Konflikt oder Vereinbarkeit? Was Forschung wirklich über das Verhältnis von Wissenschaft und Religion verrät

Viel wurde über die Ansichten von Naturwissenschaftlern spekuliert. Jetzt kommen sie endlich selbst zu Wort.

Serie in sechs Teilen

  1. Grundlagen: Materialismus, Reduktionismus, Ontologie & Epistemologie (3.2.2021)
  2. Zwischenbilanz & Erklärung von Alltagsphänomenen (8.2.2021)
  3. Naturalismus & Ost vs. West (15.2.2021)
  4. Intermezzo: Konflikt oder Vereinbarkeit? (22.2.2021)
  5. Zwischenfazit (1.3.2021)
  6. Was wir vom Rätsel Bewusstsein lernen können (15.3.2021)

Mich hat das Thema eigentlich nie so interessiert. Als Agnostiker, als jemand, der zu seinem Nichtwissen steht, haben sowohl der Theologe als auch der Atheist für mich mindestens eine unbegründbare These zu viel. (Wie war das noch mit Ockhams Rasiermesser?) Vielleicht kann man, wie die Mystiker, eine spirituelle Erfahrung haben und “dem Göttlichen” begegnen, was auch immer das ist. Ich hatte keine solche Erfahrung. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Doch dann überraschten mich meine Studierenden (der Psychologie) immer wieder damit, das Thema “Religion und Wissenschaft” zu wünschen, wenn ich ihnen die freie Themenwahl gab. Also beschäftigten wir uns mit der Gefahr von Dogmatismus und Fanatismus, mit der Wichtigkeit einer kritischen Sichtweise und auch damit, dass im Wissenschaftsbetrieb nicht alles rosig ist.

In der Welt der Blogs, der sogenannten Blogosphäre, begegneten mir dann häufiger Naturalisten. Vertreter dieses Ismus traten oft im aufklärerischen Gestus auf – was man in feministischen Debatten nun vielleicht “mansplaining” nennt – und behaupteten wahlweise, die Naturwissenschaften würden irgendwann einmal alles erklären und/oder es könne keinen Gott oder andere spirituelle Entitäten geben. Ihre Vorreiter sind auflagenstarke britische oder US-amerikanische Autoren wie Richard Dawkins, Daniel Dennett oder Sam Harris, manchmal auch die “Neuen Atheisten” genannt.

Seit Mitte Januar haben wir nun eine Reihe von Artikeln in diesem Blog, die sich kritisch mit dem Naturalismus und/oder der Frage nach der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion beschäftigt. Bald 1.800 Kommentare zeugen auch hier von einem großen Diskussionsbedarf. Doch nicht jeder tritt in den Debatten fair und ergebnisoffen auf. Und einige, die vorgeben, “die wissenschaftliche Sicht” zu vertreten, haben sich nie wissenschaftlich mit der Frage beschäftigt.

Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion). Das scheint manchen aber keine Ruhe zu lassen. Weil ihnen in der Pattsituation keine guten Gründe einfallen, suchen sie sich irgendeinen Unsinn oder eine Untat heraus, die jemand “im Namen des Glaubens” begeht. So baut man sich seinen Strohmann auf, ein Scheinargument.

Harte empirische Daten

In der neuen Serie über das Leib-Seele-Problem, Religion und Naturwissenschaft rief ich den Lesern eine Untersuchung in Erinnerung, nach der sogar an der naturwissenschaftlichen Fakultät knapp 40% der Studierenden Substanzdualisten sind (Hirnforschung oder Religion: Wer ist hier Dualist?). Das bringt diejenigen schon einmal in Bedrängnis, die behaupten, Naturwissenschaft schließe die Existenz einer Seele aus.

Auch gelten gerade einmal 2% der Weltbevölkerung als Atheisten, Tendenz fallend. Agnostiker sind demnach immerhin rund 10%. Anders als es so mancher Naturalist darstellt, ist die Angelegenheit noch lange nicht entschieden – jedenfalls nicht in seinem Sinne. Wenn ich mir anschaue, wie dogmatisch und uninformiert manche Naturalisten in der Blogosphäre auftreten, dann wundern mich diese Zahlen auch nicht. Wer möchte sich schon so einer Gruppe zuordnen?

Dank wissenschaftlicher Forschung – hier: der Sozialwissenschaften – brauchen wir aber nicht nur zu spekulieren, sondern können wir uns konkrete Daten anschauen. Ein Forscherteam um die Soziologieprofessorin Elaine Howard Ecklund von der Rice University in Houston, Texas, hat nämlich rund 22.500 Biologinnen und Biologen, Physikerinnen und Physiker verschiedener Karrierestufen aus acht verschiedenen Ländern zu einer Befragung eingeladen. Die genauen Details können, wie sich das für gute Wissenschaft gehört, nachgeschaut werden (Ecklund et al., 2016). Was sagen Naturwissenschaftler selbst über die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion?

Die Ergebnisse sind äußerst bitter für die Neuen Atheisten wie Dawkins, Dennett und Harris sowie ihre Jünger, die gebetsmühlenartig wiederholen, die Naturwissenschaften ließen übernatürliche Entitäten wie einen Gott prinzipiell nicht zu. Denn die Reaktionen von rund 9.500 Biologen und Physikern ergaben, dass sich zwischen 30% (Frankreich) und 94% (Indien) von ihnen einer Religion zuordnen. Nicht nur institutionell, sondern höchstpersönlich fanden sich 16% (Frankreich) bis 59% (Indien) zumindest etwas religiös. In vier der acht Länder – Indien, Italien, Taiwan und Türkei – galt das gar für mehr als die Hälfte der Naturwissenschaftler! 5% (Frankreich) bis 61% (Türkei) gaben, sie wüssten zweifellos, dass es Gott gibt.

Beschreibung: Ergebnisse von N = 9.422 Naturwissenschaftlern aus acht Ländern in Prozent. Blau: “Ich weiß, dass Gott existiert, kein Zweifel”; rot: wenigstens in einem schwachen Sinne religiös; gelb: Zuordnung zu religiösem Glauben.

Die Forscher befragten die Naturwissenschaftler aber auch dazu, ob sie zwischen Religion und Wissenschaft einen Konflikt sehen – oder sie diese Gebiete für miteinander vereinbar halten. Aus den Behauptungen führender Naturalisten und Neuer Atheisten lässt sich die Hypothese ableiten, Naturwissenschaftler müssten hier einen Konflikt sehen. Diese Hypothese habe ich bereits theoretisch widerlegt. Die Daten von Ecklund und Kollegen widersprechen ihr nun auch empirisch: Selbst im doch so säkularen Frankreich hält mehr als die Hälfte der Naturwissenschaftler die Gebiete für unabhängig voneinander. Wenn man die Antwortmöglichkeiten “unabhängig” und “Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Religion” zusammenfasst – diese Widersprechen schließlich beide der naturalistischen Hypothese –, dann ergibt sich folgendes Bild:

Beschreibung: Ergebnisse von N = 9.422 Naturwissenschaftlern aus acht Ländern in Prozent. Rot: Es gibt einen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft – ich stehe auf Seite der Wissenschaft oder weiß nicht, auf welcher Seite; grün: Es gibt keinen Konflikt oder sogar eine Zusammenarbeit zwischen beiden Gebieten.

Klarer könnte das Bild kaum sein: In allen Ländern sieht die große Mehrheit der Naturwissenschaftler keinen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft. 7% (Frankreich) bis 33% (Türkei) halten sogar eine Zusammenarbeit zwischen den Gebieten für möglich. Im Endergebnis sehen wir, dass nicht nur die große Mehrheit der Weltbevölkerung religiös ist, Tendenz steigend. Sondern auch unter Naturwissenschaftlern sind religiöse Tendenzen bis hin zum Wissen, es gebe einen Gott, verbreitet.

Was verrät uns das über die führenden Naturalisten und Neuen Atheisten, die seit vielen Jahren ein anderes Bild zeichnen? Einmal mehr stellt sich heraus, dass diejenigen, die groß “Wissenschaft” auf ihre Fahnen schreiben, selbst gegen grundlegende wissenschaftliche Prinzipien verstoßen. Dawkins, Dennett, Harris und ihre Jünger haben schlicht ihre spekulative Philosophie verbreitet und ihre Annahmen nie kritisch und empirisch überprüft. Wer so vorgeht, läuft Gefahr, nie über seine Vorurteile hinauszukommen.

Zum Glück haben wir wissenschaftliche Forschungsmethoden, um Hypothesen zu formulieren, diese zu testen – und, wo nötig, unsere Ansichten zu korrigieren. In diesem Sinne: Bleiben Sie skeptisch!

Quelle: Ecklund, E. H. et al. (2016). Religion among Scientists in International Context: A New Study of Scientists in Eight Regions. Socius: Sociological Research for a Dynamic World, 1-9.

Titelgrafik: geralt auf Pixabay.

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Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

559 Kommentare

  1. Da wird vielleicht auch noch ein sechster Teil nötig für eine auf fünf Artikel angewachsene vierteilige Trilogie bei so viel Konfliktstoff zwischen zwei Lagern zu einem Thema.

    Neue Argumente sind nicht zu erwarten. Ich bin gespannt.

    Zum Geleit, die Vision der John Templeton Foundation (Quelle):

    Our vision is one of infinite scientific and spiritual progress, in which all people aspire to and attain a deeper understanding of the universe and their place in it. We look forward to a world where people are curious about the wonders of the universe, motivated to pursue lives of meaning and purpose, and overwhelmed by great and selfless love.

  2. Zweifache Zustimmung:
    1.) Ich bin ebenfalls Agnostiker.
    2.) Wie ein Gehirn, oder wie komplexe Informationsmuster ein subjektives Bewusstsein erzeugen können, das ist rätselhaft.

  3. Eine Umfrage unter über 2000 per Zufall ausgewählten Deutschen ergab – dass 4-5% davon eine unerklärbare NTE hatten = Gruppe A
    NTE gelten als wissenschaftlich unerklärbar

    Wenn jede dieser A-Personen weiteren 4-5 Menschen (= Gruppe B) von ihrer NTE erzählte, dann weiß ein Viertel der Bevölkerung aus sicherer Quelle – dass es wissenschaftlich unerklärbare NTEs gibt.

    Wenn die B-Leute weiteren Menschen davon erzählen, dass es wissenschaftlich nicht erklärbare NTEs gibt – dann weiß der größte Teil der Bevölkerung, dass es ´etwas´ gibt, was die Wissenschaft nicht erklären kann.

    Zusätzlich kommt hinzu, dass in allen Medienberichten – zu 100 % – die NTEs als unerklärbar dargestellt werden.

    Man kann so die im einführenden Beitrag vorgestellten Zahlen verstehen – auch Wissenschaftler müssen mangels anderer Informationen an unerklärbares glauben

  4. Ich habe 3 Mal versucht einen Beitrag zu schreiben, wo das komplett Wort für NTEs ausgeschrieben war – alle diese Beiträge wurden nicht angezeigt.
    Erst als ich – wie vorstehend – das Kürzel NTE benutzte, blieb der Beitrag.

    per Google-suche ´Kinseher NDERF denken_nte´ gibt es eine PDF mit dem NTE-Erklärungsmodell, frei lesbar

    [Ich weiß nicht, warum Ihre anderen Nachrichten im “Papierkorb” gelandet sind. Sie könnten aber auch irgendwann einmal akzeptieren, dass es in diesem Blog nicht um Nahtoderlebnisse geht. S. Schleim]

  5. @Bednarik
    Nein

    Normalerweise REAKTIVIERT unser Gehirn immer sofort eine vergleichbare eigene Erfahrung (einschließlich Zukunftsvorschau), die zu einem aktuellen Erleben passt. Das ist unsere wichtigste Überlebensstrategie – weil dies eine sofortige Reaktion ermöglicht.
    Fachbegriff ´predictive coding theory´

    Findet das Gehirn aber keine vergleichbare Erfahrung – die es reaktivieren kann – dann konzentriert sich das Gehirn darauf, systematisch im Gedächtnis nach einer passenden Erfahrung zu suchen. D.h. der Fokus der Aufmerksamkeit ändert sich – so dass nun Gehirnaktivitäten der bewussten Wahrnehmung zugänglich werden, die sonst eher unbewusst ablaufen würden.

    NTEs haben daher nichts mit Lebensbedrohung zu tun – wie dies der Begriff NTE suggeriert. Gleichartige NTEs werden auch von Menschen erlebt, die sich dabei nicht in lebensbedrohenden Situationen befinden. (steht auch in Wikipedia)

    Weil man bei NTEs bewusst erleben kann, wie das Gehirn arbeitet Inhalte, Strukturen – wären sie für die Gehirn-/Gedächtnisforschung von großem Nutzen, wenn man dieses Thema nicht der Esoterik überlassen würde.

  6. @KRichard, Bednarik: Nahtoderlebnisse

    Dürfte ich Sie bitten, sich ans Thema dieses Blogartikels zu halten! Mir ist diese Serie zu wichtig, um sie nun zum x-ten Mal in alte Wiederholungen abgleiten zu lassen.

    Herr KRichard hat, wie seit vielen, vielen Jahren, wieder einmal auf seine Gedanken über Nahtoderlebnisse verwiesen. Damit ist’s nun gut.

  7. Ich habe 3 Mal versucht einen Beitrag zu schreiben, wo das komplett Wort für NTEs ausgeschrieben war – alle diese Beiträge wurden nicht angezeigt.

    Was müsste man machen, damit auch Beiträge, die die genannte Abkürzung enthalten, nicht angezeigt werden?

  8. Danke für den aufschlussreichen Artikel. In Berichten über einen vor einigen Jahren verstorbenen theoretischen Physiker (Walter Greiner) wurde dargestellt, daß er selber an einen Gott glaubt. Es ist also wohl so, daß es auch im “Lager” der Naturwissenschaftler Menschen gibt, die religiös sind. Als Grund für die Ansicht, daß Naturwissenschaft und Religion nicht vereinbar sind, sehe ich auch den verstorbenen Physiker Stephen Hawking an. Dieser war ja eines der prominentesten Wissenschaftler. Dessen Thesen haben sicherlich auch dieses Bild über das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion geprägt.

    Gruß
    Rudi Knoth

  9. @Knoth: Hawking…

    …hat sich auch sehr despektierlich über die Philosophie geäußert; diese sei “tot”. Feynman hat meines Wissens ähnliche Dinge gesagt.

    Nun ja, man soll über Verstorbene ja nicht zu viel Schlechtes sagen. Die Philosophie hat die Beiden jedenfalls überlegt.

  10. Als Grund für die Ansicht, daß Naturwissenschaft und Religion nicht vereinbar sind, sehe ich auch den verstorbenen Physiker Stephen Hawking an.

    Wie das? Wer kennt schon dessen Ansichten zur Religion, ich zumindest musste erst googeln (mein extended mind ausschöpfen).

    Zu Hawking aus der Wikipedia:

    Hawking war seit 1986 Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und traf in diesem Zusammenhang mit vier Päpsten zusammen, als er Vorträge vor der Akademie hielt. Unter anderem traf er bei solchen Anlässen mit anderen Wissenschaftlern der Akademie 2008 Papst Benedikt XVI.[36] im Vatikan und zuletzt im November 2016 Papst Franziskus.[37] Zeitlebens war er für seine atheistische bzw. agnostische Grundhaltung bekannt.

    Dass man Gott als Hypothese nicht mehr braucht, hat glaube ich ein anderer gesagt.

  11. Diese Runde geht an Sie Herr Schleim. Die Statistiken bestätigen ein Menschenbild, das weder einseitig wissenschaftlich ausgerichtet ist , noch einseitig religiös.
    Frankreich und England scheinen eine Ausnahme zu machen.
    Wer aber beide Länder kennt, der versteht die Statistik. La grande nation ist so von sich überzeugt, dass die Franzosen nur Französisch sprechen. Die Engländer haben das Problem gar nicht mehr, Englisch ist schon die Weltsprache. Ja, und die Königin ist das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche. Was will man mehr. Das ist nicht mehr zu toppen. Ob die Wissenschaftler verkappte Antiroyalisten sind ?

  12. @Schleim
    Was hat die Anzahl der Menschen bzw. Wissenschaftler, die gläubig sind, damit zu tun ob Wissenschaften übernatürliche Entitäten ausschließen würden?

    Auch wenn ein Mensch z.B. weiß, dass der Tabakkonsum schädlich ist, hindert es diesen noch lange nicht daran zu rauchen. Deswegen ist Tabak aber nicht plötzlich gesund. (das geht auch mit vielen anderen Dingen)

    Etwas besser zu wissen, ändert noch lange nicht die Handlung.

  13. @Schleim
    In diesem Beitrag geht es darum, warum Naturwissenschaftler an unerklärbares glauben.
    Meine Beiträge liefern eine Erklärung

    Deshalb hier noch ein zweites Beispiel – wie der Glaube an Unerklärbares entsteht:

    Viele Menschen berichten davon, dass sie direkten lebensechten Kontakt zu verstorbenen Personen hatten. Diese Leute sind nicht etwa verrückt – sondern man kann auch hier erkennen, wie unser Gehirn arbeitet:
    Wenn sehr viele Details zum Zeitpunkt wo wir Erfahrungen machen mit den Details übereinstimmen, wo wir Gedächtnisinhalte reaktivieren – dann sind diese Erinnerungen besonders gut. Der Fachbegriff dazu ist ´kontextabhängiges Erinnern / context dependent retrieval´.
    Diese Erinnerungen entsprechen einem Wiedererleben von Erlebnissen – denn unsere Erfahrungen werden in der zeitlichen Gegenwartsform gemacht, abgespeichert und wieder erinnert.

    Code: 1=t, 2=o, 3=d
    Per Wikipedia findet man Beispiele ´Nach123kontakt, Wiedergänger, Strigoi.

    Solche Erfahrungen gelten bisher als unerklärbar – weil die Wissenschaft bisher auch hier versagt hat.
    (Ich habe einen Code verwendet, damit der Beitrag nicht wieder verschwindet – dies ist der 2. Versuch einer Eingabe)

  14. @Joker – Eingabeversuche
    Jetzt verstehen Sie – aus eigener Erfahrung – das eigentliche Problem des einführenden Textes etwas besser:
    Wenn man dafür sorgt dass mögliche Erklärungsmodelle für unerklärbare Phänomene ´verschwinden´ – dann bleiben diese Phänomene weiterhin unerklärbar.

  15. Ich persönlich sehe das folgendermaßen:

    Nehmen wir an ein “gläubiger Wissenschaftler” beschäftigt sich tagsüber mit der Formulierung einer Theorie, z.B. zum Wirkmechanismus eines neuen Antibiotikums. Zwischendurch macht er eine ganz kurze Pause und dankt Gott dafür, dass er gesund ist. Bei der weiteren Formulierung seiner Theorie hält er intuitiv “Gott” raus. Sonst könnte er sich die weitere Arbeit evtl. auch sparen und z.B. einfach Gott als Ursache für die Wirksamkeit annehmen.
    Kein Konflikt.

    Wenn sich der gleiche Wissenschaftler abends eingehend mit Ontologie, Erkenntnistheorie usw. beschäftigt (was m.E. für die große Mehrheit der Wissenschaftler nicht unbedingt zutrifft) könnte durchaus bei vielen ein Konflikt erkannt werden. Ob der Konflikt bestehen bleibt, oder kurz pragmatisch gelöst wird, hängt vom Wissenschaftler ab (Interesse, Zeit…..). Viele Wissenschaftler sehen sich aber dann doch lieber ein Fußballspiel an oder gehen mit dem Partner ins Kino.

    I. Hirsch

  16. @Joker 23.02.2021, 10:04 Uhr

    Wie das? Wer kennt schon dessen Ansichten zur Religion, ich zumindest musste erst googeln (mein extended mind ausschöpfen).

    Es gab populärwissenschaftliche Sendungen (ntv oder n24) in denen seine Ansichten verbreitet wurden. Dies mag zwar eine “weniger seriöse” Quelle sein, aber er hat in diesen Medien dieses Thema behandelt.

    Gruß
    Rudi Knoth

  17. @Joker: Hawking etc.

    Das sind eigentlich die ganze Zeit ad hominem-, ad auctoritatem-Argumente – aber sie verdeutlichen eben den Unsinn, den manche verbreiten, wenn sie sagen, Naturwissenschaften und religiöser Glaube würden einander prinzipiell ausschließen.

    Mit Hawkings möglichen (a)religiösen Ansichten habe ich mich nicht im Detail beschäftigt, doch in meiner Vorlesung verwende ich das folgende Zitat (2012, The Grand Design, m. L. Mlodinow, S. 5):

    How can we understand the world in which we find ourselves? … What is the nature of reality? … Traditionally, these are questions for philosophy, but philosophy is dead. Philosophy has not kept up with modern developments in science, particularly physics. Scientists have become the bearers of the torch of discovery in our quest for knowledge.

    Diese Lagerbildung halte ich für ziemlich dämlich. Es gibt eben bestimmte Fragen, die sich mit physikalischer Methodik beantworten lassen; andere gehören in den Bereich der Philosophie (wie z.B. genau diese Frage). Wissen kann man auf verschiedenen Gebieten erlangen. Man muss keine unpassenden Grenzen ziehen.

    P.S. Das Zitat macht Deutlich, dass Hawking oder zumindest sein Co-Autor wohl noch nie von Wissenschaftstheorie/Philosophie der Physik gehört haben.

  18. @hwied: Länder

    In Frankreich geht der Staat aktiv gegen Religionen vor, darum dürften die Zahlen dort so niedrig sien; man sieht, was das mit dem sozialen Frieden tut.

    In der Studie wird auch ausführlich diskutiert, dass es in den Wissenschaften starke Migrationsbewegungen gibt. Das spielt auch eine Rolle. (Der Autor dieser Zeilen hat schon in vier Ländern gearbeitet und geforscht.) Wen’s interessiert, der möge in der Originalarbeit nachlesen.

  19. @einer: Empirie

    War klar, dass einer wie Sie, empirisch geschlagen, dann wieder auf die philosophische Ebene wechselt.

    Es führt den Standpunkt des Naturalisten nun einmal ad absurdum, wenn er behauptet, Naturwissenschaften und Religion schlössen einander aus, wenn das die übergroße Mehrheit der Naturwissenschaftler anders sieht. Nehmen Sie die Fakten halt zur Kenntnis – oder lassen Sie es, wenn Sie Ihre Glaubwürdigkeit weiter verspielen wollen.

    (Nebenbei: Popper hat man auch vorgeworfen, in der tatsächlichen Wissenschaft kümmere man sich kaum um Falsifikation; man sollte sich eben darüber im Klaren sein, worüber man spricht: Die Welt, wie sie ist, oder wie man sie gerne hätte. Bei Naturwissenschaftlern sollte man schon Realitätssinn erwarten.)

  20. @Hirsch: Ontologie

    Aber gerade dort muss es doch auch keinen Widerspruch geben: Naturwissenschaftler, die die Natur als Gottes Offenbarung verstehen, hat es schon immer gegeben. Ich habe schon mit solchen zusammengearbeitet und die waren mitunter sogar Institutsdirektor.

  21. @Hirsch: Jesuiten

    Man braucht sich z.B. nur den Jesuitenorden anzuschauen; die sind oft sehr gut ausgebildet und mit dessen Mitgliedern hatte ich wiederholt interessante Diskussionen über Philosophie und Naturwissenschaft.

    Der Paläontologe, Geologe und Theologe Pierre Teilhard de Chardin versuchte das biblische Schöpfungsverständnis mit der naturwissenschaftlichen Evolutionslehre zu verbinden. […] Zahlreiche Jesuiten haben außer dem Philosophie- und Theologiestudium noch ein Vollstudium in einem anderen Hauptfach absolviert, z. B. in einer sprach-, literatur- oder religionswissenschaftlichen Disziplin, in Medizin oder einer der Naturwissenschaften. (Wikipedia)

    Die katholische Kirche sieht darin offenbar auch keinen prinzipiellen Widerspruch. (De Chardin bekam meines Wissens allerdings später ein Publikationsverbot vom Papst und einige seiner Schriften wurden erst nach seinem Tod veröffentlicht.)

  22. Stephan Schleim
    immerhin identifizieren sich die Franzosen noch mit ihren Kirchen, so wie es der Brand der Notre Dame in Paris gezeigt hat.
    Man fahre einmal nach Marseille, Notre Dame de la Garde beherrscht das Stadtbild von Marseille. Und wenn man die Kirche betritt, die ist gepflegt und macht nicht den Eindruck , dass es am Geld mangelt.
    Anders in der Provinz. In Arles gab es einmal 35 Kirchen, heute sind es noch zwei.
    Wie mir ein Geistlicher sagte, die Kirchengemeinde bekommt keine Unterstützung vom Staat, die Gemeinden sind auf Spenden angewiesen.

    Was die Nordafrikaner in Marseille betrifft, die wohnen unter schlimmsten Verhältnissen. In Marseille hatte ich zum ersten Male Angst, als wir uns außerhalb der Touristenmeile bewegt haben. Ob es dort Moscheen gibt, ich habe keine gesehen.

  23. Herr Schleim,
    diese Umfragen beweisen nur, dass viele Naturwissenschaftler offenbar gut mit fundamentalen Widersprüchen leben können. Vermutlich haben viele sich einfach nicht mit der Frage beschäftigt, ob Religion und Naturwissenschaft vereinbar sind. Also gehen sie in die Kirche, beten, dass die Pandemie endet und lassen sich dann so schnell wie möglich impfen. Kann ja sein, dass Gott sie vergisst. Im Vatikan lassen sich die Herren ja auch impfen, offenbar ist Naturwissenschaft doch besser als blinder Glaube. Glaube hat ja schon bei der Pest nicht geholfen.
    Ich kenne auch Physiker, die praktizierende Christen sind. Die kennen meine Argumente für die Unmöglichkeit eines Gottes, wie ihn die christlichen Kirchen propagieren, aber die Erziehung und Tradition sind eben stärker.
    Wenn man sich aber einmal fundamental mit dem Problem auseinandergesetzt hat, ist es klar, dass die physikalischen Theorien, die heute als extrem gut bestätigt gelten, einen Gott ausschließen, der mit der Welt zur Zeit wechselwirkt. Auch eine Seele und eine Existenz nach dem Tod sind auszuschließen.
    Da kann der Philosoph noch so lange diskutieren, diese Schlussfolgerung ist wasserdicht. Interessant ist nur, unter welchen zusätzlichen Annahmen (egal wie phantastisch) man eine göttliche Existenz postulieren könnte.

  24. @Physiker: Es gibt hier keine “fundamentalen Widersprüche”. Ihr Standpunkt ist theoretisch und empirisch widerlegt. Sehen Sie es endlich ein – oder leben Sie halt mit Ihrem fundamentalen Widerspruch.

  25. Physiker,
    mache Sie doch mal ihre Augen auf. Schauen sie durch ein Mikroskop bei 300 fac her Vergrößerung auf einen Wassertropfen. Sie sehen einen winzigen Punkt, der sich bewegt. Der Punkt hat Sinneszellen, der Punkt ist ein Einzeller, aus dem Sie selbst einmal entstanden sind.
    Finden Sie das nicht einzigartig, wunderbar ? Mein Eindruck ist, die Wissenschaftler, die sich nicht mehr wundern können, die haben ein Gefühlsdisease.

  26. Herr Schleim,
    ich muss mich schon sehr wundern, dass Sie nicht nach meinen Argumenten fragen sondern einfach frei von der Leber weg behaupten, mein Standpunkt sei theoretisch und empirisch widerlegt. Das ist doch sehr dünn, oder? Mal her mit den ihren Argumenten, und bitte behaupten Sie nicht die Umfragen hätten da irgendeinen Wert.

  27. @hwied:
    Sie reden immer über Gefühle, ich rede von Fakten. Ihre Gefühle in allen Ehren, aber das ist nur etwas für Sie allein und hat keinerlei allgemeine Gültigkeit. Mit Gefühlen gegen Fakten argumentieren zu wollen ist sinnlos.

  28. @Physiker: Argumente…

    …haben wir hier doch jetzt seit Tagen, wenn nicht Wochen ausgewechselt. Irgendwann ist’s auch mal genug.

    Sie führen ein Rückzugsgefecht, wie man hier sehr deutlich sieht. Und Sie gehören einer sehr kleinen Minderheit an. Mir soll’s recht sein.

  29. @Physiker

    Da kann der Philosoph noch so lange diskutieren, diese Schlussfolgerung ist wasserdicht. Interessant ist nur, unter welchen zusätzlichen Annahmen (egal wie phantastisch) man eine göttliche Existenz postulieren könnte.

    Da kann der Physiker noch so oft das Gegenteil behaupten, diese Schlussfolgerung, dass die physikalischen Theorien einen Gott ausschließen, ist keinesfalls weihwasserdicht.

    Interessant ist nur, wie bereitwillig nicht nur von den Religiösen die Logik geopfert wird, um die eigene Weltanschauung ganz ohne Zweifel als die einzig wahre, allen anderen überlegene darzustellen.

  30. @Physiker: Fakten…

    ignorieren Sie. Sie könnten auch einfach einräumen, dass es keinen prinzipiellen Widerspruch zwischen vielen religiösen Ansichten und Naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gibt. Tun Sie aber nicht. Das ist doch deutlich genug.

  31. @Joker: Zweifel

    Interessant ist nur, wie bereitwillig nicht nur von den Religiösen die Logik geopfert wird, um die eigene Weltanschauung ganz ohne Zweifel als die einzig wahre, allen anderen überlegene darzustellen.

    Also die religiösen Menschen, mit denen ich im längeren Gedankenaustausch stand, haben immerhin mehr Zweifel an ihrem eigenen Standpunkt zum Ausdruck gebracht, als die Naturalisten, die mir hier so begegnen.

  32. @Joker: Beispiel Theologieprofessoren

    Gerade bei so manchem Professor für Evangelische Theologie kam der Gedanke, und nicht nur mir, inwiefern das überhaupt noch Theologie ist. (Will sagen: Die Denken z.B. über die sprachliche Bedeutung des Worts “Gott” nach und sind eigentlich eher etwas wie Sprach- und Literaturwissenschaftler.)

  33. @Schleim:
    Es muss mir entgangen sein, dass Sie irgendwelche sinnvollen Argumente in diese Diskussion eingebracht haben. Sie und andere Teilnehmer haben ganz offenbar grundlegende physikalische Theorien entweder nicht verstanden, nicht verstehen wollen oder ganz einfach ausgeblendet.
    Diese sogenannte Diskussion unterstreicht sehr eindrucksvoll die Position von Hawkings und Bertrand Russel: Philosophie, die sich mit Naturwissenschaft und insbesondere Physik beschäftigt ist überwiegend sinnloses Geschwurbel und damit Zeitvergeudung auf einem hohen intellektuellen Niveau.

  34. Die Aussagen die hier aus den Umfragen abgeleitet werden sind nicht wirklich tragbar.

    a) Aus einer Meinungsumfrage, auch wenn sie unter Wissenschaftlern stattgefunden hat, lässt sich kein Sachverhalt ableiten. Bei der Zulassung eines Medikamentes wird ja auch keine Umfrage unter Pharmazeuten gestartet ob es sicher ist. Dafür braucht es theoretische Grundlage und Nachweis im Experiment. Eine Mehrheitsansicht stellt aus wissenschaftlicher Sicht keinerlei Argument für die Richtigkeit einer These dar.

    b) Die start schwankenden Anteile an religiösen Wissenschaftlern in den verschiedenen angeführten Ländern an sich zeigt schon, dass diese Umfrage nicht objektiv ist, sondern die Meinungen zu diesem Thema, auch bei Wissenschaftler, stark vom kulturellen Hintergrund geprägt wird.
    Denn die Kultur ist die Variable, der wissenschaftliche Hintergrund wird weltweit sehr ähnlich sein.
    Es wird hier eine Befragung als Argument angeführt die sich selbst für die Ableitung einer wissenschaftlichen Aussage disqualifiziert.
    Zumindest über die Aussage, dass die Meinungen zu diesem Thema unterschiedlich sind hinaus.

    Der Diskurs an sich ist interessant aber der Artikel leider ohne verwertbare Argumente.

  35. @joker:
    Wenn Sie mir mal erklären können, warum auf allen Kirchen inzwischen Blitzableiter angebracht sind und keiner mehr die Glocken mit „fulgure frangit“ verziert, um die Blitzeinschläge abzuwehren (was vielen tiefgläubigen Glöcknern zum Verhängnis wurde), wenn es doch einen Gott gibt?

  36. @Physiker: Dann ist wohl alles gesagt. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit Ihren Theorien und empfehle noch einmal die Lektüre z.B. zu Poppers Fallibilismus…

    …und warum Ihre Theorien prinzipiell mit Religion unvereinbar sein sollen, diskutieren Sie besser mit der Mehrheit Ihrer Kollegen, die nachweislich anderer Meinung sind.

  37. @Physiker: Kirchenglocken

    Wenn Sie mir mal erklären können, warum auf allen Kirchen inzwischen Blitzableiter angebracht sind und keiner mehr die Glocken mit „fulgure frangit“ verziert, um die Blitzeinschläge abzuwehren (was vielen tiefgläubigen Glöcknern zum Verhängnis wurde), wenn es doch einen Gott gibt?

    Dieser argumentative Müll ist genau das, was ich meinte, als ich schrieb:

    Das scheint manchen aber keine Ruhe zu lassen. Weil ihnen in der Pattsituation keine guten Gründe einfallen, suchen sie sich irgendeinen Unsinn oder eine Untat heraus, die jemand “im Namen des Glaubens” begeht. So baut man sich seinen Strohmann auf, ein Scheinargument.

    Sollen wir uns mal die alchemistischen Gedanken eines Newton oder anderer Mitglieder der Royal Society anschauen und damit die heutige Physik widerlegen? Oder den heutigen Biologen die aristotelischen Hypothesen über die Fortpflanzung von Elefanten vorhalten? Machen Sie sich nicht lächerlich.

  38. @SFUR: Logik

    Verdrehen Sie hier nicht die Reihenfolge: Nachdem bereits theoretisch gezeigt wurde, dass es keinen prinzipiellen Widerspruch zwischen religiösen Ansichten und Naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geben muss, haben wir jetzt auch starke empirische Belege dafür, dass die große Mehrheit der Naturwissenschaftler das verstanden hat. (Auch wenn es hier im Diskussionsbereich manchmal anders aussieht.)

    P.S. Überdenken Sie besser noch einmal, was “objektiv” bedeutet.

    P.P.S. Einflussreiche Naturwissenschaftler konnten mit dem Argumentationsmuster, das Sie hier kritisieren, maßgebliche Publikationen z.B. in Science landen. So ist die Welt. War zufällig Thema meiner Doktorarbeit.

  39. Theoretisch wurde hier überhaupt nichts gezeigt, nur geschwurbelt. Da Herr Schleim mit Behauptungen nur so um sich wirft und mit Argumenten geizt, noch einmal und zum letzten Mal meine Argumente:
    Die uns bekannte Materie im Universum (die sogenannte baryonische Materie) ist aus Atomen aufgebaut. Diese Atome verhalten sich im ganzen Universum gleich. Die chemischen Elemente sind vollständig bekannt, zumindest die hinreichen stabilen. Die Atome sind aus Kern, bestehend aus Protonen und Neutronen, und der Elektronenhülle aufgebaut. Unsere Körper und auch unsere Gehirne sind aus diesen und nur diesen bekannten Atomen aufgebaut.
    Es sind vier grundlegende Wechselwirkungen bekannt: die starke, die die Kerne und Kernbauteile zusammenhält, die schwache, die für bestimmte Arten des radioaktiven Zerfalls zuständig ist (und auch fundamental für die Energieproduktion in der Sonne), die elektromagnetische Wechselwirkung und die Gravitation. Für uns und unsere Umgebung sind nur die beiden langreichweitigen Wechselwirkungen, nämlich die Gravitation und die elektromagnetische Wechselwirkung relevant (wenn man den radiaktiven Zerfall einmal ausblendet),
    Für unser Gehirn ist die Gravitation nicht sehr wichtig (eventuell doch bei längerem Aufenthalt in Schwerelosigkeit), sondern ausschließlich die elektromagnetische WW. Diese ist aber die am besten bekannte und verstandene Wechselwirkung, und zwar sowohl klassisch (siehe Maxwell-Gleichungen) als auch quantenmechanisch, siehe QED.
    Auf der elektromagnetischen Wechselwirkung (und den darauf beruhenden emergenten Effekten) basiert unsere technische Zivilisation. Wir können daher definitiv sagen, dass unsere Gehirne keine Radiosender oder Empfänger sind. Das schließt Telepathie aus, und auch den direkten Kontakt Gott-Gehirn. No contact here. Außerdem könne wir keine elektromagnetischen oder gravitativen Effekte durch das Gehirn allein erzeugen. Das schließt Telekinese aus.
    Durch die spezielle Relativitätstheorie ist ebenfalls definitiv bekannt, dass die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum die maximale Geschwindigkeit ist, mit der Information übertragen werden kann. Daher könnte ein Gott nur mit maximaler Verzögerung im ganzen Universum kommunizieren, es sei denn, es gibt nur lokale Götter.
    Die Existenz eines Schöpfergottes, der für den Urknall verantwortlich sein könnte, ist hiervon unberührt.
    Wenn also irgendwelche Religionen sich ganz oder teilweise im Widerspruch zu den obigen Tatsachen befinden, sind sie unvereinbar mit den Naturgesetzen.
    Persönliche Gefühle können dabei nicht als Fakten gelten.
    Falls ich irgendwo eine Fehler gemacht habe bei der Argumentation, bitte um Nachricht. Aber bitte keine Antworten wie „Philosoph XYZ hat aber gesagt“ oder „der XYZismus ist aber im Widerspruch dazu“.

  40. @ Stephan Schleim

    “Verdrehen Sie hier nicht die Reihenfolge: Nachdem bereits theoretisch gezeigt wurde, dass es keinen prinzipiellen Widerspruch zwischen religiösen Ansichten und Naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geben muss, haben wir jetzt auch starke empirische Belege dafür, dass die große Mehrheit der Naturwissenschaftler das verstanden hat.”

    Das lässt sich aus den Befragungsergebnissen allerdings auch wieder nicht ableiten. Denn es wird ja keine Aussagen darüber gemacht ob sich die Teilnehmenden überhaupt tiefergehend mit dem Diskurs beschäftigt haben.

    Wenn in den Naturwissenschaften ein gewisser Konsens als Argument herangezogen wird dann üblicherweise einer unter den Experten einer bestimmten Thematik. Z.B. ob ein Einfluss des Menschen auf das Klima besteht wird von 99 Prozent der Meteorologen bejaht.
    Dies ist praktisch, wenn man seine Handlung daran ausrichten will, z.B. CO2 Emissionen senken, und sich möglichst sicher sein will, dass man nicht alles umsonst tut weil die Grundannahme falsch ist. Aber es ist eben kein wissenschaftliches Prinzip, lediglich der Versuch möglichst auf der sicheren Seite zu sein.
    In vielen Fällen mag sich der Konsens als richtig erweisen, allerdings kann man auch mehr als genug Beispiele in der Geschichte der Wissenschaft finden bei welchen der Großteil der Experten mit ihrer Meinung völlig daneben lagen.

    Über den Begriff der Objektivität kann man sich meiner Erfahrung nach praktisch endlos diskutieren 😀
    Was ich meine ist: die Aussagen der Wissenschaftler sind anscheinend lediglich ihre subjektiven/ kulturell geprägten Meinungen.

    “P.P.S. Einflussreiche Naturwissenschaftler konnten mit dem Argumentationsmuster, das Sie hier kritisieren, maßgebliche Publikationen z.B. in Science landen. So ist die Welt. War zufällig Thema meiner Doktorarbeit”

    Ich würde nicht sagen so ist die Welt, sondern eher so sind die Menschen, und das ist ein Unterschied.

  41. Physiker,
    Das Beispiel mit dem Einzeller ist kein Argument. Überhaupt argumentiere ich nicht mit ihnen. Das sind Denkanregungen. Gott argumentiert auch nicht, der offenbart sich durch seine Schöpfung.
    Und dann kommen Sie noch mit Russell. Dieser Mensch hat sein ganzes Leben nichts anderes gemacht, als über Logik nachzudenken.
    Der ist doch keine Referenz oder Vorbild.
    Jedes Marktweib hat mehr Einsicht in die menschliche Natur als Russell.
    Und jetzt kommt der Hammer.
    Das Beispiel mit dem Blitzableiter.
    Haben vielleicht Sie die Elektrizität erfunden ?
    Die elektrische Ladung ist noch eines der größten ungelösten Probleme der Physik, und Sie wollen damit begründen, dass es Gott nicht gibt.
    Ja, gehts noch ?

  42. @hwied
    „Haben vielleicht Sie die Elektrizität erfunden ?
    Die elektrische Ladung ist noch eines der größten ungelösten Probleme der Physik, und Sie wollen damit begründen, dass es Gott nicht gibt.
    Ja, gehts noch ? „
    Na, dann hat ihr persönlicher Gott die Elektrizität so erfunden, das Gebete oder Glockenläuten nicht vor Blitzschlag schützen sondern nur der physikalisch zu begründende Blitzableiter.
    Bei der Wirkung des Blitzableiters brauchen wir auch nicht über die Quantelung der elektrischen Ladung den Kopf zu zerbrechen, das geht viel viel einfacher.
    Lesen Sie mal, was ich zum hypothetischen Schöpfergott gesagt habe.

  43. @Physiker: Physik

    Danke, dass Sie das hier noch einmal so deutlich formuliert haben. Ich will es jetzt auch nicht weiter eskalieren lassen.

    Bestimmte religiöse Ansichten widersprechen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen; bestimmte andere religiöse Ansichten nicht. Und in einem bestimmten Bereich kann es schlicht darum keinen Widerspruch geben, weil sich die Gegenstandsbereiche nicht überschneiden. Das ist der Standpunkt, den ich im dritten Teil formuliert habe.

  44. @SFUR: Spekulation

    Danke für die Erläuterung Ihrer Sichtweise.

    Ich gehe hier ganz positivistisch vom Ergebnis aus: Die große Mehrheit der Naturwissenschaftler (Physiker & Biologen) sieht keinen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft. Das ist (neben der philosophischen Diskussion) relevant für die Behauptung bestimmter einflussreicher Naturalisten. Im Übrigen scheint dies die (bisher) größte Untersuchung zu sein, die jemals zu diesem Thema gemacht wurde.

    Das Forscherteam hat neben der Befragung auch Tiefeninterviews mit knapp 1.000 Naturwissenschaftlern durchgeführt. Wenn Sie tiefer einsteigen wollen, können Sie dort weiterlesen. Die Professorin hat wohl auch ein, vielleicht sogar zwei oder noch mehr Bücher zum Thema geschrieben. Es steht Ihnen frei, sich die anzuschauen.

    Aus welchen Gründen die rund 9.500 Naturwissenschaftler mehrheitlich keinen Konflikt zwischen den Religion und Wissenschaft sehen, das wissen wir nicht. Zu sagen, sie hätten sich über die Frage kaum Gedanken gemacht, ist reine Spekulation.

  45. @hwied: Bertrand Russell

    Mit der Beleidigung des Philosopen, der mich in meinen frühen 20ern sehr beeindruckte, sammeln Sie hier keine Beliebtheitspunkte.

    Ihnen ist vielleicht entgangen, dass Russell nicht nur Logiker und Mathematiker war, sondern auch politischer Philosoph und Pazifist (siehe z.B. die Verfolgung von Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg zusammen mit Sartre), der zudem auf einen Teil seiner Adelsprivilegien verzichtete und sich mit seiner Distanzierung von der Kirche (“Why I’m not a Christian”) in der britischen High Society Feinde machte.

  46. @hwied, Physiker: Theaterstück

    Das wäre mal eine Idee für ein Theaterstück: “Physiker” ist in Wirklichkeit Gott, der der Frömmigkeit seiner Schäfchen auf den Zahn fühlen will. (Ich bin bereits durchgefallen; aber ja, falls ich sein Geschöpf bin, dann hat er mich mit all meinen Zweifeln geschaffen – bin ich dann wirklich noch verantwortlich?) Seine Versuche, das abzustreiten, lassen ihn natürlich nur noch glaubwürdiger erscheinen.

    Ich sollte mir die Aufführungsrechte an meinem Blog sichern lassen. 😉

  47. Herr Physiker,
    Ihre Vorstellung von Religion ist eine mittelalterliche Vorstellung. Vor hunderten von Jahren hat man geglaubt, dass Gebete gegen einen Blitzeinschlag helfen. Heute glaubt man, dass man zuerst einen Blitzableiter anbringt und danach ein Gebet spricht. Es gibt nämlich immer noch böse Menschen, die das Erdkabel durchsägen.

    Ein kleiner Craskurs zum Thema Gott gefällig ?
    “Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen, der blind geboren war. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen „Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist. ?“
    Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt, noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm.“ (Joh 9, 1-3)

    Nichts vom lieben Gott im weißen Nachthemd. Jesus beschreibt hier die Evolution. Die ist nüchtern.

  48. Stephan Schleim,
    Der Lebenslauf von Bertrand Russell ist mir bekannt. Ich hatte ihn auch einmal als Vorbild.
    Bei Physiker sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Cornelius Courts ist auch ein Fan von Russell. Mit dem hatte ich auch eine ernsthafte Auseinandersetzung, ob Russell ein Vorbild für die Jugend ist. Ich hatte das verneint, weil die meisten Jugendlichen kein Vermögen besitzen von dem sie leben können.
    Wer auf niemand Rücksicht nehmen muss, der kann leicht als Außenseiter glänzen, auch wenn seine Ansichten richtig waren. Es ging bei dem Streit nicht um die Weltanschauung von B. Russell, sondern um die Person, ob die ein Vorbild ist.

  49. @hwied: Russell#2

    Russell konnte nichts dafür, als Adliger und Sohn eines früheren Premierministers geboren zu werden…

    …aber indem er sich von der High Society (und dem dort vorherrschenden Christentum) distanzierte, setzte er ein wichtiges Zeichen.

    Wir schweifen aber ab; und in der Diskussion geht es bisweilen hart zu, dass einem mal die “Sicherungen durchbrennen” können. Umso wichtiger, dass wir uns danach auch wieder (virtuell) die Hand geben können.

  50. Quot capita tot sensus. (frei nach Asterix)

    Hier sind ein paar Leute merkwürdig sicher was ihre unbelegten Meinungen betrifft.

    Aber gut, wie es bei diesen Diskussionen oft so ist, hat sich auch diese Diskussion inzwischen in 2 Lager gespalten. Das eine Lager glaubt Naturwissenschaften und Religion geht zusammen. Das andere Lager glaubt, nein, geht nicht.

    Nun, was meinen wir denn wenn wir sagen geht zusammen?
    Das es Naturwissenschaftler mit irgendeiner Religion gibt? Bezweifelt das wirklich jemand?

    Aber halten wir uns an das mess- und zählbare Wissen. In der von Herrn Schleim verlinkten Studie wird gezeigt, dass Naturwissenschaften (Physiker und Biologen) den Grad der Religiosität verringern. Das sagen deren Autoren (Ecklund et al., 2016):

    We uncovered that in most of the national contexts studied, scientists are indeed more secular—in terms of beliefs and practices—than those in their respective general populations

    Natürlich muss man mit solchen Ergebnissen vorsichtig sein. Einschränkungen bei Studien auf Basis von Befragungen sind bekannt. Aber in der Tendenz scheint es in diese Richtung zu gehen.
    Einen sieben Jahre davor durchgeführte Studie in USA zeigt sehr ähnliche Ergebnisse:
    https://www.pewforum.org/2009/11/05/scientists-and-belief/

    Auffallend ist hier, dass umso weniger geglaubt wird, umso älter die Wissenschaftler sind.
    Die „Ungläubigsten“ sind auch nicht Physiker, sondern Geowissenschaftler.

    Aber schauen wir uns die “4 Reiter” an, also Dawkins, Dennet, Harris und Hitchens. Dann fällt doch auf, dass nur einer von denen, also Dawkins, Naturwissenschafter ist. Dabei auch Biologe und nicht Physiker. 2 sind Philosophen, einer war Publizist (Hitchens ist verstorben).

    Ist das also wirklich eine Debatte zwischen Naturwissenschaft und Philosophie? Oder nicht vielmehr ein Konflikt innerhalb der Philosophie?
    z.B. hier:
    https://www.spektrum.de/magazin/streitgespraech-ueber-wissenschaft-und-religion/826489

    Noch ein paar Zitate zur Belebung. Da kann sich jeder was aussuchen. Falls das nicht reicht, gibt es garantiert zu jeder Meinung einen Wald von Zitaten. 🙂

    Richard Feynman (Nobelpreis Physik, Atheist)
    Philosophy of science is about as useful to scientists as ornithology is to birds.

    Steven Weinberg (Nobelpreis Physik, Atheist):
    One of the great achievements of science has been, if not to make it impossible for intelligent people to be religious, then at least to make it possible for them not to be religious. We should not retreat from this accomplishment.

    The more the universe seems comprehensible, the more it also seems pointless.

    Georges Lemaitre (Autor der Urknall-Hypothese, Physiker/Mathematiker und kath. Priester, kein Atheist):
    I was interested in truth from the point of view of salvation just as much as in truth from the point of view of scientific certainty. It appeared to me that there were two paths to truth, and I decided to follow both of them.

    Scientific progress is the discovery of a more and more comprehensive simplicity… The previous successes give us confidence in the future of science: we become more and more conscious of the fact that the universe is cognizable.

    Lieber Agnostiker oder doch besser Atheist?

    Kardinal und Papst Joseph Ratzinger (kein Atheist):
    „Als reine Theorie erscheint er höchst einleuchtend, aber Agnostizismus ist seinem Wesen nach mehr als Theorie“. Sie entgleite wie eine Seifenblase, wenn man sie in ihrer wahren Reichweite zu „praktizieren“ versuche. Vor der Frage nach Gott sei „dem Menschen Neutralität nicht eingeräumt“ und er könne nur „Ja oder Nein sagen und dies jeweils mit allen Konsequenzen bis in die kleinsten Dinge des Lebens hinein.“

    Bernulf Kanitscheider (Philosoph und Atheist):
    Die Existenzhypothese Gottes ist eine Behauptung, für die zunächst einmal gar nichts spricht. Und in dieser Situation verhalte ich mich wie in allen vergleichbaren Fällen von Existenzbehauptungen. Solange nichts positiv für die Existenz spricht, bleibe ich negativ entschieden, und das bedeutet in Bezug auf die Gottesfrage, ich bin besser atheistisch eingestellt als agnostisch.

  51. Einen echten Konflikt zwischen Religion und (Natur)wissenschaft gibt es natürlich nur dann, wenn z.B. eine Religion (natur)wissenschaftlich absurde Aussagen macht. (oder ein (Natur)wissenschaft abwegige Aussagen über rein religiöse Inhalte macht)

    Und da gibt es natürlich einige, z.B. aus dem Christentum, manchen christlichen Strömungen sind diese sogar dogmatisch (ergo unveränderlich).

    Da wäre z.B. die Jungfrau Maria, die Gott geboren haben soll. (natürlich Jesus aber der ist ja drei-einig mit den anderen beiden)
    Naturwissenschaftlich haltbar? Nein!
    Für einen Christen “heilsnotwendig”? Für einen Katholiken auf jeden Fall.
    Kann man sich trotzdem als Christ fühlen, auch wenn man dieses “Detail” ablehnt? Sicherlich!

    Ebenso muss Jesus (ggf. als echter Sohn Gottes) natürlich nicht existiert haben, die Idee zählt doch. (hört man öfter von der evangelischen Seite bzw. deren Theologen)
    Wenn sich aber der Sohn Gottes doch nicht geopfert hat, was bedeutet das für die Heilslehre des Christentums? Kein Erlösung? Nicht einmal im Jenseits?

    Ist man also auch Christ, wenn man nur zu Ostern und Weihnachten in die Kirche geht, der Rest ist ja eh irgendwie schräg?
    Naja … das kann ja jeder für sich selber entscheiden.

    Wenn man sich einzelne “wichtige” Aussagen einer Religion anguckt, muss man halt (für sich) entscheiden, ob es da um eine Mythologie geht, oder um einen realen historischen Vorgang. Wenn man einen realen historischen Vorgang annimmt, so wird das häufig zu einem Konflikt mit den Wissenschaften führen, sonst halt nicht. Wenn man allerdings quasi alles in einer Religion als Mythos sieht, ist es dann noch was anderes als Ilias, Harry Potter etc.?

  52. @Neher: Studie & so

    Danke für den erfrischenden Kommentar!

    Diesen Schluss, je mehr Wissenschaft, desto weniger Religiosität, kann man aus der Studie gerade nicht ziehen; der Unterschied könnte schlicht z.B. daran liegen, dass Menschen mit religiösen Überzeugungen weniger Stellen in der Wissenschaft bekommen. (So verheimlichten die mir persönlich bekannten religiösen Wissenschaftler das aus gutem Grund vor ihren Kollegen.) In der Analytischen Philosophie hätten Sie gar trivialerweise eine Quote bei null oder zumindest nahe bei null, da Philosophen mit (offen ausgelebten) religiösen Überzeugungen in dem Bereich schlicht keine Stelle bekommen.

    Dass die Diskussion um Naturalismus/Physikalismus/Materialismus im Wesentlichen philosophisch ist, das ist ja gerade mein Punkt. Aber wenn man sich z.B. den Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung anschaut, dann sieht man dort Personen aus allen Disziplinen.

    Zu Ihren Zitaten hat Chrys schon etwas geschrieben. Dann sollen Beiträge wie die etwa des Wiener Kreises, Karl Poppers, Thomas Kuhns, Flecks, Lakatos’ u.v.a.m. mehr oder weniger Quatsch sein? Nun, Feynman ist, wenn er das denn wirklich gesagt hat, tot. Lassen wir die Lebenden den Sinn und Zweck der Wissenschaftstheorie beurteilen.

    Und ja, als Agnostiker sitzt man zwischen den Stühlen: Dem Atheisten ist man nicht atheistisch genug; dem Theologen nicht theologisch. Es ist die Frage, wie man mit Unwissen umgeht: Wenn es für den Philosophen im Interview (danke für den Link) keine dritte Option gibt, dann verstehe ich seine Entscheidung für den Atheismus. Ich selbst sehe das anders.

  53. Inzwischen muß man aber als Agnostiker ode auch Atheist, der zu beiden Seiten zurückhaltend bis Leugnend sagt, das man nichts konkretes und genaueres darüber sagen könne, aber langsam dazu übergehen, das wissenschaftlich durchaus hinreichend Know how und Technologie existiert, das man solche metaphysischen Phänomene, die irgendwie “emergent” zu entstehen scheinen (mit Betohnung auch “Schein”), tatsächlich brauchbare und notwendige Schlußfolgerungen geschlossen werden können/könnten.

    Man mag sich auf seine ureigenste Erfahrungswelt zurückziehen können/wollen, in der nichts dergleichen vorkommt. Aber das wäre ja dann die alte Geschichte der “Ungläubigen”…leider. Und “Ungläubige”, die Wissenschaft betreiben, tun, weil sie in ihrer eigenen Perspektive keine solchen Phänomene haben, auch nie solchen Phänomenen wissenschaftlich nachgehen. Oder nur halbherzig und… mit einem Studienkonzept, das automatisch ein negatives Ergebnis bringt (was eigendlich fast immer ein Nullergebnis ist und keine Aussagekraft hat, ausser, das man mit seiner Methode eben kein positives Ergebnis bekam).

    Insofern ist der “liberale Mensch” deckungsgleich mit dem Agnostiker/Atheist und dem “Ungläubigen”, und ergo nicht satifsaktionsfähig in der Frage – einfach, weil seine Eigenerfahrung nichts dergleichen enthält und er daher auch nie aus “eigenem Interesse” an der Sache forschen würde.
    Das aus solchen “liberalen” auch keine “neutrale” Instanz wird, sollte auch klar sein. Weshalb man solche radikalen Wissenschaftler, die ihre Weltsicht aus Eigenerfahrungen, die angesichts der Problemfrage “unvollständig” sind, nicht als die “unbefangenen” gerichtlichen “Beisitzer” bezeichnen kann, die tatsächlich neutral urteilen könnten. Das könnten sie nur, wenn sie anerkennen würden/könnten, das man aus negativen Messergebnissen keine positivistische Aussage machen kann, wie es die Wissenschaften a priori nur können und welche allein aussagefähig sind. Ein Ergebnis wie “wir haben nichts messen können”, reicht nicht hin, um wirklichkeitsgetreu zu sagen, “da sei nichts”. Diese Erkenntnis ist spätestens seit der Erkenntnis über die Quantenphysik unleugbar Wahrheit über Wirklichkeit.

    Es gibt aber auch die andere Szenerie, in der ein betohnt atheistischer Mensch genau weiß, wie viel göttliche Phänomenologie in ihm steckt, und daher lieber davon ablenkt, weil jeder Mensch, der irgendwas besonderes darstellt oder enthält (als Eigenschaft oder Fähigkeit) immer auch ausgeschlossen und angefeindet wird. Und niemand wird gerne zu einer Zielscheibe… zu einem Prügelknaben, zu einem “Ersatz-Schuld”-Objekt für im Leben enthaltene Demütigungen und andere Ungerechtigkeiten. In diesem Sinne ist diese “göttliche Allmächtigkeit”, die vom “Normalmenschen” zu schnell und zu extrem falsch gedeutet wird, natürlich schädlich. Aber das bedeutet nicht, das Gott und Religion prinzipiel eine schädliche Ideologie seien.

  54. @Chrys

    Stimmt völlig. Quelle gibts dazu keine. Ist auch nur eine “launige Anmerkung”.
    Es gibt ein paar Hinweise, dass das originale Zitat vom amerikanischen Künstler Barnett Newman stammt und auch etwas anders lautet:

    “Aesthetics is for the artist as ornithology is for the birds.”

    Newman war in der Tat sehr an Ornithologie interessiert, daher wohl die Verknüpfung.
    Vermutlich hat man es an Feynman “angepasst”, da man sich bedingt durch seine Art sich hätte vorstellen können.

  55. @Schleim,

    ich sehe ihren ersten Abschnitt etwas anders. Sie haben recht das die Bedrohung der Anstellung ein Grund für das “weniger” religiös sein kann. Nur das kann ich aus der Studie nicht ablesen. Da sehe ich nur – sind weniger religiös.
    Damit kann ihr Argument dennoch valide sein, nur ich sehe es aus der Quelle eben nicht. Zumal es hier ja um Biologen und Physiker geht, nicht um (Analytische) Philosophen. Deren Welt kennen sie garantiert besser als ich.

    Ihr Punkt philosophisch trage ich mit.

    Chrys hatte ich geantwortet. Damit sollte auch nichts belegt werden (was mit Zitaten eh kaum geht). War nur launig, wie gesagt.

    Nein Herr Schleim, was diese Autoren sagten oder schrieben war kein Quatsch, nur spielt es in der Naturwissenschaft oder besser gesagt unter Naturwissenschaftlern eben keine oder nur eine minimale Rolle.
    In der Welt kenne ich mich nun aus und ich habe in Jahrzehnten nicht eine Diskussion zur Wissenschaftsphilosophie zwischen Naturwissenschaftlern erlebt. Das kommt erst in den letzten Jahren in Grenzbereichen der Physik auf. Dort ist man inzwischen bisschen Opfer des eigenen Fortschritts und die noch zu lösenden Fragen sind so ungemein kompliziert, dass man ganz schnell in Grenzbereichen zu Erkenntnistheorie usw. ist.

    Aber wenn sie Stratigraphie in der historischen Geologie machen oder die vierte Untereinheit eines Schachtelhalmgens sequenzieren brauchen sie Popper nicht.

  56. Probleme in der Gesellschaft entstehen nicht dadurch, dass Naturwissenschaftler gläubig oder atheistisch sind, sondern vielmehr dadurch, dass religiös Gläubige die Naturwissenschaft ablehnen, jedenfalls wenn sie im Widerspruch zu ihren Glaubenslehren steht. Es sind häufiger die Gläubigen, die behaupten, Religion und Naturwissenschaft wären nicht vereinbar, z.B. hinsichtlich der Evolution. Die Biologie ist für Widersprüche kritischer als die Physik.

    Es ist der Kampf der Bischöfe gegen den Atheismus, der die Gräben vertieft und klare Stellungnahmen herausfordert, z.B. der frühere Bischof Mixa “Gesellschaft ohne Gott ist Hölle auf Erden”.

    Man denke auch an die kirchlichen Arbeitgeber, die von ihren Arbeitnehmern ein klares Bekenntnis zur Kirche fordern. Für Agnostizismus ist da kein Platz.

    „Der Protestantismus war der erste Schritt; dann folgt der Modernismus; das Ende ist der Atheismus.“

    päpstliche Enzyklika 1907, zur Begründung des Antimodernismus. Bis 1967 wurde von jedem Priester der Antimodernismuseid abverlangt!

  57. @Erwin Neher / Feynman Zitate

    Besser belegt scheint mir noch dieses Zitat von Lucille Feynman, seiner Mutter, zu sein:

    Our Richie? The world’s smartest man? God help us!

    [Quelle]

    Passt hier ja auch ganz gut. 🙂

  58. @Neher: Wissenschaftstheorie

    Es ist immer die Frage, wie man Daten interpretiert. Wenn wir uns überlegen, was sie bedeuten können, z.B. aufgrund der Vorannahmen und der Methode, dann reflektieren wir theoretisch über die Möglichkeiten der Wissenschaft und betreiben in diesem Sinne: Wissenschaftstheorie. Das tun Fachwissenschaftler vielleicht mitunter, ohne dass es ihnen auffällt; und das ist auch kein Problem.

    Auf einer Veranstaltung in Bonn vor vielen Jahren fragte der Moderator Gert Scobel (vom Hintergrund her übrigens Philosoph), wofür man Wissenschaftstheoretiker brauche. Könnten Wissenschaftler das nicht auch selbst machen? Meine Antwort: Das könnten sie in der Regel schon, tun sie aber nicht; vielleicht, weil sie vor allem produktiv sein müssen (siehe Kuhn über “normal science”) und Philosophen sich eben eher mit den Problemen und Grenzen beschäftigen.

    In diesem Sinne, zurück zum Inhalt: Es lässt sich aus der Studie weder zwingend schlussfolgern, dass die Naturwissenschaft die Menschen weniger religiös macht, noch, dass das nicht der Fall ist. Eine alternative Möglichkeit habe ich genannt. Mehr nicht. Wenn man diese Frage näher beantworten sollte, müsste man eine Längsschnittstudie durchführen, die idealerweise schon in der Schule ansetzt, oder – für eine erste Annäherung – wenigstens die vorliegenden Daten anders analysieren.

  59. @Metaphysik

    Die Materie mit ihren 4 Wechselwirkungen sind offenbar empirisch so gut überprüft, dass man dies als gesicherte Erkenntnis einordnen kann. Kein Mensch hier im Blog sieht das anders.

    Die Frage, ob das alles ist, dass existiert, ist eine Metaphysische Frage. Eine Antwort darauf ist, dass es keine weiteren Kräfte oder Elemente gibt, als die derzeit bekannten. Diese Antwort ist eine Lösung der Metaphysischen Frage, aber eben nicht die einzig mögliche.

    Ich selbst habe mich vor länger Zeit gefragt, wie ich spirituelle Erfahrungen mit der Welt der Physik vereinbaren kann. Die entsprechenden Erfahrungen legen nahe, dass es in der Außenwelt sporadisch gezielte Zufälle zu erleben gibt, und dass unser Bewusstsein in unserer inneren Erlebniswelt regelmäßig geistige Unterstützung erhält.

