allem immer wieder Fortschritte gibt in der Wissenschaft, z.B. neuartige Impfstoffe, neue Möglichkeiten der Früherkennung von Krebs, neben Gravitationswellen und Higgsbosons. Sogar die Archäologen graben hin und wieder sensationelle Sachen aus (die dann geklaut werden) und der Starphilosoph David Precht schreibt ein krebserregendes Buch.…”
Nun ja, das ist eigentlich auch nur ( nicht viel mehr als) eine “Metaphysik der Hoffnung” (oder des ” Glaubens” an ein Erkenntnissystem).
Denn niemand weiß heute (!), ob durch ihren bewussten “Erkenntnisreduktionismus”
(warum eigentlich ?) nicht andere und weit fruchtbarere Ansätze einfach keine Chance bekommen erkannt zu werden oder/und sich durchsetzen zu können.
Und auch Sie wissen, dass es genug Wissenschaftshistoriker gibt die belegt haben, dass genau DAS schon mehrmals in der Geschichte so vorgekommen ist.
A.Reutlinger,
Jetzt wird es spannend
“Information gibt es nur in Anwesenheit eines informationserkennenden Systems”
Dieses informationserkennende System nennt sich Mensch.
Und dieser Mensch spricht eine Sprache. Wenn die Sprache des Sprechers und des Empfängers nicht kompatibel sind, dann ist das Gesprochene ihrer Meinung nach keine Information mehr.
Oder wenn der Angsprochene sich nicht angesprochen fühlt ??
Sie fühlen sich ja auch nicht von der “Schöpfung” angesprochen. Gott spricht nicht nur mit Worten sondern er offenbart sich in jedem Lebewesen in jeder Pflanze in allem, was Menschen nicht nachmachen können.
Bis heute wissen wir nicht was “Leben” ist. Noch können wir Tote nicht wieder lebendig machen.
little Louis,
das Beispiel mit den Farben war dick aufgetragen, auf die Schnelle fiel mir kein besseres ein.
Ihr Beispiel mit dem Tauben ist genial. Man hat es fertiggebracht taubstummen Blinden, die Blindenschrift beizubringen. Und das beweist, dass Intelligenz, die Fähigkeit zum Abstrahieren mehr ist als analoges Denken. Der taubstumme Blinde versteht Absichten , die er mit Zeichen kombiniert, verstehen kann er die Lautschrift unserer Sprache nicht und trotzdem findett er einen Weg in Zeichen kodierte Buchstaben, die ja Laute sind einer Absicht zuzuordnen.
Ob der Herr Reutlinger dazu fähig wäre ?
Herr Reutlinger, der Gläubige sieht in der Natur eine Absicht, ……
denken Sie mal darüber nach.
@Louis
Der Herr Heisenberg kannte also die Zukunft weil er sicher war, dass alles “auf der Welt” zu hundert Prozent determiniert ist.
Sie einfältig war Heisenberg natürlich nicht. Er kannte schon die Heisenbergsche Unschärferelation und bezog sich auf Experimente der Quantenphysik, nicht auf den “Wildtyp Welt”. Bekanntlich kann man komplementäre Größen der Quantenphysik nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen, wohl aber berechnen, weil die Messung einen Eingriff in das Experiment bedeutet. Unverständlicherweise glaubte er wie Born, das Kausalprinzip wäre dadurch ungültig geworden.
Das Kausalitätsprinzip verlangt dass nach einer Frage eine Antwort gegeben wird.
Das Erkenntnisprinzip verlangt, dass einer Erkenntnis ein Ereignis vorausgeht.
Das kann auch ein Nachdenken sein. Bekannt ist die Erzählung von Archimedes als er in die Badewanne stieg und das Wasser überlief.
Bekannt sind die Erzählungen von Heiligen , die ein Erlebnis hatten, die sie zu einer Gotteserkenntnis geführt hatten. Das lässt sich nicht leugnen und auch nicht materiell erklären.
Am bekanntesten ist der Vorfall des Saulus, eines Christenverfolgers,, der nach seiner Erblindung zum Paulus wurde. Er hörte die Stimme Jesu: “Saulus, warum verfolgst du mich !” Nach seiner Genesung wandelte er sich zum überzeugten Anhänger Jesu. Seine Schriften sind die Ältesten des Neuen Testamentes.
@ little Louis 08.12.2022, 17:44 Uhr
Zitat: „Soweit “wir” aber bis jetzt wissen stirbt sowohl die genetische als auch die “elektronische” Software mit der Vernichtung der jeweiligen Hardware- Speicher.“
Das stimmt, jedenfalls wenn die Welt „total“ untergegangen ist, der letzte Grashalm verbrannt ist, in diesem Sonderfall ist alles futsch.
Aber, z.B. am „Sichern“ genetischer Information, zumindest für einige Zeit nach dem Tod, arbeiten Nächte lang und mit großem Vergnügen viele Menschen, aber auch die Tiere, sogar die fleißigen Bienchen tragen dazu bei.
Selbst wenn Sie ihren Laptop verschrotten und die Festplatte mit dem Hammer „erschlagen“, was manche Nutzer tun, Ihre Texte (Information) bleibt auf den Servern des Netzwerkes erhalten. Wie lange auch immer.
@ fauv- herje…
Eiferer sind der Grund für Säkularisation und Wissenschaft.
Grau, little L., ist alle Theorie —
Doch kunterbunt der Funkentanz der Hamsterräder! …
(Den Rest des Reimes, den ich mir darauf zu meinem eigenen Vergnügen schon gemacht habe, behalte ich bis auf Weiteres für mich — sonst korroboriere ich womöglich die Erwartung meiner Eignung für die Rolle eines Mephisto.)
(Ende der Zitation)
Dr. F. zu Gretchen: im Augenblick der höchsten (natürlich erkenntnistheoretischen) Erregung :
“Hüte dich, mein Kind, vor dem der sich der Doktor Faustus nennt !
Verwirrt er doch schon längst der Menschen Forschergeist durch allzuviel Gedöns dazu, was ganz genau das solle sein , was er “Modell” genannt.
Doch bald erkennst auch du, mein gut gebautes kluges Kind :
Es ist trotz all der Epistemiologei, doch nur fast und einzig halt – nur das , was von uns bisher als “Hypothese” ward benannt.
Darauf Gretchen voll des Glücks : “Oh ja , mein Faust”
Und gab sich lustvoll hin dem harten Kern der Wissenschaft.
Äh- Copyrights bei mir. Wenn ich sie nicht eh schon an den hiesigen Verlag verschenkt hab. Was ich schwer befürchte.
@Louis
Und auch Sie wissen, dass es genug Wissenschaftshistoriker gibt die belegt haben, dass genau DAS schon mehrmals in der Geschichte so vorgekommen ist.
Ja und? Forschung ist open end. Manche Entdeckungen sind mehrfach gemacht worden, weil sie zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten sind. Wer mehr Geld hat, kann schneller forschen, alter Hut. Sie rennen ständig gegen Windmühlen an, um der Wissenschaft ans Bein zu pinkeln, aber Sie produzieren dabei nur Gegenwind und bekommen nasse Hosen.
@ littleLouis / fauv / Jeckenburger
Was mich bei Ihnen irritiert ist,dass sie eine ‘Botschaft’ vermitteln wollen,ohne zu argumentieren.
Es stößt mich ab.
Es ist wieder zunehmend ein Diskurs von ‘oder’ geworden,nicht von ‘und’. Grams ist der Einzige der auch das ‘wenn-dann’ eingebracht hat.
Mir ist es schleierhaft,wie man die Aussagenlogik nicht als Einheit verstehen kann. Auch,wenn der Zeitpfeil ‘Einheit’ schwierig macht.
@ anton reutlinger 08.12.2022, 17:59 Uhr
Zitat: „Information gibt es nur in Anwesenheit eines informationserkennenden Systems. Deshalb existiert die genetische Information nach dem Tod nur noch für den Gerichtsmediziner.“
Es gibt unermesslich viele „empfangsbereite“, auch biologische, Information erkennende und auswertende Systeme auf der Welt, die auf das „Einlangen“ passender Information warten, nicht nur die Gerichtsmediziner.
Zitat: „Information ist nicht Realität, sondern abstraktes Modell der Realität, äquivalent einer mathematischen Gleichung, oder einer zeichnerischen Darstellung eines DNA-Abschnitts. Die Gesetzmäßigkeiten der Chemie bestimmen, wie die Gene abgelesen und in Proteine übersetzt werden. Die molekularen Bindungskräfte bilden die Schnittstellen.“
Ganz genau so sehe ich es auch.
Zitat: „Die DNA selber wie auch der ganze Organismus weiß nichts von ihrer Information.“
Der Organismus braucht kein explizites Wissen, die implizite Möglichkeit reicht.
Zitat: „Sie wissen doch selber, dass unterschiedliche Systeme nur über Schnittstellen kommunizieren können, z.B. USB oder WLAN. Wo ist die Schnittstelle zwischen der geistigen und der physischen bzw. physikalischen Welt? Ohne diese Schnittstellen läuft gar nichts. Es ist der Mensch, der sich eine geistige Welt erfindet, ermöglicht durch die Fähigkeit der Sprache bzw. der gegenseitigen Kommunikation. Die Erfindung von Wörtern ist quasi unbegrenzt. Tiere haben keine geistige Welt, weil sie die Wörter dafür nicht haben.“
Mit den „Schnittstellen“ rennen Sie bei mir offene Türen ein. Es sind die sensorischen (auch empfindungsfähigen) Elemente, hauptsächlich an hautartigen externen (Haut, Netzhaut,…) und internen (Hirnhaut, Zwischenschichten, …) Strukturen. Die Gesamtheit der „Punktweisen“ Empfindungen emergieren zum „Bewusstsein“.
Tier haben natürlich auch eine geistige Welt. Z.B. eine Bilderwelt, oder besonders die Hunde haben eine „Geruchswelt“. Demnach erkennen sie „Muster“, machen „Musteranalysen“ und „Mustersynthesen“, wie der Mensch. Sprachmuster brauchen sie nicht unbedingt.
@Elektroniker
Selbst wenn Sie ihren Laptop verschrotten und die Festplatte mit dem Hammer „erschlagen“, was manche Nutzer tun, Ihre Texte (Information) bleibt auf den Servern des Netzwerkes erhalten. Wie lange auch immer.
Sofern sie überhaupt auf einem Server oder in einer Cloud sind. Was ist, wenn es niemanden gibt, der die Informationen noch versteht, weil sie unbekannt verschlüsselt sind oder in einer ausgestorbenen Sprache, oder weil ihr Sinn nicht mehr erkennbar ist?
Hieroglyphen sind nur deshalb noch Informationen, weil ein Forscher (Champollion) es mit Geschick und Glück geschafft hat, sie über Zwischensprachen auf dem Stein von Rosetta in heutige Sprachen zu übersetzen. Nur wer Hieroglyphen versteht, kann sie direkt lesen und ihnen als Information Bedeutung geben. Welchen pragmatischen Sinn sie für die damaligen Menschen hatten, kann man bestenfalls noch erraten.
@Elektroniker
Die Gesamtheit der „Punktweisen“ Empfindungen emergieren zum „Bewusstsein“.
Das ist bedeutungsloses Wortgeschwurbel.
@ anton reutlinger 08.12.2022, 20:01 Uhr
Zitat: „Sofern sie überhaupt auf einem Server oder in einer Cloud sind. Was ist, wenn es niemanden gibt, der die Informationen noch versteht, weil sie unbekannt verschlüsselt sind oder in einer ausgestorbenen Sprache, oder weil ihr Sinn nicht mehr erkennbar ist?“
Ich formuliere stets sehr vorsichtig so, dass „Information“ (wie „viel“ davon auch immer) weiter existiert (wie „lange“ auch immer). Ob es einen (oder wie viele auch immer) Empfänger gibt, der (die) sie empfangen und entschlüsseln kann (wie sicher und schwierig auch immer).
„Informationen“ oder (noch mehr) „Gesetzmäßigkeiten“ existieren unabhängig vom Beobachter. Information „verschwindet“ wenn der letzte Datenträger „vernichtet“ ist.
Gesetzmäßigkeiten würden vermutlich auch nach dem letzten ausgestorbenen „Beobachter“ weiter existieren. Sie wären (vermutlich) sofort wieder da, würden neue Beobachter „entstehen“. Die Information existierte nicht mehr, außer sie könnte irgendwie rekonstruiert werden.
Einen Verlust der Naturgesetze gäbe es für mich nur, würden z.B. Flüsse plötzlich „bergauf fließen“, wenn der letzte Mensch (Tier) gestorben ist, glaube ich aber nicht. Es ist die Frage, ob es eine Welt geben könnte in der andere Naturgesetze gelten.
Die Gesamtheit der „Punkt weise“ auftretenden Empfindungen emergieren zum „Bewusstsein“, wie Bildpixel zu einem Bild. Das dürfte zumindest für das „visuelle Bewusstsein“ gelten, dass im Auge realisiert werden dürfte. Neurologen gehen im Zusammenhang mit „Bewusstsein“, von einer Art von „Bildschirm“, „Hirnkino“, „Hirnradar“, …. aus. Da bin ich in bester Gesellschaft.
@ Reutlinger
Mit Ihrem letzten Beitrag lieferten Sie ein Steilvorlage für alle Metaphysiker -mit Ausnahme des ersten Satzes:
Ihre weiteren Ausführungen kann man so verstehen, daß das Erkenntnisvermögen des Menschen für die metaphysische Welt nicht ausreichend ist, es eines Übersetzers bedarf. Wenn, wie selbst schreiben, “Forschung open end ist”, so könnte doch in der Zukunft es Wissenschaftler geben, die, da sie sich ja selbst -auch evolutionär- weiterentwickeln, manches zu Physik werden lassen, was zuvor als Metaphysik belächelt wurde. Oder? Ich kann mich noch gut erinnern, daß selbst das Atom als Phantom belächelt wurde.
little Louis schrieb (08.12.2022, 19:22 Uhr):
> […] was ganz genau das solle sein , was er “Modell” genannt. […] nur das , was von uns bisher als “Hypothese” ward benannt.
“Hypothese” ist zwar nicht ganz abwegig, bezieht sich aber (so wie ich den Jargon kenne und verwende) jeweils auf einen einzelnen Versuch mit einem einzelnen Ergebniswert;
während “Modell” und insbesondere “Standardmodell” die Zusammenfassung von Ergebniswerte aus etlichen einelnen Versuchen meint, und dazu noch die Erwartungen von Ergebniswerten i.A. etlicher weiterer einzelner Versuche (einschl. “des nächsten”).
Und um mal konkreter zu recherchieren, wer was wie nennt:
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+model%22&ia=web
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+hypothsis%22&ia=web
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+theory%22&ia=web
p.s.
Siehe weitere, oft vielsilbige Worte im Memo verlinkt.
little Louis schrieb (08.12.2022, 19:22 Uhr):
> […] was ganz genau das solle sein , was er “Modell” genannt. […] nur das , was von uns bisher als “Hypothese” ward benannt.
“Hypothese” ist zwar nicht ganz abwegig, bezieht sich aber (so wie ich den Jargon kenne und verwende) jeweils auf einen einzelnen Versuch mit einem einzelnen Ergebniswert;
während “Modell” und insbesondere “Standardmodell” die Zusammenfassung von Ergebniswerte aus etlichen einelnen Versuchen meint, und dazu noch die Erwartungen von Ergebniswerten i.A. etlicher weiterer einzelner Versuche (einschl. “des nächsten”).
Und um mal konkreter zu recherchieren, wer was wie nennt:
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+model%22&ia=web
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+hypothsis%22&ia=web
(Hinsichtlich mehrerer obiger Kommentare liegt außerdem insbesondere eine Suche nach der entsprechenden Phrase “test of the standard theory” nahe. Mein Versuch aber, 08.12.2022, 23:10 Uhr, auch diese direkt bereitzustellen,
... befindet sich in Moderation.
)p.s.
Siehe weitere, oft vielsilbige Worte im Memo verlinkt.
Beweislast
Worüber reden wir, über physikalische Wissenschaft ( mit Versuch & Irrtum, letzteres häufig in der Medizin 😉 ) oder über Gesellschaft ( Schuld & Sühne ) oder über Grenzbereiche wie Geistes- und Religionswissenschaften ( wobei mir dabei der Begriff “Wissenschaft” Unbehagen bereitet )?
