Große Neuroimaging-Studie: Depressionen lassen sich doch nicht in Genen oder Gehirn nachweisen

Anstatt Patient*innen zu helfen, werden weiter Milliarden in nutzloser Neuro-Forschung versenkt

Eine Studie in der angesehenen Fachzeitschrift JAMA Psychiatry bestätigt, was einige Kritiker, darunter meine Wenigkeit, seit Jahren anmerken: Psychische Störungen lassen sich weder auf die Gene, noch auf das Gehirn reduzieren. Dennoch dominiert dieses Denken weiterhin die psychiatrische Forschung.

Für die Studie, an der Fachleute von unter anderem den Universitäten Münster und Bonn sowie dem Forschungszentrum Jülich mitwirkten, wurden die Daten von 1809 Erwachsenen – davon 861 mit der Diagnose Depression – analysiert. Doch trotz modernster bildgebender Verfahren und Analysemethoden ist das Ergebnis ernüchternd: Die gefundenen Unterschiede sind durch die Bank klein. Neurobiologische Gemeinsamkeiten zwischen Patienten und Nicht-Patienten sind die Regel, Unterschiede die Ausnahme.

Oder in konkreten Zahlen ausgedrückt: Je nach ausgewähltem Kriterium stimmten die Resultate der Menschen mit und ohne Diagnose zu 87 bis 95 Prozent überein. Im Idealfall ließen sich aufgrund der Gehirndaten nur 2 Prozent der Unterschiede zwischen den Gruppen erklären; frühere Genetik-Studien kamen auf ähnlich magere 3 Prozent. An eine neurobiologisch fundierte Diagnose im Einzelfall ist damit nicht zu denken.

Wissenschaft verstehen

Wie hier bei MENSCHEN-BILDER über die Jahre hinweg immer wieder erklärt wurde, sind die Standards psychiatrischer Forschung und Praxis zu unterschiedlich: In den großangelegten wissenschaftlichen Studien – in der Genetik untersucht man mitunter schon mehr als 100.000 Personen pro Studie – findet man statistisch signifikante Unterschiede, die sich in den Fachzeitschriften publizieren lassen. Für das Wohl der Patient*innen geht es aber um die praktische Relevanz.

Anders gesagt: Gäbe es bedeutende Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Diagnose, hätte man diese bereits vor 20 bis 30 Jahren finden müssen. Mit den neuen Massenuntersuchungen landet man zwar immer wieder statistische “Treffer”; diese sind für Einzelfälle aber so unbedeutend, dass sie sich nicht auf die Praxis übertragen lassen. Schließlich behandeln Ärzte Individuen, nicht Gruppen. Und dabei bleibt noch die Frage offen, ob die Forschungsergebnisse in Folge-Untersuchungen überhaupt bestätigen werden (Replikation).

Den Gedanken, psychische Störungen seien Gehirnstörungen, gibt es seit fast 200 Jahren (z.B. schon bei dem damals bedeutenden deutschen Psychiater Wilhelm Griesinger, 1817-1868). In unserer Zeit, um das Jahr 2000, starteten dann US-amerikanische Psychiater eine großangelegte Initiative, um ihr Diagnose-Handbuch DSM-5 auf ein neurobiologisches Fundament zu bauen. Als es 2013 – mit großer Verspätung – erschien, war die Ernüchterung groß: Für kein einziges der hunderten Störungsbilder wurde das Ziel erreicht.

Trotzdem behaupteten führende Psychiater hartnäckig, psychische Störungen seien Hirnstörungen. So in Deutschland beispielsweise Florian Holsboer, früher Direktor am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, in alter Griesing’scher Manier:

“Ja, sicher. Im Kern handelt es sich immer um ein Ungleichgewicht in der Biochemie der Zellen des Gehirns. […] Das eigentliche Problem aber wurzelt in Hirnprozessen, dort muss die Behandlung ansetzen.”

Florian Holsboer, 2011

Und noch 2017 meinte Ulrich Hegerl, früher Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik in Leipzig, mit seiner Stiftung Deutsche Depressionshilfe: Die Deutschen hätten nicht verstanden, dass die Biologie eine größere Rolle spiele als das Psychosoziale. Dabei bestätigen wissenschaftliche Studien konsistent, dass die größten Risikofaktoren für Depressionen schwere Lebensereignisse sind. Das haben die Bürger*innen also sehr gut verstanden, im Gegensatz zu Hegerl und anderen “Neurophorikern” seiner Zunft.

Systemzwänge

Um nachzuvollziehen, warum sich seit dem 19. Jahrhundert immer wieder so viele Psychiaterinnen und Psychiater in der “Neurophorie” verrennen, muss man von außen auf deren System schauen:

Erstens hat man in der Psychiatrie (ebenso wie in der Psychologie) das Problem, seinen Forschungsgegenstand nicht objektivieren zu können; die “Psyche” lässt sich eben nicht so dingfest machen wie Zellen oder Atome. Vielmehr hängt sie selbst davon ab, wie wir sie verstehen.

Das ist wiederum kulturell geprägt. Darum verschwinden bestimmte Störungsbilder, die zu einer bestimmten Zeit sehr häufig diagnostiziert werden, plötzlich wieder (man denke an Neurasthenie, Hysterie oder Multiple Persönlichkeiten).

Zweitens ist Forschung meist von Pragmatismus und Optimismus geprägt. Man interessiert sich vor allem für das, was funktioniert. Der wissenschaftliche Standard fürs Funktionieren ist allerdings: was sich in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizieren lässt. Laut dem Wissenschaftstheoretiker Thomas Kuhn (1922-1996) ist das die Funktion eines Paradigmas und der “normalen Wissenschaft” – dass Forscherinnen und Forscher produktiv ihrer Arbeit nachgehen können. Kritische Fragen stören dabei nur. (Auch wenn man damit verhindern könnte, zu lange einem Irrweg zu folgen.)

Drittens nahm die Euphorie über die biologischen Verfahren seit den 1980ern erheblich zu; man denke auch ans Humangenomprojekt. Die Reformen der Sozialpsychiatrie kamen zwar vielen Patient*innen zugute – dass man die Betroffenen beispielsweise nach Möglichkeit in ihrem bekannten Umfeld unterstützt und behandelt, statt sie in “Irrenhäusern” fernab der Städte wegzuschließen. Für die Forschung selbst lieferte das aber keine neue große Idee. Dem damals maßgeblichen biopsychosozialen Modell warf man stattdessen vor, zu unspezifisch zu sein.

Mit der “Dekade des Gehirns” (den 1990ern) flossen dann immer mehr Gelder in Neuro-Forschung. Um ein möglichst großes Stück vom Förderkuchen abbekommen zu können, definierten Psychiater und klinische Psychologen ihre Forschungsfragen dann zunehmend in “Gehirnsprache”. Damit entfernten sie sich aber immer weiter von den Bedürfnissen der Betroffenen.

Viertens führte die Neoliberalisierung der Wissenschaft zu einem immer größeren Drittmittelzwang: Universitäten und Forschungsinstituten wurden die Mittel gekürzt; stattdessen sollten die Forschenden ihr Geld “am Markt” einwerben. Durch den Wettbewerb würden die besten Ideen gewissermaßen von selbst ausgewählt.

Da “Neuro” zur Lösung für alles zu werden schien, mussten sich die Forscher*innen an diese Realität anpassen – oder eine andere Arbeit suchen. In der Psychiatrie machte sie das besonders abhängig von den Geldern der Pharmaindustrie. Denn immerhin versprachen deren Medikamente, direkt die Ursachen im Gehirn zu behandeln. (Was, mit wenigen Ausnahmen, nie stimmte.)

Naivität

Hinterher ist man natürlich immer schlauer. Aber man hätte damals schon erkennen können, dass beispielsweise Depressionen oder Aufmerksamkeitsstörungen nach und nach anders definiert wurden – und die Entscheidungsträger in den zuständigen Kommissionen Gelder von der Pharma-Industrie erhielten. Trotzdem war es nie mehr als eine fixe Idee, beispielsweise die 227 Symptomkombinationen von Depressionen laut DSM-5 oder sogar die über 100.000 Kombinationen von ADHS auf ein paar Unterschiede in Genen oder Gehirnen zurückführen zu können.

Anstatt sich mit solchen theoretischen Gedanken zu beschäftigen oder die eigenen Daten kritisch zu hinterfragen, waren die Spindoktoren am Werk: Ergebnisse wurden so umformuliert, dass sie ins Paradigma passten.

Ein so treffendes wie lehrreiches Beispiel hierzu ist eine Untersuchung aus einer ähnlich renommierten Zeitschrift wie JAMA Psychiatry, nämlich Lancet Psychiatry, zum Thema ADHS. Für die bereits 2017 veröffentlichte Studie wurden sogar 1713 Menschen mit und 1529 ohne ADHS-Diagnose neurobiologisch untersucht. Auch damals waren die Effekte klein, die Überlappungen beider Gruppen aber groß. Dennoch schlussfolgerten die Forscher*innen, was unkritisch von vielen Medien kolportiert wurde:

“Wir bestätigen […], dass Patienten mit ADHS veränderte Gehirne haben; darum ist ADHS eine Störung des Gehirns. […] Ebenso wie bei Depressionen, können Kliniker ADHS als Gehirnstörung bezeichnen.”

Hoogman et al., 2017, S. 2; dt. Übers.

Ganz am Anfang haben wir gelernt, dass sich die Gehirne der allermeisten Menschen mit und ohne die Diagnose Depression gar nicht messbar voneinander unterscheiden; denselben Befund hatte man 2017 für ADHS.

Um ins herrschende Paradigma zu passen, drehte man es einfach um: Die Ausnahme, dass eine kleine Minderheit Gehirnabweichungen aufzeigte, erhob man zur Regel; die kleinen Unterschiede im Mittelwert zwischen den beiden Gruppen – mit Diagnose oder ohne – übertrug man einfach so auf alle Individuen. Damit überschritt man die zulässigen Grenzen der Statistik.

Damit einher ging übrigens das Versprechen, die Stigmatisierung psychischer Störungen zu reduzieren. Heute wissen wir, dass das Neuro-Paradigma das nicht leistet. Im Gegenteil können Menschen sogar noch stärker ausgegrenzt werden, wenn man denkt, ihr Gehirn sei “kaputt”. Mitunter hilft die Biologisierung psychischer Störungen aber, wenn es um Schuldfragen geht.

Ausweg

Im Zuge der “Neurophorie” schickten sich Neuroforscher an, “Gott und die Welt” zu erklären. Wenig bescheiden formulierte es beispielsweise Roger Sperry 1981, als er den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie erhielt: “Alles kommt im Gehirn zusammen.” Daher stehe und falle auch alles mit den Antworten der Hirnforschung.

Heute, rund 40 Jahre später, können wir eine weisere Schlussfolgerung ziehen: Auch Hirnforscher sind Menschen. Anstatt deren Verhalten neuronal zu erklären, können wir es sozial verstehen. Gehirne wachsen und entwickeln sich nämlich in einem sozialen Kontext, mit seinen kulturellen und psychologischen Einflüssen. Einige Systemeigenschaften habe ich oben zusammengefasst.

Damit sich die Zustände ändern, damit Psychiaterinnen und Psychiater in der Forschung nicht länger eine Nadel im Heuhaufen suchen müssen, die es nicht einmal gibt, müssen sich diese Systemeigenschaften ändern: Beispielsweise müsste die Forschung am Menschen, nicht etwa an fraglichen Störungsmodellen von genetisch modifizierten Nagetieren, wieder oberste Priorität erhalten. Überhaupt müsste man anerkennen, dass die Medizin, insbesondere aber die Psychiatrie, Arbeit mit Menschen ist.

Ein definitorisches Kriterium psychischer Störungen ist, mit subjektivem Leid und/oder einer Einschränkung im Alltag einherzugehen. Gute psychiatrische Forschung würde sich also daran messen, das Leid der Betroffenen unmittelbar zu lindern und ihr Alltagsleben unmittelbar zu verbessern. Dafür misst man keine Gene oder Gehirne, sondern redet man mit Menschen und schaut sich ihr Verhalten in der (sozialen) Umwelt an. Wie eingangs erwähnt: Es geht primär um praktische Relevanz, nicht statistische Signifikanz!

Natürlich haben viele Psychiater*innen und klinische Psycholog*innen längst verstanden, dass das Neuro-Wissen in der Praxis wenig nutzt. Neben biologisch-pharmakologischen Verfahren setzen sie darum vor allem auf Bewährtes aus der Psychotherapie und Sozialpsychiatrie. Dazu kommt idealerweise eine Portion Menschlichkeit. Solchen Ärzten sollte unser Respekt gelten. Jetzt müssen die Systemeigenschaften nur noch so angepasst werden, dass die Fachleute für nützliche Arbeit belohnt werden, nicht für das Verbrennen von Fördergeldern – auch mit den entsprechenden Karriereperspektiven in Forschung und Wissenschaft.

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149 Kommentare

  1. @Hauptartikel

    „Neben biologisch-pharmakologischen Verfahren setzen sie darum vor allem auf Bewährtes aus der Psychotherapie und Sozialpsychiatrie. Dazu kommt idealerweise eine Portion Menschlichkeit. Solchen Ärzten sollte unser Respekt gelten.“

    Solchen Ärzte bzw. Kliniken sucht man als Betroffener freilich auch tatsächlich. Und die gibt es auch. Und doch sind die Medikamente durchaus mal hilfreich, auch wenn keiner so recht weiß, wie und warum sich wirklich helfen. Der Praktiker hat hier seine Erfahrung, das ist nicht zu unterschätzen.

    „Jetzt müssen die Systemeigenschaften nur noch so angepasst werden, dass die Fachleute für nützliche Arbeit belohnt werden, nicht für das Verbrennen von Fördergeldern…“

    Auch wenn die Ergebnisse momentan fast nichts bringen, ist es dennoch interessant, was man hier findet und vor allem noch sucht. Astronomie ist auch im wesentlichen wirkungslos, aber ich möchte es nicht missen, regelmäßig Neuigkeiten über unseren Kosmos zu erfahren. Aus reiner Neugier.

    Nebenbei verspreche ich mir von der Gehirnforschung perspektivisch auch Erkenntnisse über die tatsächliche Natur von Geisteswelten herauszufinden. Auch wenn man gerade das eigentlich gar nicht sucht, könnte es bei der Suche nach den neurologischen Grundlagen anfallen.

    Und auch sehe ich die Möglichkeit, aus der Gehirnforschung heraus neue Methoden für die Weiterentwicklung von KI zu finden.

    Mehr psychosoziale Forschung könnte allerdings tatsächlich wirklich auch konkret hilfreich sein, von daher volle Zustimmung. Und vor allem auch den aktuellen Kenntnisstand schon mal in den Kliniken umzusetzen.

    Ein Beispiel dafür wäre, in den Kliniken keine geschlossenen Aufnahmestationen mehr zu unterhalten, sondern die Neuaufnahmen gleich auf alle Stationen zu verteilen. Das wäre für die Betroffenen weit weniger traumatisch, und würde einer Eskalation des Wahnsinns entgegenwirken, die sich hier öfter einstellt, so wie es jetzt läuft.

  2. @ Stephan Schleim

    Wie würden Sie begründen, warum viele depressive oder psychische Erkrankungen bei Frauen ausgerechnet in den Wechseljahren oder nach Geburten vermehrt auftreten.

    Neurologen begründen das mit nachgewiesenen hormonellen Veränderungen?

    Auch bei Männern die Hormonbehandlungen bekommen müssen, treten ähnliche Störungen auf.

    Warum soll man nicht versuchen, diesen eindeutig durch biochemische Prozesse verursachten Störungen, die auch massiv die Empfindungen/Gefühle beeinträchtigen können, auf den Grund zu gehen?

  3. @Tobias: Depressionen & Medikamente

    Wie hier ja wiederholt besprochen wurde, haben “Antidepressiva” (irreführender Name) keine spezifisch-antidepressive Wirkung; in den meisten Fällen dürfte es sich um einen Placebo-Effekt handeln. Wenn man an die Nebenwirkung von “Antidepressiva” denkt, scheint mir erst einmal die Gabe von Placebos ethisch geboten.