    So hab ich mir dann gedacht, dass die Zufälligkeiten, die in der Quantenwelt beim Zusammenbruch der Wellenfunktionen stattfinden, auf die Zukunft hin gezielt sein könnten. Dafür bräuchte man dann eine Art kosmischen Geist, der dieses so realisiert, dass es auch im Leben dann nützlich wird. Einen Widerspruch zu den derzeit bekannten Naturgesetzen ist dies, so weit ich das sehen kann, erstmal nicht.

    Das erscheint mir als insofern elegant, dass man damit manches Wunder so begründen kann, dass es der Physik gar nicht direkt widerspricht. Was bleibt ist lediglich, dass Wunder in der Außenwelt eher selten sind. Während sie im Inneren des Seelenlebens aber durchaus regelmäßig dazu gehören können. Angesichts des derzeitigen Standes der Hirnforschung kann man auch das nicht ausschließen.

    Mir scheint dies auch als weitere mögliche Antwort auf die Metaphysische Frage, was es alles eventuell noch neben der Materie und den 4 Grundkräften geben könnte. Die gezielten Zufälle wären als eine Art 5. Grundkraft zu sehen, die die Verbindung von einem umfassendem Geist in diesem Kosmos mit den konkreten Einzelheiten des biologischen Geschehen auf diesem Planeten herstellt.

    Das Besondere an dieser Grundkraft wäre jetzt aber, dass sie eben nicht Regelhaftiges produziert, so wie es die anderen Grundkräfte tun, sondern eben sich mit den Unregelmäßigkeiten beschäftigt. Und das aber nur, wenn das Leben das auch braucht.

    Die Natur hält sich offenbar gerne an ihre regelmäßigen Gesetze, die für sich schon Mannigfaltigkeiten produzieren können. Aber möglicherweise kann die Entstehung des Lebens vor Jahrmilliarden, die generelle Koordination der Zellchemie wie auch letztlich die Funktionalität einer inneren Erlebniswelt innerhalb unseres Nervensystem eine geistige Unterstützung gut gebrauchen.

    Man muss das jetzt nicht so sehen, aber immerhin hat der Mensch schon in der Steinzeit geglaubt, dass unsere Innenwelten nicht ganz von dieser Welt sind, und dass der Mensch ohne geistige Unterstützung nur schlecht zurecht kommen würde. Das kann man nicht nur in den Weltreligionen beobachten, dass sehen auch praktisch alle Naturreligionen schon so.

    Das ist doch eine mögliche Metaphysik. Neben Anderen.

  60. @Schleim: Wissenschaftstheorie II.

    Es ist eine Frage der Interpretation und der Arbeitshypothese die sie hoffentlich aufstellen bevor sie Daten erhoben haben. Das hier viele, wenn nicht alle, Naturwissenschaftler Methoden oder Verfahren einsetzen, die ein Wissenschaftsphilosoph beschreibt ist sicher so. Was Popper beschrieben hat wurde auch schon vorher in naturwissenschaftlicher Forschung so gemacht. Nur eben nie so konzentriert aufgeschrieben.

    Wofür man Wissenschaftstheoretiker brauche? Solche Fragen finde ich immer bisschen sparsam, wenn ich das so sagen darf. Wenn man vom Nutzen her argumentiert, kann man sehr vieles weglassen, auch und gerade in den Naturwissenschaften. Vorteil von Philosophen ist zumal, dass diese viel günstiger sind. Will da jetzt bei ihnen keine Wunden aufreißen, aber rechnen sie kurz nach, wieviel Philosophen wir für einen LHC beschäftigen könnten? Genau 😉
    @ all: Nein, jetzt bitte keine Grundsatzdebatte über den Sinn von Grundlagenforschung. Ist mir alles geläufig. Will damit nur sagen, man ist immer schnell dabei ist die Sinnfrage zu stellen …. solange es einen selbst nicht betrifft.

    Ja produktiv ist ein leider ein Muss, ist völlig richtig. Eine Ausblühung ist das unsägliche “publish or perish”. Da ist für tiefere Gedanken kaum oder gar kein Spielraum.

    Auch zum letzten Abschnitt bin ich ihrer Meinung (keine Sorge, dass wird nicht immer so sein). Wenn man diese Frage beantworten wollte, müsste das Studiendesign anders aufgezogen werden und sehr lange laufen.

  61. Herr Schleim, es geht bei der Kompatibilitätsfrage doch nicht um Psychologie und Soziologie. Daher geht Ihre (auch) andernorts getätigte Aussage, Bunges und meine Auffassung dazu sei empirisch widerlegt, an der Sache völlig vorbei. Ich darf mich der Schnelligkeit und Schreibbequemlichkeit (copy & paste!) halber selbst zitieren:

    “Ein Einwand gegen die These von der Unvereinbarkeit von Wissenschaft und Religion verweist auf die historische Tatsache, die neuzeitliche Wissenschaft sei praktisch ausnahmslos von gläubigen Christen erfunden worden1. In der Tat war die Mehrzahl aller Wissenschaftler während der letzten 400 Jahre mehr oder weniger religiös gläubig. Man denke nur an Isaac Newton, Robert Boyle, James Clerk Maxwell, Francis Collins usw. Auch heute ist die Zahl religiöser Wissenschaftler noch beachtlich, wobei dies interessanterweise mehr für Durchschnittswissenschaftler gilt. Herausragende Wissenschaftler indes sind deutlich weniger religiös2. In den USA etwa erweisen sich heute knapp zwei Drittel aller Elitewissenschaftler als Atheisten oder Agnostiker3.
    Das „Argument vom religiösen Wissenschaftler‟, wie man es nennen könnte, ist jedoch ein psychologisch-soziologisches, kein philosophisches, und daher irrelevant für die Inkompatibilitätsthese, denn diese ist metaphysischer und methodologischer Natur. Schließlich ist es aus psychologischer Sicht nicht ungewöhnlich, dass Menschen inkohärente Auffassungen vertreten. Wissenschaftler sind davon nicht ausgenommen. Doch wie man leicht zeigen kann, haben selbst tiefgläubige Wissenschaftler in ihren formalen Theorien keine religiösen Konzepte benutzt4. Bezüge zum lieben Gott mögen zwar im naturphilosophischen Beiwerk ihrer Theorien immer wieder aufscheinen, im formalisierbaren Kern der Theorien, wie etwa bei Newton oder Maxwell, kommen indes keine Variablen vor, die sich auf göttliche Kräfte oder Energien beziehen5. Dass die Idee eines göttlichen Schöpfers im Entdeckungszusammenhang eine heuristisch positive Rolle gespielt sowie auch teilweise als erklärender Faktor für den in früheren Zeiten noch nicht so deutlichen größeren naturphilosophischen Zusammenhang fungiert haben mag, braucht man nicht zu bestreiten (s. Kap. 7.1).
    Freilich ist es ein weiter Weg von der unbewusst-automatischen Anwendung des Naturalismus bis zur konsequenten Durchdringung und Systematisierung der philosophischen Grundlagen der Wissenschaft. Wir werden also auch bei Wissenschaftlern ein Spektrum vorfinden, das vom herausragenden Naturphilosophen bis zum bloßen, philosophisch desinteressierten Anwender methodischer Routinen reicht. Philosophische Inkohärenzen sind daher zu erwarten, denn es ist nicht leicht, das System der eigenen Weltbildelemente widerspruchsfrei zu halten, vor allem in Gesellschaften, in denen organisierte Religionen einflussreiche kulturelle und politische Machtfaktoren darstellen, und sei es nur, dass ihnen mit staatlicher Unterstützung Raum zur frühkindlichen Indoktrination gegeben wird.
    Wie wir gesehen haben, ist die Frage nach der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion vor allem eine nach der Vereinbarkeit ihrer metaphysischen und methodologischen Voraussetzungen. Es handelt sich hauptsächlich um einen Konflikt auf der Meta-Ebene, der Ebene der unterschiedlichen Meta-Paradigmen beider Bereiche. Wer auf ein kohärentes Weltbild wert legt, kann nicht zugleich eine naturalistische und supranaturalistische Metaphysik und Methodologie vertreten.” (Mahner 2018, Naturalismus, Alibri, S. 182f).

  62. Jeckenburger,
    Herr Schleim hat im Grunde schon alles gesagt.
    “Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion).”

    Sie beleben die Diskussion mit der Annahme einer 5. Kraft. Die gibt es , die ist so offensichtlich, dass sie nicht mehr wahrgenommen wird. Das ist die Kraft zum Leben. Und damit hätten wir doch eine schöne Überleitung zur Psychologie.

    Herr Schleim,
    eine ernsthafte Kontroverse gab es nie. Man muss gelegentlich “dick auftragen” damit das Wichtigste gesagt wird.

    Reutlinger,
    ………dass religiös Gläubige die Naturwissenschaft ablehnen,…….
    das tun sie nicht. Das ist ein spätmittelalterliches Vorurteil.
    Die Kirchenbesucher fahren sogar mit einem plug-in Hybrid vor. Glauben Sie , die wissen nicht wie der funktioniert.

    einer,
    Sie sind einer meiner liebsten Gesprächspartner, weil sie von moderner Theologie noch nichts gehört haben.
    Die Jungfrauengeburt ist kein Dogma, sie ist eine mögliche Auslegung, denn die Bibelübersetzung könnte auch nur “junge Frau” bedeuten.

    Die Heilslehre ist der Kern des Christentums. Die Erbsünde ist durch den Tod Jesu getilgt, und jeder darf auf die Gnade Gottes hoffen.
    Wenn man wissen will , was Jesus gesagt hat, man kann es auf einen Satz reduzieren: Du sollst deinen Gott lieben und du sollst deinen Nächsten lieben,
    alles andere ist diesem Gebot untertan.

  63. @Jeckenburger: “Metaphysik”

    Wenn wir Physik als das bezeichnen, was wir wissen und Metaphysik als das, was wir nicht wissen, dann macht es logisch keinerlei Sinn, Letzteres mit Ersterem begründen zu wollen, denn dann wäre Metaphysik plötzlich Physik. Auch Quantenphysik ist Physik und nicht geeignet, Metaphysik zu begründen. Sie nutzen eine Erkenntnislücke aus, um ein Alibi für Metaphysisches zu konstruieren.

  64. hwied 23.02.2021, 18:54 Uhr
    Zitat: _“Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion).”_

    Ich gehe einmal davon aus, dass Sie mit dem Begriff “Wissenschaft” die Realwissenschaften bezeichnen wollten.

    Aber ist es tatsächlich so, dass Sie davon überzeugt sind, dass aus kategorialen, “rein logischen”, Gründen der Kreationismus den Realwissenschaften nicht widersprechen kann?

    Und ist es tatsächlich ihre Überzeugung, dass “aus rein logischen Gründen” kein Widerspruch darin zu sehen ist, wenn Christen behaupten, dass Jesus gekreuzigt wurde (weil es so im NT nachzulesen ist) und Muslime behaupten, dass Jesus nicht gekreuzigt worden ist (und sich dabei auf Sure 4 Vers 157+158) berufen?

    Was halten Sie von der Theorie, dass es “die Religion” gar nicht gibt, sondern nur viele Religionen und religiöse Strömungen? Und dass sehr viele Religionen, insbesondere ihre fundamentalistischen Interpretationen sehr wohl im Konflikt mit den Realwissenschaften stehen?

    Falls Sie dieser Theorie zustimmen können, dann stellt sich die Frage: “Welche religiösen Strömungen sind mit den Realwissenschaften vereinbar?”

    Von der These, dass “die Religion” aus kategorialen Gründen nicht in Konflikt mit den Realwissenschaften stehen könnte, muss man sich dann nämlich verabschieden.

  65. Ich verstehen diese Diskussionen um “Religion” nicht, insbesondere dann nicht, wenn ein Gläubiger meint, im Namen seines Gottes einem aus seiner Sicht “Ungläubigen” den Kopf abschneiden zu müssen, um angeblich einen Auftrag Gottes auszuführen – und sich damit im Grunde an der Schöpfung seines Gottes vergreift und diese „kaputt“ macht.
    Wie dem auch sei, ich habe zwei unterschiedliche Herangehensweisen, eine philosophische und eine sachbezogene.
    Philosophisch:
    Was würde es für mich bedeuten, wenn es a) einen Gott gäbe – und was würde es für mich bedeuten, wenn es b) keinen Gott gäbe?
    Die langen Gedankenmeditationen kurz zusammengefasst:
    Im Fall a) könnte ich mich geborgen fühlen, warm und weich, beschützt und versorgt.
    Im Fall b) stünde ich ziemlich nackig und allein im kalten Universum und wüsste nicht, wie es morgen weitergeht.
    Sachbezogen:
    Wenn ich mich in der Welt der Biologie umschaue, gibt es nur eine rezente Art, bei der ein Individuum sich vor die Versammlung stellt, die Hände aufhebt und einen Segen an die versammelte Gemeinde austeilt, selbst bei uns nächststehenden Primaten gibt es so etwas nicht. Insofern frage ich mich, ob diese Erscheinung nicht eine Art „Kollateralschaden“ bei der Menschwerdung darstellt, eine Folge der Umorganisation des Gehirn, als zwangsläufiges Ergebnis der Möglichkeit, über „jetzt“ hinaus an morgen und übermorgen zu denken. Das Gehirn als Rechenzentrum und Überlebensmaschine ist in seiner Hartkapsel auf den sensorischen Input der Sinnesorgane angewiesen, um daraus die nötige Handlung für das Überleben vorherzusagen und dazu auch die Auswirkungen auf das Morgen und Übermorgen abzuschätzen. Ich habe kein Problem damit, mir als Folge dieser Konstruktion vorzustellen, dass es daher zwangsläufig einen Glauben an „etwas“ geben muss, dass es eine intrinsische Folge der Menschwerdungs-Umorganisation des Gehirns ist, also eine zwangsläufige Erscheinung des Gehirns eines homo sapiens sapiens. Und es ist für mich auch kein Problem, dass der „Algorithmus“ in einer Form Selbstbezüglichkeit über ein Wohlfühl sich selbst verstärkt. Und so lange wir uns nicht die Schädel wegen unterschiedlicher Glaubensrichtungen einschlagen oder abschneiden …

  66. @Neher: Grundlagen

    Diese Grundsatzdebatte brauchen wir zum Glück hier nicht zu führen. Ich bin für Grundlagenforschung – und dafür, dass die Balance mit der angewandten Forschung stimmt. Insgesamt würde ich mir bei der Vergabe von Fördermitteln mehr direkte Demokratie wünschen, denn immerhin bezahlen die Steuerzahler ja für den ganzen Spaß.

    Dass Philosophen (oder in meinem Fall nun präzier: Theoretische Psychologen) vergleichsweise günstig sind, kratzt nicht an meinem Ego. Im Gegenteil sehe ich darin einen Pluspunkt in Sachen Effizienz.

    Und zu Popper: Mag sein, dass man das – im Einzelfall – vorher schon so gemacht hat… doch einen Namen, den alle kennen, machte sich damit der Philosoph Popper (von der Ausbildung her übrigens promovierter Psychologe).

  67. @Mahner: philosophisches Argument

    Interessant, dass Sie sich hier angesprochen fühlen; ich hatte Sie gar nicht erwähnt.

    Auf philosophischer Ebene stimme ich Ihrer Reaktion zu und meinen philosophischen Standpunkt habe ich inhaltlich im dritten Teil präzisiert… Wenn in der Diskussion aber immer wieder das Argument kommt, als Naturwissenschaftler könne man nicht auch ein religiöser Mensch sein, dann ist das eine Aussage, die sich empirisch (hier: psychologisch/soziologisch) widerlegen lässt und die nun auch hinreichend widerlegt wurde.

    Danke für das Zitat, das ich mit Interesse gelesen habe. Ganz konsequent sind Sie aber nicht: Wenn es doch egal ist, was Wissenschaftler selbst hierüber denken (Ihr philosophischer Standpunkt), dann ist es auch egal, ob sich die Gedanken von sogenannten Elite- und Nicht-Elite-Wissenschaftlern unterscheiden. Wenn es Ihren Standpunkt stützt, bringen Sie dieses ad hominem/ad auctoritatem-Argument aber gerne doch. Damit machen Sie sich angreifbar.

    Übrigens hat diese Soziologieprofessorin ebenfalls Elite- und Nicht-Elite-Institutionen unterschieden, die Ergebnisse aber leider nicht nach dieser Variable aufgeschlüsselt, jedenfalls nicht in der hier zitierten Publikation.

    Wer auf ein kohärentes Weltbild wert legt, kann nicht zugleich eine naturalistische und supranaturalistische Metaphysik und Methodologie vertreten.

    Das lässt sich freilich in zwei Richtungen lesen. Wohlan, lasst uns also Supranaturalisten sein! Oder sich diese künstliche Dichotomie nicht aufzwängen lassen.

  68. @Hertlein: Logik

    Das war meine Aussage (aus dem Kerntext), nicht die von hwied. Und auch Sie exerzieren (leider) wieder diesen Punkt, ebenfalls aus dem Kerntext:

    Weil ihnen in der Pattsituation keine guten Gründe einfallen, suchen sie sich irgendeinen Unsinn oder eine Untat heraus, die jemand “im Namen des Glaubens” begeht. So baut man sich seinen Strohmann auf, ein Scheinargument.

    Geht es nicht wenigstens etwas origineller?

    Die Aussage, dass sich religiöse und naturwissenschaftliche Aussagen nicht zwingend widersprechen, ist genau dann wahr, wenn das für mindestens eine Aussage gilt. Daher ist es logisch völlig egal, wenn Sie nun mit einer Aussage kommen, für die das nun einmal nicht gilt (wie z.B. den Junge Erde-Kreationismus).

  69. @Maier: “Halsabschneider”

    Ist Ihnen eigentlich klar, wenn Sie so ein Beispiel bringen, dass in den letzten 100 Jahren in Deutschland wesentlich mehr Menschen der Garaus gemacht wurde (sogenannte Euthanasie; oder wenigstens Zwangssterilisationen), weil sie von Wissenschaftlern für “lebensunwertes Leben”, “Erbkranke”, “Untermenschen” o.ä. gehalten wurden, als von religiösen Menschen?

    So ein Auftreten k… mich einfach nur an.

  70. @Stephan Schleim
    23.02.2021, 21:23 Uhr

    Die Nazikeule ist unangebracht, Sie antworten vorschnell und aus meiner Sicht unüberlegt. Es gibt und gab auf dieser Welt nicht nur “deutsche” ( Gläubige und Nicht-Gläubige ) homo sapiens sapiens mit entsprechend organisertem Gehirn. Dazu haben diese von Ihnen angesprochenen “Wissenschaftler” auch ein entsprechend organisiertes Gehirn gehabt ( nehme ich wenigstens an ). Und ich maße mir nicht an, bei diesen Mördern in wissenschaftlichem Namen über deren “Glauben” an eine Ideologie oder sonstwas entscheiden zu wollen. Sie gehen auch nicht auf den Umstand ein, dass Morde mit religöser Begründung heute und der Vergangenheit ( aus meiner Sicht ) gerade deshalb pervers zu nennen sind, weil sie sich “im Namen Gottes” genau an der Schöpfung Gottes vergreifen. Es gibt auch absolut keine Entschuldigung dafür, dass ein Mensch “im Namen der Wissenschaft” vorzugeben “glaubt”, andere Menschen umzubringen.

  71. @Maier: Wer Gläubige auf eine Stufe mit Terroristen stellt, möge sich bitte nicht über eine “Nazikeule” beschweren. Man muss schon fair sein. Kommen Sie wieder, wenn Sie zur Besinnung gekommen sind.

  72. @Schleim: Popper war spät dran Mehr direkte Demokratie ist eine denkbare Idee. Wäre sicher zu organisieren.

    Weshalb sollte ich auch an Ihrem Ego kratzen? Wenn, dann zwieble ich Ihre Ideen, aber sicher nicht sie als Person.

    Zu Popper: Nun mal zu den Einzelfällen: Einstein, Bohr, Heisenberg, Planck, von Neumann, Röntgen, Rutherford, Eddington, Staudinger, Wegener, Hubble, DeBroglie, Lemaitre
    Curie, usw. usw. ALLE lange mit ihren Arbeiten fertig, BEVOR Logik der Forschung 1934 zum ersten Mal erschien.
    Sieht danach aus als ginge Naturwissenschaft ohne Popper 😉
    Was seine Arbeit nicht entwertet.

  73. @Neher: Demarkation

    Da Popper nach einem Kriterium gesucht hat, um Wissenschaft von Pseudowissenschaft zu unterscheiden (Demarkation), hat er sich natürlich angeschaut, wie Wissenschaftler arbeiten – und davon ein Prinzip abstrahiert, eben das der Falsifikation

    …was natürlich die Arbeit der von Ihnen zitierten Physiker nicht entwertet.

    Was hat unsere Diskussion eigentlich noch mit Wissenschaft & Religion zu tun? Demarkation vielleicht? Hmm… 😉

  74. @Stephan Schleim
    23.02.2021, 21:56 Uhr
    Auf Grund Ihres CV unter dem Artikel hatte ich fundiertere Gegenargumente erwartet als diese … “ad hominem”-Ausraster.

  75. Hi zusammen

    “Herr Schleim hat im Grunde schon alles gesagt” .

    Genau.

    “Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion).”

    Sie haben nicht nur unterschiedliche Gegenstandsbereiche, sondern unterschiedliche Methoden. Die Erkenntnismethode der Wissenschaft ist die der Reduktion. Gesamtheiten sind aus Sicht der Wissenschaft nur zu verstehen, wenn man sie in Einzelteile zerlegt, diese reduziert, idealisiert, abstrahiert. Religiöse Menschen gelangen auf genau entgegensetzte Weise zu einer Erkenntnis, indem sie Einzelheiten zu einem Ganzen zusammenfügen, welches etwas Emergentes hervorbringt. Zwischen diesen dialektischen Polen lavieren wir in unserem Erkenntnisstreben, um besser zu überleben.

    Das Problem der (vor allem jüngeren) Naturwissenschaftler ist, dass Sie Ganzheiten, die nicht aus der Summer ihrer Teile heraus verständlich sind, und die zweifellos Bestandteil der Realität sind, zum Beispiel Gefühle, Intuition (auch die wissenschaftliche Intuition), Qualia, verschränkte Systeme, der Bereich unterhalb von Unschärfen, der Entstehungsgrund des Universums, die Menge der Möglichkeiten, Schönheit, usw. – Gesamtheiten also, die nicht reduzierbar sind, als Gegenstand von Erkenntnis aus ihrem Blickfeld ausblenden, so als gäbe es da nichts zu erkennen. Intuitiv wissen aber viele (ältere) Wissenschaftler, das sie etwas ausblenden. Da sie immer nur unter sich bleiben, kommen sie nicht darüber hinaus.

    Wer grundsätzlich immer reduzieren will, kann die Welt nicht in Ihrer Ganzheit erkennen. Wer glaubt, dass es keine nicht-reduzierbaren Gesamtheiten gibt, soll sagen, wo der Begriff der Einzelheit, der Einheit, des numerisch Einen herkommt. Schon auf diese einfachen metaphysischen Frage haben die Naturwissenschaftler keine Antwort.

    Man kann noch mehr dazu sagen, aber ich denke, es ist nicht nur der Unterushcungsgegenstand, sondern auch das methodische Vorgehen, das trennt. Es gibt die so “erfolgreiche” Methode der Reduktion (die ein Verstehen gefördert hat, mit der die rauhe Natur gebändigt werden konnte), die auf der anderen Seite blind macht für Ganzheiten. Und es gibt die Methode des Transzendierens (im wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Sinn), die einzige Methode, mit der man sich dem, was aus einem Ganzen emergiert, nähern kann. Beides hat seinen Sinn, wir brauchen beides, ich finde es totaler Wahnsinn, dass der Mensch zu beidem (unvollkommen) in der Lage ist.

    Grüße
    Fossilium

  76. Stephan Schleim 23.02.2021, 21:18 Uhr

    …dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion)

    Die Aussage, dass sich religiöse und naturwissenschaftliche Aussagen nicht zwingend widersprechen, ist genau dann wahr, wenn das für mindestens eine Aussage gilt.

    Die zweite Aussage ist deutlich schwächer als die erste. Welche Aussage halten Sie für richtig? Beide?

  77. @Schleim Kleiner Trick
    …. Nur das bei den zitierten “Physiker” auch Mathematiker, Chemiker und Geowissenschaftler dabei sind. Aber Einstein zieht immer 😉. Obwohl der kaum bekannte Staudinger für unser modernes Leben die erheblich größere Bedeutung hat. Aber das ist jetzt ganz weit weg vom Thema. Also zurück.

    Na bei Wissenschaft und Religion sind wir nah beieinander. Kennen beide Jesuiten aus praktischer Arbeit, Studenten und Kollegen aus allen möglichen Kulturen und Religionen oder ohne Religion. Das alles hat wahrscheinlich weder die Naturwissenschaften noch die Theoretische Psychologie in der Arbeit gestört. Da können wir kaum debattieren. Vielleicht weichen wir deshalb etwas aus.

  78. fossilium 23.02.2021, 22:43 Uhr

    Das Problem der (vor allem jüngeren) Naturwissenschaftler ist, dass Sie Ganzheiten, die nicht aus der Summer ihrer Teile heraus verständlich sind, …, ausblenden

    Es sollte Ihnen bekannt, sein, dass es quantenphysikalisch nicht erklärbar ist, dass Sauerstoff ein hochreaktives chemisches Element ist. Die Eigenschaften von chemischen Elementen, sind nur sehr bedingt aus der Summe ihrer Teile heraus erklärbar. Ein Naturwissenschaftler, der das nicht erkennt, dürfte niemals ein guter Naturwissenschaftler werden.

    Es ist aber ein Irrtum zu glauben, dass Schönheit etwas objektiv Existentes wäre. Ja, selbst Farben existieren nicht in einem objektiven Sinne. Die meisten Säugetiere sind nun einmal Dichromaten, wenn nicht gar Monochromaten und keine Trichromaten wie wir Menschen, wobei es auch unter Menschen einige gibt, die Farben anders sehen (Farbenfehlsichtig sind). Aber was Monchromaten, Dichromaten oder Trichromaten sehen, ist objektiv betrachtet ein und dasselbe. Und wenn uns ein Kunstlehrer der Farbenkreis erklärt und behauptet, dass in diesem links vom violett rot und rechts vom violett blau liegt, dann kann er einen Physiker, der weiß, was infrarot und ultraviolett ist, dadurch nicht überzeugen. Das hat aber schon Immanuel Kant erkannt und das hat nichts mit jungen Naturwissenschaftlern zu tun, was auch immer Sie intuitiv glauben mögen.

  79. Stephan Schleim
    23.02.2021, 21:18 Uhr
    Geht es nicht wenigstens etwas origineller?

    Sie haben Ihre Behauptung, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, mit keinem wahren Schotten gegen Kritik immunisiert.

    Sehr originell. Religiöse Überzeugungen, die den Realwissenschaften widersprechen, sind eben Unsinn und damit keine wahren religiösen Überzeugungen.

    Auch dadurch, dass Sie sich auf Logik beziehen und nicht auf die empirisch beobachtbare religiöse Praxis von Menschen, halte ich für fragwürdig.

    Die Behauptung, dass sich Religion mit “Warum-Fragen” und Wissenschaft mit “Wie-Fragen” beschäftigt und sich damit mit unterschiedlichen Gegenstandsbereichen beschäftigt, habe ich schon gehört. Wenn Sie im Kerntext ihre Behauptung auch nicht begründet haben, vermute ich, dass Sie sich darauf beziehen. Realwissenschaften beschäftigen sich aber damit, was wahr ist. (Nicht damit, was gut ist. Antworten auf diese Fragen sind tatsächlich einer anderen Kategorie zuzuordnen.) Da nun aber auch Antworten auf “Warum-Fragen” wahr oder unwahr sein können, halte ich diese Warum-Wie-Unterscheidung für konstruiert.

  80. Hallo Her Mahner,

    Wer auf ein kohärentes Weltbild wert legt, kann nicht zugleich eine naturalistische und supranaturalistische Metaphysik und Methodologie vertreten.

    Ich denke, man kann das sehr wohl. Ich kann mich sowohl reduzierend, als auch das Ganze im Auge behaltend, einer Sache nähern (s. mein Beitrag oben). Ein weitgreifendes Beispiel: Physiker machen genau das, wenn sie Wechselwirkungen untersuchen, die sind nämlich etwas, das Einzelheiten zu einem Gesamtzusammenhang verbindet, zwar unvollständig, aber immerhin. Da auf allen Skalen jedes Teil mit allen anderen Teilen wechselwirkt, stellen Wechselwirkungen einen Gesamtzusammenhang – eine Gesamtheit – her, auf Quantenebene ist dieser sogar mehr als die Summe der Einzelwechselwirkungen (was Physiker dann nicht mehr verstehen). Deshalb sind die Erkenntnisse der Physik über Wechselwirkungen außerordentlich empirisch adäquad. Allein auf dieser Tatsache beruht der Erfolg der Naturwissenschaften ! Die Einzelteile aber allein, in idealisierter Form, die keine Verbindung mit einem Ganzen mehr haben, sind zu abstrakten Entitäten reduziert und degeneriert, eine empirisch nicht mehr adäquate Ontologie, mit der die Physik da steht und diese sie selbst nicht versteht.

    Das ist nur ein Beispiel, dass man das Eine und das Andere im Blick haben muss. Genau so entsteht ein kohärentes Bild (sogar empirisch adäquad) aus einer naturalistischen (die Einzelheit betonend) und supranaturalistischen (die Gesamtheiten betonend) Metaphysik. Ich kann das noch weiter ausführen und andere Beispiele bringen, aber die Tatsache, dass die Naturwissenschaften mit reduktionistischen Methoden außerstande sind, eine konsistente widerspruchsfreie Ontologie zu erkennen, und Fundamentalisten außerstande sind, in differenzierten Kategorien zu denken, zeigt doch, dass man einen Mittelweg finden muss, den es immer gibt, und der darin besteht, eine naturalistische und supranaturalistische Metaphysik und Methodologie zu verbinden – und sei es nur auf unvollkommene Weise.

    Nur so kommen wir der Wahrheit näher, aber ein kohärenteres Weltbild schaffen wir uns gerade nur so.

    Das steht allerdings ganz im Gegensatz zu der von Ihnen vertretenen These, die in gewisser Einseitigkeit dem reduktionistischen Weltbild zuneigt.

    Grüße
    Fossilium

  81. Hallo Herr Hertlein,

    erstens: wenn es in Ihrer Außenwelt keine Schönheit gäbe, würden Sie nicht überleben.

    zweites: typescherweise wollen Sie Schönheit verstehen, indem sie diese reduzieren, hier auf elektromagnetische Schwingungen in verschiedenen Frequenzen.

    Das ist ein erfolgloses Unterpfangen. Die Wirklichkeit sieht so aus: viele elektromagnetische Schwingungen, im Verein mit anderen physikalischen Komponenten bilden ein Ganzes, das nicht mehr physikalisch verstanden werden kann, nämlich das Schöne in den Dingen, das nur wir sehen, aber wahrscheinlich Tiere auch. Das Schöne entsteht, wenn viele Einzelheiten sich zu einem Ganzen verbinden, elm. Schwingungen sind nur ein Baustein davon, ein zumal physikalisch unverstandener, aber ein existierender.

    Mit einer anderen Sicht können Sie nicht verstehen, was das Schöne an den Dingen ist, auch das Hässliche nicht.

    Sie können daran sehen: Sie können sich ein kohärentes Weltbild nur dann erschließen, wenn Sie die naturwissenschaftlichen Aspekte mit den supra-naturwissenschaftlichen Aspekten schlüssig verbinden.

    Grüße Fossilium

  82. @Wolfgang Stegemann 23.02. 18:58

    „Auch Quantenphysik ist Physik und nicht geeignet, Metaphysik zu begründen. Sie nutzen eine Erkenntnislücke aus, um ein Alibi für Metaphysisches zu konstruieren.“

    Was heißt hier ausnutzen. Auf der Suche nach der Vereinbarkeit von spirituellen Erfahrungen erscheint mir genau diese Erkenntnislücke als sehr geeignet. Insbesondere, weil sie praktisch den gesamten Rest der derzeit bekannten Physik unangetastet lässt. Das ist ja nun attraktiv.

    Ich denke, es ist schon Metaphysik, wenn man nach physikalischen Konzepten sucht, die spirituellen Erfahrungen Möglichkeiten lässt. Wenn sich ein Konzept findet und sich auch noch verifizieren ließe, wäre es dann aber wohl Physik, nicht nur Metaphysik.

  83. Hallo Herr Hertlein,

    es ist doch ganz egal, welche Fragen man stellt, ob nun wie, warum oder was wahr ist. Das macht nicht den Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Religion aus. Alle Menschen stellen sich die gleichen metaphysischen Fragen. Die Herangehensweise macht aber einen Unterschied. Es gibt aber keine “beste” Methode zu Erkenntnisgewinnung.

    Die naturwissenschaftliche Methode hat große Schwächen, die Wahrheit ist damit nicht zu erkennen, zum Unglück schafft auch noch die Mittel herbei, mit denen die nach Erkenntnis strebenden Subjekte sich alle selbst auslöschen können. Ich meine das kommt von einer zu einseitigen Sicht auf die Welt.

    Mit Mystik und Religion kommen Sie auch nicht weit, weil man damit alles in eine übergreifende Ordnung pressen will, die nicht existiert. Denn unsere Welt hat Ordnung und Unordnung, eben beides, da ist kein Schema, nur das eine: jede Ordnung enthält in sich schon ihre eigene Unordnung. Das ist nicht nur ein metaphysisches Argument, sondern selbst die physikalische Welt schon ist nur aus ihren eigenen Gegensätzen heraus zu verstehen (z.B. Welle-Teilchen-Dualismus, Bestimmtheiten und Unbestimmtheiten, Masse und Energie, usw.). Auch der Fundamentalist ist daher auf dem Holzweg mit seinen Erkenntnismethoden.

    Ich meine eben, man muß in Blickfeld rücken, dass es sowohl objektive naturwissenschaftliche Erkenntnisse gibt, als auch dass es subjektive nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnisse gibt, und nur wenn man beide verbindet, kann man zu Handlungen kommen, die das Überleben sichern.

    Es ist aber leider eine Tatsache, dass diese Verbindung meiner Erfahrung nach eher von religiös motivierten Subjekten hergestellt wird, als von naturwissenschaftlich geprägten Subjekten. In eine Welt, die nur von nuturwissenschaftlich geprägten Objekten bestimmt wird, würden Sie und ich wahrscheinlich nicht lange überleben.

    Grüße
    Fossilium

  84. Hallo Herr Hertlein

    Die Eigenschaften von chemischen Elementen, sind nur sehr bedingt aus der Summe ihrer Teile heraus erklärbar.

    Genau, die Atome bilden ein komplexes Ganzes, zusammengesetzt aus Quantenobjekten. Quantenobjekte sind keine physikalischen Objekte, die sich so leicht isolieren lassen, und dann als Teilchen ihre Bahnen ziehen, wie dies mit klassischen Objekten der Fall ist.

    Sie bilden ein holistisches Ganzes. Die Elektronen sind mit dem Kern teilweise oder ganz verschränkt. Dann kann ich das Ganze (das Atom) nicht mehr aus den Eigenschaften seiner Teile (Elektronen und Kern) verstehen. Das ist doch das, was ich sage. Die Methode der Reduktion führt nicht zum Ziel. Die naturwissenschaftliche Erkenntnismethode versagt, und zwar grundsätzlich, an diesem Problem, seit hundert Jahren und Millionen Lösungsversuchen höchst intelligenter Naturwissenschaftler.

    Da müssten Sie sich doch irgendwann mal überlegen, ob man nicht methodisch anders rangehen sollte. Einfach mal mit einem Philosophen unterhalten, was er von der Sache hält. Das machen Sie nicht, weil Sie glauben, dass der Ihnen nichts sagen kann, weil Sie ja schon alles wissen. Das meine ich mit engem Blickwinkel, nicht zu sehen, wie es andere sehen.

    Grüße Fossilium

  85. Halo Herr Mahner,

    sie schreiben:

    Doch wie man leicht zeigen kann, haben selbst tiefgläubige Wissenschaftler in ihren formalen Theorien keine religiösen Konzepte benutzt4. Bezüge zum lieben Gott mögen zwar im naturphilosophischen Beiwerk ihrer Theorien immer wieder aufscheinen, im formalisierbaren Kern der Theorien, wie etwa bei Newton oder Maxwell, kommen indes keine Variablen vor, die sich auf göttliche Kräfte oder Energien beziehen5.

    Das kann man auch anders sehen. Die Physik hält in ihren Modellen jede Menge Konzepte und agierende Entitäten bereit, die jeder Logik widersprechen. Sie tut aber so, als wären diese Entitäten real – ja sie muss so tun als ob, obwohl sie selbst daran nicht glaubt, denn nur wenn sie so tut, kann sie ihre Ergebnisse erklären – sonst nicht. Nur wenn ein Teilchen gleichzeitig durch zwei Spalte geht, ist das Experiment erklärbar. Aber naive Realisten hängen tatsächlich jede Logik an den Nagel und glauben abstrakte Entitäten würden das Vakuum durcheilen – sie predigen mit der Autorität der Wissenschaft, das dies die Wahrheit sei, bei hartnäckigem Nachfragen sagen sie dann, “wir beschreiben nur und erklären nichts”.

    Ist Ihnen sicher bekannt.

    Dasselbe machen Fundamentalisten, sie predigten schon seit 500 Jahren mit der Autorität der Kirche von der Kanzel ebenso unlogisches Zeug, dass der Mensch in der Hölle schmoren wird, und andere unlogische Wahrheiten. Bei hartnäckigem Nachfragen sagen sie dann, wir sind nur “Diener des Herrn, wir verkünden seine Wahrheiten, nicht die unserer eigenen beschränkten Geistes.”

    Sind doch Parallelen – oder ? Also der “Wahrheit” und dem Ideal der Methoden so sehr verpflichtet zu sein ist doch selbst nur ein Ideal, was Naturwissenschaftler und nicht so ganz unabhängige Wissenschaftstheoretiker gerne hochhalten, aber der Praxis nicht entspricht.

    Grüße
    Fossilium

  86. Unfassbar wie viel Unwissen und Unfug durch diese so genannten Philosophen hier verbreitet wird.
    Unwissende kommen hier in Versuchung die Mehrheit mit der „Wahrheit“ zu verwechseln.
    Ich empfehle dringend sämtliches Wissen sich wissenschaftlich anzueignen.
    Philosophisches Geschwätz zur Gänze außer Acht zu lassen.
    Die Philosophie ist tot.

    [Alaaf! Doch Karneval ist schon längst vorbei. S. Schleim]

  87. Ich habe am Anfang dieser Diskussion mit zwei Beispielen einen wichtigen Grund genannt – warum auch Naturwissenschaftler an Unerklärbares glauben (müssen).

    Solange es Phänomene gibt, die noch nicht erklärt und verstanden sind – gelten sie als unerklärbar. Das ist einfache Logik.

  88. @Karl Maier: Diskutieren Sie hier bitte inhaltlich und nicht ad hominem. Danke.

    P.S. Erwartungen nennt man manchmal die kleine Schwester der Enttäuschung.

  89. @fossilium: Wissenschaft & Reduktion

    Erstens lassen sich Phänomene in vielen Bereichen, vor allem in den Lebenswissenschaften, gar nicht sinvoll reduktiv erkrlären, sondern nur mechanistisch-integrativ. Tipp: Philosophische Forschung zu New Mechanism.

    Zweitens kann man zwar alle Phänomene reduzieren. Dann entsteht aber eben Unsinn. Z.B. könnte ich die Beziehung zwischen zwei Menschen auf die Form A — B (eine Linie, die zwei Buchstaben verbindet) reduzieren. Und das soll’s dann sein? Glaubt mir keiner? Z.B. die Neuro-Reduktionisten arbeiten die ganze Zeit so. Unsinn? Sag ich ja!

  90. @fossilium: Moden in der Wissenschaft

    Danke auch für den Erfahrungsaustausch.

    Nur weiß ich nicht, ob das wirklich eher mit dem Lebensalter der Wissenschaftler als mit Moden in der Wissenschaft zu tun hat.

    Beispiel: Unsere Studierenden und junge Psychologinnen und Psychologen sehen die dringende Notwendigkeit für mehr qualitative Forschung. Es gibt aber schlicht so gut wie keine Stellen für diese Art der Forschung, weil die Leute, die ihre Karriere mit quantitativen Methoden aufgebaut haben, eben (noch) das Sagen haben.

  91. @Hertlein: Logik

    Mir reicht es auch, wenn Sie nur eine meiner Aussagen widerlegen; suchen Sie sich halt eine aus. Oder lassen Sie es bleiben. Aber lernen Sie vielleicht erst einmal richtig zitieren. Danke.

    Und formulieren Sie doch endlich einmal selbst eine inhaltlich sinnvolle Aussage zum Thema. Das würde mich freuen.

  92. @Hertlein: Wahrheit…

    …gibt’s in Logik und Mathematik. Die Unterscheidung zwischen Warum- und Wie-Fragen habe ich nicht so getroffen. Und Ihr Auftreten hier lädt nicht gerade zum Gedankenaustausch ein; jedenfalls nicht mich. @fossilium hat Ihnen ja ausführlicher geantwortet. Und das sind schöne Antworten.

  93. @Schleim

    Zitat Hirsch: “Wenn sich der gleiche Wissenschaftler abends eingehend mit Ontologie, Erkenntnistheorie usw. beschäftigt (was m.E. für die große Mehrheit der Wissenschaftler nicht unbedingt zutrifft) könnte durchaus bei vielen ein Konflikt erkannt werden.”

    Na gut, ich habe zumindest einem Teil der “gläubigen Naturwissenschaftler” unterstellt einen Konflikt zu empfinden, wenn sie sich eingehender mit dem Thema beschäftigen. Vielleicht ist “Konflikt” nicht der richtige Ausdruck. Aber es sollte sie doch zumindest verwundern, dass in der wissenschaftlichen Methode, die sie täglich erfolgreich in ihrem Beruf anwenden, ein Gott scheinbar überhaupt keine Rolle spielt. Das halte ich zumindest für erklärungsbedürftig.
    Das man als gläubiger Mensch ordentlich Wissenschaft betreiben kann steht natürlich außer Frage.

    Ich persönlich halte diesbezüglich die Ausführungen von Herrn Mahner für sehr plausibel.

    Zitat Mahner: “Philosophische Inkohärenzen sind daher zu erwarten, denn es ist nicht leicht, das System der eigenen Weltbildelemente widerspruchsfrei zu halten…”.

    Freundliche Grüße

  94. @Hirsch: Inkohärenzen

    Nicht allein abstrakt, sondern wenn der Wissenschaftlicher in der Natur die Schöpfung Gottes sieht, dann wird er Naturvorgänge wahrscheinlich auch anders verstehen. Noch einmal: Dass sich Naturvorgänge in Formeln verallgemeinern lassen (“Naturgesetze”), sehen manche gerade als Beweis für die Existenz eines Gottes bzw. Schöpfers.

    Manche Naturalisten sagen, “In der Welt geht es mit rechten Dingen zu”, diesen Satz habe ich hier in den Kommentaren oft genug gelesen, und meinen damit, es gebe nichts Übernatürliches. Schon lange vorher haben aber gläubige Wissenschaftler denselben Satz gesagt, “In der Welt geht es mit rechten Dingen zu”, und meinten damit, dass ihr Gott dafür sorgt, dass Ordnung herrscht und nicht Chaos.

    Und tja, Inkohärenzen… Wer hat die nicht? Versuchen Sie einmal, ein kohärentes oder gar konsistentes (widerspruchsfreies) Leben zu leben mit allem, was dazugehört. Als ich mich zum Beispiel vegan ernähren wollte, lange bevor das “in” war, schassten mich selbst meine Kommilitonen aus dem Ethikkurs; Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Spannungen und schwierige Gespräche das hervorrief. Woher beziehen Sie eigentlich ihre Kleidung? Womit heizen Sie? Wie fahren Sie zur Arbeit? Sind Sie schon einmal fremdgegangen? Ein völlig kohärentes Leben kann man hier doch wahrscheinlich gar nicht leben – und das des gläubigen Wissenschaftlers muss nicht zwingend inkohärenter sein.

  95. Schatten & Licht

    Ich kann hier nicht für die Christen sprechen, stieß aber gerade auf dieses bemerkenswerte Zitat:

    Life is a paradox and the good and the evil, the black and the white, are always mixed. And if you look at the black alone you get an appalling picture and if you look at the light alone you get an illusory picture also. And the reality is the church has all of the dark side, the shadow.

    The only reason I’m a catholic is that I believe and have discovered that within the church is this truth, this love, this grace, this compassion, this goodness, which is the meaning of life. But I can’t deny that the opposite is there also. And if you try to deny it you’ll get a false picture of the church.

    (Das Leben ist paradox un das Gute und das Böse, das Schwarze und das Weiße, sind immer vermischt. Wenn man nur das Schwarze betrachtet, dann erhält man ein schockierendes Bild; und wenn man nur das Licht betrachtet, dann erhält man ein illusorisches Bild. In Wirklichkeit hat die Kirche auch die dunkle Seite, den Schatten.

    Ich bin einzig aus dem Grund katholisch, dass ich glaube und entdeckt habe, dass es innerhalb der Kirche diese Wahrheit gibt, diese Liebe, diese Gnade, dieses Mitgefühl, diese Güte, die der Sinn des Lebens ist. Ich kann aber nicht bestreiten, dass es das Gegenteil dort ebenfalls gibt. Wenn man versucht, das zu bestreiten, dann bekommt man ein falsches Bild von der Kirche.)

    Father Bede Griffiths (1906-1993)

  96. @hwied

    Sie sind einer meiner liebsten Gesprächspartner, weil sie von moderner Theologie noch nichts gehört haben.
    Die Jungfrauengeburt ist kein Dogma, sie ist eine mögliche Auslegung, denn die Bibelübersetzung könnte auch nur “junge Frau” bedeuten.

    Das der wortwörtliche Text in der Bibel eher junge Frau als Jungfrau bedeutet, ist mir durchaus bewusst.
    Der Katechismus der römische katholischen Kirche sieht dieses aber nicht vor.

    Dogma im Sinn des Ersten Vatikanischen Konzils:

    die unbefleckte Empfängnis Mariens (Papst Pius IX.: 8. Dezember 1854)

    Ist es mir entgangen, dass dieses Dogma von der katholischen Kirche widerrufen wurde?

    Die Heilslehre ist der Kern des Christentums. Die Erbsünde ist durch den Tod Jesu getilgt, und jeder darf auf die Gnade Gottes hoffen.

    Wie kann der Jesus das bewirkt haben, wenn man den biblischen Text von jeglichen Mythen und Jesus kein Gottessohn ist? (oder nur eine Art mythische Held?)

  97. Wie kann der Jesus das bewirkt haben, wenn man den biblischen Text von jeglichen Mythen und befreit Jesus kein Gottessohn ist? (oder nur eine Art mythische Held?)

    Korrektur

  98. @einer: Vorschlag

    Jesus kann das, diese Vergebung, für Sie bewirken, wenn Sie daran glauben?

    Schon einmal diese Möglichkeit in Betracht gezogen?

  99. Stephan Schleim,
    “Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten”, so sagt es der Volksmund.
    Bei der Kirche sind es die Menschen, die realen Menschen in der real existierenden Kirche, die ihren Schatten werfen.

    Der Mensch ist der Gegenstand der Religion. Und deshalb wird Religion angegriffen, wo die Kirche gemeint ist.
    Die derzeitigen Kirchenaustritte sollten vom Vatikan ernst genommen werden und als Anstoß dienen die Institution Kirche zu reformieren. Sonst wird es über kurz oder lang so werden wie in Frankreich.
    Und , das ist keine Fiktion, die christliche Kultur wird von der islamischen Kultur ersetzt werden, ob uns das recht ist oder nicht.

  100. @Ernth Astell:
    Hier zeigt sich die ganze Dummheit des Reduktionismus. Er ist nicht in der Lage, zwischen Methodik und Methodologie zu unterscheiden. Die naturwissenschaftliche Methode zerlegt die Welt richtigerweise in immer kleine Elemente. Daraus eine Methodologie zu machen, ist einfältig. Aus der Froschperspektive der Naturwissenschaft kann man diese Unterscheidung wahrscheinlich nicht erwarten. Dafür braucht es die Philosophie. Also kommen Sie von Ihrem hohen Ross herunter, bevor Sie herunterfallen.

  101. Bei allen Schwächen von Carnaps logischem Empirismus, kann seine Analyse des Begriffs “Gott” allerdings etwas erhellen. Der Begriff ist häufig doppeldeutig. Auf der einen Seite kann dieses Wesen bestimmte Eigenschaften haben, die sich in der Welt zeigen müssten. Insofern kann Religion den Naturwissenschaften widersprechen. Auf der anderen Seite kann es sich einen davon getrennten Bereich befinden. Carnap würde letzteren als sinnlos bezeichnen, wobei er in späterem Werk das Prinzip der Toleranz entwicklet hat, vereinfacht da es für die empiristische Analyse nicht selbst empiristische Gründe gibt.

    Wenn man religiöse Einstellungen und auch atheistische Einstellungen verstehen will, dann muss man sich mit dieser Doppeldeutigkeit außeinandersetzen, ansonsten bleibt es unklar, was eigentlich gemeint ist.

    Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Schleim, bevorzugen Sie den Begriff Gottes, der sich in einem abgegrenzten Bereich befindet:

    “Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben”

  102. @Stephan Schleim

    Also die religiösen Menschen, mit denen ich im längeren Gedankenaustausch stand, haben immerhin mehr Zweifel an ihrem eigenen Standpunkt zum Ausdruck gebracht, als die Naturalisten, die mir hier so begegnen.

    Was kein Wunder ist. Die religiösen Menschen nennen ihre metaphysischen Überzeugungen von vorneherein Glauben. Die meisten Naturalisten, die einem hier so begegnen, würden einer Einordnung ihrer Überzeugungen unter diesen Begriff wohl eher widersprechen.

    Woher hast du das mit der Trilogie?

    Von hier. “the blurb on the fifth book describes it as “the book that gives a whole new meaning to the word ‘trilogy'”.

    Das hatte sich angeboten, um meinen Countdown zu Null neuen Argumenten fortsetzen zu können.

  103. @Physiker

    Wenn Sie mir mal erklären können, warum auf allen Kirchen inzwischen Blitzableiter angebracht sind und keiner mehr die Glocken mit „fulgure frangit“ verziert, um die Blitzeinschläge abzuwehren (was vielen tiefgläubigen Glöcknern zum Verhängnis wurde), wenn es doch einen Gott gibt?

    Der Mühe würde ich mich unterziehen, wenn es uns wirklich weiterbringen würde. Daran habe ich allerdings Zweifel.

    Was würde es denn für die Richtigkeit des Naturalismus bedeuten, wenn es überhaupt keine Kirchen mehr geben würde, keine Andersdenkenden mehr und nur noch Naturalisten die Welt bevölkern würden?

    Was würde das über die Existenz eines Gottes aussagen?

  104. @Schleim

    Jesus kann das, diese Vergebung, für Sie bewirken, wenn Sie daran glauben?
    Schon einmal diese Möglichkeit in Betracht gezogen?

    Ewiges Leben als psychosomatischen Effekt?
    Ich glaube so stark ist kein Placebo.

  105. @Joker

    Was würde es denn für die Richtigkeit des Naturalismus bedeuten, wenn es überhaupt keine Kirchen mehr geben würde, keine Andersdenkenden mehr und nur noch Naturalisten die Welt bevölkern würden?

    Was würde das über die Existenz eines Gottes aussagen?

    In beiden Fällen würde das nichts aussagen.
    Richtig/Falsch wird nicht demokratisch entschieden.

    Das gilt aber umgekehrt natürlich auch.

  106. Einer,
    gut, dass Sie sich auf Analysen einlassen.
    Die römisch katholische Kirche bleibt bei ihrer Ansicht mit der Jungfrauengeburt, das ist richtig.
    Meine Meinung dazu., die Septuaginta ist die erste Bibelübersetzung von aramäisch ins Griechische. Die griechische Vorstellungswelt war die, dass eine Gottheit sich mit einem Menschen paaren kann. Das hat dazu geführt, dass sich Gott in Form des Heiligen Geistes mit Maria gepaart hat. Ein krasses Beispiel:

    Der griechischen Sage zufolge verliebte sich Zeus in Leda und näherte sich ihr in der Gestalt eines Schwanes und schwängerte sie. Doch auch Ledas Mann Tyndareos schlief in dieser Nacht mit ihr. Leda gebar zwei Eier mit vier Kindern – Helena, Polydeukes (lateinisch Pollux), Klytaimnestra und Kastor.

    Die Vorstellung der Jungfrauengeburt war also damals durchaus logisch.
    Merke: die Jungfrauengeburt entspringt griechischem Denken.

    Bei dem Begriff „Gottes Sohn“ tauchen wir ein in die hebräische Kultur. Im Hebräischen war es üblich, dass die Könige ihre Authorität auf Gott gründeten. Ein König war Gottes Sohn.
    Und Jesus, ganz logisch, der von seinen Anhängern als „König der Juden“ gesehen wurde, der wurde Gottes Sohn genannt.
    Anmerkung: Jesus selbst hat sich nie so bezeichnet. Er nennt sich Menschensohn.
    Was lernen wir daraus ? Bibelübersetzungen sind nur mit dem notwendigen Hintergrundwissen aussagekräftig.

    In der Frühzeit des Christentums gab es auch einen Streit ob Jesus gottgleich oder gottähnlich sei.
    Da blitzt noch das alte Verständnis auf, dass der Begriff Gottes Sohn eine Sprachgewohnheit ist.

    Bei einem späteren Konzil wurde dann festgelegt, dass Jesus mit der Dreieinigkeitsvorstellung gut erklärt werden kann.
    Was lernen wir daraus, wir dürfen nicht voreilig christliche Vorstellungen ablehnen, nur weil sie nicht in unsere logische Vorstellungswelt passen.
    Der Kern des Christentums bleibt unangetastet. Es gibt einen Gott, dem wir Menschen verpflichtet sind, nur darauf kommt es an.
    (Hoffentlich liest das einmal ein römischer Kardinal)

  107. Wissenschaft gegen Religion ist eine drastische Verkürzung dessen, um was es eigentlich geht: wissenschaftliche Erkenntnisse, sowohl naturwissenschaftlicher als auch historisch/archäologischer Art, im Widerspruch zu Behauptungen religiöser Glaubenslehren. Immer wenn solche Widersprüche von den Wissenschaften deutlich aufgezeigt werden, dann rudern die Kleriker oder Glaubenslehrer zurück und sagen “so war es nicht gemeint, das muss man anders deuten”, obwohl es über Jahrhunderte als hartes Dogma gelehrt wurde. Die Frage ist, wieviele Widersprüche müssen es sein, um die Glaubenslehre insgesamt unglaubwürdig zu machen, oder wieviele kann man tolerieren.

    Die Hauptaufgabe der Naturwissenschaft ist es, die Funktionsweisen der Natur zu verstehen und zu erklären, nicht mehr und nicht weniger. Dazu ist die Reduktion unverzichtbar, geradezu notwendig. Es ist einfach nicht wahr, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, dafür gibt es keine überzeugende Begründung, auch wenn die Empirie dafür zu sprechen scheint. Das Problem ist, dass die Teile nicht vollständig bekannt oder berechenbar sind. Dazu ist die Welt zu komplex, aber mit Generalisierungen, Aggregationen und Approximationen kommt die Wissenschaft gut zurecht. Deshalb sind zuverlässige Vorhersagen möglich.

    Die Naturwissenschaft ist sehr gut darin, Hilfen und Mittel für die Bewältigung des Lebens zu schaffen. Diese Hilfsmittel werden auch von ihren Zweiflern und Gegnern gerne genutzt. Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse für Verbrechen genutzt bzw. missbraucht werden, dann kann grundsätzlich nicht die Wissenschaft dafür verantwortlich gemacht werden, bis auf Ausnahmen, wo Wissenschaft(ler) und Politik miteinander kungeln.

  108. Zu Schleim
    “Glauben”
    Was passiert in ihnen eigentlich wenn sie glauben ? In all den Kommentaren werden mir hier ich theoretische Vorstellungen angeboten aber in die Materie des Glaubens fehlt die Sinnsuche. GLAUBE -als das für WAHR halten subjektiver Empfindungen /Überzeugungen / Gefühle ? Das Ego des Menschen will wohl immer irgendwie Macht ausüben: Macht über sich, über den eigenen Körper , über andere, über das Leben ….Wird diese Macht durch Leiden(Dukkha) ,Krankheiten, Tod in Frage gestellt, wird man also Ohn-mächtig / hilflos, sucht man Halt in einer höheren Macht die einen auffangen soll, die verlorene Sicherheit wiedergeben soll. Der Ursprung der Religionen liegt in den Naturreligionen der Urvölker (Animismus) und vermittelte eine gewisse Sicherheit in einer von Fressen und Gefressen werden bestimmten Zeit. Vielleicht ist Glaube auch ein Suchen nach dem Schutz der mütterlichen Geborgenheit die frei ist von Ängsten. Menschen sind unbewusst voller Ängste/Todesängste -schon immer- und Glauben an eine schützende Macht könnte diese Urängste kompensieren…

  109. @Stephan / Was ist Religion?

    Wenn es sich schon als notorisch schwierig erweist, den Begriff `(Natur-)Wissenschaft’ präzise zu definieren oder einzugrenzen (“Theories of quarks and the like,” nach W.V.O. Quine), dann gilt das erst recht für den Begriff `Religion’ (“The belief in spiritual beings,” nach E.B. Tylor). Die schlichte Definition von Tylor mag zwar leicht fasslich und populär sein, doch auch die Kulturanthropologie, als deren Begründer Tylor gilt, hat seit dem 19. Jhdt erhebliche Fortschritte gemacht, und inzwischen hat Clifford Geertz eine deutlich differenziertere Definition formuliert (zitiert nach [1]):

    Eine Religion ist (1) ein Symbolsystem, das darauf zielt, (2) starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und Motivationen in den Menschen zu schaffen, (3) indem es Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung formuliert und (4) diese Vorstellungen mit einer solchen Aura von Faktizität umgibt, dass (5) die Stimmungen und Motivationen völlig der Wirklichkeit zu entsprechen schei­nen.

    Gemäss dieser Definition, an der ich nichts zu beanstanden hätte, ist dann allerdings auch der ontologische Naturalismus mit seiner materialistischen Metaphysik als eine Erscheinungsform von Religion einzuordnen.

    [1] Gräb, W. (2005). Clifford Geertz: Religion dicht beschreiben. Drehsen, Volker/Gräb, Wilhelm/Weyel, Brigitte (Hg.): Kompendium Religionstheorie, Göttingen, 205-215. [PDF]

  110. @fossilium 24.02.2021, 00:37 Uhr

    erstens: wenn es in Ihrer Außenwelt keine Schönheit gäbe, würden Sie nicht überleben.

    Was meinen Sie mit “meiner Außenwelt”? Die sogenannte Außenwelt, dessen Teil übrigens auch ich und Sie sind, ist im Unterschied zur Schönheit nicht subjektiv. Aber Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

    zweites: typescherweise wollen Sie Schönheit verstehen, indem sie diese reduzieren, hier auf elektromagnetische Schwingungen in verschiedenen Frequenzen.

    Nein es ging hier um Farben, nicht um Schönheit. Aber es dürfte einige Physiker geben, die es für wunderschön halten, elektromagnetische Wellen im infraroten und ultravioletten Bereich unter der Zuhilfenahme technischer Hilfsmitteln nicht nur wahrnehmen, sondern sogar verstehen zu können. Dafür muss man aber die Idee, dass der Farbenkreis objektive Gültigkeit hätte, aufgeben. Falls man das nicht aufgibt, ist nicht erklärbar, wieso beispielsweise Insekten oder Reptilien Farben wahrnehmen können, die nicht im Farbenkreis liegen. Dies als “reduktionistisch” zu bezeichnen, ist ihr Irrtum.

    Die Wirklichkeit sieht so aus: viele elektromagnetische Schwingungen, im Verein mit anderen physikalischen Komponenten bilden ein Ganzes, das nicht mehr physikalisch verstanden werden kann, nämlich das Schöne in den Dingen, das nur wir sehen, aber wahrscheinlich Tiere auch.

    Ohne technische Hilfsmittel können wir elektromagnetische Wellen, die außerhalb des sogenannten sichtbaren Spektrums liegen, gar nicht mehr erkennen, also auch nicht als schön empfinden. (Nun ja, möglicherweise als Wärme.)

    Das Schöne entsteht, wenn viele Einzelheiten sich zu einem Ganzen verbinden, elm.

    Der eine empfindet es als schön, wenn er den Sternenhimmel beobachtet, der andere fürchtet sich dann, weil er bemerkt, wie klein er doch ist. Das liegt im Auge des Betrachters.

    Mit einer anderen Sicht können Sie nicht verstehen, was das Schöne an den Dingen ist, auch das Hässliche nicht.

    Und Ihnen könnte es schwer fallen, Respekt vor den Empfindungen anderer Menschen zu haben, wenn Sie Ihre Sichtweise nicht ändern. Konkret bei einer Beurteilung von Homosexualität könnte es Ihnen an Toleranz mangeln.

    Sie können daran sehen: Sie können sich ein kohärentes Weltbild nur dann erschließen, wenn Sie die naturwissenschaftlichen Aspekte mit den supra-naturwissenschaftlichen Aspekten schlüssig verbinden.

    Der ein oder andere könnte ein kohärentes Weltbild haben, und sich die Frage nicht stellen, ob sein Weltbild auch richtig ist, also auch objektiv mit der Welt übereinstimmt.

    Und nun sind wir wieder bei der Frage der Vereinbarkeit von den Realwissenschaften und den religiösen Überzeugungen von Menschen. Man kann dabei in Widersprüche tappen.

    Grüße Fossilium

  111. Reutlinger
    Die Technik beruht darauf, dass das ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.
    Haben Sie schon einmal eine Uhr auseinandergenommen und nachher nicht mehr gewusst, in welche Reihenfolge die Zahnräder gehören. Das “mehr als die Summe seiner Teile” meint den Zusammenhang der Teile.
    Wenn man der Physik zugesteht, dass sie geirrt hat, dann darf man auch der Religion zugestehen, dass sie geirrt hat.
    Die evangelische Kirche ist schon viel weiter in ihrer Vorstellung.
    Damit verraten Sie sich:
    “Die Frage ist, wieviele Widersprüche müssen es sein, um die Glaubenslehre insgesamt unglaubwürdig zu machen, oder wieviele kann man tolerieren.”
    Nennen Sie doch einmal eine Zahl !

  112. @Reutlinger:

    “Das Ganze ist nicht nur mehr,
    sondern etwas ganz anderes als die Summe seiner Teile.”
    (der US-amerikanische Physiker Philip W. Anderson)

    Emergenz bezeichnet das “Auftauchen” vorher nicht vorhandener Eigenschaften
    bei der Verbindung oder dem Auseinanderfall qualitativ unterschiedlicher Komponenten.

    So wie Kernbausteine und Elektronen sich zu Atomen verbinden,
    so wie die Verbindung von Sauer- und Wasserstoff Wasser ergibt,
    so wie die Verschmelzung elterlicher Gene ein von ihnen verschiedenes Lebewesen wachsen lässt,
    so machen die kognitiven Strukturen des Gehirns aus objektiven Daten Informationen,
    und schaffen so eine neue Qualität,
    die wir die geistige nennen.
    (aus dem Internet)

  113. @hwied, @Stegemann
    Nun, wenn ich die Bauteile meines Autos einzeln nebeneinander lege, dann ist es kein Auto. Das ist wohl trivial. Für manche Leute ist das Auto ein Hilfsmittel, für andere ein Statussymbol. Dabei funktioniert es nicht anders, es kann nur verschieden genutzt und bedient werden.