Einen Versuchsaufbau kann ich ( hoffentlich möglichst ) genau nachbauen, ein Experiment nachvollziehen ( in der Medizin leider nicht immer oder nicht mit den gleichen Eingangsvoraussetzungen ), aber in den Geistes- und Religionswissenschaften und in den Gesellschaftswissenschaften ( dazu rechne ich auch die Wirtschafts… ) kann ich prinzipiell meine Vorstellungen nur mit Worten/Wörtern beschreiben ( die Wirtschafts… versuchen es dann noch mit lächerlichen, aber eindrucksvoll aussehenden Grafiken und Formeln ) und besonders dann wird es extrem und spekulativ, wenn die Wörter ( die Bezeichnung ) selbst zum scheinbaren Gegenstand und wie eine Realität gedacht und dementsprechend zerdiskutiert werden. Und nicht alles, was ich mir denken kann, hat eine Entsprechung in der ( realen / physikalischen ) Welt, wie es auch reale / physikalische Vorgänge gibt, die ich ( na, ich persönlich sowieso nicht ) nicht erklären kann.
anton reutlinger schrieb (08.12.2022, 18:40 Uhr):
> […] Heisenberg bezog sich auf Experimente der Quantenphysik, nicht auf den “Wildtyp Welt”.
Aber noch deutlicher, und vor allem, nicht auf “den Wildtyp Experiment”.
> Bekanntlich kann man komplementäre Größen der Quantenphysik nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen
Dieser (vielleicht gerade noch hinnehmbare) Jargon lässt sich kaum von der zweifelhaften Idee trennen “dann eben wenigstens ungenau zu messen”.
Von zwei zueinander komplementäre Größen, d.h. mit zueinander konjugierten definitiven Messoperatoren, hat in jedem Versuch höchstens jeweils eine davon überhaupt einen wahren Wert (der ggf. als solcher messbar ist).
> wohl aber berechnen,
Berechnen lassen sich sogenannte Erwartungswerte, sofern “der zu bewertende Zustand” präzise beschrieben ist. Hinsichtlich zueinander komplementärer Größen geht es dabei aber jedenfalls um Ensembles von (“vielen”) Versuchen mit (entsprechend “vielen”) “Präparationen des beschriebenen Zustands”.
@reutlinger 08.12. 17:59
„Information gibt es nur in Anwesenheit eines informationserkennenden Systems. Deshalb existiert die genetische Information nach dem Tod nur noch für den Gerichtsmediziner. Alles andere ist nur Wortgeschwurbel.“
Die genetische Information wird von der Zellchemie aufgefasst, und in funktionierende Zellchemie umgesetzt. Sie wird bei der Fortpflanzung neu gemischt, und an die Nachkommen weitergegeben. So durchlaufen die einzelnen Erbgutabschnitte tausende von Inkarnationen, bis sie von Mutationen weiterentwickelt werden, und von diesen abgelöst werden. Genetische Information existiert entsprechend nicht ewig, aber was noch viel länger existisert, dass ist das Leben, dass aus der Information evolutionär hervorgegangen ist.
„Es ist der Mensch, der sich eine geistige Welt erfindet, ermöglicht durch die Fähigkeit der Sprache bzw. der gegenseitigen Kommunikation.“
Sprache und Kommunikation sind die Basis jeder Kultur, und damit auch der Wissenschaft. Die Informationen, aus denen Kulturbeiträge bestehen, kursieren entsprechend durch die Zeiten, bis sie weiterentwickelt werden und in Vergessenheit geraten. Die Ähnlichkeit zu genetischen Informationen ist schon durchaus vorhanden.
Auch wenn ein Text schon längst vergessen ist, kann es doch sein, dass ganz andere Texte durch ihn beeinflusst wurden, und er darin sozusagen weiterlebt. Eine generelle Geringschätzung kultureller Beiträge verkennt dann wohl auch, dass wir nichts anderes haben.
„Wo ist die Schnittstelle zwischen der geistigen und der physischen bzw. physikalischen Welt?“
Unser inneres Erleben bildet einen Teil der aktuellen physischen Realität ab. Deswegen bekommen wir mit, was gerade um uns passiert, und sind entsprechend in der Lage, adäquad zu reagieren um dann auf die physische Realität zielgerichtet einzuwirken.
Auch können wir uns hier über Computer und das Internet sozusagen von Geist zu Geist austauschen. Ob nun im Streit oder in Eintracht. Was der eine eintippt, kann dann der andere lesen. Was der eine im Geiste hat, wird von der Technik durch die Gegend transportiert, bis dass der andere es aufnimmt und für sich verarbeitet.
Ob es dann auch verstanden wird, ist eine schwierigere Frage.
So wie es bei des Kaisers Neuen Kleidern nichts zu sehen gibt, gibt es bei den “Geistes-” + Märchenwissenschaften oftmals nichts zu verstehen. Ist so mein Eindruck.
Angesichts der Diskussionen hier, wieder etwas Erfrischendes: https://der-philosoph.page4.com/60/
@Maier: Beweistlast & Prinzipien
Man muss jetzt nicht wieder vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen.
Es ging um die einfache These, dass derjenige, der eine positive Existenzaussage trifft, dafür die Beweislast trägt.
Das ist für die Diskussion (z.B. Frage nach der Existenz eines Gottes) unmittelbar relevant.
Bei einem Großteil der Diskussion hier ist mir der Zusammenhang nicht mehr klar.
@all: Ich nehme war, dass manche Teilnehmer hier wieder ihr übliches “Programm” abspulen (z.B. übers Standardmodell der Physik).
Halten Sie sich doch bitte ‘mal ans Thema und wiederholen sie nicht immer wieder dieselben Aussagen, teils seit Jahren.
Mussi,
das wird Sie anziehen
“Wie sich der Himmel über die Erde wölbt, so umgibt Gottes Liebe alle, die Gott vertrauen. Gott ist mein Licht und mein Wohl; Vor wem sollte ich mich fürchten”
oder das ?
Die Wahrheit, nach der man sucht, wird sich verbergen, die Wahrheit um die man kämpft , wird sich offenbaren.
Jetzt mal mit erhobenem Zeigefinger.
Die Säkularisation der Wissenschaft als Folge des Glaubens hinzustellen, das ist die gleiche Logik wie den Holocaust als Folge der Juden hinzustellen.
Mussi, Mussi, so geht das nicht.
Was du meinst ist Kultu(re)volution. Die ist ganz natürlich und auch richtig. Das Kind tritt nach dem Schienbein der Mutter, wenn es trotzt.
Die Naturwissenschaftler, wenn sie trotzen, treten nach der Religion.
Stephan Schleim
Jetzt gerät der Gedankenaustausch in die heiße Phase.
Stephan Schleim schrieb (09.12.2022, 09:49 Uhr):
> […] Ich nehme wa[h]r, dass manche Teilnehmer hier wieder ihr übliches “Programm” abspulen (z.B. übers Standardmodell der Physik).
Als offenbar einziger Beitragender, der das Wort “Standardmodell” auf dieser SciLogs-Seite überhaupt geäußert hat, bevor Stephan Schleim seine Wahrnehmung wie zitiert mitteilte, halte ich mich bzw. “mein” “übliches [und] abspul[bares]” “Programm” für wahrnehmbar, und womöglich für entsprechend wahrgenommen, wenn nicht sogar geehrt.
Für einen diesbezüglichen SciLog-Gastbeitrag stehe ich gerne zur Verfügung; werde aber selbstverständlich insbesondere den Vorrang eventueller SciLog-(Gast-)Beiträge würdigen, die sich zunächst (auch) dem “üblich-abspulbaren Programm” von Imre Lakatos widmen würden (nicht zuletzt aus Anlass seinen heutigen 100. Geburtstages).
p.s.
In Berichtigung eines (unbeabsichtigten, aber — da nun mal vorgekommen — durchaus aufschlussreichen) Schreibfehlers in meinem vorausgegangenen Kommentar (08.12.2022, 23:18 Uhr):
https://duckduckgo.com/?q=%22test+of+the+standard+hypothesis%22&ia=web
p.p.s. — Bonuslink im Memo.
Zu welchen Ergebnissen jeder einzelne in dieser Diskussion kommt, ist am wenigsten eine intellektuelle Frage, sondern, wie tief man überhaupt von einer solchen berührt wird.
Für mich war es bereits in früher Jugend eine existentielle Frage, die klar für Gott ausfiel: https://www.academia.edu/88153640/Gottes_verpasste_Chancen_ Natürlich ist einem in diesem Fall “intellektuelle Redlichkeit” besonders wichtig, denn in existentieller Not sind alle falschen Gedanken und Vorstellungen nicht tragfähig. Durch das Beschreiten des Weges zur Erlösung erfolgten nicht nur übersinnliche Erlebnisse , sondern durch die Einbeziehung des Denkens auch ein Verstehen übersinnlicher Zusammenhänge und dieser widerum mit der physischen Realität. Zum Beispiel auch hier nachlesbar: https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche
Für mich persönlich gibt es also nicht den geringesten weltanschaulichen Zweifel mehr. Ich lebe seit meiner Identifikation mit dem Ewigen ein Leben, das mich immer mehr befreite und glücklich machte.
Manfred Reichelt,
Ein klares Bekenntnis, Sie stehen damit nicht allein.
Zu Reinkarnation Kirche….die Zwillingsforschung hat ergeben, dass eineiige Zwillinge verschieden sind obwohl man nicht weiß, warum.
Und jetzt kommt die Überraschung: Ein Stammzellenforscher hat nachgewiesen, dass sich unterschiedliches Verhalten eines Zwillings rückwirkend auf seinen genetischen Code auswirkt. Er verändert sich.
Das bedeutet, nicht nur die Gene sind für unser Verhalten verantwortlich, sondern unser Verhalten und Denken verändert auch die eigenen Gene.
Es ist also nicht beliebig was wir denken, was wir denken verändert uns selbst.
@ fauv 09.12.2022, 11:46 Uhr
Ist die Vererbung erworbener Eigenschaften möglich?
Dazu gab es vor über elf Jahren eine Reihe von populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen. Ich kam damals zu dem Schluss, dass wohl nichts dran ist. Haben sich inzwischen neue Erkenntnisse ergeben? Für Quellenhinweise wäre ich dankbar.
Timm Grams,
Ich bezog mich bei meiner Aussage auf diesen Link.
https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche
Inwieweit man den als Sensation ansehen kann, ich weiß es auch nicht.
Schon in den 70iger Jahren kursierte die Meinung, dass unsere Gene nicht vollständig festgelegt sind, sondern das Sprünge möglich sind.
Ist auch logisch, wenn Chemikalien als “Gen verändernd ” eingestuft werden.
Ein Hormon ist auch nur eine Chemikalie.
Und ich kenne einen Fall, wo ein Mann mit polychlorierten Biphenylen längere Zeit gearbeitet hat und dessen Kinder einen Gen Defekt haben.
Adolf Hitler ist im 1. Weltkrieg mit Giftgas in Berührung gekommen, wer weiß ob das nicht verstärkend auf seinen schon Ich-bezogenen Charakter Einfluss gehabt hat.
Da ist noch Spielraum für Untersuchungen.
@ fauv, 09.12.2022, 11:46 Uhr
Volle Zustimmung. Selbst siamesische Zwillinge agieren unterschiedlich. Auch das wird in meinem link erwähnt.
@ fauv
Da zieht mich nichts an. Ich wiederhole mich,es stößt mich ab.
Insbesondere,weil Ihnen dann nichts bleibt als schimpfen.
tststs…
Mussi,
Gerade habe ich einen Artikel über Soziopathen gelesen. War sehr aufschlussreich, wie sich Menschen mit wenig Mitgefühl tarnen.
Für Sie trifft das jetzt nicht zu , Sie argumentieren mit offenem Visier.
Und da überkam mich das Gefühl, dass Menschen vom Typ Reutlinger sich hinter der Naturwissenschaft verstecken, wenn er Gott mit Trump in einem Zuge nennt.
Nachtrag: Meine Beiträge sind nicht geschimpft, ich habe hier nur mal Dampf gemacht, weil Herr Schleim den Eindruck hatte, jetzt würde wir nur noch die Argumente wiederholen.
@Timm Grams // 08.12.2022, 14:03 Uhr
»Poppers Logik der Forschung beschäftigt sich mit Erkenntnistheorie, und das ausschließlich. Die denkunabhängige Realität kommt darin nicht vor. «
Ich verstehe das Argument nicht: Reden wir hier über Poppers „Logik der Forschung“, oder darüber, wie wir zu der Erkenntnis gelangt sind bzw. gelangen konnten, dass beobachtbare Ereignisse nicht einfach so in der Welt aus dem Nichts aufpoppen (als übernatürliche Wunder), sondern in einem ursächlichen Zusammenhang mit vorausgegangenen Ereignissen stehen. Daher rührt schließlich die Rede vom sogenannten „Kausalitätsprinzip“.
Das war im Kern die Aussage von M2, die sie „fassungslos“ machte (seine etwas unglückliche Formulierung des Satzes wird es ja wohl nicht gewesen sein, hoffe ich).
(PS: Zur Vererbung erworbener Eigenschaften im Sinne Lamarcks sind auch mir keine neueren Erkenntnisse bekannt–so etwas gibt es offenkundig nicht)
@ fauv
Manchmal machen Sie einen fassungslos.
@ fauv
Was Sie schreiben, wird durch meine seinerzeitige Fallsammlung abgedeckt. Reinkarnation wird zur Erklärung jedenfalls nicht gebraucht.
@fauv 09.12. 10:06
„Die Säkularisation der Wissenschaft als Folge des Glaubens hinzustellen, das ist die gleiche Logik wie den Holocaust als Folge der Juden hinzustellen.“
Immerhin ist die moderne Wissenschaft überwiegend im ehemals christlichem Kulturkreis entstanden. Eine personifizierte Gottheit und eine Autorität der Bibel ist denn auch recht unattraktiv, zumindest aus meiner Sicht. Dies mag tatsächlich manchen zum Naturalisten gemacht zu haben.
Und die Wissenschaft ist ja auch ein hochinteressantes Projekt, das inzwischen auch z.B. im Chinesischem Kulturkreis angekommen ist. Und keine Katastrophe.
Wie dem auch sei, eine Erfahrung von Geisteswelten im Leben spricht nicht unbedingt für eine einzelne Religion, sondern kann auch pluralistisch aufgefasst werden. Persönliche Evidenz kann viele verschiedene Religionen befördern. Und man muss sich als spirituell orientierter Mensch auch keiner speziellen Religion anschließen, und schon gar nicht einer Kirche beitreten.
Ich sehe mich selbst als spirituellen Agnostiker. Ich bin davon überzeugt, dass wir in unserer Existenz geistige Anteile haben, kann hier aber keine Tradition sehen, die herausragen würde und dessen Lehre ich anerkennen könnte. Zumal aber hier und da auch in der Bibel lesenswerte Details zu finden sind. Und gläubige Menschen recht interessant sein können.
Timm Grams
Zustimmung
Mussi,
gerade las ich ihren Beitrag vom 8.12. über den Diskussionstil hier. In der Tat, der ist im Augenblick verrroht. Das wird sich wieder bessern. Das “manchmal” ist für mich schon ein Weg zu mehr Feingefühl.
@ Balanus 09.12.2022, 12:46 Uhr
Sie entgegnen mir, dass
Wenn ich den Klammerausdruck mit dem Wunder Streiche, dann steht hier das aristotelische Kausalitätsprinzip. Das ist rein innerweltlich gedacht und findet auch meine Zustimmung (Elementarteilchenprozesse ausgenommen). Mein Einwand gilt einer anderen Interpretation des Kausalitätsprinzips, nämlich der, dass alles in der Welt die Folge von etwas anderem ist. Das wäre dann ein Hinweis auf Gott oder auf eine jenseitige, nicht direkt greifbare Realität.
Kurzer Abholer als Einschub,
die Vererbung erworbener Eigenschaften nach Lamarck ist nicht bekannt und es gibt auch keinen Mechanismus, welcher das erklären könnte.
Epigenetische Regulation von Genen ist auch nicht wirklich neu und viele der Mechanismen im Sinne der Worte seit Jahrzehnten bekannt (Methylierung, Histon-Modifikationen, usw.).
Auch halten diese Regulationen nicht lange genug (deutlich < 10 Generationen) um sich in Populationen zu manifestieren.
@fauv
Sie verwechseln da etwas. Der genetische Code beschreibt die Zuordnung von Basentripletts zu Aminosäuren, den Bestandteilen der Proteine. Dieser Code hat sich in milliarden Jahren nicht verändert und hat nichts zu tun mit den Mutationen, also der Veränderung von Allelen. Auch hier gibt es immer wieder Verwechslungen.
Viele Gene haben mehrere Allele, also unterschiedliche Basenfolgen auf den Einzelsträngen der DNA. Nur das dominante Allel wird exprimiert, außer wenn nur rezessive Allele von den Eltern geerbt wurden (homozygot). Deshalb gibt es viele Mutationen auf rezessiven Allelen, die keine Auswirkung auf den Phänotyp haben, sogenannte neutrale Mutationen. Nur Mutationen, die sich auf die Keimbahn auswirken, können weitervererbt werden. Deshalb ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Mutationen in einzelnen Organen weitervererbt werden.