    Ich bestreite übrigens nicht, dass sich bestimmte Erfahrungen (z.B. psychotischer Natur) mit Psychopharmaka reduzieren oder unterdrücken lassen; vielleicht habe ich selbst sogar gerade im Zug ein Bierchen getrunken, gegen den Stress oder aus Langeweile.

  4. @Elektroniker: Depressionen & Hormone

    Schauen Sie, “die Wechseljahre” sind nicht nur ein hormonelles Ereignis; Frauen müssen dann z.B. akzeptieren, nicht mehr fruchtbar zu sein. Das kann vor allem für diejenigen mit einem unterfüllten Kinderwunsch traumatisch sein. Übrigens kann dieses “Schicksal” auch Männer überkommen. Dazu kommen noch die körperlichen Veränderungen (wie Hautfalten, graues Haar, weniger straffe Haut usw.), die sich wiederum negativ aufs Selbstbild auswirken können.

    Wenn Depressionen durch hormonelle Schwankungen ausgelöst werden – solche Fälle sind durchaus bekannt (z.B. durch eine Schilddrüsenfehlfunktion) –, dann sollte man besser ursächlich diese Schwankungen behandeln, statt die depressiven Symptome. (In extremen Einzelfällen wird man beides gleichzeitig behandeln müssen, z.B. wenn jemand akut suizidal ist.)

    P.S. Eine Geburt ist übrigens ein “schweres Lebensereignis” (serious life event) par excellance, sowohl als biologisch-medizinischer Vorgang als auch sozial (Mutter/Vater werden).

  5. Ich leide selber an einer Depression und ich spüre, dass mich das verändert hat. Dass es auch mein Gehirn, mein Denken und bis zu einem gewissen Grad meine Persönlichkeit verändert hat. Manches funktioniert nicht mehr wie es soll. Auslöser war eine längere Mobbingerfahrung.
    Ich bin selber Wissenschaftler (auf einem anderen biologischen Gebiet) und muss zu dem Artikel sagen, dass er in manchen Aspekten zu streng ist. Nicht nur die Praxis zählt, man sollte auch die Hintergründe verstehen und ein Teil davon wird wohl in der Neurobiologie liegen – vielleicht auf epigenetischer Ebene, in der Protein-Interaktion etc. Dass es in den Genen begründet ist, glaube ich auch nicht, da gebe ich Ihnen recht. Aus der Erfahrung mit Medikamenten schließe ich, dass wir wohl alle große Bioreaktoren sind und unsere Körperchemie uns mehr steuert, als uns bewußt oder lieb ist.
    Ich fühle mich oft so, als hätte jemand einen Kaugummi auf meine Steuerungsplatine geklebt wodurch es zu ein paar Kurzschlüssen und falschen Verdrahtungen gekommen ist. Mir wäre schon sehr recht, wenn man aufklären könnte, welche Veränderungen das genau waren und wie man sie (effizient) beheben kann. Jahrelang um sein “altes” Leben zu kämpfen – mit ungewissem Ausgang – ist echt kein Spaß.

  6. P.S. @all: Natürlich ist “die Psyche” verkörpert und haben die Betroffenen beim Durchleben depressiver Zustände bestimmte Erfahrungen – und damit auch Körper- bzw. Gehirnprozesse.

    Das ist aber etwas anderes als die Aussage, es gäbe so etwas wie ein medizinisches Ding “Depression”, das man im Gehirn finden könne; oder in den Genen (Stichwort: Reifikation).

  7. @Betroffener: Perspektiven aus “Depressionen”

    Danke erst einmal für Ihre Offenheit – und dass wir uns hierüber sinnvoll unterhalten können; ich schrieb erst kürzlich über das Thema aus der Innenansicht.

    Mir ist klar, dass eine kulturgeschichtliche Perspektive nerven kann, wenn man selbst gerade Betroffen ist: Trotzdem bleibt es ein Fakt, dass wir unterschiedliche Namen für solche Erfahrungen haben und hatten (bsp. Melancholie, Lebenskrise usw.).

    Und es ist auch ein Fakt, dass der Depressionsbegriff im Laufe des 20. Jahrhunderts erweitert wurde, sodass immer mehr Menschen darunter fallen; für viele Psychiater und vor allem die Pharma-Industrie war das sehr lukrativ (Stichwort: Medikalisierung).

    Wenn Sie von Mobbing sprechen, gehe ich davon aus, dass diese Erfahrungen entweder früheres Leid wieder ausgelöst oder einen wesentlichen Teil Ihres Selbstbilds angegriffen haben; ansonsten hätte es Sie wahrscheinlich nicht so stark getroffen.

    Solche komplexen Lebensumstände neurobiologisch erklären zu können scheint mir ziemlich sinnlos, wenn wir z.B. nicht einmal eine einfache Erfahrung neurobiologisch erklären können.

  8. Die Aussage (Zitat) „ psychische Störungen seien Hirnstörungen“ ist sicher nicht sehr aussagekräftig und auch nicht sehr hilfreich, denn während einer Depressionsphase ist mit einer veränderten Hirnaktivität zu rechnen schliesslich passiert ja alles Psychische im Hirn. Einen Aussagewert hätte die „Hirnstörung“ nur dann, wenn sie bereits vor der Erkrankung bestehen würde und somit die Erkrankung/Depression eine Manifestation von etwas Vorbestehenden wäre. Allerdings wird es schnell einmal schwierig mit der Annahme Depressive hätten alle eine Prädisposition, liegt doch die Lebenszeitprävalenz einer Depression zwischen 16 und 20%, ist also recht hoch.

    Wenn hier Stephan Schleim meint, es gelte (Zitat) “ das Leid der Betroffenen unmittelbar zu lindern und ihr Alltagsleben unmittelbar zu verbessern“, so hat er meiner Meinung nach wenig Neues anzubieten, denn das passiert ja schon.

    Interessant wären meiner Meinung nach Versuche der Prävention von depressiven Erkrankungen. Dazu könnte man etwa Studien durchführen in denen man versucht, nach einem ausführlichen Interview und einer Umfelduntersuchung, das Depressionsrisiko von Untersuchungspersonen vorherzusagen. Wenn das gelingt und somit aussagekräftige Prognosen gemacht werden können, dann wäre der nächste Schritt, die nächste Studie, der Versuch durch Interventionen die spätere Depression zu verhindern. Das ist allerdings nur so eine Idee. Persönlich ist mir keine solche Studie bekannt.

  9. @ Betroffener
    21.09.2023, 16:33 Uhr

    Aus der Erfahrung mit Medikamenten schließe ich, dass wir wohl alle große Bioreaktoren sind und unsere Körperchemie uns mehr steuert, als uns bewußt oder lieb ist.

    Das ist ziemlich offensichlich denke ich. Drogen würden sonst ja zum Beispiel gar nicht funktionieren. Ob mir das lieb ist spielt da keine Rolle, am Leben sein ist manchmal ganz platt wirklich kein Wunschkonzert.

    Ich fühle mich oft so, als hätte jemand einen Kaugummi auf meine Steuerungsplatine geklebt wodurch es zu ein paar Kurzschlüssen und falschen Verdrahtungen gekommen ist.

    Der Versuch (um irgendwie im Bild zu bleiben) einfach mal ein paar Drähte neu zu ziehen hat mir persönlich zB keinen Meter geholfen.

    Mir wäre schon sehr recht, wenn man aufklären könnte, welche Veränderungen das genau waren und wie man sie (effizient) beheben kann.

    Das spricht mir aus der Seele und ich denke vielen anderen Menschen geht das auch so. Darf jemand auch gerne weiter nach forschen, aber das ist gerade einfach nicht als Hilfe verfügbar. Schöner wäre es.

    Jahrelang um sein “altes” Leben zu kämpfen – mit ungewissem Ausgang – ist echt kein Spaß.

    Natürlich nicht, aber auf Instrumente hoffen die konkret trotz aller Heilsversprechen gar nicht zur Verfügung stehen heißt am Ende ja auch jahrelang warten oder?

    Ich hoffe ich war nicht aufdringlich.

  10. @Martin Holzherr
    21.09.2023, 20:38 Uhr

    Wenn hier Stephan Schleim meint, es gelte (Zitat) “ das Leid der Betroffenen unmittelbar zu lindern und ihr Alltagsleben unmittelbar zu verbessern“, so hat er meiner Meinung nach wenig Neues anzubieten, denn das passiert ja schon.

    Ja klar passiert das schon, aber richtig und ausreichend?

    https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JoHM_04_2017_Psychiatrische_Psychotherapeutische_Leistungen.pdf?__blob=publicationFile

    Ich meine den Link hätte ich bei Joseph Kuhn gefunden 🙂

  11. die Wechseljahre sind nicht nur ein hormonelles Ereignis

    Mit Verlaub: das ist eine sehr männliche Perspektive. Der drastische Abfall von Östrogen und Progesteron hebelt die meisten Frauen aus, da braucht es keine zusätzlichen “soften” Faktoren. Dass sich der Menstruationszyklus auch auf den Schweregrad der Depression auswirkt, ist ebenso nicht von der Hand zu weisen. Jede Frau, die nicht hormonell verhütet und schon länger an Depressionen leidet, wird es Ihnen bestätigen können.

    Ich komme aus einer Familie, in der seit mindestens vier Generationen Menschen an bipolaren Störungen leiden. Auch ein Cousin, der zur Familie fast gar keinen Kontakt hat, ist davon betroffen. Für mich steht außer Frage, dass es eine genetische Komponente geben muss. “Erlernt” ist diese Störung nicht.

    @Tobias: geschlossene Stationen dienen auch dem Schutz von Patient:innen. Würden Sie sich mit einer Depression oder Angststörung in eine Klinik einweisen lassen, wenn sie wüssten, dort u.U. das Zimmer mit einer Patientin mit akuter Psychose oder Manie teilen zu müssen?

  12. Der Artikel ist in mehrerer Hinsicht falsch. Zum einen wird fälschlich vermittelt, dass Psychiater/ Psychotherapeuten Depressionen monokausal auf Stoffwechselstörungen oder die Gene zurückführen, wobei schon seit langem Konsens darüber besteht, dass die Ursachen für Depressionen und andere psychische Störungen multifaktoriell sind. Es wird zum anderen vermittelt, dass die neurobiologische Grundlagenforschung hinausgeworfenes Geld ist und man das Geld lieber in die Patientenversorgung stecken sollte. Der psychosozialen Hilfangebote in Deutschland sind bereits sehr breit gefächert (ASP, Soziotherapie, Wohngemeinschaften, Genesungsbegleiter, fachpschiatrische ambulante Pflege, rechtliche Betreuung, Psychotherapie, Selbsthilfegruppen und und und…. Angehörige und Betroffene kennen und nutzen die Möglichkeiten und trotz der Hilfen geht es vielen Betroffenen weiter schlecht… Daher muss auch weiter Grundlagenforschung betrieben werden. Und wie bitte kommen Sie darauf, dass Antidepressiva nur eine Placebo Wirkung haben. Wie könnte ein Placebo einem schwer depressiven antriebsgehemmten Menschen, bei dem bereits alle Bemühungen von Familie und Verwandten gescheitert sind, überhaupt helfen? Tun sie aber! Wieso haben Antidepressiva überhaupt psychische Absetzeffekte, wenn sie doch Placebos sind? Im übrigen werden Antidepressiva auch bei anderen psychischen und somatischen Störungen erfolgreich eingesetzt, wie bei Angstströrungen, chronischen Schmerzstörungen, Migräne, nervaler Blaseninkontinenz usw. Selbstverständlich muss der Einsatz von Antidepressiva streng abgewogen werden und sich an der Schwere der Erkrankungen orientieren. Im übrigen zeigen funktionelle cMRT Aufnahmen klare neurobiologische Veränderungen bei psychischen Störungen, wie z. B. eine reduzierte Frontalaktivität. Schlussendlich finde ich es anmaßend sich über die Erfahrung abertausender Wissenschaftler zu stellen, die ernsthaft zu den Themen forschen und täglich dutzende Patienten behandeln. Als reiner Theoretiker sollte man sich da lieber zurückhalten und die ohnehin oft verunsicherten Patienten und Angehörigen nicht weiter in die irre führen und sie damit gefährden. Der niedergelasse Psychiater verdient übrigens gar nichts an der Verordnung von Psychopharmka. Im Gegenteil, man riskiert ständig Regressforderungen der Krankenkassen… Grüße von der klinischen Seite der Medizin

  13. @Stephan 21.09. 16:25

    „Wenn man an die Nebenwirkung von “Antidepressiva” denkt, scheint mir erst einmal die Gabe von Placebos ethisch geboten.“

    Das würde ich sofort mal ausprobieren. Es müssen dann aber auch zugelassene Placebos zur Verfügung stehen. Auch Placebos wirken vermutlich nur, wenn sie auch eingenommen werden. Ansonsten muss man halt die Antidepressiva nehmen, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht. Vielleicht könnte man auch harmlose Tees vom Heilpraktiker mal testen?

    Die Nebenwirkungen sind ja nun erheblich. Es wäre sehr gut, wenn man das vermeiden könnte.

    @Maya 21.09. 22:55

    „Würden Sie sich mit einer Depression oder Angststörung in eine Klinik einweisen lassen, wenn sie wüssten, dort u.U. das Zimmer mit einer Patientin mit akuter Psychose oder Manie teilen zu müssen?“

    Naja, wer gewalttätig wird, der wird ja auch fixiert. Man müsste vielleicht ein wenig umbauen, und kritische Patienten in Einzelzimmern unterbringen. Dann muss man sie auch nicht so schnell fixieren, was eigentlich auch ein ziemliches Unding ist. Meisten reicht es, Störer im eigenen Zimmer einzuschließen.

    Ansonsten müsste man sich die Zimmergenossen nach Möglichkeit aussuchen können, und jeder einen eigenen Zimmerschlüssel haben, dass man Ruhe vor ungebetenem Besuch hat.

    Auch müsste man eine technische Türkontrolle haben, dass die Patienten mit PsychKG, die sofort abhauen würden, nicht rauskommen.

    Die nötigen Umbauten wären im Vergleich zu den auflaufenden Personalkosten wohl unwesentlich.

  14. @Aydin: Kritische Fragen

    Danke für Ihre kritischen Fragen, die uns die Gelegenheit geben, ein paar Punkte tiefer zu diskutieren.

    Im Ergebnis irren Sie sich; in Kürze werde ich das genauer ausführen. Gerade habe ich nicht genug Zeit dafür (privat).

  15. Depression wirkt, wie ein System-Shutdown: Das Bewusstsein wird von vielen Ressourcen und Netzwerken abgeschnitten und im Keller weggesperrt – zu viel Energie tigert im Käfig im Kreis in Wiederholungsschleifen, so schnell, dass sie alle Ausfahrten verpasst. Die Lösung ist immer der geistige Aderlass, man leitet den Strom ab, damit er sich auf ein größeres Netzwerk verteilen kann. Gesprächstherapie baut dazu Kanäle und Pipelines zwischen verschiedenen Menschen, Freud stärkte und schuf Kanäle innerhalb des Gehirns, man kann sich auch aus der Depri frei schreiben, indem man den Saft durch jede Ritze im Boden ins eigene Unterbewusstsein pumpt, sodass die Geister dort erwachen, sich regen und einem Geschichten zu erzählen beginnen.

    Schnöde Elektrik ist also schon da, doch wenn wir sie mit den vorhandenen Mitteln nicht fassen können, dann ist das eben so. Therapien muss man aus dem MacGyvern, was einem gerade zur Verfügung steht. Was funzt, funzt. Dass Äffchen muss die Maschine nicht verstehen, um zu lernen, dass eine Banane herausspringt, wenn es das Knöpfchen drückt. Wenn Sie Bananen brauchen, drücken Sie Knöpfchen, wenn Sie Ingenieur für Bananenmaschinen werden wollen, nehmen Sie die Maschine auseinander, aber beides sind getrennte Prozesse.

    Patienten brauchen Hilfe hier und jetzt, und dafür brauchen Sie Mittel. Wenn Sie ihnen morgen noch besser helfen können, müssen Sie forschen, auch dafür brauchen Sie Mittel, und zwar nicht zu knapp – Forschung ist Versuch und Irrtum, Irrtum ist viel mehr da, und die Verluste müssen Sie schultern können. Die Verteilungskämpfe zwischen Erhalt und Fortschritt, Konservatismus und Progression, sehen Sie überall im Leben. Sie werden nicht von den Fraktionen geschaffen, sondern eskalieren, wenn die Mittel knapp werden, sind also Wirtschaftsprobleme, die die ganze Gesellschaft genauso betreffen, wie die Wissenschaft, weil sie ja erst Gesellschaft geworden ist, um gemeinsam an derselben Steckdose zu nuckeln.