    Das pseudointellektuelle Gerede um Teile und das Ganze ist für mich obsolet. Eine wirkliche Emergenz ist nie nachgewiesen worden und ist nach meiner Überzeugung nicht vorhanden. Gäbe es eine solche Emergenz, dann wären zuverlässige Vorhersagen nicht wirklich möglich, dem Zufall wäre Tür und Tor geöffnet. Diese Emergenz ist Wunschdenken von Spiritisten.

  114. Stephan Schleim 24.02.2021, 06:58 Uhr

    Wahrheit gibt’s in Logik und Mathematik.

    Wenn Sie glauben, dass die Suche nach Wahrheit bei der Erforschung der Realität keine Rolle spielen würde, ja dann wird das wohl so sein!

  115. @Joker:
    Eigentlich sollte es doch klar sein, was ich mit dem Beispiel von den Blitzableitern meine: sogar die Kirchen verlassen sich inzwischen nicht mehr auf den göttlichen Beistand, wenn es um den Schutz vor Krankheiten, Naturgewalten etc geht, sondern nehmen die Erkenntnisse der Naturwissenschaften wie Medikamente und Blitzableiter dankbar an. Gebete haben nur die Wirkung von Placebos und damit hat sich es. Offenbar greift kein göttliches Wesen mehr in die Welt ein, weder schützend noch strafend. Das Konzept „Gott“ existiert nur in unserem Kopf, also, wie libertador, sagt, in einem abgegrenzten Bereich. Auswirkung auf die Natur hat es nicht. Die Diskussion wurde ja schon nach dem Erdbeben von Lissabon im Jahre 1755 geführt, wo Kirche und Adelspaläste zerstört wurden währen das Rotlichtviertel heil blieb.

  116. @hwied

    Die römisch katholische Kirche bleibt bei ihrer Ansicht mit der Jungfrauengeburt, das ist richtig.

    Ergo gibt es hier einen wissenschaftlichen Widerspruch, sogar in mehrfacher Art. Aus der Biologie aber auch aus der Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft etc.

    Merke: die Jungfrauengeburt entspringt griechischem Denken.

    Wie auch vieles anderes in der Bibel.

    Bei dem Begriff „Gottes Sohn“ tauchen wir ein in die hebräische Kultur. Im Hebräischen war es üblich, dass die Könige ihre Authorität auf Gott gründeten.

    Diese Idee ist VIEL älter als die Hebräer. Ein König war schon Jahrtausende vorher in Alten Orient ein Kind der Götter, auch wenn jeder wusste, dass das biologisch sicher nicht der Fall war.

    Ein König war Gottes Sohn.
    Und Jesus, ganz logisch, der von seinen Anhängern als „König der Juden“ gesehen wurde, der wurde Gottes Sohn genannt.

    ja

    Anmerkung: Jesus selbst hat sich nie so bezeichnet. Er nennt sich Menschensohn.

    Die Idee des Menschensohn kommt im Übrigen auch aus dem alten Orient.
    (siehe Annus, Amar. “Ninurta and the Son of Man.” In: R. M. Whiting (ed.). Mythology and Mythologies. Methodological approaches to intercultural influences. Melammu Symposia 2. Helsinki: The Neo-Assyrian Text Corpus Project 2001, 7-17.)

    Jesus soll so einiges gesagt haben, das ist alles andere als eindeutig.

    Was lernen wir daraus ? Bibelübersetzungen sind nur mit dem notwendigen Hintergrundwissen aussagekräftig.

    Erzählen sie das keinem Religionskritiker / Atheisten. Unsereins kennt die Bibel und den Hintergrund derselben in der Regel viel besser als die meisten Gläubigen.
    Das hilft nur nicht, wenn es halt so sein soll wie es da stand, egal ob es so gewesen sein kann oder nicht.

    In der Frühzeit des Christentums gab es auch einen Streit ob Jesus gottgleich oder gottähnlich sei.
    Da blitzt noch das alte Verständnis auf, dass der Begriff Gottes Sohn eine Sprachgewohnheit ist.

    Das ist bekannt.

    Was lernen wir daraus, wir dürfen nicht voreilig christliche Vorstellungen ablehnen, nur weil sie nicht in unsere logische Vorstellungswelt passen.

    Hä?

    Der Kern des Christentums bleibt unangetastet. Es gibt einen Gott, dem wir Menschen verpflichtet sind, nur darauf kommt es an

    .
    Auch der Gott solle einiges laut Bibel getan haben, was den Wissenschaften widerspricht .. wenn man all dies weglässt … ist nicht mehr viel übrig.

  117. @libertador: Gottesbegriff

    Ich weiß nicht, ob ich irgendeinen Gottesbegriff “bevorzuge”. Meine Aufgabe als Philosoph sehe ich darin, herauszuarbeiten, welche Möglichkeiten es gibt.

    Mit Carnaps Analyse in diesem Punkt kenne ich mich nicht gut genug aus und ich finde das Thema auch nicht wichtig genug, daran jetzt etwas zu ändern.

  118. @Reutlinger:

    “Eine Kraft, die gemäß dem Weberschen Gesetz in einem System von mehr als zwei Partikeln wirkt, kann nicht zurückgeführt werden auf die Zusammensetzung der Wirkungen von Elementarkräften zwischen je zwei Partikeln. Es ist nicht möglich, die Kräfte zwischen den einzelnen Paaren zu „summieren“, da die Größe jeder Paarkraft abhängt von den weiteren Partikeln, mit denen das Paar zusammen ein System bildet. Die Gesamtkraft des Systems enthält die Kräfte der sie konstituierenden Zwei-Partikel-Systeme nicht als Teile”

    Wenn Sie das als Spiritismus abtun, tun Sie mir leid.

  119. @reutlinger:
    Ich würde schon sagen, dass es emergente Phänomene in der Physik gibt. Gute Beispiele bietet da die Festkörperphysik, wo zum Beispiel die Siliziumatome sich zu einem Kristall anordnen, und auf einmal gibt es ein Leitungsband und ein Valenzband und eine Bandlücke dazwischen. Wenn man mit dem Kristall noch einige Tricks anstellt, kann man noch viel kompliziertere Phänomene beobachten. Das sind alles Dinge, die man dem einzelnen Siliziumatom nicht ansieht. Gleiches gilt, wenn man in die Chemie schaut.

  120. @einer: Themenwechsel

    Wenn Sie nicht mehr weiterwissen, wechseln Sie eben das Thema: Eben ging es noch um Vergebung, jetzt auf einmal um das ewige Leben!

    Diese Logik erschließt sich mir nicht; die Psycho-Logik deutet daraufhin, dass hier jemand den Mund sehr weit aufmacht, während wenig Substanz dahinter steckt.

  121. einer
    “wenn man all dies weglässt … ist nicht mehr viel übrig.”

    Mit diesem Konzentrat sind Sie gerüstet für die Welt.
    Das “Hä” hat mir gut gefallen, weil sie nicht die uneinsichtige Kopfgeburt sind, wie ich zuerst dachte.
    Was für sie unlogisch ist und bleibt, nehme ich an, sind die Wunder.
    Ich kann ihnen auch nicht sagen, ob die Wunder der Werbesprache der Antike geschuldet sind, oder ob es sie wirklich gab.
    Meine Meinung, wenn es Gott geschafft hat die Welt zu erschaffen, dann war es nur eine Fingerübung ein Wunder geschehen zu lassen. Ich meine, Wunder gibt es, die geschehen jeden Tag und jede Sekunde irgendwo auf dieser Welt.

    Haben Sie gestern im Fernsehen die Beerdigung eines Rabbi gesehen. Der Glauben dieser Leute ist auch ein Wunder für mich.

  122. @reutlinger: Hilfsmittel & Wissenschaft

    (1) Die Naturwissenschaft ist sehr gut darin, Hilfen und Mittel für die Bewältigung des Lebens zu schaffen. Diese Hilfsmittel werden auch von ihren Zweiflern und Gegnern gerne genutzt. (2) Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse für Verbrechen genutzt bzw. missbraucht werden, dann kann grundsätzlich nicht die Wissenschaft dafür verantwortlich gemacht werden, (3) bis auf Ausnahmen, wo Wissenschaft(ler) und Politik miteinander kungeln.

    (1) Was für Hilfen und Mittel haben Sie hier denn im Sinn? Etwa Psychopharmaka?

    (2) So so… Wenn Wissenschaft den Menschen hilft, dann sollen wir das der Wissenschaft danken; wenn Wissenschaft den Menschen schadet, dann liegt das nicht an der Wissenschaft. Hä? Sie messen mit zweierlei Maß.

    (3) Wenn einzelne Wissenschaftler versagen, dann ist doch die Wissenschaft vernatwortlich zu machen? Ich muss mich korrigierne: Sie messen mit dreierlei Maß!

    P.S. Wer schrieb hier heute noch etwas von Kohärenz?

  123. @Physiker
    Zweifellos gibt es noch unerklärliche Phänomene im Zusammenhang mit komplexen Systemen. Ob das aber eine Emergenz von etwas qualitativ Neuem ist, das ist eine ganz andere Kategorie. Emergenz und Phänomen bedeuten sprachlich eigentlich annähernd dasselbe, aber das Verständnis und der Gebrauch der Begriffe ist unterschiedlich.

    Ich meine, man muss da sehr scharf differenzieren zwischen Emergenz von Phänomenen oder Eigenschaften und Emergenz neuer Wirkungen. Worin zeigen sich Eigenschaften komplexer Systeme? Eigenschaften können von der subjektiven Wahrnehmung des Menschen abhängen. Wasser hat die Eigenschaft, nass zu machen. Ist das eine genuin physikalische Eigenschaft?

  124. @Physiker

    Eigentlich sollte es doch klar sein, was ich mit dem Beispiel von den Blitzableitern meine

    Ja, und es interessiert herzlich wenig in Bezug auf den Naturalismus, wie ich versucht habe, mit meinen Fragen zu verdeutlichen, auf die Sie überhaupt nicht eingegangen sind.

    Tut mir leid für Sie, wenn Sie sich noch so ausgiebig mit den Religionen beschäftigen. Ich mache mir lieber Gedanken über die Grundlagen meines eigenen Denkens. Seitdem ich da an eine gewisse Stelle gekommen bin, namentlich das Münchhausen-Trilemma, und akeptiert habe, dass ich Dogmatiker bin, sehe ich viel gelassener in die Welt mit allem Unfug darin.

  125. @Schleim
    Ihre selbstgerechten Einwände gehen wieder einmal an der Sache vorbei. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind Grundlage technischer Hilfsmittel für den Menschen, z.B. Ihres Computers. Das ist einer der Zwecke von Wissenschaft. Die Erkenntnisse können ex post zum Nutzen oder zum Schaden der Menschen genutzt werden, meist nicht von den Wissenschaftlern selber, sondern von Anwendern, der Ingenieurswissenschaft oder von Mächtigen. Die forschende Wissenschaft ist nicht verantwortlich für die Eigenschaften der Natur. Das alles sind Banalitäten, die keiner näheren Begründung bedürfen.

  126. @hwied

    Das “Hä” hat mir gut gefallen, weil sie nicht die uneinsichtige Kopfgeburt sind, wie ich zuerst dachte.
    Was für sie unlogisch ist und bleibt, nehme ich an, sind die Wunder.

    Nein – erst einmal unerklärt bzw. vielleicht auch unerklärbar.
    Ein Hinweis auf ein Wunder sehe ich da noch nicht. Ein Wunder wäre etwas, was sich auf keinen Fall wissenschaftlich erklären ließe.

    Ich kann ihnen auch nicht sagen, ob die Wunder der Werbesprache der Antike geschuldet sind, oder ob es sie wirklich gab.

    Naja, einige der geschilderten “Wunder” wie z.B. die Sintflut gab es halt nicht, ergo “Werbung”. Bei anderen Dingen (Wasser zu Wein z.B.) mag das schwieriger sein … klingt aber auch nach einem Taschenspielertrick.

    Meine Meinung, wenn es Gott geschafft hat die Welt zu erschaffen, dann war es nur eine Fingerübung ein Wunder geschehen zu lassen.

    Ja, wenn dem so gewesen wäre, dann wäre das so. Leider habe ich keinen Anhaltspunkt für die initiale Annahme finden können und für einen Gott, dem gegenüber wir “verantwortlich” wären noch viel weniger.

    Ich meine, Wunder gibt es, die geschehen jeden Tag und jede Sekunde irgendwo auf dieser Welt.

    Sorry, aber die sehe ich nicht.

    Haben Sie gestern im Fernsehen die Beerdigung eines Rabbi gesehen. Der Glauben dieser Leute ist auch ein Wunder für mich.

    Ist das zum Lachen oder zum Weinen? Ich bin mir da wirklich nicht sicher.

  127. @Reutlinger: Selbst reduktionistische Hirnforscher sagen, Bewusstsein entsteht durch die Vielzahl neuronaler Verbindungen. Dabei ist es letztlich egal, ob man diese mechanistische Auffassung vertritt oder die eines Karl Pribram, der von einem holographischen Bewusstsein sprach oder diejenige favorisiert, die eine Interferenz von elektromagnetischen Wellen annimmt. In jedem Fall wird Bewusstsein als emergentes Phänomen gesehen, das Sie dazu befähigt, hier Beiträge zu verfassen. Wird nach der ersten Auffassung eine Anzahl Neuronen unterschritten, gibt es kein Bewusstsein. Und dass Bewusstsein eine besondere Qualität hat, die sich weder auf Elektromagnetismus noch auf (Licht-) Wellen reduzieren lässt, dürfte kein Geheimnis sein, auch kein spirituelles.

  128. einer,
    ein Wunder kann auch erklärt werden. Warum auch nicht. Das Wunder besteht darin, dass die Wahrscheinlichkeit das es eigetreten ist , sehr klein ist.
    Es kommt auf den Zusammenhang an. Es kommt auf die Wirkung an.
    Sie sind doch auch froh, wenn ihnen im richtigen Augenblick der zündende Gedanke kommt oder die rettende Idee. Sind Sie noch nie auf die Idee gekommen, dass ihnen jemand die zündende Idee eingeflüstert hat. ?

  129. @Schleim

    @einer: Themenwechsel
    Wenn Sie nicht mehr weiterwissen, wechseln Sie eben das Thema: Eben ging es noch um Vergebung, jetzt auf einmal um das ewige Leben!

    Nein, ich habe das Wort Vergebung nie verwendet, sondern von Erlösung gesprochen.

    Unter Erlösung verstehe ich: Jesus hat uns vom ewigen Tod erlöst und verspricht uns das ewige Leben im Himmelreich / dem neuen Jerusalem.
    Ergo er hat die Erbsünde Adams getilgt, durch die der Mensch sterblich geworden ist.

    Das ist wenigstens das, was ich in der Regeln von Theologen (z.B. in der evangelischen Gemeinde hier) zu dem Thema zu hören bekomme.

  130. @hwied

    Das Wunder besteht darin, dass die Wahrscheinlichkeit das es eigetreten ist , sehr klein ist.

    ok – kein Problem damit, solche “Wunder” gibt es sicher immer wieder.

    Sind Sie noch nie auf die Idee gekommen, dass ihnen jemand die zündende Idee eingeflüstert hat. ?

    Nein, dann wäre ich sofort beim Arzt.

  131. Falls es jemanden interessiert bzgl. der Erlösung durch Jesus aus dem Katechismus der RKK:

    Folgen der Sünde Adams für die Menschheit
    402 Alle Menschen sind in die Sünde Adams verwickelt. Der hl. Paulus sagt: ,,Durch den Ungehorsam des einen Menschen” wurden ,,die vielen (das heißt alle Menschen] zu Sündern” (Röm 5,19). ,,Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten”

    654 Das Ostergeheimnis hat zwei Seiten: Durch seinen Tod befreit uns Christus von der Sünde, durch seine Auferstehung eröffnet er uns den Zugang zu einem neuen Leben. Dieses besteht zuerst in der Rechtfertigung, die uns wieder in die Gnade Gottes versetzt [Vgl. Röm 4,25], „damit, wie Christus … von den Toten auferweckt wurde, auch wir in einem neuen Leben wandeln” (Röm 6,4). Die Rechtfertigung besteht im Sieg über den durch die Sünde verursachten Tod und in der neuen Teilhabe an der Gnade [Vgl. Eph 2,4-5; 1 Petr 1,3]. Sie vollzieht die Annahme zu Söhnen Gottes, denn die Menschen werden Brüder Christi. Jesus selber bezeichnet nach der Auferstehung seine Jünger als seine Brüder:

    655 Schließlich ist die Auferstehung Christi – und der auferstandene Christus selbst – Ursache und Urgrund unserer künftigen Auferstehung

  132. @Schleim:

    …. das glauben auch nur die Physiker. Wobei, die wissen natürlich auch was Dekohärenz ist. Dann hat es sich was mit Quanteneffekt.

    Finden sie? Als ich fand den blauen Ganesha in Indien irgendwie lustiger. Oder sollen wir das Atomium in Brüssel nehmen?

  133. @Stegemann
    Die Emergenz von Phänomenen bestreite ich nicht. Wenn bspw. zwei Körper zusammenkommen, dann üben sie die gemeinsame Schwerkraft auf andere Körper aus und können einen Körper damit aus seiner Bahn werfen. Das sind z.T. alltägliche und oftmals banale Phänomene, über die wir gar nicht nachdenken. Bekannt sind nichtlineare oder chaotische Phänomene. Etwas ganz anderes wäre die Emergenz einer neuartigen physikalischen Wirkung. Das ist bisher nicht beobachtet worden.

    Die Dipoleigenschaft von Wassermolekülen hat ganz bestimmte Wirkungen, die das ungewöhnliche Verhalten von Wasser bestimmen. Eine der Wirkungen sind Wasserstoffbrückenbindungen, die u.a. für den Zusammenhalt der DNA sorgen. Ohne diese Eigenschaft gäbe es kein Leben. Nun gibt es dazu neue Erkenntnisse.

    Elektrisch „totes“ Wasser entdeckt

  134. Ich finde es ganz schrecklich, dass ich Dir schon wieder in Allem zustimme. Das macht eine Diskussion von vorneherein unmöglich.
    Seit Jahren bezeichne ich mich gerne als “katholisch-atheistischen Taoisten” (oder katholisch-taoistischen Atheisten, oder . . . viel Spaß bei den weiteren Permutationen). Und darin gibt es zweifellos allerhand Widersprüche, aber keinen, mit dem ich nicht leben könnte.
    Das Atheistische dabei bezieht sich auf die naive monotheistisch-mosaische Vorstellung von einem personalen Gott. Insbesondere mit den Attributen von Allwissenheit, Allmacht und Allgüte ist der wohl wirklich nicht haltbar. Aber ich vermute, dass jegliche Idee von Gott mit personalen Attributen ad absurdum zu führen wäre.
    Ich habe das hier mal angedacht. Und würde mich freuen, wenn ich Dich zur Lektüre ermuntern könnte. Mit über acht Jahren Abstand finde ich den Essay gerade richtig gut.
    Und er endet – Vorsicht, Spoiler! – mit einer Auflistung von Gründen, weshalb man trotzdem so eine kantische Notwendigkeit für Gott empfinden kann. Denn jenseits der recht billigen Widerlegung eines personalen Gottesbegriffs fangen die interessanten Diskussionen ja eigentlich erst an.

    Zum Abschluss meiner VL “Allgemeine Zoologie” habe ich meinen Studenten gerne, wenn die Zeit noch war, einen (aus Sicht des Philosophen vermutlich lächerlichen) Crashkurs Wissenschaftstheorie in 15 Folien oder so geboten. Damit sie wenigstens ein einziges Mal in ihrem Studium was davon hören. Die letzte Folie listete auf, was Wissenschaft bietet: intellektuelle Anregung, Macht, Ansehen. Und was sie nicht bieten kann: Moral, Sinn, sozialen Zusammenhalt. Dafür, so schloss ich, sind Religion und Mystik zuständig.
    Wie gesagt: Diskussion leider unmöglich.

  135. Einer
    ein wunderbares Erlebnis,

    Ich war auf meinem Nachhauseweg und verlor einen Gegenstand im Werte von über 60 000 €.
    Ich lief den ganzen Weg zurück, aber ich fand den …… nicht.
    Da begegnete mir eine Frau, die mir schon öfters begegnet war und fragte sie, ob sie nicht ein……
    gefunden hätte. Sie verneinte ich bedankte mich und wollte gerade weitergehen. Das sagte Sie zu mir : Geben Sie die Hoffnung nicht auf, !
    Ich ging also nochmal den ganzen Weg zurück bis an einen großen Platz. Dort war ich nicht gewesen , also dreht ich um. In diesem Augenblick sah ich das Gesicht der Frau und ich hörte im Kopf ihre Stimme: Geben Sie die Hoffnung nicht auf.!

    Also ging ich über den Platz an dessen Ende ein Kiosk war. Ich ging zum Kiosk und fragte, ob jemand ein…. abgegeben hätte. Der Kiosbesitzer hielt triumphierend den…..hoch und antwortete, der ist vor 5 Minuten von einem Mann abgegeben worden.
    Der Kioskbesitzer wusste nicht, was er da in Händen hielt und der Finder wusste es auch nicht.

    Ich bedankte mich und beeilte mich die Frau wieder zu treffen. Aber ich traf sie nie wieder. Und diese Episode ist jetzt 20 Jahre her.
    Für mich war das ein Wunder.

  136. einer,
    was im Katechismus steht ist eine Interpretation. Was wollen Sie uns damit sagen ?
    ,

  137. @Stegemann
    Ich habe keine Ahnung, aber ich neige zum Phänomen. Was genau ist das Bewusstsein denn? Beruht es nicht wesentlich auf unserem leistungsfähigen Gedächtnis? Die Struktur des Nervensystems ist zum Teil variabel, es kann Zustände über längere Zeit konservieren, also speichern. Das Bewusstsein ist wesentlich ein Vergleich aktueller Wahrnehmungen mit Vorstellungen, Erinnerungen und Erfahrungen, aus denen wir unser Denken, unsere Motivation, unsere Lebensziele, unser Verhalten ableiten. Dass wir darüber nachdenken können, wie eine Spiegelung, ist vermutlich Bewusstsein. Aber ich weiß es nicht.

  138. Hallo Herr Reutlinger,

    Eine wirkliche Emergenz ist nie nachgewiesen worden und ist nach meiner Überzeugung nicht vorhanden. Gäbe es eine solche Emergenz, dann wären zuverlässige Vorhersagen nicht wirklich möglich, dem Zufall wäre Tür und Tor geöffnet. Diese Emergenz ist Wunschdenken von Spiritisten.

    Das ist die Ansicht des sog. Naiven Realisten und vieler Naturwissenschaftler.

    Dabei wird übersehen, dass die Quantenphysik – die am besten bestätigte physikalische Theorie überhaupt – nun nichts anderes behauptet, dass alle beobachtbaren Erscheinungen überhaupt aus einem unverstandenen Ganzen emergieren. Die ganze Welt der physikalischen Einzelteile ist emergent, das ganze Universum ist der Emergenz aus Unverstandenem zu verdanken. Davor machen Sie die Augen zu.

    Auf fundamentaler Ebene sollen alle physikalischen Entitäten in einem verschränkten Zustand vorliegen, das ist eine Gesamtheit, die dadurch definiert ist, dass sie nicht durch die Summe ihrer Teile bestimmt ist. Durch Wechselwirkung mit der Umgebung werden dann Einzelteile aus aus diesem Zustand herausgelöst und erfahren durch Wechselwirkungen untereinander dann weitere physikalische Bestimmtheiten (z.B. einen Ort). Das ist der Mechanismus der Entstehung physikalischer Existenz, so die gängige Lehre.

    Das ist nun keine Metaphysik, sondern Physik. Man kann das sehen wie man will, wer behauptet, Emergenz gäbe es nicht, weil dies ein Wunder sei, und Wunder gäbe es nicht, der sollte sich mal die wundersame Welt der Quanten(feld)physik ansehen, wo Wunder nur so hervorsprießen, Emergenz ist nichts dagegen.

    Dies rührt, wie schon häufiger gesagt, daher, dass die Naturwissenschaften kein gesichertes metaphysisches Fundament haben, sondern sich ihre Begriffe und ontologischen Entitäten sehr pragmatisch ad hoc suchen und zusammenzimmern, wie sie sie gerade brauchen. Das ist ja gerade der Vorteil der Physik vor der Philosophie: klare Analyse und argumentative Stringenz bei der Beschreibung eines Sachverhalt sind nicht wichtig, sondern die pragmatische Konstruktionen von Systemen, die funktionieren. Das daraus keine Wahrheiten resultieren, ist offensichtlich, aber solche Wunder gibt es immer wieder.

    Man kann übrigens Emergenz auch ganz einfach definieren: wenn bei der modellhaften Reduktion alle Eigenschaften eines physikalischen Objekts wegreduziert sind, die man zur Erklärung eines Mechanismus nicht braucht, dann funktioniert der Mechanismus hervorragend. Aber wenn Sie diese Objekte dann nehmen, und setzen viele davon wechselwirkend zu einem größeren Gesamtheit zusammen, dann fehlen Ihnen die wegreduzierten Eigenschaften immer noch, das sind dann gerade die, die das nicht mehr erklärbare Verhalten der Gesamtheit erklärt hätten. Es ist doch logisch, dass ein nicht mehr erklärbares Verhalten auftreten muss. Das kann man dann Emergenz nenne, oder “nicht erklärbar”. Aus logischen Gründen sind über die wegreduzierten Eigenschaften der physikalischen Objekte eben grundsätzlich keine Erkenntnisse mehr möglich. Reduktion erzeugt auf diese Weise systematisch Unwissen. Die Physik produziert daher genauso viel Wissen wie Unwissen.

    Das viele Leute unter Emergenz alles Mögliche verstehen ist klar. Aber man kann ja in jedem Einzelfall sagen, was man meint. Ist ja kein Wissenschaftsbegriff.

    Was ich mit all dem sagen will: wenn Sie mit den exakten Naturwissenschaften ankommen, von denen nur klar-definierte und überprüfbare Aussagen gemacht werden, zum Beispiel, so was schwammiges wie Emergenz gäbe es da nicht, dann kann ich Sie sehr leicht darauf hinweisen, dass neben klar-definierten und überprüfbaren Aussagen eine gewaltige Menge unscharfer, unbestimmter, widersprüchlicher Ideen, Konzepte und Begriffe in der Physik das Feld beherrschen, die allein aus pragmatischen Gründen mitgeschleppt werden, aber eine immer größere Rolle spielen. In der Physik wächst die Unklarheit, ich würde da an Ihrer Stelle mal etwas kritischer hinsehen, also ein wenig Wissenschaftstheorie bestreiten, bevor Sie mit markigen Sprüchen daher kommen.

    Grüße
    Fossilium

  139. @hwied

    was im Katechismus steht ist eine Interpretation. Was wollen Sie uns damit sagen ?

    Dass das was ich schrieb, sowohl von der katholischen Kirche als auch innerhalb der evangelischen behauptet wird und nicht meine Privatmeinung ist.

  140. @Reutlinger:

    Eine wirkliche Emergenz ist nie nachgewiesen worden und ist nach meiner Überzeugung nicht vorhanden. Gäbe es eine solche Emergenz, dann wären zuverlässige Vorhersagen nicht wirklich möglich, dem Zufall wäre Tür und Tor geöffnet. Diese Emergenz ist Wunschdenken von Spiritisten.

    Meinen sie mit wirklicher Emergenz eine “starke” Emergenz? Also das Auftreten einer Eigenschaft eines Systems, bestehend aus Bestandteilen, welche aus den Eigenschaften und Wechselwirkungen der Bestandteile nicht mehr hergeleitet werden kann?

    Also Emergenz wie zB elektrische Leitfähigkeit eines Metalls ist nicht gemeint?

  141. @Fossilium
    Ihre Ausführungen nehme ich mit Schmunzeln zur Kenntnis. Ich frage mich dabei nur, wie es kommt, dass das periodische System der Elemente seit Jahrmilliarden Bestand hat, dass Atome nicht ständig zerfallen, außer den Transuranen, dass Leben überhaupt möglich ist, angesichts der Unbestimmtheiten und Verschränktheiten.

    Die Reduktion ist notwendig zum Verständnis der Funktionsweise zusammengesetzter Systeme, nichts weiter.

  142. @Reutlinger, wenn man Teile des Gehirns entfernt, bleibt die Erinnerung dennoch vollständig erhalten, nur etwas “blasser”. Es ist also ein emergentes System mit Eigenschaften, die nicht auf seine Einzelteile reduzierbar sind.
    Ihr Autobeispiel: keine einzige der physikalischen Gleichungen, mit denen man die Einzelteile eines Autos beschreiben kann, geben die Gleichung her, mit der man die Fahrdynamik beschreibt.
    Damit soll dann aber auch gut sein.

  143. @Stegemann:

    Ihre Aussage ist nicht korrekt.
    Bei der Alzheimer Erkrankung verlieren sie Gehirnsubstanz. Schreitet die Erkrankung weiter und verlieren sie noch mehr Masse, sind ihre Erinnerungen nicht nur blasser, sondern irgendwann weg. Sie erkennen nicht mal mehr Mitglieder ihrer Familie die sie viele Jahrzehnte gekannt haben.
    Also, wie ist das: Ist Erinnerung emergent oder nur an schnöde Masse gekoppelt?

  144. @Stegemann
    Dass die Erinnerung erhalten bleibt, wenn man Teile des Gehirns entfernt, wage ich zu bezweifeln. Es kommt wohl darauf an, welche Teile man entfernt. Der Hippocampus hat zentrale Funktionen für das Gedächtnis.

    Genauso ist es mit anderen Teilen des Gehirns, die bestimmte Funktionen haben. Andererseits ist es nicht so, dass bestimmte Funktionen eindeutig bestimmten Teilen zugeordnet werden können, vielmehr sind Funktionen über verschiedene Teile “verschmiert”. Das Gehirn ist kein architektonisch geplantes, modulares System, sondern ein Produkt der Evolution, das aus vielen Zufällen der Entwicklung entstanden ist.

  145. @Neher: Ich rede nicht von Alzheimer, sondern von Untersuchungen bei gesunden Tieren, denen man Teile des Gehirns entfernte. Krankheiten etwas völlig anders. Muss ich das hier noch ausführlich erklären??

  146. einer,
    das blogthema lautet Wissenschaft und Religion und nicht Wissenschaft und Kirche.
    Religionsgegner tischen gern die Fehler der Kirchen auf , wenn sie gegen Religion argumentieren.
    Im Katechismus steht die Lehrmeinung der katholischen Kirche.
    Jetzt konkret. Was Paulus behauptet steht im Gegensatz zudem was Jesus meint, als er das Beispiel mit dem Blinden bringt, der blind ist, nicht aus Verschulden, sondern, weil Gottes Schöpfung so ist, wie sie ist.

  147. @hwied
    Das Johannes-Zitat mit dem Blindgeborenen (“was hat dieser getan, dass er blind geboren wurde”) ist übrigens eines der Beispiele aus dem Neuen Testament, das darauf hindeutet, dass Jesus an die Reinkarnation glaubte. (Er, oder die Evangelisten, also wohl die Frühchristen.)
    Das nur nebenbei.

  148. @Neher
    Man unterscheidet zwischen starker und schwacher Emergenz. Die Unterschiede sind jedoch nicht eindeutig zu bestimmen. Ich neige zur schwachen Emergenz. Die Leitfähigkeit von Metallen ist zweifellos eine schwache Emergenz, denn sie beruht auf der schwachen Bindung der äußeren Elektronen an den Atomrumpf des Metalls.

    Viele emergente Phänomene nehmen wir unkritisch hin, weil wir sie seit der Kindheit kennen und gelernt haben, wie sie funktionieren. Dazu gehören bspw. der Nebel oder der Regenbogen. Wir spüren die Wirkungen der Schwerkraft und der Trägheitskraft, wenn wir radfahren, ohne noch darüber nachzudenken.

    Viele der Emergenzen kommen dadurch zustande, dass eine ungewöhnliche und seltene Konstellation eintritt. Solche Konstellationen sind im Labor herstellbar, wie das Experiment mit dem “elektrisch toten Wasser”. Sie kommen in der Natur aber so gut wie nie in isolierter Form vor, sondern im Zusammenhang mit andern Phänomenen. Dasselbe gilt auch für Phänomene der Quantenphysik (Verschränktheit).

  149. @Stegemann

    Sie “schwimmen” etwas und bisher haben sie noch nichts dazu erklärt.
    Oben schreiben sie, das Erinnerungen erhalten blieben, wenn auch etwas blasser. Nun sind es auf einmal Tiere.
    Erklären sie doch bitte, welche Tiermodelle sie dafür einsetzen und mit welchem experimentellen Ansatz sie testen wollen, dass die Erinnerungen der Tiere blasser werden, aber erhalten bleiben?

  150. @Neher: der Platz hier reicht nicht aus, wir verzetteln uns wieder. Es ging um Emergenz. Bewusstsein ist z.B. ein Paradebeispiel für Emergenz. Es hat wenig Sinn, Dogmatiker von ihrem Glauben abzubringen.

  151. @Konrad Lehmann / 24.02.2021, 14:37 Uhr

    Excusez-moi, ich wundere mich nur gerade, ob derschwarzekater das mit der Logik-Vorgabe hier vielleicht ironisch gemeint hat:

    Also: Man hört und liest des öfteren, Gott lasse sich zwar nicht beweisen, aber auch nicht widerlegen … Die Behauptung speist sich aus der Vorgabe der Logik, dass man All-Sätze nur widerlegen (nicht beweisen) und Existenz-Sätze nur beweisen (nicht aber widerlegen) könne. Im Prinzip, d.h. in jenen Gefilden der Abstraktion, in denen Logiker und Mathematiker sich mit Vorliebe bewegen, mag das stimmen.

    In jenen besagten Gefilden stimmt das allemal nicht. Exempli gratia, und ganz ohne Einhorn,

    Beipiel 1 Alle glücklichen Zahlen sind ungerade.
    Bew.: Gilt nach Konstruktion.

    Beipiel 2 Es existiert eine gerade glückliche Zahl.
    Gegenbew.: Korollar zu Beispiel 1.

    Die Behauptung “Gott existiert” wäre tatsächlich weder beweisbar, noch widerlegbar. Denn das ist gar kein Satz, sondern nur ein Scheinsatz (im Sinne von Carnap), dem schlicht das Prädikat fehlt — also im Lichte der logischen Analyse etwas vom Typ not even wrong.

  152. @Stegemann:

    ich will sie auch gar nicht von ihrem Glauben abbringen 🙂
    Aber denken sie daran: “strong claims require strong evidence”

  153. Stephan Schleim 24.02.2021, 12:50 Uhr
    Nicht zuletzt deswegen behaupten manche Menschen, dass die Philosophie tot ist. Ich teile diese Meinung nicht, weil es eben doch einige wenige Philosophen gibt und gab, die Lesenswertes publiziert haben.

    Beschäftigen Sie sich erst einmal damit, dass es Menschen gibt, die Begriffsdeuteleien für keine Theorien halten (darunter findet man auch einige Philosophen).

    Aber darum geht es ja gar nicht. Ich wiederhole: Wenn Sie glauben, dass die Suche nach Wahrheit bei der Erforschung der Realität keine Rolle spielen würde, ja dann wird das wohl so sein!

  154. Stephan Schleim 24.02.2021, 12:50 Uhr

    Vorschlag: Beschäftigen Sie sich doch erst einmal mit Wahrheitstheorien; Grundstudium Philosophie.

    Denken Sie einmal darüber nach, ob es nicht sinnvoller wäre, sich damit zu beschäftigen, wie Menschen den Wahrheitsbegriff nutzen, anstatt zu meinen, dass Wahrheitstheorien zu etwas nütze wären. Nachdem bereits seit Jahrtausenden ganze Horden von Philosophen sich mit sogenannten Wahrheitstheorien beschäftigen, aber immer noch zu keinem Konsens gelangt sind, sollte man sich einmal überlegen, ob da nicht etwas ‘Grundsätzliches falsch ist.

    Die Mehrdeutigkeit des Wahrheitsbegriffs ist aber hervorragend dafür geeignet, Menschen absichtlich missverstehen zu wollen, indem man einfach darauf hinweist, dass er denselben nicht richtig nutzt.

    Ich wiederhole: Wenn Sie glauben, dass die Suche nach Wahrheit bei der Erforschung der Realität keine Rolle spielen würde, ja dann wird das wohl so sein!

  155. Facebook gesichtet:

    „ Nach den Kreuzzügen im Namen einer “Kirche”, die selbst vor dem abschlachten von Kindern nicht zurückschreckte, nach dem lebendigen Verbrennen unzähliger, v.a. Frauen bis in die Neuzeit, nach den Kriegen die Kirchenstaaten mit eigenen Söldnerheeren führte, nach der ausdrücklichen Billigung von Sklaverei, nach der aktiven Unterstützung übergroßer Teile der Kirche des NS-Regimes und nach dem Mißbrauch tausender Kinder weltweit, werde ich nicht müde dieses Zitat zu schreiben: “Dass der Mensch von seinem Glauben nicht los kommt, ist die schwerste Sünde, die er sich aufzwang. Anstatt die Religion zu reformieren muss sie überwunden werden.” (Elisa Nowak)

    Jede weltliche Organisation wäre längst wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verboten worden, aber mir scheint das der moderne Mensch um jegliche kognitive Kosten zu sparen, diese Dienstleistungsorganisation braucht, um sich von einer imaginären Transzendenz seiner “Sünden” vergeben, als sterblicher Mensch angenommen und für den sonntäglichen Sitz(gottes)Dienst für ein ewiges Leben in Wohlstand, erlöst fühlen darf.

    Was hat solch ein geschwurbel an Geschwür auch nur ansatzweise auf einer Wissenschaftlichen Seite zu suchen ?!

    Spektrum, Scilogs ?!

    Ist das hier demnächst auch unter Kirche.de zu erreichen ?!
    Hoffe es findet keine Neuausrichtung von „Philosophen„ statt ..
    Exorzismus zum wahren Bekenntnis, …

    Wenn man nicht imstande ist zwischen wahren Fakten und echter Wissenschaft und primitiver Unwissenheit an unwissenschaftlichen Glauben in 2021 zu unterscheiden, fragt man sich wahrlich ob man sein Bewusstsein an Gehirn ausversehen bekommen hat.

    Philosophen und Homöopathen sind ein und das selbe.

    Dieses primatenhafte verhalten ist prähistorisch,
    und die Philosophie war noch nie am Leben gewesen,
    geschweige denn – sie ist tot.

  156. @hwied und Konrad Lehmann
    Ich interpretiere die Geschichte des Blindgeborenen, den Jesus heilt, nochmals anders. Wenn es darum ginge, die Welt einfach so zu verstehen, wie sie ist, würde der Jesus der Bibel den Blinden nicht heilen.

    Und genau um die Wunderheilung geht es nach meiner Interpretation. Es geht darum Jesus, der vermeintlich auch Blindgeborene heilen kann als Offenbarung Gottes, als das Licht der Welt, darzustellen. Es geht nicht um Reinkarnation. Konrad Lehmann hat übrigens falsch zitiert. Ich empfehle nachzulesen.

    Ich möchte aber darauf hinweisen, dass an der Bibel bereits seit fast 2000 Jahren ganze Horden von sogenannten Theologen herumdeuteln und seit Erfindung des Buchdrucks und der Einführung von Übersetzungen der Vulgata auch Laien auf diesen Zug aufgesprungen sind. Und diese kommen nicht selten zu sehr unterschiedlichen Resultaten, was daran liegt, dass religiöse Schriften selten “normal” gelesen werden, sondern bereits unter der Prämisse, dass man in Ihnen zwangsläufig etwas Bedeutsames finden müsste, und am besten etwas, das auch dem eigenen Weltbild entspricht. (Siehe auch Von Reimarus zu Wrede von Albert Schweitzer oder auch Wie es sich christelt, so jüdelt es sich von Rabbi Michael Hilton)

  157. Hallo Herr Reutlinger,

    es freut mich, dass ich Sie zum Schmunzeln gebracht habe. Haben Sie meine Ausführungen genossen, aber vielleicht nicht verstanden.

    Grüße
    Fossilium

  158. Ihre Beispiele, lieber Herr Reutlinger, sind kein Beispiel für Emergenz. Sie lassen sich im Prinzip aus den Wechselwirkungen vieler kleiner Bausteine erklären. Die Physik kennt sich da sehr gut aus – nicht mit dem, w a s wechselwirkt, aber w i e es wechselwirkt. Das ist alles reduzierbar.

    Ich hatte schon mal ein Beispiel für “echte” Emergenz angeführt: ihre Gehirnmasse, ein Haufen Atome, schafft es, sich selbst zu verlassen, auf sich herabzublicken und zu sagen: Anton, schreibe jetzt man eine echte Erwiderung auf das schwadronierende Fossilium. Ihr Atomhaufen ist in der Lage, in Gedanken sich selbst zu betrachten, in der Realität sich selbst im Spiegel zu betrachten (sich unter der Schädeldecke zu erkennen) oder in die Umgebung zu sehen, wo noch andere Haufen dasselbe machen.

    Kann man das aus den Bestandteilen, den Atomen, erklären ? Nein. Ist es zukünftig erklärbar ? Vielleicht. Ist es emergent ?
    Wenn es Emergenz gibt, dann ist es das.

    Grüße Fossilium

  159. Starke oder schwache Emergenz? Ein interessantes Experiment:
    Heidelberger Physiker beobachten die Emergenz von kollektivem Verhalten

    Aus der Beobachtung eines makroskopischen Phänomens wird versucht, ein Experiment zu gestalten, um das Phänomen systematisch und reduktiv zu untersuchen. Das ist das übliche Vorgehen in der Forschung. Dann wird zwischen Mikro und Makro hin und her geschaltet, um die Auswirkungen zu testen und zu erkennen. Manche Vorstellungen der Antireduktionisten sind naiv.

    Die obige Beschreibung dieses Experiments ist natürlich bei weitem nicht vollständig. Dazu müsste man die Originalpublikation lesen. Aber es zeigt sich, dass für den Phasenübergang zur Supraflüssigkeit die gezielte Anziehungskraft einiger Atome die entscheidende Rolle spielt, also keine zusätzliche physikalische Wirkung im Makrobereich entstanden ist. Man beachte, dass die Atome im Experiment superkalt sind, also in der Natur so kaum vorkommen, außer im leeren Weltraum.

  160. Heinz Hertlein,
    Ihr Hinweis, dass auch andere Interpretationen möglich sind finde ich gut.
    In einer anderen Quelle fand ich den Hinweis, dass Jesus der alttestamentarischen Vorstellung widerspricht, nach der , wer Gutes tut dem auch Gutes widerfährt. Wer sündigt, dem widerfährt auch Schlechtes und das zu Lebzeiten. Deswegen fragten ja die Jünger, ob der Blinde gesündigt habe.

    Da Sie ja kundig sind (ich selbst bin nur Laie) habe ich eine Frage. Ich kann mich daran erinnern, dass nach dem 2. Weltkrieg das Religionsbuch “Schild des Glaubens” an Schulen verwendet wurde. Darin gab es eine Stelle nach dem Sündenfall und Adam und Eva aus dem Paradies gewiesen wurden, wo es heißt:
    “……..und Adam und Eva gingen zu den Menschen”. Ich fand damals schon diese Stelle seltsam.
    Wissen Sie etwas darüber.?

  161. @Chrys // 24.02.2021, 11:46 Uhr

    »Gemäss dieser [Religions-]Definition [vpn Clifford Geertz], an der ich nichts zu beanstanden hätte, ist dann allerdings auch der ontologische Naturalismus mit seiner materialistischen Metaphysik als eine Erscheinungsform von Religion einzuordnen. «

    Das spricht eindeutig gegen diese Definition. Denn dann wären der philosophische Naturalismus und jede beliebige Religion praktisch ein und dasselbe und mithin die hier im Blog behandelte Frage nach der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion unsinnig. Dann kann es nur noch darum gehen, ob die eine Erscheinungsform von Religion mit anderen derartigen Erscheinungsformen kompatibel ist (ich schätze, wohl eher nicht, denn sonst gäbe es nicht derart viele unterschiedliche Religionen).

  162. @Stephan / 24.02.2021, 08:39 Uhr

    An die Adresse von I. Hirsch gerichtet:

    »Manche Naturalisten sagen, “In der Welt geht es mit rechten Dingen zu”, diesen Satz habe ich hier in den Kommentaren oft genug gelesen, und meinen damit, es gebe nichts Übernatürliches. Schon lange vorher haben aber gläubige Wissenschaftler denselben Satz gesagt, “In der Welt geht es mit rechten Dingen zu”, und meinten damit, dass ihr Gott dafür sorgt, dass Ordnung herrscht und nicht Chaos. «

    Das könnte man so verstehen, dass gläubige Wissenschaftler eher nicht glauben, ihr Gott nehme Einfluss auf die Geschicke der Welt. Einerseits.

    Andererseits kann das auch so verstanden werden, dass geglaubt wird, allein Gott sei für Wundersames zuständig, und nicht etwa irgendwelches Hexenwerk oder irgendeine Magie:

    Aus theologischer Sicht problematisch wird dies vor allem im Bereich der Religion, wenn sich Magie Göttliches technisch verfügbar machen will und dabei gegen das erste Gebot verstößt. Magie wird dann zu einem illegitimen Eingriff in die absolute Freiheit Gottes.

    (Quelle: EZW)

    Wie auch immer. Auf jeden Fall ist das Argument (wenn es denn eins ist) wohl so zu verstehen, dass der Naturalismus zwar bestimmten Religionsaussagen widerspricht, selbst aber quasireligiöse Züge aufweist (@hwied wird’s freuen). Zum einen.

    Zum anderen geht es wohl auch darum, den Naturalismus als eine Form von Religion zu disqualifizieren.

    Dabei wird verkannt, was für Riesenfortschritt es bedeutet, das Wirken der Naturkräfte an die Stelle von „Gott“ als Schöpfer aller Dinge (und insbesondere des Menschen) zu setzen.

    Vorschlag:

    Den leicht verständlichen Satz: „Überall auf der Welt geht es mit rechten Dingen zu“ könnte man vielleicht auch als „Nullhypothese“ der Naturalisten lesen. Die Alternativhypothese könnte dann lauten: „An manchen Orten der Welt (oder einfach: Manchmal) geht es nicht mit rechten Dingen zu“.

    Seit gut dreihundert Jahren läuft der Versuch, diese naturalistische „Nullhypothese“ zu falsifizieren. Bislang ohne durchschlagenden Erfolg—sagen die einen. Ist schon wiederholt geglückt—sagen die anderen.

    Je nach Gusto.

  163. @Reutlinger: Dafür, dass Sie ständig behaupten, es gäbe keine Emergenz, sie wäre nur etwas für Spiritisten, ist der Artikel bemerkenswert. Emergente Systeme bestehen immer aus Phasenübergängen. Das ist also nichts Neues. Hier wurde es lediglich untersucht.

  164. @Konrad: Übereinstimmung & Biologie

    Über was für ein Thema könnte ich denn mal wieder schreiben, damit du dich daran stören kannst?

    Sehr schön geschrieben, dein älterer Artikel, und mit interessanten biologischen Beispielen unterlegt. Das könnte ich nicht.

    Aber warum ist es jetzt so dumm, wenn ich bei der Frage, ob einer Maus (im langen Lauf von Mutation und Selektion) Flügel wachsen können – an Fledermäuse denke?!

    Oder soll ich vielleicht über Einhörner schreiben?

  165. hwied 24.02.2021, 20:11 Uhr

    Zuerst einmal: ich bin bekennender Atheist. Mir taugt die Bibel deswegen nicht, weil ich Sie kenne. Ich kenne sie aber wohl nicht in einem derartigen Umfang, wie andere, die eine Beschäftigung mit ihr für das Interessanteste halten, das es geben kann. Mich interessiert sie nur noch deswegen, weil sie von Personen, mit denen ich zusammenlebe, und die mich interessieren, überbewertet wird.

    Dennoch möchte ich auf ihre Fragen antworten, wobei das eben einfach meine Meinung ist: die eines Laien, wie Sie, der diese vermutlich aus einem anderen Blickwinkel als Sie betrachtet.

    In einer anderen Quelle fand ich den Hinweis, dass Jesus der alttestamentarischen Vorstellung widerspricht, nach der, wer Gutes tut dem auch Gutes widerfährt. Wer sündigt, dem widerfährt auch Schlechtes und das zu Lebzeiten. Deswegen fragten ja die Jünger, ob der Blinde gesündigt habe.

    Die erste Frage, die ich mir selbst stelle, wenn mir jemand diese Frage stellt, ist, was denn die “alttestamentarische Vorstellung” ist (Wie es sich christelt, so jüdelt es sich). Ich gehe aber davon aus, dass, wenn man sich für alttestamentarische Vorstellungen interessiert, sich besser mit jüdischen Interpretationen des alten Testaments/des Tanach, als mit christlichen beschäftigen sollte. Als Einstieg würde ich empfehlen in wiki “Auserwähltes Volk” nachzulesen, da es sich durch den ganzen Tanach wie ein roter Faden zieht, dass, wer den Bund mit Gott nicht einhält, mit Konsequenzen zu rechnen hat und mit diesem Bund ein wesentlicher moralischer Anspruch verknüpft ist. Es ist aber nicht so, dass “Gutes tun” und “den Bund einhalten” Synonyme sind. “Sündigen und “den Bund nicht einhalten” aber möglicherweise schon (meine Interpretation. Ein gläubiger Jude könnte das anders sehen).

    Da Sie ja kundig sind … Wissen Sie etwas darüber.?

    Ich bin alles andere als ein Theologe, und leider kenne ich “Schild des Glaubens” nicht.

  166. @Hertlein: Wissenschaft

    Was denken Sie, warum es Wissenschaft und nicht Wahrschaft heißt?

    Doch Spaß beiseite: Ich wollte Sie etwas aus der Reserve locken. Klar, Wahrheit ist ein Ideal, an dem man sich orientiert, so wie Objektivität. Sie ist – meiner Meinung nach – aber eben vor allem das: ein Ideal.

    Nichts für ungut.

  167. @Astell: Kirchen

    Das einseitige Bild, das Sie zeichnen, ist wenig originell; wissenschaftlichen Standards entspricht dieses Vorgehen keinesfalls.

    Schon einmal hierüber nachgedacht: Warum sind nur 2% der Weltbevölkerung Atheisten, Anteil fallend, und ordnen sich rund 90% der Menschen einer Religion zu, Anteil steigend?

    P.S. Können Sie mir eigentlich auch nur eine mächtige Instiution nennen, in der es nie zu Machtmissbrauch kommt?

  168. Da Emergenz gerade in der Diskussion so eine prominente Rolle spielt, ein paar Gedanken von mir dazu.
    Wenn man Computer betrachtet, ist die Datenverarbeitung auf ihnen ein emergentes Phänomen? Wenn ja, dann ist die Reduktion des Computers auf die materielle Ebene nicht sinnvoll. So hat zum Beispiel die analytical engine von Babagge keine integrierten Schaltkreise, sondern arbeitet mit Rädern, Federn etc, also völlig mechanisch. Trotzdem ist sie im Prinzip so leistungsfähig wie eine Turing-Maschine. Man kann nun die Mechanik durch Relais, oder durch Vakuumröhren, Transistoren und integrierte Schaltkreise ersetzen, dann nimmt zwar die Rechengeschwindigkeit und die Zuverlässigkeit zu, aber es sind immer noch im Prinzip Turing-Maschinen. Offenbar ist hier nur eine Reduktion auf die mathematisch-logischen Funktionen sinnvoll, die diese materiell so unterschiedlichen Maschinen alle leisten, also eine Reduktion auf die Boolsche Algebra.
    Übertragen auf das Gehirn ist es also nicht sinnvoll, von einem Klumpen Atome zu sprechen, sondern man muss es auf die fundamentalen mathematischen Strukturen reduzieren, die das Netzwerk von Neuronen abbilden kann. Dann lässt es sich auch sagen, ob es Unterschiede zu Computern gibt und wo sie liegen.
    Wenn es aber nur auf die mathematische Basis von Computern oder Gehirnen ankommt, ist es dann noch sinnvoll von Emergenz zu sprechen? Mir scheint, dass die ganze Funktionalität schon in diesen Basisfunktionen enthalten ist und es nichts (wesentliches) mehr hinzuzufügen gibt.
    Bestimmt gibt es aber schon Untersuchungen zu diesem Thema.

  169. @Reutlinger: “selbstgerecht”

    Gehen Ihnen die Argumente aus – oder warum werfen Sie hier mit solchen nunnötigen subjektiven Wertungen um sich?

    Das wirkt irgendwie selbstgerecht, finden Sie nicht?

    Bleiben wir lieber bei den Inhalten, nicht den Wertungen.

  170. hwied 24.02.2021, 20:11 Uhr
    Ergänzung: Meines Erachtens kann man das Neue Testament auch so lesen, dass Jesus zur Rückbesinnung aufforderte. Darauf, dass wieder darauf geachtet werden sollte, dass der alte Bund eingehalten werden muss. Die Konsequenz, wenn das nicht gemacht wird, ist, wie bereits die Geschichte gezeigt hat, dass eine Imperialmacht (einstmals die Babylonier, jetzt die Römer) das auserwählte Volk knechtet.

  171. Stephan Schleim 24.02.2021, 21:28 Uhr
    Da kann ich Ihnen selbstverständlich zustimmen.

    Nur ist Wahrheit auch ein Begriff, den Menschen mehrdeutig nutzen.

    “Wahre Liebe.” “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.” “Wer in der Wahrheit ist, hört meine Stimme.” “Ich schwöre nichts zu sagen, als die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als der Wahrheit.” “Wahre Kunst.” “Das ist die wahre Lebenseinstellung.” “Die Evolutionstheorie ist wahr.” “Meine Gefühle für dich sind wahr.” “Das ist wahrer Glaube. “Wer die Wahrheit kennt, muss nicht glauben.”
    Oder wie wäre es mit: “Das ist wahrer Schabernack.” “An diesem Unsinn ist was Wahres dran.”

    Natürliche Sprachen sind kulturelle Konstrukte und sie sind ein Kommunikationsmedium und als solches keine objektive Wahrheit. Und wenn man jemand aus der Reserve locken will, kann man ihn absichtlich missverstehen, indem man seine sprachlichen Ausdrucksformen falsch interpretiert.

    Daher halte ich übrigens tatsächlich nicht viel von Wahrheitstheorien. Sogenannte Wahrheitstheorien sind nach meiner Überzeugung tatsächlich primär Begriffsdeuteleien und als solche als Theorie nicht ernst zu nehmen.

    Sich damit zu beschäftigen, in welcher Bedeutung Menschen den menschengemachten Begriff Wahrheit nutzen (diesen Begriff, der sich kulturell entwickelt hat), ist zielführender, wenn man Sprache als Kommunikationsmedium nutzen will, und es nicht darauf anlegt, seinen Gesprächspartner misszuverstehen. Und niemand sollte sich wundern, wenn er bei der Analyse des Begriffs Wahrheit auf Mehrdeutigkeiten stößt.

  172. @Balanus / 24.02.2021, 20:26 Uhr

    »Das spricht eindeutig gegen diese Definition. Denn dann wären der philosophische Naturalismus und jede beliebige Religion praktisch ein und dasselbe und mithin die hier im Blog behandelte Frage nach der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion unsinnig.«

    Nicht ein und dasselbe, sondern zum selben Typ gehörend. Und gefragt wird hier im Blog nach einer Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion, nicht nach einer von ontologischem Naturalismus und Religion. Dass da ein entscheidender Unterschied besteht, siehst Du bestimmt ein.

    Übrigens, in Conjectures and Refutations schreibt Karl Popper:

    The earlier, naturalistic, revolution against God replaced the name “God” by the name “Nature.” Almost everything else was left unchanged. Theology, the Science of God, was replaced by the Science of Nature; God’s laws by the laws of Nature; God’s will and power by the will and power of Nature (the natural forces); and later God’s design and God’s judgment by Natural Selection. Theological determinism was replaced by naturalistic determinism; that is, God’s omnipotence and omniscience were replaced by the omnipotence of Nature and the omniscience of Science.

    Dem war da also auch schon etwas aufgefallen.

  173. Stephan Schleim
    24.02.2021, 21:35 Uhr
    @Reutlinger: “selbstgerecht”
    Bleiben wir lieber bei den Inhalten, nicht den Wertungen.

    Und warum machen SIE es dann nicht?

  174. @all
    Warum so kompliziert – wenn es doch eine sehr viel einfachere Erklärung gibt: wir haben ein Gedächtnis und können uns erinnern!

    Alle unsere Erfahrungen werden in der zeitlichen Gegenwartsform gemacht, abgespeichert und genau so wieder reaktiviert. D.h. Erinnern entspricht einem lebensechten Wieder-Erleben.

    Weil alle Menschen träumen – kommen in diesen Träumen auch verstorbene Menschen, Tiere, Ereignisse vor. Dies führte zu der Vorstellung – dass es wohl eine Anderswelt, ein Jenseits geben MUSS, wo die verstorbenen Menschen/Tiere weiterleben.
    Und diese Vorstellung ist schon der Anfang von religiösen Ideen.

    Weil alle Menschen ein Gedächtnis haben und sich im Traum erinnern können – haben wir hier einen konkreten Grund, warum es spirituelle, religiöse Ideen in ähnlicher Weise in allen Kulturen gab und gibt.

    D.h. für das Entstehen von Religiosität gibt es eindeutig biologische Grundlagen

  175. Ergänzung
    Weil man auch von lebenden Menschen/Tieren träumen kann – hatten südamerikanische Indianer die Vorstellung, dass man zwei ´Seelen´ haben muss:
    eine Seele bleibt bei seinem Besitzer – solange man lebt
    die zweite Seele besucht andere Menschen in deren Träumen

  176. @hwied

    das blogthema lautet Wissenschaft und Religion und nicht Wissenschaft und Kirche.

    Das ist richtig, allerdings kann man schlecht über Religion im allgemeinen diskutieren, wenn nicht klar ist “was” man damit meint.
    Wenn ich mich auf das Christentum beziehe, so nehme ich in der Regel die Varianten, die auch von den beiden großen Kirchen vertreten wird. Sonst weiß nämlich keiner der Beteiligten worüber man redet.

    Wenn es ihnen nur um ihre Privatreligion geht, die vermutlich nur sehr wenig mit dem Christentum der Kirchen zu tun hat, dann müsste sie diese erst nahezu vollständig beschreiben, sonst kann man nicht darüber diskutieren.

    Religion ohne konkrete Inhalte ist nur eine leere Worthülse … nahezu nichts steht natürlich nicht im Konflikt mit irgendwas, aber was soll das bringen?

    Religionsgegner tischen gern die Fehler der Kirchen auf , wenn sie gegen Religion argumentieren.
    Im Katechismus steht die Lehrmeinung der katholischen Kirche.

    Also die Idee der Erlösung, die man in der katholischen Kirche und auch in evangelischen findet, ist ein “Fehler”?

    Jetzt konkret. Was Paulus behauptet steht im Gegensatz zudem was Jesus meint, als er das Beispiel mit dem Blinden bringt, der blind ist, nicht aus Verschulden, sondern, weil Gottes Schöpfung so ist, wie sie ist.

    Es gibt auch Stellen in der Bibel, wo Gott Menschen mit Krankheiten o. Seuchen straft (auch im NT!) bzw, Menschen mit Behinderungen seinen Tempel nicht betreten dürfen … was stimmt nun?

  177. “In einer anderen Quelle fand ich den Hinweis, dass Jesus der alttestamentarischen Vorstellung widerspricht, nach der, wer Gutes tut dem auch Gutes widerfährt. Wer sündigt, dem widerfährt auch Schlechtes und das zu Lebzeiten. Deswegen fragten ja die Jünger, ob der Blinde gesündigt habe.”

    Schon im Buch Hiob wird dieser Vorstellung widersprochen.

  178. “Es gibt auch Stellen in der Bibel, wo Gott Menschen mit Krankheiten o. Seuchen straft (auch im NT!) bzw, Menschen mit Behinderungen seinen Tempel nicht betreten dürfen … was stimmt nun?”

    Die Bibel ist eine Büchersammlung . Sie beschreibt Erfahrungen die Menschen mit Gott gemacht haben, ist teilweise auch eine Geschichtserzählung, enthält im ersten Testament massenhaft kultische Vorschriften (die für Christen jetzt nicht wirklich bedeutsam sind) und natürlich auch Widersprüche.
    Deswegen gibt es ja Theologen die das interpretieren.

  179. @Hertlein: Wahrheit

    Natürliche Sprachen sind kulturelle Konstrukte und sie sind ein Kommunikationsmedium und als solches keine objektive Wahrheit.

    Zustimmung – aber ist es dann nicht etwas hochtrabend, das W-Wort in den Mund zu nehmen?

    Der bekannte Wissenschaftsphilosoph Ian Hacking sagte mal auf einem Kongress etwas wie: “Lasst uns nach Objektivität streben statt darüber zu reden.”

    Will (vielleicht) sagen: Irgendwie ist doch klar, worum es geht. Z.B. soll Wissenschaft transparent und nachvollziehbar sein; und sie soll (so viel wie möglich) unabhängig von der Person des Wissenschaftlers sein etc. Wenn man darüber hinaus “Objektivität” definieren oder operationalisieren will, in der Form eines Rezepts für gute Wissenschaft, dann… ja, dann verschwenden wir wahrscheinlich unsere Zeit.

    Und wenn man jemand aus der Reserve locken will, kann man ihn absichtlich missverstehen, indem man seine sprachlichen Ausdrucksformen falsch interpretiert.

    Ertappt. 😉

    Daher halte ich übrigens tatsächlich nicht viel von Wahrheitstheorien. Sogenannte Wahrheitstheorien sind nach meiner Überzeugung tatsächlich primär Begriffsdeuteleien und als solche als Theorie nicht ernst zu nehmen.

    Ich hatte die Vorlesung bei Elke Brendel über Wahrheitstheorien und kann Ihren Frust nachvollziehen (was übrigens weder an Professorin Brendel noch an den Theorien liegt). Aber gerade dann, wenn man für sich den Anspruch erhebt, nicht nur in Metaphern zu reden, dann sollte man doch dankbar sein, wenn andere sich die Mühe machen, den Begriff näher zu definieren.

    Übrigens war Karl Popper hier nicht ganz konsequent: Einerseits vom Fallibilismus und Falsifikationismus auszugehen – aber andererseits doch zu hoffen, dass wir der W. immer näher kommen, je mehr Theorien und Hypothesen wir falsifiziert haben. Und dann kam Thomas Kuhn. Und der Rest ist Geschichte.

  180. @Chrys: Popper über Naturalismus

    Tolles Zitat, danke…

    …mich hat auch schon gewundert, dass man z.B. Charles Darwin auf Fotos so abbildet (und verehrt), wie ich mir früher als kleines Kind den Lieben Gott im Himmel vorgestellt habe.

    Na ja, Darwin war ja selbst ein frommer Mann aus einer religiösen Familie. Kein Grund zum Konflikt.

  181. @Maier: Konkret

    Machen Sie’s doch mal bitte konkret (mit Argumenten, Zitaten usw.), anstatt mit solchen polemischen Zurufen aus dem Off, wie die beiden älteren Herren aus der Muppet Show.

    Das ist doch sonst nur Energieverschwendung.