Seit wenigen Jahrzehnten kennt man epigenetische Veränderungen an der DNA, die über wenige Generationen weitervererbt werden können. Epigenetische Veränderungen können durch die Umwelt ausgelöst werden. Im Verlauf der Meiose werden diese Veränderungen meist gelöscht. Epigenetische Veränderungen haben nichts mit Mutationen der DNA zu tun. Sie betreffen ausschließlich die Genregulation. Durch die natürliche Selektion sind allerdings Rückwirkungen auf den Genotyp möglich, indem bestimmte Genotypen nicht mehr weitervererbt werden können.
@Jeckenburger
Immerhin ist die moderne Wissenschaft überwiegend im ehemals christlichem Kulturkreis entstanden.
Das ist die gleiche Logik wie den Holocaust als Folge des Judentums darzustellen! Die Wurzeln der Wissenschaft liegen im griechischen und im arabischen Altertum. Woher kamen unsere Zahlen und Schriften?
Die christliche Kirche hat die Wissenschaft über viele Jahrhunderte massiv sabotiert, siehe Galilei. Noch heute wird die Evolutionstheorie zumindest in Teilen von der Kirche angezweifelt und von einzelnen Bischöfen abgelehnt, insbesondere in den USA und im katholischen Polen.
Solch penetrante Wahrheitsverdrehungen, oder Inkompetenzen, sind immer wieder ärgerlich und führen zu den endlosen, scharfen Diskussionen!
(Auch) zum Folgenden von Elektroniker:
“….Aber, z.B. am „Sichern“ genetischer Information, zumindest für einige Zeit nach dem Tod, arbeiten Nächte lang und mit großem Vergnügen viele Menschen, aber auch die Tiere, sogar die fleißigen Bienchen tragen dazu bei.
Selbst wenn Sie ihren Laptop verschrotten und die Festplatte mit dem Hammer „erschlagen“, was manche Nutzer tun, Ihre Texte (Information) bleibt auf den Servern des Netzwerkes erhalten. Wie lange auch immer….” (Zitatende)
Dazu passt auch das Folgende aus einem Text auf “science ORF.at”
“….Dass die Technik es mittlerweile ermöglicht, DNA-Fragmente in Sedimenten zu finden und zu untersuchen, öffne einige Türen in der Forschung. Laut dem Evolutionsbiologen ist es durchaus wahrscheinlich, dass auch noch ältere DNA in den Böden der Welt schlummert.
Neben der genaueren Analyse der Sedimente aus Grönland wird daher auch bereits nach neuen Regionen gesucht, in denen vergleichbare Forschung betrieben werden kann. Dafür sei nicht einmal ein gefrorener Permafrostboden notwendig – auch Regionen in Afrika haben das Interesse des Evolutionsforschers geweckt. Noch sei es zwar reine Spekulation, aber: „Ich würde mich nicht wundern, wenn wir irgendwann Erbgut finden, das sogar doppelt so alt ist wie jenes aus Grönland……“
https://science.orf.at/stories/3216474
Es soll sogar noch ältere DNA geben:
https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/75-mio-jahre-alte-dino-dna-gefunden20200304/
@reutlinger 09.12. 13:49
„Die christliche Kirche hat die Wissenschaft über viele Jahrhunderte massiv sabotiert, siehe Galilei.“
Ja ich sehe doch gerade die Wissenschaft auch z.T. als eine Gegenbewegung zum Christentum.
„Die Wurzeln der Wissenschaft liegen im griechischen und im arabischen Altertum. Woher kamen unsere Zahlen und Schriften?“
Die Wurzeln ja, aber so richtig in Gang kam die Wissenschaft doch erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Mit zahlreichen Instituten und Universitäten, mit einem wissenschaftlichem Studium für die breite Masse und mit Anwendungen in der Technik, die überhaupt nicht mehr wegzudenken sind.
“…..die Vererbung erworbener Eigenschaften nach Lamarck ist nicht bekannt und es gibt auch keinen Mechanismus, welcher das erklären könnte.
Epigenetische Regulation von Genen ist auch nicht wirklich neu und viele der Mechanismen im Sinne der Worte seit Jahrzehnten bekannt (Methylierung, Histon-Modifikationen, usw.).
Auch halten diese Regulationen nicht lange genug (deutlich < 10 Generationen) um sich in Populationen zu manifestieren…."
Interessant. Würde mich interessieren, woher der Kommentator das im letzten Satz des Zitats Behauptete so genau weiß bzw. wissen kann.
Kennt er Versuchsreihen, die das einigermaßen zweifelsfrei belegen?
Oder kennt jemand Versuchsreihen bzw. Untersuchungen, die diesem Diktum widersprechen? Wenn auch nur bei hyper- evolvierenden Kleinstlebewesen?
Nachtrag zum Kommentar vom 09.12.2022, 14:23 Uhr:
Das “Allwissende Online- Lexikon” ist da weit vorsichtiger, was eine dauerhafte Fixierung epigenetischer Regulationen betrifft.
Man liest dort:
„Vererbung“ epigenetischer Prägungen?
Eine Vererbung epigenetischer Prägungen wurde 2003 von Randy Jirtle und Robert Waterland mittels Mäuseexperimenten vorgeschlagen.[12] Weiblichen Agoutimäusen wurde vor der Paarung und während der Schwangerschaft eine bestimmte Zusammensetzung an Nährstoffen verabreicht. Es zeigte sich, dass ein Großteil der Nachkommen nicht den typischen Phänotyp aufwies.
Verborgene Erblichkeit
Bei der Suche nach erblichen Faktoren von Krankheiten, zum Beispiel mithilfe genomweiter Assoziationsstudien (GWAS), wurde oft beobachtet, dass DNA-Abweichungen nur einen kleinen Teil der vermuteten Erblichkeit erklären konnten. Inzwischen geht man davon aus, dass die Erklärung für diese „Blindheit“ die verborgene Erblichkeit (engl. missing heritability) ist, die auf einer Vielzahl epigenetischer Prozesse beruht.[13] Diese Prozesse aufzuklären – oder auch nur abzuschätzen – stellt nicht nur wegen ihrer Vielfältigkeit, sondern auch wegen ihrer Veränderlichkeit (Dynamik) eine besondere Schwierigkeit dar. Im Lauf des Lebens einer Zelle oder eines Organismus sowie über mehrere Generationen hinweg können epigenetische Einstellungen entstehen, gelöscht werden und erneut entstehen – je nach dem Wechsel innerer und äußerer Einflüsse.[14] (Zitatende)
https://de.wikipedia.org/wiki/Epigenetik#%E2%80%9EVererbung%E2%80%9C_epigenetischer_Pr%C3%A4gungen?
@Little Louis
Schauen sie einfach in die dazu veröffentlichte wissenschaftliche Literatur der letzten, na sagen wir 60 Jahre. Nehmen sie sich etwas oder besser sehr viel Zeit; denn das sind zehntausende Artikel. Selbst die Lehrbücher dazu gehen in dem Zeitraum in die tausende. Darin sind auch ihre “Versuchsreihen” detailliert beschrieben.
Noch besser, haben sie eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Das hilft das gelesene in den Kontext zu setzen. Helfen können hier weiterhin dann Schwerpunkte wie Zell- und Molekularbiologie, Genetik.
Sie können sich auch mit Mikrobiologie der Pro- und Eukaryonten beschäftigt haben. Chemie und Physik schaden auch nicht. Wenn es um Evolution geht helfen noch Geo- und Paläontologie. Am besten alles zusammen. 🙂
Was da in Wikipedia steht (die offensichtlich von Amateuren geschrieben wird) ist nichts anderes als Genregulation. In dem von ihnen verlinkten Artikel sind dann auch Methylierung und Histon-Modifikationen erwähnt, die ich ja vorhin bereits erwähnt hatte. Also alles bestens 😉
@ A.R. und:
“..Was ist, wenn es niemanden gibt, der die Informationen noch versteht, weil sie unbekannt verschlüsselt sind oder in einer ausgestorbenen Sprache, oder weil ihr Sinn nicht mehr erkennbar ist?..” (Zitatende)
Vielleicht sollte man dann doch zwischen “Informiert werden /einen Informations Code verstehen” und das worum es (inhaltlich) geht, nämlich (die) “Information”
unterscheiden ?
(Herr Schleim hat recht. Die Teilthemen bzw. Argumente dazu wiederholen sich)
(-:
Aber nun ist das ja hier kein Kurs in die ersten Grundlagen der Molekularbiologie, sondern die Kommentarspalte von Herrn Schleim. Also greife ich die Frage auf:
Wenn man sich anschaut was in unserem Kulturkreis noch moralisch ist was NICHT ohnehin von Gesetzen abgedeckt wird fällt was ein?
Vielleicht Tierschutz, also, es ist zwar gesetzlich möglich, aber ist es auch moralisch geboten Tiere zu essen?
Oder aktuell Klimaschutz, es ist zwar gesetzlich nicht gestattet, aber vielleicht moralisch geboten sich für einen Klimaschutzprotest auf die Strasse zu kleben?
Also woher stammt der Gedanke um Tierwohl oder ziviler Ungehorsam für ein höheres Ziel?
Vielleicht Rücksichtnahme, Respekt auf und vor einem leidensfähigen Organismus dem man Angst und Schmerz ersparen möchte.
Vielleicht das ignorieren aktueller Regeln unter Inkaufnahme eigener Nachteile für eine bessere, sichere Zukunft, die sonst in Gefahr ist?
Die handelnden Personen fühlen sich offenbar besser damit. Ist sicher ggf. eine rationale aber sicher auch zu großen Teilen eine emotionale Entscheidung für das Heben des eigenen Wohlbefindens.
Zur folgenden Belehrung
“… Schauen sie einfach in die dazu veröffentlichte wissenschaftliche Literatur der letzten, na sagen wir 60 Jahre. Nehmen sie sich etwas oder besser sehr viel Zeit; denn das sind zehntausende Artikel. Selbst die Lehrbücher dazu gehen in dem Zeitraum in die tausende. Darin sind auch ihre “Versuchsreihen” detailliert beschrieben.
Noch besser, haben sie eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Das hilft das gelesene in den Kontext zu setzen. Helfen können hier weiterhin dann Schwerpunkte wie Zell- und Molekularbiologie, Genetik.
Sie können sich auch mit Mikrobiologie der Pro- und Eukaryonten beschäftigt haben. Chemie und Physik schaden auch nicht. Wenn es um Evolution geht helfen noch Geo- und Paläontologie. Am besten alles zusammen. 🙂
(Ende der Zitation)
..….. (falls der Kommentar ernst gemeint war)eine
Gegenbelehrung:
Schon Popper hat immer wieder darauf hingewiesen, dass man Leute,…….
die auf kritisch – oder skeptisch argumentative Fragestellungen nicht direkt eingehen (bzw. diese nicht selbst beantworten ), sondern diesbezüglich immer nur auf (angeblich) höhere Fach – Autoritäten verweisen (die alles schon längst zufriedenstellend geklärt hätten) …………
mit größter Skepsis betrachten solle.
@little Louis
ihr Verweis auf angeblich vorgebrachte vorgebrachte Autoritäten (welche Namen fielen denn?) ist ein sehr gebräuchlicher Strohmann 😉
Dazu besonders witzig wenn sie dann selbst Popper zitieren was ein Musterbeispiel eines Argumentum ad verecundiam ist.
Aber sie können mir sicher erklären wie sie ohne Vorwissen Fragestellungen der Molehularbiologie lösen?
Da bin ich sehr gespannt. 🙂
Noch was für meinen (Be-) Lehrer Erwin Neher:
“…
Epigenetik Vererbung
im Video
(03:48)
Die Frage, ob epigenetische Veränderungen über Generationen hinweg vererbt werden können, konnten Wissenschaftler für uns Menschen noch nicht vollständig klären. Epigenetische Vererbung und Faktoren, die das Kind im Mutterleib beeinflussen, lassen sich schwer unterscheiden.
Epigenetik Vererbung Beispiele
Dass die Untersuchung der epigenetischen Vererbung schwierig ist, kannst du am besten anhand einiger Beispiele verstehen:
Hungerwinter 1944/1945
Im Hungerwinter 1944/1945 brachten viele Frauen in den Niederlanden untergewichtige Kinder zur Welt. ………………………………………………………
Forschung bei Mäusen und Fruchtfliegen
Bisher konnte die epigenetische Vererbung nur bei Fruchtfliegen und Mäusen bewiesen werden:
Mäuse: In einer Studie konnten Forscher zeigen, dass Mäuse eine erworbene Fettleibigkeit epigenetisch vererben. Die Nachkommen der dicken Mäuse zeigen ebenfalls eine Gewichtszunahme und eine Insulinresistenz. Sie haben also Probleme bei der Regulierung ihres Blutzuckerspiegels. Die Auswirkungen auf den Nachwuchs hängen dabei auch mit dem Geschlecht zusammen.
Fruchtfliegen: Bei den Fruchtfliegen vererben Mütter ihren Nachkommen eine Art ‚Überlebens-Anleitung‘ anhand von Methylierungen. Mithilfe der Epigenetik sichern die Fliegen das Überleben ihres Nachwuchses. Denn ohne die Methylierung bestimmter Gene starben die Embryonen an Entwicklungsstörungen.
(Ende der Zitation)
Aus: “studyflix” :
https://studyflix.de/biologie/epigenetik-2666
Soll ich so weitermachen? (Auch ich hab schon vor zehn Jahren ein populärwissenschaftliches Buch von einem Biologen zum Thema Epigenetik gelesen).
@ A.R. und zum Folgenden:
“…..Bekanntlich kann man komplementäre Größen der Quantenphysik nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen, wohl aber berechnen, weil die Messung einen Eingriff in das Experiment bedeutet. ….” (Zitatende)
Sorry, Herr Reutlinger, aber meines Wissens ist das SO nicht richtig.
Es soll sich keineswegs um ein rein “messtechnisches” Problem handeln. Denn das könnte man durch (vorherige ) Kalibrierungen bzw. nachtägliches Herausrechnen dews “Mess- Eingriffs- Effektes leicht beheben.
Es solll sich um ein viel grundlegenderes , gewissermaßen “ontologisches” Problem handeln.
@little louis
wie ich sagte “ohne Vorwissen”. Jetzt zitieren sie seitenweise Dinge …. wozu?
Natürlich können Regulationsmuster für wenige Generationen weitergeben werden. Siehe Methylierung, Histon-Modifikationen usw.
Das es Regulation ist steht in ihrem eigenen Zitat:
Stellt keiner in Frage. Ist aber weder neu, noch was besonderes, noch erfolgt es in > 10 Generationen.
Es mag für sie enttäuschend sein, aber es ist in keiner Weise eine wissenschaftliche Revolution
@Louis
Soll ich so weitermachen?
Lieber nicht, Sie demonstrieren wiederholt nur Ihr Unverständnis. Das ist langweilig. Sie sind offensichtlich nicht imstande, zwischen epigenetischer und genetischer Vererbung zu unterscheiden. An der epigenetischen Vererbung gibt es keine Zweifel mehr, aber Vererbung eben nur über einige Generationen. Die epigenetischen Marker werden über die Generationen wieder gelöscht.
“…. Die Information existierte nicht mehr, außer sie könnte irgendwie rekonstruiert werden….” (Zitatende)
Was , wie ich schon öfter erwähnt habe, der religiöse US Physiker Frank Tipler (kein “Esoteriker” !) in den 1980/1990er Jahren zum Anlass genommen hat, mathematisch – physikalische Spekulationen darüber anzustellen, wie man vielleicht unter Aufbringung von unglaublich viel Energie (was er der Wissenschaft der Zukunft zutraute) jedes jemals lebende (menschliche) Bewusstsein (virtuell- “informationstechnisch”) “wieder auferstehen ” lassen könnte.
@ Erwin Neher und Anton Reutlinger
Ich wollte aber kein Glaubenssätze von Ihnen hören, sondern habe nach Belegen für die Behauptung gefragt, dass grundsätzlich keinerlei epigentische Veränderungen mehr als zehn Generationen überdauern könnten.
Warum nur , ja warum, wird das fast schon als eine Art von Sakrileg betrachtet?
@Erwin Neher // 09.12.2022, 14:36 Uhr
» …veröffentlichte wissenschaftliche Literatur….«
Schön, dass das mal so deutlich ausgeführt wurde! 😊
@Louis
Es solll sich um ein viel grundlegenderes , gewissermaßen “ontologisches” Problem handeln.
Können Sie das genau erklären?
Heisenberg folgerte also: Je genauer der Ort des Elektrons gemessen wird, also je kleiner die Wellenlänge des Lichts, umso größer ist die Impulsänderung, also umso weniger genau lässt sich der Impuls bestimmen und umgekehrt.