    Verteilungskämpfe nehmen zu, und wir nuckeln alle, wie die Wilden. Wenn die Forscher sich in einem bestimmten Labor verbarrikadieren, mit religiösem Fanatismus nach Futter plärren, Nippel an sich raffen und allen anderen das Wasser abgraben, ist das nur die lokale Variante eines globalen Phänomens – derzeit machen wir das alle so. Muss man mit leben. Aber nur ganz kurz. Danach ist man entweder tot, oder die Wirtschaft hat eine neue Futterquelle gefunden. Die Menschheit als Ganzes ist ein Bakterien-Blob, der auf Futter reagiert, Strom fließt, wir halten an, Strom fehlt, wir bewegen uns. Und wenn unser Gehirn nicht mal die Vorgänge in einer solch primitiven Struktur in den Griff kriegt, würde ich beim Gehirn vorsichtig sein.

  16. @Tobias Jeckenburger
    >>„Wenn man an die Nebenwirkung von “Antidepressiva” denkt, scheint mir erst einmal die Gabe von Placebos ethisch geboten.“
    > Das würde ich sofort mal ausprobieren. Es müssen dann aber auch zugelassene Placebos zur Verfügung stehen. Auch Placebos wirken vermutlich nur, wenn sie auch eingenommen werden.

    Gehen Sie zum Homöopathen. Arzt, wenn Ihr Placebo-Effekt auf medizinische Autorität anspringt; Heilpraktiker, wenn die Aura von “Nicht-/Anti-Mainstream” besonders wirksam ist. 🙂 Gerade die sog. “klassischen” Homöopathen mit ihrer bis zu >1h dauernden Erstkonsultation dürften hier Wirkung zeigen. Dazu kommt, dass die hom. Behandlung auch oft Anweisungen einschließt, die einer “Ordnungstherapie” gleichkommen. Und sich auf dem Umweg über körperliche Symptome einer Grundproblematik in Lebensführung/Konfliktlösung/Überlastung/… zu nähern ist eine niedrigere Hemmschwelle als der direkte Gang zum Therapeuten.

    Hier gibt es ein ethisches Dilemma: Die stärksten Faktoren beim Placeboeffekt sind der Glaube des Behandlers und die Erwartung des Patienten. Bewirkt man allgemein eine rational-wissenschaftliche Einsicht, dass es sich bei Homöopathika (ausgenommen die niedrigsten Verdünnungsstufen) um Placebos handelt, zerstört man ein therapeutisches Instrument. Was tun? Der Dummheit in der Bevölkerung Vorschub leisten (CoVID hat gezeigt dass das schädlich für die Gesamtgesellschaft ist), aber dafür eine larvierte niedrigdosierte Psychotherapie plus Placeboeffekt nutzen — oder Placeboeffekt und Minimal-Psychotherapie aufgeben, aber dafür eine der Wissenschaft folgende Bevölkerung fördern?

  17. @Noch‘n Wort 22.09. 10:33

    „Bewirkt man allgemein eine rational-wissenschaftliche Einsicht, dass es sich bei Homöopathika (ausgenommen die niedrigsten Verdünnungsstufen) um Placebos handelt, zerstört man ein therapeutisches Instrument.“

    Nicht unbedingt, es dürfte sich herumgesprochen haben, dass da keine chemisch wirksame Substanzen drin stecken. Und es hilft trotzdem, einfach weil die Wirkung psychologisch funktioniert.

    „Was tun? Der Dummheit in der Bevölkerung Vorschub leisten (CoVID hat gezeigt dass das schädlich für die Gesamtgesellschaft ist), aber dafür eine larvierte niedrigdosierte Psychotherapie plus Placeboeffekt nutzen — oder Placeboeffekt und Minimal-Psychotherapie aufgeben, aber dafür eine der Wissenschaft folgende Bevölkerung fördern?“

    Die Wirkung ist doch definitiv psychologisch. Wenn man Placebos ausdrücklich da nutzt, wo man nichts besseres hat, bzw. nur zum Preis unangemessener Nebenwirkungen, dann beschädigt man keinesfalls die Anerkennung von Wissenschaft. Im Gegenteil, wenn sich Evidenzliebhaber selber versteigen, und eben kaum Wirksameres als Placebos mit gravierenden Nebenwirkungen und zu hohen Preisen verschreiben, dann weckt eher das dann Misstrauen, und das zu recht.

    Psychologie ist definitiv auch eine Wissenschaft, und psychologisch wirkende Pillen sind keine Zauberei. Ein Hausarzt, der sich auch mit der Psyche seiner Patienten aufmerksam auseinandersetzt, der leistet richtig gute Arbeit. Das ist nebenbei auch Werbung für evidenzbasiertes Vorgehen und die Anerkennung wissenschaftlicher Erkenntnis.

    Chemie ist Wissenschaft, Psychologie aber auch. Auch „niedrigdosierte Psychotherapie“ leistet uns im Alltag gute Dienste, nicht nur bei medizinischen Problemen.

    „Und sich auf dem Umweg über körperliche Symptome einer Grundproblematik in Lebensführung/Konfliktlösung/Überlastung/… zu nähern ist eine niedrigere Hemmschwelle als der direkte Gang zum Therapeuten.“

    Ein Hausarzt, der hier einen Blick drauf wirft, der kann wohl nicht schaden. Wer bei Rückenschmerzen dass Fitnesscenter anrät, oder bei viel zu viel Stress anrät, weniger zu arbeiten, der geht an die wirklichen Ursachen so mancher Schwierigkeiten.

  18. @Maya: Hormone & Individuen

    Männer haben ebenfalls hormonelle Schwankungen, wenn auch deren Zyklen i.d.R. langfristiger und dann schleichender sind; bei mir sind plötzliche Stimmungsschwankungen ein guter Indikator dafür, mir eine Grippe eingefangen zu haben, deren typische Symptome sich dann oft ein bis zwei Tage später manifestieren.

    Ich habe genug Partnerinnen gehabt, mit Frauen darüber gesprochen und auch manches über das Thema gelesen, um zu wissen, dass Menstruation und Wechseljahre von Frau zu Frau sehr unterschiedlich verlaufen können.

    Da ich gar nicht bestreite, dass sich hormonelle Schwankungen emotional (und allgemeiner auf die psychische Befindlichkeit) auswirken, widersprechen Sie meinem Standpunkt gar nicht. Dass Sie psychosoziale Faktoren als “soft” ansehen, verrät allerdings viel über Ihre Denke. Wenn Sie Menschen auf deren hormonelle Schwankungen und neuronale Aktivitäten reduzieren wollen, kann ich das auch nicht ändern. 🤷🏻‍♂️

  19. @Aydin: im Fakten-Check

    Es hätte geholfen, sich mit den Studien/Quellen auseinanderzusetzen, anstatt nur “aus dem Nähkästchen” zu plaudern; aber wie dem auch sei, hier die inhaltliche Antwort auf Ihre Kritik:

    …dass Psychiater/ Psychotherapeuten Depressionen monokausal auf Stoffwechselstörungen oder die Gene zurückführen…

    Das Zitat von Prof. Dr. Holsboer, inklusive Quellenangabe, also einem der führenden Psychiater Deutschlands, fanden Sie im Text; warum reagieren Sie darauf? Am Beispiel Hazel Bruggers habe wir hier erst kürzlich durchdekliniert, wie die Komikerin von ihren psychosozialen Stressfaktoren spricht – und Prof. Dr. Hegerl, ein anderer führender Psychiater auf diesem Gebiet, schlussfolgert: Ja ja, die Schilddrüse! Ihre Kritik verfehlt ihr Ziel. (Dass in der Praxis tätige Psychiater*innen wissen, dass die reduktionistischen Aussagen Ihrer Chefs Unsinn sind, ist geschenkt; haben Sie mein Fazit nicht gelesen?)

    Es wird zum anderen vermittelt, dass die neurobiologische Grundlagenforschung hinausgeworfenes Geld ist und man das Geld lieber in die Patientenversorgung stecken sollte.

    Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass es hier um den Unterschied Forschung vs. Praxis geht; offenbar haben Sie keine Ahnung von psychiatrischer Forschung. Das war in meinem Text allerdings erklärt. Wenn Sie mir nicht glauben, lesen Sie doch z.B. Dr. Felix Haslers (HU Berlin) “Neue Psychiatrie” oder entsprechende Aufsätze führender Psychiater in renommierten Fachzeitschriften, z.B.

    Rethinking funding priorities in mental health research

    Medicine and the Mind — The Consequences of Psychiatry’s Identity Crisis

  20. @Aydin: zu “Antidepressiva”

    An Ihnen sind die kritischen Befunde der letzten immerhin schon 15 Jahre (z.B. Dr. Irving Kirsch, Harvard Medical School) offenbar spurlos vorbeigegangen. Dass die Pillen Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich sind und Bei rund 90% Antidepressiva nicht besser wirken als Placebo hat Dr. Hengartner hier doch schon vor Jahren in allgemeinverständlicher Sprache formuliert; warum reagieren Sie nicht einmal auf die Argumente? Und Sie wissen schon, dass diejenigen, denen Sie hier das Wort reden, die angeblich positiven Studienergebnisse manipuliert und negative Befunde unterschlagen haben?

    Dass die sogenannten “Antidepressiva” (irreführender Name) auch für so viele andere Störungen verschrieben wird, wie Sie aufzählen, unterminiert gerade Ihren eigenen Standpunkt; damit wird nämlich die Kritik gestützt, dass diese Mittel (vor allem SSRIs) überhaupt nicht spezifisch antidepressiv wirken. Niemand bestreitet hier, dass die Beeinflussung der Neurotransmitter psychische Folgen hat; dafür braucht man ja nur mal ein paar Bierchen zu trinken (GABA & Glutamat) oder eine Ecstasy-Pille einzuwerfen (v.a. Serotonin; habe ich nie gemacht und empfehle ich auch niemandem).

    Die Welle der Kritik, die vor rund einem Jahr durch alle Medien ging, national wie international, ist wohl spurlos an Ihnen vorbeigegangen.

    Kritik ist hier willkommen! Wer aber mit so weitreichenden Behauptungen auftritt, wie Sie, sollte aber die Hausaufgaben gemacht haben und zumindest einmal den Forschungsstand von vor ein paar Jahren kennen. Auffälligerweise können Sie ja auch keine einzige Quelle für Ihren Standpunkt anführen.

    Wenn man wenigstens im Ansatz verstanden hat, was Kategorien wie ADHS oder Depressionen überhaupt sind, ist es völlig abwegig zu glauben, dass es hierfür eine spezifische medikamentöse Behandlung gäbe.

  21. @Paul S. a.k.a. MacGyver: Depression & Unterstützung

    Therapien muss man aus dem MacGyvern, was einem gerade zur Verfügung steht. Was funzt, funzt.

    Patienten brauchen Hilfe hier und jetzt, und dafür brauchen Sie Mittel. Wenn Sie ihnen morgen noch besser helfen können, müssen Sie forschen, auch dafür brauchen Sie Mittel, und zwar nicht zu knapp – Forschung ist Versuch und Irrtum, Irrtum ist viel mehr da, und die Verluste müssen Sie schultern können.

    Haben Sie mitbekommen, dass die meisten depressiven Episoden nach ein paar Monaten von selbst wieder verschwinden?*

    Man sollte Leute mit psychischen Problemen unterstützen, ja; das ist nach meinem Verständnis aber vor allem Hilfe zur Selbsthilfe.

    Leute als Patienten mit einer “saublöden Erkrankung” Depression (Zitat Prof. Dr. Ulrich Hegerl) abzustempeln und mit Medikamenten vollzustopfen, löst das Problem nachhaltig gerade nicht; das zeigen ja alle epidemiologischen Studien. Natürlich werden die Pharma-Firmen so aber immer reicher – und verdienen einige Psychiater gut mit.

    * Wenn Psychiater dann nicht evidenzbasiert, sondern marketingbasiert an den Betroffenen herumdoktern (d.h. wild verschiedenste Psychopharmaka-Kombinationen verschreiben), während es den Leuten von selbst wieder besser geht, ist klar, dass viele Betroffene hinterher denken, die Medikamente, die sie zufällig während der Phase der Besserung bekommen haben, hätten ihnen geholfen. Das kann man aber schon rein wissenschaftstheoretisch ohne “Kontrollperson” von sich selbst gar nicht wissen.

  22. >„Bewirkt man allgemein eine rational-wissenschaftliche Einsicht, dass es sich bei Homöopathika (ausgenommen die niedrigsten Verdünnungsstufen) um Placebos handelt, zerstört man ein therapeutisches Instrument.“

    >Nicht unbedingt, es dürfte sich herumgesprochen haben, dass da keine chemisch wirksame Substanzen drin stecken. Und es hilft trotzdem, einfach weil die Wirkung psychologisch funktioniert.

    Da stimme ich zu. Die Formulierung “zerstört” war zu hart, es gehen aber schon größere Teile der Wirkfaktoren verloren. Dass dann der Rest noch hilft ist natürlich gut. Das Dilemma bleibt, wenn auch schwächer, bestehen.

    > Die Wirkung ist doch definitiv psychologisch. Wenn man Placebos ausdrücklich da nutzt, wo man nichts besseres hat, bzw. nur zum Preis unangemessener Nebenwirkungen, dann beschädigt man keinesfalls die Anerkennung von Wissenschaft. Im Gegenteil, wenn sich Evidenzliebhaber selber versteigen, und eben kaum Wirksameres als Placebos mit gravierenden Nebenwirkungen und zu hohen Preisen verschreiben, dann weckt eher das dann Misstrauen, und das zu recht.

    > Psychologie ist definitiv auch eine Wissenschaft, und psychologisch wirkende Pillen sind keine Zauberei.

    Ersteres stimmt, zweiteres auch, wird durchaus in Anwenderkreisen anders verstanden. Auch ärztliche Homöopathen sind hier nicht vor magischem Denken gefeit, und das nicht nur in Einzelfällen (Quelle: Eigene Beobachtungen). Andere Therapien haben in ähnlicher Weise ihre handlungsleitenden Theorien (dh, ein Denkgerüst, dass als Unterbau ihre Vorgehensweisen systematisiert), die aber nicht an den Stand der Wissenschaft anschlussfähig sind. (Cranio-sakrale Osteopathie wäre auch so ein Fall.) In dieser Hinsicht ist man mit den “alternativen” Medizinen schon gefährlich nahe am Bereich der alternativen Fakten. Es war wunderbar zu beobachten, wie sich Alternativmediziner und ihre fest überzeugten Patienten während der CoVID-Zeit mit ihren kognitiven Dissonanzen herumschlagen mussten (und dann gelegentlich nach außen den Druck ableiteten).

    Der rational-wissenschaftlich Placebos anwendende Arzt, den Sie beschreiben ist ein ideal, das leider viel zu selten von der Wirklichkeit gedeckt wird.

  23. @Noch’n Wort: Alternativmedizin & Geld

    Viele Ärztinnen und Ärzte machen im Zweifelsfalle das, was sie an Leistungen abrechnen können (sofern es nicht den Protokollen widerspricht und mit Risiken einhergeht, für die sie persönlich verantwortlich gemacht werden könnten). “Evidenzbasierte Medizin” ist dann ein “buzzword”, das sich gut macht; ein Verkaufsargument. Es gelten zudem Marktprinzipien, Angebot und Nachfrage. Schauen Sie sich die medizinischen Fakultäten an, die Kurse in Homöopathie anbieten oder sogar solche (Stiftungs-) Lehrstühle haben.

    (Übrigens erstatten manche Krankenkassen solche Leistungen ausdrücklich, weil etwas Placebo-Medizin in vielen Fällen günstiger ist, als die Leute von Facharzt zu Facharzt zu schicken, wo eine einzelne z.B. radiologische Untersuchung schon einmal vierstellige Kosten verursachen kann. Und warum ist es z.B. so, dass ich in Deutschland mit meinem Gehalt wohl 600-800 Euro pro Monat für die Krankenversicherung bezahlen müsste, plus Arbeitgeberanteil, und hier in den Niederlanden mit unter 200 Euro inklusive Zusatzversicherungen auskomme?)