  182. Eine Physikerin beschreibt wie sie die Wunder mit ihrem Physikerinnensein vereinbart :

    Naturgesetze verbieten nichts. Naturgesetze beschreiben, was üblicherweise geschieht. Alle weiteren Schlussfolgerungen hängen davon ab, welche weltanschaulichen Überzeugungen man in die Überlegungen einbringt. Wenn wir Naturgesetze als Ausdruck von Gottes Zuverlässigkeit in seinem Handeln mit unserer Welt verstehen, haben wir auf der einen Seite jeden Grund zu erwarten,
    dass Gott sie zuverlässig aufrecht erhält. Viele Ereignisse, die wir „Wunder“ nennen, sind auch keine Überschreitungen der Naturgesetze, sondern sie konfrontieren uns auf andere Weise mit Gottes Charakter und Größe. Dennoch ist es denkbar, dass Gott in einer bestimmten Situation tatsächlich nicht in Übereinstmmung mit den Naturgesetzen handelt. C.S. Lewis vergleicht Gott in
    seinem Buch „Wunder“ mit einem Dichter. Ein Dichter gibt sich für sein Werk die „Gesetze“ vor,also das Reimschema und den Rhythmus. Dennoch kann es vorkommen, dass er an einer Stelle von seinen eigenen Regeln abweicht. Er tut dies, um damit eine tiefere Aussage zu machen oder einen besonderen Effekt zu erzielen. Er folgt dann sozusagen einem höheren Gesetz. Der Philosoph Bertrand Russell verglich einmal unsere Erwartung, dass sich die Dinge auch in
    Zukunft so wiederholen, wie wir sie bisher beobachtet haben, mit der Erwartung eines Hahns, der auf einem Bauernhof heranwächst. Er erlebt mit absoluter Regelmäßigkeit, dass er täglich sein Futter bekommt, wenn der Bauer hereinkommt. Doch eines Tages kommt der Bauer nicht, um den
    Hahn zu füttern, sondern um ihm den Hals umzudrehen…
    Ähnlich kann man auch die Naturgesetze sehen: Sie sind eingebettet in einen größeren Kontext, in eine weitere Realität. Solange in diesem größeren Kontext die Bedingungen vorliegen, die für das Gelten eines Naturgesetzes wichtig sind, wird sich die Natur gemäß diesem Gesetz verhalten. Doch wenn der größere Kontext besonders wird, können auch besondere Dinge geschehen. So kann man die Menschwerdung, die Wunder und insbesondere die Auferstehung Jesu verstehen.

    http://eco.fkp.physik.tu-darmstadt.de/drossel/euw/euw_gesetz.pdf

    Das ist der Knackpunkt in Diskussionen zwischen liberalen und eher konservativen Theolog*innen: Wie haltet ihrs mit der Aufersteheung, historisch oder “nur” Mythologie.

  183. @Johannes: Bibel

    Toller Name übrigens für diese Diskussion, by the way…

    …aber die Bibel ist voller Widersprüche, das ist wohlbekannt. Aus Widersprüchen kann man alles ableiten (Erkenntnis der Logik). Vielleicht macht sie das erst so interessant?

    (Wie die Philosophie Daniel Dennetts übrigens auch. Erfolgsrezept: Drücke dich so unklar wie möglich aus, ohne dass es auffällt, und lass die Anderen dann gute Gedanken hereinlegen.)

  184. @Johannes: Naturgesetze und Wunder

    Wow, die traut sich ja was, Professorin Barbara Drossel, Professorin für Statistische Physik und komplexe Systeme an der TU Darmstadt. Tolles Zitat, danke.

    Ich hätte es nicht so formuliert; aber das war in etwa, was ich dachte, als ich im dritten Teil (Was ist Naturalismus?) schrieb, dass wir “Wunder”, wenn sie denn geschehen würden, anschließend (natur-)wissenschaftlich zu erklären versuchen würden.

    Oder anders: Empirische Wissenschaft besteht ja darin, auftretende Phänomene nicht zu ignorieren, weil sie nicht zur Lieblingstheorie passen, sondern zu erklären, wie es zu ihnen kommen kann. Unter Umständen werden sogenannte Naturgesetze dann eben angepasst, korrigiert, präzisiert.

    Ich will ohne weitere Studien den Physikern nicht widersprechen, die meinen, ihr Weltmodell sei im Prinzip vollständig. Aber ich denke, dass wir auch im Bereich dieser Vollständigkeit durchaus noch Überraschungen erleben könnten, zum Beispiel bei der Erklärung von Bewusstsein.

    Ob wir der Lösung näherkommen, wenn wir noch ein paartausendmal unser Gebet sprechen: “In der Welt geht es mit rechten Dingen zu.” Amen.

  185. “…aber die Bibel ist voller Widersprüche, das ist wohlbekannt. Aus Widersprüchen kann man alles ableiten (Erkenntnis der Logik). Vielleicht macht sie das erst so interessant?”

    Ich finde hier liegt ein Mißverständnis bezüglich der Textart vor: Die Bibel ist sicher kein philosophisches Werk sein und hat auch keinen Anspruch irgendwie Präzise oder Widerspruchsfrei zu sein. Es ist eher ein poetisches Werk. (was die Psalmen ja so beliebt macht) Aber natürlich nicht nur. Es enthält natürlich auch historische Beschreibungen und wie schon gesagt religiöse Kultvorschriften.

  186. @Johannes: Bibel#2

    Das sehen wir ähnlich – aber es gibt nun einmal auch Christen, die die Bibel Wort für Wort als göttliche Offenbarung verstehen und nicht nur als Poesie. An diese Adresse geht die Bemerkung, aus Widersprüchen könne man alles ableiten.

    Diese Physikerin Drossel meint es übrigens ernst mit ihrem Glauben. Vielleicht könnte man die mal interviewen oder so. Ich behalte es im Hinterkopf.

  187. Einer,
    Sie haben es wieder auf den Punkt gebracht. Allgemein kann man über Religion nicht reden, man braucht konkrete Inhalte.
    Sie haben ja das Beispiel mit dem Sündenfall gebracht, das Beispiel mit der Erbsünde, obwohl dieser Begriff nicht in der Bibel verwendet wird, und Sie haben den Tod Christi und dessen Bedeutung für die Gläubigen.
    Die Kirche ist sich tatsächlich darüber einig.

    Ich hatte das nur mal kurz angezweifelt, als Außenstehender geht das noch. Mich beschäftigt z.B. warum Adam und Eva nicht vom Baum des Lebens gegessen haben.
    Gut, wenn man seinen persönlichen Extrakt aus der Bibel entnehmen will, dann muss man sich bewusst machen, dass die Bibel nicht wörtlich zu interpretieren ist.
    Darum geht es mir, und darum finde ich auch die Antworten von Atheisten besonders erhellend.

    Damit lasse ich es bewenden, bei nächster Gelegenheit werden sich unsere Wege wieder kreuzen.

  188. Heinz Hertlein, Johannes
    auch bei Ihnen bedanke ich mich für die erhellenden und angemessenen Antworten. Ich bin jetzt ein Stück weiter, obwohl ich es nicht wirklich bin.
    Gestern las ich im NT, Manoman, Dynamit ist nichts dagegen.

  189. Lieber Stephan,

    Über was für ein Thema könnte ich denn mal wieder schreiben, damit du dich daran stören kannst?

    Weiß ich doch nicht, bei welchen Themen Du totalen Unfug vertrittst. 😉
    Beim Leib-Seele-Problem (um bei der altmodischen Bezeichnung zu bleiben) scheinst Du mir so einen agnostischen Wischi-Waschi-Kurs zu fahren, der einerseits bestimmt vernünftig und weise und brillant begründet ist, mich aber gerade durch seine konfliktscheue Unangreifbarkeit stört – und dadurch, dass er es zu vermeiden scheint, sich vom Materialismus völlig abzukehren. Vielleicht lese ich Dich falsch, aber ich warte immer darauf, dass Du mal Farbe bekennst: Welche Ismen sind denn noch im Rennen? Auf welchen würdest Du setzen?

    Aber warum ist es jetzt so dumm, wenn ich bei der Frage, ob einer Maus (im langen Lauf von Mutation und Selektion) Flügel wachsen können – an Fledermäuse denke?!

    Das ist natürlich nicht dumm. Aber von der Evolution zu erwarten, dass sie der Maus “jetzt plötzlich” Flügel wachsen lässt (oder ihren Nachkommen innerhalb weniger Generationen, wenn das gemeint gewesen sein soll), das beweist doch einen kompletten Mangel an zoologischem Verständnis.
    Tatsächlich gibt es ja mit den Flughörnchen Nagetiere mit sowas wie Flügeln. Aber bis die flattern wie die Fledermäuse, werden wohl noch einige Jahrmillionen vergehen.

    Oder soll ich vielleicht über Einhörner schreiben?

    Sehr dafür! Ich liebe Einhörner. Ein uraltes Symbol für alles Mögliche, u.a. auch für die kreative Inspiration.

  190. NOMA (nonoverlapping magisteria)

    Zitat:

    Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben [].

    Nun ja, wie häufig ist „oft“?

    Es geht beim Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion ja nicht um Aussagen oder Behauptungen, bei denen der Gegenstandsbereich der Wissenschaften, oder spezieller: Naturwissenschaften, überhaupt nicht tangiert wird, sondern eben um jene, die klar naturwissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen. Und das müssen Naturwissenschaftler, die mehr oder weniger gläubig sind, halt irgendwie auf die Reihe kriegen Inwieweit dieses Bemühen um Vereinbarkeit mit einer kognitiven Dissonanz verbunden ist, wäre im Einzelfall zu prüfen. In der Regel wird es aber so sein, dass der gläubige Naturwissenschaftler nicht alles glaubt, was der wahre Glaube eigentlich vorschreibt.

    Davon abgesehen; Die Natur als Gottes Offenbarung zu verstehen, ist jedenfalls ein Widerspruch in sich—es sei denn, man hat ein sehr spezielles Gottesbild, welches dann aber im Widerspruch zu den üblichen Gottesvorstellungen der Religionen stehen dürfte.

  191. Agnostizismus

    Ich halte Agnostizimus für keine belastbare weltanschauliche Position. Das Argument geht ja ungefähr so: Niemand weiß, ob Goofy nicht doch wirklich existiert. Also können wir nicht überzeugend behaupten, dass er nicht existiert.

    Das ist offensichtlich eine alberne Position.

  192. Mal was Grundsätzliches:
    Ich vermeide es zu sagen: “Ich glaube, dass . . .”, weil damit m.E. eine Überzeugung angekündigt würde, die ich nicht beweisen oder begründen könnte. Davon habe ich wenige (glaube ich). Einige aber schon. Eine davon ist die Folgende:
    Ich glaube, dass die Welt grundsätzlich unverstehbar ist. Was immer der Grund dafür sein mag – Evolution, oder die Differenz zwischen Territorium und Karte, oder irgendwas Gödelsches -: Ich glaube nicht, dass es dem Menschen jemals und überhaupt möglich ist, ein vollständiges und in sich kohärentes Erklärungssystem der Welt zu finden. Und darüber bin ich sehr, sehr froh, weil es eine nimmer endende Offenheit ermöglicht. (Auch dazu wieder eine Leseempfehlung aus meinem Blog.)
    Daraus folgt aber, dass jede Welterklärung, mit der Menschen hantieren, unvollständig und in gewissem Sinne falsch ist. Ihre Vertreter glauben nur, damit alles erklären zu können; es stimmt niemals. Und was für die Denksysteme gilt, mit denen sich Menschen intensiv befassen, gilt umso mehr für diejenigen, die sie notgedrungen nebenher laufen lassen: In punkto Politik, Volkswirtschaft, Kindererziehung, Metaphysik etc. glaubt der durchschnittliche Teilchenphysiker einfach irgendwas. Es geht gar nicht anders.
    Um die Unsicherheit in einem unverständlichen Universum zu ertragen, erfinden wir uns regelnde Mächte – den Fortschritt, die Märkte, Freiheit und Demokratie -, denen wir unser Schicksal anvertrauen. Das ist eine Form von Religion. In gewisser Weise ist daher jeder Mensch religiös – nicht nur die 98%, von denen Stephan schreibt. Es geht nicht anders.
    Daher würde ich mir von den glaubenseifrigen und missionarischen Atheisten ein wenig mehr Selbsterkenntnis und Demut wünschen.

  193. Naturwissenschaft wird nie die Existenz eines Gottes komplett widerlegen können, da wir uns dazu aus diesem System (unser Universum) herauslösen müssten um es von außen zu betrachten, was nicht geht. Wir bleiben also immer ein stückweit subjektiv.

    Das heisst im Gegenzug aber nicht das man die Existenz eines Gottes nicht bestreiten könnte. Schliesslich gibt es schlicht keine Beweise, man muss “glauben”.

    Die Geschichte hat gezeigt das Menschen immer das Unbekannte einem übernatürlichen Wesen zugeschrieben haben. Je weiter die Wissenschaft sich entwickelt hat um so weiter musste sich die Religion zurückziehen auf Standpunkte die mit dem aktuellen Entwicklungsstand konform gingen. Es gab nie die umgekehrte Entwicklung.

    Wissenschaft lebt von Beweisen. Für mich ist jeder der daran zweifelt kein “echter” Wissenschaftler, weil er Glauben vor Beweise stellt. Natürlich kann jeder wissenschaftliche Methoden benutzen, damit kann er auch die gleichen Ergebnisse liefern.

    Agnostik ist ein sehr dehnbarer Begriff das reicht von ich hab keine offizielle Religion bis zu ich kann nicht 100% ausschliessen das es nicht doch etwas gibt. Das ist kein Beweis von Vereinbarkeit sondern eher für Unentschlossenheit. Wobei ich Agnostik nicht kritisiere, der Mensch ist perse ein Zweifler, das hat ihn vorangebracht. Damit muss man auch die Frage nach Gott stellen und diese Frage vorab zu beantworten wäre unwissenschaftlich. Die Geister scheiden sich bei der Frage vertraut man auf Beweise.

    2% Atheismus zweifle ich eher an. Im Ostblock waren die meisten Leute Atheisten und nicht nur auf dem Papier. Eventuell hat man keine optimale Datenbasis genommen oder die Fragen waren nicht eindeutig. Spielt aber nicht wirklich Rolle, da der Anteil weder ein Beweis dafür noch dagegen ist. Der Anteil hat eher etwas mit der historischen Zeit zu tun wie die weltweite Lage, Zukunftsängste usw.

  194. Frau Drossel vertritt mit der Behauptung, Naturgesetze würden nichts verbieten, eine unhaltbare Position. Die Erhaltung von Energie, Impuls und Drehimpuls sowie die Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit verbieten sehr wohl bestimmte Effekte. Die weitere Behauptung, dass Gott die Naturgesetze nach Bedarf einmal kurz außer Kraft setzen kann, ist weder zu widerlegen noch zu bestätigen. Also not even wrong. Man kann eben solche Effekte nicht beobachten.
    Interessant würde es nur, wenn es subtile Effekte gäbe, die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Prozesse beeinflussen würden, aber das ist völlig spekulativ.

  195. @Tim: Die Differenz zwischen Natur und Physik (=Metaphysik) lässt eine wie auch immer große oder kleine Lücke, die jeder nach Belieben ausfüllen kann. Was ist an dieser Logik nicht belastbar?

  196. Konrad Lehmann,
    wie soll ein Lebewesen mit nur 1,5 kg Hirngewicht die Welt vollständig verstehen können.
    Das mit der Selbsterkenntnis , das unterstütze ich. aber Sie wissen, wie man in den Wald hineinschreit, so schreit es heraus. Wenn also so ein Naturwissenschaftler einen “vermutlich doofen Gläubigen” in die Ecke stellen will, dann gibt das Zoff.

  197. @Tim
    Sehe ich genauso. Es ist unsinnig, Naturwissenschaft und Religion gegeneinander ausspielen zu wollen. Es geht um die Glaubwürdigkeit von Kernaussagen der Glaubenslehren, z.B. Schöpfung, Jungfrauengeburt, Auferstehung. Dazu gibt es naturwissenschaftliche Erkenntnisse.

    Man könnte argumentieren, dass Menschen noch nach Jahren aus dem Koma aufgewacht sind, also die Auferstehung durchaus möglich wäre. Aber mit welcher Wahrscheinlichkeit und unter welchen Umständen?

    Insgesamt kommt man vernünftigerweise zum Schluss, dass die Glaubenslehren sehr unglaubwürdig sind, dass es Mythen der Vergangenheit sind. Nun ist es jedem Menschen freigestellt, zu glauben, was er oder sie will. Man könnte die Glaubenslehren von ihrem historischen Hokuspokus (Lebensvorschriften) und ihrem klerikalen Machtapparat befreien und eine pantheistische Haltung einnehmen, in Verbindung mit ethischen Vorstellungen und Normen.

  198. @Mathias
    “2% Atheismus zweifle ich eher an. Im Ostblock waren die meisten Leute Atheisten und nicht nur auf dem Papier. ”

    In den 90ern als die Sowjetunion unterging musste man Tauftermine Wochen im vorraus buchen, weil die Popen von morgens bis abends ununterbrochen getauft haben.

  199. Balanus,
    Hast Du die Zündschnur wieder angezündet !
    “Davon abgesehen; Die Natur als Gottes Offenbarung zu verstehen, ist jedenfalls ein Widerspruch in sich—es sei denn, man hat ein sehr spezielles Gottesbild, welches dann aber im Widerspruch zu den üblichen Gottesvorstellungen der Religionen stehen dürfte.”

    Was gibt es anderes als die Natur ? Ja , was denn ?
    Es gibt auch keine übliche Gottesvorstellung.
    “Du sollst dir kein Bild von Gott ” machen, so steht es im Dekalog AT.
    Ja, die Atheisten, die machen es sich einfach, das ist schon fast ein Taschenspielertrick. Die sagen welche Vorstellung ein Christ von Gott hat, dann sucht er nach Widersprüchen beim NT und dann, voilá, alles ist als Unsinn enttarnt.

  200. @Lehmann
    In gewisser Weise ist daher jeder Mensch religiös – nicht nur die 98%, von denen Stephan schreibt. Es geht nicht anders.

    Doch es geht anders: mit Lebenserfahrung, Hauptschulwissen und Vernunft. Mehr ist nicht notwendig.

  201. @Chrys // 25.02.2021, 00:10 Uhr

    » Und gefragt wird hier im Blog nach einer Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion, nicht nach einer von ontologischem Naturalismus und Religion. Dass da ein entscheidender Unterschied besteht, siehst Du bestimmt ein. «

    Es war nicht ich, der hier im Blog den ontologischen Naturalismus in eine Reihe mit den Religionen gestellt hat. Du wirst schon Deine Gründe gehabt haben.

    Es ist doch so: Wenn Gott als Schöpfer des Universums entfällt, was bleibt dann über? Na? Richtig, die Natur selbst! Popper hat’s, so scheint’s, verstanden.

    Aber es wird niemand gezwungen, den Glauben an Gottes Wirken aufzugeben.

  202. Nachtrag zu Balanus,
    Interessant ist Goethes Haltung zu Gott

    “Jesus fühlte rein und dachte
    Nur den Einen Gott im Stillen;
    Wer ihn selbst zum Gotte machte
    kränkte seinen heil’gen Willen.
    Und so muss das Rechte scheinen
    Was auch Mahomet gelungen;
    Nur durch den Begriff des Einen
    Hat er alle Welt bezwungen.“

  203. @Johannes
    “In den 90ern als die Sowjetunion unterging musste man Tauftermine Wochen im vorraus buchen, weil die Popen von morgens bis abends ununterbrochen getauft haben.”

    Es gab 1990 sicher unterschiedliche Faktoren – Menschen die schlicht sich erst zu dem Zeitpunkt ernsthaft überlegt haben welche Richtung sie sind, dann die welche ihre Religion bis dahin verleugnet haben aus Angst vor Verfolgung und auch – das neue Machtsystem baut auf Religion dann mach ich da mal mit.

    Deshalb hatte ich auch noch folgenden Passus drin “nicht nur auf dem Papier”. Das bezog sich auf eigene Erfahrungen, ich war damals dabei 🙂 , oder anders gesagt die ich meinte waren 1995 und später immer noch Atheisten. Ich sag mal wenn von 80% dann nur noch 50% übrigbleibt ist das immer noch was anderes als 2%. Klar da kommen dann noch die Anteile West dazu.
    Das ist meine Erfahrung, weshalb ich auch schrieb zweifle ich an, nicht “ist falsch”.

  204. @Reutlinger: Sie sind ständig im Verbissenheits-Modus. Nehmen Sie den erhobenen Zeigefinger herunter und seien Sie großzügig. Bei der institutionalisierten Religion sind wir uns völlig einig. Sie sanktioniert alle, die nicht nach ihren Regeln agieren, wie jede Institution. Aber: die Welt ist keine physikalische Puppenstube, die für alle Zeit wohlgeordnet ist. Die Welt ist nicht linear, wir müssen die Naturgesetze ständig nachjustieren und wer weiß, welche Emergenzen 😉 sich durch Phasenübergänge als nächstes ergeben. Es tut mir nicht weh, wenn jemand was auch immer glaubt, solange er keinen aggressiven Fundamentalismus vertritt. Und auf die Erkenntnislücke zwischen Natur und Physik trifft der Satz zu: Ich weiß, dass ich nichts weiss.

  205. @hwied
    Von Goethe kann auch ich ein Zitat beitragen:

    »Ich fand dumme Weiber, die stolz waren, weil sie mit Tiedge an Unsterblichkeit glaubten, und ich mußte es leiden, daß manche mich über diesen Punkt auf eine sehr dünkelhafte Weise examinierte. Ich ärgerte sie aber, indem ich sagte: es könne mir ganz recht sein, wenn nach Ablauf dieses Lebens uns ein abermaliges beglücke; allein ich wolle mir ausbitten, daß mir drüben niemand von denen begegne, die hier daran geglaubt hätten… damit würde auch drüben der Langeweile kein Ende sein.«

    J.W.v.Goethe (1749-1832)

  206. Reutllinger,
    Goethe war ein außergewöhnlicher Mensch, der mit Frauen aber seine Probleme hatte. Dass so viele Schulen nach ihm benannt sind, das habe ich nie verstanden.

  207. @Konrad: Ismen

    Huxley (T. H.) schreibt das interessanterweise schon in seinem Essay über Agnostizismus, also gegen Ende des 19. Jahrhunderts, dass Leute es ihm übel nehmen, sich nicht klar zu positionieren… Ist das am Anfang des 21. immer noch so?

    Denk einmal an Advaita Vedanta, eine bedeutende Strömung der indischen Philosophie. A-dvaita bedeutet wörtlich: nicht-dual. Gemeint ist hier ein Dualismus zwischen “Gott” (Brahman) und “Selbst” (Atman). Advaita Vedanta sagt nun nicht, Brahman und Atman seien eins, wie manche missverstehen; die Lehre sagt nur: sie sind nicht zwei.

    Ist das irgendetwas in unserer westlichen Kultur, dass man sich immer festlegen muss? Beim Leib-Seele-Problem, das du hier natürlich weiterhin so nennen darfst, hat meine Vorgehensweise den folgenden Vorteil: Da ich davon ausgehe, dass das Problem im Wesentlichen durch die Einführung ungeeigneter Begriffe bedingt ist, bedeutet die Aufgabe bestimmter, meiner Meinung nach ungeeigneter Begriffe (bzw. Definitionen) zwar noch nicht gleich die Lösung, doch zumindest, dass man das Problem nicht immer weiter verewigt.

    Das scheint mir doch schon einmal ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung zu sein.

  208. @Konrad: P.S. Evolution

    Hmm, ja, doch so, wie sich das liest, hört sich das für mich an, als sei es naturwissenschaftlich unmöglich, dass der Maus Ohren wachsen…

    …aber ist es nicht so, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das durch zufällige Mutationen innerhalb weniger Generationen passiert, zwar sehr klein, aber doch größer als null ist…

    …und der Schluss, dass das nicht passieren kann, im Wesentlichen ein induktiver, also logisch nicht zwingender Schluss ist?

  209. @ Wolfgang Stegemann

    Eben. Ich kann nicht beweisen, dass Luke Skywalker nicht wirklich existiert. Also bin ich bei der Star-Wars-Theorie Agnostiker. 🙂

  210. @Johannes

    Ich finde hier liegt ein Mißverständnis bezüglich der Textart vor: Die Bibel ist sicher kein philosophisches Werk sein und hat auch keinen Anspruch irgendwie Präzise oder Widerspruchsfrei zu sein.
    Doch den Anspruch hat die Bibel (schon einmal mit Kreationisten diskutiert?):

    2. Tim 3:16 Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit
    + Gott lügt nie / nicht (Titus 1:2) oder Hebräer 6:18
    Ergo die Bibel ist von Gott eingegebenes Werk und muss daher wahr sein.
    (es gibt da noch mehr Verse in diese Richtung)

    Es ist eher ein poetisches Werk. (was die Psalmen ja so beliebt macht) Aber natürlich nicht nur. Es enthält natürlich auch historische Beschreibungen und wie schon gesagt religiöse Kultvorschriften.

    Wenn man die Bibel nur als Literatur sieht, hat man deutlich weniger Probleme mit ihrem Inhalt. Dann kann man sich überlegen wie es zu den Texten im historischen Kontext kam, was sie bedeuten könnten usw.

    Wenn man die Bibel aber als “heilige Schrift” sieht, dann ist das ganz schnell was ganz anderes.
    Auf einmal ist z.B. Homosexualität, Selbstbefriedigung etc. ein schweres Vergehen, was u.U. drakonische Strafen erfordert. Die Erde nur ein paar tausend Jahre alt usw.

    Es kommt also sehr stark darauf an wie oder als was man die Bibel liest. Wenn man über Text diskutiert, sollte man sich auf eine gemeinsame Sicht geeinigt haben.

    Das angebliche wortwörtliche Verständnis der biblischen Texte der Atheisten kommt auch daher, da man nur so mit Kreationisten reden kann.

  211. @Balanus: Konflikt

    Klar, wenn man die Diskussion über Wissenschaft und Religion auf jene Fälle reduziert, in denen sich Wissenschaft und Religion klar widersprechen, dann gibt es hier einen Konflikt…

    …doch ist diese Erkenntnis dann mehr als bloße Trivialität, um nicht zu sagen: Balanität? (Der Form: Unter Annahme eines Konflikts gibt es einen Konflikt.)

    Davon abgesehen; Die Natur als Gottes Offenbarung zu verstehen, ist jedenfalls ein Widerspruch in sich—es sei denn, man hat ein sehr spezielles Gottesbild, welches dann aber im Widerspruch zu den üblichen Gottesvorstellungen der Religionen stehen dürfte.

    😂 😂 😂

    Langweilig wird’s hier jedenfalls nie.

  212. @Schleim

    Hmm, ja, doch so, wie sich das liest, hört sich das für mich an, als sei es naturwissenschaftlich unmöglich, dass der Maus Ohren wachsen…

    Benötigen Mäuse noch mehr davon?

  213. @Tim: Goofyismus

    Dabei hatte ich den Goofyismus hier doch gar nicht diskutiert! Oder das Fliegende Spaghettimonster!

    Das ist offensichtlich eine alberne Position.

    Das ist offensichtlich eine Äußerung der Form, wie Sie Menschen gebrauchen, die keine guten Argumente haben.

  214. @Tim

    Eben. Ich kann nicht beweisen, dass … nicht wirklich existiert. Also bin ich bei … Agnostiker.

    Man ist quasi so bei unendlichen vielen Dingen Agnostiker .. Einhörner, Feen etc. sind da noch die harmloseren.

  215. Huxley (T. H.) schreibt das interessanterweise schon in seinem Essay über Agnostizismus, also gegen Ende des 19. Jahrhunderts, dass Leute es ihm übel nehmen, sich nicht klar zu positionieren… Ist das am Anfang des 21. immer noch so? […] Ist das irgendetwas in unserer westlichen Kultur, dass man sich immer festlegen muss?

    Wahrscheinlich ist das ganz überzeitlich ein weiteres Mittel zur Unsicherheitsreduktion. Man wüsste halt gerne, wo der Andere steht.
    Ich kann damit leben, wenn Du Dich nicht festlegst. Es ist ja, wie ich kurz darauf schrub, gerade das Nicht-Wissen, das dem Denken die Würze gibt. Daher bin ich ja eigentlich auch nicht festgelegt. Ich halte nur den Materialismus für logisch und den Dualismus für empirisch widerlegt, und daher Panpsychismus und Idealismus für weiterhin im Rennen. Aber der Panpsychismus, so sympathisch er dem Taoisten ist, ist eigentlich ein Taschenspielertrick: Man schummelt das Geistige von Anfang an in die Materie, wo es aber keiner sieht, und wenn es dann gebraucht wird, ruft man: “Tadaa!”, und da ist es. Und der Idealismus hat außerhalb des 19. Jahrhunderts noch nie jemanden so richtig überzeugt; er bleibt eine unwiderlegliche Kopfgeburt.
    Und damit sind wir wieder am Anfang und wissen nichts. Ist doch wunderbar.

  216. “Doch den Anspruch hat die Bibel (schon einmal mit Kreationisten diskutiert?):”

    Ein Buch kann keinen Anspruch haben. Schon gar nicht ein Buch das unfassbar viele Autoren hat und über jahrtausende gewachsen ist. Ein Autor kann natürlich irgendwelche Ansprüche haben.

  217. Hmm, ja, doch so, wie sich das liest, hört sich das für mich an, als sei es naturwissenschaftlich unmöglich, dass der Maus Ohren wachsen…

    …aber ist es nicht so, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das durch zufällige Mutationen innerhalb weniger Generationen passiert, zwar sehr klein, aber doch größer als null ist…

    …und der Schluss, dass das nicht passieren kann, im Wesentlichen ein induktiver, also logisch nicht zwingender Schluss ist?

    Ja, wahrscheinlich. Aber sind Schlüsse in der Naturwissenschaft nicht meistens induktiv?
    Ich habe das Gefühl, dass wir uns hier gerade sehr weit auf einen Seitenpfad verirrt haben, und ich nicht weiß, wo Du hin willst.

  218. Ich verstehe nicht, welche Bedeutung die Umfragen für die Frage haben, ob sich der Glaube an einen allmächtigen und allwissenden Gott mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaft vereinbaren lassen. Es geht ja nicht darum, was die meisten Naturwissenschaftler glauben, sondern wer die besten Argumente hat. Davon mal abgesehen zeigen die Umfragen ja auch, dass die Mehrheit der Naturwissenschaftler in den entwickelten Ländern nicht fest an Gott glauben. Dass so viele angeben, es gebe aus ihrer Sicht keinen Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion ist mMn eher durch das Bedürfnis, einem gefährlichen Konflikt zu vermeiden, als durch tiefe Überzeugung zu erklären

    Der Vorwurf an die Atheisten, sie würden spekulative Philosophie als Tatsachen verkaufen, ist wirklich lustig, weil die Konzepte der großen Weltreligionen kann man ja nur als abseitige, hochspekulative fringe-theories bezeichnen.

  219. Stephan Schleim
    25.02.2021, 08:42 Uhr
    @Maier: Konkret

    Warum sollte ich Ihnen Ihre Sentenzen zusammensuchen, in denen Sie nicht ad rem, sondern ad hominem geholzt haben?

    Wenn Sie eine andere Sicht auf die Dinge haben, formulieren Sie es, können/wollen Sie das nicht, antworten Sie einfach nicht.
    So viel Größe sollte sein.

  220. @Konrad: unerklärlich

    Interessant, es hier mit einem Naturwissenschaftler (Biologen) zu tun zu haben, der die Welt im Wesen für unerklärlich hält… Schwingt da vielleicht etwas Kantianischer Pessimismus mit, dass wir das Ding an sich nie erkennen werden?

    Aber der – für die Diskussion – wichtigste Punkt ist wahrscheinlich, dass man für (Natur-)Wissenschaft Offenheit und Neugierigkeit für die Welt braucht – keinen naturalistischen Dogmatismus.

  221. @ Carsten

    Der Vorwurf an die Atheisten, sie würden spekulative Philosophie als Tatsachen verkaufen, ist wirklich lustig, weil die Konzepte der großen Weltreligionen kann man ja nur als abseitige, hochspekulative fringe-theories bezeichnen.

    Völlig im Gegensatz zu den aktuellen Theorien der Kosmologen und Teilchenphysiker, nicht wahr? 😉

    Aber im Ernst: Ich stimme zu, dass die meisten theologischen Erzählungen als naturwissenschaftliche Theorien nicht viel taugen. Ich sehe nur nicht, wie daraus folgen soll, dass naturalistische Spekulationen besser sein sollen.

  222. @Matthias: umgekehrte Entwicklung

    Das kann man so nicht sagen; es ist kein linearer Prozess.

    Schon in der Antike – und zwar in Griechenland wie in Indien – gab es philosophische Schulen, für die die Welt aus Atomen besteht, die sich nach naturgesetzlichen Prozessen verhalten; mehr nicht. Man nennt sie: Materialisten bzw. Charvaka.

  223. @Matthias: Agnostizismus

    Für den Agnostizismus gab es hier im dritten Teil eine präzise Definition.

    Bisher konnte mir niemand verdeutlichen, was damit nicht stimmen sollte. Insofern bleibe ich bei meinem Standpunkt.

  224. @Konrad, einer: Gemeint waren Flügel; sorry.

    (Aber es bleibt ja auch für die Ohren ein wahrer Satz, dass deren Wachstum nicht naturwissenschaftlich unmöglich ist.)

  225. @Konrad: Festlegung

    Man könnte doch sagen: Ich habe mich festgelegt, nämlich auf die agnostische Methode nach Huxley, auf den kritischen Rationalismus (wobei ich hier übrigens große Überlappungen, wenn nicht gar Äquivalenz sehe) und – für die Werte – auf den Humanismus.

    Das sind nun schon drei Ismen in einem Satz! Wer bietet mehr?

  226. @Schleim: Agnostizismus

    Na Ratzinger hat es ihnen doch aus der Sicht desTheisten und Kanitscheider aus der des Atheisten erklärt.
    Immer noch Agnostiker? 😉

  227. @Lehmann
    Völlig im Gegensatz zu den aktuellen Theorien der Kosmologen und Teilchenphysiker, nicht wahr?

    In den Wissenschaften nennt man das Hypothesen. Das saugen sich die Forscher nicht aus den Fingern. Hypothesen werden in Beobachtungen und Experimenten geprüft. Wenn sie sich als falsch erweisen, werden sie geändert oder fallen gelassen. Das Prozedere kann aber viele Jahre dauern.

    Die Teilchenphysik ist heute sehr gut bestätigt und bewährt, gerade auch durch die Halbleiterphysik als Grundlage der Computertechnik. Man darf sie aber nicht mit der Quantenphysik verwechseln. Auch die Erkenntnisse der Kosmologie werden immer umfangreicher. Die Theorien der Physik wie auch der Biologie bilden zusammenhängende, kohärente Netzwerke. Je dichter die Netzwerke werden, desto größer ist die Zuverlässigkeit der enthaltenen Theorien.

    Es ist der natürliche Fortschritt der Forschung, z.B. durch Verbesserung der Instrumente, dass Theorien modifiziert oder sogar aufgegeben werden müssen, auch dass neue Hypothesen gebildet werden.

    Leider muss man immer wieder feststellen, dass Gläubige, oftmals die Aktivisten darunter, große Wissenslücken in Naturwissenschaften aufweisen und meinen, mit bloßen Schlagworten ihre Gegner widerlegen oder beeindrucken zu können.

  228. @Physiker 25.02. 11:37

    „Die Erhaltung von Energie, Impuls und Drehimpuls sowie die Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit verbieten sehr wohl bestimmte Effekte…“

    Außerkraftsetzungen in Sonderfällen mag ich auch nicht. Und ich kenne auch keine spirituellen Erfahrungen, die dies erfordern. Die gezielten Quantenzufälle reichen aus.

    „Interessant würde es nur, wenn es subtile Effekte gäbe, die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Prozesse beeinflussen würden, aber das ist völlig spekulativ.“

    Das attraktive daran ist, dass sie den ganzen Rest der Physik nicht angreifen.

    @anton reutlinger 25.02. 11:45

    „Man könnte die Glaubenslehren von ihrem historischen Hokuspokus (Lebensvorschriften) und ihrem klerikalen Machtapparat befreien und eine pantheistische Haltung einnehmen, in Verbindung mit ethischen Vorstellungen und Normen.“

    Gute Idee. Ist mir eigentlich ziemlich selbstverständlich, und angesichts der Vielfalt der religiösen Traditionen sogar recht alternativlos. Und für die ethischen Vorstellungen liefern sowohl Biologie als auch Psychologie einen Erkenntnisschatz, der darauf wartet, in Glaubenssysteme integriert zu werden. Was gesund und glücklich macht, geht wohl in die richtige Richtung.

    @Balanus 25.02. 11:59

    „Es ist doch so: Wenn Gott als Schöpfer des Universums entfällt, was bleibt dann über? Na? Richtig, die Natur selbst! Popper hat’s, so scheint’s, verstanden.„

    Die fast unendliche Reichhaltigkeit der Natur in den Blick zu nehmen ist in jedem Fall eine sehr gute Idee. Wenn man hierfür vorübergehend den Geist dieses Kosmos beiseite lässt, ist das vielleicht die Sache wert.

    @Konrad Lehmann 25.02. 13:04

    „Aber der Panpsychismus, so sympathisch er dem Taoisten ist, ist eigentlich ein Taschenspielertrick: Man schummelt das Geistige von Anfang an in die Materie, wo es aber keiner sieht, und wenn es dann gebraucht wird, ruft man: “Tadaa!”, und da ist es.“

    Wenn Spirituelles nur in der Welt wirkt, wenn es mit rechten Dingen nicht vernünftig geht, dann ist das eben tatsächlich so: Wunder in der Außenwelt gibts nur sporadisch, aber das Bewusstsein könnte auf geistige Unterstützung so sehr angewiesen sein, dass es ohne dem gar nicht laufen kann.

    @Stephan 25.02. 13:49

    „Aber der – für die Diskussion – wichtigste Punkt ist wahrscheinlich, dass man für (Natur-)Wissenschaft Offenheit und Neugierigkeit für die Welt braucht – keinen naturalistischen Dogmatismus.“

    Genau. Weltoffenheit steht nicht nur Religionen gut.

    @Stephan 25.02. 13:49

    „Ich habe mich festgelegt, nämlich auf die agnostische Methode nach Huxley, auf den kritischen Rationalismus (wobei ich hier übrigens große Überlappungen, wenn nicht gar Äquivalenz sehe) und – für die Werte – auf den Humanismus.“

    Sieht auch gar nicht nach Unbestimmtheit aus. Konkret ist das eine Grundlage für eine praktisch gut nutzbare Haltung. Im Chaos der zeitgenössischen Kultur sehr geeignet, finde ich.

  229. Hi Physiker,

    zum Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion:

    Mir scheint, dass die ganze Funktionalität (des Gehirns, der Verfasser) schon in diesen Basisfunktionen enthalten ist und es nichts (wesentliches) mehr hinzuzufügen gibt.

    Das genau ist die Methode der Wissenschaft: Reduzieren. Ich frage mich, ob Du wirklich nicht siehst, das in den Basisfunktionen des Zusammenspiels der Atome nicht enthalten ist, dass das Gehirns buchstäblich aus sich heraustreten und sich selbst betrachten kann. In den Basisfunktionen stecken die bekannten vier Wechselwirkungsarten, und Quantenmechanik. Wo steckt die Funktionalität, das sich der Atomhaufen genannt Gehirn ein Ich-Bewußtsein entwickelt ? Und sich dann noch mit anderen Atomhaufen auf Werte wie Würde, Vertrauen und Gut und Böse einigt. Welche Basis-Wechselwirkung der Einzelteile der Gehirnmasse soll das hervorbringen ? Es ist geradezu unwissenschaftlich, den reduzierten Atom-Objekten etwas anzudichten, das sich wie ein Wunder auswirkt, ohne dass man über den Mechanismus, der das Wunder kausal entstehen läßt, irgendeine Aussage machen könnte.

    Es ist doch plausibel, an diese Fragen auf andere Weise als naturwissenschaftlich ranzugehen. Unter der naturwissenschaftlichen Hypothese, dass alles eine Ursache hat, ist es jedenfalls plausibel, dies etwas Emergentem zuzuschreiben, etwas, das sich nicht aus Reduktion, sondern aus einer Synthese, einer Gesamtheit ergibt, mit Eigenschaften, die über die von reduzierten Einzel-Atomen hinausgeht. Das ist eine logische naturwisssenschaftliche Folgerung, und schon diese schon dahin führt, wo sich auch die Religion verortet. Emergenz führt also entweder zum Wunderglauben, der Materie würde übernatürliche Kräfte verfügen, oder zu der plausibleren Annahme, dass etwas gesetzmäßig am Werke ist, das wir naturwissenschaftlich nicht verstehen, und daher anders verstehen müssen. Wenn man dieser Idee konsequent folgt, ist der Glaube an eine universale Allmacht nicht mehr fern. Es ist jedenfalls selbst aus naturwissenschaftlicher Sicht zu verstehen, wenn viele Leute dieser Sicht zuneigen.

    Grüße Fossilium

  230. @ Stephan Schleim

    Das ist offensichtlich eine Äußerung der Form, wie Sie Menschen gebrauchen, die keine guten Argumente haben.

    Das war auch kein Argument, sondern eine Bewertung. Für mich ist Agnostizismus die zweitalbernste Weltanschauung nach dem Fatalismus, dessen Spitzenposition natürlich unangefochten ist. Beiden Positionen gemein ist allerdings eine gewisse Denkunlust.

  231. @Balanus / 25.02.2021, 11:59 Uhr

    »Es war nicht ich, der hier im Blog den ontologischen Naturalismus in eine Reihe mit den Religionen gestellt hat.«

    Korrekt. Du warst derjenige, der an der von mir aufgegriffenen Stelle eine Gleichsetzung von Naturalismus und (Natur-)Wissenschaft insinuiert hat. So als würde mit der Einordnung von metaphysischem Naturalismus als eine Art von Religion auch der Wissenschaft der Status einer Religion zugewiesen.

    Wer Defizite beim metaphysischen Naturalismus sieht, ist deswegen so wenig ein Feind der Wissenschaft, wie Journalisten der New York Times oder Washington Post “enemies of the American people” sind, weil sie individuelle Defizite von Donald Trump als US-President angeprangert haben. Trump is not “the American people”, and Naturalism is not Science.

    »Popper hat’s, so scheint’s, verstanden.«

    Die Frage wäre dann nur noch: Bist Du sicher, Popper hier recht verstanden zu haben?

  232. @Fossilium

    Paar Fragen:

    – schon mal etwas auf einen Tisch gelegt? Ist das durch die Platte durchgefallen? Komisch, sind doch nur Quanten und Felder nach deiner Meinung

    – Schon mal auf einen Berg oder Hügel gestiegen? Und? Oben geblieben oder bis zum Erdmittelpunkt durchgesackt? Auch hier, Quanten, Felder und auf einmal, zack, steht da das Matterhorn.

    – Was ist denn Würde? Und wo wir gerade dabei sind? Wie stimmen sich eigentlich Heringe im Schwarm ab? Und wie machen das Bakterien im Biofilm? Die haben gar kein Gehirn. Haben die etwa ein Bewusstsein ihrer eigenen Existenz oder wie funktioniert die Abstimmung der Zellen untereinander so ohne Bewusstsein und so? Magic 😉

  233. Wo steckt die Funktionalität, das sich der Atomhaufen genannt Gehirn ein Ich-Bewußtsein entwickelt ? Und sich dann noch mit anderen Atomhaufen auf Werte wie Würde, Vertrauen und Gut und Böse einigt. Welche Basis-Wechselwirkung der Einzelteile der Gehirnmasse soll das hervorbringen ?

    Mich deucht, es ist Zeit für dieses berühmte Zitat (und wer nicht weiß, woher es ist, und warum da jemand in Kapitälchen spricht, der hat etwas ganz, ganz Wundervolles bisher versäumt.):

    “All right,” said Susan. “I’m not stupid. You’re saying humans need… fantasies to make life bearable.”

    REALLY? AS IF IT WAS SOME KIND OF PINK PILL? NO. HUMANS NEED FANTASY TO BE HUMAN. TO BE THE PLACE WHERE THE FALLING ANGEL MEETS THE RISING APE.

    “Tooth fairies? Hogfathers? Little—”

    YES. AS PRACTICE. YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES.

    “So we can believe the big ones?”

    YES. JUSTICE. MERCY. DUTY. THAT SORT OF THING.

    “They’re not the same at all!”

    YOU THINK SO? THEN TAKE THE UNIVERSE AND GRIND IT DOWN TO THE FINEST POWDER AND SIEVE IT THROUGH THE FINEST SIEVE AND THEN SHOW ME ONE ATOM OF JUSTICE, ONE MOLECULE OF MERCY. AND YET—Death waved a hand. AND YET YOU ACT AS IF THERE IS SOME IDEAL ORDER IN THE WORLD, AS IF THERE IS SOME…SOME RIGHTNESS IN THE UNIVERSE BY WHICH IT MAY BE JUDGED.

    “Yes, but people have got to believe that, or what’s the point—”

    MY POINT EXACTLY.”

  234. @Fossilium,Neher: Sie sollten dem Link folgen, den Reutlinger dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Dort kann man nachlesen, wie Emergenz funktioniert und beobachten, wie sie durch einen Phasenübergang entsteht. Also keine Zauberei, reine Physik.

  235. @Physiker / 25.02.2021, 11:37 Uhr

    »Frau Drossel vertritt mit der Behauptung, Naturgesetze würden nichts verbieten, eine unhaltbare Position.«

    Naturgesetze verbieten nichts. Denn Naturgesetze sind nicht normativ. Sondern deskriptiv, und genau das sagt auch Frau Drossel. Womit sie zu 100% richtig liegt.

  236. @Stegemann:

    Danke für den link.
    Ich weiss was schwache Emergenz ist. Bin sicher Fossilium weiss das auch.

  237. @Tim: Das ist hier kein Forum für dumme Witze. Wenn Sie sich zur Abwechslung mal inhaltlich äußern, schreibe ich Ihnen wieder.

    P.S. Sie geben nun selbst zu, nicht zu argumentieren; bitte halten Sie sich an die Diskussionsregeln, wie die (meisten) Anderen auch.

  238. @Chrys

    So als würde mit der Einordnung von metaphysischem Naturalismus als eine Art von Religion auch der Wissenschaft der Status einer Religion zugewiesen.

    Eventuell ist es so: weil der Wissenschaft nicht der Status einer Religion zukommt, harmoniert sie mit einigen Religionen.

    Ich bin geneigt zu sagen, mit meiner Religion (*), dem Naturalismus, ist die Wissenschaft sogar in vollendeter Harmonie verbunden. Aber das genügt vielen anderen Anhängern des Naturalismus nicht, die glauben, nicht zu glauben – denn sie wissen nicht, was sie tun.

    (*) Religion nach Geertz (zitiert nach @Chrys, 24.02.2021, 11:46 Uhr; zitiert nach Gräb):

    Eine Religion ist (1) ein Symbolsystem, das darauf zielt, (2) starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und Motivationen in den Menschen zu schaffen, (3) indem es Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung formuliert und (4) diese Vorstellungen mit einer solchen Aura von Faktizität umgibt, dass (5) die Stimmungen und Motivationen völlig der Wirklichkeit zu entsprechen schei­nen.

  239. @Stephan // 25.02.2021, 12:56 Uhr

    »Klar, wenn man die Diskussion über Wissenschaft und Religion auf jene Fälle reduziert, in denen sich Wissenschaft und Religion klar widersprechen, dann gibt es hier einen Konflikt…«

    Ebenso klar: Wenn man die Diskussion auf jene Fälle reduziert, wo es um unterschiedliche Gegenstandsbereiche geht, dann gibt es halt keinen Konflikt.

    » …doch ist diese Erkenntnis dann mehr als bloße Trivialität []? «

    Ich fürchte, nein. Aber schön, dass Du selber drauf gekommen bist … 😉

    Wer weiß, vielleicht ist das ja der Trick der gläubigen Naturwissenschaftler: Man blendet jene Glaubensaussagen, die nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar sind, einfach aus.

    » 😂 😂 😂 «

    Ich fand das auch lustig: Naturwissenschaftler, die „die Natur als Gottes Offenbarung verstehen“. Mir fiel dazu nur spontan SARS-CoV-2 ein.

  240. @Chrys // 25.02.2021, 16:10 Uhr

    »Du warst derjenige, der an der von mir aufgegriffenen Stelle eine Gleichsetzung von Naturalismus und (Natur-)Wissenschaft insinuiert hat. «

    Richtig, mir war eben, als wolltest Du auf so etwas Änliches hinaus. Oder warum hattest Du an der besagten Stelle den ontologischen Naturalismus ins Spiel gebracht, wo es hier im Blog doch nur um das Verhältnis von (Natur)Wissenschaft und Religion geht?

    Ich meine, so ganz abwegig ist der Gedanke ja nicht, dass auch die ontologische Spielart des Naturalismus mit den Naturwissenschaften sozusagen Hand in Hand geht—trotz aller definitorischen Schwächen oder Defizite, die es da geben mag.

  241. @Johannes

    Ein Buch kann keinen Anspruch haben

    mmmh wie ist dann folgender Text zu verstehen:

    Die Bibel ist sicher kein philosophisches Werk sein und hat auch keinen Anspruch irgendwie Präzise oder Widerspruchsfrei zu sein.

    ?

  242. einer,
    da bin ich wieder mit einer frohen Botschaft für Sie
    Die Juden haben von allen Nationen die meisten Nobelpreise erhalten. Bei Medizin sind es 56, bei Chemie sind es 35, bei Literatur immerhin noch 16 nur als Beispiel.

    Entweder sind Juden klüger als die anderen oder sie sind durch den Umgang mit ihrer Religion so geschult, dass sie alle anderen toppen.

    Ich denke , es liegt an ihrer Religion, dass sie eben nicht das Geistige ausblenden, wie es bei den Naturwissenschaftler gerade hipp ist.

  243. @fossilium 24.02. 15:41

    „Man kann übrigens Emergenz auch ganz einfach definieren: wenn bei der modellhaften Reduktion alle Eigenschaften eines physikalischen Objekts wegreduziert sind, die man zur Erklärung eines Mechanismus nicht braucht, dann funktioniert der Mechanismus hervorragend. Aber wenn Sie diese Objekte dann nehmen, und setzen viele davon wechselwirkend zu einem größeren Gesamtheit zusammen, dann fehlen Ihnen die wegreduzierten Eigenschaften immer noch, das sind dann gerade die, die das nicht mehr erklärbare Verhalten der Gesamtheit erklärt hätten. Es ist doch logisch, dass ein nicht mehr erklärbares Verhalten auftreten muss. Das kann man dann Emergenz nenne, oder “nicht erklärbar”“

    Gibt es denn verborgene Eigenschaften in der Quantenphysik, die bei der Beschreibung von einzelnen Atomen nicht beachtetet werden (müssen)? Mir fällt hier das Beispiel ein, dass man mit schwierigen und sehr aufwändigen Berechnungen zwar die konkrete Faltung von neu synthetisierten Proteinen voraussagen kann, dass dabei aber schnell auch Supercomputer an ihre Grenzen kommen, und diese Berechnungen entsprechend nur bei relativ kleinen Molekülen praktikabel sind.

    Ich dachte, dass das an den Superpositionen der gemeinsamen Wellenfunktion des ganzen Proteins liegt, die mit jedem zusätzlichem Atom exponentiell aufwändiger zu berechnen sind. Wenn hier jetzt noch verborgenen Parameter wirken, wird es ja sogar ganz unmöglich, brauchbare Berechnungen zu liefern. Da helfen womöglich nur selbstlernende KI-Systeme, die bei ihrem Training die entsprechenden verborgenen Parameter mit einbeziehen, ohne dass diese Eigenschaften dabei explizit sichtbar werden.

  244. @einer

    “Die Bibel ist sicher kein philosophisches Werk sein und hat auch keinen Anspruch irgendwie Präzise oder Widerspruchsfrei zu sein.”

    Stimmt ist falsch. Es müsste heißen: Der Leser sollte keinen Anspruch an die Bibel stellen irgendwie Präzise oder Widerspruchsfrei zu sein.

    Solche Ansprüche habe ich eher an juristische oder wissenschaftliche Texte.

  245. @Chrys // 25.02.2021, 16:25 Uhr

    » Naturgesetze verbieten nichts. Denn Naturgesetze sind nicht normativ. «

    Schätze, das ist @Physiker wohlbekannt (dass Naturgesetze nicht normativ sind).

    » …und genau das sagt auch Frau Drossel. Womit sie zu 100 [Prozent] richtig liegt. «

    Sie sagt ja noch mehr, nämlich dass Naturgesetze keine Wunder ausschließen.

    Stephan hat in einem der Kommentare sinngemäß geschrieben, dass wenn irgendwo mal so etwas wie ein Wunder festgestellt würde, man sich flugs eine passende physikalische Theorie oder Erklärung dazu ausdenken würde. Damit wäre dann das angebliche Wunder sozusagen naturalisiert worden.

    Frage dazu: Wenn es einem (gläubigen?) Wissenschaftler gelänge (etwa mit Gottes Hilfe), ein funktionierendes Perpetuum mobile (der ersten Art) zu konstruieren, welche Bedeutung hätte das für die Welt der (theoretischen?) Physik? Oder anders gefragt: Kann ein heutiger Physiker sich so etwas überhaupt vorstellen, wie eine Physik aussähe, in der Perpetuum mobiles möglich sind?

  246. Balanus
    unser Universum ist ein Perpetuum mobile. Da geht nichts weg, da kommt nichts hinzu, und es bewegt sich trotzdem.

  247. Manche Gläubige haben offenbar eine blühende Phantasie. Das hatten wohl auch schon die Autoren der Bibel, wie die Urheber der vielen Religionen.

  248. @ fossilium 25.02.2021, 15:58 Uhr

    Zitat: „… in den Basisfunktionen des Zusammenspiels der Atome nicht enthalten ist, dass das Gehirns buchstäblich aus sich heraustreten und sich selbst betrachten kann. …Wo steckt die Funktionalität, das sich der Atomhaufen genannt Gehirn ein Ich-Bewußtsein entwickelt ? Und sich dann noch mit anderen Atomhaufen auf Werte wie Würde, Vertrauen und Gut und Böse einigt. Welche Basis-Wechselwirkung der Einzelteile der Gehirnmasse soll das hervorbringen ?“

    Ich vermute, die Funktionalität steckt in eine riesigen „Zufallsgenerator Maschinerie“ die allmählich entstanden ist, sich unaufhörlich weiterentwickelt hat und „Zufälligkeiten der Hardware“ und auch des „Verhaltens“ generiert hat. Das Darwinsche Prinzip hat ausselektiert was „existenzfähig“ ist, die Hardware und die Software.

    Wie ich hier aufzeigen möchte, könnte man in von Zyklen gesteuerten elektronischen „Zählerschaltungen“ (die letztlich in Richtung „Unendlich“ zählen können) ein Grundprinzip eines derartigen „Zufallsgeneratorsystems“ sehen, bzw. damit vergleichen. Derartige „Zufallsfolgen“ können absolut „zufällig“ sein, aber auch praktisch „determiniert“. Elektroniker können einfache Schaltungen basteln, die genau derartiges zustande bringen.

    Gewisse Prozesse der Genexpression, dürften von der Systematik her, vorsichtig formuliert, darauf hindeuten, dass es sich ähnlich wie bei der „linearen Programmsteuerung“ in der Informatik verhält. Dass letztlich systematisch, von zyklischen Prozessen gesteuert, „Zählerschaltungen“ ausgelesen werden und auf diese Art „Zufallsvariable“ generiert werden.

    Derartiges dürfte auch die Evolution mit chemischen „Baukomponenten“ geschafft haben und immerzu neue Varianten des Lebens generieren.

    Die Genexpression, deren Varianten, stehen für die Steuerung der „DNA Auswertung“, die DNA selbst steht für die „Zähler“. Selbstverständlich könnten mehrere DNA Systeme wechselwirken. Z.B. mit der Mitochondrialen DNA.

  249. @Konrad Lehmann, Matthias u.a.

    Agnostizismus sei “ein sehr dehnbarer Begriff”, heißt es. Aber nein doch: Thomas Huxley war sehr präzise: Follow your reason as far as it will take you… Do not pretend that conclusions are certain which are not demonstrated or demonstrable. Stephan Schleim hat das korrekt wiedergegeben.

    In einigen Kommentaren wird der bekennende Agnostiker als Mensch ohne Haltung gezeichnet. Dabei geht es ersichtlich nur darum, ihm ein Etikett anzukleben: Atheist/Theist, Dualist/Monist,  Materialist/Idealist. Die Werte des Agnostikers brauchen eine solche Begründung aber nicht. Er kann seinen Standpunkt auch ohne Berufung auf eine Metaphysik  vertreten. Sein gesellschaftliches Engagement wird dadurch nicht geschmälert.

  250. Stephan Schleim
    25.02.2021, 14:01 Uhr
    @Maier: Inhalte
    Ich schreibe Ihnen wieder, wenn Sie inhaltlich argumentieren, und es nicht nur über die emotionale Schiene versuchen, okay?

    Na, Sie sind aber lustig ( um es mal emotional zu formulieren ), von wem stammen denn solche emotionalen Äußerungen:
    a) War klar, dass einer wie Sie, empirisch geschlagen, dann wieder auf die philosophische Ebene wechselt.
    b) Sehen Sie es endlich ein – oder leben Sie halt mit Ihrem fundamentalen Widerspruch.
    c) Sie führen ein Rückzugsgefecht, wie man hier sehr deutlich sieht.
    d) … warum Ihre Theorien prinzipiell mit Religion unvereinbar sein sollen, diskutieren Sie besser mit der Mehrheit Ihrer Kollegen, die nachweislich anderer Meinung sind.
    e) Weil ihnen in der Pattsituation keine guten Gründe einfallen, suchen sie sich irgendeinen Unsinn oder eine Untat heraus …
    f) So ein Auftreten k… mich einfach nur an.
    g) Kommen Sie wieder, wenn Sie zur Besinnung gekommen sind.
    h) Beschäftigen Sie sich doch erst einmal mit Wahrheitstheorien …
    i) Über was für ein Thema könnte ich denn mal wieder schreiben, damit du dich daran stören kannst?
    j) Das ist offensichtlich eine Äußerung der Form, wie Sie Menschen gebrauchen, die keine guten Argumente haben.
    k) Wenn Sie sich zur Abwechslung mal inhaltlich äußern, schreibe ich Ihnen wieder.

    Kein anderer “Beiträger” hat sich derart geäußert, selbst der Unsinn kam noch ernsthaft einher.

    “Wir” können es auch ganz rational angehen lassen, ich stelle hiermit nach dem Überfliegen der vielen Beiträge hier fest, dass ich in meinem ersten Beitrag nicht die Definitionen genannt habe, von denen ich ausging. In der Diskussion wird Vieles stillschweigend vorausgesetzt, was einer vorherigen Klärung wert wäre. So wird “Glaube” zu schnell auf “christlicher Glaube” verengt, es wird der “Glaube” dann auch noch mit Zitaten aus der Glaubensgrundlage ( Bibel, NT ) erklärt und was “Wissenschaft” ist, definieren wir gleich garnicht ( Anm. Ich halte zB “Wirtschaftswissenschaft” auch nur für eine empirische Vorgehensweise, die hinterher erklärt, was man vorher nicht wissen 😉 konnte ). Um es mal bildhaft auszudrücken: Ich möchte nicht über die Farbe oder Form einer Autokarrosserie diskutieren, auch nicht über Front-, Allrad- oder Heckantrieb oder die Höchstgeschwindigkeit, sondern darüber, aus welchen Werkstoffen die Einzelteile des Motors und der Karrosserie bestehen und wie alles zusammengefügt ist.
    Insofern stellt sich für mich die Frage, was “Glaube” überhaupt ist, was man alles “glauben” kann, und wie ( mein Rückgriff auf die Evolution und unsere “Cousins” ) das bei uns manifest wird, was wir “Glaube” nennen.
    Im Grunde aber “glaubt” der Wissenschaftler ( hoffentlich nur so lange, bis es widerlegt wurde ) an seine Annahmen, die er durch Messungen bestätigt sieht, während ein Gläubiger seinen Glauben ( seine Annahmen ) durch alles mögliche bestätigt findet ( an der Formulierung muss ich wohl noch arbeiten ).
    Insofern gehe ich davon aus, dass jeder Mensch etwas glaubt, dass ein Leben ( für einen homo sapiens sapiens ) ohne Glauben nicht möglich ist, ich frage mich daher, welchen evolutionären Hintergrund/Vorteil diese Erscheinung hat, die wohl einzigartig in der Biosphäre ist. Wenn das geklärt ist, sehen wir weiter, oder?

  251. @ Stephan Schleim

    “einer” hat vorhin schon unübertroffen pointiert formuliert, warum der Agnostizismus keine ernstzunehmende weltanschauliche Position ist:

    Man ist quasi so bei unendlichen vielen Dingen Agnostiker .. Einhörner, Feen etc. sind da noch die harmloseren.

    Man muss eine Sache nicht künstlich mit Ernsthaftigkeit aufblasen, wenn sie nicht ernst zu nehmen ist.

    [😂 😂 😂 😂 😂 😂 😂 😂 😂 Reaktion S. Schleim]

  252. @Timm Grams: Agnostiker

    So ist es.
    Wenn weder Gott noch das Gegenteil nicht-/-beweisbar ist,wenn weder Beweis noch Gegenbeweis möglich ist, worüber ist dann zu ‘ENTSCHEIDEN’?

  253. “Man muss eine Sache nicht künstlich mit Ernsthaftigkeit aufblasen, wenn sie nicht ernst zu nehmen ist.”

    Was ist an der Haltung: ich weiß es nicht, ich kann es nicht wissen nicht ernst zu nehmen?
    Vor allem weil natürlich Gott etwas ganz anderes meint als Einhörner, Feen, Weihnachtsmänner oder fliegende Spaghettimonster.

    Das man sich über alles lustig machen kann sagt übrigens meistens mehr über die schlechte Kinderstube von einem selbst aus als über die Sache an sich. Gibt ja z.B. auch Behindertenwitze oder Judenwitze.

  254. “Godwin! 🙂”

    “Godwin’s Law (englisch für ‚Godwins Gesetz‘) ist ein Begriff aus der Internetkultur, der von dem Rechtsanwalt und Sachbuchautor Mike Godwin 1990 geprägt wurde. Es besagt, dass sich im Verlaufe längerer Diskussionen, beispielsweise in Usenet-Newsgroups, mit zunehmender Dauer die Wahrscheinlichkeit, dass jemand einen Nazi-Vergleich einbringt, dem Wert Eins annähert.”

    Ich habe nicht verglichen sondern diagnostiziert.

    Und noch nicht mal nazi sein sondern eine schlechte Kinderstube.

    Aber das ist natürlich nicht so leicht zu verstehen.

  255. @Balanus:
    „ Oder anders gefragt: Kann ein heutiger Physiker sich so etwas überhaupt vorstellen, wie eine Physik aussähe, in der Perpetuum mobiles möglich sind? „
    Nein, man müsste dazu eine fundamentale Symmetrie aufgeben, und zwar die Homogenität der Zeit. Experimente geben eben das gleiche Resultat, egal wann man sie macht. Diese fundamentale Symmetrie wird begleitet von zwei weiteren: der Homogenität und der Isotropie des Raumes. Laut Noethers Theorem (auch eine leider fast vergessene Wissenschaftlerin) ergeben sich aus diesen Symmetrien die Erhaltung von Energie, Impuls und Drehimpuls. Daher ist die Aussage, Naturgesetze würden nichts verbieten, so nicht haltbar. Ebenso ist die Existenz einer Grenzgeschwindigkeit sehr fundamental; ich kann nicht sehen wieso man nicht sagen kann, dass höhere Geschwindigkeiten als die Lichtgeschwindigkeit verboten sind.