Das Problem liegt also nicht an der Genauigkeit des Messgeräts, sondern an der möglichen Genauigkeit der Messung oder Bestimmung selber. Dafür hat Heisenberg sogar eine Formel angegeben. Ein Physiker würde das sicher noch präziser formulieren.
Fragen Sie einen Quantenphysiker Ihres Vertrauens!
@Louis
Ich wollte aber kein Glaubenssätze von Ihnen hören, sondern habe nach Belegen für die Behauptung gefragt,
Glaubenssätze finden Sie bei den Theologen. Sie sind wirklich albern und nicht mehr ernst zu nehmen. Glauben Sie, wir saugen uns das aus den Fingern?
Sie sind im falschen Blog.
„Bei Menschen kann man das nicht sagen. Man kann es auch bei einem anderen Säuger, bei der Maus, noch nicht definitiv sagen, obwohl auch da sich die Erkenntnisse von Monat zu Monat verdichten, dass es hier die Weitergabe einer erworbenen Eigenschaft gibt.“
Eindeutiger ist die Situation bei Pflanzen. Hier ist die Weitergabe epigenetischer Informationen über 50 Generationen schon nachgewiesen worden.
(Ende der Zitation) aus:
https://www.swr.de/swr2/programm/download-swr-2238.pdf
50 Generationen bei Pflanzen. ( Sendung von 2017)
Sicher ist da also noch gar nichts. Es könnte auch sein , dass die Vererbten Mythelisierungen schon immer Teil des Evolutionsprozesses gewesen sind .
Wenn auch ” nur” über irgendwelche durch diese beeinflusste Ausleseprozesse.
Das “Ergebnis” bzw. der “Sondereffekt” ist nahezu derselbe:
Ob die Hälse jetzt direkt genetisch oder aber durch eine veränderte “Auslese” durch während 10 Generationen wirkende Epigenetische Verhaltens- oder morphologische Veränderungen erfolgt ist, ist eher eine “akademische Zweitfrage”.
Es gab ev. dann auch eine keinesfalls unbedeutende Verkürzung des evolutionären Prozesses oder gar eine eine Art von “Gerichtetheit” , die von den Orthodoxen bisher immer vehement abgestritten wurde.
Denn schon seit Jahrzehnten gibt es begründete Zweifel von Statistikern/Mathematikern, dass die Zeit für eine alleinige Auslese auf dem “konventionellen” Darwin- Weg eigentlich nicht augereicht haben könne.
“…sondern an der möglichen Genauigkeit der Messung oder Bestimmung selber. ”
“…nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen, wohl aber berechnen, weil die Messung einen Eingriff in das Experiment bedeutet. …
Mir ging es hauptsächlich um das ( fett) Hervorgehobene !
Stephan Schleim
09.12.2022, 09:48 Uhr
Man muss jetzt nicht wieder vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen.
Es ging um die einfache These, dass derjenige, der eine positive Existenzaussage trifft, dafür die Beweislast trägt.
Das ist für die Diskussion (z.B. Frage nach der Existenz eines Gottes) unmittelbar relevant.
Bei einem Großteil der Diskussion hier ist mir der Zusammenhang nicht mehr klar.
Ich bin in meiner Antwort “vom Hölzchen aufs Stöckchen” gekommen, weil ich einen Unterschied sehe zwischen einem physikalischen ( wissenschaftlichen ) Versuch und dem gesellschaftlichen ( juristischen ) Prinzip der Unschuldsvermutung bzw deren Beweis.
Ich entnehme Ihren Worten (z.B. Frage nach der Existenz eines Gottes), dass aus Ihrer Sicht der Papst in Rom einen Beweis für die Existenz des christlichen Gottes vorlegen sollte – da stimme ich Ihnen gerne zu. Die Frage ist doch nur, wer die “Gültigkeit” des Beweises definiert, “credo quia absurdum est” ist ja wohl kein Beweis im naturwissenschaftlchen Sinn und ich habe ja behauptet, dass ein Gedanke ( “ich glaube ganz fest an die Existenz” ) auch nicht ausreicht.
Wie dem aucch sein, einem Großteil der Diskussion hier kann ich auch nicht mehr folgen …
@Louis 09.12. 17:08
„Denn schon seit Jahrzehnten gibt es begründete Zweifel von Statistikern/Mathematikern, dass die Zeit für eine alleinige Auslese auf dem “konventionellen” Darwin- Weg eigentlich nicht augereicht haben könne.“
Wenn wir auch mal gezielten Quantenzufall haben können, dann spielt der sicherlich auch bei Mutationen und auch bei der Selektion mit. Entsprechend geht dann die Evolution schneller, und auch in eher geplante Richtungen. Dann wäre eventuell auch der Mensch doch auch „Gottes Schöpfung“, ohne dass das dem Darwinschen Prinzip widersprechen würde.
Womöglich wäre die Evolution alleine viel zu langsam, um höhere Tiere hervorzubringen, ebenso einen brauchbaren Homo Sapiens. Dann geht es ohne gezielten Quantenzufall gar nicht. Und es wäre möglich, dass es ohne eine gewisse Kontrolle der Evolution auf die Dauer keine hinreichend stabilen Ökosysteme geben kann.
Vielleicht geht es aber auch so, ohne Unterstützung durch Geisteswelten. Man wird es vermutlich auch noch feststellen können, ob es nun gezielten Zufall wirklich braucht. Und hätte dann sogar eine Gelegenheit, den gezielten Quantenzufall zu verifizieren bzw. zu falsifizieren, je nachdem, ob er denn nun existiert oder eben nicht.
So kann dann persönliche Evidenz von spirituellen Erlebnissen durch allgemeine Evidenz z.B. durch eine genaue Analyse der Evolution bestätigt werden.
A. Reutlinger,
Danke für die Informationen zu Genen und Vererbung. Es geht doch.
Sie unterlassen ihre Seitenhiebe zur Religion und die Welt ist in Ordnung.
Die Fehler der Institution Kirche kann man nicht der christlichen Religion anlasten.
Auch die genannte Personifizierung Gottes entspringt der menschlichen Phantasie und nicht der Bibel.
Im Dekalog heißt es, “du sollst dir kein Abbild von Gott machen”
und es heißt, “du sollst nicht töten”.
Das Unverständnis für Technik und Naturwissenschaft ist keine Folge der Bibel, sondern geht auf das Unverständnis von Geistlichen, die nicht begriffen haben, dass man die Bibel nicht wörtlich nehmen kann, sondern dass sie einer Interpretation bedarf. Martin Luther hat hier schon gut vorgearbeitet.
Heute ist diese Auffassung Allgemeingut.
Tobias Jeckenburger
…..Geisteswelten…..
Also für Sir Karl Popper gibt es die Geisteswelten in Form von Gefühlen und in Form der Religion.
Ob das im ontologischen Sinne zu sehen ist, oder ob es nur eine sprachliche
Konstruktion ist um über diesen Sachverhalt reden zu können, das weiß ich nicht.
Überhaupt müsste man an dieser Stelle auch die Sprache selbst als Determinante mit in die Diskussion mit einbeziehen.
Herr Schleim wird das für uns tun, wenn über Wittgenstein zu reden ist.
@ fauv
Jetzt treten Sie auch noch als Zensor auf.
Herje,ich greife mal den Faden zwischen Religion-Psychologie auf: ich halte die monotheistischen Religionen bestenfalls für lebensberatende Literatur basierend auf Fiktion von Gott.
@Mussi
Herrje—auch wenn Sie das zweite (oder erste?) „r“ weglassen: „Herr Jesu“ rufen passt hier schon, irgendwie.
@fauv bemüht sich ja eindrücklich zu zeigen, dass Popper irrt (bezügl. der an sich schönen Idee von den zwei getrennten Lehrbereichen). Und auch Tobias Jeckenburger scheint nicht einzusehen, dass diese beiden Bereiche fein säuberlich getrennt bleiben sollten.
Aber so ist das eben mit der Lebenswirklichkeit, an der prallen die feinsinnigen Überlegungen von Karl Popper (und Stephen Jay Gould) einfach ab.
Es ist doch eine interessante psychologisch-sozioliogische Frage,warum ca. 3/5 der Menschheit einer Fiktion aufgesessen sind auf Grund derer Lebensberatung und -organisation aufgebaut ist?
Das ist der leitende Gedanke, warum Glaube zentraler ist als Wissen?
@ Balanus
Einer der Fragen,die mich in diesem Zusammenhang umtreibt ist die Frage,was “Betrug” eigentlich ist?
Sie als Biologe,wie würden Sie Betrug naturwissenschaftlich definieren?
Eine ander Frage ist,wie wir Betrug empfinden und geisteswissenschaftlich sehen?
Wo ist da die Verbindung zwischen Physis=Psyche? Individuell und soziologisch?
@ Neher
Ist es nicht landläufig Betrug an einer Zukunft und Natur, die der letzten Generation und folgenden verwehrt wird?
@Mussi
doch ja, wenn wir die aktuellen Entwicklungen weiter denken, wird eine für Menschen lebenswerte oder sogar überhaupt lebensmögliche Natur einem sehr hohen Risiko ausgesetzt.
Wertschöpfung wird in der ökonomischen Theorie bilianziell verstanden. Die Grundlage für Marx’sches Kapital.
Wertschöpfung -intrensische Naturschöpfung – findet aber unabhängige statt. Die findet einfach statt,unabhängig von Soll und Haben…
Inwiefern ist das deskriptiv oder originell???
@ Neher
Will damit sagen,dass ein ‘intrinsisches Phrinzip’ auf die Spitze getrieben wurde.
Wie können wir es ‘relativieren’?
Da fehlt mir die Phanatsie ausser Minimalismus.
@fauv
Sie unterlassen ihre Seitenhiebe zur Religion und die Welt ist in Ordnung.
Das glaube ich nicht. Die Welt wäre besser, wenn die Kirchen, mit ihnen viele Kirchgänger, aufhören würden, den Menschen ständig Vorwürfe und Vorschriften zu ihrer Lebensweise zu machen. Manche sind allgemein berechtigt, aber die meisten sind es nicht. Homosexualität bspw. ist eine ganz natürliche, biologische Erscheinung in der Menschheit. Der Mensch ist eben kein industriell gefertigtes und normiertes Massenprodukt, sondern unterliegt den Varianzen der Chemie und der Biologie. Die Folgen sind u.a. erbliche Varianzen, die als individuelle Merkmale akzeptiert werden, andere gelten als erbliche Krankheiten, wieder andere ziehen Diskriminierungen, Ausgrenzungen oder Abwertungen nach sich. Die Kirchenführer handeln entgegen ihren eigenen Forderungen nach Nächstenliebe, Barmherzigkeit und dergleichen mehr, während viele ihrer Anhänger im Gehorsam stumm bleiben.
Mussi,
….3/5 der Menschheit sind einer Fiktion aufgesessen……
Da ist er wieder der dualistische Gedanke, es gäbe eine naturwissenschaftliche Welt und es gäbe eine Geisteswelt.
Sprachlich lässt sich so denken, in Wirklichkeit lässt sich die geistige Seite unserer Existenz nicht von der körperlichen Seite unserer Existenz trennen.
Begreifen Sie, eine naturwissenschaftliche Ausbildung, naturwissenschaftliches Denken beeinflusst nicht einen Glauben an Gott.
Gerade die Schönheit der Naturgesetze die lassen den Naturwissenschaftler in uns staunen.
Ich hatte einmal die Exaktheit des Fallgesetzes den Schülern nicht erklärt, sondern die Schüler haben selbst das Experiment gemacht. Einen Tennisball vom Fensterbrett im 2. Stockwerk fallen lassen und mit einer Stoppuhr die Fallzeit messen.
Zuvor, und das war wichtig haben wir mit dem Fallgesetz und der Höhe des Fensterbrettes die Fallzeit auf zwei Dezimalstellen nach dem Komma berechnen lassen. Das Ergebnis haben wir an die Tafel geschrieben.
Und die Schüler haben den Versuch gemacht, oben stand der Schüler mit der Stoppuhr. Der kannte den Tafelaufschrieb nicht. Er hat das Ergebnis der Klasse lauf gesagt, Es stimmte auf die Hunderstel Sekunde mit dem Tafelaufschrieb überein.
Was war ich froh !!
Und in der Klasse konnte man die Stecknadel fallen hören.
In der nächsten Stunde war Ethikunterricht.Thema christliche Religion. Ein türkischer Schüler meinte, die Christen essen ihren Gott auf.
Merken Sie, wie komplex die Wirklichkeit ist.
@Mussi
ist sehr komplizierte Geschichte.
Minimalismus wäre natürlich theoretisch eine mögliche Lösung. Diese aber in Gesellschaften attraktiv zu machen die sich durch Besitz definieren, ist eine große Herausforderung.
Schön zu sehen, dass gerade junge Leute diesem Besitzstreben zumindest nicht mehr bedingungslos folgen.
A. Reutlinger,
wie eine gesellschaft ohne Religion aussieht, das wissen wir noch nicht.
Doch wir wissen es, in den Slums von New York herrschen das Geld und die Vorurteile über Farbige.
Die Religion ist ein Stabilisierungsfaktor in jeder Gesellschaft.
@little Louis
Schade. die hätten aus ihrem Link auch Marc Bühler zitieren sollen. Ich helfe gerne aus:
OK, das hätte natürlich ihre schöne Hypothese wieder gelöscht. Zumal ich vermute, sie haben keinen Farn in ihrem Stammbaum?
Phytogenetik. Schon sehr anders wie Säugetiergenetik 😉
@ Neher
Ja, Besitz vs Eigentum ist eine erneutete. Debatte. Grams ist da auch auf dem liberlistischem Zug. Eigentum verpflichtet ist unterrepränsentiert.
@ fauv
Ihre Beschreibung des Fallgesetzes ist doch Nachweis genug für Biophysik.
Darüber hinaus eine Ebene zu suchen ist Metaphysik und Glaube und geht über Introspektion hinaus.
Alles darüber hinaus ist Fiktion und nicht begründen.
@ Neher
Ich vertrete vehement der These,das Biologen nichts zur Ökonomie beizutragen haben. Eher im im Gegenteill. Ökonomie kommt aus Biologie und Biologie führt sie zurück….
@Balanus 09.12. 19:29
„@fauv bemüht sich ja eindrücklich zu zeigen, dass Popper irrt (bezügl. der an sich schönen Idee von den zwei getrennten Lehrbereichen). Und auch Tobias Jeckenburger scheint nicht einzusehen, dass diese beiden Bereiche fein säuberlich getrennt bleiben sollten.“
So weit scheine ich mir von Popper nicht entfernt zu sein.
Aus Wikipedia über Stichwort Karl_Popper:
„Welt 1, das ist die physische Welt
Welt 2, die Welt der individuellen Wahrnehmung und des Bewusstseins
Welt 3, die Welt der geistigen und kulturellen Gehalte, die vom Einzelbewusstsein unabhängig existierten, z.B. die Inhalte von Büchern, Theorien und Ideen.
Popper argumentierte, dass alle drei Welten real seien, da kausale Wechselwirkungen beobachtet werden könnten, wobei Welt 2 als Mittler zwischen Welt 3 und Welt 1 auftrete.“
Diese Einteilung finde ich eigentlich sehr gut. Ich sehe nur mehr Wechselwirkung zwischen den Welten. In dem Sinne, das Welt 2 in eine allgemeine Geisteswelt eingebunden ist, die auch Verbindung mit Welt 3 hat. Und genau dieselbe Geisteswelt übt im Sinne von Welt 2 direkteren Einfluss auf Welt 1 aus.
Das ist bei mir schlichtweg die Konsequenz persönlicher Evidenz. Andere erleben Ähnliches, und ich kann mir auch vorstellen, dass man diese zusätzlichen Verbindungen und die Existenz der Geisteswelt, die dahinter steckt, auch allgemeinverbindlich nachweisen kann.
Eine Möglichkeit hierfür wäre es, wenn man mit statistischen Untersuchungen der konkreten Evolution feststellen würde, dass weiterführende Mutationen regelmäßig häufiger auftreten, als nutzlose Mutationen. Was die Evolutionsmöglichkeiten z.B. um den Faktor 2 bis 10 beschleunigen könnte.
Von mir aus kann man diese geistigen Verbindungen Welt 4 nennen, aber irgendwie besteht diese komplett aus den erweiterten Wechselwirkungen zwischen den Welten 1 bis 3. Und das wäre dann entsprechend von Popper nicht weit entfernt.
wie eine gesellschaft ohne Religion aussieht, das wissen wir noch nicht.
Ich habe meine Arbeitshypothese von der Religiosität als Kollateralschaden der Menschwerdung hier ja schon ausgeführt. Ich habe gelesen, dass Sie der Hypothese nicht zustimmen, müssen Sie auch nicht. Aber daraus können Sie umgekehrt schließen, dass es aus meiner Sicht eine menschliche Gesellschaft ohne Religion/Religiosität im weitesten Sinne nicht geben kann. Die Frage ist vielmehr, was wir daraus machen.