  24. > Übrigens erstatten manche Krankenkassen solche Leistungen ausdrücklich, weil etwas Placebo-Medizin in vielen Fällen günstiger ist, als die Leute von Facharzt zu Facharzt zu schicken, ..

    Stimmt, für die Homöopathie speziell wurde in Beobachtungsstudien eine klare “Gatekeeper”-Funktion festgestellt.

    Und die Kassen haben so ihre Tricks… Eine Anekdote (für die ich keine Belege habe, also besser nicht zitieren!): Die Securvita BKK fing vor langer Zeit in Schleswig-Holstein an, Homöopathie zu erstatten — zu einer Zeit als das nicht gesetzlich zugelassen war. Um dennoch die Genehmigungen zu bekommen, hat sie die zuständige Behörde mit Einzelanträgen geflutet. Und da nach einer bestimmten Frist (4 Wo?) so ein Antrag automatisch als genehmigt galt, kamen fast alle durch. (Vielleicht gab es auch in der Behörde ein resigniertes “Da kommen wir eh’ nicht hinterher, wir nutzen die Zeit für sinnvollere Tätigkeiten”, oder Sympathisanten?)

    Mit dieser Strategie wurden vor allem die naturheilkundlich orientierten Milieus geködert angesprochen. Diese sind gesünder, jünger, gebildeter und gesundheitsbewußter — und damit zahlen sie höhere Beiträge und nehmen weniger von den teuren Leistungen in Anspruch (übertrieben gesagt: eine Stunde Osteopath statt 1 x lumbales MRT). Im Mitgliederblättchen wird fleissig für (grüne) Geldanlagen geworben… Und natürlich für die Zusatzversicherungen der Securvita BKK.

    ^^Wie angedeutet – ohne Gewähr für die Richtigkeit.

  25. @Noch‘n Wort 22.09. 20:57

    „Auch ärztliche Homöopathen sind hier nicht vor magischem Denken gefeit, und das nicht nur in Einzelfällen.“

    Das stört jetzt aber zumindest den Behandlungserfolg nicht. Im Gegenteil, wer weiß schon, ob geistige Ansätze wirklich gar nichts nutzen können.

    „Andere Therapien haben in ähnlicher Weise ihre handlungsleitenden Theorien (dh, ein Denkgerüst, dass als Unterbau ihre Vorgehensweisen systematisiert), die aber nicht an den Stand der Wissenschaft anschlussfähig sind.“

    Der Mensch neigt dazu, zu systematisieren. Was wiederum die Placebowirkung nicht reduziert, aber vielleicht auch gar nicht erhöht.

    „In dieser Hinsicht ist man mit den “alternativen” Medizinen schon gefährlich nahe am Bereich der alternativen Fakten.“

    Die gesellschaftliche Gesamtwirkung ist dann allerdings in der Tat kritisch einzuschätzen. Aber derartiges Treiben deswegen zu verbieten wäre dennoch auch schräg.

    „Der rational-wissenschaftlich Placebos anwendende Arzt, den Sie beschreiben ist ein ideal, das leider viel zu selten von der Wirklichkeit gedeckt wird.“

    Deswegen mache ich ja auch Werbung dafür.

    @Stephan 22.09. 21:20

    „Übrigens erstatten manche Krankenkassen solche Leistungen ausdrücklich, weil etwas Placebo-Medizin in vielen Fällen günstiger ist, als die Leute von Facharzt zu Facharzt zu schicken,..“

    Auch ich empfinde die Höhe der Gesundheitskosten als einen Murks, der alle Schmerzgrenzen überschritten hat. Irgendwie führt das deutsche Kassensystem dazu, dass ganz viele aufwändige und teure Maßnahmen angeboten werden, die man nie machen lassen würde, wenn man wüsste, wie wenig nützlich die sind, und man das selbst bezahlen müsste.

    Hier ist ein Wurm im System, der richtig, richtig teuer ist. Und dann beklagt man sich noch über Fachkräftemangel im Gesundheitswesen.

  26. Es wird immer wieder davon berichtet, dass Placeboeffekte (auch Homöopathie), wirklich hilfreich sein sollen.

    Was wäre, wenn zwar nicht auf die „organische Quelle“ des Krankheitsgeschehen Einfluss genommen wird, sondern auf das „Auswertesystem“, letztlich auf das „Bewusstsein“?

    Normalerweise „koppelt“ ein „Krankheitsgeschehen“ über die Sensorik in das neuronale System und das Problem wir zur „Bewusstseinsanzeige“ gebracht.

    Neurologen (z.B. N. Birbaumer) haben vor vielen Jahren berichtet, dass das neuronale System mittels der „Lerneffekte“ ein immer „empfindlicheres“ (auch „hysterisches“) „Schmerzgedächtnis“ erzeugt. Bedeutet, wenn die „Krankheit“ auch nur sehr „schwach“ ist, wird sie immer stärker „empfunden“.

    Ich vermute, dass „Placeboeffekte“ einfach bewirken, dass das neuronale System „außer Tritt“ kommt und sich immer mehr auf die vom Placeboeffekt ausgelösten harmlosen Prozesse „konzentriert“. Es beruht einfach auf „Ablenkung“ und die nutzen nicht nur „Zauberer“ bei ihren Auftritten.

  27. Wenn man eine Depression als „Unwohlsein“ ansieht, dann darf man eine gestörte Verdauung nicht vergessen.
    Wer Verdauungsstörungen hat, ist nicht frohen Mutes. Wenn man die krankmachenden Lebensmittel weglässt, dann bessert sich das Wohlbefinden.
    Man denke dabei an Zöliaki und andere Unverträglichkeiten.

    Zweiter Gedanke, Homöopatika mit Placebos gleichzusetzen ist eine Vereinfachung.
    Da man nicht alle Wirkmechanismen kennt, inklusive die psychologischen, ja der Körper produziert auch Wirkstoffe wenn man ihn willentlich dazu zwingt! , dann kommt die Psyche über den Willen ins Spiel.
    Und der Wille ist nicht im Röntgenbild sichtbar !

  28. Das Problem ist doch, dass man „Depressionen“ praktisch mit allem gleichsetzt, was mit einer Art von „Unwohlsein“ zu tun hat. Wenn es mit schweren „Lebensumständen“ zu tun hat, ist das naheliegend. Früher dürfte man zwischen endogenen und exogenen D. unterschieden haben.

    Das Problem ist, dass womöglich junge Forscher an Problemen forschen müssen die man kaum beschreiben kann und die sich ein junger Mensch nicht einmal vorstellen kann. Dieses Dilemma macht die Philosophen recht Hoffnungslos. Dazu kommt noch, dass es letztlich um Empfindungen – Gefühle – Bewusstsein geht, was kaum erforschbar scheint, aber jedenfalls nicht vollständig verstanden werden kann.

    Bei den „empfindenden Auswirkung“ von Depressionen dürfte es jedenfalls um biochemische Prozesse gehen. (Wie auch Tiere und Menschen „lustvolle“ Empfindungen anstreben und „schmerzhafte“ vermeiden wollen).

    Selbst wenn es mitunter reicht, wenn zwar das eigentliche Problem unberührt bleibt und nur das neuronale System so manipuliert wird, dass die eigentlichen Probleme „gelöst“ scheinen. Der Suff ist die traditionelle Methode, Drogen sind mehr „zeitgemäß“, etwas abgehoben und teuer ist „Psychotherapie“, oder „Psychotricks“ wie Autosuggestion, letztlich Ablenkung, auch durch Hobbys jeder Art……

    Wenn man Glück hat, setzen die Medikamente direkt am „empfindenden“ oder „kranken Organ“ biochemisch an und wirken „heilend“. Meistens wird einfach „abgelenkt“, mit den oben angeführten Methoden, bis sich das System von selbst heilt (oder auch nicht).

  29. @ Holzherr:

    Die Aussage (Zitat) „ psychische Störungen seien Hirnstörungen“ ist sicher nicht sehr aussagekräftig und auch nicht sehr hilfreich, denn während einer Depressionsphase ist mit einer veränderten Hirnaktivität zu rechnen schliesslich passiert ja alles Psychische im Hirn.

    Die Aussage dass “alles psychische im Hirn geschieht” ist eine metaphysische, aber kein empirischer Fakt.

    Meine metaphysische Gegenposition: psychische Störungen sind Erkrankungen des gesamten Nervensystems und des Organismus und seiner Umweltinteraktion insgesamt. Sie sind daher nicht im Gehirn lokalisierbar bzw. auf dieses reduzierbar. Das kann ich zwar empirisch nicht 1:1 zeigen oder gar beweisen, aber umgekehrt ist ihre Position auch nicht beweisbar.

  30. @Philipp: Störungen vs. Vorgänge

    Ich gehe davon aus, dass psychische Vorgänge verkörpert sind und dabei das Gehirn eine besondere Rolle spielt…

    …aber psychische Störungen sind eben komplexe Konstrukte, die pragmatische und kulturelle Einflüsse widerspiegeln; sie sind normativ bedingt. Darum ist es völlig absurd, davon auszugehen, es gebe für sie eine biologische Entsprechung; ja, ein Kategorienfehler! Das ist der springende Punkt meines Why mental disorders are brain disorders. And why they are not Papers.

    Thomas Insel (früherer NIMH-Chef) kann und muss man für vieles kritisieren. Doch als 2013 das DSM-5 herauskam, da schockierte er die Psychiatrie-Welt mit einem zutreffenden Satz: Die Natur hat das DSM nie gelesen!

  31. @Philipp 23.09. 20:05

    „Meine metaphysische Gegenposition: psychische Störungen sind Erkrankungen des gesamten Nervensystems und des Organismus und seiner Umweltinteraktion insgesamt.“

    Gerade die Umweltinteraktion ist von der Gehirnfunktionalität überhaupt nicht zu trennen. In einer Umgebung ganz ohne Umweltreize kann sich hier rein gar nichts entwickeln. Das betrifft einmal überhaupt eine sinnlich wahrnehmbare Welt, dann aber auch soziale Interaktion. Wenn es hier hakt, reagiert der Mensch recht empfindlich.

    Wo wir schon bei Metaphysik sind, würde ich dann noch eventuelle Geisteswelten dazu nehmen. Diese wären dann sowohl den ganzen Kosmos umfassend, wie auch aktiv daran beteiligt, dass sich in unserem Bewusstsein ein funktionierender Innenraum öffnen kann. Das passt jetzt auch genau auf ein gesamtes Nervensystem mit ganz eng verknüpfter Umweltinteraktion.

    Gerade die Umweltinteraktion würde in uns den Kosmos sich selbst bewusst werden lassen.

    Ein Spaziergang im Park wird so zu einem multiplen Bewusstseinsevent, an dem neben Menschen, Hunden und Vögeln vielleicht auch Insekten und Bäume ihren Anteil haben. Der allgemeine Geistesraum wird so innerhalb der Biosphäre zu universellem Lebensraum. Eigentlich sind wir persönlich nur ein ziemlich kleiner Teil davon, bilden dann dabei aber ein komplettes Weltbild ab, und das jeder für sich. Das macht das Menschenleben ja so spannend.

    @Stephan 23.09. 22:48

    „…aber psychische Störungen sind eben komplexe Konstrukte, die pragmatische und kulturelle Einflüsse widerspiegeln; sie sind normativ bedingt.“

    Nicht nur bezüglich sich wandelnder Kultur, auch aus persönlich-individueller Sicht können sich die real-gebräuchlichen Konstrukte unterscheiden. Ein Psychiater hat hier eine völlig andere Vorstellung als ein Bauarbeiter.

    „Die Natur hat das DSM nie gelesen!“

    Der Bauarbeiter auch nicht. Und selbst wer es gelesen hat, der muss es nicht für sich übernehmen.

  32. @ Schleim

    Sorry,das ich mich nochmal melde: zentrales Element des biopsychosozialen ‘Konzeptes/Modells’ ist die INFORMATION… 😉

  33. @ Stephan:

    Ich gehe davon aus, dass psychische Vorgänge verkörpert sind und dabei das Gehirn eine besondere Rolle spielt…

    …aber psychische Störungen sind eben komplexe Konstrukte, die pragmatische und kulturelle Einflüsse widerspiegeln; sie sind normativ bedingt. Darum ist es völlig absurd, davon auszugehen, es gebe für sie eine biologische Entsprechung; ja, ein Kategorienfehler! Das ist der springende Punkt meines Why mental disorders are brain disorders. And why they are not Papers.

    Aus Sicht der Biologie sind psychische Störungen natürlich biologisch, aus Sicht der Psychologie psychologisch, und so weiter. Wie ich schon so oft hier dazu kommentierte: das sind für mich einfach verschiedene epistemische Sichtweisen und die eine epistemische Perspektive ist nicht auf die andere Perspektive reduzierbar.

    Großes philosophisches/ontologisches Problem aus meiner Sichtweise: wenn jemand sagt dass psychische Störungen beispielsweise biologisch UND sozial-kulturell bedingt sind, dann impliziert man wieder eine Spielart des Dualismus. Denn die Kultur wird dann gewissermaßen vergeistlicht. Kultur etc. sind alles Begriffe und Konzepte aus Sozial- oder Geisteswissenschaften. Mir ist schon klar was Menschen damit meinen wenn sie diese Beschreibungen und Begriffe nutzen. Aber was impliziert man damit eigentlich ontologisch, nämlich wenn man sagt psychiatrische Störungen sind biologisch und sozial bedingt? Man nimmt verschiedene epistemische Perspektiven auf einen Prozess und beschreibt sie gewissermaßen als ontologisch statt epistemisch und argumentiert schon wieder dualistisch!

    Um jedenfalls empirisch besser zu zeigen dass die Umweltinteraktion von Relevanz ist müssen Umweltstimuli zusätzlich neben den Gehirndaten aufgezeichnet und analysiert und mit letzteren verbunden werden. Solche Analysen gibt es heutzutage auch wenn sie selten sind (ich versuche es gerade mit einem Kollegen zusammen umzusetzen).

    Der Arbeitsaufwand steigt dann natürlich noch weiter an, zumal die Daten des Stimulus je nach dessen Art mitunter völlig anders zu analysieren sind.

  34. @ Stephan Schleim 23.09.2023, 22:48 Uhr

    Zitat: „…aber psychische Störungen sind eben komplexe Konstrukte, die pragmatische und kulturelle Einflüsse widerspiegeln; sie sind normativ bedingt. Darum ist es völlig absurd, davon auszugehen, es gebe für sie eine biologische Entsprechung; ja, ein Kategorienfehler!“

    Das stimmt natürlich. Solange die „bösen Gedanken“ nur im „Hirn sitzen“, ist einem das völlig egal. Ich habe mir wegen meiner Neugier (möchte wissen wie „alles funktioniert“) mein Hirn völlig „zugemüllt“, aber es belastet mich nicht und ich bin froh darüber.

    Aber Depressive haben offensichtlich „negative, schmerzhafte Empfindungen/Gefühle“ die sie unbedingt los werden wollen. Deswegen laufen sie zum Arzt oder Psychiater.

    Den „Kategorienfehler“ kann man auflösen, wie ihn z.B. Informatiker auflösen würden.

    Die Information steuert Prozesse, die auf den Prozessor einwirken. In der Technik könnte der Prozessor beschädigt werden (z.B.“überhitzen“). Im neuronalen System gibt es Empfindungen die man los werden möchte. So wie alles angestrebt wird, was positive Empfindungen auslöst, z.B. etwas essen, und alles vermieden wird, was Schmerz auslöst, man weicht z.B. den „Säbelzahntiger“ aus. Dazu sind Empfindungen/Gefühle offensichtlich da.

    Wenn es nicht gelingt die (den schlechten Empfindungen) zugrunde liegenden Prozesse direkt und selektiv zu „reparieren“, so lenkt man das neuronale Auswertesystem einfach ab. Entweder mit guten Gesprächen (oder Sport) mit Kumpels, oder mit Gesprächstherapie, oder eben mit Bier oder Drogen…. bis man sich nicht mehr den „problematischen Gedanken“ hingibt.

  35. @ Elektroniker:

    Eine allgemeine Frage. Wenn Sie sagen dass “Information Prozesse steuert”, wie würden Sie dann Information bei Gehirndaten messen um dies empirisch zu untermauern?