  256. @Physiker: woher wissen Sie, dass eins der von Ihnen genannten Naturgesetze morgen nicht widerlegt ist. Das nicht wenigstens prinzipiell für möglich zu halten, ist Dogmatimus. Nichts anderes meint Frau Drossel.

  257. @Maier: Hausaufgaben

    Machen Sie mal besser Ihre Hausaufgaben: Bei einigen Ihrer Punkte geht es völlig klar um die inhaltliche Diskussion; bei anderen reagiere ich direkt auf Bemerkungen von anderen. Aber schon klar: Die Leser dürfen mir hier alles an den Kopf werfen – und wenn ich dementsprechend reagiere, dann bin ich unfair. 😂 😂 😂

    Wir brauchen das hier nicht auszudiskutieren. Auch für Sie gilt: Halten Sie sich an die Diskussionsregeln und diskutieren Sie inhaltlich…

    …aber erstaunlich, wie viel Energie Sie hier herein stecken – falls es hier mal eine Stelle als Chronist zu vergeben gibt, dürfen Sie sich darauf bewerben. 😂 😂 😂

  258. @Stegemann:
    „@Physiker: woher wissen Sie, dass eins der von Ihnen genannten Naturgesetze morgen nicht widerlegt ist. Das nicht wenigstens prinzipiell für möglich zu halten, ist Dogmatimus.  „
    Ich habe natürlich nicht zufällig diese Erhaltungssätze und die zugrunde liegenden Symmetrien erwähnt. Diese Eigenschaften sind im uns zugänglichen Universum bestätigt und bilden sozusagen das Fundament der Physik. Man muss schon das Universum wechseln, um da eine Abweichung zu sehen. Wenn das Dogmatismus sein soll, dann ist das OK für mich.

  259. @Physiker: Hätte Newton so reagiert wie Sie, wenn man ihm gesagt hätte, dass seine Gesetze eines Tages (so) nicht mehr gültig sind (Relat.Th., Quantenm.)?

  260. @Stegemann:
    „@Physiker: Hätte Newton so reagiert wie Sie, wenn man ihm gesagt hätte, dass seine Gesetze eines Tages (so) nicht mehr gültig sind (Relat.Th., Quantenm.)? „
    Newtons Gravitationsgesetz ist noch mit sehr guter Genauigkeit für die meisten Fälle gültig. Wenn die Gravitation zu hoch wird, muss man zur ART ausweichen, aber das ist oft nicht nötig.
    Quantenmechanik hat nichts mit Newtons Gesetzen zu tun.
    Ich könnte Newton also nicht sagen, dass seine Gesetze nicht mehr gelten. Über die allgemeine Relativitätstheorie wäre er vermutlich sehr erfreut gewesen, da dadurch das Problem der Äquivalenz von schwerer und träger Masse erklärt wird und das Problem mit seiner Gravitationstheorie gelöst wird, die eine instantane Fernwirkung postuliert.
    Man kann nicht einfach mal eben so die Fundamente der Physik austauschen oder für austauschbar halten. So beliebig ist das nicht.

  261. @Stegemann:

    Einsteins Theorie ist eine Erweiterung der Beschreibung von Newton. In den Grenzen ihrer Gültigkeit ist Newtons Theorie völlig ok. Die AR liefert sogar in den meisten Fällen genau die gleichen Ergebnisse wie Newtons Theorie! Wo Newtons Modell nicht mehr ausreichend gut mit den Beobachtungen übereinstimmt, passt Einsteins Theorie. Einsteins Theorie ist umfassender als die von Newton, aber sie “widerlegt” Newton nicht.

    Eine neue Physik würde neue Beobachtungen, Messergebnisse bedingen. Na denen wird ja auch gesucht, siehe zB LHC (soviel zum Dogmatismus) . Nur eben leider nichts gefunden.

    “Wunder” bleiben leider aus. Schade eigentlich.

  262. @Neher, Physiker, Stegemann: Newton & Einstein

    Wir driften hier in die Philosophie der Physik ab…

    …soweit ich mich erinnere, kann man nicht sagen, dass die Physik zur Zeit da Vincis auf die Physik Newtons auf die Physik Einsteins reduziert worden wäre, schlicht weil wesentliche Konzepte unterschiedliche Bedeutungen haben.

    Davon abgesehen können (streng genommen) falsche Theorien aufgrund ihrer Pragmatik nützlich sein, weil beispielsweise die Fehler unter bestimmten Gesichtspunkten vernachlässigbar sind.

    Doch was verrät uns das nun alles über das Verhältnis von Wissenschaft und Religion?

  263. @Schleim:
    Ausgangspunkt der Diskussion war ja die Behauptung von Frau Drossel, Naturgesetze würden nichts verbieten, was ich in dieser Allgemeinheit für falsch halte.
    Diese Position wurde dann angegriffen und ich habe geantwortet.
    Wie schon mehrfach erwähnt, gibt es eben manche Aussagen von Religionen, die mit den Theorien der Physik nicht vereinbar sind.

  264. @Physiker 25.02.2021, 23:09 Uhr
    Ihrer Meinung nach

    gibt es eben manche Aussagen von Religionen, die mit den Theorien der Physik nicht vereinbar sind.

    Was soll das bezeugen? Sie sollten – und das ist eine Minimalforderung – wenigstens sagen, was Sie unter den Religionen verstehen, wer die mit Physik unvereinbaren Aussagen macht, und mit welchem Geltungsanspruch er das tut.

  265. @Physiker 25.02.2021, 23:46 Uh
    Ihre Pauschalaussage ist ohne Gehalt. So bleibt Raum für die Botschaft des Papstes Johannes Paul II. an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften anläßlich ihrer Vollversammlung am 22. Oktober 1996. Sie beinhaltet ein Bekenntnis zum NOMA-Prinzip.

  266. Stephan Schleim
    25.02.2021, 21:22 Uhr
    @Maier: Hausaufgaben
    …und wenn ich dementsprechend reagiere, dann bin ich unfair. …

    Klar erkannt ;-), selawie, selagähr …

  267. @Physiker: Ihre Argumente sind mir selber klar, ich wollte darauf hinweisen, dass der Universalanspruch der Newtonschen Gesetze nicht ewig gilt, das wollte Frau Drossel wahrscheinlich auch zum Ausdruck bringen
    @Neher: Dass sich Newton gefreut hätte, bezweifle ich. Sein Weltbild und das seiner Zeitgenossen wäre wäre durch ART und Qu-M. aus den Angeln gehoben worden.

  268. @hwied

    da bin ich wieder mit einer frohen Botschaft für Sie
    Die Juden haben von allen Nationen die meisten Nobelpreise erhalten.
    Entweder sind Juden klüger als die anderen oder sie sind durch den Umgang mit ihrer Religion so geschult, dass sie alle anderen toppen.
    Ich denke , es liegt an ihrer Religion, dass sie eben nicht das Geistige ausblenden, wie es bei den Naturwissenschaftler gerade hipp ist.

    Ich denke die Juden sind aus traditionellen Gründen gebildeter .. das erklärt dann auch den Rest.

  269. Stephan Schleim,
    Was das Verhältnis von Wissenschaft zur Religion betrifft

    Wenn man genauer hinschaut, dann beruhen die Einsichten der Naturwissenschaften auf Modellvorstellungen, die man eine Theorie nennt.

    So eine Theorie kann man nachträglich schlecht als falsch bezeichnen, denn eine Theorie baut auf den technischen Möglichkeiten auf, die zur Verfügung standen.
    Es ist also müßig Newton gegen Einstein aufzuwiegen, die Theorien widersprechen sich ja nicht..

    Was aber klar sein muss und hervorgehoben werden muss, die naturwissenschaftliche Weltanschauung baut auf Modellen auf.
    Bei der Bibel ist das ähnlich. Sie benützt auch ein Modell, sogar mehere, Es gibt viele verschiedene wie Metapher, Alliteration, Anapher oder Parallelismus .

    Das Bibelverständnis der Neuzeit benützt neuzeitliche Sprachmodelle um den Sinn für den Bibeltext zu schärfen.
    Die Naturwissenschaft schärft auch ihr Verständnis, indem sie die naturwissenschaftlichen Modelle verfeinert.

    Also, beide, Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft profitieren voneinander, indem sie wissenschaftliche Verfahren anwenden.

  270. einer,
    …..traditionell gebildeter…..
    das ist doch mal eine versöhnliche Einsicht.
    Und wenn sie jetzt noch zu der Einsicht kommen, dass diese Bildung gar nicht so unrealistisch ist, wie einige Zeitgenossen glauben, dann hat dieser blog seinen Sinn erfüllt.

  271. “Doch was verrät uns das nun alles über das Verhältnis von Wissenschaft und Religion?”

    Ich bin zu 99% Atheist und zu 1% Agnostiker. Wir sind materielle Wesen mit einem materiellen Wahrnehmungsapparat. Sollte es irgendetwas Immaterielles im Universum geben, werden wir es nicht wahrnehmen können, auch nicht seine Auswirkungen auf uns. Es würde aber dennoch existieren. Diese banale Logik bringt mich zu diesem 1% Agnostizismus.

  272. Zwischenfazit

    1a. Man braucht keinen Gott anzunehmen, um die Welt zu erklären; doch das wussten wir schon vorher (z.B. Pierre-Simon Laplace, 18./19. Jahrhundert).

    1b. Was genau als hinreichende Erklärung gilt, geht zu sehr ins Detail und bedarf weiterer Klärung. (Diese ist u.a. Gegenstand der Wissenschaftstheorie.)

    2. Religiöse und naturwissenschaftliche Aussagen können, doch müssen sich nicht zwingend widersprechen.

    3a. Die Diskussion darüber, was genau die “Naturgesetze” ausschließen, hält an. (Ich verwende den Begriff in Anführungszeichen, da ich Gesetze für menschliche Konstrukte halte, die, in diesem Fall, Naturvorgänge und Naturkräfte formalisieren sollen.)

    3b. Im Zusammenhang damit wird mein Standpunkt deutlicher, dass man diese “Naturgesetze” schlicht anpassen würde, wenn man regelmäßig Wunder beobachten würde. Meines Wissens sind Wunderberichte, wie man sie in verschiedenen religiösen Traditionen findet, aber nicht nach wissenschaftlichen Kriterien bestätigt.

    3c. Offen bleibt die Frage und geht hier auch zu sehr ins Detail, was überhaupt als “Wunder” angesehen werden könnte.

    4a. In anbetracht dieser Tatsachen scheint es mir nicht prinzipiell irrational, an etwas Göttliches zu glauben.

    4b. Diesen Glauben kann man aber nur für sich selbst individuell und nicht allgemeinverbindlich für alle begründen.

    5. Dogmatismus bringt die Diskussion nicht weiter und gilt es zu vermeiden. Insbesondere gefährdet Dogmatismus mit seiner Verabsolutierung das tolerante und friedliche Zusammenleben der Menschen.

    6a. Nach 1 bis 5 scheint mir der Standpunkt des Agnostikers, wie im dritten Teil dieser Serie definiert, als der vernünftigste.

    6b. Im Detail bliebe zu klären, inwiefern sich dieser Standpunkt mit dem des kritischen Rationalismus deckt.

    Danke für Ihre Aufmerksamkeit. 😉

  273. @Stegemann: Immaterielles

    Geld? Gesetze? Ihr Pflicht, eine Steuererklärung einzureichen? Die Tatsache, dass die Mehrwertsteuer 19% beträgt? Dass Sie “Stegemann” heißen? Dass die Zahl drei ungerade ist? Dass Petra Ihre Tochter ist, doch nicht Ulla?………

    Doch fangen wir diese Diskussion bitte nicht aufs Neue an.

  274. @Timm Grams // 26.02.2021, 00:34 Uhr

    »Bekenntnis zum NOMA-Prinzip. «

    Diese Botschaft des Papstes Johannes Paul II. an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Jahr 1996 illustriert m. E. sehr schön den Konflikt im Verhältnis von Religion (hier der Katholizismus) und Naturwissenschaft (hier die spezielle Evolutionsgeschichte des Menschen).

    Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann vertreten Sie die Position eines Agnostikers und werben zugleich für das NOMA-Prinzip.

    Das passt, so scheint mir, gut zusammen, denn als Agnostiker ist man der Entscheidung enthoben, ob die Evolution rein natürlich oder etwa theistisch abläuft, beziehungsweise welches Evolutionsgeschehen zum Gegenstandsbereich der Theologie und welches zu dem der Naturwissenschaften gehört.

    Sehr praktisch, will mir scheinen, die Position eines Agnostikers, anything goes…

  275. @Stegemann / 26.02.2021, 09:32 Uhr

    » Sollte es irgendetwas Immaterielles im Universum geben….«

    Sie meinen sicherlich Immaterielles außerhalb unserer Gedankengebäude …

  276. @Schleim: Ich verstehe hier unter ‘Immaterielles’ etwas anderes als Sie, nämlich das Gegenteil Materie, also nicht gesellschaftliche Bedeutungen.

  277. Chrys schrieb (25.02.2021, 16:25 Uhr):
    > […] Naturgesetze sind nicht normativ. Sondern deskriptiv, […]

    Wer diese Auffassung vertritt, sollte ergänzend eine Bezeichnung für (“Gesetzes-artige”) Konsequenzen von normativen Festsetzungen bereitstellen.
    (Mit dem prototypischen Beispiel der Konstanz und Endlichkeit von Signalfront-Geschwindigkeit, die sich bekanntlich zwangsläufig aus dem Begriff der “Signalfront” und deren Rolle in der Definition der Messgröße “Geschwindigkeit” ergibt).

    Anstatt dem offensichtlich Klärungs-bedürftigen und ansonsten missverständlichen Begriff “Naturgesetz” anzuhängen, bietet sich stattdessen das Begriffspaar

    Theorie (rein normativ, für Setzungen insbesondere von Messgrößen) vs.

    Modell (rein deskriptiv, insbesondere zur Zusammenfassung von Messwerten und von diesbezüglichen Erwartungen)

    an.

  278. @Balanus / 25.02.2021, 17:36 Uhr & 18:07 Uhr

    »Oder warum hattest Du an der besagten Stelle den ontologischen Naturalismus ins Spiel gebracht, wo es hier im Blog doch nur um das Verhältnis von (Natur)Wissenschaft und Religion geht?«

    Es war nicht ich, der hier im Blog als erster Naturalismus ins Spiel gebracht hat. Das hat eigentlich schon Stephan in seinem Text gemacht und damit den Diskursrahmen abgesteckt.

    Argumentiert habe ich nur, dass im Diskurs um das Verhältnis von Wissenschaft und Religion der metaphysische Naturalismus unter Religion und nicht unter Wissenschaft fällt, unter Berufung auf Geertz’ moderne kulturanthropolog. Definition von Religion. Und andererseits sehe ich mich dabei in guter Übereinstimmung mit Popper, der eben auch religionshafte Denkmuster im Naturalismus identifiziert und benannt hat.

    Wie schon andernorts gesagt, ich kann im metaphysischen Naturalismus von Bunge nicht mehr erkennen als eine Neuauflage von aristotelischem Substanz-Denken, und das ist ein Schritt zurück vor die Aufklärung, den ich keinesfalls mitgehen kann. Das würde zudem u.a. von mir erfordern, ohne einen vernünftigen Grund die moderne Logik preiszugeben und Energie für ein metaphysisches Konzept zu halten — um nur zwei Punkte nochmals zu nennen, die mit meinem wissenschaftl. Hintergrund unvereinbar sind.

    Barbara Drossel schreibt (und bei der Gelegenheit auch besten Dank @Johannes für den Link):

    Naturgesetze verbieten nichts. Naturgesetze beschreiben, was üblicherweise geschieht. Alle weiteren Schlussfolgerungen hängen davon ab, welche weltanschaulichen Überzeugungen man in die Überlegungen einbringt.

    Das ist in jeder Hinsicht korrekt. Und was Wunder angeht, da kommt es halt auf die individuellen Überzeugungen an, wie man sich zu einer Behauptung vermeintlicher Wunder positioniert.

    Die im Neuen Testament Jesus zugeschriebenen Wunder sind meines Wissens allesamt schon in vorchristlichen Quellen nachweisbar. Wobei ich freilich ein Vertrauen in die Arbeit jener Historiker lege, die das herausgefunden haben, und denke, dass man die Wunderberichte vor dem zeitgenössischen Hintergrund ihrer Entstehung zu sehen hat. Das waren sozusagen die Standard-Wunder, die zu jener Zeit halt jedem prophetischen Prediger im vorderen Orient von seinen Anhängern zugeschrieben wurden, und wer die nicht im Repertoire hatte, der war als Prophet nicht qualifiziert. Das wäre so meine kulturhistorische Erklärung für die Rolle der Wunder im NT, die für mich sehr plausibel ist. Barbara Drossel mag da vielleicht anderer Auffassung sein, okay, aber deswegen würde ich mit ihr nicht streiten wollen.

    Ein Perpetuum Mobile der 1. Art impliziert eine Verletzung des Energieprinzips. Eine solche werden wir nie beobachten können, das können wir ausschliessen. Denn das Energieprinzip ist gar kein empirischer Satz, der als solcher unter dem Vorbehalt der Falsifizierbrkeit stehen würde, sondern eher so etwas wie eine konventionalistisch gerechtfertigte Denknotwendigkeit für unsere Theoriebildungen. Und wie Einstein den erstaunten Heisenberg belehrte, “Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.” Falls Dich das jetzt auch etwas erstaunen sollte, dann bist Du mit Werner Heisenberg wenigstens in guter Gesellschaft.

    @Joker / 25.02.2021, 17:02 Uhr

    »Eventuell ist es so: weil der Wissenschaft nicht der Status einer Religion zukommt, harmoniert sie mit einigen Religionen.«

    Das erscheint mir ziemlich kompatibel mit dem, was schon Kant zur kategoriellen Trennung zwischen Wissen und (eigentlichem) Glauben gesagt hat. Problematisch sind Kategorienfehler und Übergriffe, die von der einen wie der anderen Seite aus begangen werden können von jenen, die nicht so genau wissen, was sie reden.

  279. Religion (Religiosität, Glaube) spielt sich in einem neuronalen Netz des Gehirns ab, Rationalität (Wissenschaft, Logik) in einem anderen des gleichen Gehirns. Es erinnert an das Werk des Verhaltensökonomen Daniel Kahneman “Thinking, Fast and Slow”, wobei System Fast leichter zu emotionalen und kognitiven Fehlschlüssen führt, System Slow deutlich anstrengender, zeitaufwendiger und meist weniger attraktiv ist.
    Wir sollten akzeptieren, dass ein Mensch beide neuronalen Netze besitzt, die verschiedene Kategorien repräsentieren, und keine davon durch eine letzbegründete Wahrheit (Wissenschaftstheoretiker Hans Albers) begründbar ist. Man muss damit leben.

  280. @Balanus 26.02.2021, 09:57 Uhr
    Das Argument des Naturalisten, aus dem Agnostizismus müsse Entscheidungsenthaltung folgen (“Anything goes”), ist grundfalsch. Die Lebenswirklichkeit belegt das. Einem Agnostiker kann man Wertvorstellungen nicht absprechen, nur weil er diese nicht metaphysisch begründen mag. Die von Ihnen produzierte Interpretation

    Als Agnostiker ist man der Entscheidung enthoben, ob die Evolution rein natürlich oder etwa theistisch abläuft, beziehungsweise welches Evolutionsgeschehen zum Gegenstandsbereich der Theologie und welches zu dem der Naturwissenschaften gehört.

    verfehlt das NOMA-Thema. Bei Entgegnungen sollte man schon darauf achten, dass man den Faden nicht verliert. Das Sortieren der Gedankenwelten ist nicht notwendigerweise mit einem Glaubensbekenntnus verbunden.

  281. @ Balanus 26.02.2021, 09:57 Uhr

    Zitat: „Das passt, so scheint mir, gut zusammen, denn als Agnostiker ist man der Entscheidung enthoben, ob die Evolution rein natürlich oder etwa theistisch abläuft, beziehungsweise welches Evolutionsgeschehen zum Gegenstandsbereich der Theologie und welches zu dem der Naturwissenschaften gehört.“

    Von einem Theologen habe ich ungefähr den Standpunkt gehört, dass die Entwicklung eben genau so verläuft, wie sie eben verläuft, welche Gesetzmäßigkeiten es gibt, welche Prozesse eine Rolle spielen, ob zufällig oder determiniert.
    Wie immer auch der „Schöpfungsprozess“ (man nennt eine Entstehung aus dem „Nichts“ nun einmal „Schöpfung“, z.B. Geldschöpfung) verläuft, …. ob man alles vollständig versteht oder nicht, für derartiges ist es jedenfalls zweckmäßig einen Bezeichner zu finden, wie man praktisch für alles einen Bezeichner findet.
    Das dahinter stehende Objekt ist transzendent, wie andere Objekte (PI, e, …) mit vergleichbaren Eigenschaften. Theologen sprechen jedenfalls vom „transzendenten Gott“.

    Dieses Konzept ist z.B. in der Informatik völlig selbstverständlich und alles scheint nach den Gesetzen der Wissenschaft völlig korrekt. Es ist höchstens nicht alles nachvollziehbar, verständlich und auch Widersprüche können auftreten, wie auch sonst in der Wissenschaft.

    Stets wird ein Bezeichner für einen Sachverhalt ein Objekt gesucht, z.B. „Word“ für das allgemein bekannte Programm der Textverarbeitung. Die (gewünschten) Eigenschaften und deren Struktur wird zusammengeführt und deklariert. Damit können logische Verknüpfungen, letztlich das Computerprogramm, realisiert werden.

    Religionen/Ideologien steuern die gesellschaftlichen Prozesse, um die Gesellschaft möglichst für Jahrtausende und ohne tägliche „Updates“ (die Menschen verrückt machen würden) existenzfähig zu halten.

    Das Konzept scheint mir wie eine nicht widerlegbare Tautologie, „not even wrong“ würde Herr Holzherr sagen. Mir persönlich gefallen derartige Aussagen….

  282. @Timm Grams // 26.02.2021, 10:53 Uhr

    » Einem Agnostiker kann man Wertvorstellungen nicht absprechen, …«

    „Wertvorstellungen“? Mein „anything goes“ bezog sich auf die Akzeptanz/Ablehnung eines natürlichen („naturgesetzlichen“) Evolutionsgeschehens. Diesbezüglich braucht sich der Agnostiker, meinem Verständnis nach, nicht zu entscheiden, da kann er sich bequem auf sein Nichtwissen, seine Ignoranz, zurückziehen.

    Denn in der Tat lässt sich ja nicht die Behauptung widerlegen, dass die Hand Gottes im vermeintlich rein naturgesetzlich erscheinenden Evolutionsgeschehen mitgemischt hat—und weiterhin mitmischt.

  283. @hwied

    einer, “…..traditionell gebildeter…..”
    das ist doch mal eine versöhnliche Einsicht.

    Wieso Einsicht? Obiges ist mir schon lange bekannt. Die bessere Bildung der Juden ist ja einer der Gründe, die zu Neid und Hass gegenüber den Juden geführt haben.
    (neben dem christlichen Antijudaismus usw.)

    Und wenn sie jetzt noch zu der Einsicht kommen, dass diese Bildung gar nicht so unrealistisch ist, wie einige Zeitgenossen glauben, dann hat dieser blog seinen Sinn erfüllt.

    Hä? Warum soll ich zu der Einsicht kommen, dass andere das nicht wissen?

  284. Elektroniker,
    das ist eine Aussage, die auch jedem Agnostiker einleuchten dürfte.
    „Religionen/Ideologien steuern die gesellschaftlichen Prozesse, um die Gesellschaft möglichst für Jahrtausende und ohne tägliche „Updates“ (die Menschen verrückt machen würden) existenzfähig zu halten. „

    Ich wage jetzt mal die Behauptung: Ohne Christentum wäre Europa nach der Völkerwanderung in viele Kleinstaaten zerfallen. Ohne das Christentum gäbe es Europa nicht.
    Die Klöster waren die Erhalter unserer Kultur. Die Klöster haben die Scholastik ermöglich, die Klöster haben die Aufklärung provoziert.

  285. einer ,
    gut, dass wir mal der gleichen Meinung sind. Alles andere war nur eine Provokation von mir , aber nicht böse gemeint.

  286. @Frank Wappler / 26.02.2021, 10:25 Uhr

    »Anstatt dem offensichtlich Klärungs-bedürftigen und ansonsten missverständlichen Begriff “Naturgesetz” anzuhängen, …«

    Ja, stimmt schon. Aber die tradierte und unreflektierte Rede vom “Naturgesetz” ist geprägt durch ca. 2000 Jahre christlich-abendländische Kulturgeschichte, davon schon gut 350 Jahre mit Bezug zur Physik, seit Descartes. Das ist praktisch irreversibel und wird sich kaum noch effektiv ausmerzen lassen.

  287. @Timm Grams

    So bleibt Raum für die Botschaft des Papstes Johannes Paul II. an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften anläßlich ihrer Vollversammlung am 22. Oktober 1996. Sie beinhaltet ein Bekenntnis zum NOMA-Prinzip.

    Allerdings so wie ich den Link verstehe nur bzgl. der Evolution. (mit Einschränkungen)
    Andere Bereich hat er da nicht angesprochen.

  288. @Schleim: Philosophie der Physik

    Na zunächst mal sind wir in die Physik abgedriftet 😉

    Natürlich können falsche Theorien aufgrund ihrer Pragmatik nützlich sein, nur müsste man dann mal definieren was in diesem Zusammenhang falsch bedeutet. Diese bereits bestehenden Theorien sind auf einige Stellen hinter dem Komma genau. Mag sein, dass eine weitere noch paar Stellen dazu packt. Macht das die ersten “falsch”?

    Das verrät uns gar nichts über das Verhältnis von Wissenschaft und Religion, weswegen ja abdriften richtig ist.

    Also zurück.

  289. Ich wage jetzt mal die Behauptung: Ohne Christentum wäre Europa nach der Völkerwanderung in viele Kleinstaaten zerfallen.

    Nach dem Zusammenbruch des röm. Reichs IST Europa in viele Kleinstaaten zerfallen.
    Wie meinen?

    Ohne das Christentum gäbe es Europa nicht.

    Sicher nicht das heutige .. aber Europa hätte es trotzdem gegeben.

    Die Klöster waren die Erhalter unserer Kultur. Die Klöster haben die Scholastik ermöglich, die Klöster haben die Aufklärung provoziert.

    Naja … da wurde auch viel verschüttet. Das Mittelalter war vielleicht nicht ganz so düster wie oft behauptet wird, aber sonderlich hell war es auch nicht.
    Gerade auch die ganzen Kreuzzüge etc. ….

  290. @Stegemann

    Na zunächst mal hätte Newton die AR und die QM verstehen müssen. Kann man nicht unbedingt voraussetzen. Schon weil auch einige mathematische Elemente die dafür erforderlich sind zu seiner Zeit gar nicht existiert haben.
    Seine Zeitgenossen wären daher auch nicht aus den Angeln gehoben worden. Die Menschen waren ja nach Einstein oder der bemannten Raumfahrt (Himmel ist leer) auch nicht auf einmal areligiös nach dem Motto: “Aha, jetzt wissen wir es, Religion kann weg!”
    Naturwissenschaftliche Erkenntnisse, zumal die deutlich fortgeschrittenen, sind ja nur in einem extrem kleinen Teil der Menschen gegenwärtig. Schon aus dem Grund werden sie die deutlich zugänglicheren Religionen in der Masse nicht ersetzen.

  291. @einer

    Völlig richtig.
    Man kann die Entwicklung in Europa auch so sehen. Nachdem das römische Reich gewaltsam vernichtet wurde, hat es nochmal gut 1000 Jahre gedauert bis Europa wieder auch dem Stand der Römer war. Hiess glaub ich Renaissance.
    Ist das Christentum nicht am Ende vielmehr die große Bremse der Entwicklung?

    Ist aber auch nicht Wissenschaft und Religion. Ich hör schon wieder auf 😉

  292. @Balanus 26.02.2021, 11:51 Uhr

    Die von Ihnen beharrlich angerufene Entscheidungssituation gibt es nicht. Genau das nämlich besagt das NOMA-Prinzip. NOMA passt nicht in Ihr Weltbild. Sagen Sie das, und gut is’s. Mit “Nichtwissen” oder “Ignoranz” hat NOMA jedenfalls nichts zu tun.

  293. einer 26.02.2021, 12:08 Uhr

    Klar geht es zuerst und in der Hauptsache um die Evolutionslehre. Bereits Darwin hatte ja gesehen, dass seine Erkenntnisse der Kirche seiner Zeit besonders weh tun. Um RT und QM wird sich ein vergleichbarer Konflikt kaum auftun.

  294. @Neher: war gar nicht mein Thema. Ich wollte die Aussage von Frau Drossel verteidigen, dass Wissenschaft nichts verbietet.

  295. @Wolfgang Stegemann:

    fair enough.
    dann sollte mal jemand Frau Drossel fragen was sie präzise damit meint.
    Wie Physiker ja schon erläutert hatte, gibt es ein paar Rahmenbedingungen, Energieerhaltung, Impulserhaltung, gibt keine halben Protonen, daher auch kein chemisches Element zwischen Wasserstoff und Helium usw.
    Sind das Verbote? Vielleicht meinte sie ja keine Verbote innerhalb dieses Rahmens?
    Daher sollte sie jemand fragen.

  296. Stegemann,
    ……dass Wissenschaft nichts verbietet……
    so einfach ist es nicht. Dass wir eine Ethikkommission haben, die zum Beispiel Versuche mit Embrios verbietet, das zeigt, dass Wissenschaft Kontrolle braucht.

  297. Das Problem dieses Blogs ist, dass verschiedene Personen mit verschiedenen Voraussetzungen, Weltanschauungen und Motiven über verschiedene Themen mit verschiedenen Begriffen reden und glauben, sie meinen dasselbe.
    @Neher: Man sollte wirklich Frau Drossel fragen. Dennoch: wir sollten uns in 200 Jahren hier nochmals treffen und schauen, wieviel von dem, was wir heute wissen, dann noch als unumstößlich gilt.

  298. @hwied

    ……dass Wissenschaft nichts verbietet……
    so einfach ist es nicht. Dass wir eine Ethikkommission haben, die zum Beispiel Versuche mit Embrios verbietet, das zeigt, dass Wissenschaft Kontrolle braucht.

    Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun.

  299. @Himmelreiche

    Das, was in der christlichen Mythologie als Himmelreich bezeichnet wird, könnte von den tatsächlichen Fakten weit übertroffen werden.

    Was die Zukunft betrifft, so bieten die astronomischen Fakten doch weitreichende Perspektiven. Wir haben noch viele Milliarden Jahre vor uns, in denen im gesamten Kosmos noch weitere Sternbildung stattfindet, bevor sich die Verhältnisse für bewohnbare Planeten langsam wieder verschlechtern. Das ist nun zwar alles andere als ewig, aber eben sehr sehr viel Lebensraum für sehr sehr lange Zeit.

    Wir können mutmaßlich sehr viele Planeten besiedeln, in dem höheres Leben zwar über einige 100 Millionen Jahre möglich ist, aber nicht die Zeit hat, sich selbst zu entwickeln. Dort könnte man nach gewissen vorbereitenden Maßnahmen unser höheres Leben hin verpflanzen, und damit auch Lebensraum für uns Menschen beschaffen.

    Vermutlich gibt es schon in unserer Galaxie einige Milliarden solche geeigneten Planeten, das multipliziert mit der Anzahl der Galaxien im Kosmos ist dann wirklich viel. Wir selbst können uns dann auch biologisch nochmal weiterentwickeln, uns womöglich auch in hunderte von seperaten Spezies aufteilen, die sich jeweils über hunderte von Millionen Jahren weiterentwickeln.

    Wenn es noch mehr intelligente Spezies in unserer Galaxie oder darüber hinaus gibt, so können wir die Besiedlung der geeigneten Planeten ohne weiteres unter uns aufteilen, die Perspektive des Lebens in diesem Kosmos würde sich so dann wohl sogar noch als wesentlich vielfältiger erweisen.

    Wenn es Geist in diesem Kosmos gibt, dann werden wir diesen wohl auch irgendwann genau identifizieren können. Welche Konsequenzen das dann wiederum auf unsere Philosophie, Psychologie und unsere Technik haben wird, das werden wir dann erstmal sehen. Agnostizismus ist angesichts dessen aktuell recht angebracht.

    So oder so, wenn wir es nicht schaffen, uns selbst zu vernichten, werden wir uns wohl mindestens in unserer Galaxis ausbreiten, und unsere Wissenschaft wird noch Jahrmillionen Zeit haben, sich weiter zu entwickeln. Richtige Himmelreiche sind hier in Aussicht, schätze ich mal, sowohl in Qualität wie auch in Quantität.

  300. @Jeckenburger: …und wenn sie nicht gestorben sind… Aber genau das wird schon früher als in ein paar Millionen Jahren passieren. Asteroiden, Vulkane, Kriege. Denken Sie an das Fermi-Paradoxon. Vielleicht ist der Import von RNA-Schnipseln (Viren) in prokariotische Zellen nahezu einmalig, ohne den gäbe es keine Evolution (natürlich gibt es auch andere Theorien). Denken Sie an die Besiedelung anderer Kontinente auf der Erde. Sie endeten jedesmal in einem Massaker. Der jetzige Zustand der Erde sieht eher düster aus im Vergleich zu Ihren Szenarien. Und: gibt es einen kosmischen Geist, wäre er immateriell und uns nicht zugänglich.

  301. Tobias Jeckenburger,
    Ob die ersten Christen das Himmelreich räumlich gedeutet haben, das ist möglich.
    Genauso möglich ist es aber, dass bei Himmelreich ein Seelenzustand gemeint war .
    Was jetzt unsere Zukunft betrifft. Dabei sollten wir in größen Zeitabschnitten denken.
    In den nächsten Zehntausend Jahren wird es möglich sein, Kopftransplatationen vorzunehmen. Gehirntransplatationen, dann werden wir sehen, wo das Ich versteckt ist.
    Und wir werden auf Aliens stoßen, jeglicher Art, denn wenn die Gesetze der Natur überall gleich sind, dann gibt es Leben überall im All.

  302. @Wolfgang Stegemann 26.02. 14:47

    „Aber genau das wird schon früher als in ein paar Millionen Jahren passieren. Asteroiden, Vulkane, Kriege. Denken Sie an das Fermi-Paradoxon.“

    Klar erleben wir gerade eine höchst gefährliche Phase. Meine Hoffnung ist, dass wir mit der gemeinsamen Abwendung der Klimakatastrophe und der weltweiten modernen Kommunikation gut und friedlich zusammenarbeiten werden. Mit Asteroiden und Supervulkanen können wir dann auch klar kommen, ein vorübergehender Einschnitt ist in 200 Jahren schon wieder ausgeglichen, solange wir nur vernünftig miteinander umgehen.

    Das Fermi-Paradoxon kann durchaus daher kommen, dass sich Zivilisationen regelmäßig selbst zerlegen, wenn sie unsere Entwicklungsstufe erreicht haben. Die andere Möglichkeit wäre allerdings, dass sich komplexes Leben nur sehr selten bildet. Und damit hätten wir auch um so mehr Gelegenheit, Exoplaneten zu besiedeln, auf denen es nur Mikroben gibt, oder gar kein Leben. Dann wären Zivilisationen so selten, dass uns eben noch keine kontaktieren konnte.

    „Und: gibt es einen kosmischen Geist, wäre er immateriell und uns nicht zugänglich.“

    In meiner Vorstellung kann Geist schon wechselwirken, mindestens über die gezielten Quantenzufälle, oder auf ganz anderen, uns derzeit völlig unbekannten Wegen. Das würde zumindest nach meinen persönlichen Erfahrungen möglich sein. Dunkle Materie und dunkle Energie kennen wir auch noch nicht. Ich denke, wir sind auch mit dem Thema Geist noch nicht am Ende der Erkenntnis angelangt.

    @hwied 26.02. 14:47

    „In den nächsten Zehntausend Jahren wird es möglich sein, Kopftransplatationen vorzunehmen. Gehirntransplatationen, dann werden wir sehen, wo das Ich versteckt ist.“

    Doch nicht gleich so brutal. Ein komplettes Konnektom plus handhabbare Formeln für die Funktionalität der Nervenzellen auf entsprechend geeigneten Computersystemen wären hinreichend, das Ich und das Bewusstsein zu identifizieren. Wenn man hierzu dann die analogen Zufallszahlen braucht, wäre auch der Geist im Spiel dabei.

    Und wenn man die Funktionsweise wirklich versteht, ließe sich diese auf künstliche Systeme aller Art übertragen. Dann hätten wir auch eine gute KI, die wir auf interstellare Reisen schicken können.

    Und potenziell KI, die mehr kann wie wir, und dazu noch selber eine Seele hat. Auch wieder gefährlich, aber kann man das wirklich lassen, wenn es mal möglich wird?

  303. Es gibt zwei Kernfragen:
    1. Sind Religionen ohne empirische Grundlage wirklich glaubwürdig und plausibel?
    2. Sind Religionen notwendig um ein gutes Leben zu führen, im Sinne von Sozialbewusstsein gegenüber den Mitmenschen und Verantwortungsbewusstsein für das Leben?

    Das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion kann sich nur auf Einzelaussagen beziehen und kann Hinweise geben zur Glaubwürdigkeit. Auch Naturwissenschaften schlussfolgern von empirischen Erkenntnissen auf nichtempirische Aussagen, jedoch unter der Bedingung der Plausibilität oder Logik.

    Menschen mit Vernunft brauchen definitiv keine Religion um ein gutes Leben zu führen. Letztlich muss jedes Individuum für sich entscheiden, möglichst ohne Indoktrination, ohne Drohungen oder Fremdbestimmung. Agnostizismus ist keine dauerhafte Lösung, sondern Opportunismus oder Rückversicherung.

  304. @anton reutlinger 26.02.2021, 16:45 Uhr:

    Agnostizismus ist keine dauerhafte Lösung, sondern Opportunismus oder Rückversicherung.

    Was soll das denn? Da passt doch nichts zusammen.

  305. @Grams
    Agnostizismus ist das Eingeständnis von Unwissenheit. Normalerweise bemüht man sich, Unwissenheit zu verringern oder zu beseitigen, besonders wenn es um Leben oder Tod geht. Schließlich geht es beim religiösen Glauben um das Seelenheil oder das ewige Leben. Kann man da wirklich agnostisch sein, oder ist es das Eingeständnis, dass es eigentlich egal ist, weil man nicht wirklich daran glaubt und man daher ein getarnter Atheist ist?

  306. @Reutlinger: Ist das jetzt ein philosophischer oder wissenschaftlicher Beitrag oder eine Moral-Predikt?

  307. @anton reutlinger 26.02.2021, 17:21 Uhr
    Der aggressive und missionarische Atheismus des Richard Dawkins, der hier durchscheint, nervt nicht nur mich. Wie wäre es zu versuchen, Thomas Huxley zu verstehen?

  308. @die Herren Reutlinger, Grams und Stegemann:

    Darf ich noch einmal an diese beiden Zitate erinnern. Daran kann man sich hervorragend abarbeiten und hat Einschätzungen des Agnostizismus aus beiden Richtungen:

    Kardinal und Papst Joseph Ratzinger (kein Atheist):
    „Als reine Theorie erscheint er höchst einleuchtend, aber Agnostizismus ist seinem Wesen nach mehr als Theorie“. Sie entgleite wie eine Seifenblase, wenn man sie in ihrer wahren Reichweite zu „praktizieren“ versuche. Vor der Frage nach Gott sei „dem Menschen Neutralität nicht eingeräumt“ und er könne nur „Ja oder Nein sagen und dies jeweils mit allen Konsequenzen bis in die kleinsten Dinge des Lebens hinein.“

    Bernulf Kanitscheider (Philosoph und Atheist):

    Die Existenzhypothese Gottes ist eine Behauptung, für die zunächst einmal gar nichts spricht. Und in dieser Situation verhalte ich mich wie in allen vergleichbaren Fällen von Existenzbehauptungen. Solange nichts positiv für die Existenz spricht, bleibe ich negativ entschieden, und das bedeutet in Bezug auf die Gottesfrage, ich bin besser atheistisch eingestellt als agnostisch

  309. @Chrys // 26.02.2021, 10:35 Uhr

    » Und andererseits sehe ich mich dabei in guter Übereinstimmung mit Popper, der eben auch religionshafte Denkmuster im Naturalismus identifiziert und benannt hat. «

    Also ich weiß nicht, ist das nicht ziemlich trivial?: Wenn hinsichtlich der Wirkkräfte im Naturgeschehen der Begriff „Gott“ durch den Begriff „Natur“ ersetzt wird, dann ist es wohl kaum zu vermeiden, dass manche Aussagen „religionshaft“ erscheinen.

    Ich sehe für Religionen keinen wirklich absolut eigenständigen, von der materiellen Welt abgetrennten Gegenstandsbereich (gemäß des NOMA-Prinzips). Gäbe es ihn, bräuchten wir hier nicht über das Verhältnis von Religion und (Natur)Wissenschaft zu diskutieren.

    »Barbara Drossel mag da [in punkto Wunder] vielleicht anderer Auffassung sein, okay, aber deswegen würde ich mit ihr nicht streiten wollen.«

    Es gibt vermutlich auch kein stichhaltiges Argument gegen den Glauben, dass Gott ganz nach Belieben hier und da unbemerkt in das Naturgeschehen eingreifen kann.

    » Verletzung des Energieprinzips«

    Damit scheidet ein Perpetuum mobile der 1. Art als möglicher Kandidat für ein Wunder wohl aus—welches, sofern es regelmäßig beobachtet würde, laut Stephan vermutlich angepasste „Naturgesetze“ (oder ein angepasstes Energieprinzip) nach sich zöge.

    »Denn das Energieprinzip ist gar kein empirischer Satz […], sondern eher so etwas wie eine konventionalistisch gerechtfertigte Denknotwendigkeit für unsere Theoriebildungen.«

    So was in der Art könnte man sicherlich für viele physikalische Gesetzmäßigkeiten (vulgo „Naturgesetze“) sagen.

    »Und wie Einstein den erstaunten Heisenberg belehrte, “Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.”«

    Ich kenne Ähnliches aus meiner aktiven Zeit als Biologe, da ging ebenfalls die Theorie (genauer: die Hypothese) dem Experiment voraus.

  310. @Neher: Ich hatte gesagt, ich bin zu 1% Agnostiker, der Rest Atheist. Das 1% resultiert nicht aus einem Glauben und schon gar nicht an Gott, sondern es ist quasi ein Unsicherheitspuffer, der sich aus der banalen Logik ergibt: Da wir materielle Wesen sind, können wir nur Materielles wahrnehmen. Sollte es etwas anderes als Materielles geben, können wir es nicht erkennen, es würde aber dennoch existieren.

  311. @Timm Grams // 26.02.2021, 12:33 Uhr

    » NOMA passt nicht in Ihr Weltbild. «

    Aha, statt Argumente “Ferndiagnosen” ;-).

    Was in Punkto NOMA nicht passt, kann man in der Botschaft von Johannes Paul II nachlesen.

  312. @Stegemann:

    Mal nachdenken, wenn wir beide materielle Wesen sind und, wie sie schreiben, nur materielles wahrnehmen können, dann ist es irrelevant ob es etwas immaterielles gibt oder nicht. Wir nehmen es in keinem Fall wahr – also existiert es für uns doch in keinem Fall.

  313. @Balanus 26.02.2021, 09:57 Uhr

    Zum Punkt Ferndiagnosen haben Sie selbst einiges zu bieten:

    Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann vertreten Sie die Position eines Agnostikers und werben zugleich für das NOMA-Prinzip.

    Ich sprach von einer Botschaft des Papstes Johannes Paul II, die letztlich einen Rückzug der Kirche bedeutet, so dass sie mit den Naturwissenschaften nicht länger in Konflikt gerät. Das ist eine Tatsachenfeststellung, keine Werbung.

  314. Reutlinger,
    erst mal, ich findes es gut, dass Sie nicht herumeiern, sondern eine klare Meinung “Es gibt zwei Kernfragen:
    1. Sind Religionen ohne empirische Grundlage wirklich glaubwürdig und plausibel?
    2. Sind Religionen notwendig um ein gutes Leben zu führen, im Sinne von Sozialbewusstsein gegenüber den Mitmenschen und Verantwortungsbewusstsein für das Leben?”

    Zur Frage 1, Ja, es gibt eine empirische Grundlage, das ist das Volk der Juden.
    Die fühlen sich als das auserwählte Volk und das sind sie auch. Sie sind das klügste Volk das die Erde bevölkert hat, Sie belegen 37 % aller Nobelpreise.
    Dagegen sind Sie nur ein unbedeutender Mensch.

    Zur Frage 2;
    Leider kann man diese Frage empirisch nicht belegen, weil es kein Beispiel gibt für einen Kulturkreis, der keine Religion kennt.

  315. @Grams
    Der Expapst Ratzinger und Kardinal Schönborn haben 2005 einen gravierenden Teilrückzieher vom Rückzug gemacht.

    Wiens Erzbischof Christoph Schönborn setzte sich in der New York Times vom 7. Juli in einem Kommentar an die Spitze einer Bewegung, die die Evolutionstheorie nicht nur anzweifelt, sondern als unwissenschaftlich ablehnt.

    “Evolution im Sinn einer gemeinsamen Abstammung könnte wahr sein, aber Evolution im neodarwinistischen Sinne – ein ungeleiteter, nicht geplanter Prozess zufälliger Variation und natürlicher Auswahl – ist es nicht. Jedes Denksystem, das die überwältigenden Beweise für einen Plan (design) in der Biologie leugnet oder wegerklären will, ist Ideologie, nicht Wissenschaft”, so Schönborn.

    Der Standard, 21.12.2005

  316. Hallo Crys,

    Naturgesetze verbieten nichts. Denn Naturgesetze sind nicht normativ. Sondern deskriptiv, und genau das sagt auch Frau Drossel. Womit sie zu 100% richtig liegt.

    Hier zu allem Überfluss noch eine Definition von Naturgesetz (Sie wissen ich habe es mit dem Begriff der Möglichkeiten”):

    Naturgesetze sind Einschränkungen von Beliebigkeiten – diese kürzeste aller Definitionen ist nicht von mir. Von mir ist präziser: Naturgesetze sind die vom Universum insgesamt hervorgerbachten physikalischen Randbedingungen, die die Menge der Möglichkeiten physikalischen Objekte auf realisierbare Möglichkeiten einschränken.

    Was halten Sie davon ?

    Im Übrigen ist auch am Energieerhaltungssatz nichts Göttliches. Denn es wird von der Physik behauptet, dieser sei Ausdruck der Symmetrie der Zeit. Als Philosoph muss man fragen: was war zuerst? Die Henne oder das Ei ? War zuerst die Raumzeit mit Ihrer Symmetrie und dann erst der Erhalt der Energie der Objekte in der Raumzeit (übliche Darstellung)? Oder war erst die Energie als Ausdruck symmetrische Wirkungen zwischen den vorhandenen Objekten da, sodass daraus nur eine homogene Raumzeit entstehen konnte ?

    Erzeugt die Raumzeit einen Erhalt der Energie (sowieso nur innerhalb eines Bezugssystems, sie ist ja nicht mal lorenzinvariant), oder erzeugen immer gleiche Weise ablaufende Wirkungen (die sind nämlich lorenzinvariant), deren Maß die Energie ist, eine homogene Raumzeit ?

    Ich denke, die Symmetrie der Raumzeit ist sekundär, Energie als Maß von regelhaften Wirkungen war vorher da. Damit sind wir bei Beschreibungen außer raumzeitlicher Systeme, die die Physik gerne in der Esoterik verortet.

    Was ich sagen will: in den Wissenschaften ist nichts in Stein gehauen,, nicht mal der Energieerhaltungssatz (er galt nicht vor der Entstehung der Raumzeit, er gilt ja auch nicht für das Gesamtuniversum). Anders gesagt: Das was hier als unumstößlich behauptet wird, läßt sich genauso weichkneten, wie die unumstösslichen Sätze der Religion. Wieder was Gemeinsames.

    Grüße Fossilium
    Mit der Physik lass ich es jetzt gut sein.

  317. @hwied
    Die Behauptung, dass es keinen Kulturkreis ohne Religion gäbe, stammt von Michael Blume. Man darf sie getrost anzweifeln, denn sie ist empirisch nicht belegt und wohl nicht belegbar. Außerdem ist sie irrelevant. Zweifellos gab und gibt es animistische oder mythische Glaubenssysteme ohne Gottheiten, ob man sie als Religion werten kann, ist eine andere Frage.

    “Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus”.

    Xenophanes (570-470 vor Null)

  318. Hallo Herr Schleim:

    Hier noch ein paar Ergänzungen:

    1a. Man braucht keinen Gott anzunehmen, um die Welt zu erklären; doch das wussten wir schon vorher (z.B. Pierre-Simon Laplace, 18./19. Jahrhundert). Wir wissen auch, dass es (noch) jede Mange Unerklärliches gibt.

    3a. Die Diskussion darüber, was genau die “Naturgesetze” ausschließen, hält an. (Ich verwende den Begriff in Anführungszeichen, da ich Gesetze für menschliche Konstrukte halte, die, in diesem Fall, Naturvorgänge und Naturkräfte formalisieren sollen.) Dem Streit darüber kann man vermeiden, wenn man meine Definition der Möglichkeitseinschränkungen verwendet (muss nicht, kann man): er hat den Vorteil, das man den unklaren Begriff der Kausalität nicht benötigt.

    3b. Im Zusammenhang damit wird mein Standpunkt deutlicher, dass man diese “Naturgesetze” schlicht anpassen würde, wenn man regelmäßig Wunder beobachten würde. Meines Wissens sind Wunderberichte, wie man sie in verschiedenen religiösen Traditionen findet, aber nicht nach wissenschaftlichen Kriterien bestätigt. Einstein hat angeblich nicht nur Wunder, sondern sogar Spuk vermutet, hinter manchen Erscheinungen – nämlich der beobachteten Nichtlokalität bei Bellschen Experimenten. Diese wie ein Wunder erscheinende (instantane)Korrelation zwischen zwei Objekten, die Lichtjahre entfernt sein können, ist schon ein Wunder, genauso wie der instantane Zusammenbruch des Strahlungsfeldes im ganzen Universum, wenn Hintergrundstrahlung absorbiert wird. Wie kann überhaupt das Wunder Licht den Leerraum durcheilen ? Schon Newton hat Wunder in der Natur gesehen (Fernwirkung), diese dem Schöpfergott gutgeschrieben. Wunder gibt es also immer wieder, es handelt sich aber in der Wissenschaft nur nicht-erklärbare Phänomene (einige ziemlich hartnäckige) und dem Geschick der Physiker ist es zu verdanken, dass sie sich der Wunder sogar bedienen und zu Nutze machen, wie im Quantencomputer, dort sollen Schalter sogar in der Stellung EIN und AUS gleichzeitig sein – Wahnwitz. In der Wissenschaft ist wirklich fast nichts unmöglich. Es stimmt schon was Sie schreiben: die Existenz wissenschaftlicher Wunder kann man nicht abstreiten, sie werden nach wissenschaftlichen Kriterien bestätigt, religiöse nicht.

    3c. Offen bleibt die Frage und geht hier auch zu sehr ins Detail, was überhaupt als “Wunder” angesehen werden könnte. Genau, siehe vorstehend. Der Wunderbegriff ist auch unscharf. Hier ein Vorschlag: ein Wunder geschieht, wenn sich eine nicht realisierbare Möglichkeit realisiert (was logisch ausgeschlossen ist, daher wäre dies wirklich ein Wunder, also ein klarer Begriff). Wissenschaftliche Wunder sind nur solche, wo wir die Menge der realisierbaren Möglichkeiten, die ein Objekt in einer Situation hat, nicht kennen, weil die Mathematik diese realisierbaren Möglichkeiten nicht vollständig beschreibt.

    4a. In anbetracht dieser Tatsachen scheint es mir nicht prinzipiell irrational, an etwas Göttliches zu glauben. Glücklicherweise sind wir nicht nur rationale Subjekte: Gott erhalte mir meine Irrationalität. Mehr Wissen läßt nicht weniger, nur anders glauben

    4b. Diesen Glauben kann man aber nur für sich selbst individuell und nicht allgemeinverbindlich für alle begründen. Ein Grund ist, das Glaube uns hilft, die Denk-Beschränkungen, die uns die Wissenschaft anempfiehlt, abzuwehren.

    6a. Nach 1 bis 5 scheint mir der Standpunkt des Agnostikers, wie im dritten Teil dieser Serie definiert, als der vernünftigste. Denken Sie daran: alles ist relativ.

    6b. Im Detail bliebe zu klären, inwiefern sich dieser Standpunkt mit dem des kritischen Rationalismus deckt. ziemlich

    Grüße
    Fossilium

  319. Timm Grams // 26.02.2021, 18:30 Uhr

    » Das ist eine Tatsachenfeststellung, keine Werbung [für das NOMA-Prinzip]. «

    Sorry, dann habe ich wohl doch etwas falsch verstanden, als Sie an anderer Stelle schrieben:

    „Ich mag die Idee der NOMA (Nonoverlapping Magisteria).“

  320. Apropos Fernwirkung, woher weiß man, dass diese über Millionen Lichtjahre reicht, Zeilinger hat das nur über einige Kilometer gezeigt.

  321. @Balanus 26.02.2021, 21:11 Uhr

    Ist beides ok. Nur Sie machen eine Bekenntnissache daraus. Der Agnostiker braucht ein solches Bekenntnis naturgemäß nicht. Aber er kommt mit NOMAtikern eben besser aus als mit missioniernden Naturalisten oder Intelligent-Design-Verfechtern.

  322. Reutlinger

    Seit die Theologen den transzendenten Gott als „immer wahre Tautologie“ als „not even wrong“ sozusagen, erklärt haben, können Atheisten die das nicht mitbekommen haben, nur mehr vergeblich gegen „eine Wand rennen“.

    Die „Weltscheibentheorie“ ehemals, war ein Desaster für die Kirche. Sie haben die Wissenschaften einfach „ausgelagert“ und sich getrennt positioniert.

    Scheint auch völlig logisch, weil die Religionen/Ideologien keine „Updates“ brauchen können. Die Anhänger würden verrückt, wenn sie alle Jahre etwas anderes „Glauben“ sollen. Sie halten sogar an der „Dienstkleidung“ fest, die ehemals „gutbürgerlich“ war. Das allein ist schon ihr Protest gegen Veränderungen.

    Anders die Wissenschaften und die Wirtschaft, die unterliegen ständigen Updates. Es wäre absurd, würden heutzutage z.B. nur Autos Baujahr 1910 wie das T-Modell auf der Straße herumfahren. In der Informatik ist z.B. Microsoft zu monatlichen Updates gezwungen.

  323. Hallo Stegemann,
    das mit der Fernwirkung sagt die Mathematik der Quantenmechanik, die das Phänomen beschreibt. Diese Mathematik ist durch Experiment bestens bestätigt.
    Grüße Fossilium

  324. @fossilium (Zitat):

    Einstein hat angeblich nicht nur Wunder, sondern sogar Spuk vermutet, hinter manchen Erscheinungen – nämlich der beobachteten Nichtlokalität bei Bellschen Experimenten.

    Ja fossilium, Einstein hat die Nichtlokalität der Quantenmechanik als Spuk disqualifiziert. Das zeigt aufs Deutlichste, dass Einstein bis ins Mark ein Naturalist war, denn vor allem für Naturalisten gibt es nichts schlimmeres als etwa als Spuk zu bezeichnen.
    Und nicht nur das: Dass Einstein Spuk als Schimpfwort verwendete bedeutet implizit, dass Einstein annahm, dass sein Publikum, also andere Physiker, ebenfalls nichts von Spuk und Wundern hielten.

    Wer also hier sagt, Wunder- und Spukglaube vertrage sich ohne weiteres mit der Naturwissenschaft, der wird durch solche eine Aussage von Einstein widerlegt. Vielmehr gilt: Bereits in den 1920/30er Jahren glaubten fast alle Physiker an die Regelhaftigkeit der Welt, daran, dass sich nichts den Naturgesetzen entziehen kann.

    Nun zur behaupteten Kompatibilität von Wundern mit Naturwissenschaft und der gleichzeitigen Infragestellung von Wundern durch fossilium (Zitat):

    Im Zusammenhang damit wird mein Standpunkt deutlicher, dass man diese “Naturgesetze” schlicht anpassen würde, wenn man regelmäßig Wunder beobachten würde. Meines Wissens sind Wunderberichte, wie man sie in verschiedenen religiösen Traditionen findet, aber nicht nach wissenschaftlichen Kriterien bestätigt.

    Offen bleibt die Frage und geht hier auch zu sehr ins Detail, was überhaupt als “Wunder” angesehen werden könnte.

    In anbetracht dieser Tatsachen scheint es mir nicht prinzipiell irrational, an etwas Göttliches zu glauben.

    Behauptung: Viele Wunder würden die Welt wie wir sie kennen vernichten oder das Leben wie wir es kennen verunmöglichen.

    Beispiel:
    1) Augenblickliche Gedankenübertragung schneller als das Licht würden Telepathen ermöglichen, an der Börse stinkreich zu werden einfach indem sie augenblicklich reagieren. Auch sonst hätten sie einen gewaltigen Wissensvorsprung vor allen anderen.
    2) Jemand der Wissen aus der Zukunft abholen könnte, könnte die ganze Welt durcheinanderbringen und etwa mit einer Waffe aus der Zukunft ein ganzes Land pulverisieren.

    Folgerung: Viele denkbaren Wunder sind inkonsistent mit dieser Welt und würden die Welt eventuell wegen Verstössen gegen die Logik zum Einsturz bringen. Dies Schlussfolgerung muss besonders schlimm erscheinen für Leute wie Chrys, die glauben die
    Welt werde von Logik regiert.

    Wir alle wissen doch wie Wunder wirklich beschaffen sind. Wunder haben nämlich durchaus eine Regelhaftigkeit in der Art wie sie auftauchen. Sie sind nicht einfach etwas, was auf eine Art läuft, die wir noch nicht kennen, nein, sie passieren nur durch die “Gnade” einer höheren, supranaturalen Kraft und der Wundertäter muss zuerst die Verbindung zu dieser supranaturalen Kraft aufbauen. Der Ursprung von Wundern ist also in den üblichen Denkzusammenhängen ausserhalb dieser Welt und dieses Ausserhalb greift dann gegen alle bestehenden Regeln dieser Welt in diese Welt ein.
    Damit entziehen sich Wunder von vornherein einer Verwissenschaftlichung, einer Fassung in Naturgesetzen. Denn Wunder sind nichts anderes als der Ausdruck des Glaubens, dass diese Welt nicht DIE Welt ist, sondern nur eine Bühne für ein supranaturales Wesen oder für eine Kraft ausserhalb dieser Welt.

    Vom Wunderglauben ist es nicht sehr weit zum Glauben diese Welt sei nur ein Jammertal, eine schlecht instand gehaltene Bühne für uns Zampanos und konkrete Wunder verwiesen auf die andere, die wirkliche Welt in die wir nach unserem Ableben erst unser richtiges Leben begännen – mit 72 Jungfrauen als BegleiterInnen.

    Und klar – diese Welt in der Wunder geschehen ist eine von Männern, von Playboy-Lesern ausgedachte Welt und in dieser Welt heissen Wunder, die durch Vermittlung von Frauen geschehen nicht Wunder, sondern Hexerei.

  325. @Martin Holzherr 26.02. 22:28

    „Denn Wunder sind nichts anderes als der Ausdruck des Glaubens, dass diese Welt nicht DIE Welt ist, sondern nur eine Bühne für ein supranaturales Wesen oder für eine Kraft ausserhalb dieser Welt.“

    Ich denke mal, dass wir hier eher eine Beschreibung mittelalterlicher Verhältnisse haben. Die meisten Gläubigen sind inzwischen weltoffen, und wissen die Welt als guten Ort zu schätzen, der im wesentlichen von Naturgesetzen bestimmt wird. Wenn hier Ausnahmen auftauchen, sollen die nicht die Welt stören. Und Glaube kann ja auch erklärend wirksam sein, z.B. wenn er eine Antwort auf die Frage nach der Herkunft der Naturgesetze geben kann.

    Und inwieweit unsere Seele, bzw. unsere innere Erlebniswelt, nicht auch geistige Anteile hat, ist eine offene Frage, die derzeit wissenschaftlich auch nicht wirklich geklärt ist. Insbesondere ist hier eine Reduktion auf die elementare Physik nicht hilfreich.

    @anton reutlinger 26.02. 16:45

    „1. Sind Religionen ohne empirische Grundlage wirklich glaubwürdig und plausibel?“

    Wenn man eigene spirituelle Erfahrungen hat, dann stellt sich die Frage so nicht. Dann hat man aber noch das Problem, mit welcher Religion man das vereinbaren mag. Und man kann dann immer noch auf eine konkrete Überlieferung komplett verzichten.

    „2. Sind Religionen notwendig um ein gutes Leben zu führen, im Sinne von Sozialbewusstsein gegenüber den Mitmenschen und Verantwortungsbewusstsein für das Leben?“

    Ich denke, diese Frage ist komplex. Theoretisch mag eine überirdischen Instanz dafür sorgen, dass ein eigentlich rücksichtsloser Mensch sich aus Angst vor dieser Instanz etwas zurück nimmt. Aber zumindest im zwischenmenschlichem Bereich ist ein liebloser Mensch immer unangenehm. Und das Sozialbewusstsein selbst ist doch ein Faktum, das auch ohne Religion vorhanden sein kann – vielleicht sogar mehr als bei so mancher religiösen Variante.

    Und bei dem Verantwortungsbewusstsein für das Leben sieht das ähnlich aus. Bei dem Beispiel Klimaschutz lebt der hier eher von der Wissenschaft, die den Handlungsbedarf eindeutig feststellt, und auch die Möglichkeiten bereitstellt, das Problem zu lösen. Ob sich jetzt die Vernunft gegen kurzfristige Geschäftsinteressen durchsetzt, ist noch offen, aber ich glaube auch dieses Problem ist weniger ein religiösen Thema.

    Überhaupt kann eine innige Liebe zur Schöpfung beim religiösen Naturalisten einen größeren Stellenwert einnehmen, als bei jemand, der religiös so unterwegs ist, dass er sich hauptsächlich um sein eigenes Seelenheil Sorgen macht.

  326. Religiosität ist mit Naturalismus vereinbar, Religion als eigenständiges Glaubenssystem nicht
    Die kath. Kirche hat Galileo Galilei rehabilitiert und mit Charles Darwin weitgehend ihren Frieden geschlossen, denn der Papst und die katholische Kirche weiss sehr wohl, dass das, was empirisch wahr ist (die Erde dreht sich um die Sonne nicht umgekehrt), von der Kirche nicht in Frage gestellt werden kann. Insoweit hat die katholische Kirche bereits ein Jahrhunderte andauerndes Rückzugsgefecht hinter sich. Trotzdem wird es immer enger für sie [ hat Gott das Leben geschaffen?], fast wie für die Maus in folgender Kürzestgeschichte Kafkas (Zitat):

    „Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.