Die Religion ist ein Stabilisierungsfaktor in jeder Gesellschaft.
Die Religion ( im weitesten Sinn ) ist ein Faktor jeder menschlichen Gesellschaft. Es gibt aber auch Gesellschaften ( nächste: Schimpansen und Bonobos ), die leben ganz ungeniert ohne Religion … oder hätten Sie schon jemals einen Affen gesehen oder auch nur davon gehört, der seiner vor ihm versammelten Gemeinde etwas vom Himmel erzählt?
Im Übrigen gibt es eine ganze Reihe ( gesellschaftlicher ) Aktivitäten, die wir in Affengesellschaften im Gegensatz zu Menschengesellschaften nicht finden.
Ich habe auch noch nie berichten gehört, dass ein Bonobo sich vorne hinstellt, mit Armen, Beinen und dem Körper wackelt, lauthals Töne von sich gibt und danach vom Auditorium Bananen als Gage einsammelt …
Und das ist ein Baustein meiner Arbeitshypothese ( siehe oben ), weil es Affengesellschaften mindestens eben so lange gibt wie Menschengesellschaften.
Allgemein:
Die folgenden Artikel versöhnen die Geisteswelt mit der materiellen Welt – den Schöpfer mit der Schöpfung:
http://www.4-e-inigkeit.info/Es-werde.htm
und:
http://www.4-e-inigkeit.info/Raum-Zeit.htm
Das christliche Weihnachtsfest einmal genießen und feiern > die Menschwerdung Gottes – “Jesus Christus“.
M. f. G.
@fauv
Die Religion ist ein Stabilisierungsfaktor in jeder Gesellschaft.
Da haben Sie recht. Die Frage ist nur, welche Stabilität erreicht wird. So wie im christlich-orthodoxen Russland, oder im evangelikalen Amerika, oder im erzkatholischen Polen, oder …
Lieber keine Stabilität als diese menscheinfeindliche, verbrecherische Stabilität!
W. Bülten,
Sie schickt der Himmel.
Zur rechten Zeit das rechte Wort.
Das Kind hatte noch das Gefühl für das Ganze, wenn es fragt : “Was ist eigentlich
hinter dem Universum?”
Darum geht es beim Weihnachtsfest. Da wurde ein Mensch geboren, der uns einen Blick hinter den Vorhang werfen ließ. Und der uns aufzeigte, wie wir als Gäste in Raum und Zeit leben müssen, damit wir hinter das Universum gelangen können.
A.Reutlinger
Ihre klare Haltung zu Sein und Denken ist gerechtfertigt, weil sie ethisch begründet ist. Ich wünsche Ihnen ein besinnliches Fest . Ich selbst klinke mich aus, Ereignisse zwingen mich dazu.
Karl Maier,
die real existierende Kirche hat viele, für viele zu viele Fehler gemacht, als dass sie weiter toleriert werden kann.
Ich bin der Meinung, die Kirche hat das Tal ihrer Irrtümer durchwandert und ist jetzt auf der richtigen Spur. Es gibt zu ihr keine Alternative.
Die andere Religion ist auf dem Vormarsch und sie muss auch noch alle Fehler durchleben. Denken Sie pragmatisch und geben der katholischen Kirche noch eine Chance.
Nachtrag Herr Maier,
Die Form der Kirchenorganisation kann nicht mehr toleriert werden. Wenn 50 % der Menschen, die Frauen, von den grundlegenden Entscheidungen ausgeschlossen werden, dann ist das falsch.
@ Karl Maier 10.12.2022, 01:37 Uhr
Zitat: „Es gibt aber auch Gesellschaften ( nächste: Schimpansen und Bonobos ), die leben ganz ungeniert ohne Religion … oder hätten Sie schon jemals einen Affen gesehen oder auch nur davon gehört, der seiner vor ihm versammelten Gemeinde etwas vom Himmel erzählt?“
Möglicherweise haben bereits Affen die Vorstellung von der Existenz einer Art von „abstrakten großen Boss“ entwickelt. Das wäre der Schritt vom „Instinkt getriebenen Betriebssystem“ zur „Religion“.
Vor Jahrzehnten habe ich im Fernsehen gesehen, wie eine Forscherin berichtete, dass von anderen Forschern beobachtet wurde, dass ein hochrangiger weiblicher Affe von anderen Weibchen „verlangt habe“ eines ihrer Jungen, sozusagen aus „höheren Gründen“ zur „Opferung“ (Tötung) herauszugeben, was die Affenmütter widerwillig akzeptiert haben sollen….
Das wäre eine gewisse „Muster Ähnlichkeit“ mit Abrahams Opfergeschichte in der Bibel.
Vermutlich ist der Grund für „Opferbereitschaft“, dass eine Gesellschaft im Krieg wehrlos wäre, weil sie von viel schwächeren Angreifern, die zu Opfern bereit sind, „unterjocht“ werden könnte.
@ Mussi 09.12.2022, 22:02 Uhr
Auch wer im “liberalistischen Zug” sitzt, kann eine skeptische Einstellung zum Liberalismus pflegen.
In “Why liberalism failed” stellt Patrick Deneen (untermauert durch ein Zitat von Wilson Carey McWilliams) die Blindheit des Liberalismus gegenüber Klassenunterschieden heraus. Menschen seien Teil ethnischer Gemeinschaften oder der Arbeiterklasse, weil sie sich gegen individuellen Erfolg und Assimilation an die dominante Kultur der Mittelklasse entschieden haben oder weil sie nicht in der Lage waren, erfolgreich zu sein. Der Liberalismus schätze Menschen, die ihren eigenen Weg gehen, und sie schätze diejenigen, die in diesem Streben erfolgreich sind, höher ein als diejenigen, die es nicht sind. Jede Diskriminierung dieser Menschen sei so gesehen ihre eigene Schuld. Anders liege das bei Gruppen, die durch die Biologie definiert sind: die Sorge der identitären Politik gelte der Rasse, dem Gender und der sexuellen Identität.
Wir sehen, wie sich in unserer Gesellschaft das liberale Denken manifestiert. Andererseits: Einige Härten des Liberalismus sind im progressiven Liberalismus der BRD abgefedert: Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 (2) GG.
Mussi,
abschließend zu Glaube , Religion, Gott.
Naturwissenschaftliche Behauptungen sind immer begründet.
Religiöse Behauptungen brauchen keine Begründung, weil sie selbst den Grund bilden. In der Philosophie nennt man das Prinzipien = das Erste.
Ein einfaches Beispiel für Dummies. Braucht die Liebe eine Begründung ? Sie ist das höchste Prinzip in der Religion.
little Louis schrieb (09.12.2022, 17:33 Uhr):
> [… dass] die Messung einen Eingriff in das Experiment bedeutet. …
> Mir ging es hauptsächlich um das […] !
Als anton reutlinger (08.12.2022, 18:40 Uhr) zuerst damit ankam, und ich (09.12.2022, 00:08 Uhr) andere Teile seines Kommentares kommentierte, hatte ich diese kleine Bemerkung gar nicht erst zitiert oder gar des Kommentierens gewürdigt.
Aber bitteschön, der Vollständigkeit halber: Nein. —
Messen bedeutet, Wahrnehmungen zu sammeln (und, in einem ersten Schritt, daraus die “einzeln bewertbaren” herauszusuchen) und durch nachvollziehbare Auswertung dieses Datensatzen jeweils einen bestimmten Wert zu ermitteln.
Etwaiges Eingreifen darüberhinaus (insbesondere “vorher”, etwa “um” überhaupt einzeln bewertbarer Wahrnehmungen habhaft zu werden) ist davon unterscheidbar; nämlich insbesondere: “vorher”.
p.s.
Frank Wappler schrieb (09.12.2022, 10:56 Uhr):
> […] Imre Lakatos […] aus Anlass seine[s] heutigen 100. Geburtstages
Pardon! — dieser Geburtstag war doch stattdessen schon am 09.November.2022.
(Da bin ich u.a. mit dem “Bornholmer Straße”-Gucken gestern durcheinander geraten. Für einen Vertrauens- und/oder sogar Bemerkens-werten Chronisten sollte mich jedenfalls niemand halten; am wenigsten ich selbst. Trotzdem: …
… mal ‘ne kleine (wahlweise anonyme) Umfrage:
Wer hat das richtige Geburtstagsdatum von Lakatos dieses Jahr “um Armistice Day herum” auf dem Schirm gehabt? — Hm !?
Also, außer den paar Elfenbeinturm-Wichteln in der LSE. Mein ich. …
p.p.s. — Recherche-dienliche Link.)
@ anton reutlinger
Ich fürchte, Sie haben grundsätzliche „Denkverbote“ der „Anti Dualisten“ übernommen und schließen alles, wie z.B. „Zielfunktionen“, oder „(intelligente) Designfunktionen“ im Rahmen der Evolution grundsätzlich aus, weil sie nach einem Schöpfer „riechen“ könnten.
Scheint aber nicht zweckmäßig. Einerseits hat die Evolution tatsächlich Lebewesen entwickelt die sehr wohl „Zielfunktionen“ (sich zu vermehren) und „intelligente Designfunktion“ (sich z.B. Unterkünfte von Höhlen bis Hochhäuser zu bauen) realisiert hat.
Andererseits, damit die Evolution “schneller” geht, um nicht von den nur gelegentlich auftretenden „Mutationen“ abhängig zu sein, hat sie so etwas wie „schnelle Zufallsgeneratoren“ designt. Die generieren in schneller Folge und systematisch neue “Zufallsvariable”.
Die DNA der Kinder hängt z.B. von der mehr oder weniger “zufälligen” DNA der Elternteile und der biologischen Prozesse ab. Aber auch Viren dürften, fleißig wie die Bienchen, unterwegs gewesen sein um immer mehr neue Variable zu generieren. Womöglich tragen auch die Mikroben dazu bei.
Designfunktionen wären, überhaupt auf Mechanismen zu stoßen, die derartige „Systematiken“, so etwas wie (schnellen) „Algorithmen“, realisieren können.
„Denkverbote“ sind nicht zweckmäßig, sie behindern nur das Denken, würde die Evolution des Wissens stoppen….
Elektroniker,
nicht nur die Viren generieren Variable.
In unserer Zeit ist es die Musik, die das Lebensgefühl beeinflusst.
Dieser Song ist einzigartig: Real, real, real, real bright sunshinin’ day. von Jimmy Cliff. I can see clearly now.
@ Mussi und:
“..Es ist doch eine interessante psychologisch-sozioliogische Frage,warum ca. 3/5 der Menschheit einer Fiktion aufgesessen sind auf Grund derer Lebensberatung und -organisation aufgebaut ist?
Das ist der leitende Gedanke, warum Glaube zentraler ist als Wissen?..”
(Zitatende)
Das ist doch die aller einfachste Frage:
Die schon frühkindliche “Erziehung” ( Wenn nicht gar hier schärfere Begriffe wie “Indoktrination” angebrachter wären):
“Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm”.
Nur wenige (meist intellektuelle) Eltern trauen sich zudem, ihren Kindern Skepsis gegenüber den (politisch) organisierten Religionen zu lehren.
“Damit das Kind nicht zum (gesellschaftlichen) Außenseiter wird” ist eine häufig gehörte Begründung. Oder auch: Man musss doch an irgendwas glauben, muss doch wenigstens irgendwie spirituell sein. Weil nämlich das Wort Atheist (den begriff Agnostiker kennt kaum jemand) immer noch den Geruch von “Kommunist ” oder so ähnlich an sich hat.
Die Libertären betonnen dann immer ganz arg, dass sie ja nur und ausschließlich aus (Kirchensteuer-) Geiz aus der Kirche ausgetreten sind . Was in ihren Augen weit weniger anrüchig ist. Und weswegen man als “Schlaumeier” auch gesellschaftlich weniger geächtet wird, als wenn man die Theologen angreift. Die sitzen schließlich als “Einflussagenten auch in allen Parteien und Regierungsgremien.
Und deswegen sind auch Schulen und deren Lehrpläne immer noch (meist unbemerkt) von kirchlichen Einflüssen geprägt. Zudem haben die meisten Kindergärten konfessionelle Träger und damit auch eine (generell) NICHT antireligiöse Ausrichtung.
Die politische Einflussmacht der Religionsvereine wird zwar immer wieder (etwas scheinheilig) abgestritten, ist aber auch gegenwärtig kaum zu übersehen und kaum abzustreiten. Das betrifft gerade auch den Einfluss auf die (frühe und mittlere “Pädagogik”) . Aber nicht nur dort: In meiner Regionalzeitung ist jeden Samstag eine Seite allein für die beiden Großkirchen reserviert. Inclusive einer Kurzpredigt eines örtlichen Pfarrers.
_________
Die “Fiktion des Glaubens” entstammt also nicht irgendwelchen genetischen oder geheimnisvoll anthropologischen Quellen, sondern ist in den meisten Fällen “indoktrinierte Ideologie”.
Interessant dazu auch die 3SAT – Sendung “Warum glaubst du?”
Schon der Titel zeigt, dass es generell oft gar nicht (mehr) um jeweilige Glaubensinhalte zu gehen scheint (weil die ja oft umstritten sind) , sondern dass man sich zunehmend auch auf ein allgemein spiritistisches “Glaubensbekenntnis” zurückzuziehen scheint.
Fazit: Die “Intellektuelle Redlichkeit” lässt gerade in diesem Bereich doch immer noch schwer zu wünschen übrig.
little Louis,
intellektuelle Redlichkeit impliziert, dass Glaube gedacht werden muss.
Glaube ist im religiösen Sinn Vertrauen auf Gott. Darauf hat das Intellekt wenig Einfluss.
In den meisten Fällen….
Das ist einfach eine übertriebene Annahme. Die meisten Schüler nehmen den Religionsunterricht hin. Danach geht es wie gehabt, sie prügeln sich, was auch Spaß machen kann.
Indoktriniert sind die Zeugen Jehovas. Die sind eine Minderheit. Auch der Einfluss der Scientologen geht zurück.
Zum Folgenden von: Mussi, 09.12.2022, 22:23 Uhr ,@ Neher
“Ich vertrete vehement der These,das Biologen nichts zur Ökonomie beizutragen haben. Eher im im Gegenteill. Ökonomie kommt aus Biologie und Biologie führt sie zurück….”
Die große Frage ist eben, was eigentlich das Subjekt der Wirtschaftswissenschaften bzw. der (Makro-) Ökonomie ist:
Da kein Tier diese Wissenschaft betreibt, kann es doch nur der “menschliche Geist” d.h. die menschliche Verhaltenspsychologie sein.
Dazu passt das Folgende vom heutigen Bildungsradio swr. wissen:
https://www.swr.de/swr2/wissen/der-psychologe-daniel-kahneman-warum-wir-uns-oft-falsch-entscheiden-104.html
Sind (Wirtschafts- ) Entscheidungen quasi durch halb krankhafte Denkverzerrungen (bias) gesteuert (Kahneman) ? Oder ist das Quatsch ? (Giegerenzer)
@ fauv und:
“..Das ist einfach eine übertriebene Annahme. Die meisten Schüler nehmen den Religionsunterricht hin. Danach geht es wie gehabt, sie prügeln sich, was auch Spaß machen kann.
Indoktriniert sind die Zeugen Jehovas. Die sind eine Minderheit. Auch der Einfluss der Scientologen geht zurück…”
(Zitatende)
Ihr Wort in Gottes Ohr ! (-: (-;
@ fauv – erste Ursache für Die Welt
Die Antwort auf die Frage danach kennen wir nicht. Deshalb ist die Annahme eines Gottes Glaube und nicht Wissen.
Da können Sie noch so sehr überzeugt sein,es sei anders. Und schon Nietzsche sagte,Überzeugungen sind häufig schlimmer als Lügen,wenn ich mich recht erinnere.
@ Grams
Ich habe mich gestern Abend zunehmend wegen der Berichte zu Cop15 und Biodiversität in Rage gesoffen.
Direkt nach den Berichten kamen die Börsennachrichten…
Irgendwann sah ich mal eine Evangelikale in den USA,die in den Himmel betete und unzweifelhaft glaubte,Gott erlöst uns vom Klimawandel.
Soweit zur Verantwortung des Menschen.
@ Mussi
10.12.2022, 13:22 Uhr
Der Laissez-faire-Liberalismus trägt wesentlich zum Unheil bei. Aber Gott wird es nicht richten, denk ich mal. Die Gottesfürchtigen in den Kommunitäten hätten da wohl eher Erfolg. Leider erscheint den vom Liberalismus verwöhnten Menschen das Leben der Amish beispielsweise als nicht besonders attraktiv. Eine Massenbewegung wird das wohl nicht.
Mussi,
Nietzsche war ein tiefer Denker, seine Gedichte zählen zum besten was die Poesie bieten kann.