    Oder anders formuliert: was würden sie als operationalisierte Variable stellvertretend für das Konzept “Information” messen?

  36. @ Philipp: wie misst man Information?

    In dem Sie leben?!

    Ansonsten fällt mir dafür kein anderer Sensor ein.
    Faszinierend…!

  37. @ Mussi:

    es gibt viele mathematische Verfahren um Information zu messen. Irgendwie muss es nun einmal gezeigt werden, sonst bleibt es “nur” Philosophie.

  38. @ Philipp

    Wer macht denn Philosophie und Mathematik?

    @ Schleim: sorry, ich bin versucht gewesen…bin wieder weg.

  39. Ach Mussi, du willst wieder nur rumtrollen.

    Beispiele:
    Was haben wir bei Gehirndaten vorliegen? Physiologische time-series Aufzeichnungen. Wie kann man hier “Information” stellvertretend messen? Beispielsweise über approximate entropy, sample entropy, transfer entropy, lempel-ziv complexity…

    Die IIT Leute um Tononi haben z.B. häufiger Lempel-Ziv Complexity angewendet um “Information” um sich auf Information zu beziehen, wobei sie das bei TMS Studien als “perturbational complexity index (PCI)” umgelabeld haben.

    Können Sie ja alles googeln, dann sehen Sie wie man es machen kann. Aber wahrscheinlich interessiert es dich doch nicht wirklich.

  40. @ Philipp 24.09.2023, 09:17 Uhr

    Die Aussage dass “Information Prozesse steuert”, ist philosophisch vermutlich so gar nicht zulässig. Es ist typischer „Elektroniker Jargon“.

    Gemeint ist das, was Sie in Ihren Job tun. Sie ermitteln Zahlenwerte die einen kleinen „Ausschnitt der Realität“ abbilden. Diese „laden“ Sie in einen Computer. Diese Daten, gemeinsam mit Ihrem Pythonprogramm steuern den Prozessor nach dem „von Neumann Konzept“. Am Bildschirm bekommen Sie die gewünschten Ergebnisse.

    Im neuronalen System dürfte es sich so verhalten wie Sie es teilweise ausgeführt haben. Es gibt „Nutzsignale“ und „Steuerungssignale“ in bestimmten „Netzwerken“.

    Die Steuerungssignale bewirken, dass die Nutzsignale durch das System aus Neuronen (dabei logisch verknüpft, ähnlich wie in Gatterschaltungen werden) und in Synapsen (verzweigend) verschoben werden. Das entspricht ganz grob den Konzepten der Elektroniker (an denen ich ehemals gerade noch gearbeitet habe). Man musste sozusagen „mit dem Lötkolben“ programmieren und das war wenig flexibel.

    Dieses Konzept wurde vom „von Neumann Konzept“ höchst erfolgreich abgelöst. Da können Sie mit wenigen Tastendrücken Ihr Programm verändern.

    Mit Ihren Methoden erhalten Sie einen kleinen aber wichtigen „Ausschnitt der Realität“, die „Lokalität“ wo „etwas“ geschieht. Wichtig ist auch, dass Ihnen mit Ihren Methoden, aufgefallen ist, dass Neuronen scheinbar sinnlos feuern, das aber wichtig ist für die Prozesssteuerung.

    Das haben auch W. Singer und C. v. d. Malsburg auf andere Weise heraus gefunden (Gehirnwellen). Deren Texte (Assembly Konzept) haben mich begeistert weil sie große Ähnlichkeiten mit meiner technischen Arbeit hatten. Das kommt jedenfalls einer Erklärung der Informationsverarbeitung im neuronalen System nahe.

    Für Empfindungen/Bewusstsein wären Erkenntnisse aus der Biochemie (bis auf die Quantenebene) wichtig, zumindest Korrelationen. Die Biochemiker bilden ihre Prozesse mehr oder weniger??? mathematisch ab. Bin aber über Details nicht informiert.

  41. @ Philipp 24.09.2023, 09:17 Uhr

    Alternative Antwort!

    Information wird in der Informatik operational z.B. durch eine Kombination von binären Zuständen z.B. in einem bestimmten Code abgebildet, der konkret definiert wurde.

    An der Sprechmotorik jeweils anliegende Signalkombinationen realisieren in der Biologie z.B. einen „Informationstransfer“.

    In der Informatik ist normalerweise alles streng determiniert, in der Biologie stark von anderen Effekten überlagert. Die „eigentliche Information“ von den „Nebeneffekten“ trennen zu müssen ist Fehler behaftet und man kann nur versuchen die Fehler zu minimieren.

    Vermutlich ist das der Grund, dass Menschen auch völlig diametral denken können….

  42. ““Psyche” lässt sich eben nicht so dingfest machen wie Zellen oder Atome.”
    Mit diesem Satz verlassen wir das Königreich der Neurologen und betreten das Königreich der Psychologen.

    Wenn man also Stoffwechselstörungen ausschließen kann, dann kommt ein anderer Wirkmechanismus ins Spiel, der der Moral.
    Ob wir glücklich sind oder unglücklich sind hängt auch davon ab , wie wir uns moralisch verhalten. Das Gewissen lässt sich nicht immer täuschen, das ist eine feste Größe wie die Körperkraft.

    Das Gewissen lässt sich auch nicht sichtbar machen und wenn es leidet , dann nennen wir das Depression.

  43. @ Neumann 24.09.2023, 12:47 Uhr

    Einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Stoffwechselstörungen kann man nicht immer ausschließen.

    In meiner Umgebung bekam jemand wegen seinem Prostatakrebs eine Hormonbehandlung und danach bekam er praktisch „Wechselbeschwerden“ wie vorher seine Frau, Hitzewallungen und Depressionen.

    Das konnte er auch erwarten, weil es sein Urologe (nach Befragung) in Betracht gezogen hatte.

    E gibt einfach Wechselwirkungen zwischen „Körper“ und „Geist“, auch wenn Philosophen derartiges nicht akzeptieren wollen.

  44. Elektroniker,
    Die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist macht den Menschen aus.
    Das ist so selbstverständlich, dass es immer wieder gesagt werden muss.

    Dein Vergleich von einem Computersystem mit dem menschlichen Gehirn ist nützlich.
    Die Struktur des Gehirnes ist vergleichbar mit der CPU.
    Das Gedächtnis übernimmt die Aufgabe eines selbst lernenden Programmes.
    Und die Informationsverarbeitung funktioniert wie beim Computer, Input und Output.
    Und wenn das Gehirn nicht das macht, was es der Logik nach machen sollte, dann hat das Gedächtnis die falschen Informationen oder die CPU hat einen Fehler.
    Wir können dabei John von Neumann nur gratulieren, der war seiner Zeit weit voraus.

  45. @ Elektroniker:

    Information wird in der Informatik operational z.B. durch eine Kombination von binären Zuständen z.B. in einem bestimmten Code abgebildet, der konkret definiert wurde.

    Was meinen Sie konkret mit binären Zuständen in einem Code? Was für ein Code? Meinen Sie einfach eine Programmiersprache in der Sie dem Computer vorschreiben was er umsetzen soll?

    Bei time-series Aufzeichnungen des Gehirns, egal von welcher Imagingmodalität die Daten stammen, haben Sie auch nur eine Reihe von Zahlenwerten, also z.B. -0.5, 1, 3.5, -7, 2.3 usw.

    Sie können nun mathematische Verfahren an diese Zahlenreihen anlegen um die Daten hinsichtlich verschiedener Informationsmaße zu analysieren. Sie können damit auch kausale Schlussfolgerungen ziehen, indem sie z.B. testen inwiefern die time-series der Region A eine andere time-series der Region B vorhersagt, d.h. beispielsweise inwiefern eine Informationsreduktion in Region A ebenfalls eine nachfolgende Reduktion in Region B beeinflusst etc pp.

    Die Analogie mit dem Code ist halt suboptimal da ein biologisches System wie das Gehirn ganz anders funktioniert als ein Computer. Wenn Sie mich fragen, die einzige echte Gemeinsamkeit ist dass beide Strom nutzen. Aber das war es auch schon. Das Gehirn ist keine Input-Processing-Output Maschine sondern besitzt eine Eigenaktivität; der Computer hat sowas nicht.

  46. @Elektroniker 24.09. 09:08

    „Die Information steuert Prozesse, die auf den Prozessor einwirken.“

    Ich denke mal, dass das so grundlegend ist, dass es nicht nur in der Technik vorkommt, sondern auch in Nervensystemen. Wenn man etwa die Netzhaut im Auge und den Sehnerv anschaut, funktioniert das praktisch genauso wie eine Digitalkamera mit angeschlossenem Datenkabel. Das sind beides einfache Geräte, im Gehirn dagegen wird es dann ganz schnell völlig unübersichtlich, einfach schon der riesigen Masse an Details wegen.

    @Philipp 24.09. 09:17 / 10:29

    „Eine allgemeine Frage. Wenn Sie sagen dass “Information Prozesse steuert”, wie würden Sie dann Information bei Gehirndaten messen um dies empirisch zu untermauern?“

    Wenn ich nicht nur die interne Existenz von Information und dessen Verarbeitung messen will, sondern auch was sie im Einzelfall bedeutet, und wie sie im Gesamtsystem wirkt, dann muss ich wohl runter bis auf jedes einzelne Neuron und dessen Verschaltung. Und dann muss ich das sehr konkret auch noch in das ganze Nervensystem in seiner ganz konkreten individuellen Situation integrieren und nachvollziehen.

    „Was haben wir bei Gehirndaten vorliegen? Physiologische time-series Aufzeichnungen. Wie kann man hier “Information” stellvertretend messen? Beispielsweise über approximate entropy, sample entropy, transfer entropy, lempel-ziv complexity…“

    Wie gesagt, messen, dass Informationen kursieren, mag möglich sein. Aber die detaillierte Bedeutung der konkreten Information auf Basis einzelner Nervenzellen zu erfassen ist fast unmöglich. Das läuft immer im kompletten Zusammenhang nicht nur des Gehirns, sondern des gesamten Nervensystems im Organismus und mitten in der Interaktion mit der Umgebung.

    Gerade soziale Wechselwirkungen bis hinauf zu ganzen Gesellschaften und der gesamten Menschheit spielen hier auch noch hinein. Derweil die physikalischen Grundlagen noch größere Kreise ziehen. Unser Planet ist Teil einer Galaxie, und diese ist nur ein Detail im ganzen Kosmos.

    Und unsere Innenwelten machen sich auch davon Bilder. Generell scheint das Bildermachen eine Grundfunktion sein. Und diese Bilder müssen wohl aus Informationen mit genau definierter Bedeutung aufgebaut sein. Zumindest kann unsere IT das nur so machen.

    Auch die Auswertung der fMRT-Daten führt dann ja zu Bildern. Und die großen Teleskope der Astronomen produzieren auch Bilder. Beides können wir Menschen dann wieder aufnehmen, und mit inneren Bildern dann mehr Bewusstsein draus machen.

  47. @Philipp 24.09. 13:59

    „Das Gehirn ist keine Input-Processing-Output Maschine sondern besitzt eine Eigenaktivität; der Computer hat sowas nicht.“

    Der private PC in der Tat noch nicht. Aber die aktuellen Sprach-KI-Modelle laufen auf Großrechnern, die ständig aktiv sind. Wenn neben den Nutzeranfragen noch Zeit ist, trainiert sich das System weiter. Mit der Analyse weiterer Daten und vielleicht auch mit einer Art grübeln, die neue Verbindungen in den vorhandenen Daten finden kann.

    Vielleicht macht es fast schon die Masse, dass wir hier noch Bewusstseinsähnliches zustande bringen?

  48. @ Jeckenburger:

    Wie gesagt, messen, dass Informationen kursieren, mag möglich sein. Aber die detaillierte Bedeutung der konkreten Information auf Basis einzelner Nervenzellen zu erfassen ist fast unmöglich. Das läuft immer im kompletten Zusammenhang nicht nur des Gehirns, sondern des gesamten Nervensystems im Organismus und mitten in der Interaktion mit der Umgebung.

    Man muss auch nicht auf der Ebene von einzelnen Nervenzellen Daten erfassen um sinnvolle Ergebnisse für die Erforschung von psychiatrischen Erkrankungen zu produzieren. In den meisten Fällen ist es völlig egal was ein Neuron oder mehrere Neurone machen. Sie könnten das Spiel ja endlos weiter treiben, nämlich indem Sie fragen was die einzelnen Zellbausteine einer Zelle bzw. eines Neurons machen, und dort können Sie dann auch noch bis auf die atomare Ebene und darunter reinzoomen; das Spiel ist endlos.

    Auch die Auswertung der fMRT-Daten führt dann ja zu Bildern.

    Bei den oben genannten Methoden zur Informations oder Komplexitätsberechnung erhält man keine Bilder als Ergebnis der Berechnung, sondern nur Zahlenwerte. Was Sie mit Bildern meinen sind statistische Aktivierungsmaps. Aber die sind nur eine von schier endlosen Möglichkeiten wie Sie die Daten analysieren können.

  49. @ Jeckenburger:

    Vielleicht als Erzängzung zu oben: der Glaube dass wenn Sie immer weiter “reinzommen” plötzlich die Lösung für die großen Fragen (Depression, Bewusstsein) etc. finden ist genau der Glaube des Reduktionismus.

    Meiner Ansicht nach der falsche Ansatz; wird nicht funktionieren.
    Ich würde lieber schauen wie das Gehirn sich insgesamt selbst organisiert und mit der Umwelt interagiert (um z.B. die Depression auf der Ebene der Dynamik besser zu verstehen). Dafür braucht es keine Auflösung von einzelnen Neuronen.

  50. @ Philipp 24.09.2023, 13:59 Uhr

    Der Begriff „Code“ ist mehrdeutig. In der Wikipedia wird das grundsätzlich und mathematisch aber nicht anschaulich, gut beschrieben. Ich möchte von Ihrer „Zahlen Welt“ ausgehen.

    Am Anfang haben Sie den „Zahlencode“. Der gibt z.B. an, wie „stark“ ein gemessener Röntgenstrahl nach der Durchleuchtung ist. Trifft der in einer bestimmten Richtung auf viele Knochen, so wird er stark gedämpft und der Zahlenwert ist z.B. -10. Bei Weichteilen z.B. +10…..
    Damit können Sie Ihre gewohnte Bilder „zusammenstellen“, wenn Sie wissen wo der “Strahl” unterwes war.

    Wenn Sie die Zahlen von 0….9 „codiert abbilden“ wollen, brauchen Sie z.B. 4 parallele elektrische Leitungen. Auf jede Leitung könnten Sie eine Stromquelle mit z.B. 5 Volt anlegen, die entspricht den Zustand „1“. Oder Sie legen keine Spannung, also „0“ Volt an, das wäre der Zustand „0“. Im Dualsystem gibt es 2 Zustände. Manche sagen „Low“ Zustand „0“ oder „1“ Zustand „High“.

    Die Kombination:
    0 0 0 0 entspricht Zahl „0“. Auf jeder der 4 Leitungen 0 Volt
    0 0 0 1 entspricht Zahl „1“. Auf der 4 Leitung 5 Volt entspricht Zustand „1“
    0 0 1 0 entspricht Zahl „2“
    0 0 1 1 entspricht Zahl „3“
    0 1 0 0 entspricht Zahl „4“
    0 1 0 1 entspricht Zahl „5“
    0 1 1 0 entspricht Zahl „6“
    0 1 1 1 entspricht Zahl „7“
    1 0 0 0 entspricht Zahl „8“
    1 0 0 1 entspricht Zahl „9“

    Häufig verwendet werden allerdings 8 Leitungen damit können Sie 256 Zeichen oder Symbole Kodieren.

    Der Windows-1252-Zeichensatz (hier Details) wurde konkret definiert und ist wahrscheinlich die am häufigsten verwendete 8-Bit-Zeichenkodierung der Welt.

    Eine Programmiersprache ist auch eine Art von Code. Es ist der Code, in der Sie Ihr Problem formulieren. Der wird allerdings in weiter „Zwischencodes übersetzt“ damit Sie auf eine Ebene kommen, die der Prozessor sozusagen „versteht“.

    Diese Systeme wurden künstlich entwickelt, damit auch komplexe Systeme beherrschbar sind.