    Doch Frage: Ist es wirklich so, dass die Katze, der Naturalismus und die Naturwissenschaft also, die Religion am Schluss auffrisst?
    Ich sage Nein unter der Voraussetzung, dass eine Religion nichts ausserhalb dieser Welt verspricht. Ich sage Nein insoweit es hier um Religiosität als Sinnstiftung und Lebensantrieb geht und nicht um eine anti-empirische, nicht korrigierbare Weltsicht/Welterklärung. Ich denke sogar, in einer Welt, die von Naturalismus und Naturwissenschaft beherrscht wird, brauchen wir eine Religiosität in der wir uns aufgehoben fühlen können, denn sakrale Glaubenssysteme wie die Politische Korrektheit, identitäres Denken etc. etc. geben ihren Verfechtern keinen wirklichen Lebenssinn, sondern nur Denkschablonen, die zu wenig befriedigenden, sich in meinen Augen nicht lohnenden Auseinandersetzungen führen.

    Die von Chrys (24.02.2021, 11:46 Uhr) aufgeführte Religionsdefinition gemäss Clifford Geertz definiert eine Religion, die potenziell kompatibel mit dem Naturalismus ist (Zitat):

    Eine Religion ist (1) ein Symbolsystem, das darauf zielt, (2) starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und Motivationen in den Menschen zu schaffen, (3) indem es Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung formuliert und (4) diese Vorstellungen mit einer solchen Aura von Faktizität umgibt, dass (5) die Stimmungen und Motivationen völlig der Wirklichkeit zu entsprechen schei­nen.

    Auch Naturalisten haben ein Bedürfnis nach Aufgehobenheit in einem überindividuellen Sinnzusammenhang. Reduktionismus mag vielleicht eine aufklärend wirkende Arbeitsmethode sein, doch zur Sinnstiftung trägt sie wenig bei, denn ein Dasseinssinn ergibt dich nicht durch Dissektion, sondern durch Synthese.

    Der religiöse Naturalismus ist ein solcher Versuch einer sinnstiftenden Religiosität ohne einen Gott und ohne einen die Welt vergewaltigenden Propheten wie im Islam (Religion als Mission/Krieg) und ohne äusserst weltlich auftretende Stifterfigur wie Luther ( Religion als Treue zu Fürsten mit Unterstützung für den Krieg gegen die Bauern und mit Aufforderung Juden zu vertreiben, als Glaube an die Prädestination jedes Einzelnen und den Gläubigen als Gotteskrieger ) oder Zwingli.

    Der religiöse Naturalismus will letztlich das Bedürfnis des Menschen für etwas da zu sein befriedigen und das aufnehmen, was bei fast allen Religionen vorkommt: das Erfüllt-/Erfreutsein von der einen umgebenden natürlichen Welt und das Kümmern um moralisch ethische Fragen und um die Gemeinschaft aller Menschen. Oder wie man in der Wikipedia dazu liest:

    – Ein spiritueller Sinn, der ein Gefühl des Mysteriums oder des Staunens oder Gefühle der Ehrfurcht oder Ehrfurcht als Reaktion auf den Umfang und die Macht und Schönheit der natürlichen Welt beinhalten kann.
    – Ein moralisches Empfinden mit Mitgefühl, dem Wunsch nach Gerechtigkeit und dem Versuch, das Richtige zu tun – in Bezug auf andere Menschen, andere Lebewesen und die natürliche Umwelt.)

  327. blockquote>Als Agnostiker, als jemand, der zu seinem Nichtwissen steht, haben sowohl der Theologe als auch der Atheist für mich mindestens eine unbegründbare These zu viel. (Wie war das noch mit Ockhams Rasiermesser?) Vielleicht kann man, wie die Mystiker, eine spirituelle Erfahrung haben und “dem Göttlichen” begegnen, was auch immer das ist. Ich hatte keine solche Erfahrung. Mehr kann ich dazu nicht sagen. [Artikeltext]
    Netter Text, ich habe ihn gescannt (quergelesen), die liberale, liberalistische Anschauung / Einstellung, äh, schaut durch, nice1!

    Ergänzend :

    1.) Occam hatte einen Rat für die Sichtenbildung, die Theoretisierung – ist seinem Rat aber nicht gefolgt worden, kann nicht mit “unnötig hinzugebauten Entitäten”, eine Theorie (“Sicht”) liegt vor, nur rein formal angegriffen werden, wenn anscheinend unpassend Entitäten hinzugebaut worden sind, nicht nur mit dem Hinweis auf das bloße Sparsamkeitsprinzip.

    2.) “Spiritualität” ergibt sich sozusagen täglich, wenn sich bewusst gemacht wird, dass auf einem Planten herumgerollt wird, der wiederum andersherum sozusagen herumrollt, um die sog. Sonne und im Verbund galaktischen Seins.
    Die diesbezügliche Datenlage ist klar :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=uaGEjrADGPA (der Sound dieses Dokuments ist nicht erforderlich, diese NASA-Vid benötigt aber den diskriminierten sog. Flashplayer, den ich deshalb nicht direkt webverwiesen habe)

    Albert Einstein redete hier von kosmischer Intelligenz, die nichts anderes meinte als einen Motor des Seins, Dr. E ist wie Dr. W Agnostiker und philosophisch (teilweise) geübt, dilettantisch.

    Hierzu – ‘ Dawkins, Dennett, Harris und ihre Jünger haben schlicht ihre spekulative Philosophie verbreitet und ihre Annahmen nie kritisch und empirisch überprüft. Wer so vorgeht, läuft Gefahr, nie über seine Vorurteile hinauszukommen.’ [Artikeltext] – weiß Dr. Webbaer nicht so recht, hier schien ihm schon solide sozusagen Skepsis vorzuliegen, ansonsten gerne substantiiert gegenreden, danke.

    Sicherlich ist aggressiver Atheismus sozusagen in sich dull, wenn daran geglaubt wird, dass keine sogenannten außer- oder überempirischen Akteure existieren.

    MFG
    Wb

  328. Als Agnostiker, als jemand, der zu seinem Nichtwissen steht, haben sowohl der Theologe als auch der Atheist für mich mindestens eine unbegründbare These zu viel. (Wie war das noch mit Ockhams Rasiermesser?) Vielleicht kann man, wie die Mystiker, eine spirituelle Erfahrung haben und “dem Göttlichen” begegnen, was auch immer das ist. Ich hatte keine solche Erfahrung. Mehr kann ich dazu nicht sagen. [Artikeltext]

    Netter Text, ich habe ihn gescannt (quergelesen), die liberale, liberalistische Anschauung / Einstellung, äh, schaut durch, nice1!

    Ergänzend :

    1.) Occam hatte einen Rat für die Sichtenbildung, die Theoretisierung – ist seinem Rat aber nicht gefolgt worden, kann nicht mit “unnötig hinzugebauten Entitäten”, eine Theorie (“Sicht”) liegt vor, nur rein formal angegriffen werden, wenn anscheinend unpassend Entitäten hinzugebaut worden sind, nicht nur mit dem Hinweis auf das bloße Sparsamkeitsprinzip.

    2.) “Spiritualität” ergibt sich sozusagen täglich, wenn sich bewusst gemacht wird, dass auf einem Planten herumgerollt wird, der wiederum andersherum sozusagen herumrollt, um die sog. Sonne und im Verbund galaktischen Seins.
    Die diesbezügliche Datenlage ist klar :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=uaGEjrADGPA (der Sound dieses Dokuments ist nicht erforderlich, diese NASA-Vid benötigt aber den diskriminierten sog. Flashplayer, den ich deshalb nicht direkt webverwiesen habe)

    Albert Einstein redete hier von kosmischer Intelligenz, die nichts anderes meinte als einen Motor des Seins, Dr. E ist wie Dr. W Agnostiker und philosophisch (teilweise) geübt, dilettantisch.

    Hierzu – ‘ Dawkins, Dennett, Harris und ihre Jünger haben schlicht ihre spekulative Philosophie verbreitet und ihre Annahmen nie kritisch und empirisch überprüft. Wer so vorgeht, läuft Gefahr, nie über seine Vorurteile hinauszukommen.’ [Artikeltext] – weiß Dr. Webbaer nicht so recht, hier schien ihm schon solide sozusagen Skepsis vorzuliegen, ansonsten gerne substantiiert gegenreden, danke.

    Sicherlich ist aggressiver Atheismus sozusagen in sich dull, wenn daran geglaubt wird, dass keine sogenannten außer- oder überempirischen Akteure existieren.

    MFG
    Wb

  329. +++ ACHTUNG : WEBFOLKLORE FOLGT+++ ACHTUNG : WEBFOLKLORE FOLGT +++ ACHTUNG : WEBFOLKLORE FOLGT+++

    Ich mache mir lieber Gedanken über die Grundlagen meines eigenen Denkens. Seitdem ich da an eine gewisse Stelle gekommen bin, namentlich das Münchhausen-Trilemma, und ak[z]eptiert habe, dass ich Dogmatiker bin, sehe ich viel gelassener in die Welt mit allem Unfug darin. [Kommentatorenfreund ‘Joker’]

    Rekursiv in sich Widersprüchliches kann manchmal aufgelöst werden indem die Schichten, der Dschungel sozusagen, normalisiert wird.

    Das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Religion, besondere Rückgebundeheit, ausser oder überempirische Akteure meinend, könnte klar sein.

    MFG
    Wb (der im Abgang nicht verzagen kann so zu zitieren, Wörtlichkeit und Sein im Abgang trennend : -> https://www.youtube.com/watch?v=J_NGulTmh88 (solide Bärte btw))

  330. Der Dr.
    Aggressive Atheisten kommen gleich zur Sache.
    Denen fehlt die Ruhe, die Welt zu genießen.
    Die können auch keine Gedichte schreiben.
    Die denken in Formeln.

    Wenn man sie einem Temperament zuordnen wollte, dann kämen der Choleriker infrage oder der Sanguiniker, der Melancholiker und der Phlegmatiker weniger. (Andersartige Meinungen are welcome)

    Weltanschauung ist auch eine Folge der körperlichen Konstitution.

    Reutlinger,
    nicht alles Kluge, was hier geschrieben wird, stammt von M.B.
    Ich habe auch Hauptschule und bin fast doppelt so alt wie M.B.

    Holzherr,
    Das Beispiel von Kafka ist treffend. Nur was macht die Katze, wenn sie alle Mäuse gefressen hat. So wird es den Atheisten ergehen, wenn sie die Kirche entgültig diskreditiert haben werden. Wer pflegt dann die Alten ? Wer kümmert sich um die schönen Künste ?

  331. Brauchen wir noch Religion? Ich meine nicht das Christentum, den Islam, oder eine andere der vielen praktizierten Religionen. Ich meine eine Religion als Lehre aus den vielen schlechten Erfahrungen der Menschheitsgeschichte, eine “gute Religion”. Dazu sollten wir vielleicht auf den historisch überfrachteten Begriff “Religion” erst mal verzichten und reflektieren, was eine “gute Religion” enthalten und bedeuten soll: die subjektive Erfahrung des individuellen Wohlbefindens, ein Bewusstsein für das soziale Miteinander, ein Bewusstsein für die Werte des Lebens und der Natur. Dafür müssten wir vielleicht einen anderen Begriff wählen oder einen neuen erfinden, jedenfalls einen Katalog der Grundsätze und Werte dafür erstellen, wie Gewaltverzicht, Gleichwertigkeit aller Menschen, Freiheit sexueller Orientierung. Als Beispiel denke ich an die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO.

    Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

  332. Der Machtkampf zwischen Wissen und Glaube,Vorhersage und Zukunft ist doch im Kern immer noch einer über offene und geschlossene Systeme,damit verbundene Deutungshoheit und deren Interessen.
    MöglicherWeise streben wir intuitiv nach geschlossenen,’runden’,Erklärungen über die Welt. Offenheit über die Zukunft ist aber die wohl letzte Feststellung.
    Die Frage nach einem Plan,göttlich oder weltlich, erübrigt sich deshalb. Die Frage nach einem Plan ist unweigerlich mit der Legitimation,also der Rechtfertigung, für Begründungen für Entscheidungen und damit Verantwortung verbunden.
    Wenn ich trotz Offenheit des Lebens Verantwortung für das Leben und Entscheidungen einer supramateriellen Kraft zuschreibe,dann spreche ich mich von Schuld gegenüber dem Leben,nicht nur des menschlichen,frei.
    Willkür war es,vor der die Wissenschaften gegenüber der Religion schützen lernte. Dieser Prozess dauert nun schon einige Zeit und ist noch nicht abgeschlossen.

  333. Fragen wir nach den vergangenen und bestehenden Interessen und Motiven für Naturalismus und Religion,Wissen und Glaube,dann kommen wir möglicherweise auch zu einem gemeinsamen Weltbild,dass wir eine gewünschte Zukunft gemeinsam weitestgehend kohärent gestalten können.

  334. @Erwin Neher // 26.02.2021, 17:47 Uhr

    Bezüglich des Agnostizismus, wie er hier offenbar von einigen vertreten wird, hat Ratzinger meiner Ansicht nach einen Punkt, wenn er (laut Wiki) sagt: „[Vor der Frage nach Gott ist] dem Menschen Neutralität nicht eingeräumt [und er kann nur] „Ja oder Nein sagen […]“.

    Wer meint, einer Glaubensfrage mit „Ich weiß nichts über oder von Gott“, ausweichen zu können, gibt schon zu, dass es sich dabei um eine berechtigte, sinnhafte, vernünftige Frage handelt.

    Agnostizismus einfach nur mit „Nichtwissen“ gleichzusetzen, hilft in Fragen des Glaubens kein Stück weiter. Die allermeisten Gläubigen haben kein Wissen von Gott, nur wenigen Auserwählten ist es aufgrund eigener Erfahrungen vergönnt, zu wissen. Insoweit sind die allermeisten Gläubigen schlicht Agnostiker.

    Und diese Form Agnostizismus („Nichtwissen“) hat aus meiner Sicht rein gar nichts mit dem Agnostizismus von Thomas H. Huxley zu tun, denn für den ist der Agnostizismus eine „Methode“, und zwar eine, die hilft, unvernünftige Ideen (wie etwa die von der Existenz eines Gottes) gar nicht erst aufkommen zu lassen.

  335. @Grams
    Es sind aus meiner Sicht die Ökonomen,die immer noch nicht den sozialdarwinistischen Teil und den Wettbewerb/die Konkurrenz als treibende Kraft aus ihrem Weltbild getilgt haben. Dabei ist es die Kooperation,korrekt.
    Wir sollten uns endlich die Kooperation vornehmen.

  336. @hwied
    So wird es den Atheisten ergehen, wenn sie die Kirche entgültig diskreditiert haben werden. Wer pflegt dann die Alten ? Wer kümmert sich um die schönen Künste ?

    Dafür braucht man die Kirchen nicht. Im Gegenteil, diese missbrauchen ihr scheinbares Gutmenschentum für ihre Machtansprüche und ihre Bevormundung der Menschen. Wo wäre die Gesellschaft und die Welt, wenn sich die Naturwissenschaften nicht durchgesetzt hätten? Die Kreuzzüge und Religionskriege hätten weiterhin die Welt verwüstet. Die Kirchenfürsten waren die schlimmsten Barbaren!

    Es gibt kein gebräuchlicheres und gleichzeitig verwerflicheres Verfahren, als in philosophischen Streitfragen zu versuchen, eine Ansicht dadurch zu widerlegen, dass man ihre gefährlichen Folgen für Religion und Sittlichkeit vorschützt.

    David Hume (1711-1776), Dialoge über natürliche Religion.

  337. Timm Grams // 26.02.2021, 20:30 Uhr

    »Intelligent Design steht klar um Widerspruch zur Wissenschaft. Und da stehe ich auf der Matte.«

    Das ist sehr löblich! Aber wie halten Sie’s mit der theistischen Evolutionstheorie, die besagt, dass die Entstehung des Menschen kein bloßer Zufall war, sondern einem göttlichen Plan folgte?

    Da gibt es, soweit ich sehe, keinen offenkundigen Widerspruch zur Wissenschaft.

  338. @Mussi
    Wir sollten uns endlich die Kooperation vornehmen.

    Es ist die Kooperation, die diese Welt vernichtet – durch Organisationen, Konzerne und Institutionen. Die Konkurrenz ist in der Natur überall vorhanden, schon im Kindergarten und bei der Partnerwahl der Menschen. Man kann sie nicht loswerden, man muss lernen, bewusst und vernünftig mit ihr zu leben, darin liegt das große Problem. Konkurrenz und Kooperation müssen keine Gegensätze sein, beide haben ihren Platz. Erst die Idealisierung macht ideologische Gegensätze daraus, Beispiel “America first” am 6. Januar.

  339. @ anton reutlinger 26.02.2021, 19:51 Uhr

    Ihr Zitat vom Standard: „Evolution im Sinn einer gemeinsamen Abstammung könnte wahr sein, aber Evolution im neodarwinistischen Sinne – ein ungeleiteter, nicht geplanter Prozess zufälliger Variation und natürlicher Auswahl – ist es nicht. Jedes Denksystem, das die überwältigenden Beweise für einen Plan (design) in der Biologie leugnet oder wegerklären will, ist Ideologie, nicht Wissenschaft”, so Schönborn.“

    „Intelligent Design“ bedeutet auch, systematisches Scannen nach immer neuen Mustern. Also „zielgerichtetes“ und nicht „blindwütiges“ sondern systematisches Suchen in einer geeigneten „Maschinerie“. Wenn ein „Zähler“ sozusagen systematisch z.B. von 0 aus in Richtung Unendlich „zählt“ und dabei „Zufallsvariable“ (mit einem unterschiedlichen „Grad an mathematischer Zufälligkeit“) generiert werden.

    Grad an Zufälligkeit bedeutet hier, aus statistischer Sicht liegen die generierten Variablen zwischen völlig determiniert und absolut zufällig.

    Systematisch steht für planmäßig und nicht für absolut willkürlich.

    Das Konzept der „Mustersuche“ und Analyse ist heutzutage grundlegend in der KI, letztlich wohl auch bei Menschen. Der Begriff Intelligenz scheint in diesem Sinne definiert.

    Damit scheint das Konzept der „Schöpfung“ (durch systematische Mustersuche) konkreter beschrieben und auf eine immer wahre Tautologie hinaus zu laufen.

  340. Herr Reutlinger,
    es ist lobenswert, dass Sie nach Vollkommenheit streben. Es ist lobenswert , dass Sie nach dem Guten suchen. Und dass Sie an das Gute im Menschen glauben.

    Das Ziel ist vorgegeben, wie kommt man dahin. Die 17 Ziele der Neven Subotic Stiftung sind gut.
    Wir unterstützen z.B. Plan .

    Diese Ziele und Absichten stehen nicht im Widerspruch zur Naturwissenschaft auch nicht im Widerspruch zum Atheismus, die sind einfach notwendig und damit auch vernünftig.

    Und sie stehen auch nicht im Widerspruch zu einer christlichen Konfession (über die anderen Religionen weiß ich nicht Bescheid)

    Was soll damit gesagt werden ? Antwort: Die Religion steht dem nicht im Weg.

    David Hume
    Was ist dessen Logik ? Dass man Religion nicht schützen darf.
    Was machen Sie ? Sie schützen die Vernunft und die Naturwissenschaften. Mit Recht übrigens.

    Anmerkung: Die christliche Kirche ist durch eigenes Verschulden in eine Vertrauenskrise gerutscht,
    Deswegen ergreife ich Partei für die Kirche, weil durch die Fehler von Wenigen, nicht die gesamte Kirche darunter leiden muss.

  341. @Reutlinger
    Auch korrekt:Tausch/Kauf ist Kooperation,genauso wie Sex. Damit ist Kooperation und die Bereitschaft zum Risiko=Fatalismus die eine Seite der Kooperation.
    Es gibt aber das Problem der Ambivalenz der Begriffe. Kooperation ist Problem und Lösung zugleich.
    Z.B. beim Klimawandel oder beim Verzicht und Solidarität.

  342. @Mussi
    Absolut richtig; die Erstürmung des Kapitols war auch nur durch Kooperation möglich. Das Motiv dazu war die Konkurrenz der Präsidentschaftskandidaten. Spontan würde ich behaupten, Kooperation ist eine Methode, bestimmte Ziele zu erreichen, z.B. ein Hausbau. Konkurrenz ist ein Handlungsmotiv, z.B. Kampf. Insofern wären beide nicht direkt vergleichbar, aber beide wären im gleichen Handlungsstrang möglich.

    Das Problem der Konkurrenz liegt in der Höhe der Werte, um die es geht. Je höher der subjektive Wert, umso schärfer die Konkurrenz. Hier kann eine Fehleinschätzung vorliegen, die aus der Konkurrenz den tödlichen Kampf macht. Dafür reicht persönliche Eitelkeit oder Eifersucht aus.

  343. Und diese Form Agnostizismus („Nichtwissen“) hat aus meiner Sicht rein gar nichts mit dem Agnostizismus von Thomas H. Huxley zu tun, denn für den ist der Agnostizismus eine „Methode“, und zwar eine, die hilft, unvernünftige Ideen (wie etwa die von der Existenz eines Gottes) gar nicht erst aufkommen zu lassen. [Kommentatorenfreund “Bal”]

    Der Agnostizismus ist eine Lehre oder Einstellung, der oder die diese Methode (es wird ja naturwissenschaftlich nicht mehr falsifiziert, sondern die empirische Widerlegung von theoretischem, die Sicht meinend, Konstrukt gesucht, also mögliche Falsifikation) fordern – die von Ihnen gesuchte Methode ist u.a.hier beschrieben :
    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Scientific_method (d-sprachig gibt es womöglich hier, in der bekannten Online-Enzyklopädie, nachzuarbeiten, fürwahr!)

    Beim Agostizismus beachten wir den Ismus.

    MFG
    Wb

  344. @Balanus 27.02.2021, 11:08 Uhr

    Sie schreiben mir:

    Aber wie halten Sie’s mit der theistischen Evolutionstheorie, die besagt, dass die Entstehung des Menschen kein bloßer Zufall war, sondern einem göttlichen Plan folgte? Da gibt es, soweit ich sehe, keinen offenkundigen Widerspruch zur Wissenschaft

    Die theistische Evolution hat viele Ausprägungen. In der katholischen Kirche scheint es diesbezüglich einen andauernden Streit zu geben zwischen Anhängern des Intelligent Design und Geistlichen, die dem NOMA-Konzept Geltung verschaffen wollen. Dementsprechend ist differenziert zu urteilen. Mein Standpunkt dürfte deutlich geworden sein.

  345. @hwied
    Was ist dessen Logik ? Dass man Religion nicht schützen darf.

    Nein, das ist nicht seine Logik. Er sagt, dass die Kirchen sich mit falschen, genauer mit verlogenen Mitteln schützen wollen. Das Problem ist, dass die Kirchen immer wieder den Atheismus verteufeln und als morallos denunzieren. Es sind vornehmlich die Kirchen, aber auch manche orthodoxe Gläubige oder Fundamentalisten, die zu dieser aggressiven Polarisation beitragen. Die Atheisten sehen sich ständig in der Defensive. Leider glauben immer noch viele Politiker, dass sie die Gläubigen als Wähler brauchen.

  346. Naturvorgänge

    Es ergab sich, dass einer am Fenster saß und ein Mittagessen aß.

    Weil dort am meisten Licht war.

    Es fiel ein Käfer auf die Fensterbank und landete auf dem Rücken. Zum Glück fiel er nicht in die Schale mit dem Essen.

    Der Käfer zappelte und zappelte. Hatte er hier überwintert oder war er an einem der frühlingshaften Tage unlängst hereingeflogen?

    Mit jedem neuen Anlauf sprang er hin und her – und landete doch immer wieder auf dem Rücken. Die Beine zappelten wild. Es wäre für einen Vogel ein Leichtes gewesen, ihn zu packen; an seinem weichen Unterteil und nicht am Rücken, wo er immerhin einen dicken Panzer hat. Verletzlich lag er da. Ausgeliefert. Und zappelte und zappelte.

    Nach einer halben Minute – oder vielleicht war es auch eine Ganze – glitt er von der Fensterbank. Im freien Fall konnte er endlich seine Flügel ausklappen und fliegen. Er drehte sich um und landete auf der Heizung, wo er sich mit den Beinchen festhielt.

    Jemand liest die Kommentare in einem Blog: Manche diskutieren dort offen und wenden das an, was sie früher gelernt haben. Andere sind “anti” und halten alles für Mist. Wenige spielen den Pausenclown und versuchen es auf der emotionalen Ebene. Alle wollen sie – gelesen werden, gesehen werden?

    Der wesentliche Unterschied zwischen des Käfers Zappeln und der Leser Schreiben erschließt sich mir: nicht. Sind es alles Naturvorgänge? Zweifellos. Lassen sie sich naturwissenschaftlich beschreiben? Es müsste eine andere Naturwissenschaft sein.

  347. @Schleim: es müsste nicht eine andere Naturwissenschaft sein, sondern ein Ansatz, der in der Lage ist, verschiedene Blickwinkel und Beschreibungsebenen zu vereinen, z.B. naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche, psychologische und biologische etc.

  348. @Stegemann: naturwissenschaftlich, geisteswissenschaftlich, psychologisch, biologisch… das sind doch alles Kategorien des menschlichen Denkens.

    Lass wir die doch einmal beiseite.

    (Insofern ist nicht die letzte Frage wesentlich, sondern die Vorletzte: Sind es alles Naturvorgänge?)

  349. Reutlinger,
    Das Drama mit der Religion begann im 4. Jahrhundert , als das Christentum Staatsreligion wurde. Staatliche Macht verträgt sich nicht mit dem Gewaltverzichtsanspruch der Christen. Im Mittelalter , so kann man behaupten ,waren die Päpste eher Staatsmänner als Kirchenobere.
    Einen Ausweg aus diesem Dilemma hat Luther gefunden. Der Vatikan wird noch einige Zeit brauchen, bis er seinen Machtanspruch aufgibt.

    In neuester Zeit werden Nichtkonfessionelle nicht mehr angefeindet.

  350. @Schleim: wer soll das Problem denn sonst lösen, wenn nicht menschliches Denken. Wenn Sie eine einheitliche Beschreibung möchten, dann muss es eine “neutrale” sein, die verschiedene Kategorien integriert, selbstverständlich sind alles Naturvorgänge, aber alle Erscheinungen sind eigene Emergenzen, physikalische oder bedeutungshafte (Sprache) und nicht auf einen Naturprotess reduzierbar, sondern nur als Emergenz beschreibbar.

  351. @Stegemann: Probleme & Kategorien

    Wie gesagt, die wesentliche Frage war die Vorletzte, nicht die Letzte. (Zugegebenermaßen knüpft die Letzte mehr an die Thematik der Serie an.)

    Wenn das menschliche Denken mit seinen Kategorien die Vorgänge erst zu einem Problem macht, das sich vielleicht gar nicht lösen lässt – dann gibt es vielleicht gar keine Problemlösung.

    Darum mein Vorschlag (und das ist die vorletzte Frage), anders auf die Welt zu schauen: Die zappelnden Käfer… sind genauso gut wir!

  352. @Schleim: versuchen Sie es doch mal mit einem systemtheoretischen Ansatz des Lebens. Sie werden sehen, wie einfach alles wird. Alle Lebewesen sind selbstorganisiert, die sich entwickelnden Emergenzen, wie etwa auch Bewusstsein wird als System darstellbar, und zwar als biologisches wie gesellschaftliches wie psychisches etc. und die jeweiligen Lebensäußerungen werden damit auch darstellbar. Sie haben dann in einem Begriff alles drin: Natur, Gesellschaft, Psyche. Es ist ein stringentes einheitliches Modell. Die Käfer und Sie haben etwas Gemeinsames, der Unterschied ist Ihre menschliche, und danach persönliche Emergenz.Und die Inhalte Ihres Denkens lassen sich dann begrifflich ebenfalls einheitlich fassen, es gibt keine Brüche mehr.

  353. @Schleim:
    Um auf die Frage zu antworten,was den wesentlichen Unterschied zwischen dem Zappeln des Käfers und meinem Verhalten zur Zeit ist (ich schreibe ja gerade die Antwort): das Verhalten des Käfers ist festgelegt, er kann nicht lernen. Wenn er auf dem Rücken liegt, zappelt er eben, weil das meist zum erfolgreichen Umdrehen führt. Dieses Verhalten ist offensichtlich ein evolutionärer Vorteil. Ich habe vor kurzem gelesen, dass eine Firma das gesamte Nervensystem von Bienen (oder zumindest den Teil, der sich mit der Kontrolle des Fluges beschäftigt) simulieren will, um mit sehr geringen Aufwand Flugdrohnen besser kontrollieren zu können. Diese Naturvorgänge kann man untersuchen und modellieren, weil die Komplexität des Nervensystems von Insekten nicht mehr so groß ist, dass es ein Verständnis verhindern würde.
    Beim menschlichen Gehirn ist das aber noch anders, aber es werden Fortschritte gemacht. Ich dachte immer, dass es unmöglich wäre herauszufinden was unsere Gehirne von denen der Neandertaler unterscheidet. Offensichtlich gab es ja da einen ganz entscheidenden Sprung in den Fähigkeiten, weil auf einmal künstlerische Darstellungen auftauchen und eine rapide Entwicklung der Werkzeuge und des Verhaltens eingesetzt hat.
    Das war aber zu kurz gedacht, da wir inzwischen offenbar schon 60% des Genoms der Neandertaler kennen, und mit dieser Information wurde ein Organoid eines Neandertalergehirns gezüchtet, das deutliche strukturelle Unterschiede zum Gehirn des Homo sapiens aufwies. Es ist also möglich, dass wir bald wissen, welche Gehirnstrukturen uns zu so Diskussionen wie hier, zu Kunst und allem anderen was zur Kultur gehört, befähigt. In diesem Fall können wir ja die Diskussion noch einmal starten.

  354. Moment!, hierzu :

    Der wesentliche Unterschied zwischen des Käfers Zappeln und der Leser Schreiben erschließt sich mir: nicht. Sind es alles Naturvorgänge? Zweifellos. Lassen sie sich naturwissenschaftlich beschreiben? Es müsste eine andere Naturwissenschaft sein.

    …liegt doch schon “Gezappel” (Humanities) vor, vielleicht ist dies nicht allen klar, Humanities, Sozialstudien, sind per se “Gezappel”, sie sind nicht schlecht, beim hiesigen werten Inhaltegeber liegt ja auch für derartigen Fachbereich mE solide philosophische Bildung verbunden mit Verständigkeit verbunden mit solider anthropologischer Bildung vor – Dr. W scheute sich nie hier einen der Besten der Besten der Besten zu erkennen wie derart zu benachrichtigen zu suchen.

    Den d-sprachigen Bereich meinend.

    Sicherlich ist das kommentarisch Beigebrachte und Zitierte ein Tiefpunkt kommentarischen Seins, bei dem Dr. W, der hier sozusagen an-dockt, den besonders schätzt.
    Genau so entsteht Neues.

    MFG
    Wb (der schon anrät Geist und Natur, auch Zappeln meinend, bestmöglich zu trennen wie zusammenzubringen, dann g-wissenschaftlich, zu suchen, vielleicht war der in diesem Kommentar ursisch-zynisch bearbeitete Versuch passend – Dr. W will Sie, lieber Herr Schleim, bundesdeutsch wissenschaftlich in einer Spitzenposition sehen, dies nur am Rande vermerkt)

  355. @Balanus: Agnostizismus vs. Balanismus

    …denn für den ist der Agnostizismus eine „Methode“, und zwar eine, die hilft, unvernünftige Ideen (wie etwa die von der Existenz eines Gottes) gar nicht erst aufkommen zu lassen.

    Nicht einmal das hast du verstanden: Der A. sagt gerade nicht, dass G. eine “unvernünftige Idee” ist, sondern eine unbewiesene (und womöglich unbeweisbare) Idee.

    Wenn der Balanismus sagt, G. sei eine “unvernünftige Idee”, dann ist das dem A. ziemlich egal.

  356. Um auf die Frage zu antworten,was den wesentlichen Unterschied zwischen dem Zappeln des Käfers und meinem Verhalten zur Zeit ist (ich schreibe ja gerade die Antwort): das Verhalten des Käfers ist festgelegt, er kann nicht lernen. Wenn er auf dem Rücken liegt, zappelt er eben, weil das meist zum erfolgreichen Umdrehen führt. Dieses Verhalten ist offensichtlich ein evolutionärer Vorteil.

    Korrekt!, bzw. kollekt!, sicherlich lag Publikumsbeschimpfung vor, Dr. Webbaer mag sie.

    Verzweiflung lag hoffentlich nicht vor, da draußen, ganz da draußen, nicht unbedingt d-sprachig, wird ähnlich nachgedacht.

    MFG
    Wb

  357. @Physiker: deterministische Käfer

    Sie sollten aufpassen, was Sie hier über Käfer sagen, denn von unserem lieben @Konrad Lehmann erfuhr ich erst vor Kurzem, dass sogar Schleimpilze (das sind keine Pilze, dafür aber Einzeller) lernfähig sind.

    Doch nehmen wir einmal an, was Sie schreiben. Wollten Sie dann sagen, der wesentliche Unterschied zwischen Ihnen und dem Käfer sei, dass Ihr Verhalten nicht festgelegt ist? Was genau entscheidet dann darüber, was Sie gerade jetzt schreiben?

    Es ist also möglich, dass wir bald wissen, welche Gehirnstrukturen uns zu so Diskussionen wie hier, zu Kunst und allem anderen was zur Kultur gehört, befähigt.

    Das dachte man auch schon im 19. Jahrhundert, dass man beispielsweise durch Funktionsausfälle nach z.B. Hirnläsionen verstehen könne, wie das gesunde Gehirn funktioniert. Dieses modulare Denken hat uns aber nicht viel weiter gebracht.

  358. “Bal” ist doof (harthörig). er stört seit mindestens einem Jahrzehnt auch a bisserl, korrekt.

  359. @Physiker: P.S. Evolution

    Hmm, also der Käfer fiel ein zweites Mal auf die Fensterbank und schaffte es wieder nicht, von selbst auf die Beine zu kommen. Das scheint mir evolutionär nicht sehr vorteilhaft. Nach einer Weile fiel er wieder von der Fensterbank…

    …wahrscheinlich gibt es in der freien Natur aber wenige so glatte Oberflächen und funktioniert sein “Trick” draußen besser.

  360. @Stefan 27.02. 15:15

    „Der wesentliche Unterschied zwischen des Käfers Zappeln und der Leser Schreiben erschließt sich mir: nicht. Sind es alles Naturvorgänge? Zweifellos. Lassen sie sich naturwissenschaftlich beschreiben? Es müsste eine andere Naturwissenschaft sein.“

    Vielleicht sind es tatsächlich immer wieder die spirituellen Erfahrungen, die den Menschen zur Religion treiben. Neben denen, die religiös aufgewachsen sind, und sich aus verschiedensten Gründen nicht von der anträinierten Religion etablieren konnten.

    Solange die Naturwissenschaft keine wirklichen Konzepte für die spirituellen Erfahrungen hat, wird sich das auch nicht ändern, schätze ich mal. Dabei haben die Naturwissenschaften und die Geisteswissenschaften ja reichlich Konzepte für alle möglichen Phänomene in diesem Kosmos gefunden. Allein die Mannigfaltigkeit der derzeit bekannten Welten macht richtig Lust, den Kosmos und unseren Planeten und und selbst zu erkunden.

    Zusätzlich leben wir in einer Zeit, die nicht mehr in mittelalterlichem Dreck, Gestank, Krankheit, Hunger, Bevormundung und Ausbeutung verweilt. Der moderne Lebensstandard braucht kein Himmelreich mehr, von dem man träumen kann, worauf man sich vertrösten lassen muss.

    Und doch, immer wieder zieht es die Menschen in Richtung Religion.

    @Wolfgang Stegemann 27.02. 15:23

    „es müsste nicht eine andere Naturwissenschaft sein, sondern ein Ansatz, der in der Lage ist, verschiedene Blickwinkel und Beschreibungsebenen zu vereinen, z.B. naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche, psychologische und biologische etc.“

    Jeder kann doch die vielen wissenschaftlichen Details in seiner Vorstellung zusammenfügen, und viele machen das auch. Und kommen so zu definierten Weltbildern, wie die hier engagiert auftretenden Naturalisten. Und die vielen Lehrbücher der Biologie oder für das Studium der Medizin helfen hier sehr, die Einzelheiten festzuhalten und zu einem Bild zusammenzufügen.

    Aber offenbar reicht das meistens eher nicht. Unkenntnis, Dummheit oder spezielles Geschäftsinteresse mag dieses durchaus in manchen Fällen noch fördern.

    Die spirituellen Erfahrungen allerdings weisen auf mehr, als die Naturwissenschaft kennt. Vielleicht helfen hier meine gezielten Quantenzufälle ein wenig weiter. Damit kann man die meisten spirituellen Erfahrungen erklären und integrieren, und die sonstige Physik kann bleiben wie sie ist.

    Damit kann zumindest ich mir selber ein Weltbild machen, und neben den wissenschaftlichen Einzelheiten auch spirituelle Effekte zu einem Bild zusammensetzten. Ich nehme zwar manche christlichen Beiträge teils zustimmend zur Kenntnis, habe aber keinerlei Bedarf, mich irgendeiner Kirche anzuschließen. Mein Fundus an der Kenntnis von wissenschaftlichen Details und eigenen spirituellen Erfahrungen ist hinreichend.

  361. @Schleim: versuchen Sie es doch mal mit einem systemtheoretischen Ansatz des Lebens. Sie werden sehen, wie einfach alles wird. Alle Lebewesen sind selbstorganisiert, die sich entwickelnden Emergenzen, wie etwa auch Bewusstsein wird als System darstellbar, und zwar als biologisches wie gesellschaftliches wie psychisches etc. und die jeweiligen Lebensäußerungen werden damit auch darstellbar. Sie haben dann in einem Begriff alles drin: Natur, Gesellschaft, Psyche. Es ist ein stringentes einheitliches Modell.

    Et cetera, gack, gack, gack,
    da hat wohl einer nicht das erkennenden Wesen, das sprachlich begabte, verstanden, am Anfang war bekanntlich das Wort, und so erkennende Subkekte machen dann, neben der Erkundung der Welt, auch die Erkundung des (eigenen oder eines sich nur vorgestellten) Geistes zum Gegenstand, mehr ist nicht los.

    Das Wildschwein, das sich in der sogenannten Meute bspw. vor Eindringlingen schützt, handelt sicherlich irgendwie bewusst, es mag auch keine Schmerzen wie auch nicht Schmerzen für sozusagen Schutzbefohlene (“Säue oder Ferkel”), es hat leider leider keine Sprachlichkeit, Dr. W rät hier (ohnehin) zur Schlachtung, die dumme Sau kann sich ja nicht beschweren. [1}

    MFG
    Wb

    [1]
    T. Pratchett hat dbzgl. recht fein herausgearbeitet, bei “Maurice, der Kater” und bei Göttern, die kleiner werden, wenn weniger an sie geglaubt wird.

  362. D. Webbaer,r
    nun reden Sie mal mit mehr Hochachtung von den Schweinen.
    Sie versorgen uns mit Fleisch, sogar bei den Herzklappen waren Sie uns zu Diensten.
    Ich persönlich helfe jedem Käfer auf die Beine und ich rette sogar Regenwürmer, wenn sie sich zu weit auf die Straße getraut haben.
    Das Gefühl, eins zu sein mit der Natur erweitert das Bewusstsein.

  363. @Schleim
    Systemtheorie: Das ist jedenfalls ein Ansatz, mit dem man weiter kommt, als mit einem materialistischen Reduktionismus,

    Auch die Systemtheorie arbeitet reduktionistisch. Erst muss man die Bausteine und ihre Eigenschaften kennen, bevor man sie zu einem System zusammenfügen kann. Andernfalls hat man eine black box, bei der man nur Eingänge mit Ausgängen vergleichen kann. Das ist ungenügend und hilft nicht weiter. Es wäre nichts anderes als Behaviorismus.

    Materialistischer Reduktionismus bedeutet nicht, dass man bis auf Molekülebene reduzieren muss.Die Zellen des Organismus haben ähnliche Strukturen und ähnliche Funktionalitäten, außerdem sind sie schon komplex genug. Man hat damit eine Forschungsebene, auf der man sinnvoll arbeiten kann. Durch den Reduktionismus der Zell- und der Molekularbiologie sind die Funktionalitäten der Zellen schon gut bekannt, zum Beispiel die Genetik oder die Zellteilung.

    Die Systemtheorie kann wichtige abstrakte Konzepte beitragen, wie auch die Kybernetik. Die Intelligenz beruht zum wesentlichen Teil auf Vergleichen mit nachfolgenden Entscheidungen, also auf kybernetischen Vorgängen. Das machen Rezeptoren mit Neurotransmittern sowie Enzyme mit Substraten, ebenso Transkriptionsfaktoren an der DNA. Ohne solche Grundfunktionen läuft nichts im Gehirn und ohne dieses Verständnis kann man das Hirn und die Psyche nicht verstehen.

  364. Nochmals: die Einzelwissenschaften analysieren den Gegenstand (Mensch) bis zu den kleinsten Bausteinen, um den ganzen Menschen zu verstehen, muss man die einzelnen Emergenzen (puh) finden, die ihn charakterisieren, und zwar von Beginn des Lebens an. Die Systemtheorie beschreibt diese Systemebenen und synthetisiert damit gleichzeitig einzelwissenschaftliche Analysen. Reduziert werden muss dabei allerdings die Emergenz, nicht das einzelne Element. Ich habe dies getan und diese Regulationsebenen genannt: Einzeller, Mehrzeller, Organismen, Zentralnervöse, die sich so im Menschen wiederfinden. Beim Menschen differenzieren sich Letztere noch weiter aus.

  365. Ergänzend, gerne korrigieren, noone is perfect und landet nicht in der bekannten Online-Enzyklopädie :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Stegemann

    Nice1, bei der altbekannten Unterscheidung zwischen Geist und Welt werden wir bleiben wollen.


    So etwas scheint “Old Dockie” unangeraten :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Gaia_hypothesis

    Gerne noch einmal Laut geben, i.p. wie beschriebener Erkenntlichkeit, bedarfsweise und das hiesige Kommentariat qua bestätigter Namensnennung ergänzend.

    MFG
    Wb

  366. @Physiker / 27.02.2021, 16:56 Uhr

    »Es ist also möglich, dass wir bald wissen, welche Gehirnstrukturen uns zu … Kunst und allem anderen was zur Kultur gehört, befähigt.«

    Glaub’ ich nicht. Spektrum News (22.02.2018): Höhlenmalereien der Neandertaler gefunden

    By the way, das aus 302 Neuronen bestehende Nervensystem eines hermaphroditischen C. elegans ist viel zu komplex, um verstanden zu sein. Obwohl seine strukturelle Beschaffenheit seit Mitte der 1980er vollständig bekannt ist. Sogar das stomatogastrische Ganglion von Krebstieren mit ca. 30 Neuronen ist noch immer zu komplex, als dass man sagen könnte, man habe jetzt endlich verstanden, wie das so funktioniert. Die Neuroforschung produziert zwar eine Menge heisse Luft mit bombastischen Ankündigungen, und am Ende kommt dann vielleicht ein laues Fürzchen heraus, wenn überhaupt.

  367. @Schleim:
    „Das dachte man auch schon im 19. Jahrhundert, dass man beispielsweise durch Funktionsausfälle nach z.B. Hirnläsionen verstehen könne, wie das gesunde Gehirn funktioniert. Dieses modulare Denken hat uns aber nicht viel weiter gebracht. „
    Wie sind aber jetzt im 21. Jahrhundert und haben gegenüber dem 19. Jahrhundert einige Fortschritte gemacht. Gerade die Kopplungen im Gehirn – positive und besonders negative Rückkopplungen – sind systemtheoretisch wesentlich besser verstanden. Seit 70 Jahren ist uns die Regelungstechnik und Informatik bekannt, und da gibt es doch schon erheblichen Fortschritte gegenüber dem 19. Jahrhundert: da war das alles noch völlig unbekannt.
    Der Käfer kann eventuell etwas lernen, auch die Bienen (den Ort wo es Blüten mit Nektar gibt), aber im Gegensatz zu uns ist das doch eher bescheiden.
    Entscheidend ist der Unterschied zwischen dem Gehirn der Neandertaler und unserem, da gibt es keinen Zweifel. Und genau in dieser Frage gibt es offenbar erste Erkenntnisse.

  368. @anton reutlinger 27.02. 17:46

    „Ohne solche Grundfunktionen läuft nichts im Gehirn und ohne dieses Verständnis kann man das Hirn und die Psyche nicht verstehen.“

    Das Problem ist hier wohl auch einfach die Größe des Gehirns. Zwischen dem Verständnis der Funktionalität der einzelnen Nervenzelle und der Funktionalität des Bewusstseins liegen 100 Mrd. Nervenzellen mit je bis zu 10.000 Synapsen. Dessen Verknüpfungen sind über 600 Mio. Jahre Evolution kreuz und quer gewachsen, nicht um für uns irgendwie verständlich zu sein, sondern nur um zu funktionieren. Dieses zu entschlüsseln, ist dann etwas mehr Arbeit. Bis man hiermit durch ist, und die Reduktion überhaupt mal Ergebnisse liefert, dauert das wohl noch.

    Es bleibt in der Not die psychologische Vorgehensweise übrig, um erstmal überhaupt irgendwelche Erkenntnisse über uns zu gewinnen.

    Und insgesamt habe ich auch generell den Eindruck, dass wir uns derzeit selbst eben kaum verstehen können. Wir können nur Leben wie es gerade läuft, und froh sein, wenn es uns gut geht. Im Falle von handfesten psychischen Krankheiten versteht auch keiner so recht, was uns fehlt, und wir können nur aufs Glück hoffen, das die paar Medikamente helfen, die zur Verfügung stehen, und dass die Zeit vielleicht die Wunden wieder heilt.

    Was langfristig am ehesten noch hilft, ist einfach ein vernünftiges Leben zu führen. Mit erfüllender Beschäftigung, erfüllenden Beziehungen und einem Mindestmaß an praktischem Wohlstand.

  369. @Chrys:
    aus dem von ihnen verlinkten Artikel:
    ” Seine Fähigkeiten zu symbolischem Denken mögen grundsätzlich vorhanden, gleichwohl aber begrenzt gewesen sein. Eine wirkliche intellektuelle Gleichwertigkeit folgt jedenfalls aus den Funden nicht.”
    Genau das habe ich auch gemeint.

  370. @anton reutlinger // 27.02.2021, 17:46 Uhr

    » Materialistischer Reduktionismus bedeutet nicht, dass man bis auf Molekülebene reduzieren muss. «

    Kann man eigentlich sagen, dass der Reduktionismus bei der Entwicklung des mRNA-basierten Corona-Impfstoffs eine Rolle spielte? Oder haben wir es hier mit einem anderen Gegenstandsbereich zu tun?

  371. @Reutlinger: Die Systemtheorie…

    …arbeitet holistisch, nicht reduktionistisch.

    Damit ist alles gesagt.

    Waren Sie derjenige, der in einer früheren Diskussion etwas vom “reduktionistischen Holismus” erzählte? 😂 😂 😂

  372. @Chrys, Physiker: Neuronen

    Danke, das hatte ich vergessen zu erwähnen: Bereits zwei (echte!) Neuronen verhalten sich chaotisch.

    Viel Spaß! 😉

  373. Bonuskommentar hierzu :

    Die Neuroforschung produziert zwar eine Menge heisse Luft mit bombastischen Ankündigungen, und am Ende kommt dann vielleicht ein laues Fürzchen heraus, wenn überhaupt. Die Neuroforschung produziert zwar eine Menge heisse Luft mit bombastischen Ankündigungen, und am Ende kommt dann vielleicht ein laues Fürzchen heraus, wenn überhaupt. [Kommentatorenfreund ‘Chrys’

    Bereits das geschlechtlich nahe stehende Weib, auch die Fortpflanzungsfähig suchend wie finden zu wollend, bleibt geheimnisvoll, sehr. wie gemeint.

    In etwa so, wie das eigenen Befinden nicht wissenschaftlich, püschologisch, erfasst werden kann (kein Wunder, wenn sozusagen CPUs von außen betrachtend dann sozusagen aufeinanderprallen), niemand weiß im Püschologischen sozusagen nichts, Dr. W mag diese Aussicht.(Gesellschaftspsychologie funktioniert abärrr, die große Zahl meinend)

    Dieser näherungsweisen potenziell möglichen Näherung, äh. wollen wir uns annähern.
    Im Rahmen der Academia.

    MFG
    Dr. Webbaer

  374. @Jeckenburger
    Zustimmung; um das Ganze zu verstehen, muss man die Bauteile verstehen. Aber aus den Bauteilen allein kann man noch nicht das Ganze verstehen, das ist keine Frage. Auch die Systemtheorie geht von den Elementen eines Systems aus. Die Emergenz eines Vogelschwarms beruht noch immer auf dem Verhalten von Vögeln. Man spricht dabei von Vielteilchensystemen. Das wesentliche daran ist, dass eine Wechselwirkung nicht nur zwischen benachbarten Elementen vorhanden ist, wie wahrscheinlich bei Vogel- oder Fischschwärmen, sondern über weitere Elemente.

    Die Informatik behandelt Phänomene wie Vogelschwärme unter dem Begriff zelluläre Automaten.

    Lange Zeit war die psycchologische Vorgehensweise der Behaviorismus, der den Menschen als black box betrachtete. Dann hat man erkannt, dass nicht Reiz und Reaktion die entscheidenden Variablen sind, sondern der innere Zustand, der durch das Leben entsteht. Das war die Wende zur Kognitionswissenschaft. Wie kommt man an den inneren Zustand heran ohne Reduktionismus? Man kann dem lebenden Hirn nur sehr beschränkt bei der Arbeit zusehen.

  375. @Physiker: von Bienen und Käfern

    Der Käfer kann eventuell etwas lernen, auch die Bienen (den Ort wo es Blüten mit Nektar gibt), aber im Gegensatz zu uns ist das doch eher bescheiden.

    Ist das jetzt ein wesentlicher Unterschied oder nicht?

    Aber gut. Wir sind ja nicht Gerhard Roth. Oder ich jedenfalls. Glaube ich. 😉

    Ich wollte darauf hinaus, etwas poetisch vielleicht, dass sich sowohl beim Käfer als auch bei uns das Leben in mysteriöser (= unverstandener*) Weise äußert.

    * in dem Sinne unverstanden, dass wir noch nicht einmal eine Vorstellung davon haben, wie eine Erklärung aussehen würde

  376. @Schleim

    Sie haben etwas naive Vorstellungen. Eine Definition von System (Wiki):

    Als System (altgriechisch sýstēma „aus mehreren Einzelteilen zusammengesetztes Ganzes“) wird im Allgemeinen ein abgrenzbares, natürliches oder künstliches „Gebilde“ bezeichnet, das aus verschiedenen Komponenten mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht, die aufgrund bestimmter geordneter Beziehungen untereinander als gemeinsames Ganzes betrachtet werden (können).

    Natürlich ist das System das Ganze. Aber ohne die Kenntnis seiner konstituierenden Elemente oder Teilsysteme und deren Beziehungen zueinander kann es nicht verstanden oder zusammengefügt werden. Die Systemtheorie ist eine Abstraktion realer Systeme und untersucht typische Strukturen und Dynamiken von Systemen. Es ist ein Wechselspiel von Reduktion und Synthese. Das Ganze als System ist das Resultat des Verhaltens seiner Teilsysteme.

    Sie hacken sinnlos auf dem Begriff “Reduktionismus” herum.

  377. @Reutlinger: ich versuchs nochmal ganz einfach. Reduktionismus ist ein wissenschaftstheoretischer Ansatz, der nicht nur immer kleinere Bausteine sucht (was ja unbedingt notwendig ist und was als Methode bestens geeignet ist), sondern der meint, man könne komplexe Zusammenhänge auch linear aus den Bausteinen ableiten. Und das ist grundfalsch. Wir sehen das anhand des Bewusstseins, das zwar durch Neuronen konstituiert wird (und nicht etwa durch Bauklötze), aber wie es funktioniert, erfährt man nur, wenn man das Bewusstsein als Emergenz begreift und dessen Prinzipen versteht. Und zwar die Prinzipien des Bewusstseins, nicht die der neuronen, den die kennen wir ja schon.

  378. Ergänzung: diese Sichtweise asl Emergenz greift die naturwissenschaftliche Methode in keiner Weise an (Methode, nicht Mehodologie).

  379. @Balanus
    Die Genetik wie auch die Immunologie sind so weit fortgeschritten, dass sie die Bauteile bzw. Moleküle des genetischen Apparats und des Immunsystems schon sehr genau kennen. Das Coronavirus injiziert seine mRNA in die Wirtszelle, woraus in der Zelle ohne Beteiligung der DNA ein Protein erzeugt wird, das für die Vermehrung des Virus essentiell ist. Nun kann man diese mRNA isolieren und dem Menschen in kleiner Menge injizieren, so dass das Immunsystem natürliche, spezifische Antikörper (Immunglobuline) erzeugen kann, die die Vermehrung des Virus verhindern.

    Man muss also in diesem Fall alle beteiligten Moleküle sehr genau kennen. Der genetische Apparat und das Immunsystem sind für alle Zellen gleichartig. Unter den Viren gibt es verschiedene Arten, RNA-Viren wie das Coronavirus und DNA-Viren, die ihre DNA in die DNA der Wirtszellen importieren können und den genetischen Apparat der Wirtszelle kapern.

  380. @Stegemann
    Sie haben natürlich recht, aber keiner der Hirnforscher wird behaupten, dass man allein aus dem Verständnis der kleinsten Einheiten das Bewusstsein erklären könnte. Ich glaube, Herr Schleim baut hier einen Strohmann, auf den er genüsslich einschlagen kann!

  381. @Schleim
    Ich hatte mal angesprochen,Emergenz und Reduktion zusammen zu sehen, wobei es theoretisch nicht zusammengebracht werden kann,beides aber da ist.
    Bsp. sind das Daktylogram: Gleichzeitigkeit der Gleichheit des Menschen und Ungleichheit als Individuum. Eine Schneeflocken wäre auch so eine Sache.
    Wie wollen Sie das theoretisch widerspruchsfrei zusammenbringen? Es ist doch eher so,dass dieser Widerspruch aber zwingend da ist und offensichtlich zusammengehört und man es als Komplementarität verstehen kann.
    Ihr Spott irritiertt da nur.

  382. @Reutlinger: Reduktion…

    …ist das (sogar wortwörtlich!) Zurückführen von etwas auf etwas (hier: von einem Ganzen auf seine Teile). Die Systemsicht reduziert nicht, sondern integriert. Sie beherrschen noch nicht einmal das begriffliche Einmaleins. Lassen Sie mich doch endlich in Ruhe und spielen Sie selbst mit Ihren Strohmännern.

  383. @Mussi: Welcher Spott?

    “Spott” ist Ihre interpretation – und wenn Sie etwas irritiert, dann kann ich daran nichts ändern. Ich weiß noch nicht einmal, worauf Sie sich beziehen. Äußern Sie sich bitte inhaltlich zum Thema oder lassen Sie es besser bleiben.

  384. @Schleim:
    Es sollte auch ihnen langsam klar geworden sein, dass man Reduktion nicht nur auf die materiellen Bestandteile durchführen kann, sondern auch auf die prinzipiellen Funktionen des jeweiligen Systems. Niemand hier meint, dass man zum Verstehen des Gehirns eine Reduktion auf die Eigenschaften der Atome durchführen sollte. Das ist nur dann sinnvoll, wenn man die zum Beispiel die Unmöglichkeit der direkten Kommunikation von Gehirnen (also auch des Betens als Kommunikation mit Gott) demonstrieren will, wie ich es gemacht habe.

  385. anton reutlinger
    27.02.2021, 20:14 Uhr
    @Stegemann
    Sie haben natürlich recht, aber keiner der Hirnforscher wird behaupten, dass man allein aus dem Verständnis der kleinsten Einheiten das Bewusstsein erklären könnte.

    Doch, Penrose und Hameroff behaupten, das Bewusstsein entsteht in den Microtubuli. Führt man das weiter, sind es am Ende ‘Quantenzufälle’. Andere sehen den Ursprung des Bewusstseins in den sog. Transposons. Aber auch die sonstige Neurowissenschaft betreibt keine Theorie- bzw. Modellbildung auf der Ebene des Bewusstseins selbst.

  386. Stephan Schleim
    27.02.2021, 20:57 Uhr
    @Stegemann: Leben
    Leben ist keinesfalls unverstanden.
    Gut. Dann können wir jetzt ja mit der Biologie aufhören
    .

    Nein, warum sollten wir, die Biologie ist integrativer Bestandteil einer synthetischen Theorie des Bewusstseins. Darum geht es doch hier, wenn wir das Thema nicht bis in alle Ewigkeit dualistisch erörtern wollen

  387. Naturalismus für mehr Humanismus versus Naturalismus als Vorstufe zum Ende des Menschen ?
    Daniel Dennett ist in meinen Augen ein sehr humanistisch denkender Atheist. Auch Steven Pinker zähle ich dazu. Es gibt aber inzwischen neue Atheisten, die nichts anderes als die Überwindung des Menschen fordern, die glücklich wären mit der Abschaffung des Menschen und die entweder für den Ersatz des Menschen durch eine Verschmelzung des Menschen mit der Technik plädieren oder diesen Ersatz für unvermeidbar halten und es als nächste Stufe der Evolution sehen, einer Evolution, der wir uns nicht entziehen können.

    Yuval Hariri gehört zu den Letzteren. Im Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ beschreibt er die kulturelle Evolution des Menschen als einen mehr oder weniger automatischen Prozess in der das Individuum keine Rolle spielt, denn es sind Kräfte am Werk, denen wir ob wir wollen oder nicht, unterworfen sind. Im Buch „Homo Deus“ geht er noch einen Schritt weiter und sieht den baldigen Ersatz des Auslaufmodells Mensch durch einen Cyborg oder gar durch künstliche Intelligenzen auf uns zukommen.

    Im folgenden gebe ich das Gespräch einer Interviewerin mit ihm wieder um seine Gedanken zum baldigen Ende des Menschen wie wir ihn kennen kenntlich zu machen:

    Interviewerin:Sind wir Menschen vor dem Aussterben?
    Harari: Ja, aber es ist kein Ende wie bei einem Hollywood-Film, in dem
    Roboter durchdrehen und alle Menschen töten. Es ist wahrscheinlicher, dass wir neue Technologien nutzen werden, vor allem Biotechnologie und künstliche Intelligenz um uns zu ändern und in Wesen upzugraden, die sich viel mehr von uns unterscheiden, als wir uns von den Neandertalern oder Schimpansen. Ich denke also nicht, dass in 200 Jahren Menschen wie wir die Erde bevölkern. Unsere Nachfahren werden eine Form von Cyberwesen sein, die das zukünftige Leben dominieren.

    Interviewerin: Stimmt das Bild, dass die Moderne den Abschied von Gott bedeutet. Wenn wir bei diesem Punkt bleiben, dass Gott abgeschafft werden kann am Ende des Humanismus, am Punkt an dem wir jetzt stehen (wie sie sagen), dann weist aber die Empirie in eine andere Richtung (sie zeigt eine Pew-Umfrage zum Gottesglauben, die zu mehr Gläubigen im Jahr 2050 wegen mehr Muslimen kommt). Das widerspricht doch ihrer Idee, dass Gott auf der Müllhalde der Ideen landet.
    Harari:Die Menschen glauben immer noch an Gott, er ist einfach viel weniger wichtig. Ich sage nicht Gott sei verschwunden. Ich komme aus Israel und weiss sehr wohl, dass die meisten Menschen vor allem im nahen Osten immer noch an Gott glauben. Aber er ist weniger wichtig als je zuvor in der Geschichte. Die Menschen glauben an ihn weil ihnen ihre Gefühle ihnen sagen, dass sie das tun sollten. Sogar in der Religion sind Gefühle die Hauptquelle der Autorität…..
    Es gibt noch einen wichtigeren Punkt. Wenn sie die letzten 100 Jahre zurückschauen und sich fragen, welches waren die wichtigsten Erfindungen, Entdeckungen und neuen Ideen im 20. Jahrhundert, ist das sehr schwer zu beantworten, weil es so viele Kandidaten gibt: das Internet, Atomwaffen, Antibiotika. Es gibt so vieles. Ja aber dann fragen sie sich, was war die wichtigste Entdeckung, Erfindung oder neue Idee der traditionellen Religionen. Und da gibt es nichts. Was haben Rabbiner, Priester und Mullahs erfunden, das man im gleichen Atemzug nennen könnte mit den Antibiotika, dem Feminismus oder dem Computer. Die traditionellen Religionen gibt es immer noch, aber sie haben sich von einer kreativen Kraft in eine reaktive Kraft verwandelt. Im Mittelalter waren die Religionen sehr innovativ. …
    Aber heute sind die meisten religiösen Institutionen nicht mehr als eine reaktive Kraft. Sie erbringen in keinem Bereich Pionierleistungen.
    Interviewerin: Nehmen wir an sie haben recht. Die Menschen wollen keine homo sapiens mehr sein, sondern homo deus werden. Da haben sie gesagt, es gibt verschiedene Möglichkeiten wie dieses Upgrade vorangetrieben werden kann. Sie bieten eigentlich 3 Möglichkeiten an. Es könnte genetische Selektion sein oder genetische Verbesserung . Dann wäre wir vielleicht in 200 Jahren so etwas wie Designer-Babys, die erwachsen geworden sind. Das könnte so etwas sein wie Cyborgs, das heisst wir beginnen uns technisch zu verbessern und werden halb zu Maschinen oder die neuen Menschen könnten so etwas sein wie künstliche Intelligenzen, Androide, Roboter sein, die menschenähnliche Qualitäten haben, aber intelligenzmässig uns weit überlegen sind.
    Drei Typen wie man Homo Deus werden kann. Welchen Typen würden sie wählen, wenn sie wählen könnten.
    Harari: …. ich sage, dass geschieht momentan. Sie können es überall beobachten. Wir sprechen davon, dass Menschen mit Computern verschmelzen und zu Cyborgs werden, zu Wesen, die halb Mensch und halb Computer oder Roboter sind.Das ist keine Zukunfstvision. Dieser Prozess ist bereits im Gang. Menschen verschmelzen schon heute mit ihren Smartphones mit Facebook-Accounts und Computern.
    Irgendwann werde ich kein Smartphone mehr besitzen, nein das Smartphone wird ein Teil von mir sein. ….

    Beurteilung: Ehrlich gesagt verstehe ich die Begeisterung vieler – auch von Autoren hier auf scilogs – für die Aussagen und Positionen eines Hariri gar nicht. In meinen Augen kann der Mensch immer noch mehr Mensch werden und sollte das auch anstreben. Zudem: Etwas Besseres als den Menschen kriegen wir mit neuer Technologie nur dann, wenn wir der Technologie mehr trauen als der Natur und zudem noch davon ausgehen, dass alles schon gut kommt. Etwas wie den Menschen durch etwas besseres zu ersetzen zu wollen, bedeutet auch implizit, dass wir zu wissen glauben, was denn dieses Bessere ist und was wir alles herausschnipseln und neu Einfügen müssen, damit etwas Besseres herauskommt. Ich behaupte nun aber: das wissen wir gar nicht, das bilden sich nur einige ein, sie wüssten es.

  388. @anton reutlinger

    Sie [@Stephan Schleim] hacken sinnlos auf dem Begriff “Reduktionismus” herum.

    Dass bei Ihnen die Begriffe meistens nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist uns längst bewusst geworden, siehe z.B. Realismus und dessen Facette Antirealismus.

    Hierzu möchte ich mich allerdings etwas neupositionieren, meine Kritik an Ihrem nicht gänzlich gegensätzlichem Gegensätzlichen relativieren. Man lernt ja nie aus. So würde ich auch behaupten wollen, Antimaterie ist Materie.