Was seine Meinung zu Gott betrifft, als er in Orta San Giulio war, sagte er zu diesem Ort , er sei der magischste Ort auf dieser Erde. (es gibt dort 17 Kirchen)
Ich war auch dort und es stimmt, ein magischer Ort.
Wenn also Nietzsche sagt, Gott sei tot, dann ist das ein Aufschrei eines Kranken.
” Überzeugungen sind schlimmer als Lügen”, noch so ein Kraftpaket, da kann er sich mit Stalin in eine Reihe stellen, der hat gesagt, ein Feind mit Überzeugung ist mir lieber als 10 Leute mit Kompromissen.
Jetzt ist Schluss!
@ Timm Grams 10.12.2022, 14:02 Uhr
Zitat: „Aber Gott wird es nicht richten, denk ich mal.“
Ich würde es anders formulieren. Gibt es natürliche Regelungsmechanismen die das Klima irgendwann oder irgendwo (derzeitige Wüstengebiete?) in Ordnung“ bringen?
Regelungsmechanismen sind einfach ein Teil dessen, was man „Gott“ nennt.
Da fragt man sich was wäre, wenn die Pole schmelzen, die Meere ansteigen und flache Randzonen im Meer untergehen.
Die Landfläche würde kleiner, aus der „Übersiedlung“ von betroffenen Menschen in höhere feuchte Gebiete und mit Dammbauten, oder womöglich mit riesigen Sonnensegel, unterirdischen geschützten Bauten, künstlichen CO2 „Fressern“, würde das Geschäft des Jahrtausends gemacht.
Wie geht es mit der Klimaerwärmung und mit den Winden weiter, wenn die Meeresfläche immer größer, die Wüstengebiete und die natürlichen CO2 Spender samt Menschen immer weniger werden?
Womöglich gibt es natürliche oder künstliche Effekte, z.B. dass „Algen“ CO2 „fressen“ und dann im Meer „untergehen“, sich womöglich das Geschehen in Richtung Eiszeit umdreht?
@ fauv
Ich habe jetzt 4 Stunden und über Ihren letzten Kommentar nachgedacht.
Sie schimpfen nicht nur,sondern beleidigen und ein Befehl soll das hier beenden.
Da denke ich doch an Hannah Arendt und ihre Sicht zum Ungehorsam.
Das ist das mit dem Problem und den Glauben. Der sitzt so tief,dass er schlussendlich agressiv wird.
Elektroniker
10.12.2022, 10:16 Uhr
Möglicherweise haben bereits Affen die Vorstellung von der Existenz einer Art von „abstrakten großen Boss“ entwickelt. Das wäre der Schritt vom „Instinkt getriebenen Betriebssystem“ zur „Religion“.
Gehen wir doch hin und fragen die Affen …
Es gibt sicher äffische Gründe, den Nachwuchs zu töten ( Kindermord ist in größerer Zahl auch aus menschlichen Gesellschaften überliefert und damit meine ich nicht den, den die Bibel berichtet ), aber wir sollten uns hüten, unsere Gefühle beim Zusehen in die äffischen Handlungen hinein zu interpretieren.
@ Karl Maier 10.12.2022, 19:50 Uhr
Die Affen wurden im Urwald von Profis beobachtet. Ich kann mich nur (vage) auf die Aussage erinnern: Die „Oberäffin“ habe das Junge ihrer Mutter abgenommen und auf den Boden geworfen, die Mutter hätte es deswegen (widerwillig) akzeptiert, weil die „Oberäffin“ den Eindruck vermittelte, sie würde es nur aus „höheren Gründen“ tun, sie müsse es tun…..
Möglicherweise ist auch bei Affen „Opferbereitschaft“ ein Überlebensvorteil für eine Gruppe.
Tiere haben keine ausgeprägte Sprache, und kommunizieren mittels ihrer Mimik und Gesten und werten natürlich Geruchsinformationen aus. Sie können visuelle Muster erkennen und korrekt interpretieren. Musteranalysen und Mustersynthesen sind Grundfunktion der neuronalen Systeme. Ist auch klar, es ist nun einmal ein Unterschied ob es ein Feind oder ein Beutetier ist.
Tierpsychologen und geschulte Beobachter können sozusagen die Muster „mitlesen“.
Ein anderes Beispiel: Ich habe früher gelegentlich in der Mittagspause Schwäne (2 Alte, 6 Junge) gefüttert. Als die Jungen schon gut entwickelt waren, ist mir aufgefallen dass alle das Futter nicht mehr angenommen haben, obwohl ich den Eindruck hatte, die Jungen würde gerne essen, aber die Alten haben es aus „höheren Gründen“ verboten. Ein Tiermediziner meinte, sie würden halt z.B. eine Halsentzündung haben.
Ein Zoologe interpretierte es völlig anders. Bei derartigen Vögel käme es aus Instinktgründen vor, dass die Familie „fastet“, damit die Jungvögel gezwungen werden sich ein eigenes Revier zu suchen, sozusagen weil es zuhause nichts mehr zu essen gibt. Eine Aufteilung der Tier auf mehrere Reviere verhindert Überbevölkerung und könnte ein Überlebensvorteil sein.
„Neuronale Betriebssysteme“, (Religionen/Ideologien) bauen vermutlich auf Instinkte und Erfahrungen auf, wobei eigentlich die Instinkte auch schon ein primitives „Betriebssystem“ sind.
@Elektroniker 10.12. 22:22
„„Neuronale Betriebssysteme“, (Religionen/Ideologien) bauen vermutlich auf Instinkte und Erfahrungen auf, wobei eigentlich die Instinkte auch schon ein primitives „Betriebssystem“ sind.“
Kultur generell ist in der Tat ein grundlegendes Betriebssystem für Menschen. Und kulturelle Mängel wirken sich entsprechend ungünstig aus. Die Eigendynamik des Individuums ist jetzt aber durchaus ein Faktor, der andersherum wieder die Kultur verändern kann.
@Mussi 10.12. 13:22
„Irgendwann sah ich mal eine Evangelikale in den USA,die in den Himmel betete und unzweifelhaft glaubte,Gott erlöst uns vom Klimawandel.“
Dann müsste Gott schon die physikalischen Eigenschaften der Treibhausgase ändern. Das gehört dann wirklich gar nicht mehr zu dem, was man an Wundern so erleben kann. Dass ein Gewitter an einem vorbeizieht ist schon schwierig, einfacher wäre es, sich vor einem aufziehenden Gewitter in Sicherheit zu bringen.
Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir Menschen handeln. Zumal es ja auch wirklich im Rahmen dessen ist, was Mensch eben selber machen kann. Zu beten, dass mehr Menschen einsehen, dass sie entsprechend handeln müssen, wäre allerdings durchaus im Bereich dessen, was man als Wunder öfter erleben kann.
Das ist wie beim Fußball. Der Fußballgott kann helfen, dass der Ball ins Tor geht, aber aufs Tor schießen muss man auf jeden Fall.
@ Tobias Jeckenburger 11.12.2022, 00:06 Uhr
Zutat: „Kultur generell ist in der Tat ein grundlegendes Betriebssystem für Menschen. Und kulturelle Mängel wirken sich entsprechend ungünstig aus.“
Wenn man das Computermetapher nutzen möchte, würde ich Kultur eher mit der Anwendersoftware vergleichen.
fauv
09.12.2022, 21:08 Uhr
“A. Reutlinger,
wie eine gesellschaft ohne Religion aussieht, das wissen wir noch nicht.
Doch wir wissen es, in den Slums von New York herrschen das Geld und die Vorurteile über Farbige.
Die Religion ist ein Stabilisierungsfaktor in jeder Gesellschaft.”
Können wir uns das Primitivargument “OhneReligion keine Ethik und kein mitmenschliches Verhalten” nicht mal endlich kneifen? Das ist sooo tot…
Meiner Meinung nach überdehnt Popper den Begriff “religiös” um nachher die Feststellung treffen zu können das alle irgendwie religiös sind. Was in da genau antreibt kann ich nicht beurteilen.
Unsere moralischen Vorstellungen, sind die nicht einfach Ausdruck unserer durch unsere Biologie festgelegten Bedürfnisse? Ganz banal erst mal “am Leben bleiben”? Das tradieren bestimmter moralischer Vorstellungen hat sich doch als sehr hilfreich dabei erwiesen, am Leben zu sein und als Art weiter zu existieren. Sich zum Schwulenhasser zu entwickeln scheint einfach nichts besser zu machen, hilft nicht das Überleben zu sichern und eher Energie zu kosten die woanders dringender gebraucht wird.
Mussi,
wenn Worte nachdenklich stimmen.
Jetzt mal Butter bei die Fische.
Gestern habe ich für zwei Menschen gebetet. Heute Nacht hatte ich einen Traum, der war überirdisch, der war so schön, dass ich heute Morgen in die Kirche gegangen bin um mich zu bedanken.
Und dann kam die nächste Überraschung, der Pfarrer bat mich während des ersten Liedes, die Adventskerzen neben dem Altar anzuzünden, vor der versammelten Kirchengemeinde. Habe ich gemacht und als Bestätigung gesehen. Als ich das Kirchengebäude verließ, fielen große Schneeflocken zur Erde, ganz leise, ganz traumhaft, das Wort Wunder ist hier angebracht.
So, und jetzt ein Lied für alle Idealisten , Kommunisten und Menschen, die an das Gute glauben. Wir haben Advent
https://www.youtube.com/watch?v=v-0s4I2OnAo
“Gestern habe ich für zwei Menschen gebetet.”
Effektstärke?
“Heute Nacht hatte ich einen Traum, der war überirdisch, der war so schön, dass ich heute Morgen in die Kirche gegangen bin um mich zu bedanken.”
Warum? Der Traum wird nicht besser oder schlechter. Bei einem Albtraum, gehst Du in die Kirche und beschimpfst Gott für den Schwachsinn?
“Und dann kam die nächste Überraschung, der Pfarrer bat mich während des ersten Liedes, die Adventskerzen neben dem Altar anzuzünden, vor der versammelten Kirchengemeinde. Habe ich gemacht und als Bestätigung gesehen.”
Jaja, wie leicht doch die Schäfchen bei der Stange zu halten sind… Und solange sie sich mit sowas beschäftigen machen sie kein Theater und stehen der Gewinnmaximierung im Weg.
Was würdest Du denn ableiten woher diese religiösen Anwandlungen gekommen sind? Das war ja die Frage ganz am Schluß. Oder ich bin lese- und verständnisschwach.
Uli Schoppe,
philosophische Gespräche sind eine Seite,
dabei hat man keine Anwandlungen.
Erlebnisse sind eine andere Seite,
da hat man Anwandlungen.
Hör dir doch erstmal Nina Hagen an, dann bekommst du auch Anwandlungen.
@Tobias Jeckenburger:
“Letztlich ist auch jede Verhaltensäußerung eines Menschen Ergebnis innerer Prozesse. Das ist so grundlegend, dass jede Psychologie sich genau damit beschäftigen muss.”
Sie machen hier schon einen grundlegenden Fehler.
Ihnen widersprechen zahlreiche allgemein annerkannte Befunde der Psychologie die Sie bereits in den ersten paar Semestern des Psychologiestudiums heute lernen würden. Schauen Sie beispielsweise in berühmte Studien, u.a., der Sozialpsychologie. Diese zeigen wie sich Menschen unter diversen Umweltkontexten völlig anders verhalten können als wenn sie alleine sind. Verhalten können Sie nicht immer monokausal auf “innere” Eigenschaften des einzelnen Menschen attribuieren. Das wäre wie ein inverser Behaviorismus. Der Behaviroismus hat alles Verhalten auf Umweltverhalten zurückgeführt. Sie führen es umgekehrt und komplett auf “innere” Faktoren zurück und begehen den gleichen Fehler, nur mit umgedrehten Vorzeichen.
Jedes Verhalten (der Motoroutput des Körpers) stammt natürlich von der Person selbst; aber das ist trivial.
“Genau das meine ich doch, jegliches Erleben und Verhalten ist Ergebnis des Innenlebens. Das innere Erleben ist in der Tat nur ein kleiner Teil davon.”
Siehe oben.
“Wie gesagt, beide beschäftigen sich mit unserem Innenleben in allen Aspekten, die dieses hat. Die einzelnen Aspekte werden nur verschieden gewichtet, und die Methoden sind auf jeden Fall andere.”
Schauen Sie in ein Standardlehrbuch der Psychologie, die spiegeln die Mainstreampsychologie gut wider. Sie werden dort nichts von Religion wie sie hier diskutiert wird finden. Und Sie werden auch relativ wenig vom “Innenleben” des Menschen in einem phänomenologischen Sinne finden.
@Schoppe 11.12. 09:09 / 12:15
„Unsere moralischen Vorstellungen, sind die nicht einfach Ausdruck unserer durch unsere Biologie festgelegten Bedürfnisse?“
Insbesondere in einer pluralistischen Gesellschaft müssen die biologischen Bedürfnisse ja reichen, um eine gesetzliche Moral zu konstituieren. Und ich bin damit dann auch recht zufrieden.
Spiritualität bedeutet für mich allerdings auch weniger Moral, sondern die Grenzen des eigenen Seins zu erweitern, Teil des Lebens zu sein und eine eigene kosmische Dimension zu haben. Dann geht es auch noch um Geborgenheit und damit um Vertrauen. All das kann die Biologie überhaupt nicht liefern.
„Jaja, wie leicht doch die Schäfchen bei der Stange zu halten sind…“
Kirche brauche ich auch nicht, und Kirche vertraue ich auch nicht wirklich. Vor allem wenn die Pfaffen nicht mal selber glauben, was sie predigen, und dann noch meinen, dass nur sie den Menschen die Illusion von Geborgenheit geben können. Ich will richtige Geborgenheit, keine Illusion davon.
@Phillip 11.12. 13:04
„Sie führen es umgekehrt und komplett auf “innere” Faktoren zurück und begehen den gleichen Fehler, nur mit umgedrehten Vorzeichen.“
Mach ich doch gar nicht. Bei gegebenem inneren Zustand hängt Denken und Handeln von der Außenwelt ab. Damit muss man sich dann auch beschäftigen, aber alles läuft letztlich über das individuelle System Mensch.
„Schauen Sie in ein Standardlehrbuch der Psychologie, die spiegeln die Mainstreampsychologie gut wider. Sie werden dort nichts von Religion wie sie hier diskutiert wird finden.“
Genau dieser Mangel führt ja gerade dazu, dass die Psychologie die Religion nicht ablösen konnte. Die religiösen und spirituellen Aspekte des Lebens sind nicht aus der Welt, wenn die Psychologie andere Wege geht. Entsprechend haben wir hiermit zwei Zugänge zur im Grunde selben Sache. Die beide interessant sein können.
Über Glauben lässt sich endlos und unbekümmert streiten. Da es sich um eine sehr individuelle Angelegenheit handelt, wird der Gedankenfluss nie versiegen. Als zudringlich empfinde ich die Unterstellung, auch ich müsse doch, wie jedermann, an etwas glauben. Ich schiebe kurz die Definition für Glauben nach, eine solche wurde von Stephan Schleim vorsichtig angemahnt. Für mich heißt glauben, etwas für wahr halten ohne Belege dafür. Da für mich auch Belege keine Wahrheit begründen können, ist Glauben für mich keine Option. Religiosität, gerichtet auf eine transzendente Wirklichkeit, geht dann erst recht nicht. Ich halte mich an den Satz von Heinz von Förster: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.
Timm Grams,
Man sollte nicht wortgläubig sein. Worte sind wie Bausteine , allein kann man sie in alle Richtungen drehen, zusammen bilden sie eine Mauer, oder einen Weg oder ein Haus, das Schutz bietet.
Schon das Wort Glauben , allein hat es einen religiösen Touch, im Zusammenhang ist das “für wahr halten” die einzige Möglichkeit sich in fremder Gesellschaft oder fremder Umgebung zurecht zu finden.
Und was halten wir für wahr ? Wir glauben, dass das was wir tun einen Sinn hat. Dass wir die nächste Stunde überleben. Dass uns der Ehepartner freudig empfängt. Dass der Pckel auf dem Handrücken nur ein Pickel ist, dass der Hund , der uns begegnet keine tollwut hat, dass die Erde nicht von einem Meteoriten getroffen wird.
Schluss, Glauben ist mit eine Grundlage, dass wir leben können.
@ Philipp 11.12.2022, 13:04 Uhr
Sie habe in einem Beitrag angedeutet dass Sie sich mit Eccles näher beschäftigt haben.
Ich glaube mich auch zu erinnern, dass Sie in einem früheren Beitrag eine These vertraten, dass das „Ich“ im neuronalen System, durch bestimme individuelle Neuronen Aktivierungen im Gehirn realisiert wird.