    In neuronalen Systemen werden verschiedene Muster direkt in Signale umgesetzt und verknüpft.

    Das wirkliche Problem und die Unterschiede ergeben sich in der Empfindungsfrage, allerdings dürften Anwender und besonders Ethiker nicht gerade scharf auf „empfindsame technische Systeme“ sein. Es gibt eigentlich schon genug Leid in der Welt.

    Neuronale Systeme haben Ähnlichkeiten mit (ehemaligen) Gattersystemen der Elektronik. Es gibt immer wieder Annäherungen. Z.B. haben moderne Computer immer mehr „Eigenleben“. Sie prüfen z.B. ihre Systemintegrität, oder erstellen z.B. Indexdateien um auf Daten schneller zugreifen zu können. Das neuronale System hat wegen der baumartigen Strukturen beste Zugriffseigenschaften.

    Bei KI Systemen ist die Eigenaktivität noch ausgeprägter und Menschen haben Probleme die Rechenergebnisse nachvollziehen zu können. .

  51. @Philipp 24.09. 17:07

    „..der Glaube dass wenn Sie immer weiter “reinzommen” plötzlich die Lösung für die großen Fragen (Depression, Bewusstsein) etc. finden ist genau der Glaube des Reduktionismus.“

    Ich denke eher, dass man das hier eben gar nicht so schnell verstehen wird, und wir eben mit den Geheimnissen der eigenen Psyche noch lange weiterleben müssen.

    „Ich würde lieber schauen wie das Gehirn sich insgesamt selbst organisiert und mit der Umwelt interagiert (um z.B. die Depression auf der Ebene der Dynamik besser zu verstehen).“

    Viel Glück wünsche ich Ihnen dabei, dass sie hier Interessantes finden.

    „Dafür braucht es keine Auflösung von einzelnen Neuronen.“

    Wenn ich Hirnforschung betreibe, um mir für die KI was abzugucken, dann muss ich natürlich auf die Ebene einzelner Neurone runter, nicht aber noch weiter. Ich muss jetzt nicht das Neuron genau nachbauen, in IT-Systemen wird es auf jeden Fall ganz anders implementiert sein als in der Biologie.

    Es geht um die informatische Funktionalität. Die brauchen wir in der Computerwelt, und in einer ganz eigenen Version braucht das auch die Biologie. Ich gehe davon aus, das diese informatische Leistung ihre eigenen Gesetze hat, die in beiden Systemen anders realisiert sind, aber eben mit vergleichbarer Funktionalität dieselben Probleme lösen können.

    Eben so wie Digitalkameras und biologische Augen Dasselbe leisten.

    Mich interessiert hier auch viel mehr das Thema KI, unsere Psychologie funktioniert auch ohne dass wir die neurologischen Details kennen. Und bei der Behandlung von psychischen Schwierigkeiten können wir mit menschlicher Interaktion eine ganze Menge machen, was ich auch noch für ausbaufähig halte. Und hier ist auch noch Platz für die Erforschung neuer Methoden.

    In den Psychiatrien spielt auch deren Organisation und sogar deren konkrete Architektur eine große Rolle. Das ist jetzt am ganz anderen Ende als Ihre Forschungen an fMRT-Aufnahmen. Wie gesagt, ich wünsche ihnen viel Erfolg, damit auch praktisch Brauchbares zu entdecken.

    Ein Voxel von 1.6 mm Kantenlänge enthält dann ca 4 mg Nervengewebe, bei 1.5 Kg Gesamtgewicht hat das ganze Gehirn 375.000 Voxel. Bei 80 Mrd Nervenzellen für ein ganzes Gehirn komme ich auf 213.000 Nervenzellen pro Voxel. Da kann ja nun ziemlich viel passieren, was mit fMRT nicht zu fassen ist. Was natürlich gar nicht heißt, das dieser Überblick über das ganze Gehirn keine Erkenntnisse ermöglicht.

    Ein genauerer Blick in die Details der Verschaltung wird aber wohl auch überaus lohnend sein.

  52. Jeckenburger:

    Sie überschätzen was möglich ist bzw. unterschätzen umgekehrt die Komplexität der Themen, so mein Eindruck.

    Ich hatte die Möglichkeit während meines Studiums u.a. auch in einem Labor von Elektrophysiologen zu arbeiten; das sind die Leute die beispielsweise einzelne Neurone mit Mikroelektroden anstechen und untersuchen, deren Aktivität messen etc. Diesen Leuten brauchen Sie in der Regel noch weniger mit dem Thema “Geist” ankommen als den Leuten die in Neuroimaging arbeiten.

    Glauben Sie denn wirklich dass wenn Sie einmal auf dieser Zellbene anfangen zu forschen irgendwann wieder die Kurve zum Thema Depression auf einer höheren Ebene wie “Geist”, “Bewusstsein”, “Psyche”, oder gar ihren “Geisteswelten” kriegen? Vergessen Sie es. Dann sind Sie auf der Zellebene oder gar Molekularebene. Hier stellen sich endlos viele neue empirische Fragen sobald sie nur eine gelöst haben. Ihre philosophischen Fragen bekommen Sie dort nicht beantwortet. Und Sie bekommen diese Ebene auch nicht in größeren (umfassenderen) Theorien wieder mit dem “Geist” verbunden.

    Sie können das auch nicht alles in eine oder auch zwei Paper packen.

    Ich sage Ihnen wie heute ein gutes wissenschaftliches Paper in diesem Bereich aussieht: sie packen einen Aspekt an. Nur einen. Einen einzigen. Und diesen analysieren Sie von zig Seiten bzw. bauen zig Schichten um diesen einen Aspekt aus. So sehen die guten Paper in top Journalen heutzutage aus.

    Aber kein Mensch kann das in der Realität wirklich umsetzen was Sie schreiben: von der großen Scanebene auf einzelne Neurone runtergehen, dann wieder hochgehen, alles integrieren, und daraus dann den “Geist” oder die Depression erklären.

  53. @ Elektroniker:

    Der Begriff „Code“ ist mehrdeutig. In der Wikipedia wird das grundsätzlich und mathematisch aber nicht anschaulich, gut beschrieben. Ich möchte von Ihrer „Zahlen Welt“ ausgehen.

    Danke; Ihre Erklärungen sind mir soweit bekannt. Die Frage war vielmehr von welcher Art von Code Sie denn sprechen und was das mit der Funktionsweise des Gehirns zutun hat? Das Gehirn arbeitet ja nicht binär

  54. @ Jeckenburger (noch ein Punkt, dann brauche ich erstmal Pause, eine neue Woche hat begonnen…):

    Ein Voxel von 1.6 mm Kantenlänge enthält dann ca 4 mg Nervengewebe, bei 1.5 Kg Gesamtgewicht hat das ganze Gehirn 375.000 Voxel. Bei 80 Mrd Nervenzellen für ein ganzes Gehirn komme ich auf 213.000 Nervenzellen pro Voxel. Da kann ja nun ziemlich viel passieren, was mit fMRT nicht zu fassen ist.

    Dazu hatte ich Ihnen weiter oben schon etwas geantwortet. Wie lautet denn Ihre konkrete Untersuchungshypothese, warum denken Sie überhaupt dass Sie wissen müssen was jedes Neuron macht um Ihre Hypothese zu untersuchen und zu beantworten?

    Auch heute interessiert es bei vielen fMRI Analysen nicht was in einem Voxel passiert. Wenn Sie bestimmte Variablen berechnen nehmen Sie beispielsweise den Mittelwert über hunderte oder tausende Voxel hinweg da diese Methode viel sinnvoller sein kann.

    Es ist ja richtig dass eine höhere Auflösung für bestimmte Untersuchungen sinnvoll ist, aber lange nicht für alle. Sie müssten sich selbst erst einmal fragen was Sie eigentlich wissen und ganz konkret untersuchen wollen. Vorher macht es doch gar keinen Sinn zu kritisieren dass beispielsweise die Voxel zu groß seien.

  55. @ Philipp 25.09.2023, 03:29 Uhr

    Das Gehirn arbeitet nicht in dem Sinne „binär“, dass es z.B. Binärzahlen nutzt um diese zu addieren. Aber sehr wohl in dem Sinne, dass eine sensorische Zelle in einem bestimmten Zusammenhang „feuert „ oder eben nicht „feuert“.

    Sind mehrere Sensoren betroffen, kann mit dem „Feuern“ der Ort des „Feuerns“, die Relationen zwischen den Örtlichkeiten des Feuerns, die jeweils eine bestimmte Ursache (einen Nadelstich, einen blauen Farbpunkt, eine „Hörempfindung“, einen Entzündungsreiz (vom Blinddarm), oder einem triggernden Neuron,…..) haben, „abgebildet“ werden.

    Ein Neuron triggert hauptsächlich dann, wenn auf möglichst vielen Eingängen, möglichst gleichzeitig, elektrische Signale ankommen. Das würde ich „qualifizierte UND Gatterfunktion“ bezeichnen, (sozusagen ein statistisches UND).

    Ein elektrisches UND Gatter triggert genau dann und nur dann, wenn z.B. auf genau 3 Eingängen gleichzeitig ein (Rechteck) Signal ankommt.

    Damit liefert die Elektronik exakte Aussagen, die neuronalen Netze nur „wahrscheinliche“ mitunter skurrile Ergebnisse (3 Verwaltungsjuristen können 4 Rechtsmeinungen haben….)

    W. McCulloch und A. Turing haben aufgezeigt, dass man mit derartigen Gattern und der „Nicht Funktion“ alles „Turing Berechenbare“ auch berechnen kann und das dürfte reichen.

    Damit wäre die „Brücke“ zur Informatik, zur Prädikatenlogik (Boolschen Algebra und Elektronik) praktisch geschlagen.

    Die Elektrophysiologen haben mit ihren damals neuen Messverfahren einen extrem wichtigen Beitrag geliefert z.B. Neuronentriggerungen messen, letztlich erklären zu können. Es waren auch Physiker die die Transistorgrundlagen erforscht haben, sodass die Elektroniker elektrische Steuerungssysteme, letztlich Computer entwickeln konnten.

    Sie haben den Photoelektrischen Effekt erforscht, dass Strukturen elektrische Signale aussenden wenn Licht auftrifft, die ganze Sensortechnik ermöglicht.

    Jetzt geht es halt um die Frage welche Effekte mit Empfindungen korrelieren? Diese genialen Wissenschaftler haben mich halt ganz „unverschämt“ gemacht, so dass ich mit derartigen extrem herausfordernden Fragen an sie heran trete….. irgendwer muss sie halt stellen.

  56. Im Prinzip reagieren die Nerven wie Sensoren. Ein Nerv, der für den Tastssinn zuständig ist, der reagiert auf Druck und Temperatur.
    Und wird dabei ein Durchschnittslevel überschritten empfinden wir das als Schmerz.
    Ich vermute mal, dass die Zuordnung von Nervenreiz zu angenehm und unangenehm biologisch schon vorgegeben ist. Anders wäre ja die Wirkung erogener Zonen nicht erklärbar.
    Und es ist auch denkbar, dass ein Nervenreiz auch gedanklich stimuliert werden kann. Also nicht nur mechanisch sondern auch gedanklich.
    Das bedeutet wieder, dass Gedanken gespeicherte Reize sein können.
    (das ist nur mal ins Blaue gedacht)

    Oder ganz anders. Das Gehirn ist hierarchisch aufgebaut, es existiert ein Bereich, der das Denken bestimmt, vereinfacht gesagt, ein Bereich, der das Denken steuert.
    Also kein Denken durch Rückkoppelung ,sondern ein strukturiertes Denken durch eine schon vorhandene Gehirnstruktur. (nicht veränderlich)
    Das würde dann den 4 Temperamenten in der Psychologie entsprechen.
    Der/die Melancholiker/in wäre dann der für Depressionen anfällige Typ.
    (ins Blaue gedacht)

    Elektroniker, alle Effekte korrelieren mit Empfindungen. Nur, dass sich die Empfindungen überlagern können. Eine freudige Empfindung kann eine Schmerzempfindung überlagern.

  57. @Philipp 25.09. 04:13

    „Dazu hatte ich Ihnen weiter oben schon etwas geantwortet. Wie lautet denn Ihre konkrete Untersuchungshypothese, warum denken Sie überhaupt dass Sie wissen müssen was jedes Neuron macht um Ihre Hypothese zu untersuchen und zu beantworten?“

    Na einerseits wie ich schon sagte, wenn man menschenähnliche KI bauen will, dann braucht man halt auch die Ebenen einzelner Neurone. Die andere Frage, die mich sehr interessiert, ist wie das Bewusstsein funktioniert, und ganz speziell ob hier nicht doch Geisteswelten mitbeteiligt sind.

    Diese könnten m.E. nur über eine Schnittstelle von Quantenzufall mitspielen, und das funktioniert dann nur auf Nervenzellenebene. Auch deswegen interessiert es mich, wie es auch auf dieser Ebene funktioniert. Natürlich ist das alles megakompliziert, und es sieht eher nach Jahrhunderten aus, bis wir wirklich ein komplettes Konnektom haben.

    In der KI solche Schnittstellen für Geisteswelten einzubauen wäre dagegen denkbar einfach: Einfach möglichst viele Zufallszahlen in die Prozesse einbinden, und die dann nicht als mathematisch generierte Pseudozufallszahlen, sondern richtige, die auf konkretem Quantenzufall beruhen. Das habe ich selber mit dem Rauschen einer analogen Fernsehkarte mal ausprobiert, und das dann für Computerkunst ausprobiert.

    Nur wird das nicht reichen, es fehlt hier eben noch die Grundidee, wie die selbsterlebbaren Innenwelten denn nun konkret aufgebaut sind. Mit oder ohne Geistesweltenbeteiligung. Das ist für mich die spannendste Frage.

  58. @Philipp: Dualismus vs. Pluralismus

    Wer hat Angst vor’m Dualisten? Wir brauchen doch gar keine “Seele”, um den Menschen zu beschreiben; und was die “Seele” hinzufügt, ist unklar.

    Ein Satz wie

    Aus Sicht der Biologie sind psychische Störungen natürlich biologisch…

    klingt für mich ziemlich schräg: Denn aus Sicht der Biologie haben wir überhaupt keine Beschreibung dessen, was eine psychische Störung sein soll.

    Ich Plädiere seit Jahren dafür, epistemische und ontologische Aussagen scharf voneinander zu trennen.

    Auf der epistemischen Ebene, auf der ich mich bewege, habe ich kein Problem mit einem Pluralismus: Psychosoziale Faktoren sind dann beispielsweise dysfunktionale Denkmuster oder soziale Benachteiligung. Solche Beschreibungen sind sinnvoll und nützlich; das kann man von den angeblichen neurobiologischen Alternativen (abgesehen von seltenen Ausnahmen wie z.B. einer Schilddrüsendysfunktion oder Entzündung im Gehirn) nicht behaupten.

    Ergo: Mit der neuroreduktionistsichen Herausforderung brauchen wir uns erst dann ernsthaft zu beschäftigen, wenn es mindestens äquivalente neurobiologische Beschreibungen unseres “Seelenlebens” gibt.

  59. @ Neumann 25.09.2023, 11:50 Uhr

    Es dürfte sich so verhalten, dass sensorische Zellen, allenfalls gemeinsam mit eng zusammenwirkenden Zellen (z.B. Stützzellen), einerseits mit elektrischen Impulsen und andererseits mit bestimmten zugeordneten Empfindungen reagieren. Z.B. Zapfen (im Auge) die für „Grün“ sensibel sind. Die befinden sich normalerweise an genetisch weitgehend vorgegebenen Stellen.

    Wird ein Fuß amputiert, so kann es vorkommen, dass Sensorzellen vom Stumpf fälschlich auf einen Nerv koppeln, der früher Reize von einer Zehe übermittelt hat. Es entstehe „Phantomschmerzen“, da die Zehen gar nicht mehr existieren.

    Wie es überhaupt dazu kommt, wie ein Nervenreiz „empfunden“ wird, ob als angenehm oder unangenehm, das ist eben die Frage. Es scheint eher im Gehirn möglich zu sein, dass man willentlich Gefühle aktivieren kann, indem bestimmte Signalkaskaden (z.B. mittels Drogen oder Autosuggestion) ausgelöst oder unterdrückt werden.