    Also nichts für ungut.

    Sprache ist schon echt geil, ich wüsste nicht, was wir ohne sie machen sollten.

  389. @Balanus / 27.02.2021, 10:44 Uhr

    »Also ich weiß nicht, ist das nicht ziemlich trivial?: Wenn hinsichtlich der Wirkkräfte im Naturgeschehen der Begriff „Gott” durch den Begriff „Natur” ersetzt wird, dann ist es wohl kaum zu vermeiden, dass manche Aussagen „religionshaft” erscheinen.«

    Du meinst also, Popper habe sich da an einer Trivialität abgemüht? Nun, das denke ich eher nicht, und die Sache geht ja auch noch weiter:

    Hegel and Marx replaced the goddess Nature in its turn by the goddess History. […]
    It is this deification of history which I am combatting.

    But the sequence God—Nature—History, and the sequence of the corresponding secularized religions, does not end here.

    Seine Bezeichnung “secularized religion” halte ich hier doch für recht unmissverständlich.

  390. @Martin Holzherr 27.02. 23:20

    „Im Buch „Homo Deus“ geht er noch einen Schritt weiter und sieht den baldigen Ersatz des Auslaufmodells Mensch durch einen Cyborg oder gar durch künstliche Intelligenzen auf uns zukommen.“

    Den Menschen als Arbeitskraft zu ersetzen ist sicher schwer aufzuhalten, in so weit hier Technik die Arbeit machen kann. Aber was das Leben der Menschen selbst betrifft, so ist hier mit Sicherheit kein Ersatz, und wohl auch kaum eine Verbesserung sinnvoll.

    „In meinen Augen kann der Mensch immer noch mehr Mensch werden und sollte das auch anstreben.“

    Durchaus, aber gar nicht mal unbedingt um seine Effektivität am Arbeitsplatz zu steigern. Da sind wir längst meistens fleißiger, als uns selbst gut tut. Bei der Kunst, das Leben zu genießen, und sich für das Leben und diesen Planeten einzusetzen, da sind wir noch ausbaufähig, schätze ich.

    Die Konkurrenz mit KI im weitesten Sinne um die Arbeitsplätze werden wir womöglich bald verlieren werden. Die neuen Märkte, die eine Fortsetzung des Wachstums und damit eine Fortsetzung der Beschäftigungsraten bieten müssten, sind derzeit wohl wirklich nicht in Sicht. Angesicht weiter eher stagnierender Löhne, ist wohl der Konsum der meisten Beschäftigten schon nicht mehr zu steigern, einfach weil das mit der Automatisierung verdiente Geld seit 1990 nicht mehr bei den Arbeitnehmern landet. Die Zeiten von steigenden Löhnen waren wohl ein Ergebnis der Systemkonkurrenz mit dem Kommunismus, der ist ja 1990 zunächst mal ausgelaufen.

    Generell halte ich unseren Wohlstand aber sowieso für kaum noch sinnvoll steigerbar. Alles klimaneutral und ökologisch sicherlich, aber das wird so viel teurer gar nicht werden, schätze ich. Im Gegenzug wäre hier einiges an Konsum sogar ziemlich verzichtbar. Z.B. einfach mal vernünftige Radwege bauen würde wahre Wunder wirken.

    Der Aufschwung Chinas als Weltwachstumsmotor war in den letzten Jahren treibende Kraft, vielleicht kommt ja jetzt Indien und Afrika als nächstes in Schwung. Das brächte auch für uns neue Arbeitsplätze, und könnte die Automatisierung noch eine Weile ausgleichen. Aber irgendwann brauchen wir hier ein modifiziertes Wirtschaft- bzw. Steuersystem. Und keine Verbesserung der Fähigkeiten bei uns Menschen.

  391. @Tobias Jeckenburger: Yuval Harari will nicht bessere Arbeiter, sondern verbesserte Menschen. Er will den Homo Deus (den Menschen, der zu Gott wird), besser gesagt, er glaubt, der Mensch oder die Menschen wollten selber gottähnlich werden. Und zwar nicht um produktivere Elemente in der Arbeits- und Konsumwelt zu sein, sondern um gottähnlicher zu sein: mit höherem Intellekt, gesteigerter Kreativität, Unsterblichkeit – was immer man will.

    Abgesehen davon stimmt es schon heute nicht, dass es einfach nur um Leistung, um Arbeit bis zum geht nicht mehr geht. Wenn es so wäre, gäbe es weder Künstler noch Biobauern, weder Schriftsteller noch Raketenfirmen und Menschen würden nicht Unsummen für unnützes Zeug wie teure, kaum wirksame Kosmetika ausgeben oder übermotorisierte Autos kaufen, die sie gar nicht brauchen. Die Zeit in der es ums Überleben geht ist längst vorbei (mindestens hier). Heute – und schon lange – geht es darum einen möglichst guten Platz auf der Sonnenseite des Lebens – oder was man dafür hält – zu ergattern. Dafür tun die Leute wirklich sehr viel. Wobei sie sich aber häufig täuschen und täuschen lassen, wenn es darum geht was es wirklich dafür braucht.
    Das bedeutet auch: Roboter können uns nicht wirklich die Arbeit wegnehmen. Denn wir erfinden für uns einfach neue Arbeiten und klagen später wieder, was das alles an Stress bedeute. Und das wegen einer nicht wirklich nötigen, sondern nur erfundenen Arbeit die im Wesentlichen den Zweck hat uns selbst zu beschäftigen und zu bestätigen.

  392. @Holzherr: bessere Menschen

    Da sind wir mal einer Meinung – doch verstehe ich den Zusammenhang zum Thema nicht so ganz.

    Die herrschenden Kommunisten in der Sowjetunion und die Nationalsozialisten wollten auch einen “besseren Menschen” – und die Geschichte hat gezeigt, wozu es geführt hat.

    P.S. Wer ist hier auf den SciLogs so von Harari begeistert?

  393. @Physiker: Neurone

    Nun ja, mit Francis Crick hat beispielsweise ein Physiologie-Nobelpreisträger und führender Bewusstseinsforscher in der Biologie des 20. Jahrhunderts behauptet, Sie seien nichts als ihre Neurone und deren molekulare Reaktionen.

    Sie wissen ja, wie leicht man All-Aussagen widerlegen kann.

    Doch fangen wir diese Diskussion über den Neuroreduktionismus nun lieber nicht wieder von vorne an.

  394. Spektrum-Streitgespräch über Wissenschaft und Religion

    Ich hatte jetzt die Gelegenheit, dieses Interview – hatte @Neher darauf verwiesen? – in Ruhe zu lesen. Danke für den Hinweis. Ein paar Gedanken:

    Lüke: Sie versuchen ständig, Gott in einem ihn umgreifenden Funktionskontext anzusiedeln, ihn auf eine pure Nutzenfunktion zu reduzieren. Eine solche, die den Gottesbegriff erschöpfend beschriebe, ist jedoch nicht angebbar. In dem Sinne ist Gott, gottlob, unnütz.

    Hier geht es um den Einwand, Religion/Spirituelles gebe es wegen der Adaptivität (d.h. des Überlebensvorteils). Solche “Erklärungen” haben, näher betrachtet, mehrere Probleme:

    Erstens erklären sie allenfalls, wieso etwas erhalten blieb, und nicht, warum es entstanden ist. (Da bleibt dem Soziobiologen bzw. Naturalisten, wie so oft, nur der “Zufall”.)

    Zweitens folgt aus der Tatsache, dass etwas einen Überlebensvorteil bietet, nicht, dass das die einzige bzw. vollständige Erklärung ist. Beispiel: Vielleicht sammelt jemand Kunst, weil das (langfristig) sein Vermögen vergrößert; vielleicht sammelt derjenige aber auch Kunst, weil er die Gemälde schön findet.

    Mit anderen Worten: Wenn es wirklich etwas Göttliches in der Welt gäbe, würde das ja nicht ausschließen, dass der Glaube daran einen Überlebensvorteil bietet. (Wohl eher das Gegenteil.) Wir sehen wieder einmal, dass sich die Ebenen hier gar nicht widersprechen, sondern der Soziobiologe bzw. Naturalist nur so tut, als ob.

    Drittens sind die adaptiven Erklärungen der Soziobiologen immer sehr spekulativ. Man kann sich wohl für alles einen Überlebensvorteil ausdenken. Ich muss an Poppers Kritik am Marxismus bzw. an Alfred Adlers Individualpsychologie denken: Eine Theorie, die dem Anschein nach alles erklärt, erklärt im Endeffekt vielleicht: nichts.

    Und viertens, wenn ich nicht wissen kann, ob es etwas Göttliches gibt oder nicht, der Glaube daran aber einen Überlebensvorteil bietet, dann entscheide ich mich im Zweifelsfall doch für… 😉

  395. Adaptiver Wert von Religionen

    Das äußert sich vor allem an diesem Zitat des Wissenschaftsphilosophen Bernulf Kanitscheider (Universität Gießen):

    Kanitscheider: Im Buch des Verhaltensforschers Edward O. Wilson “Die Einheit des Wissens” stehen wunderschöne Erklärungen für die Entstehung der religio, der Bindung an ein höheres Wesen. Das alles hatte einen klar aufweisbaren, adaptiven Wert: nämlich die Gruppe zusammenzubinden, ihr größere Schlagfertigkeit nach außen hin zu verleihen. Es ging einfach um eine Stärkung der sozialen Bindung zur Sicherung des Überlebens. Nur aus diesem Grund ist die Entstehung von Religionen ein so universelles Phänomen. Die Erklärung liefern damit Biologen und Sozialpsychologen…

  396. Wer muss was beweisen?

    Lüke: Ich kann die Beweislast ebenso gut auf Ihre Schultern hieven; denn ich halte nur etwas für möglich, Sie hingegen bestreiten es kategorisch.

    Hier muss man wissen, dass Ulrich Lüke Philosoph ist (Theologische Fakultät Paderborn). Ob das der Mehrheit der Gläubigen und Theologen ausreicht, dass ihr Gott lediglich möglich ist, nicht wirklich, können wir hier nicht beantworten.

    Wir sahen in der im Blogbeitrag diskutierten Studie, dass sogar rund fünf bis sechzig Prozent der Naturwissenschaftler angeben, sie wüssten, ohne Zweifel, dass Gott existiert.

    Auf mich wirken beide Seiten suspekt. Da bleibe ich lieber agnostisch (siehe Zwischenfazit).

  397. Logik & Gott

    Lüke: Es ist mit der Reichweite unserer Logik, die immer eine endliche und sprachlich vermittelte ist, unmöglich, ein umfassendes Wissen über Gott zu erreichen. Auf Ihrem Denkweg kann man vielleicht gottlos werden, aber nicht Gott loswerden.

    Das gefiel mir schon allein wegen des Sprachwitzes.

    Kanitschneider versuchte, Lüke auf eine zweiwertige Logik festzunageln: Aussagen können nur wahr oder falsch sein – und was ist dann mit Aussagen über Gott?…

    …aber wenn wir nur noch solche Aussagen tätigen könnten, die zweifellos wahr sind, was könnten wir dann überhaupt noch sagen? (Außer bestimmte Sätze der Logik und Mathematik.)

  398. Verabsolutierung

    Lüke: Ich denke, man kann mit intellektueller Redlichkeit Theist, Agnostiker oder Atheist sein, weil jede dieser Positionen mit Grundentscheidungen zu tun hat, die mehr als nur ein intellektuelles Resümee sind. Nur die atheistische Position für intellektuell redlich zu erklären, ist eine besondere Form von Missionstätigkeit, die den andern nicht hinreichend ernst nimmt und ihrerseits mehr behauptet, als sie auf Grund ihrer eigenen Voraussetzungen darf.

    Das erinnert mich an Peter Janichs vorher in der Serie referierten Standpunkt, Naturalismus sei “Glaube an die Naturwissenschaft” – und wie wir hier oft genug gesehen haben, ist es ein Glaube mit dogmatischen und verabsolutierenden Tendenzen.

    Vielleicht trägt die Serie ja wenigstens etwas dazu bei, das Bewusstsein hierfür zu schärfen – und den Absolutismus/Dogmatismus etwas aufzugeben.

  399. Es moderierten Reinhard Breuer und Michael Springer von Spektrum der Wissenschaft.

    Hier vielleicht einmal eine biografische Bemerkung, denn Dr. habil. Reinhard Breuer (geb. 1946), Chefredakteur von Spektrum der Wissenschaft bis 2010, durfte ich ein paarmal begegnen.

    In diesem Sinne auch Gedanken an den Verlag, der diese Blogs überhaupt erst ermöglicht (man werfe einen Blick auf die Internet-Adresse) – und der jederzeit den Stecker ziehen könnte.

    Wie die Frage nach Gott wird für mich wohl auch die Frage ein Mysterium bleiben, warum die Zusammenarbeit mit der Schwesterzeitschrift Gehirn&Geist nur von 2005-2014 andauerte. Inzwischen reagiert man noch nicht einmal mehr auf Themenvorschläge, wo ich früher hin und wieder einmal bei der Redaktion zu Besuch kam.

  400. ……was könnten wir dann überhaupt noch sagen? …….
    Religion zu instrumentalisieren, das ist so als man erklären müsste warum man eine bestimmte Person oder Sache liebt.

    Religiös sein, das hat mit Gefühl zu tun. Gefühle bestehen unabhängig von Wissen.
    Was dieser blog hier gezeigt hat, die Rekursion ist der Schlüsselbegriff für die Grenzlinie zwischen Religion und Wissenschaft.
    Oder volkstümlicher gesagt, die Fragen nach dem Warum beantwortet die Religion.

    Ein anderer Zugang zu Religion wäre nach dem „Menschen“ zu fragen, der religiös ist. Warum, schon wieder warum, ist ein Mensch religiös. ?
    Dann muss man in der Vergangenheit suchen oder nach einem Schlüsselerlebnis fragen.

    Anmerkung: Vorgestern traf ich einen Mann, der sich mit der Korntaler Brüdergemeinde auskennt. Das ist eine ganz radikale evangelische. Sekte, die behauptet, „der Mensch ist von Geburt an böse“.Versuchen Sie mal so einen Menschen vom Gegenteil zu überzeugen.
    Mit Wissenschaft gelingt das nicht. Darin beweist sich die Grenze der Naturwissenschaft.

  401. Wir brauchen eine synthetische Humanwissenschaft, zu der die Einzelwissenschaften die analytischen Bausteine liefern. Die synthetische Humanwissenschaft untersucht komplexe Dinge, wie Bewusstsein und versucht, sie auf allgemeine Prinzipien zurückzuführen. Was ist das Gemeinsame von Einzeller und Mensch? Beide regulieren auf ihre jeweilige Art und Weise ihren Umweltbezug sowie ihren inneren Bezug. Der Einzeller regelt dies auf proteinbildende Weise, der Mensch bioelektrisch. Die Freiheitsgrade aber auch die Anfälligkeiten werden evolutionär immer größer. Arbeitet der Reparaturmechanismus des Einzellers noch direkt und automatisch, fluktuiert er in Richtung Mensch durch zunehmende Komplexität. Es bilden sich dort immer differenziertere Subsysteme aus (Bewusstsein, ICH). Ihre Eigendynamik entwickelt Sprache, Kultur (einschließlich Religion) und bildet einen gesellschaftlichen Speicher mit bedeutungshaften Inhalten. Etc.ppppppppp.

  402. Wenn wir das nicht endlich in Angriff nehmen, verlieren wir uns auch in Zukunkt in philosophischer Beliebigkeit und schleppen ständig diesen unsinnigen Dualismus mit, dem die einen in Richtung Philosophie, die anderen in Richtung Reduktionismus zu entkommen versuchen.

  403. Aktuell bei Scilogs: das Rückenmark – nur eine lange Leitung?

    Vorverarbeitung von Reizen, detaillierter Aufbau, psychologische Einflüsse – Schritt für Schritt werden mehr Details über diese komplexe Struktur im Zentrum der Wirbelsäule zu Tage gefördert und geben uns tiefere Einblicke darin, wie Hirn und Körper zusammenarbeiten. Dabei zeigt sich: Sie ist mehr als nur eine lange Leitung. Vielmehr übernimmt sie in alltäglichen Situationen einen hohen Grad an Kommunikation zwischen Hirn und Körper. Sie als zentrale Verbindung mehr zu verstehen, bedeutet damit auch, den Menschen als Ganzes besser zu begreifen. Das wurde nicht nur in den Neurowissenschaften erkannt. Auch in der Philosophie gibt es gute Argumente, die dafür sprechen, den Körper ganzheitlich zu betrachten, wenn man den Geist verstehen will (Wild 2017, Suhrkamp).

    Um das Wetter zu verstehen, reicht es nicht, die Luftmoleküle und ihre Eigenschaften zu kennen. Aber ohne das Verständnis der Luftmoleküle kann man das Wetter nicht verstehen und erklären. Das bedeutet in keiner Weise, dass man das Wetter auf Moleküle reduziert. Der Landwirt hat eine andere Sicht auf das Wetter als der Meteorologe. Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten!

    Es ist nicht die Aufgabe des Hirnforschers, das Bewusstsein zu erklären, auch wenn er es gerne täte. Er kann aber die biologisch funktionalen Strukturen der Organe und Prozesse dafür untersuchen.

  404. @Reutlinger: richtig. Ich sagte, die Einzelwissenschaft liefert die Bausteine, die synthetische Humanwissenschaft untersucht die Emergenzen, die sie für untersuchenswert hält, z.B. Bewusstsein und trägt damit dazu bei, dass
    1. Daten sortiert und eingeordnet werden, um
    2. Neue Forschungsperspektiven aufzuzeigen und
    3. zu einem neuen Verständnis des Menschen beizutragen, also Natur und Kultur des Menschen einheitlich beschreiben zu können.
    Könnte ich ein Team bilden, würde ich einen Neurobiologen, einen Systemtheoretiker, einen Mathematiker, einen Informatiker und einen Philosophen dazunehmen.

  405. @Stephan Schleim 28.02.2021, 07:56 Uhr
    Verabsolutierung
    Sie zitieren Ulrich Lüke:

    Nur die atheistische Position für intellektuell redlich zu erklären, ist eine besondere Form von Missionstätigkeit, die den andern nicht hinreichend ernst nimmt und ihrerseits mehr behauptet, als sie auf Grund ihrer eigenen Voraussetzungen darf.

    Für seinen Diskussionsgegner Bernulf Kanitscheider ist ein konsequenter Atheismus ehrlicher als ein Agnostizismus (SdW 11/1999, S. 83). Das ist die Sicht der Naturwissenschaft und aller Ehren wert. Bei einem Perspektivwechsel hin zum Sozialgefüge, wo Gruppenbildung, Rituale und Solidarität eine Bedeutung haben, verfliegt diese Selbstgewissheit.

  406. @ Wolfgang Stegemann 28.02.2021, 09:49 Uhr

    Zutat: „Könnte ich ein Team bilden, würde ich einen Neurobiologen, einen Systemtheoretiker, einen Mathematiker, einen Informatiker und einen Philosophen dazunehmen.“

    Da haben Sie auf die wichtigsten Fachgebiete die einer Erklärung für das Bewusstsein realistisch näher kommen können, nicht berücksichtigt.

    Die Sensorspezialisten, die stets einvernehmlich mit den Physikern und Chemikern arbeiten und die Psychologen. Die „Sensorleute“ machen alles irgendwie „messbar“. Seien es die Zuckermoleküle bei der Blutzuckermessung, oder neuerdings das Glykoprotein Spike beim Coronavirus.

    Sie sind die wahren Zauberer heutzutage, sie messen und detektieren (fast?) alles.

    Bei den Empfindungen/Bewusstsein kommt es wie auch sonst in deren Fachgebiet, auf die korrekte Zuordnung an. Die DNA Spezialisten z.B. definieren wonach gesucht werden soll, kurze Zeit später haben die „Sensoriker“ die passende Sensorik.

    Wenn die Neurologen/Psychologen z.B. herausfinden in welchen Zellen, Molekülverbänden welche „Empfindungen“ auftreten müssten, bzw. welche getrennten Verbände in Wechselwirkung stehen müssen, dann haben sie bald darauf eine Sensorik und machen die Empfindungen messbar. Durch ausgeklügelte Experimente (ob z.B. offensichtliche Orgasmusempfindungen von Tieren mit Messwerten korrelieren) sollte man herausbekommen unter welchen Umständen das Empfindungsphänomen auftritt und wie die einzelnen Empfindungen zum Bewusstsein emergieren, so wie Bildpunkte zu einem Bild emergieren.

  407. @Chrys // 28.02.2021, 00:19 Uhr

    » Du meinst also, Popper habe sich da an einer Trivialität abgemüht? «

    Ich denke nicht, dass Karl Popper sich bei dem zitierten Exzerpt groß abgemüht hat. Dafür erscheint mir der Erkenntnisgewinn zu gering, und neue, tiefere Einsichten sind dort auch nicht erkennbar (ich spreche nur für mich).

    Was er im Weiteren schreibt (es geht wohl um bestimmte Ideologien), ist sicherlich tiefgründiger, aber das steht hier nicht zur Debatte.

    Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, wie Popper generell zu Religionen steht (bin eben kein Popperianer, Vergötterungen von Personen liegen mir fern), oder wo Religionen bzw. Götter in seiner 3-Welten-Theorie ihren Platz haben. Ob manche erklärte Naturalisten die Natur „vergöttern“, ist mir nicht bekannt, gibt es da irgendwelche Namen? Wird Popper diesbezüglich konkret?

  408. @Stephan // 27.02.2021, 16:59 Uhr

    Meine Einlassung war nicht an Dich gerichtet. Wärst Du der Adressat gewesen, hätte ich—vielleicht—sorgfältiger formuliert, verständlicher, damit es nicht zu dem üblichen Missverstehen kommt.

    Ich versuch’s mal so, Du schreibst:

    » Der A[gnostiker] sagt gerade nicht, dass G[ott] eine “unvernünftige Idee” ist, sondern eine unbewiesene (und womöglich unbeweisbare) Idee. «

    Ja, das ist die übliche Geschichte. Und genau hier liegt nach meinem Verständnis das Problem und der Widerspruch zu Huxleys „Methode“.

    Denn wenn der Agnostiker so antwortet, dann hat er m. E. bereits zugestanden, dass es sich um eine vernünftige Frage handelt, auch wenn sie auf einer unbewiesenen und gewiss auch unbeweisbaren Existenzbehauptung basiert. Es ist aber diese zugrundeliegende, völlig aus der Luft gegriffene Existenzbehauptung, die–nach meinem Verständnis—nicht mit Huxleys „Methode“ konform geht. Denn der sagt: „Folge in Sachen des Intellekts so weit deiner Vernunft, wie sie dich tragen wird, ohne Rücksicht auf andere Überlegungen.“

    Aber bekanntlich gehen ja schon bei der Frage, was überhaupt als vernünftig gelten darf, die Meinungen weit auseinander.

    Und zu guter Letzt darf man bei alledem auch nicht vergessen, dass in Glaubensfragen zuvörderst der Bauch entscheidet (Ja / Nein / Weiß nicht) und der Intellekt lediglich versucht, die Entscheidung zu begründen—so weit die Vernunft eben trägt :- ).

  409. Wolfgang Stegemann,
    Bei den Ethikkommissionen gibt es solche Teams schon. Aber…..
    “Humanistische Verbände und Vertreter des Atheismus kritisieren seit langem, dass in staatlichen Ethikkommissionen sehr häufig Vertreter von Katholiken und Protestanten vorkommen, Nichtchristen jedoch nicht in gleichem Maße, obwohl Konfessionslose mittlerweile 1/3 der Bevölkerung stellen”

  410. @Stephan Schleim
    Ist der Naturalismus eine Religion?
    Übrigens sehe ich den Naturalimus auch aus einem anderen Grund als den hier bereits benannten in einer Reihe mit den Religionen.
    Der Naturalismus bietet ebenfalls eine sinnstiftende und gemeinschaftsfördernde Erzählung: „Es existiert nur eine Welt, sie ist unerschaffen, in ihr geht es mit rechten Dingen zu, und wir können sie erkennen.“ Diese Erzählung liefert genau die Bindungswirkung, die eine Gruppe, zu einer Bewegung formt.

    Die sinnstiftende Erzählung des Naturalismus steckt voller Widersprüche. Bereits bei der Frage, ob unsere Gedanken über die Welt zu dieser Welt gehören oder nicht, gerät der Naturalist ins Schleudern, genauso wie der Gottgläubige beim Theodizee-Problem. Aber derartige Ungereimtheiten schmälern die Bindungswirkung solcher Erzählungen nicht.
    Eigentlich ist der Inhalt (besser: die inhaltliche Stimmigkeit) eines gemeinschaftsbildenden Narrativs ohne Bedeutung; es kommt allein darauf an, dass alle in der Gruppe  ihm folgen. Man kann das Streben mancher Leute, sich sogar zu einer im Grunde absurden Erzählung zu bekennen, mit der Costly Signaling Theory erklären: „Nur die wahrhaft Gläubigen nehmen solche unsinnigen Zumutungen auf sich. Damit beweisen sie einander, dass sie es ernst meinen mit der Gruppe.“ (Der Spiegel 30/2020, S. 104-106: Die Apokalypse nach Q)

  411. @Wolfgang Stegemann 28.02. 09:49

    „3. zu einem neuen Verständnis des Menschen beizutragen, also Natur und Kultur des Menschen einheitlich beschreiben zu können.
    Könnte ich ein Team bilden, würde ich einen Neurobiologen, einen Systemtheoretiker, einen Mathematiker, einen Informatiker und einen Philosophen dazunehmen.“

    Gute Idee, wäre allemal einen Versuch wert. Die Psychologen, braucht man die nicht auch dafür? Und jede Menge Versuchspersonen?

    Ob dies nun gelingt, ist wohl schwer vorhersehbar. Es könnte einfacher sein, als es aktuell aussieht. Der menschliche Körper ist auch gut nach Funktionen sortiert, mit klaren Organen, die klare Funktionen übernehmen. Wenn sich das Nervensystem in der Evolution auch so schön nach Funktionen sortiert hat, hätten wir wohl eine Chance, es zu entschlüsseln.

    Es kann aber auch zu komplex, zu kryptisch, zu individuell, zu einmalig und mit zu viel Geistesanteil versehen sein. Dann käme man im Extremfall nie zu wirklichen und allgemeingültigen Ergebnissen. Etwa könnten sich die Konnektome von verschiedenen Menschen so sehr unterscheiden, dass man die nicht allgemeingültig beschreiben kann. So wie derzeit die Psychologie kein allgemeines Menschenbild liefern kann.

    Aber ok, es wäre allemal Versuche wert, die angesprochenen Teams zu bilden, und zu sehen, wie weit man damit kommt. Finde ich spannend. Auch was KI angeht, wäre es wohl hilfreich, sich mit den Details unserer natürlichen Intelligenz zu beschäftigen.

  412. @Timm Grams

    Bevor da irgend jemand zu schnell hinspringt, würde ich zuvor eine andere Frage versuchen zu beantworten:

    Eignet sich der Naturalismus als Religion?

    Ich sage nein (ja klar, Einzelmeinung). Wenn ich mir ihre Beschreibung anschaue:

    „Es existiert nur eine Welt, sie ist unerschaffen, in ihr geht es mit rechten Dingen zu, und wir können sie erkennen.“

    muss ich sagen, die ist ziemlich “fluffy”. Wie soll ich denn daraus was sinnstiftendes basteln?
    Die ersten drei Feststellungen, also 1 existiert, ist unerschaffen, rechte Dinge stehen einfach mal so da. Das ist kein Sinn.
    Sinn könnte allenfalls noch das vierte liefern “wir können sie erkennen”.
    Wir? Und was ist mit Mir? Religion startet immer beim Individuum. Ich bin es der irgendwas glauben muss, sonst kann mir die Hanswurstine oder der Hanswurst da vorne alles erzählen. Wenn ich ihm die Story nicht abkaufe ist das Spiel um die religiöse Gemeinschaft gelaufen.
    Warum eignet sich also der Naturalismus nicht? Schlicht viel zu schwierig, wenn Naturwissenschaften das bindende Element sein sollen.
    Es gibt doch z.B. keinen einzigen Naturwissenschaftler der auch nur sein eigenes Fachgebiet komplett umreissen und durchschauen kann. Kein Physiker, Chemiker, Geologe, Biologe, …. hat dazu auch nur die geringste Chance. Es ist schlicht zuviel. Und das sind schon die Profis. Ein Amateur hat gar keine Chance.

    Das ist doch der enorme Vorteil von Religionen. Sie erzählen schöne Geschichten. Die sind einfach, jeder kann sie nachvollziehen, sie wärmen das innere sozusagen. Legen sie da mal ein “Lehrbuch der Anorganischen Chemie” daneben und schon hat Religion in der Masse haushoch gewonnen.

    Was macht also ein Naturwissenschaftler? Er hat (nach vielen Jahren Training) in seinem Kopf ein in sich schlüssiges Bauwerk, das aufeinander aufbaut, hat auch einiges davon experimentell geprüft und anhand daraus vielleicht auch was gebaut, also synthetisiert.

    Seine Annahme: Das Bauwerk stimmt so lange und ich gehe von nichts davon abweichendem aus, bis einer was anderes zeigen kann. Klassisch Occam. Das geht dann in diesen Laplace Atheismus: Sire, ich habe diese Hypothese (Gott) nicht gebraucht.
    Das ist aber im Grunde nur seine schlichte Arbeitsmethode. Sinn sehe ich da keinen.

    Auch NaWis sehen ihren “Sinn” in Familie, Freunden, ihrer Lieblingsmusik oder Literatur oder ihren heimlichen Geliebten. Je nach gusto.
    Selbst wenn man diese Vorlieben vielleicht irgendwann naturwissenschaftlich erklären kann (Gehirn, Hormone, Membranpotentiale, …… just pick one) , werden sie dadurch ja nicht weniger spannend oder lustig (nicht wirklich naturwisschaftliche Kategorien).
    Naturalismus ist die Denkart ohne höheres Irgendwas . Sinn stiftet das nicht.

  413. @Martin Holzherr 28.02. 01:01

    „Yuval Harari will nicht bessere Arbeiter, sondern verbesserte Menschen. Er will den Homo Deus (den Menschen, der zu Gott wird), besser gesagt, er glaubt, der Mensch oder die Menschen wollten selber gottähnlich werden.“

    Ich weiß nicht wo das hin soll. Ich bin mit meiner Konstitution recht zufrieden, und wir sind noch lange nicht so weit, dass wir verstehen, wie wir überhaupt funktionieren.

    @Stefan 28.02. 06:53

    „…doch verstehe ich den Zusammenhang zum Thema nicht so ganz.“

    Naja, während wir noch überlegen, wie wir überhaupt funktionieren, wollen andere schon zu Göttern werden. Was der Mensch alles so denkt…

  414. @Timm Grams // 28.02.2021, 11:47 Uhr

    An Stephan Schleim gerichtet:

    » Der Naturalismus bietet ebenfalls [wie eine Religion] eine sinnstiftende und gemeinschaftsfördernde Erzählung…«

    Das ist zu schön um wahr zu sein… 🙂

    Leider ist das genaue Gegenteil richtig: Der Naturalismus bietet gerade keine sinnstiftende und gemeinschaftsfördernde Erzählung. Richtig ist vielmehr: Viele Menschen teilen offenkundig eine ähnliche Auffassung über die Beschaffenheit der Welt, inklusive der letztlichen Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz. Genau deshalb, weil sie keinen Sinn stiften kann, lehnen viele den Naturalismus ab und bleiben bei ihrer vertrauten und einzig wahren Religion.

  415. @Nehmer /Balanus
    Sie sprechen es doch selber an: Fortpflanzung,Ernährung und Tod sind im Wesentlichen die bedeutenden kukturellen-religiösen- und naturalistischen Gemeinsamkeiten,die nüchtern oder rituell oder moralisch gesehen werden.
    Ehe und Kultur wirkt evolutionär und ob ich Schwein,Rind oder Fisch esse ebenso. Totenkulte sind so Plural wie das ewige Leben.
    Aus meiner Sicht sind es diese drei Kriterien,um die sich Religion und Naturalismus sowohl um Sinn und Erklärung bemühen.

  416. @hwied: Warum?

    Schöner Kommentar für einen Sonntag… 😉

    Diese Unterscheidung von Fragen hatte hier schon einmal jemand in der Diskussion gemacht. Aber wenn ich Frage, warum mir der Stein auf den Fuß gefallen ist, dann kann ein Physiker darauf eine Antwort geben und sogar die Geschwindigkeit und Kraft berechnen. (In der Antike meinte man: Weil der Boden der dem Stein zugeteilte Platz ist. War das die teleologische Ursache nach Aristoteles?) Wenn ich frage, warum es so weh tut, dann kann der Neurologe zumindest einen Teil der Antwort geben.

    Sind das nicht alles sinnvolle Fragen?

    Aber ja, wenn wir auf Fragen kommen wie, warum sind wir Menschen auf der Erde, oder warum gibt es etwas und nicht nichts, dann betreten wir ein weites Feld, für das sich viele Religionen zuständig fühlen.

    Ich würde denen aber gerne die Ethik und die philosophische Anthropologie an die Seite stellen. Und die Literatur und die Mystik. Und wahrscheinlich noch mehr.

    P.S. Zu den bösen Menschen: Wie viel Schlimmes muss jemand am eigenen Leib erfahren haben, um das zu glauben?

  417. @Nehmer / Grams
    Wenn ich gelegentlich Menschen befrage, wofür es sich lohnt zu leben,dann ist die regelmäßige Antwort: Kinder.

  418. @Grams: Atheismus

    Das ist die Sicht der Naturwissenschaft und aller Ehren wert.

    Kanitschneider sagt, wer eine Existenzaussage macht, der trägt die Beweislast dafür. Dem stimme ich zu.

    Kanitschneider vertritt aber auch ein strikes Entweder-Oder: Entweder eine Aussage ist wahr oder falsch. Für mich ist die Welt nicht so schwarzweiß. Daher gehe ich auch nicht gleich vom Gegenteil aus, nur weil ich die Wahrheit einer Aussage nicht belegen kann. Meine Logik ist, könnte man sagen, mindestens dreiwertig.

    Ich würde aber auch sagen: Wer von einer Seele spricht… oder von einem Gott, der muss das mit Inhalt füllen, ja, damit man weiß, was damit gemeint ist.

  419. @Balanus: Vernuft

    Sollte man nicht sorgfältig formulieren, unabhängig davon, wem man schreibt? Jedenfalls hier bei MENSCHEN-BILDER!

    Vielleicht ist die Frage nach der Existenz eines Gottes für dich nicht vernünftig. Vieles am Balanismus ist für mich nicht vernünftig.

    Ich finde aber, dass man die Frage nach der Existenz von etwas Göttlichem sinnvoll stellen kann – und das wurde in unserer Kulturgeschichte ja auch immer wieder so gemacht.

    “Zufall” ist für mich hingegen keine sinnvolle Antwort. “Warum gibt es etwas und nicht nichts?” “Zufall.” Aha.

  420. @Grams: Naturalismus und Sinnstiftung

    Damit greifen Sie gewissermaßen auf den transzendenten Trieb vor, den ich im letzten Teil behandeln möchte. Schauen wir mal…

  421. @Balanus: balanesischer Naturalismus

    Leider ist das genaue Gegenteil richtig: Der Naturalismus bietet gerade keine sinnstiftende und gemeinschaftsfördernde Erzählung.

    Klingt irgendwie schon etwas asozial, oder?

  422. @Schleim/Neher/Grams
    Und was mit ‘transdestezetem Trieb’ verbunden ist,ist: ERKLÄRUNGSNOT’….

  423. Stephan Schleim
    Mit Warum ist nicht die Suche nach der Ursache gemeint, das wäre zu intelektuell gedacht, Warum verlangt nach einer sinnhaften Antwort.
    Wenn Ihnen also der Amboss auf den Fuß gefallen ist, dann fragen sie nicht mehr, warum ist er heruntergefallen, sie fragen gar nicht mehr, weil sie wissen dass jetzt der Fuß amputiert werden muss. (man verzeihe mir das brutale Beispiel)
    Warum Ich, das ist der Gedanke, der Sie durchschießt.
    Bei Warum geht es um die Existenz. Nur ein Nihilist, der fragt gar nicht mehr.

    Was jetzt Ethik , Philosophie, Literatur und Mystik angeht, die stehen nicht im Widerspruch zur Religion, außer man ist gerade ein Verehrer von Nietzsche oder sieht in Wagner ein Vorbild.
    Anmerkung: Ich kann nicht verstehen, wie Israelis keine Bedenken haben, Wagner aufzuführen.

  424. Sich klar machen,Auf-klär-ung, nicht abgeschlossen ist…
    bleiben wir beim Wortstamm und im Prozess…

  425. @Erwin Neher 28.02. 13:49

    „Eignet sich der Naturalismus als Religion? Ich sage nein (ja klar, Einzelmeinung)… „Warum eignet sich also der Naturalismus nicht? Schlicht viel zu schwierig, wenn Naturwissenschaften das bindende Element sein sollen.“

    Gestern kam im Fernsehen ein Beitrag über Fotografen, die in der Antarktis über und unter Wasser unterwegs waren. Finde ich total spannend sowas, und das überfordert auch nicht. Naturalismus kann sich ja auch einfach auf das persönliche Miterleben auf diesem Planeten beziehen. Hier sind natürlich naturwissenschaftliche Erkenntnisse interessant, aber man muss keine Experte dafür sein. Miterleben, darauf innerlich reagieren, ist ja schon eine persönliche und auch eine ausfüllende Tätigkeit.

    „Naturalismus ist die Denkart ohne höheres Irgendwas . Sinn stiftet das nicht.“

    Wenn wir dem Naturalismus nur ein wenig Panpsychismus hinzufügen, so werden die Miterlebens-Effekte gleich noch viel mehr. Und können dann zu spirituellen Erfahrungen werden.

    „Auch NaWis sehen ihren “Sinn” in Familie, Freunden, ihrer Lieblingsmusik oder Literatur oder ihren heimlichen Geliebten. Je nach gusto.“

    Das sind doch wieder Sinnbereiche, die sind so grundlegend, dass hier der Sinn schon biologisch eingebaut ist. Das können wir nur akzeptieren, diese Sinnbereiche werden doch von praktisch allen Religionen einbezogen. Auch vom Naturalismus, als eben biologisch bedingte Programmierung, gegen die man sich kaum wehren kann.

  426. @Erwin Neher 28.02.2021, 13:49 Uhr

    Sie sagen über den Naturalismus

    Schlicht viel zu schwierig, wenn Naturwissenschaften das bindende Element sein sollen.

    Das ist doch genau mein Punkt: Die geistigen Kosten müssen groß sein und nicht etwa der Erkenntnisnutzen. Das stellt die Hingebung unter Beweis. Um ein Beispiel von der Gegenseite zu nennen: Hat denn schon jemand die heilige Dreifaltigkeit in seinen Kopf gekriegt?

  427. @Balanus
    Der Naturalismus bietet gerade keine sinnstiftende und gemeinschaftsfördernde Erzählung.

    Das möchte ich etwas differenzieren. Der Naturalismus weiß um die Verletzlichkeit der Natur, zu der selbstverständlich auch der Mensch selber gehört. Gerade in unserer Zeit wird das immer deutlicher, mit Klimawandel, und Umweltzerstörung, auch mit Viruspandemien. Insofern ist es sinnstiftend, diese Natur zu erhalten. Dazu gehört der Umgang und die Solidarität mit den Mitmenschen, gerade auch in dieser Pandemie.

    Es ist eindeutig eine naturalistische Einstellung, die die Impfstoffforschung antreibt. Bekanntlich gibt es Leute, die aus religiösen Gründen eine Impfung ablehnen, für sich wie auch für die Kinder, weil sie auf Gott mehr vertrauen. Es kommt für die Sinnstiftung natürlich auch darauf an, wie man den Naturalismus interpretiert, was man dazu zählen will und was nicht.

  428. @Balanus / 28.02.2021, 11:07 Uhr

    Halten wir mal fest: Du versuchst Dich hier an einer Texthermeneutik bei Popper anhand von Texten, die Du aber gar nicht anschauen willst, weil Du ja kein Popperianer bist und seine Texte zu lesen eine Vergötterung seiner Person bedeuten würde, was Dir fernliegt? Okay, alles klar, wir haben verstanden.

    Es wurmt Dich, nach kulturwissenschaftl. Kriterien mit Deinem metaphysischen Naturalismus als Anhänger eine säkularen Religion taxiert zu werden. Einer Religion, deren Anhänger sich gemäss ihrer Selbstwahrnehmung für nicht religiös halten und auch von allen anderen so gesehen werden wollen. Und Popper tut Dir nun mal nicht den Gefallen, Eure Glaubensbruderschaft so zu sehen, wie sie gerne gesehen werden will.

    Es wird fruchtlos bleiben, mit Dir über Naturalismus zu diskutieren, so lange Dir nicht die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung gläubiger Naturalisten klar ist, und woraus diese Diskrepanz möglicherweise resultiert.

  429. @Timm Grams

    Bereits bei der Frage, ob unsere Gedanken über die Welt zu dieser Welt gehören oder nicht, gerät der Naturalist ins Schleudern

    Ihre Behauptung wurde bereits widerlegt. Keine Ahnung, warum Sie die hier wiederholen, gerade wo Sie doch nach eigener Aussage Wiederholungen vermeiden wollen. Sie werden es wissen.

  430. @Joker 28.02.2021, 16:36 Uhr

    Das hatten wir bereits mehrfach: Für Sie ist mein Standpunkt widerlegt, für mich nicht. Solange für mich die Widerlegung meines Standpunkts erkennbar nicht stattgefunden hat, wiederhole ich ihn bei passenden Gelegenheiten.

  431. @Timm Grams,

    Der Unterscheid jedoch ist, dass sie es als NaWi verstehen müssen. Sonst sind sie irgendwann keiner mehr.

    Im Christentum ist es egal ob sie die Dreifaltigkeit “in den Kopf” bekommen. Da können sie auch denken: Vater und Sohn ist ja schon mal trivial und der, die, das dritte ist halt irgendwas.
    Das gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil. Ihr Glaube wird davon nicht schwächer und es prüft sie auch niemand.
    Solche Konzepte gibt es ja nicht umsonst in jeder Religion.

  432. Erwin Neher,
    ist Naturalismus eine Religion ?

    Er ist eine Vorstufe von Religion. Er hat als Grundlage die Naturwissenschaft, er hat das Phänomen „Natur“ zum Gegenstand und damit auch ein Einfallstor für Ethik.

    Und wenn der Naturalist sich nicht als Bekämpfer der Religion versteht, dann ist der Naturalist ein vernünftiger Mensch.

    Was jetzt ihre Vorstellung zu Religion betrifft,
    Jeder Schüler , der Religionsunterricht hat, und das ist die Mehrheit, der hat ein technisch/physikalisches Weltbild und gleichzeitig eine Moralvorstellung, die christlich geprägt ist.
    Das ist fact.

    Und dass es jetzt einem Religionslehrer egal wäre, ob seine Schüler die Dreieinigkeitslehre verstehen oder nicht,, der Religionslehrer ist kein Fatalist, der bemüht sich.
    Für Sie zum Verständnis. Stellen Sie sich Gott als Tetraeder vor. Sie sehen 3 Seiten.
    Die eine Seite nennen wir Gott-Vater aus Tradition (wer gern gendert, darf auch Mutter-Erde sagen)
    der gilt als Schöpfergott. Die zweite Seite, die kennen wir aus dem Neuen Testament, das ist Jesus, der persönliche Gott, zu dem wir beten, genannt Gottes – Sohn, aus Tradition, und die dritte Seite, die sich uns nicht zeigt, weil sie unsichtbar ist, die nennt der Geistliche den heiligen Geist.
    Diese Seite Gottes ist der Logos, der die Welt zusammenhält.
    Der Lehrer kann dann gleich den Tetraeder im Matheunterricht behandeln, das ist synergetisch vernünftig.

  433. @ hwied

    ich denke sie haben uns verwechselt. Es war Timm Grams der die Dreieinigkeit schwierig fand.

  434. @Erwin Neher / 28.02.2021, 13:49 Uhr

    »Eignet sich der Naturalismus als Religion?«

    Sie begründen Ihre Antwort »nein« dann aber so, als hätten Sie gefragt “Eignet sich die Naturwissenschaft als Religion?

    Ihre Antwort scheint mir nicht so ganz zu Ihrer Frage zu passen denn meines Erachtens verwechseln Sie da zwischendurch Naturalismus und Naturwissenschaft. Letztere taugt gewiss nicht als Ersatzreligion, das halte ich für ausgesprochen unstrittig.

  435. @Chrys

    wenn ich mich selbst zitieren darf:

    Warum eignet sich also der Naturalismus nicht? Schlicht viel zu schwierig, wenn Naturwissenschaften das bindende Element sein sollen.

    Heisst, wenn es ein Naturalismus ist, der sich an Naturwissenschaften bindet. Dann klappt das nicht.

    Das heisst nicht Naturalismus und Naturwissenschaften seien das gleiche.

  436. Erwin Neher,
    durch diese Verwechlsung sind wir uns neher gekommen.

    Chrys,
    eignet sich Naturwissenschaft als Religion(sersatz)
    Tut sie (überrascht?) !
    Auch wenn die Naturwissenschaftler noch so wettern , die tun das aus einem mittlelalterlichem Religionsverständnis heraus, aus Abscheu vor den mittelalterlichen Praktiken, aber nicht aus klarem Verstande.
    Die moderne Theologie bejaht die Naturwissenschaft.
    Wenn der Naturwissenschaftler der Gegenwart sich als Widerpart der Religion zu begreifen, so wird die Zukunft lehren, dass es nur eine Welt gibt, die der Vernunft oder gar keine.

  437. @Erwin Neher 28.02.2021, 17:00 Uhr
    Sie schreiben:

    Im Christentum ist es egal ob sie die Dreifaltigkeit “in den Kopf” bekommen […] Das gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil. Ihr Glaube wird davon nicht schwächer und es prüft sie auch niemand.

    Das gemeinsame Glaubensbekenntnis in jedem Gottesdienst ist schon eine harte Prüfung im hier angesprochenen Sinn.

  438. @Erwin Neher 28.02.2021, 17:00 Uhr

    Das gemeinsame Glaubensbekenntnis in jedem Gottesdienst ist schon eine harte Prüfung im hier angesprochenen Sinn.

  439. Stephan Schleim
    26.02.2021, 09:34 Uhr
    Zwischenfazit

    3a. Die Diskussion darüber, was genau die “Naturgesetze” ausschließen, hält an. (Ich verwende den Begriff in Anführungszeichen, da ich Gesetze für menschliche Konstrukte halte, die, in diesem Fall, Naturvorgänge und Naturkräfte formalisieren sollen.)

    Da stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu, die Verwendung des Begriffs “Gesetz” in der Form von “Naturgesetz” verwechselt Vorgang und Beschreibung und erzeugt eine Vorstellung von “Beherrschung”, die es nicht gibt. Noch viel prägnanter war in der Vergangenheit die Aussage in der Form “der Vorgang XY gehorcht dem Gesetz AB”. Ebenso erzeugen Passiv-Formulierungen wie “XY wird durch RS verursacht” gerne eine unzureichende Ursache-Wirkung-Vorstellung.
    In den Naturwissenschaften sollten wir uns daher streng vornehmen, nur in kurzen Aktiv-Sätzen zu formulieren und vor allem immer klar stellen, dass eine ( mathematische ) Formel nur eine ( näherungsweise ) Beschreibung eines “realen” Vorgangs ist, eher nur eine Beschreibung der Ergebnisse aus der Messung eines realen Vorgangs.

  440. @Erwin Neher / 28.02.2021, 17:36 Uhr

    Sie sehen doch, es ist überhaupt nicht schwierig, naturwissenschaftl. Lehnwörter wie `energy’ und `matter’ zu nehmen, als Metaphysik zu deklarieren und damit auf Missionsreise zu gehen. Für jemanden wie Herrn Mahner ist es sicherlich irgendwie sinnstiftend, unverdrosen Traktate gegen jene zu verfassen, die seinen Glauben nicht teilen unnd erlöst werden müssen.

    @hwied / 28.02.2021, 17:53 Uhr

    Ausgerechnet Sie halten Naturwissenschaft für einen Religionersatz???

    Wollten Sie das wirklich so rüberbringen? Das kann doch wohl nicht wahr sein…

  441. @Chrys /7 28.02.2021, 16:27 Uhr

    »Fremdwahrnehmung«

    Ich hatte bereits Verständnis für diese „Fremdwahrnehmung“ bekundet. Popper hat ja etliche Punkte benannt, die zu der Wahrnehmung, der (ontologische) Naturalismus sei eine säkulare Religion, offenbar beitragen. Ich muss sie einfach nochmal aufzählen, rein zur Verdeutlichung. Da wären also (in meinen Worten):

    – Wofür früher „Gott“ zuständig war, das liegt für heutige Naturalisten in der Hand der „Natur“.

    – Statt die Theologie zu Rate zu ziehen, orientieren sich Naturalisten an den Naturwissenschaften.

    – Die Gesetze Gottes wurden durch die Gesetzmäßigkeiten der Natur ersetzt, ebenso erging es Gottes Wille und Macht, für Naturalisten existieren nur noch die Kräfte der Natur.

    – Das göttliche (intelligente) Design der Lebensformen wurde durch die Natürliche Selektion ersetzt.

    – Und sogar der theologische Determinismus [keine Ahnung, was das ist] ist angeblich durch einen naturalistischen Determinismus [Kausalität?] ersetzt worden, was im Endeffekt wohl bedeuten soll, dass die Allmacht Gottes durch die Allmacht der Natur und der Allmacht der (Natur)Wissenschaften ersetzt worden ist.

    Wenn man sich diese Liste anschaut und sich vor Augen hält, welche Bedeutung „Gott“ für das Weltverständnis der meisten Menschen in der Vergangenheit gespielt hat und auch immer noch spielt, dann liegt es geradezu auf Hand, den ontologischen Naturalismus, der ja völlig ohne Gottesbezug auskommt, für eine säkulare Religion zu halten. Eine Weltsicht ganz ohne religiösen Impetus, so etwas ist in unserer christlich geprägten Kultur anscheinend denkunmöglich.

    Ob diese Zuschreibung allerdings harten kulturwissenschaftlichen Kriterien genügt, da habe ich meine Zweifel, denn der bloße Verzicht auf Gott als letzte Erklärung der weltlichen Dinge ist für eine säkulare Religion vielleicht doch ein bisschen zu wenig. Wichtiger wäre mir ohnehin, was die Religionswissenschaft hierzu sagt. Andererseits—die haben ja noch nicht mal einen eindeutigen Religionsbegriff.

    Kurzum, ich fürchte, bei genauerem Hinsehen wird sich die Einstufung des Naturalismus als eine säkulare Religion nicht halten lassen.

    (Und nun ab in die Heia… ;- )

  442. Balanus,
    “– Statt die Theologie zu Rate zu ziehen, orientieren sich Naturalisten an den Naturwissenschaften.”
    Wo zieht jemand die Theologie zu Rate ? Nennen Sie ein praktisches Beispiel !
    Die 10 Gebote sind die Grundlage unseres Rechtsverständnisses.
    Der Richter ist an das positive Recht gebunden.

    “– Die Gesetze Gottes wurden durch die Gesetzmäßigkeiten der Natur ersetzt,”
    Das ist noch schlimmer. Die Gesetzmäßigkeiten in der Physik , Chemie, Biologie, die sind aus der Naturphilosophie erwachsen , noch vor dem Neuen Testament.

    “– Das göttliche (intelligente) Design der Lebensformen wurde durch die Natürliche Selektion ersetzt.”

    In der Bibel steht nichts über ein göttliches Design. Wenn es heißt “und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde” , dann ist das eine bildhafte Umschreibung das 1. die Rangordnung klar stellt, zuerst kommt Gott und dann der Mensch. Bei den gedankenlosen Naturwissenschaftlern scheint das umgekehrt zu sein.

    Sie haben eine ganz wüste Vorstellung über Religion. Religion ist ganz einfach und hat nur Zwei Maxime, du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst und du sollt deinen Gott lieben (für Wissenschaftler: Natur) lieben.

  443. Mein Fazit:
    1. Wie wir hier gesehen haben, führen philosophische Diskussionen zum Thema Bewusstsein zu nichts. ‚Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert …‘
    2. Den Menschen einschließlich seines Bewusstseins zu untersuchen, heißt, den Standpunkt des äußeren Betrachters einzunehmen, den anthropozentrischen Standpunkt zu verlassen.
    3. Um den Menschen in Gänze zu begreifen braucht es eine synthetische Humanwissenschaft. Diese erhält ihre analytischen Daten aus den Einzelwissenschaften und untersucht die komplexen Zusammenhänge (Emergenzen), welche sich in der Evolution der Arten wie des Menschen ständig herausbilden, mit einer eigenen Dynamik und Gesetzmäßigkeiten, die nicht auf die Elemente reduzierbar sind.
    4. Notwendig ist die Modellbildung, die diese Emergenzen beschreibt. Dafür müssen die jeweiligen allgemeinen Prinzipien solcher Emergenzen gefunden werden. Beispiel: was haben Einzeller und ZNS gemeinsam.
    5. Für eine solche Modellbildung eignet sich die Systemtheorie, da sie als ‚neutraler‘ Ansatz die unterschiedlichen Perspektiven integrieren kann und bereits vom Anspruch her die Komplexität im Blick hat.
    6. Die erkenntnistheoretischen Implikationen dieser Herangehensweise sind: Alles, was Evolution einschließlich Mensch produziert sind Ergebnisse derselben (Kultur einschließlich Ideologie, Religion). Diese können nicht reduktionistisch [bitte den Unterschied von Methode und Methodologie beachten], sondern nur synthetisch adäquat beschrieben werden.

  444. @hwied

    Die 10 Gebote sind die Grundlage unseres Rechtsverständnisses.

    Ähh .. nein – unsere Rechtsverständnis geht vor allem von Wiedergutmachung / Schadensersatz aus, das sehen die 10 Gebote nicht einmal im Ansatz vor.
    Der Rest in den 10 Geboten sind eher Allgemeinplätze oder religionsspezifisch … was mit unserem Rechtsverständnis auch wieder auch nichts zu tun hat.
    Rein rechtshistorisch hat unser Recht eher Ähnlichkeit mit dem alten römischen Recht und weniger mit jener “Rechtsprechung” in der Bibel.

  445. Im Altertum gab es weder einen Rechtsstaat noch einen Sozialstaat und es gab kene Institutionen für Gesundheit und Bildung. Diese Funktionen hatte die Religion und der Klerus. Inzwischen wurden diese Funktionen von Staat und Gesellschaft übernommen. Die Funktion der Religion ist reduziert auf psychologische Unterstützung, der Klerus ist mit sich selbst beschäftigt.

  446. @hwied // 01.03.2021, 08:46 Uhr

    » …ganz wüste Vorstellung über Religion.«

    Das sehen andere offenbar anders. Ich habe lediglich Poppers Vorstellungen aus „Conjectures and Refutations“ in eigenen Worten wiedergeben.

    Die Vorlage dazu hat @Chrys hier geliefert.

  447. @anton reutlinger

    Im Altertum gab es weder einen Rechtsstaat noch einen Sozialstaat und es gab kene Institutionen für Gesundheit und Bildung.

    Das ist so nicht richtig. Auch im Altertum gab es (je nach Region/Kultur) Gesetze, Richter, soziale Einrichtungen mit “Ärzten” und Schulen etc..
    Richtig ist, dass solche Einrichtungen in der Regel von der Tempeladministration geführt wurde.

  448. solche = soziale Einrichtungen
    die Richter waren Teil der weltlichen Administration

  449. einer
    das germanische Recht kannte noch keine Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. In dieser Hinsicht ist das deutsche Recht dem römischen Recht ähnlich.
    Die 10 Gebote
    Die meisten der Zehn Gebote sind auch nach Jahrtausenden noch aktuell. Vielleicht nicht mehr jeder Wortlaut. Aber im Kern steckt immer noch sehr vieles, was das friedliche Zusammenleben der Menschen regelt.
    10. du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib
    9. du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus
    8. du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen
    7. du sollst nicht stehlen
    6. du sollst nicht ehebrechen
    5. du sollst nicht töten
    4. du sollst Vater und Mutter ehren
    3. du sollst den Feiertag einhalten
    2. du sollst den Namen Gottes nicht mißbrauchen
    1. du sollst keine fremden Götter neben mir haben

    Bis auf die ersten 2 Gebote sind alle Gebote nicht religiös.
    Die Wiedergutmachung ist nicht explizit aufgeführt, wurde aber im Altertum praktiziert. Der Täter konnte den Schaden , den er angerichtet hatte durch Geld begleichen.

  450. Balanus
    Was Popper da schreibt, klingt einleuchtend.
    Im Prinzip ist das auch meine Meinung , nur eben in die andere Richtung, dass die Sprache der Natur, die Evolution, die Form ist , die Gott gewählt hat, die Erde und das Universum zu formen. So gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen ontologischem Naturalismus und Religion.
    Der Unterschied, der hier im blog herausgearbeitet werden sollte, der meint die naturwissenschaftliche Terminologie und Religion. Da gibt es wahrscheinlich keinen Konsens, weil der Begriff “Wort” in der Theologie eine viel tiefgreifendere Bedeutung hat als in der Naturwissenschaft, wo man anstelle Wort den “Begriff” setzt.

  451. @hwied

    Bis auf die ersten 2 Gebote sind alle Gebote nicht religiös.

    Das 3. Gebot fordert die Einhaltung des Sabbat .. ergo auch religiös. (wird von Christen in der Regel ignoriert)

    Das 5. Gebot meint “Du sollst nicht Morden”, nicht “du sollst nicht töten”‘

    Ergo Allgemeinplätze, benötigen also die 10 Gebote als “Quelle” nicht, bzw. überholt z.B. die Frau als Besitz des Mannes.

  452. einer,
    de facto ist in vielen Kulturen die Frau noch Besitz des Mannes.
    Was den Sonntag angeht, wollen Sie den abschaffen? Im Neuen Testament steht nichts über eine Pflicht am Sonntag in die Kirche zu gehen.
    In der evangelischen Theologie braucht es auch keine Priester. Jeder Mensch hat das Recht direkt zu Gott zu beten. Dazu braucht es auch keine Kirchengebäude.
    Man darf die Gewohnheiten der Kirche nicht mit dem Glauben an die Bibel verwechseln.

    Die schlimmste Plage der Menschheit war/ist die Blutrache. Die wurde im Dekalog verboten. Wenn Sie das als Gemeinplatz hinstellen, dann werte ich das als Polemik.

  453. @hwied

    de facto ist in vielen Kulturen die Frau noch Besitz des Mannes.

    Ich hoffe doch nicht … darf ich meine Frau verkaufen?

    Was den Sonntag angeht, wollen Sie den abschaffen?

    Was hat der Sonntag mit dem Sabbat zu tun? Sonntag ist kein Sabbat.
    Gott fordert, so die 10 Gebote von ihm sind, den Sabbat und keinen anderen Tag.

    In der evangelischen Theologie …

    Echt es gibt so etwas wie “die evangelische Theologie”? Ich dachte da wäre mehr oder weniger Alles erlaubt.

    Man darf die Gewohnheiten der Kirche nicht mit dem Glauben an die Bibel verwechseln.

    Ich habe die 10 Gebote nicht Grundlage unseres Rechtsvertändnis genannt.

    Die schlimmste Plage der Menschheit war/ist die Blutrache.

    Die war damals allerdings bei Hochkulturen schon lange nicht mehr “Hip”.

    Die wurde im Dekalog verboten.

    Das stimmt nicht, dass steht da eben nicht!
    “Du sollst nicht morden” schließt kein Töten durch die Regierung, Soldaten etc. aus.

  454. Einer,
    bevor wir hier einen Krieg der Worte und Begriffe beginnen, das hat mich stutzig gemacht:“Er (der Dekalog) gehört deshalb nicht zum Recht, sondern zum Ethos und zur Gesittung.

    Formal stimmt das schon. Unser Grundgesetz gehört dann auch nicht zum Recht, weil Sie mit einem Grundrechte keine Klage führen können.

    Ich schrieb auch deshalb von der Grundlage des Rechtsverständnisses. Ein Rechtsverständnis kann pragmatisch begründet , aber auch ethisch sein. Oft sind beide deckungsgleich.
    Beim Diebstahlverbot ist das unmittelbar einsichtig, beim Verbot des Ehebruches schon nicht mehr, weil man jetzt vom Zerrüttungsprinzip ausgeht, der Sonntag ist kulturell geschützt, (kommen Sie mir nicht mit dem Sabbat, wir sind nicht in Israel), das Morden ,Töten ist in allen Kulturen geächtet, außer sie machen gerade Klassenkampf,
    Wenn Sie ihre Frau verkaufen wollen, das ist das de jure nicht gestattet, wäre aber immer noch besser als ein Mord. Die Vielweiberei im Gegenzug lässt sich auch ethisch begründen, die ungeschützten alleingebliebenen Frauen wären sozial abgesichert. War in Afrika Praxis, bis die Europäer kamen.
    Jetzt muss ich mich um das Mittagessen kümmern.

  455. @hwied Natürlich komme ich mit dem Sabbat. Den DER steht in den 10 Geboten. Der Sonntag aber nicht!

    Wenn man aus den 10 Geboten nur ausließt , was gerade passt, dann kann das natürlich die Grundlage zu allem sein.

    Mit Allgemeinplätzen meinte ich ja genau das .. entweder es ist eh offensichtlich und wurde auch vorher und auch woanders schon so gesehen .. oder es ist rein religiös motiviert.

  456. @Maier: “Naturgesetz”

    Danke für die interessante Ergänzung.

    Im Philosophieseminar wurde gerne von “naturgesetzlicher Möglichkeit” gesprochen, was den Eindruck noch verstärkt.

    Was würde denn passieren, wenn etwas für naturgesetzlich (oder gerne auch: nomologisch) Unmögliches dann doch passieren würde? Dafür gibt es ja genug Beispiele in der Geschichte der Naturwissenschaften. Käme dann ein Naturalist und würde dem Phänomen die rote Karte zeigen mit den Worten: “Du darfst aber gar nicht geschehen!”

    Nein. Man würde schlicht die Formel (= das “Naturgesetz”) anpassen; jedenfalls dann, wenn sich die Beobachtung hinreichend bestätigen lässt und nicht nur ein Messfehler o.ä. war.

    P.S. Hier in den Niederlanden passieren im Straßenverkehr übrigens regelmäßig verkehrsgesetzlich unmögliche Vorgänge, wie etwa das in einer Einbahnstraße in die verkehrte Richtung oder über Rot (jedenfalls als Fahrradfahrer) fahren.

  457. @hwied

    “Sie haben eine ganz wüste Vorstellung über Religion. Religion ist ganz einfach und hat nur Zwei Maxime, du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst und du sollt deinen Gott lieben (für Wissenschaftler: Natur) lieben.”

    Und du sollst dich selbst lieben.
    Ja viel mehr ist es nicht.

    Im bereich der Moral sollte man vielleicht noch dazufügen, dass die Idee das das Leben Heilig ist und alles was sich daraus halt so ergibt (Menschenrechte zum beispiel) auch eine christliche Idee ist die sich ja daraus ergibt das Gott Mensch geworden ist.

    Ansonsten würde ich aber Moral und Religion trennen, da die Heiligkeit des Lebens ja auch von Atheisten vertreten werden kann und wird.
    Wobei es wohl so ist das Theisten eher eine Pflichtethik vertreten und Naturalisten wohl eher dem Utilitarismus zugeneigt sind.
    Oder Moral wegen nichtvorhandener Willensfreiheit zu etwas komplett sinnlosem erklären.