Wenn man davon ausgehen würde, dass diese „bestimmten“ Neuronen, Ladungsträger in ihrer Umgebung „auf integrieren“, so dass das Neuron (wie üblich) nach Erreichen einer bestimmten Schwelle „triggert“, so würde dies bedeuten, dass Signalverschiebungen in diesen „Bereichen“ besonders gefördert werden. Weil aus meiner Sicht die „qualifizierten UND Gatter“ die die Informationsverarbeitung realisieren eher durchschalten, als wären diese zusätzlichen Impulse nicht vorhanden.
Damit ergeben sich so etwas wie individuelle „Leistungsschwerpunkte“ in der Informationsverarbeitung, aber gleichzeitig auch eine “Ich“ Repräsentation.
Wie würden sie es sehen, wenn man Eccles Theorie von den „Psychonen“, mit der Theorie verknüpft, dass das „Empfindungsphänomen“ im Zusammenhang mit Bewegungsmustern der Valenzelektronen bei entsprechender Anregung bestimmter sensorischer Molekülverbände auftritt, wobei Ladungsträger, z.B. Elektronen, (von Eccles „Psychonen“ genannt???), frei werden, die neuronal ausgewertet werden.
Eine zumindest Phänomenologische Erklärung der Empfindungen ist wichtig für ein Verständnis des Bewusstseins.
Aber ich würde Ihnen zugestehen, dass es nicht einfach für einen Insider ist, sich dazu seriös zu äußern, zumal Sie in dieser Sache nicht gerade ein „wissenschaftlicher Desperado“ sein dürften, der nichts zu verlieren hat. Sie müssen eher sorgfältig beachten im Mainstream mit zu „schwimmen“.
@Jeckenburger:
Der Austausch mit Ihnen wird mir jetzt zu kompliziert, da Sie nachträglich immer relativieren was Sie zuvor geschrieben haben.
“Mach ich doch gar nicht. Bei gegebenem inneren Zustand hängt Denken und Handeln von der Außenwelt ab. Damit muss man sich dann auch beschäftigen, aber alles läuft letztlich über das individuelle System Mensch.”
Das ist doch genau der Aspekt den ich als “trivial” extra hinzugeschrieben habe damit ich nicht falsch verstanden werde! Natürlich ist es letztendlich der Mensch der handelt. Ihr Fehler ist dass Sie glauben die Psychologie hätte als Zielobjekt eine Art “innere Entität”, deren Tiefen sie erforschen würde.
“Genau dieser Mangel führt ja gerade dazu, dass die Psychologie die Religion nicht ablösen konnte. Die religiösen und spirituellen Aspekte des Lebens sind nicht aus der Welt, wenn die Psychologie andere Wege geht. Entsprechend haben wir hiermit zwei Zugänge zur im Grunde selben Sache. Die beide interessant sein können.”
Sie reden hier von einem “Mangel”.
Die Psychologie hat gar nicht das Ziel die Religion abzulösen. Was ich geschrieben habe war rein deskriptiv und nicht normativ. Ich wollte Sie lediglich darauf hinweisen dass die Mainstreampsychologie nichts mit den Inhalten der Religion am Hut hat. Ob ich das gut oder schlecht finde, oder dem neutral gegenüberstehe, stand nicht zur Debatte.
Wenn Sie meine persönliche Meinung interessiert: Die Psychologie sollte sich von Bewertungen der Religion fernhalten. Das gibt nur lächerliche Schlammschlachten die niemand benötigt.
@Elektroniker:
“Wie würden sie es sehen, wenn man Eccles Theorie von den „Psychonen“, mit der Theorie verknüpft, dass das „Empfindungsphänomen“ im Zusammenhang mit Bewegungsmustern der Valenzelektronen bei entsprechender Anregung bestimmter sensorischer Molekülverbände auftritt, wobei Ladungsträger, z.B. Elektronen, (von Eccles „Psychonen“ genannt???), frei werden, die neuronal ausgewertet werden.”
Ich würde die Ansichten von Eccles und Popper zu dem Thema links liegen lassen und höchstens aus einem historischen Interesse betrachten. Neuronal wird meiner Ansicht nach nichts “ausgewertet”. Das Gehirn besitzt meiner Ansicht nach keine Software, die aus der Hardware etwas auswertet. Das Thema hatten wir schon einmal.
Eine zumindest Phänomenologische Erklärung der Empfindungen ist wichtig für ein Verständnis des Bewusstseins.
Hier bin ich absolut ihrer Meinung. Ich finde auch dass die Phänomenologie wichtig ist wenn man sich mit den Kognitionswissenschaften beschäftigt. Metzinger sieht oder sah das ja übrigens anders. Er schrieb irgendwo in etwa dass die Phänomenologie schon lange Bankrott sei und nichts mehr zu bieten hätte. Im heutigen Mainstream wird die Phänomenologie aber nicht gelehrt. Der interessierte Student oder Wissenschaftler muss sich damit selbstständig in der Freizeit beschäftigen. Viele würden Phänomenologie als unwissenschaftlichen Unsinn abtun, da sie sich mit der Subjektivität beschäftigt. Der Westen hat Angst vor der Subjektivität. Mit Westen meine ich die Angloamerikanische Wissenschaft und Philosophie. Da wird krampfhaft versucht die Subjektivität auf “Objektivität” zu reduzieren. Schauen Sie in den Osten, z.B. nach Asien (Indien). Für die ist alles subjektiv, die Mentalität dort ist eine ganz andere.
“Aber ich würde Ihnen zugestehen, dass es nicht einfach für einen Insider ist, sich dazu seriös zu äußern, zumal Sie in dieser Sache nicht gerade ein „wissenschaftlicher Desperado“ sein dürften, der nichts zu verlieren hat. Sie müssen eher sorgfältig beachten im Mainstream mit zu „schwimmen“.”
Ich schwimme selbst gegen den Mainstream und habe deshalb genug mit der Publikation von meinem Unsinn zu kämpfen, glauben Sie mir…
Ihre Fragen würde ich hier nicht im Detail diskutieren wollen, da Sie kaum mehr zum Thema der Religion passen.
Die Affen wurden im Urwald von Profis beobachtet.
Ach, und die “Profis” sind keine Menschen mit Gefühlen und in Gefahr, deswegen die Beobachtungen in ihrem ( Gefühls- )Sinne zu interpretieren?
Wie gesagt, es gibt sicher äffische Gründe, den Nachwuchs zu töten und Kindermord ist in größerer Zahl auch aus menschlichen Gesellschaften überliefert und damit meine ich nicht den, den die Bibel berichtet. Auch ein Löwe, der die Rudelführung erobert hat, wird Jungtiere töten und deren Mütter werden nicht teilnahmslos zuschauen, aber sich letztendlich der Gewalt beugen.
Im Übrigen ist ( aus meiner Sicht ) Technik, also CPU, Mainboard, OS und Anwenderprogramme kein gutes Beispiel, um die “Strategien” des biologischen Lebens erklären zu wollen. Es gibt zwar scheinbare Analogien, aber die sollten wir nicht als “Beweise” überbewerten. Erstere sind auf der Basis der technischen und physikalischen Möglichkeiten aus Überlegungen eines biologischen Gehirns entstanden, das Gehirn selbst, seine “Verschaltungen ( Gedanken, Empfindungen bei Gedanken ) und der Körper drumherum sind das Ergebnis einer steten Auseinandersetzung über sehr lange Zeiträume mit der jeweiligen Umgebung, mit dem “Ziel” ( mal anthropomorph formuliert ), sich selbst möglichst lange am Leben zu erhalten ( also selber essen und nicht gegessen werden ), möglichst viele Nachkommen zu “produzieren” und diese bis zu deren Selbstständigkeit bzw Fortpflanzungsreife am Leben zu erhalten. Über die Fälle, wo das nicht gelungen ist, brauchen wir heute nicht mehr darüber zu reden = die genetische Linie oder gar die Art ist ausgestorben.
@fauv
11.12.2022, 16:07 Uhr
“Wir glauben, dass das was wir tun einen Sinn hat.”
Nein, warum sollte ich?
“Dass wir die nächste Stunde überleben.”
Ist unter den meisten Voraussetzungen eine gut begründbare Annahme. Glaube nach Ihrer Definition würde bedeuten das ich in das auch in einem abstürzenden Flugzeug mit ausgefallenem Antrieb annehmen würde.
“Dass uns der Ehepartner freudig empfängt.”
So hätte ich es gerne, das kann ich aber überprüfen indem ich durch die Türe gehe, hat nichts mit Glaube oder Religiosität zu tun.
“Dass der Pickel auf dem Handrücken nur ein Pickel ist,”
Sowas glaubt man einfach? Ohne tragfähige Belege? Dann ist es besser man hat Glück und es ist kein Krebs. Das ist aber nicht religiös.
“dass der Hund , der uns begegnet keine tollwut hat,”
Eine gut begründbare Annahme, nicht im geringsten religiös. Mal davon ab das das nicht das dringlichste Problem ist; je nach Größe kann der mich immer noch ziemlich verstümmeln, da beobachte! ich lieber sein Verhalten und gehe dann entsprechend vor / weiter.
“dass die Erde nicht von einem Meteoriten getroffen wird.”
Das zu glauben ist nicht mal religiös sondern eher dämlich, so oft wie es schon passiert ist.
“Schluss, Glauben ist mit eine Grundlage, dass wir leben können.”
Nein, wissenschaftliches Denken ist die Grundlage dafür das wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen am Leben zu bleiben.
Um mal das Popper Zitat im Artikel zu zitieren:
““Die Sphären von Wissenschaft und Religion stören einander nicht. Jeder Konflikt zwischen ihnen rührt von einer Grenzüberschreitung, von einer Seite zur anderen.”
Für diese Überschreitungen sind nun mal in erster Linie Religiöse zuständig. Die maßen sich das dauernd an. Wie war das noch mit dem Papst der meinte der Mensch dürfe nicht über den Urknall hinaus forschen weil das der Augenblick der Schöpfung sei? Bei solchen eher harmlosen Dingen geht es schon los…
“Aber die Sphären der Religion und der moralischen Probleme decken sich zu einem sehr großen Teil.”
Das ist eines der großen Probleme mit der Religion: Sie mischt sich in das menschliche Zusammenleben ein; davon sollte sie besser die Finger lassen da sie keine tragfähigen Belege liefert auf die sich menschliches Handeln stützen kann. Schon mal eine Bapthistengemeinde erlebt? Die schneiden bloß keine Köpfe ab, aus Angst vor dem Gesetz imho … (nur damit mir keiner damit kommt das seien ja alles bloß die Moslems, im christlichen Glauben wäre das alles anders).
@Stephan Schleim:
“Auch die “wissenschaftliche Hingabe an die Wahrheit” nannte Popper eine “religiöse Haltung” ”
An der Stelle finde ich wirklich das der Begriff Religiös einfach zu stark überdehnt wird. Wenn man über Religiösität spricht redet man eigentlich davon das es um ein sich werfen auf Standpunkte geht für die man keine Belege anbringen kann. Das sollte Wissenschaftlichkeit einfach nicht tun.
@Phillip 11.12. 17:05 / 17:24
„Ihr Fehler ist dass Sie glauben die Psychologie hätte als Zielobjekt eine Art “innere Entität”, deren Tiefen sie erforschen würde.“
Da habe ich wahrscheinlich zuviel C. G. Jung gelesen. Mir scheint, dass der genau die innere Entität gesucht hat.
„Ich wollte Sie lediglich darauf hinweisen dass die Mainstreampsychologie nichts mit den Inhalten der Religion am Hut hat.“
Ich finde, dass das ein Mangel ist. Gerade der Versuch, ganz ohne Spiritualität auszukommen, kollidiert dann mit Menschen, die spirituelle Erfahrungen habe, die ihnen wichtig sind. Ich finde es fast unbegreiflich, wie man so dem Menschen gerecht werden will.
„Da wird krampfhaft versucht die Subjektivität auf “Objektivität” zu reduzieren. Schauen Sie in den Osten, z.B. nach Asien (Indien). Für die ist alles subjektiv, die Mentalität dort ist eine ganz andere.“
Da könnte es doch sogar mal interessant sein, zu gucken, woran die Psychologen in China oder Indien so arbeiten.
Uli Schoppe,
Religio = Rückbindung
mehr ist da nicht.
Ihnen mal ein Beispiel, worüber Pfarrer im Gottesdienst sprechen.
Heute ging es um einen bildhaften Vergleich wie wir Menschen leben und was uns erwartet.
“Die Menschen sind wie das Gras, manche sind wie Blumen und sie werden vertrocknen” .
Das ist doch mal realistisch. Das ist ein memento mori
und es bedeutet: Mensch nimm dich nicht so wichtig. Mehr ist da nicht.
Dann haben wir gesungen.
Was sagt der Wissenschaftler dazu ?
Nachtrag Uli Schoppe
Und es ging darum, dass der November das Ende des Kirchenjahres ist.
Der 1. Dezember ist der Beginn des Neuen Kirchenjahres und das beginnt mit der Geburt Jesu, als Sinnbild des Neuanfanges. Verstehen sie jetzt was das Weihnachtsfest bedeutet .
Religion ist viel nüchterner als viele annehmen. Die Religion ist dazu da, die Menschen vor Hochmut und Größenwahn zu bewahren.
@ Philipp 11.12.2022, 17:24 Uhr
Zitat: „Ich würde die Ansichten von Eccles und Popper zu dem Thema links liegen lassen und höchstens aus einem historischen Interesse betrachten. Neuronal wird meiner Ansicht nach nichts “ausgewertet”. Das Gehirn besitzt meiner Ansicht nach keine Software, die aus der Hardware etwas auswertet. Das Thema hatten wir schon einmal.“
Es soll nicht an Begriffen scheitern. Wie würde Sie es bezeichnen, wenn man sich einen Nagel eingetreten hat, vom Fuß entsprechende Signale Richtung Gehirn gesendet werden, und diese letztlich, welche Reaktion auch immer bewirken. In der Technik nennt man dies „Auswertung der Signaleigenschaften“, wie auch immer im Detail. Welchen Begriff würden Sie verwenden? Warum sind sie gegen den Begriff „Auswertung“?
Der Begriff „Software“ ist nicht zwingend mit „Auswertung“ verknüpft. Früher hatten die Elektroniker Signale (Signalkombinationen) mit „purer Hardware“ ausgewertet. Die Elektroniker die das damals realisiert haben, waren auch gegen „Software“.
Allerdings will man in der Elektronik/Informatik alles „Mathematisieren“, insbesonders auch, um mittels Software auf universaler Prozessor Hardware die Auswertung durchzuführen.
Beim Human Brain Project geht es letztlich auch um die „Mathematisierung des Gehirn“. Das ist heutzutage aus Gründen der Seriosität notwendig. Aber es bedeutet gleichzeitig eine „Vergeistigung“ der Hardware samt Software. Man könnte es „Emulation“ bezeichnen.
@ Philipp und:
“Schauen Sie in ein Standardlehrbuch der Psychologie, die spiegeln die Mainstreampsychologie gut wider. Sie werden dort nichts von Religion wie sie hier diskutiert wird finden. Und Sie werden auch relativ wenig vom “Innenleben” des Menschen in einem phänomenologischen Sinne finden…” (Zitatende)
Aber ist es nicht merkwürdig, dass /wenn sich eine Wissenschaft , deren Hauptziel die Analyse menschlichen Verhaltens ist (also was Menschen warum tun tun oder tun können oder nicht tun können usw.)……….
sich diese Wissenschaft dann (angeblich) weigert, einen wesentlichen Teil menschlichen Verhaltens (Religion oder “religiöses” Verhalten) als Forschungsobjekt zu wählen??
Und übrigens: Wenn Menschen nur “solipsistisch” d.h. für sich alleine “denken” , dann “verhalten” sie sich auch. Und warum sollte Psychologie sich nicht auch mit dem Produkt eines solchen (religiösen) Verhaltens , also etwas abstrakter mit “RELIGION” beschäftigen sollen oder dürfen??
Merkwürdig
“…. Ich wollte Sie lediglich darauf hinweisen dass die Mainstreampsychologie nichts mit den Inhalten der Religion am Hut hat….” (Zitatende)
Selbst wenn es bei “Religion” einzig und allein um (subjektive) normative Verhaltens-Entscheidungen ginge, wäre das doch ein interessantes psychologisches Forschungsprojekt.
Ich hypothetisiere mal, das die Psychologen Angst vor dem sehr mächtigen politischen Einflussapparat der Theologen haben und es deswegen auf Teufel komm raus (bzw. Gott bleib drin) vermeiden wollen, diesen in die Quere zu kommen.
Könnte ich recht haben?
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/religionspsychologie/12842
@Jeckenburger:
“Da habe ich wahrscheinlich zuviel C. G. Jung gelesen. Mir scheint, dass der genau die innere Entität gesucht hat.”