    Ich persönlich nehme seit Jahren keine Kopfweh Tabletten mehr, sondern nutze den Trick, mir die Hände kalt zu waschen und damit „wische“ ich einfach den Kopfschmerz weg. Gelingt mir gelegentlich auch an anderen Körperstellen. Den geringen Schmerz bei einer Blutabnahme „schalte“ ich durch „Ablenkung“ aus, wenn ich mit den Fingernägeln auf die Wange drücke.

    Beim Lernen dürfte die neuronale Struktur erweitert werden.

    Ich habe einmal gelesen, dass sich Empfindungen überlagern können, wenn beteiligte sensorische Neuronen z.B. von Krebs befallen sind und sich die Empfindung deswegen negativ verändert.

    Für mich ist es klar, dass Empfindungen von physikalisch/chemischen Effekten verursacht werden. Kann mir aber vorstellen, dass man das irgendwann objektiv messen kann, so wie den Blutzucker oder einen bestimmten Virenbefall….

  60. Elektroniker
    “Für mich ist es klar, dass Empfindungen von physikalisch/chemischen Effekten verursacht werden”.
    So sehe ich das auch. Und dann kommt man zu der Überlegung, muss der Effekt von außen erfolgen ?
    Er kann auch von innen erfolgen, aus der “Erinnerung.”
    Erinnerungen können extrem starke Reize auslösen, bis hin zum Selbstmord.

  61. @ Jeckenburger:

    Na einerseits wie ich schon sagte, wenn man menschenähnliche KI bauen will, dann braucht man halt auch die Ebenen einzelner Neurone. Die andere Frage, die mich sehr interessiert, ist wie das Bewusstsein funktioniert, und ganz speziell ob hier nicht doch Geisteswelten mitbeteiligt sind.

    Welche Neurone denn genau? Die meisten Neurone befinden sich im Kleinhirn/cerebellum und Menschen können selbst ohne das Cerebelum bei Bewusstsein sein.

    Und was ist mit anderen Zelltypen wie verschiedenen Gliazellen, z.B. Astrozyten? Glauben Sie die sind für Bewusstsein nicht notwendig?

    @ Stephan:

    Ein Satz wie

    Aus Sicht der Biologie sind psychische Störungen natürlich biologisch…
    klingt für mich ziemlich schräg: Denn aus Sicht der Biologie haben wir überhaupt keine Beschreibung dessen, was eine psychische Störung sein soll.

    Für mich klingt das nicht schräg. Es gibt doch neurowissenschaftliche Befunde über die man in einer anderen Sprache neuronal beschreiben und erklären kann was bei einer Depression passiert. Natürlich nicht allumfassend, das ist klar.

    Gibt es denn eine Ebene jene die Depression deiner Ansicht nach “richtig” beschreibt? Welche soll das sein? Etwa ICD oder DSM Kriterien über die sich Forscher streiten? Die kann man doch auch nicht wirklich ernst nehmen.

    Wenn ich biologisch beschreiben und erklären möchte (den Versuch unternehme!) was die Depression ist, oder depressive Erlebensformen, dann muss ich natürlich die Sprache der Biologie nehmen, egal auf welcher Ebene, beispielsweise über neuronale Dynamiken des Gehirns.
    Wenn ich beschreibe was im Gehirn passiert würde ich möglichst vermeiden Begriffe aus der Alltagssprache wie beispielsweise “erinnern” oder allgemein kognitive Begriffe zu nehmen, da ich dann verschiedene epistemische Ebenen vermischen würde.

    Bestes Beispiel sind Psychosomatiker bei denen es selbst heute wahrscheinlich noch genügend Menschen gibt die tatsächlich glauben es gäbe eine Wechselwirkung zwischen “Psyche” und “Körper”, d.h. beide Seiten wie getrennte ontologische Seinsbereiche behandeln, freilich ohne es zu merken.

  62. @Philipp: Es gibt kein Ding “Depression”

    Es gibt doch neurowissenschaftliche Befunde über die man in einer anderen Sprache neuronal beschreiben und erklären kann was bei einer Depression passiert.

    Du redest immer noch so, als gäbe es ein konkretes Ding “Depression”, für das man nur die Entsprechung auf der neurobiologischen Ebene finden müsste; das ist aber ein verwirrender Sprachgebrauch und Kategorienfehler.

    Gibt es denn eine Ebene jene die Depression deiner Ansicht nach “richtig” beschreibt? Welche soll das sein?

    Meine Kriterien sind pragmatisch: sinnvolle & nützliche Beschreibung. Dazu trägt die Neurobiologie i.d.R. aber nichts bei. Es steht ihr natürlich offen, so wie allen Beschreibungsebenen.

    Etwa ICD oder DSM Kriterien über die sich Forscher streiten? Die kann man doch auch nicht wirklich ernst nehmen.

    Hier scheinst du einzuräumen, dass überhaupt nicht klar ist, was “Depression” eigentlich bedeutet; dennoch soll sie neurobiologische erklärt werden. Wie soll das gehen? (Analog dazu: “Bewusstsein”, wobei man hier weniger Schwierigkeiten mit Normen hat.)

    Wenn ich beschreibe was im Gehirn passiert würde ich möglichst vermeiden Begriffe aus der Alltagssprache wie beispielsweise “erinnern” oder allgemein kognitive Begriffe zu nehmen, da ich dann verschiedene epistemische Ebenen vermischen würde.

    Ich weiß nicht, ob ich das “verschiedene epistemische Ebenen” nennen würde; immerhin geht es darum, wie wir Menschen uns mit unserer Sprache selbst beschreiben. Es dürften aber unterschiedliche Sprachspiele sein. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen “Alltagspsychologie” und “Psychologie” (woher nehmen Psychologen denn ihre Begriffe?) ist ein weites Feld.

    Bestes Beispiel sind Psychosomatiker bei denen es selbst heute wahrscheinlich noch genügend Menschen gibt die tatsächlich glauben es gäbe eine Wechselwirkung zwischen “Psyche” und “Körper”, d.h. beide Seiten wie getrennte ontologische Seinsbereiche behandeln, freilich ohne es zu merken.

    Es steht ihm frei, sich hier bei MENSCHEN-BILDER besser zu informieren. 😉

  63. @ Stephan:

    Du redest immer noch so, als gäbe es ein konkretes Ding “Depression”, für das man nur die Entsprechung auf der neurobiologischen Ebene finden müsste; das ist aber ein verwirrender Sprachgebrauch und Kategorienfehler.

    Diese Kritik ist nun wirklich absurd und einfach nur destruktiv. Es gibt auch nicht “den Menschen”. Dürfen wir nun auch nicht mehr über “den Menschen” wissenschaftliche Modelle und Theorien aufstellen?

    Hier scheinst du einzuräumen, dass überhaupt nicht klar ist, was “Depression” eigentlich bedeutet; dennoch soll sie neurobiologische erklärt werden. Wie soll das gehen? (Analog dazu: “Bewusstsein”, wobei man hier weniger Schwierigkeiten mit Normen hat.)

    Indem man beispielsweise gesunde Gruppen mit depressiven Gruppen vergleicht, das weißt du ja selbst. Natürlich gibt es immer Limitierungen und natürlich kann man immer irgendwo ansetzen und kritisieren. Aber das ist doch normal. Deine Kritik klingt so als könne man neurowissenschaftlich im Endeffekt ja gar “nichts” handfestes zur Depression aufzeigen was so einfach nicht stimmt.

  64. … und natürlich muss man verschiedene depressive Erlebensformen über alle Menschen hinweg zusammenfassen und damit nowendigerweise vereinfachen! Das liegt doch in der Natur der Sache. Hier wird also notwendig “abgefedert” bzw. passt eine Operationalisierung, Diagnose (ode was auch immer) im Endeffekt nicht optimal für jeden Einzelfall. Es geht praktisch nun einmal nicht anders.

    Ansonsten müsste man für jeden Menschen eine single-suject Studie durchführen und alles individuell anpassen sodass die Kritik “es gibt die Depression nicht” nicht mehr ziehen könnte.

  65. @Philipp: Depressionsforschung mal anders

    Diese Kritik ist nun wirklich absurd und einfach nur destruktiv.

    Haha – und ich finde, dass es an diesem Punkt gerade interessant wird. Wirklich!

    Es gibt auch nicht “den Menschen”. Dürfen wir nun auch nicht mehr über “den Menschen” wissenschaftliche Modelle und Theorien aufstellen?

    Du darfst über alles Modelle und Theorien aufstellen (Wissenschaftsfreiheit). Versuche, “die Essenz” oder “das neuronale Korrelat” des Menschen zu finden dürften aber ebenso scheitern wie für die Depression. Und jetzt sag nicht, meine Kritik sei verfehlt, ohne zu checken, wie viele Papers über “das neuronale Korrelat von X und Y” es gibt.

    Ich finde deinen Vergleich gar nicht ‘mal schlecht.

    Indem man beispielsweise gesunde Gruppen mit depressiven Gruppen vergleicht…

    Auch dafür setzt du schon einen Begriff von Depression voraus, und zwar notwendig, und sind bei der Interpretation die Risiken der Verdinglichung und des Kategorienfehlers (menschliche Norm in der Natur finden wollen) groß.

    Deine Kritik klingt so als könne man neurowissenschaftlich im Endeffekt ja gar “nichts” handfestes zur Depression aufzeigen was so einfach nicht stimmt.

    Im Haupttext wurde gerade genannt, dass man – mit der bisher wohl größten NeuroImagig-Studie – 2% der Varianz zwischen den Gruppen (Diagnose Depression vs. keine Diagnose) erklären kann. Wenn du das “handfest” nennen willst, kann ich das nicht ändern.

    … und natürlich muss man verschiedene depressive Erlebensformen über alle Menschen hinweg zusammenfassen und damit nowendigerweise vereinfachen!

    Nein. Das muss man gar nicht.

    Es geht praktisch nun einmal nicht anders.

    Doch, siehe qualitative/phänomenologische Forschung.

    Ansonsten müsste man für jeden Menschen eine single-suject Studie durchführen…

    Zitat Philipp: “Das liegt doch in der Natur der Sache.” 😉

  66. Bevor es hier zu einer babylonischen Sprachverwirrung kommt, ein Satz aus der Bibel.
    “Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort das aus dem Munde Gottes kommt.”

    Damit ist in einem Satz gesagt, dass es ontologisch betrachtet eine materielle Welt gibt und gleichzeitig eine Geisteswelt, mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Normen.

    Bei der Depression wird eine Störung beschrieben, die die Harmonie von Körper und Geist beeinträchtigt hat.

    Die Medizingläubigen versuchen dieser Störung mit Medizin zu beheben.
    Die Geistgläubigen versuchen die Störung mit Psychologie zu beheben.

    Wenn sich beide Richtungen zusammentun, dann ist der Erfolg am größten.

  67. Herr Schleim argumentiert zwar konsequent und folgerichtig gegen die Reduzierung der Depressions-Ursachen auf Gene, und/oder eine ‘pathologische’ Hirn-Chemie – aber wie an anderer Stelle schon bemerkt wurde denkt er dann nicht wirklich ergebnissoffen weiter – bzw. hindert sich selber daran, in bestimmte Richtungen weiter zu denken, bestimmte Erfahrungen und Einschätzungen von Dritten auch wirklich ernst zu nehmen, oder gar selbst entsprechende Erfahrungen zu machen.

    Aus meiner Sicht gibt es eigentlich nur einen Grund, weshalb sich intelligente Menschen selbst so ‘geistig behindern’: weil sie Angst haben, dass durch eine bestimmte Denkrichtung eine maßgebliche Säule ihres Weltbilds Risse bekommt, und sie grundlegende Änderungen in ihren Handlungen und ihrem ganzen Lebensstil vornehmen müssten, wenn sich irgendetwas Unerwünschtes doch als wahr herausstellen sollte.

    Konkret: um ja nicht Gefahr zu laufen, die Chancen und die Bedeutung von Psychedelika etc. auch und insbesondere im Hinblick auf die Behandlung schwerer Depressionen ÜBERzubewerten, oder gar ins selbe Horn zu stossen, wie irgendwelche New-Age, Esoterik- und Spiritualitäts-Spinner, UNTERschätzt Herr Schleim laufend die auf diesem Gebiet schon seit geraumer Zeit gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse.

    Bestes Beispiel: ok, es liegt nicht trivial am Serotonin-Haushalt des Gehirns, wenn jemand unter schwerer Depression leidet – deshalb funktionieren SSRI nicht so (gut), wie es immer propagiert wurde. Und deshalb kann sich Herr Schleim auch nicht vorstellen, dass ein Stoff wie MDMA, der ja auch unmittelbar und massiv den Serotonin-Spiegel im Gehirn beeinflusst, hier hilfreich sein kann.
    Was er aber NICHT WAHRHABEN will ist, daß hier eben die rein psychische und körperliche ERLEBNISebene dann der entscheidende Faktor ist, d.h. wenn man durch MDMA/Ecstasy erlebt und fühlt und spürt (es kommt noch ein ausgesprochen angenehmes Körpergefühl dazu), dass man sich tatsächlich wieder GUT fühlen kann, dass diese Fähigkeit tatsächlich noch in einem existiert, und nicht komplett gestorben ist, dann bekommt man schlicht Hoffnung und Vorfreude auf die Chance, wieder ein schönes Leben mit guten positiven Gefühlen führen zu können.

    Dieser Mechanismus ist doch wirklich nicht so kompliziert, wie ihn manche gern machen würden, um da noch einen Rattenschwanz an teuer bezahlten Therapiestunden hintendran hängen zu können, und ständig bedenkenträgerisch vor weiss-Gott-welchen Nebenwirkungen warnen zu müssen.
    Diese Verkomplizierung und diese im Angesicht der Schwere vieler Depressionen unverhältnissmässige Mahnerei und Angstmacherei vor der ‘Droge’ ist besondere lächerlich, wenn man sich überlegt, dass die positive Drogen-Erfahrung eigentlich nichts anderes ist als eine wirksame Variante des alten Therapeuten-Ratschlags: ‘Sie sind depressiv? Gehen Sie mal wieder in die Natur! Gehen Sie unter Leute! Machen sie Sport! Gönnen Sie sich eine Reise!’.
    Ja, man kann nicht nur ständig Freizeit und Spaß haben und mit Freunden unterwegs sein, oder auf einer Urlaubsreise. Man muss auch arbeiten und seinen drögen Alltag bewältigen. Und wenn man aus dem Urlaub zurück kommt sich vielleicht gleich mit Problemen und Konflikten auseinandersetzen. Aber hat das schon mal jemanden dazu gebracht, Freizeit, Spaß und Urlaub machen so defätistisch negativ und als Methode zur Erholung und zur Verschönerung der Lebensbilanz kritisch, oder gar als unwirksam zu bewerten?
    Eine Woche am Meer, ein Ausflug in die Berge: TOLL, da jubelt unsere Gesellschaft, das ist als ‘Ausgleich’ und zur Erholung von einem anstrengenden, vielleicht von Sorgen belasteten Leben nicht nur erlaubt, sondern sogar willkommen und extrem positiv besetzt. Aber: ein Ecstasy oder LSD Trip, der denselben Erholungseffekt nach der Aussage von VIELEN Leuten, die sich damit auskennen, innerhalb eines Tages erzielen kann … ist natürlich böse, verboten und probiert man nicht mal selbst aus, weil … sonst wacht man ja demnächst tot von einer Überdosis auf dem Bahnhofsklo auf. Oder was auch immer in den unbelehrbaren Köpfen der Leute so drin steckt.

    Nein: mit solchen völlig überflüssigen und unberechtigten Aussagen wie – Zitat: “… oder eine Ecstasy-Pille einzuwerfen (v.a. Serotonin; habe ich nie gemacht und empfehle ich auch niemandem)” disqualifiziert sich Herr Schleim schlichtweg, weil man zu deutlich merkt, dass auch er nicht frei ist von diesem Makel, den er in vielen Punkten korrekterweise anderen vorwirft: dass nämlich in ihrem Denken “nicht sein kann, was nicht sein darf”.

  68. Sunflower,
    du verschweigst, dass wir in einer arbeitsteiligen Welt leben.
    Der Bahnmitarbeiter in einem Stellwerk ist verantwortlich für den störungsfreien Ablauf in einem Bahnhof. Der darf weder Alkohol zu sich nehmen noch Medikamente, die seine Urteilskraft beinträchtigen.