  458. @Johannes // 01.03.2021, 13:56 Uhr

    » Oder Moral wegen nichtvorhandener Willensfreiheit zu etwas komplett sinnlosem erklären. «

    Die meisten Naturalisten dürften der Auffassung sein, dass es keiner „Willensfreiheit“ (im Sinne von: außerphysischer Entscheidungsinstanz) bedarf, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können (wozu sonst hat der Mensch sein Großhirn?). Die Moralfrage wird also überhaupt nicht berührt.

  459. @Johannes 01.03. 13:56

    „Wobei es wohl so ist das Theisten eher eine Pflichtethik vertreten und Naturalisten wohl eher dem Utilitarismus zugeneigt sind.“

    In der Tat war es früher der Anspruch, dass das Recht ausdrücklich so sein soll, wie es Gott gefällt. Heute ist es längst Konsens, dass es uns Menschen mit dem Recht gut gehen soll.

    Wenn es Gott darum ginge, dass es dem Menschen gut geht, wäre es aber womöglich fast dasselbe.

    Allerdings gibt es Altertümliches wie das Patriarchat und Modernes wie die Religionsfreiheit, die entsprechend die praktischen Unterschiede zwischen den 10 Geboten und den heutigen Gesetzen ausmachen.

    Mal abgesehen davon, dass moderne Gesellschaften eine riesige Menge an Gesetzen und Regelungen haben, wobei ich mich manchmal frage, ob die vielleicht nur dazu da sind, die Juristen zu beschäftigen.

    Aber eins ist klar: Was Biologie, Medizin und Psychologie dazu sagen, wie und womit es uns gut geht, so sind das immer relevante Argumente, die sich mit einer gewissen Verspätung auch in neuen Gesetzten wiederfinden können.

    „Oder Moral wegen nichtvorhandener Willensfreiheit zu etwas komplett sinnlosem erklären.“

    Angedrohte Strafen wirken sich immer auf das Verhalten aus, die theoretische Frage nach der Willensfreiheit trägt hier wenig zu bei. Philosophisch gesehen ist das Abstreiten von Willensfreiheit allerdings ein nicht unerheblicher Unfug, der auch lebenspraktisch vollkommen unbrauchbar ist.

  460. Chrys,
    …Religionsersatz in dem Sinne, dass ein wissenschaftlich denkender Mensch den ersten Schritt zur Erkenntnis getan hat.
    Zum zweiten Schritt ist es dann nicht mehr weit.

    Ich selbst war bis zum 61. Lebensjahr agnostisch eingestellt .
    Wer sich an der Natur erfreuen kann, der ist auf dem richtigen Wege.

    Die Trennung zwischen Naturwissenschaft und Religion mache ich nicht mit.
    Auch wenn einige Naturwissenschaftler die Religionen anfeinden, es bleibt die eine Welt.

  461. Johannes,
    Allgemeine Zustimmung.
    Zur Trennung von Moral und Religion.
    Diese Trennung gibt es nicht. Wer moralisch handelt, handelt im Sinne Gottes, ohne dass er sich dessen bewusst sein muss. Die Heiligkeit des Lebens, wenn die akzeptiert wird, dann ist der Mensch gerechtfertigt. Das Wort heilig muss gar nicht benützt werden, es reicht doch, dass man erkennt, dass man keinen Toten wieder lebendig machen kann.
    Ich würde hier von Ehrfurcht vor dem Leben sprechen.

    Auch Atheisten sind Menschen, und wenn sie aus Überzeugung Atheisten sind, dann sind auch sie gerechtfertigt.

    Christliche Idee und Judentum, auch hier gibt es im Grunde keinen Gegensatz. Beide Religionen fühlen sich einem Gott verpflichtet. Und wenn jetzt die Juden glauben, dass Jesus nur ein Prophet war, das ist nebensächlich bei einer richtigen Lebensweise.

  462. @Johannes

    … dass die Idee das das Leben Heilig ist und alles was sich daraus halt so ergibt (Menschenrechte zum beispiel) auch eine christliche Idee ist die sich ja daraus ergibt das Gott Mensch geworden ist.

    Nicht vergessen, dass viele Teile der Menschenrechte gegen die Kirchen durchgesetzt werden mussten. (jaja – das war ja nur die Kirche …)

    “Das Leben ist heilig” passt auch nicht so ganz zu einigen biblischen Passagen und Ideen (z.B. Abschlachten der Baalsprediger, Sintflut, Die Offenbarung uvm.)
    Spätestens wenn Andersgläubige umbringen will bzw. dazu aufruft, hat man sich meiner Meinung nach sehr weit (zu weit) von der Idee “Das Leben ist heilig” entfernt, um sie noch für sich reklamieren zu können.

    Man sollte auch nicht vergessen, dass die Gottesebenbildlichkeit sehr lange nicht dazu führte, alle Menschen als “gleichwertig” anzusehen .. erst wo der Humanismus ein wenig populärer geworden ist, soll das auf einmal so sein.

    Guckst du: https://de.richarddawkins.net/articles/christentum-und-menschenrechte

  463. @hwied Werkgerechtigkeit ist kein Teil einer der üblichen christlichen Traditionen.

    HWiedismus oder wie nenne sie das?
    Da Sie die evangelische Theologie genannt hatten – Sola fide “Nur durch den Glauben”

  464. @Balanus

    “Die meisten Naturalisten dürften der Auffassung sein, dass es keiner „Willensfreiheit“ (im Sinne von: außerphysischer Entscheidungsinstanz) bedarf, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können (wozu sonst hat der Mensch sein Großhirn?). Die Moralfrage wird also überhaupt nicht berührt.”

    Der Oberatheist sieht das aber anders , wie er in seinem Werk dessen titel er in der ihm eigenen bescheidenheit von Nietzsche übernommen hat klarstellt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Jenseits_von_Gut_und_B%C3%B6se_(Schmidt-Salomon)

  465. “Nicht vergessen, dass viele Teile der Menschenrechte gegen die Kirchen durchgesetzt werden mussten. (jaja – das war ja nur die Kirche …)

    Auch wenn da bei eher polarem Denken für dich eher schwierig ist: es kann sein, ja ehrlich! das die Idee der menschenrechte aus dem Christentum heraus entststanden ist UND gegen die Kirche durchgesetzt werden mussten. Psst, das ist kein Widerspruch ehrlich nicht.

    ““Das Leben ist heilig” passt auch nicht so ganz zu einigen biblischen Passagen und Ideen (z.B. Abschlachten der Baalsprediger, Sintflut, Die Offenbarung uvm.)
    Spätestens wenn Andersgläubige umbringen will bzw. dazu aufruft, hat man sich meiner Meinung nach sehr weit (zu weit) von der Idee “Das Leben ist heilig” entfernt, um sie noch für sich reklamieren zu können.”

    Auch wenn da bei eher polarem Denken für dich eher schwierig ist: es kann sein, ja ehrlich! das die Idee das das Leben heilig ist kann aus dem Christentum heraus entststanden ist UND es kann (man glaubt es nicht!) GLEICHZEITIG oder auch in einer zeitlichen Abfolge Strömungen im Christentum und Christentun gegeben haben (und haben) die das ganz anders sehen.
    Liegt übrigens primär daran das menschen unterschiedlich sind und die Welt ziemlich komplex.

  466. einer,
    richtig erkannt, ich bin nicht der Pressesprecher einer Konfession.
    War hat das gesagt, dass man sich seines Verstandes bedienen sollte.
    Dieses Recht haben alle Menschen.

  467. @hwied naja Sie tun so als ob ihre Privatreligion identisch mit “dem Christentum” etc. wäre. MIt Verstand hat das erstmal nix zu tun.
    Wenn man gottgefällig handeln wollte, müsste man schon wissen, über welchen man gerade redet.

  468. @Johannes

    es kann sein, ja ehrlich! das die Idee der menschenrechte aus dem Christentum heraus entststanden ist UND gegen die Kirche durchgesetzt werden mussten. es kann sein, ja ehrlich!

    Oder halt auch nicht, ein Argument war da wohl nicht enthalten.

    ps.: was die “das Christentum” in “dem Christentum” ?

  469. @hwied

    “Christliche Idee und Judentum, auch hier gibt es im Grunde keinen Gegensatz. Beide Religionen fühlen sich einem Gott verpflichtet. Und wenn jetzt die Juden glauben, dass Jesus nur ein Prophet war, das ist nebensächlich bei einer richtigen Lebensweise.”

    Ich würde ja den Islam auch noch dazu nehmen und wie ich auf dem evangelischem Kirchentag im interreligiösen Dialog lernen durfte sind die Unterschiede wirklich marginal.

    Überhaupt sehe ich eher einen Dissenz zwischen liberalen und fundamentalistischen Menschen las den zwischen Theisten und Nichtheisten. Ich komme jedenfalls mit einem liberalem und humanistisch gesinnten Moslem/Christen/Juden/Atheisten/Agnostiker als Christ natürlich besser aus als mit einem fundametalistischem Christen.

  470. @einer

    “Oder halt auch nicht, ein Argument war da wohl nicht enthalten.”

    Oder halt auch nicht. Warum sollte ich mit einem Argument auf eine reine Behauptung ohne Argumente antworten? Frage für einen Freund 🙂

  471. Johannes,
    Zustimmung, Toleranz tut not. Steht ähnlich in der Bibel, “die Liebe duldet alles “.

    einer ,
    welcher Gott………meine Güte, es gibt nur einen Gott . Die Vorstellungen der Menschen sind verschieden.
    …..identisch mit dem Christentum, auf jeden Fall, wie steht es in der Bibel, “die Liebe versteht alles, duldet alles………”

    Nachtrag: Auch der Gott der Moslems ist der gleiche Gott.

  472. Nachtrag einer,
    vom Nutzen solcher Diskussionen,
    mit ihrem Hinweis auf “sola fide” habe ich gemerkt, dass schon andere vor mir ähnlich gedacht haben.

  473. @hwied
    Wenn Sie den größten Teil Agnostiker waren,was hat den Ausschlag gegeben,die Position zu ändern?
    Und warum dann Gott und nicht Göttin?

  474. @hwied
    Vor Jahren lief mal ein Film mit dem Titel ‘Das brandneue Testament’ . Fand ich eine spannende Idee.
    Irgendwie scheinen alle ‘alten’ Konzepte wie Religionen,Ideologien,Philosophien und Theorien nicht zu taugen,das Dilemma mit der Ökologie-Natur zu beheben,das wir angerichtet haben.
    Alle führen in Krisen.

  475. @hwied
    Wenn der Papst in seiner Enzyklika ‘Laudatio Si’ den Klima- und Umweltschutz im Sinne der Schöpfung anspricht,es ca. 2 Mrd Christen gibt,der Gott der Juden,Muslime und Christen der Gleiche ist,warum hält sich ‘keine Sau’ daran?
    Warum unterscheiden wir in Natur und Kultur und halten unsere Kultur für überlegen,wenn der Papst doch erkennt,dem ‘Dominum taerrae’ des Alten Testament jetzt zu widersprechen?
    Warum ist die Beweislast bei der Natur in Form von Naturrecht,Naturphilosophie und Naturalismus?

  476. @hwied
    Die Definition von Geertz ist nicht nur auf Religionen anzuwenden,sondern auch auf Ideologien oder jedes andere Sinngebungssystem.
    Und allem kann widersprochen werden.
    Warum?Warum?

  477. @hwied
    Subjektiv habe ich für mich den Eindruck,ich lebe in einer Welt aus stofflichen Eigenschaften,denen wir Namen geben,ansonsten ist es eine Sammlung von Synonymen und Antonymen. Endlose Diskurse darüber.

  478. @hwied
    Es gibt einen Chemie-Nobelpreisträger,ich weiß nicht mehr wer,der propagierte:Methode Methode Methode!
    Warum und wofür?
    Erkenntnis über Ökologie oder Verwertung Ökonomie?
    Wobei Ökonomie aus Ökologie kommt.
    Aber was ist ‘Beherrschung’?
    Was wollen wir?

  479. @hwied
    mich nervt die Hybris des Menschen, die Zukunft in eine Imagination von Gott/Göttin/Götter zu legen!!!

  480. Mussi,
    Geertzs Kulturverständnis ist einleuchtend. Kultur als Beziehungsgeflecht, das auch die Nachbarkulturen mit einbezieht.
    So ist die Kultur der Mayas eine andere, die Kultur der Inuit, die Kultur der Germanen. Die Wikinger kannten keinen Götzendienst, weil sie nur am Rande Ackerbauer waren, mehr vom Fischfang lebten und sich später zu einer räuberischen Kultur entwickelt haben, Alles dem kälter werdenden Klima geschuldet.-Die Hebräer dagegen waren Nomaden im ständigen Kampf um ihre Selbständigkeit. Und weil sie zahlenmäßig ihren Nachbarn unterlegen waren, entwickelte sich eine besondere soziale Bindung der einzelnen Stämme, wie es im AT beschrieben wird. Eine Gesetzgebung musste her,, die den sozialen Frieden garantiert. Und Moses gab ihnen die Gesetzgebung.
    Und…….und das ist eine kulturelle Höchstleistung, sie erkannten das Prinzip, das das Universum erklärt, genauso wie das Prinzip, das Menschen friedlich zusammenleben läßt, den Eingott, den Sinngeber dieser Welt.

    Warum das alles, dazu muss man nur in der Bibel lesen. Zur Not tut es auch “Unheilig”, man muss nur zuhören.

    Persönlicher Tipp: denken Sie weniger in Begriffen , sondern lassen sich von den Wundern dieser Welt ergreifen. Und…… wenn man sich selbst verstehen will, dann braucht es einen lebenspartner. Das ist ein Sinn des Lebens.
    Der andere Sinn, den muss man selbst suchen. Der eine klettert auf den Mount Everest, der zweite kriecht in eine Höhle, der dritte wird Heiratsschwindler, der vierte fliegt in den Weltraum, der fünfte ist nur ein guter Koch und der sechste will die Welt mit seinen Erkenntnissen beglücken.

    Es gibt genug zu tun, packen Sie es an !

  481. @hwied
    Heute lass ich einen Artikel,dass Lisa Neubauer, das dt. Gesicht für fridays for furture über einen ‘Risikoplaneten’ im Dom zu Berlin gesprochen hat,den wir geschaffen haben.
    Sie hat meine volle Zustimmung!

  482. @hwied
    Merken Sie einfach selber nicht,dass Sie sich stellvertretend für Viele nur ENTSCHULDIGEN?

  483. Mussi,
    zum Abschluss,
    Herr Schleim bemüht sich redlich die Geisteswissenschaften von den Naturwissenschaften abzugrenzen. Das gelingt ihm auch. Bei der Religion gelingt ihm das nicht vollständig, weil er selbst keine religiöse Überzeugung hat.

    Zu meiner Einstellung. Ich war Lehrer für Physik, Chemie, Informatik, Mathematik.
    Ich bin Naturwissenschaftler und denke naturwissenschaftlich.
    Die Naturwissenschaft muss nicht entschuldigt werden, die ist vernünftig und ein Weg, die Zukunft zu gestalten.

    Ein persönliches Schlüsselerlebnis hat mich dazu gebracht, mich mit Religion zu beschäftigen. Und da mir der ganze theoretische Unterbau für Theologie fehlt, betrachte ich die Religion mit den Augen eines naturwissenschaftlichen Menschen Menschen in form von Popper und Dawkins.
    Mit einem großen Unterschied, Popper und Dawkins hatten keine Gotteserlebnisse. Sie sprechen also mit der Zunge von Theoretikern, denen die “Praxis” fehlt.
    Diese Leute entschuldige ich, genauso wie alle anderen hier, die sich redlich bemühen, aber auch aggressiv gegen Religion gebärden. Die öffentliche Stimmung ist im Augenblick gegen Religion.
    Deshalb halte ich dagegen, und habe dabei selbst auch viel gelernt.
    Ich habe auch zwei eigene Internetseiten, die sich mit Kirchenkunst beschäftigen. Über die Schönheit von Kirchen kann man auch einen Weg zu Gott finden.
    http://www.kleinekirchen.de

  484. @ hwied

    welcher Gott………meine Güte, es gibt nur einen Gott .

    Woher weiß der “Erleuchtete” dieses?
    Das klingt eher nach Hybris in meinen Ohren.

  485. @hwied
    Danke für die Antwort!

    Die Wissenschaft, sowohl Natur- wie Geisteswissenschaft, ist es, die uns erhebliche Freiheit ermöglicht hat und ermöglicht. Sie ist es aber auch, die uns aufzeigt, dass wir Grenzen akzeptieren müssen.
    Mir macht es eher den Eindruck, dass viele sich deshalb wieder von der Wissenschaft abwenden und sich Rechtfertgung für diese Freiheiten über die Einbildung/Hypothese Gott holen.
    Legitimation und Rechtfertigung sind es wohl, die Gewohnheit an bzgl. der “Herrschaft”, dass es “einer zu sagen haben muss/hat”, der “Rettung” verspricht.
    Das scheint man früh (Antike/Achsenzeit) erkannt zu haben.

    Ich habe nichts gegen Spass im leben, im Gegenteil, ich bin auch kein Apokalyptiker, aber wir verlieren die Balance mit der Welt, wenn wir uns nicht, aus meiner Sicht, mit Schuld, Rechtfertigung und Verantwortung, auseinandersetzen, mit einer gemeisamen Perspektive . Sowohl natur- wie geisteswissenschaftlich. Und ich bleibe ein Fan der Komplementarität als Teil des Lebens. Wenn wir ständig immer das Trennende sehen – wollen-, die Distinktion, dann bemerken wir auch nicht, wie das Trennende doch irgendwie manchmal zusammengehört.

    Wenn ich die Einbildung/Hypothese Gott/Göttin/ Götter und damit verbunden/aufbauend einen Glauben als Rechtfertigungslehre zusammenzimmere, dann kann ich eben alles und nichts begründen und bin da auch volatil. Wer das benötigt, darf sich gerne an dem overvieweffect – den Erdaufgang auf Mondperspektive- erinnert fühlen, vor Augenführen. Hat jeder Astronaut.

    Wir können von diesem Planeten nicht flüchten, so sehr ich mir auch “Erlösung herbei phantasiere”. So sehr die massgeblichen Religionen auch auf ihre Unfehlbarkeit/ihren Wahrheitsaaspruch pochen.

    Die Jungen haben das alles längst erkannt.
    Wenn Sie als Lehrer dazu beigetragen haben, dann ist es gut. Wenn wir aber wieder dazu übergehen, eine religiöse volatile Rechtfertigungslehre als absolut/dogmatisch anzunehmen, dann wird es schwer.
    Mir gefällt die Vorstellung, dass jeder seinen persönlichen Glauben/Gott hat, seine eigene Religion. Dann wird es vermutlich auch nicht mehr zu Überlegenheitsansprüchen und damit verbundene “Kämpfe” der “Massen” kommen.
    Eher zum Austausch, wie hier.

  486. einer,
    Der Erleuchtete leitet das von der Zahl “e” ab, die gibt es auch nur einmal.
    Eigentlich hätten Sie selber darauf kommen müssen, wer sich “einer ” nennt, der ist ein Solitär.

    Mussi,
    Zustimmung. Johannes hat es auch schon ausgesprochen, die Gefahr geht von den Dogmatikern aus.
    Man kann die Zukunft aber optimistisch sehen, was die zwischenmenschlichen Beziehungen angeht. Durch die sozialen Netzwerke kommen die Leute heraus aus ihren selbst gefertigten Gedankenkäfigen.

  487. Ich halte die Vorgangsweise der Medien, immer wieder der Kirche zu unterstellen, sie hätten den Missbrauch an Jugendlichen gefördert, für völlig abwegig und absurd.

    Vielmehr hatte man früher den Eindruck, die Kirche setze sich fast nur dafür ein, dass im Bezug auf Sexualität alles absolut korrekt abläuft.

    Es war und ist ähnlich wie bei der Polizei. Obwohl die Polizisten besonders für Ordnung sind, kommt es gelegentlich vor dass ein Polizist seine Frau umbringt, oder zu schnell mit dem Auto fährt.

    Es wäre völlig absurd, würde man der Polizei vorwerfen, sie fördere die Kriminalität.

    Vermutlich hat die Kirche, so wie auch ein Metzgermeister dessen Geselle einen Lehrjungen missbrauch hat, die Polizei informiert wenn die Vorwürfe tragfähig waren. Allerdings haben weder ein Metzgermeister, noch sonst irgend welche Vorgesetzte von Jugendlichen, mehr auf Korrektheit gesehen als die Kirche.

    Man kann der Kirche, verglichen mit anderen Unternehmungen, absolut nicht vorwerfen, dass sie sich für zu wenig Korrektheit, auch in der Sexualität eingesetzt hat, ganz im Gegenteil. Warum fordert man jetzt weitaus mehr an Entschädigungszahlungen als z.B. von einem Handwerkmeister, der auch selbst absolut nicht involviert war?

    Um die Zahlen für sexuellen Missbrauch hochzutreiben, haben Medien einfach die Zahlen für damals in der Gesellschaft absolut selbstverständliche und übliche „erzieherische Gewalttaten“ dazu gezählt, die normalerweise nichts mit Sexualität zu tun hatten.

    Das alles nennt man „Manipulation“.

  488. @Elektroniker

    Ich halte die Vorgangsweise der Medien, immer wieder der Kirche zu unterstellen, sie hätten den Missbrauch an Jugendlichen gefördert, für völlig abwegig und absurd.

    Die RKK und auch die EKD hat den Missbrauch durch intensive Vertuschung gefördert. Ohne die Vertuschung wäre es halt dasselbe wie in anderen Vereinen gewesen, so aber können sich die Täter nahezu sicher sein, nie strafrechtlich verfolgt zu werden. Im schlimmsten Fall droht(e) eine Versetzung ggf. zu frischen Opfern.

  489. @Balanus / 01.03.2021, 01:08 Uhr

    Wir müssen doch heute nicht mehr so tun, als lebten wir im Europa des 16. oder 17. Jhdts und müssten die autokratische Stellung der institutionalisierten Religion, also der Kirche, und die von ihr dem ungehinderten Denken auferlegten Zwänge überwinden. Die neuzeitlichen Ursprünge naturalistischer Ideen liegen in dieser Epoche und haben sicherlich auch eine Rolle gespielt auf dem Weg zur Aufklärung, aber zuvörderst ist das eine antiklerikale geistige Strömung, bei der zwar die Symbole der alten Institutionen ersetzt wurden, nicht aber die kulturell konditionierten und daher viel tiefer verwurzelten Denkweisen.

    Gerade im metaphysischen Naturalismus haben traditionelle Denkweisen überlebt, der hat die ideengeschichtliche Wende der Aufklärung meines Erachtens nicht vollzogen. Insbesondere wird da unter Berufung auf etwas Übernatürliches — denn genau das bedeutet ja Metaphysik — das man erkannt zu haben vorgibt, die These proklamiert, es gebe gar nichts Übernatürliches.

    Die moderne Naturwissenschaft braucht eine solche These nicht, denn wie schon gesagt, alles Übernaturliche ist dort durch die wissenschaftl. Methodik bereits komplett ausgeschlossen. Die Physik ist sozusagen durch ihre vorgehensweise blind für alles Metaphysische, sofern sie nur solide betrieben wird.

    Und das gilt nicht nur für die Physik. Oder hast Du als Biologe je ein naturalistisches Dogma von der “kausalen Abgeschlossenheit der Welt” irgendwo für die wissenschaftl. Praxis gebraucht? Doch garantiert nicht — die Frage ist rein rhetorisch.

  490. einer,
    erwarten Sie eine ausführliche Antwort.? Ich halte mich an den Dekalog.
    1- Ich bin der Herr dein Gott

  491. Elektroniker,
    Zustimmung zu Kirche und Kindesmissbrauch. Meiner Meinung nach waren viele Kircheoberen einfach zu blauäugig.

    einer,
    der Vorwurf, dass der Mißbrauch vorsätzlich vertuscht wurde, der bleibt im Raum stehen. Den gab es sicherlich.

  492. @ einer 02.03.2021, 11:48 Uhr

    Zitat: „Die RKK und auch die EKD hat den Missbrauch durch intensive Vertuschung gefördert. Ohne die Vertuschung wäre es halt dasselbe wie in anderen Vereinen gewesen, so aber können sich die Täter nahezu sicher sein, nie strafrechtlich verfolgt zu werden. Im schlimmsten Fall droht(e) eine Versetzung ggf. zu frischen Opfern.“

    Abgesehen davon, dass die Fälle in kirchlichen Einrichtungen statistisch seltener gewesen sein dürften, wurde auch in anderen Vereinen und Familien praktisch immer alles massiv vertuscht.

    Es waren hauptsächlich die Religionen/Ideologien die auf die Einhaltung der erforderlichen Sexualhemmnisse besonders geachtet haben.

    Versetzungen gab es in eher unbewiesenen Fällen. Im schlimmeren (beweisbaren) Fällen war man angeblich nicht gerade zimperlich mit den Tätern. Abgesehen davon, gab es viele Missverständnisse und Verleumdungen….

    Absurd finde ich, dass man ausgerechnet den Kirchen, die eher für sexuelle Unterdrückung stehen vorwirft, sie würden absichtlich Missbrauch fördern.
    Das ist genau so verrückt, als würde man der Polizei vorwerfen, sie würden absichtlich Mord und Totschlag fördern.

  493. @Chrys // 02.03.2021, 12:00 Uhr

    (Ich hatte gar nicht mehr mit einer Antwort hier im Thread gerechnet… gut, dass ich nochmal nachgeschaut habe :- )

    » Wir müssen doch heute nicht mehr so tun, als lebten wir im Europa des 16. oder 17. Jhdts…«

    Also da rennst Du bei mir offene Türen ein. Der Naturalismus, insbesondere der metaphysische, ist ja nichts, was in meinem alltäglichen (oder einst beruflichen) Leben irgendeine eine Rolle spielen könnte (bzw. gespielt hätte), nur hier auf Stephans Blog setze ich mich mit diesen Ideen ein wenig auseinander.

    » Insbesondere wird da unter Berufung auf etwas Übernatürliches — denn genau das bedeutet ja Metaphysik — das man erkannt zu haben vorgibt, die These proklamiert, es gebe gar nichts Übernatürliches.«

    Es war aber auch vom ontologischen Naturalismus e die Rede. Und Ontologie soll ja die „Lehre vom Seienden“ sein, (schreibt Wiki). Das würde doch bedeuten, dass sich der ontologische Naturalismus zur Untermauerung seiner Weltsicht lediglich auf das Seiende beruft. Und als das Seiende gilt ihm eben die Natur. Wobei der Naturbegriff erfreulicherweise einen hinreichend großen Bedeutungsraum eröffnet.

    Aber wie gesagt, ich philosophiere da bloß so vor mich hin.

    Schlussendlich finde ich nach all den bisher gelesenen Einlassungen immer noch das von Keil und Schnädelbach gelieferte Fazit mit am treffendsten (Suhrkamp 2000, am Ende der Einleitung):

    Es ergibt sich eine merkwürdige Konstellation: Erklärte Naturalisten werfen ihren Kritikern vor, Naturalismus so eng zu definieren, daß dieser zum Strohmann wird. Umgekehrt werfen die Kritiker den Naturalisten vor, den Begriff so weit zu definieren, daß ein jeder als Naturalist gilt, dem es an obskurantistischen Neigungen gebricht. Gleichwohl besteht hier kein begriffspolitisches Patt. […] Wir haben dafür argumentiert, daß vieles, was als Naturalismus firmiert, diesen Namen nicht verdient, während das, was ihn verdient, nicht verdient, vertreten zu werden.

    Nicht verdient, vertreten zu werden, weil es einfach zu banal, zu selbstverständlich ist—so lese ich das.

    Damit könnten wir an dieser Stelle und für diesmal eigentlich Ciao sagen, ok …?

  494. Stephan Schleim
    01.03.2021, 13:15 Uhr

    … und damit wären wir wieder am Anfang. Es spricht doch nichts dagegen, Erscheinungen, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen ( Quarks zB ), auf der Basis von Messergebnissen und mathematischen Formeln als quasi gegenständliche Verkörperungen anzunehmen, ebenso, wie man andere Umstände mittels Glauben als Auswirkung göttlichen Wirkens annehmen kann. Ab dem Moment, wo der der Anspruch nicht mehr nur individuell gilt, sondern wo Allgemeingültigkeit beansprucht wird, wird es “kompliziert”.
    In der menschlichen Evolution ( ich spreche gern von der Herkunft vom Affenfelsen, mit Hierarchien wie Oberaffe, Affe und Unteraffe, aber auch das ist nur meine wortmäßige Zuschreibung ) haben wir kultiviert, dass wir von “Päpsten” sprechen, eine Bezeichnung aus der Religion dessen, der ( angeblich ) voll göttlicher Weisheit, genau weiß, “was Sache ist”, und das übertragen nicht nur in der Religion, sondern auch immer wieder in der Wissenschaft, ob es in der Philosophie auch so ist, weiß ich nicht. So lange das “Und wenn ich sage, dass es so ist, ist es so!” nur die Sache und eine andere Einstellung betrifft, ist das nur lästig. Wenn es aber dann auf den zweifelnden Menschen zielt, kostet(e) es in der Wissenschaft meistens nur den Job, in der Religion hin und wieder aber auch das Leben.
    NB
    Das zu “erklären”, werden wir wohl noch lange nicht in der Lage sein, das zu beschreiben ist Metier von Verhaltensforschern, Anthropologen und Psychologen. Immerhin scheint es für das Überleben der Art nicht besonders schädlich zu sein – jedenfalls vor der Erfindung von Chemie-, Bio- und Nuklearwaffen.

  495. @Balanus / 02.03.2021, 21:10 Uhr

    Ich bitte um Nachsicht. Erstens, weil meine Antwort nicht postwendend kam — wobei dieser Eindruck wohl auch dem Umstand zu verdanken sein mag, dass hier zwischenzeitlich noch ein paar Dutzend weiter Kommentare abgesetzt worden sind.

    Und zweitens, weil ich mit dem Fazit noch nicht ganz glücklich und einverstanden bin. Es ist nicht so, dass ich hier eigene Definitionen von metaphysischem Naturalismus verwende, sodass er zum Strohmann wird. Bei der Terminologie bin ich bemüht, mich an das zu halten, was ich speziell bei Bunge und seiner Anhängerschaft finde. Und Bunge setzt hier `Ontologie = Metaphysik‘*. Etwas ontologisch Seiendes, was bei Kant als transzendentales “Ding an sich” aufscheint, kann schliesslich aber nicht mehr sein als jemandes gedanklich verfasste Vorstellung von etwas ontologisch Seiendem.

    Und achte mal genau darauf, wie das bei Martin Mahner (22.01.2021, 18:22 Uhr) herauskommt, der sich da selbst zitiert: „Wir nehmen also (in aller Regel ganz stillschweigend) die Existenz einer Welt außerhalb unseres Denkens an.” Mal abgesehen davon, dass ich von mir nicht sagen kann, so etwas anzunehmen, konzediert er nolens volens damit, dass nur von einer Annahme über etwas ontologisch Seinendes die Rede ist. Und eine Annahme ist in jedem Fall etwas gedanklich Verfasstes. Wir denken uns eine Welt ausserhalb unseres Denkens — tönt das für Dich schlüssig?

    * Bisweilen wird der Begriff Ontologie in einem nicht unbedingt mataphysischen Sinne verwendet, etwa Nicholas Rescher meint damit gelegentlich einfach “a realm of things“, was sich auch auf objektsprachliche Abstrakta einer Theorie beziehen kann. Wie die Massenpunkte in Modellen der klassischen Mechanik. Und bei Rede von Ontologie in der QFT geht es um Interpretationen von Quantenobjekten als Partikel oder Felder und dergleichen. Das fällt dann nicht unter Metaphysik, sondern unter Philosophie der Physik.

  496. @Chrys / 03.03.2021, 01:17 Uhr

    Wir denken uns eine Welt ausserhalb unseres Denkens — tönt das für Dich schlüssig?

    Ja, das ist in etwa so schlüssig wie “Wir denken uns einen Baum außerhalb unseres Denkens”. Wiewohl nicht optimal formuliert, sollte es schlüssig für alle sein, deren Denken nicht durch den philosophischen Idealismus eingeschränkt wird, weil es letztlich nur meint, dass der Begriff “Baum” in meinem Kopf einen realen Bezug hat (Referenz). Entsprechend mit “Welt”.

    Ich empfehle die beiden äußerst amüsanten Kapitel “Idealism – A Victorian Horror Story 1+2” von David Stove in seinem Buch “The Plato Cult and Other Philosophical Follies”. Zitat: “The fact is, that beginning with Kant, the pulling of fat idealist rabbits out of pompous but tautological hats became the occupation of philosophers” (S. 153). Sorry, an Stove wurde ich angesichts Ihrer Ausführungen zum “ontologisch Seienden” erinnert…

  497. @Chrys // 03.03.2021, 01:17 Uhr
    @Martin Mahner // 03.03.2021, 18:47 Uhr

    Wie schön, der kritisierte Autor hat sich selbst zu Wort gemeldet. Folglich ist es nicht an mir, zu erklären, was Martin Mahner wohl gemeint haben könnte mit dem Satz:

    „Wir nehmen also (in aller Regel ganz stillschweigend) die Existenz einer Welt außerhalb unseres Denkens an.”

    Ich selbst habe ihn ja so gelesen, dass wir stillschweigend davon ausgehen, dass die Dinge, die wir wahrnehmen, auch tatsächlich existieren.

    Das scheint mir unvermeidlich zu sein.

    Der neuformulierten Satz:

    » Wir denken uns eine Welt ausserhalb unseres Denkens« ,

    klingt auch in meinen Ohren schräg. Dass wir „uns eine Welt denken“, lese ich aber so nicht aus Mahners Satz heraus. Sondern, dass die Welt, die außerhalb unseres Denkens existiert, in brauchbarer Form als gedankliches Konstrukt in unserem Denken aufscheint. So in etwa.

    Das scheint mir durchaus auch im Einklang mit Kants „Ding an sich“ zu stehen. Aber letztlich bin ich unsicher, ob meine Textinterpretationen nicht durch bestimmte Vorannahmen so beeinflusst werden, dass sie in die von mir (unbewusst) gewünschte Richtung gehen.

    Im Übrigen hatte ich mit dem Keil-Schnädelbach-Zitat keineswegs andeuten wollen, dass Du den Naturalismus zu eng definierst. Das scheint mir eher bei Stephan der Fall zu sein, vielleicht auch bei Timm Grams. Andererseits, wenn es keine allgemein akzeptierte Definition des Naturalismus gibt, dann bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als sich auf bestimmte naturalistische Aussagen zu beziehen, von Bunge, Mahner oder sonst wem. Aber dann trifft man eben auch nicht unbedingt den Naturalismus als solchen (sofern das überhaupt geht bei einer philosophischen Weltsicht).

  498. @Chrys // Nachtrag

    Ich hätte noch eine Frage:

    @Stephan hat hier (02.03.2021, 13:01 Uhr) geschrieben:

    » Nun gibt es theoretische wie empirische Gründe dafür, dass sich Bewusstseinszustände über das Gehirn ausdehen. Nach der Aussage von Sam Harris, einem führenden Naturalisten, ist der Naturalismus also als falsifiziert anzusehen. Die Möchtegern-Naturalisten hier in der Diskussion haben das aber ignoriert oder mich beleidigt, anstatt auf die Kritik einzugehen. Dieses Auftreten ist man eher von Sekten u.ä. gewohnt. «

    Hast Du eine Idee, auf welche „empirische Gründe“ Stephan da anspielt? Was soll das überhaupt heißen, dass sich Bewusstseinszustände über das Gehirn hinaus in den hinein Raum ausdehnen können?

  499. @Balanus
    Die Aussage von Herrn Schleim zur Ausdehnung von Bewusstseinszuständen über das Hirn hinaus kann in verschiedener Weise verstanden werden. Dazu gibt es entsprechende Richtungen der Philosophie und der Kognitionswissenschaften. Zum Beispiel benutzen wir das Smartphone heute als Erweiterung unseres Geistes, so wie Spinnen notwendig ihr Netz brauchen. Das machen wir inzwischen ganz selbstverständlich, ohne über die philosophischen oder kognitiven Konsequenzen nachzudenken. Es ist eine der Formen des “erweiterten Geistes” oder “extended mind”.

    Eine andere Form ist die “extended cognition”, die davon ausgeht, dass die Fähigkeiten, Eigenheiten und Grenzen unseres Körpers das Bewusstsein beeinflussen. Auch dies ist plausibel und subjektiv nachvollziehbar. Wir wissen alle, wie wichtig unser Aussehen für unser Bewusstsein ist und was wir bereit sind, dafür zu tun.

    Man sollte den Geist von den Gipfeln der Mythen, Spekulationen und Ideale auf die Talsohle der Realität holen!

  500. @Balanus
    Statt “extended cognition” wird häufiger von “embodied cognition” gesprochen.
    Dazu hier eine kompakte Erläuterung (dt.):
    Embodiment

  501. @Martin Mahner / 03.03.2021, 18:47 Uhr / cc @Balanus

    Der “Baum” als mögliches Problem der Erkenntnis — dazu kommt mir gerade Wittgenstein in den Sinn (Über Gewißheit, Suhrkamp, 1970), wo der Baum schon fast so etwas wie ein Running Gag ist.

    467. Ich sitze mit einem Philosophen im Garten; er sagt zu wiederholten Malen »Ich weiß, daß das ein Baum ist«, wobei er auf einen Baum in unsrer Nähe zeigt. Ein Dritter kommt daher und hört das, und ich sage ihm: »Dieser Mensch ist nicht verrückt: Wir philosophieren nur.«

    Ersetze ich aber “Baum” durch “Welt” — verstanden als eine totale Gesamtheit, die nicht als Teil von etwas noch Grösserem anzunehmen ist — dann wird’s schwierig. Im Gegensatz zum “Baum” wäre eine solche “Welt” kein Gegenstand mehr, auf den jemand zeigen könnte, und eine tatsächlich mit Kant beginnende Einsicht ist, dass solche totalen Gesamtheiten nicht mehr antinomienfrei vorstellbar sind. Womit die mengentheoretischen Antinomien, auf die man später auf anderem Wege gestossen ist, bereits antizipiert sind. Mit dem philosophischen Idealismus hat das allerdings gar nichts gemein.

    Ersetze ich “Baum” andererseits durch quantenphysikal. “Partikel”, dann wird es noch auf andere Weise schwierig. Hier findet man dann solche Merkwürdigkeiten wie den Unruh-Effekt, der suggeriert, dass “Partikel” in der QFT letztlich ein beobachter-abhängiges Konzept ist. Die Frage, ob ein Baum noch da ist, wenn keiner hinschaut, mag absurd erscheinen, doch bei Quantenobjekten ist die entsprechende Frage plötzlich für Physiker gar nicht mehr absurd.

    Was wissenschaftsbezogene Fragen zum Problem der Metaphysik im allgemeinen sowie zum Seinsproblem im besonderen betrifft, orientiere ich mich gern an Wolfgang Stegmüller, Metaphysik, Skepsis, Wissenschaft, Springer, 2. Aufl., 1969. Zur `Logik des Seinsproblems’ hat es da ein ganzes Kapitel, und ich zitiere gerade mal von S. 137:

    Wenn A glaubt, daß es bestimmte Arten von Gegenständen (physische Dinge, die „unabhängig von den Sinnesphänomenen” bestehen, Zahlen, Klassen usw.) „gibt”, so braucht B nicht daran zu glauben.

    Was es jedenfalls nicht gibt, ist ein logisch zwingender Grund, dass A und B hier zu einem einvernehmlichen Urteil gelangen müssten, wenn keiner etwas falsch macht. So einfach, wie man sich das im Alltag leichthin denken mag, ist die Sache leider nicht.

  502. @Stephan Schleim: Was zu Teilhard de Chardin

    Oje, ziemlich verhunzt, bitte wenn möglich löschen, außerdem einen toten Link angegeben. Blöderweise auf ‘absenden’ und nicht auf ‘Vorschau’ geklickt, sorry.

    Ich versuch’s nochmal

    Nur vielleicht nebenbei zu Teilhard de Chardin. Medawar hat das Buch rezensiert und es ist einer der heftigsten Verrisse eines Buchs, das ich kenne.

    Zentral ist ziemlich am Anfang:

    http://bactra.org/Medawar/phenomenon-of-man.html

    Yet the greater part of it, I shall show, is nonsense, tricked out with a variety of metaphysical conceits, and its author can be excused of dishonesty only on the grounds that before deceiving others he has taken great pains to deceive himself.

    Okay, man könnte dazu schreiben, dass Medawar nicht unbedingt ein Evolutionsbiologe war. Teilhard de Chardin war sicherlich ein kompetenter Paläontologe, aber ich weiß nicht so recht, ob das, was er unter ‘Evolution’ verstand, viel mit dem zu tun hatte, was Evolutionsbiologen darunter verstehen.

    Ich glaube nicht, dass es viele Evolutionsbiologen gibt, die das gut heißen, was Teilhard schrieb. Ich kenne aber etliche christlich orientierte Autoren, die sich immer wieder auf ihn beziehen.

  503. @Stephan Schleim: Patt-Situation?

    Sie schreiben:

    Ich habe hier im Laufe der Jahre immer wieder herausgearbeitet, dass sich Wissenschaft und Religion schon aus rein logischen Gründen oft gar nicht widersprechen können, schlicht weil sie unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben (Wissenschaft & Religion). Das scheint manchen aber keine Ruhe zu lassen. Weil ihnen in der Pattsituation keine guten Gründe einfallen,

    Ich bin mir nicht so sicher, ob hier tatsächlich eine Patt-Situation besteht. Ich habe jahrzehntelang den Agnostizismus vertreten und mich mit Atheisten angelegt, bin aber inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass Ignostizismus (der Begriff ist nicht besonders gut definiert, ich verstehe darunter in etwa, dass man sich, bevor man mit jemandem über Religion, Glaube etc. diskutiert, von seinem Diskussionspartner genau schildern lässt, was er konkret beispielsweise unter ‘Gott’ versteht, je nach Antwort fällt dann das Urteil anders aus, es gibt, wie Sie ja auch schreiben, durchaus Argumente gegen beispielsweise Junge-Erde-Kreationismus) eher die bessere Position ist. Im Grunde meines Herzens bin ich immer noch Agnostiker, aber eben den meisten Gottesbildern gegenüber nicht mehr im Sinn von 50:50.

    Lange Rede, kurzer Sinn: die Frage, ob Naturwissenschaft und Religion kompatibel sind, hängt davon ab, was man unter ‘Naturwissenschaft’ und was unter ‘Religion’ versteht. Prinzipiell kann man meiner Meinung nach sagen, dass die Vereinbarkeit umso leichter gelingt, je diffuser man sein Gottesbild gestaltet. Im Extremfall muss man sich fragen, ob es einen Unterschied zwischen einer Welt mit so einem Typ Gott oder ohne gibt. Wenn dieser Unterschied verneint werden kann, dürfte wohl Occams Rasiermesser eine Option sein. Falls es doch einen Unterschied gibt, muss man sehr genau darauf achten, ob das Gottesbild tatsächlich mit den Ergebnissen der Naturwissenschaften kompatibel ist.

    Ob es Naturwissenschaftler gibt, die beide Bereiche unter einen Hut bringen, scheint mir nicht besonders relevant zu sein, vor allem dann nicht, wenn ‘Gott’ in deren wissenschaftlichen Arbeiten nicht auftaucht. Dann haben Sie natürlich damit Recht, dass sich Religion und Naturwissenschaften nicht widersprechen. Die spannende Frage ist dann, warum es etwas bringen sollte, eine Patt-Situation zu konstruieren.

    Ist anbetrachts des meines Wissens unstrittigen methodologischen Naturalismus in den Naturwissenschaften ein ontologischer Naturalismus nicht ‘harmonischer’ als die Annahme einer Übernatur in welcher Form auch immer? Selbstverständlich kann eine Religion einen Naturwissenschaftler menschlich weiter bringen, aber ist das ein Argument für Religion, vor allem eine konkrete?

  504. @Thomas Waschke 04.03. 19:45

    „Ist anbetrachts des meines Wissens unstrittigen methodologischen Naturalismus in den Naturwissenschaften ein ontologischer Naturalismus nicht ‘harmonischer’ als die Annahme einer Übernatur in welcher Form auch immer?“

    Ich denke das hängt von Nebenbedingungen ab, was harmonisch ist: Wer spirituelle Erfahrungen hat oder seine Kirche als seine Heimat sieht, dem wird die Übernatur entgegen kommen.

    Wer da keinen Bedarf einer Integration hat, für den ist die Annahme des ontologischen Naturalismus wohl derzeit die 1. Wahl. Da hat hier auch keiner was dagegen, weltoffene Religionsvertreter können das akzeptieren. Nur Fundamentalisten haben was dagegen, aber denen kann man es letztlich sowieso nicht recht machen.

    Eine andere Geschichte sind die vielen nicht grundlegenden Beschreibungsebenen, die sich nicht direkt auf Naturgesetze reduzieren lassen. So brauchen wir eben auch z.B. die Soziologie, wenn wir gucken, wie wir uns motivieren können, die technischen Lösungen des Klimaproblems auch in die Tat umzusetzen.

  505. @Tobias Jeckenburger

    Übernatur harmonisch?

    Ich denke das hängt von Nebenbedingungen ab, was harmonisch ist: Wer spirituelle Erfahrungen hat oder seine Kirche als seine Heimat sieht, dem wird die Übernatur entgegen kommen.

    Okay, kann man so sehen.

    Ich sehe hier nur eine Asymmetrie: naturwissenschaftliche Erklärungen (die prinzipiell nicht von einer Übernatur ausgehen, auch der menschliche Geist gehört zur Natur) kann jedermann nachvollziehen und auch die glaubenden Naturwissenschaftler forschen methodologisch naturalistisch. Spirituelle Erfahrungen (was auch immer darunter zu verstehen ist) hat nicht jeder. Daher sehe ich eine allgemeinere Geltung für naturalistische Erklärungen.

  506. Prinzipiell kann man meiner Meinung nach sagen, dass die Vereinbarkeit umso leichter gelingt, je diffuser man sein Gottesbild gestaltet. Im Extremfall muss man sich fragen, ob es einen Unterschied zwischen einer Welt mit so einem Typ Gott oder ohne gibt. Wenn dieser Unterschied verneint werden kann, dürfte wohl Occams Rasiermesser eine Option sein. Falls es doch einen Unterschied gibt, muss man sehr genau darauf achten, ob das Gottesbild tatsächlich mit den Ergebnissen der Naturwissenschaften kompatibel ist.

    Diese Aussage finde ich sehr gut.

  507. @Balanus / 04.03.2021, 09:16 Uhr

    Ich hatte mal etwas abgewartet, ob Stephan das auf Deine Nachfrage hin selbst noch weiter präzisieren würde — falls er den Nachtrag bei dem allgemeinen Trubel überhaupt registriert hat. Nun ja, Stephan bezieht sich da offenbar auf diese Stelle in seinem vorherigen Blogtext Was ist Naturalismus?:

    Hier müsste man erst einmal anmerken, dass Harris mindestens zwanzig Jahre Fortschritt in den Kognitionswissenschaften verschlafen hat: Denn dort hat man sich in großen Teilen darauf geeinigt, Stichworte “embodyment” und “situatedness”, dass sich psychische Prozesse sehr wohl über das Gehirn auf den Körper und die Umgebung ausdehnen. Die Extended-Mind-Hypothese (z.B. nach Andy Clark und David Chalmers, 1998; 2010 gab es schon einen Sammelband bei MIT Press) ist auch bei Technikfreaks, Cyborgs und in der Augmentation- und Bodyhacking-Szene populär.

    Insofern denke ich schon, dass Anton Reutlinger die Stichworte hier richtig interpretiert hat, also wie sie von Stephan auch gemeint waren.

  508. @Chrys / 05.03.2021, 10:51 Uhr

    »Insofern denke ich schon, dass Anton Reutlinger die Stichworte hier richtig interpretiert hat, also wie sie von Stephan auch gemeint waren.«

    Gemeint hat Stephan folgendes:

    Immerhin dehnen sich psychische Prozesse laut “extended mind” nicht nur über das Gehirn auf den Körper, sondern auch auf Computerchips, Gadgets, Apps und andere Hilfsmittel aus.

    Stephan redet von „psychischen“ Prozessen, die sich ausdehnen. Nun gut, psychischen Prozessen ist ja so gut wie alles zuzutrauen, wie ja auch dem „menschlichen Geist“, von dem Harris spricht. Also ein Punkt für Stephan, Harris‘ Physikalismus darf damit als widerlegt gelten… ;- )

  509. @Thomas Waschke 05.03. 06:20

    „…naturwissenschaftliche Erklärungen (die prinzipiell nicht von einer Übernatur ausgehen, auch der menschliche Geist gehört zur Natur) kann jedermann nachvollziehen…“

    Naja, manchmal braucht man hierfür mehr Mathematik, als man kann. Aber klar, die wissenschaftliche Methode führt zu brauchbaren Ergebnissen.

    „Spirituelle Erfahrungen (was auch immer darunter zu verstehen ist) hat nicht jeder.“

    Haben aber so viele, dass das schon relevant ist, meine ich. Dazu kommen noch die Anhänger von religiösen Traditionen, auch die mögen Übernatürliches.

    „Daher sehe ich eine allgemeinere Geltung für naturalistische Erklärungen.“

    Da wo die naturalistischen Erklärungen als gesicherte Erkenntnisse gelten können, werden wohl auch spirituell Orientierte, die weltoffen sind, sich dem anschließen können. Differenzen tauchen erst auf, wenn hier auf alles extrapoliert wird, auch auf Erkenntnisse, die man noch gar nicht hat.

    Und wenn die spirituell gesehenen Angelegenheiten in der Praxis tauglich sind, wird man sich das merken, und entsprechend sich seine Welt- und Menschenbilder machen.

    Wer hier Recht hat, können wir überhaupt nicht wissen, wer in der Mehrheit ist, das spielt weniger eine Rolle, und verboten ist weder das Eine, noch das Andere. Zumindest nicht im Europa der Gegenwart.

    Nur eines dürfte klar sein: Mit Geist geht mehr. Zumindest stell ich mir das so vor. Der naturalistische Gang der Dinge ist eine Art Grundzustand, der in der Außenwelt nur gelegentlich durch Geisteswirkung abgeändert wird. In der Zellchemie kann hier die Geistesunterstützung durch Unterstützung der Regulation schon regelmäßiger sein, und im Falle von komplexen Nervensystemen kann das resultierenden Bewusstsein sogar in seiner Existenz direkt ein Teil der Geisteswelten sein.

    Hier geht es letztlich um Gesundheit, und um das sich selbst erlebende Leben schlechthin. Auf den Ebenen darunter funktioniert unser Planet auf naturalistische Weise alleine schon ganz gut. Hier gibt es der naturalistischen Annahme entsprechend wenig entgegenzusetzen.

  510. Also, das man mit empirischer Forschung (hier die Befragung von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen) eine “Vereinbarkeit” beweisen kann, ist schon seltsam absurd. Nimmt man die beiden Ideologien beim Wort, ist da gar nichts miteinander vereinbar. Nimmt man sie bei ihrer transportierten Bedeutung, dann sind sie fast vollkommen Widerspruchsfrei.

    Das Wissenschaftler ebenso Wissenschaft betreiben können und religös sein können, ist gelebte Normalität. Auch, wenn Extrem-Atheisten, wie Dennet und Dawkins das anders darstellen.

    Das Ding ist, das man sein Weltbild irgendwie zusammenschustert (auch, wenn es anhand von durchaus stimmiger Wissenschaft geschieht) ist damit die Welt und alles Sein natürlich nicht erklärt – nicht mal annähernd erfüllend.

    Aber das heisst nicht, das man damit nicht leben könne. Das Gegenteil scheint ihre Zusammenstellung der Studien-Ergebnisse zu beweisen.

    Denn im Gegenteil: je unvollständiger das Weltbild ist, desto leichter fällt einem das Leben in diesem Weltbild und in Welt und Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit und Gott sind dann eben auch noch viel größere und höhere Ebenen/Instanzen, als das sie ein einzelner Mensch in Gänze begreifen und verkraften würde können und dann auch noch für seine Vision vor aller Welt verantwortung tragen wollen/können?

    Die gesamte Unterhaltungsindustrie existiert ja nur, weil die Menschen eine “Auszeit” von der Wirklichkeit wollen/brauchen, damit sie nicht an ihr zerbrechen. Und jene, die schon an ihr zerbrachen, können sich an diesen Unterhaltungsvisionen nicht mehr erfreuen, weil sie auf die Wirklichkeit festgelegt sind und die Fiktionen und die Falschheit nicht mehr ertragen können. Der einzige Weg aus der Problematik ist, das man alles, was man weiß, erfolgreich verdrängt, und…. in Hoffnung an das Schöne im Leben glaubt: Viola, der Durchschnitts-Schlager ist damit gerechtfertigt.

    Das man sich also bewusst oder unbewusst belügt, um seelig leben zu können (wobei ein bewusstes Belügen irgendwie absurd klingt), ist da schlüssig nur allzu Menschlich. Viele Menschen glauben wirklich, das es keinen Gott gibt und auf eine gewisse Weise liegen sie damit natürlich auch richtig. Auf eine andere Weise liegen sie aber vollkommen daneben.

    In jedem Falle gibt es etwas, aus dem die Idee eines Gottes überhaupt erst hervorgehen konnte. Und weil im Zuge der monotheistischen Revolution (die ja schon bei den alten Ägyptern versucht wurde), auch andere zivilisatorische Veränderungen stattfanden, muß man zum Teil auch annehmen, das Gott eine künstliche Phänomenologie ist – zumindest ideel gesehen. Biologisch gesehen habe ich eine ziemlich klare Vorstellung von etwas, das man Gott nennen kann.

    Und ausserdem: wer würde sich anmaßen, diese übermächtigen Wirklichkeiten anzuzweifeln?

    Biologische “Optimaten”, die als Vorbild für alles (menschliche) Leben gelten könnten (weil sie genetisch am breitesten in der Natur vernetzt/Verwandt sind und die stabilste Lebenskraft besitzen – aka Unsterblichkeit gegenüber anderen Mitmenschen) sind wie “Götter” für von ihnen abstammende (also verwandte Nachfahren, aber in der Abstammungslinie entferntere) Menschen. Und jeder, der näher an diesem biologischen Optimum ist, ist von anderen von Gott ununterscheidbar.

    Ich habe auch einmal gedacht, das die Religion und der Gottesglaube nutzlos ist und keinen Sinn/Nutzen ergibt. Aber dieser radikalen Auffassung kann man nu rsein, wenn man diese sogenannte “göttliche” Unterstützung hat…was heisst, das man selbst göttlich ist. Andernfalls würde man von selbst gar nicht die Souveränität zu solchem Denken besitzen.

    Als Kleinkind weiß man von all dem nichts… oder nur rudimentär und man sieht sich selbst gar nicht als so betroffen, das man sich darüber tiefere Gedanken mit Folgen für sich machen müsste. Dann kommt die Jugend, in der wohl eine unbändige Lebenskraft stecken muß, die einem diese Souveränität verleiht, sodass man sogar den Gottsglauben für eine Neurose deuten kann, wenn das Leben doch auch ohne Gott so einfach ist.

    Der alte und weise Mensch dagegen, der aus der Erfahrung der Verletzlichkeit und daraus resultierenden Erkenntnis über die Sterblichkeit weiß, das die Jugend durch Lebenskraft jedem Gotte widersprechen kann, weil sie selbst göttlich ist, spricht dann von der Wahrheit über die Wirklichkeit des Göttlichen.

    Ich bin nicht religiös. Ich glaube nicht daran, das man durch konsequente Religiösität unsterblich wird. Man lebt vielleicht (wenns gut läuft) einige Jahre länger. Aber angesichts der ultra-religiösen Gemeinschaften mag man wohl erkennen, wie entbehrungsreich und wie anders dann das Leben aussieht. Amerikanische Armische und Menoniten, die sich ein Leben in der Technologielosigkeit auferlegen, sind für den modernen Menschen, der “mit der Zeit” ging, eine echte Anomalie und eine Absurdität. Aber… das sagt natürlich absolut nichts über die erlebte Lebensqualität aus. Und darauf käme es eigendlich an. Und dann ist Technologie nur ein unnötiger Überfluß/Überschuß, die nur viel Aufwand verzehrt, den man zum eigendlichen Leben und glücklich Sein verwenden könnte.

    Das die gestandenen Radikal-Atheisten, die oben genannt werden, möglicherweise bis ins hohe Alter “souverän” bleiben können, was ihre Göttlichkeit beweisen würde, obwohl sie in ihrer Aussage eigendlich falsch liegen, spielt dabei ja keine Rolle. Die Evolution hat sich noch nie daran orientiert, ob irgend ein Lebewesen die Wahrheit (aner)kennen würde. Die Evolution spielt aber auch kein Glückspiel, wo alles dem Zufall überlassen ist. Das ist vor allem so, seitdem die Zivilisation durchaus fähig und im Begriff ist, die Gesetze der Natur wirksam zu manipulieren. Etwa indem man in Zivilisation “kulturbildend” eingreift, sodass daraus nur gewisse Konstitutionen hervorgehen, und andere eben ausgeschlossen werden, bis sie aussterben.

    Und da liegt die Antwort darauf verborgen, wieso sich Menschen anmaßen können, Wirklichkeiten demonstrativ zu leugnen: Weil sie selbst weniger/nicht davon betroffen sind, und also souverän über diesen schicksalhaft erscheinenen Dingen stehen. Kraft ihrer eigenen Konstitution – Lebenskraft und so…Souveränität wird oft mit Dominanz verwechselt und das ist auch nicht ganz falsch. Dominanz aber beduetet nicht automatisch auch, das über andere Dominiert wird. Dennet und Dawkins würden eine solche Dominierung durch sie wohl leugnen. Und dennoch tun sie es – vielleicht nicht performativ, aber eben im Sein durchaus (abgesehen von ihren standesgemäßen Anerkennung und Institutionalisierung, die sie über andere erhebt).

    Der unleugbareste Grund, wieso man Gottesglauben als eine nützliche Weltsicht erkennen kann, ist, das man seine eigene Verantwortung in eine extrinsische Instanz auslagert und so unschuldig bleibt, weil man selbst ja nur ein Mensch sei…ein kleiner. Und das wirkt natürlich auch. Wer sich nicht offensiv und verantwortlich positioniert, der ist nicht für daraus folgende Komplikationen für andere haftbar. Und also wird er auch weniger wahrscheinlich gekreuzigt (die in der Theologie beschriebene Strafe für Sünde). Abgeshen davon, das man nur gekreuzigt werden kann, wenn man die Fähigkeit zu solcher Souveränität besitzt – und die bekommt man nur dann, wenn die richtigen Gehirnregionen einmal stabil genug ausgebildet und enhanced und errungen wurden, sodass eine Kreuzigung dann auch zielgerichtet funktionieren kann.

    Sich als Gottesgläubigen zu Positionieren, ist keine Folgenreiche Positionierung. Dagegen ist es sich als Atheist zu Positionieren durchaus eine offensive und Eigenverantwortliche Positionierung, die Folgen haben kann, wenn man selbst instabil ist (oder jederzeit destabilisiert werden kann)
    Ausserdem erklärt es auch, wieso nur wenige derart souverän und radikal atheistisch sein können. Ein solcher göttliche Mensch ist nur in einer Zwickmühle: Er ist nicht Gott, also ist er (nur) Mensch. Und daher kann er kaum zugeben, das er selbst göttlich ist, denn dann würde er ja für vieles, was die Menschen plagt, verantwortlich gemacht werden (und das wirkt sich dann eher theologisch aus, als im weltlichen Recht). Deswegen ist es nützlich für ihn, das er Gott leugnet und “Eigenverantwortung” und Freiheit prädit.

    Das auf biologischer Ebene die Dinge anders laufen, spielt dabei auch keine Rolle, denn alles, was vorbewusst oder unsichtbar abläuft, ist ja in der modernen Wirklichkeit gar nicht existent und wird nicht bewertet und gewürdigt.

    Der moderne Optimismus ist dann auch dergestalt schon in einem alten Mythos verankert und erklärt: Wer zurückschaut, der erstarrt zu einer Steinsäule (Medusa-Mythos).
    Gleichzeitig ist darin eine Analogie zum Alterungsprozess beschrieben, der ebenso leichter ertragen wird, wenn man nicht “zurückschaut” in seine eigene Jugend und die Schönheit, die darin lag. Das macht starr vor Demütigung und Wahrheit über den Verfall. Psychologen wenden eine große Mühe auf, um die Wahrheiten entweder durch viele Tricks aus den Köpfen der Menschen zu therapieren, oder sie mühen sich ab, sie über Umdeutung in Heldentum oder Demut zu verwandeln.

    Und die Religionen wenden allehand Ideologie darauf auf, die eigene Verantwortung und Identität der Menschen zu leugnen. Insofern: menschlich gesehen ist zwischen Wissenschaft und Religion keine “Unvereinbarkeit” im allgemeinen vorhanden, nur im speziellen Detail. Es ist egal, ob religiös oder weltlich: wenn man etwa alt wird und die Demütigung des Verfalls spührt, dann werden alle gläubig. Selbst, wenn sie auch dann nicht an einen Gott glauben. Sie glauben dann an ihre eigenen Lebenslügen, die ihnen ihr Leben und Schicksal verschönern und die Existenz erträglich machen.

    Ausserdem macht auch Wissenschaft nur rudimentäre Eigenverantwortung zur Wahrheit. Die große Frage der besseren Lebensführung, die sich zuweilen in banalen Details ergehen (richtige Ernährung..usw…) ist dabei auch nur Nebensache. Das man theoretisch (hier auch statistisch) 2 Jahre länger leben würde, wenn man weniger Salz ins Essen macht, macht das Leben nicht wirklich lebenswerter oder verlängerte es auch in Wirklichkeit.

    Statistik ist durchaus nützlich, aber sehr oft weden sie dazu verwendet, um den Menschen für sie selbst unbequemes zu begründen. Subjektiv ist das eher unnütz, wenn ein heiles Weltbild gesünder für das Seelenheil ist, als einem unerreichbaren Idealismus hinterher zu rennen. Gnaz zu schweigen davon, das Ideale meist kaum mehr am individuellen Menschen orientiert sind, sondern nur noch an gesellschaftlichen Imperativen: Was für die Gesellschaft gut ist, sei für den Einzelnen auch gut. Diese Lüge erklärte man den Menschen auch schon in Zeiten des religiösen Dogmas. Das kann heissen, das es wahr ist, es kann aber auch heissen, das es “nudging” immer schon gab und der Zweck dieser Aussagen ein völlig anderer ist. Jedenfalls ist Gesellschaft nicht Gemeinschaft und der Mensch zwar ein geselliges Tier, kommt aber nicht ohne Gemeinschaft und nicht ohne Anerkennung aus. Und echte Anerkennung gibt es nur in Gemeinschaft, nicht aber in Gesellschaft.
    Konklusio: Wo immer mit der Gesellschaft argumentiert wird, ist unmenschliches am Werke und wirken. Und dort grenzt der allgemeine (und spezielle) Gesellschaftzwang an Sklaverei und Diktatur.

    Da aber in fast allen Kulturen und “Gesellschaften” auf sich selbst berufen wird, scheint die Unterdrückung unausweichlich zu sein, oder? Genau, da ist was unvereinbar. Schon wieder! Wie so vieles in dieser komplizierten Zeit der Existenz.

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