C. G. Jung war Psychiater und Psychoanalytiker. Ich habe auch Bücher über ihn und von ihm gelesen. Was Jung behandelte hat nichts aber auch wirklich gar nichts mit der heutigen Mainstreampsychologie zutun. In der Psychologie müssten Sie erst einmal viel Methodologie und Statistik lernen. Bevor ich das Studium damals begann dachte ich, so wie viele Studenten, naiv ebenfalls dass ich jetzt zum “Menschenkenner” der “Psyche” werde. Die Realität sieht dann doch anders aus.
@Elektroniker:
Ich sagte Ihnen ja schon dass ich das von Ihnen angesprochene Thema hier nicht diskutieren möchte, da es nicht zum Blogthema passt. Wir können das gerne im Detail ausführlich in Themen von Schleim diskutieren bei denen es passt, die kommen in Zukunft sich noch wieder vor. Um Ihnen zumindest eine kurze Antwort zu geben:
“Es soll nicht an Begriffen scheitern. Wie würde Sie es bezeichnen, wenn man sich einen Nagel eingetreten hat, vom Fuß entsprechende Signale Richtung Gehirn gesendet werden, und diese letztlich, welche Reaktion auch immer bewirken. In der Technik nennt man dies „Auswertung der Signaleigenschaften“, wie auch immer im Detail. Welchen Begriff würden Sie verwenden? Warum sind sie gegen den Begriff „Auswertung“?””
Das Problem beginnt schon damit dass ich nicht glaube das Bewusstsein im Gehirn lokalisiert ist. Mit anderen Worten: ich glaube nicht dass im Gehirn eine innere Repräsentation des Schmerzes in meinem Fuß oder Finger existiert. Verstehen Sie? Dafür lachen mich die meisten “Kollegen” schon aus (nicht in meiner Forschungsgruppe, aber von anderen wurde ich dafür schon im Studium durch den Kakao gezogen).
Und jetzt müsste man weit (sehr weit) ausholen und diskutieren, da wir sicherlich grundlegend verschiedene Ansichten haben. Hier müssten Sie Ihre Position im Detail auslegen und ich meine. Das geht nicht mit ein oder zwei Beiträgen, sondern wäre schon besser live möglich (via Zoom, Skype, etc.). Hier würden wir mit so einer Diskussion nur Schleims Blogthema “zumüllen”.
Gruß,
Philipp
@Philipp 11.12. 22:23
„Was Jung behandelte hat nichts aber auch wirklich gar nichts mit der heutigen Mainstreampsychologie zutun.“
Ok, ich habe vor allem Jung gelesen. Meine Vorstellung, dass Psychologie im Prinzip auch das Religiöse bzw. Spirituelle einbeziehen könnte oder sogar sollte, ist dann wohl weit vom Mainstream des Fachs entfernt. Offenbar dachte nur ich, dass sich Religion und Psychologie vom Thema her eigentlich überschneiden, und letztlich auch konkurrieren.
„Das Problem beginnt schon damit dass ich nicht glaube das Bewusstsein im Gehirn lokalisiert ist. Mit anderen Worten: ich glaube nicht dass im Gehirn eine innere Repräsentation des Schmerzes in meinem Fuß oder Finger existiert. Verstehen Sie?“
Das hört sich sehr interessant an. Auch wenn das hier etwas offtopic ist, würde mich Ihre Position sehr interessieren. Religion und die Frage, was Bewusstsein ist, gehört denn auch eigentlich ziemlich zusammen. Seele und inneres Erleben sind zumindest aus meiner Sicht wohl kaum verschiedene Dinge, die nichts miteinander zu tun haben.
@Philipp: Psychologie studieren
Ich denke, die Curricula würden anders aussehen, wenn die Studierenden darüber mitbestimmen dürften.
Aber bei uns in Groningen lernen sie neben der ganzen Statistik und den anderen “üblichen” Fächern auch verhältnismäßig viel Geschichte des Fachs, Wissenschaftstheorie und – wenn sie das dann wählen – noch Philosophie der Psychologie oder über die Grenzen und begrifflichen Grundlagen der Psychologie.
Wir haben eben Europas einzige Abteilung für Theorie und Geschichte der Psychologie.
Stephan Schleim, Balanus und andere
Die Religionspsychologie ist geeignet die Sichtweise zu Religion zu erweitern und vor allen Dingen “man muss das Rad nicht immer neu erfinden.”
Was noch nie zur Sprache kam, das ist die Bibel.
Wenn man einen Philosophen beurteilen und einordnen will, muss man seine Werke gelesen haben.
Wer hat denn von uns schon mal das Neue Testament gelesen ?
Mal sehen wie ich die Bibel bei Wittgenstein abhandeln kann !
@ Philipp 11.12.2022, 22:23 Uhr
Bei den Themen hier im Blog geht es oft um „Bewusstsein“, wenn auch nicht ganz so im Zusammenhang mit „Technik“.
Meiner Meinung nach ist „das Bewusstsein“ (die entsprechenden Empfindungen) auch nicht nur im Gehirn, sondern an sensorischen Elementen, eher an „flachen“ Strukturen realisiert. Z.B. Netzhaut, Sensorik an der Außenhaut (bis zu den Zehen), Trommelfell, Hirnhaut,…. aber auch Hirn intern an „Zwischenschichten abgebildet“. Die Signalverknüpfungen erfolgen im neuronalen Netzwerk, hauptsächlich im Gehirn.
Es wird nicht die “richtige Schmerzempfindung“ im Gehirn „repräsentiert“, sondern so etwas wie „sekundäre Informationen“, wie Örtlichkeit, Attribute wie „stechend“, dass es ein Nagel sein könnte,….
Das Problem dürfte davon herrühren, dass „Phantomschmerz“ nicht richtig interpretiert wird. Eine z.B. durch die Verletzung defekte Sensorik produziert die „Schmerzempfindung“, die Signale werden auf „falschen Nervenbahnen“ die z.B. für die „Große Zehe zuständig“ waren, ins Gehirn geleitet und demnach falsch „zugeordnet“.
Unterschiedliche Auffassungen haben wir vermutlich deswegen, weil für mich die „Mathematisierung“, die für mich eine „Vergeistigung“ eines Sachverhaltes ist, völlig selbstverständlich ist. Ist es vermutlich auch für Physiker. Sie machen es selber ja auch, wenn sie Nutzsignale von Störsignalen „herausrechnen“.
Selbst eine „Hardware“ kann man als Prozess auf einer anderen Hardware „abbilden“. Man nennt derartiges in der Informatik „Emulation“.
Die Komplexität bei neuronalen Systemen ist ein Problem.
“Religion” heißt “Rückbindung”. Woran? – An den Ursprung.
Geschichtlich betrachtet muss also in der Menschheit das Empfinden aufgetreten sein, sich von “etwas” entfernt zu haben. Was könnte das sein? Beschäftigt man sich näher mit den Religionen, so ist ihnen gemeinsam eine Art Erinnerung an einen Zustand der Harmonie, der man immer mehr verlustig ging (Zeitalterlehre) – hier erwähnt: https://www.academia.edu/41907610/Der_doppelte_Ursprung_des_Menschen – Die Frage ist deshalb heute, wie damals; wie kann der Mensch wieder in Harmonie mit dem Kosmos (also alles dessen, was ist) kommen? Naturwissenschaft und Technik werden es uns nicht ermöglichen. Auch nicht eine Psychologie, die losgelöst vom Ganzen ist und deren Bestreben es ist, Menschen lediglich zu einem (wieder) funktionierenden Glied gesellschaftlicher Bestrebungen zu machen.
@Elektroniker
Warum lesen Sie nicht die Fachliteratur, bevor Sie Ihre eigenen Märchen erzählen?
Manfred Reichelt
Zustimmung. Das Weihnachtsfest ist ein Heinweis, dass den Menschen etwas fehlt.
Bei so viel Technikablenkung ist es schon bemerkenswert, dass auf die still brennende Kerze nicht verzichtet wird.
@ anton reutlinger 12.12.2022, 10:09 Uhr
Zitat: „Warum lesen Sie nicht die Fachliteratur, bevor Sie Ihre eigenen Märchen erzählen?“
Die Fachliteratur ist, besonders zeitlich gesehen, widersprüchlich.
Sie könnten doch erklären wo ich, außer begrifflich, falsch liege!!!!
@ Zum Folgenden von fauv
“….Das Weihnachtsfest ist ein Heinweis, dass den Menschen etwas fehlt.
Bei so viel Technikablenkung ist es schon bemerkenswert, dass auf die still brennende Kerze nicht verzichtet wird…” (Zitatende)
und an alle zum Advent (wieder mal) etwas zur Theodizee (weil es immer wieder ganz schnell “vergessen” wird) sowie etwas zu “Gott ist Liebe”.
Aber nicht von mir, sondern vom Deutschlandfunk, meinem liebsten “Regierungssender”:
https://www.deutschlandfunk.de/tag-fuer-tag-100.html
Advent, Advent – doch die Kerze leidet zunehmend unter Sauerstoffmangel.
Aber vielleicht nur hierzulande.
@Manfred Reichelt am 12.12.2022 um 10:03 Uhr:
Habe Ihren Text (schnell) überflogen. (Weil ich sonst keine Zeit mehr für Stef. Schleims Wittgenstein- Artikel habe) (-:
Sprechen Sie von so etwas wie (irdischen) “Vorzeit- Hochzivilisationen oder gar “Ancient Aliens” ?
@Tobias Jeckenburger
Ich muss zu Ihrem Austausch mit @Philipp unbedingt noch etwas anmerken. Allem Anschein nach gab es da gewisse Missverständnisse.
Sie schrieben:
»Letztlich ist auch jede Verhaltensäußerung eines Menschen Ergebnis innerer Prozesse. «
Phillip hat das so verstanden oder interpretiert, als würde Ihrer Meinung nach die soziale Umwelt (sprich: der sensorische Input, die subjektive Wahrnehmung) dabei keine Rolle spielen.
Das hat mich überrascht, denn nach meiner Lesart bzw. nach meinem Verständnis ist die (soziale) Umwelt bei Verhaltensäußerungen immer mit gedacht (also auch bei Ihnen), denn worauf sonst könnte sich Verhalten beziehen, wenn nicht auf die Umwelt? Wechselnde Umwelt, veränderte Wahrnehmung, angepasstes Verhalten, so muss man das wohl sehen.
Aber der Punkt ist eben, dass es allein vom Individuum abhängt, wie es auf die wahrgenommene Umwelt mit welchem „Motoroutput“ (Phillip) reagiert. Das ist im Grunde trivial…;- )
anton reutlinger
12.12.2022, 10:09 Uhr
@Elektroniker
Warum lesen Sie nicht die Fachliteratur, bevor Sie Ihre eigenen Märchen erzählen?
(Zitatende)
Höflichkeit gehört wohl nicht gerade zu den herausragendsten Charaktereigenschaften des Autors des obigen Kommentars.
Eher eine gewisse Aggressivität im Umgang mit Leuten, von denen er glaubt, dass sie eventuell gefährliche ” antiwissenschaftlich-feindliche Ansichten” öffentlich verbreiten. Wass er offenbar für ein (akademisches ) Sakrileg hält.
Eine potentielle Neigung zu Hasskommentaren möchte ich ihm aber trotzdem (noch) nicht unterstellen. (-;
@ Balanus am 11.12.2022 um 20:43 Uhr und zu seinem folgenden Link
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/religionspsychologie/12842
Und wie passt das zu den folgend zitierten Aussagen anderer Kommentatoren ?
Siehe:
“…Schauen Sie in ein Standardlehrbuch der Psychologie, die spiegeln die Mainstreampsychologie gut wider. Sie werden dort nichts von Religion wie sie hier diskutiert wird finden. Und Sie werden auch relativ wenig vom “Innenleben” des Menschen in einem phänomenologischen Sinne finden…” (Zitatende)
“…. Ich wollte Sie lediglich darauf hinweisen dass die Mainstreampsychologie nichts mit den Inhalten der Religion am Hut hat….” (Zitatende)
@Stephan // 12.12.2022, 23:27 Uhr
Zu dem, was du da seufzend noch einmal von Metzinger zitierst, hatte ich mich bereits im Karl-Popper-Teil indirekt geäußert. Es ging da um Fragen zur Moralität (kleiner Gedankenaustausch mit Dietmar Hilsebein und anderen), ich muss das jetzt nicht wiederholen. .
„In aller Regel“ mögen Gläubige von Glauben sprechen (und nicht von Wissen). Einfach nur etwas zu glauben, tangiert ja nicht die von Metzinger adressierte „intellektuelle Redlichkeit“. Die steht erst dann in Frage, wenn Wissen und religiöser Glaube nicht mehr widerspruchsfrei zusammen gedacht werden können. Oder wenn aufgrund eines Glaubens abstruse Forderungen an die Mitmenschen gestellt werden (siehe Reutlingers Hinweis auf das „Verbot“ gleichgeschlechtlichen Verhaltens).
Und dann kommt es eben darauf an, wie der Einzelne damit umgeht. So wie ich das sehe, hat Metzinger einige Positivbeispiele aus der Philosophiegeschichte gebracht, in Text und Bild; Persönlichkeiten, die nichts (Religiöses/Spirituelles) behauptet haben, was sie nicht wissen können.
Übrigens: Nach meinem Verständnis steht im zitierten Textabschnitt das Entscheidende im ersten Teil des Wenn-dann-Satzes. Den hast du nicht fett hervorgehoben. Anscheinend hältst du den von Metzinger beschriebenen Zusammenhang (Wenn..,dann…,) für unangebracht, fehlerhaft, irrig, nicht zwingend, oder wie?
@little louis:
“Und wie passt das zu den folgend zitierten Aussagen anderer Kommentatoren ?”
Was dort im Link steht widerspricht nicht dem was ich über die Erforschung der Religion aus Sichtweise der empirischen Psychologie geschrieben habe.
Im Gegenteil; in dem Link steht sogar genau das was ich schrieb: es werden “objektive” Methoden angewendet, z.B. quantifizierte Skalen, um das Phänomen des Glaubens zu erforschen. Dort geht es aber nicht um eine Introspektionspsychologie. Es geht auch nicht um die unmittelbare Erste-Person-Perspektive.
“Grundsätzlich kommen alle in der Psychologie üblichen Verfahren in Frage: Beobachtung, Befragung, Inhaltsanalyse, Meß- und Testverfahren, Experiment. Da es unmöglich ist, durch reines Nachdenken ohne Empirie Aufschluß über die Beschaffenheit der Welt zu gewinnen, sind erfahrungswissenschaftliche Methoden unabdingbar.”
“Schwierig ist das Erstellen einer Theorie von Religiosität, religiöser Überzeugung und Verpflichtung und deren Operationalisierung.”
Noch Fragen?
“Schwierig ist das Erstellen einer Theorie von Religiosität, religiöser Überzeugung und Verpflichtung und deren Operationalisierung.”
(Zitatende)
Warum ist das eigentlich da schwieriger als bei anderen menschlichen “Denkoperationen” ?
Geht es diesbezüglich nur um ein “graduelles” Problem (mehr vom Selben) oder bedingen manche (z.B. abstraktere Denkinhalte) einen qualitativ (völlig) anderen neurologischen “Prozessablauf” ??
(Sorry wegen der Verspätung. Aber auf mehreren Blogs gleichzeitig präsent zu sein, überfordert mich (zeitlich) manchmal. Denn Pensionisten haben auch ein Zeitbudget.) 😉
@ little louis:
Es ist meiner Ansicht nach grundsätzlich immer sehr schwierig menschliches Erleben quantitativ (oder semi-quantitativ) zu (1) konzeptualisieren um das Konzept oder die theoretischen Konstrukte darauf zu (2) operationalisieren damit man sie auch messen kann. Deshalb ist die Testentwicklung und -konstruktion eigentlich auch immer Teil des Psychologiestudiums. Zumindest grundlegend wird das behandelt, wenn nicht sogar ausführlich.
Wenn man Erleben wirklich “gut” erfassen möchte stellen sich immer viele Probleme. Es ist nun einmal unmöglich Erleben 1:1 in die Sprache der “Wissenschaft” zu übersetzen, da hier bereits zwei epistemologisch unterschiedliche Perspektiven vorliegen.
Dazu muss das Konstrukt (z.B. “Aufmerksamkeit” oder “kognitive Kontrolle”) einheitlich bei jedem Probanden messbar sein. Damit geht bereits eine methodologische Reduktion einher. Komplexe Denkvorgänge, welche auch immer das sein mögen, werden auf relativ einfache Konstrukte reduziert um sie über viele Personen hinweg auf die gleiche Art und Weise messen zu können.
Zu Philipp am 21.12.2022 um 09:56 Uhr:
O.K. – Danke für die geduldigen Antworten.
Frohe Feiertage möglichst ohne allzu belastende (!) “ Komplexe Denkvorgänge, welche auch immer das sein mögen “ wünscht
L.L.