    Würde man Drogen frei geben, wie du es vorschlägst, dann können wir nicht mehr sicher leben.

  69. @ Stephan:

    Ich verstehe deine Kritik wirklich. Und sogehen hast du auch Recht, ja!
    Aber, und hier sind wir wahrscheinlich anderer Meinung: deine Kritik stammt aus einer “Metaebene” (ich nenne das einfach mal so, da mir jetzt auf die Schnelle kein besser Begriff einfällt).

    Deine Kritik stammt sozusagen von einer philosophischen oder wissenschaftsphilosophischen/-theoretischen Ebene.

    Der Anspruch den du damit an die Wissenschaft implizierst ist meiner Ansicht nach in der Praxis nicht umsetzbar. Wissenschaft, gerade wenn es um den Menschen in der Psychologie und Neurowissenschaft geht, bietet zwar auf der einen Seite viele Möglichkeiten, ist aber auf der anderen Seite auch schier endlos begrenzt oder limitiert.

    Ich persönlich kenne nicht alle deine gedanklichen Hintergründe dazu – ich weiß nicht wo du mit dieser Kritik hinmöchtest. Ja, im Kern ist das was du sagst irgendwo richtig, aber in der Praxis müssen wir natürlich trotzdem irgendwie vorwärts kommen – trotz dieser Limitierungen. Deshalb wird man praktische Analysen, Resultate, Modelle und Theorien IMMER von dieser Metaebene aus angreifen können.

  70. Doch, siehe qualitative/phänomenologische Forschung.

    Und auch die presst vieles in ihre Konzepte und Modelle.
    Weißt du was ich vor einiger Zeit von einem Phänomenologen aus der Parnas Gruppe gehört habe? “Die Patienten verstehen sich nicht selbst, WIR müssen das richtig interpretieren”.

    Enough said.

  71. @ Stephan:

    Noch eine Frage (und die ist ernst gemeint). Was würdest du an der Diagnose Depression ändern wenn du alle Macht hättest? Würdest du sie abschaffen?
    Würdest du etwas alternatives einführen? Wie könnten wir depressive Erlebensformen operational wissenschaftlich “zusammenpacken” und erforschen?

    Eine grobe Antwort würde mir ja reichen um zu verstehen was deine Alternative wäre.

  72. @Neumann
    “Würde man Drogen frei geben, wie du es vorschlägst, dann können wir nicht mehr sicher leben”

    Das ist doch völliger Quatsch aus der trivialsten und verstaubtesten Anti-Drogen Schublade. Ich frag mich wirklich ob Leute, die sowas schreiben eigentlich überhaupt nicht vorher nachdenken, oder sich mal in der REALEN existierenden Welt vorher umsehen, bevor sie ein aus der Luft gegriffenes Horror Szenario bei irgendeiner unerwünschten oder unverstandenen Änderung des Status Quo an die Wand malen.
    Aber letztlich ist das wohl typisch und geradezu definierend für das Konservative Denken, dass man den aktuellen Zustand gut alternativlos hält, oder sich höchstens noch frühere Zeiten zurück wünscht. Und vor allem Angst hat was hinter der nächsten Kurve in der Zukunft lauern könnte.

    Erstens: so wie ich hier zuletzt über ‘Drogen’ schreibe haben sie den Stellenwert eines MEDIKAMENTS. Leute die im Stellwerk arbeiten dürfen also auch nie Medikamente einnehmen? Zu keiner Zeit?

    Zweitens: Wenn der Mann im Stellwerk einen Unfall verhindert weil er morgens durch eine Droge namens ‘Koffein’ viel wacher und konzentrierter ist, als ohne… Da haben Sie nichts dagegen, oder?
    Aber… MICH macht Koffein sehr schnell unruhig nervös, ungeduldig und risikobereit.
    Es kommt also wie immer auf das Augenmaß und den Einzelfall an. Nicht nur bei Dingen, die Leuten wie Ihnen grade genehm sind, sondern GRUNDSÄTZLICH!

    Drittens: Wenn es dem Mann im Stellwerk oder dem jungen Piloten psychisch gut geht, und er ebenfalls nicht ständig grübelt und mit dem Leben hadert… Denken Sie nicht, dass das besser wäre für unser aller Sicherheit?
    Ein grosser, selten offen ausgesprochener Denkfehler unserer Kultur ist, dass NÜCHTERNHEIT immer und in allen Fällen der eigentlich richtige und beste Zustand ist wenn es schwierig wird. Dabei ließen sich endlos viele Beispiele finden, wo das nicht der Fall ist… Die schaffen es halt nur nicht in die Medien.

  73. @Philipp: Dialog

    Nicht zum ersten Mal denke ich, dass es schön wäre, unseren Gedankenaustausch als Dialog aufzubereiten und zu publizieren.

    Mein letzter Gedanke dazu: Man kann doch direkt mit Menschen mit psychischen Problemen forschen und arbeiten – und braucht nicht den mühseligen Umweg übers Gehirn zu nehmen. 😉

  74. @Philipp: Vorschlag

    Oh, ich hatte deine Frage zu spät gesehen.

    Ich würde die Diagnose “Depression” nicht abschaffen, doch die Schwelle zur Diagnose wieder erhöhen, wie es bis in die 1970er/1980er war (also was man früher “melancholische Depression” nannte; siehe z.B. Horwitz, 2010). Diese Menschen würde ich nach bestem Wissen biopsychosozial behandeln lassen.

    Der große Rest sind oft psychische Probleme, wie sie eben zum Leben dazugehören; und diese eher leichten “depressiven Episoden” gehen ja nach einer Weile wieder ganz von selbst vorbei.

  75. @Sunflower: Psychedelika

    Danke für Ihre interessanten Gedanken – doch wieder einmal stellen Sie meinen Standpunkt falsch dar und verfehlen Sie das Ziel.

    Ich habe, tatsächlich inspiriert durch meine Studierenden, erst dieses Jahr Psilocybin genommen; das kann man hier in den Niederlanden in jeder Stadt legal und kontrolliert kaufen. Der Trip war unterhaltsam – und ich würde es auch mal wieder tun (dann eher mit Musik als wieder mit Kunst).

    MDMA/Ecstasy (das ist nicht dasselbe, wie Sie hoffentlich wissen) oder andere Amphetamine würde ich prinzipiell auch mal ausprobieren. Doch die sind nicht legal und es gibt auch keine Qualitätskontrolle. Man könnte das hier in den NL zwar zum Drugchecking bringen (in Deutschland in Kürze wohl auch). Ich habe es aber nicht eilig.*

    Jemand im Bekanntenkreis hat sich übrigens mit einer achtfachen Dosis MDMA/Ecstasy das Leben genommen. Serotoninsyndrom, das Gehirn schwillt an – muss ein sehr unangenehmer Tod sein.

    Sobald Sie etwas Substanzielles zum Thema Psychedelika & psychische Gesundheit in die Diskussion einbringen, wird das natürlich ernst genommen.

    * Eine Bekannte, gerade in Ausbildung zur Psychotherapeutin in Berlin, die mehr Drogenerfahrungen hat, wollte mir erst nicht glauben, dass ich auch ohne MDMA/Ecstasy in diesen Zustand kommen kann. Doch etwas später meinte sie aus eigenem Antrieb zu mir: “Du hast Recht!” Denken Sie darüber gerne einmal nach.

  76. @Sunflower/all: Was tun bei Depressionen?

    Natürlich ist es Unsinn, zu jemandem, der gerade in einer schweren und akuten Depression ist, zu sagen: “Geh doch ‘mal Spazieren!” Oder: “Mach doch ‘mal Urlaub!” Letzteres kann übrigens ganz schön nach hinten losgehen, weil man dann wahrscheinlich auch einen Teil seiner Bewältigungsmechanismen verliert (und sei es nur Ablenkung) – und dann erst richtig merkt, wie schlecht es einem geht.

    Fakt ist trotzdem, dass Bewegung, vor allem in der freien Natur, z.B. im Wald, einer der besten wohltuenden Faktoren für “die Seele” ist (siehe auch den Abschnitt in Kap. 2 von meinem neuen Buch). Langfristig wirkt das also präventiv – und kann auch heilend sein, wenn es schon zu spät ist. Das ist aber eben ein langfristiger Prozess, oft in kleinen Schritten und oft genug auch mit Rückschritten zwischendurch, wie auch das Entstehen einer depressiven Problematik meist ein langfristiger Prozess ist.

  77. Sunflower
    Die Abgrenzung von Drogen zu illegalen Drogen ist ja nicht willkürlich, die hat einen Sinn wenn man die Abhängigkeit zu Drogen betrachtet.

    Der Gesetzgeber muss einen geraden Weg gehen, wenn er Verbote ausspricht, sonst verstehen es die Bürger nicht.

    Mal ein praktisches Beispiel zu Verboten.
    Ich hatte einen Ausflug mit 16 jährigen zum Ebnisee im Schwäbischen Wald gemacht. In weiser Voraussicht habe ich den Schülern verboten im See zu schwimmen , Mehrmals ! Warum ? Das wirst du gleich erfahren.

    Also, was geschah. Einer der Schüler machte vom Ufer aus einen Kopfsprung in den See in voller Kleidung. Das Wasser war warm und die Versuchung zu groß.

    Was der Schüler nicht sah, das Wasser war an dieser Stelle nur 60 cm tief.
    Er stauchte sich das Genick und konnte von Glück reden, nicht querschnittsgelähmt zu sein. Ich ließ ihn mit einem Krankenwagen abtransportieren.

    Ohne Verbot wäre ich der Dumme gewesen und hätte den Vorfall disziplinarisch zu verantworten gehabt. Die Kosten des Krankentransportes inklusive.

    Fazit: Vertraue nicht auf die Vernunft bei Jugendlichen.
    Bei einer Freigabe von illegalen Drogen , geht es auch um Jugendliche.

  78. @ Stephan:

    Ich würde die Diagnose “Depression” nicht abschaffen, doch die Schwelle zur Diagnose wieder erhöhen, wie es bis in die 1970er/1980er war (also was man früher “melancholische Depression” nannte; siehe z.B. Horwitz, 2010). Diese Menschen würde ich nach bestem Wissen biopsychosozial behandeln lassen.

    Der große Rest sind oft psychische Probleme, wie sie eben zum Leben dazugehören; und diese eher leichten “depressiven Episoden” gehen ja nach einer Weile wieder ganz von selbst vorbei.

    Gut, das klingt für mich erst einmal nicht verkehrt, auch wenn mir die praktische Erfahrung fehlt beurteilen zu können wir sinnvoll das letztendlich wäre (“praktische Erfahrung” als Patient ja, aber nicht als Psychotherapeut oder Psychiater).

    Noch als Ergänzung damit wir uns sicher nicht falsch verstehen. Auch ich denke nicht dass es “die” Depression gibt. Ich betrachte solche labels in einem primär instrumentellen Sinne. Man muss den Dingen irgendwie einen Namen geben und sie auch (notwendig) operationalisieren damit man sie empirisch erforschen kann.
    Auch die von dir qualititative Forschung finde ich sinnvoll und es wäre vielleicht begrüßenswert wenn manche Psychiater und Psychotherapeuten mehr phänomenologisch ausgebildet wären. Aber auch hier muss ich fairereweise sagen: ich habe keine Ahnung wie man sowas praktisch umsetzen soll. Es liegt letztendlich an der Person selbst sich breiter zu bilden.

    Und bezüglich Publikation: ich weiß nicht inwiefern ich mir selbst für später noch Steine in den Weg lege wenn ich unter vollem Namen das publiziere was ich wirklich denke. Denn wie du weißt laufen meine Ansichten bezüglich mancher Themen gegen den Mainstream und ich möchte auf einer größeren Ebene in keine Konfrontotation laufen ohne selbst in einer Machtposition zu sitzen. Im Austausch Anonym online mit anderen ist das natürlich etwas anderes. Deshalb schreibe ich auch nur unter Vornamen und ohne Nachnamen. Mir hat es im Studium schon gereicht das manch Professor mich versucht hat durch den Kakao zu ziehen, nur weil ich die Meinung nicht teile oder weil meine Kritik bezüglich bestimmter Themen nicht einmal verstanden wurde.

  79. @Stephan Schleim

    Lesen sie einfach nochmal, was ich EIGENTLICH geschrieben hab – vielleicht fällt Ihnen dann auf, dass Ihre Antworten damit so gut wie gar nichts zu tun haben.
    Oder vielleicht war es auch genau so beabsichtigt …

  80. @Sunflower: Verständnisprobleme

    Wer redet an wem vorbei, wenn Sie z.B. unterstellen, Zitat:

    … [Stephan Schleim] hindert sich selber daran, in bestimmte Richtungen weiter zu denken […] oder gar selbst entsprechende Erfahrungen zu machen.

    und ich mit meiner offenen Einstellung gegenüber und eigenen Erfahrungen mit psychoaktiven Substanzen reagiere?

    Erfolgreiche Kommunikation erfordert, dass man aufeinander eingeht; ansonsten sind es Monologe, keine Dialoge.

  81. @Philipp 26.09. 09:43

    „Welche Neurone denn genau? Die meisten Neurone befinden sich im Kleinhirn/cerebellum und Menschen können selbst ohne das Cerebelum bei Bewusstsein sein.“

    Ja das ist ja die interessante Frage. Welche Neuronen und Neuronenverbände sind am Werke, um am Ende Bewusstsein hervorzubringen? Dass das so kompliziert ist, ist nicht meine Schuld. Ich finde nur, wir sollten wenigstens danach suchen, wie es funktioniert. Wir müssen das nicht in 3 Jahren fertig haben, vielleicht braucht das 100 Jahre.

    „Und was ist mit anderen Zelltypen wie verschiedenen Gliazellen, z.B. Astrozyten? Glauben Sie die sind für Bewusstsein nicht notwendig?“

    In der Technik ist der Unterschied einfach. Elektronik ist klar von der Mechanik z.B, eines selbstfahrenden Autos zu unterscheiden. In der Biologie sieht es aber auch so aus, als wären die Nervenimpulse der Neuronen dabei, die gesamte Funktionalität des Psychischen auszumachen. Inmitten der Unterstützung aller anderen biologischen Teilsysteme.

    Was hier an Unterstützungsleistungen noch dazu gehört, muss man im konkreten Fall natürlich beachten. So wie Neuronen ein Herzkreislaufsystem brauchen, um versorgt zu werden, braucht auch ein selbstfahrendes Auto nicht nur die IT, sondern auch eine Energiequelle und einen Motor.

    Auch die Umwelt und ihre Erkennung durch Sensoren ist beim Selbstfahrsystem genauso relevant wie beim Menschen, ohne Umweltinformation funktioniert hier nichts. Ebenso gibt es ganz weltliche Konsequenzen von Fehlern der Steuerung, das führt dann z.B. zu Unfällen.

    Ich finde es einfach spannend, wenn man so viel vom menschlichem Bewusstsein verstehen könnte, dass man diese Erkenntnis dann auch z.B. für Selbstfahrsysteme von Autos anpassen und umsetzten könnte. Das könnte nicht nur die Qualität der IT verbessern, sondern könnte auch die uralte Frage beantworten, ob hier nicht doch Geisteswelten mitbeteiligt sind.

    Die Informatik, die dahinter stecken könnte, die gilt es zu erforschen, meine ich. Und hier ist nicht nur die Hirnforschung relevant, es sieht so aus, als könnte man den grundlegenden Fragen auch beim Entwickeln von immer wirkungsvollerer KI von der andern Seite her näher kommen.

    Die Funktionsweise von Nervengewebe und Computertechnik unterscheidet sich ziemlich, aber beides leistet Informationsverarbeitung und kann die gleichen Aufgaben erfüllen. Mit möglicherweise auch denselben informatischen Konzepten.

  82. @Philipp: phänomenologische Forschung

    Man muss den Dingen irgendwie einen Namen geben und sie auch (notwendig) operationalisieren damit man sie empirisch erforschen kann.

    Jein – jetzt kommen wir auf die sehr allgemeine Frage nach Wort & Weltbezug, die wir hier nicht ausdiskutieren können (ich jedenfalls nicht, neben meinen Hauptaufgaben).

    In der Praxis ist es leider so, dass der Name, den sich jemand für etwas ausdenkt (z.B. “Depression”), irgendwann ein Eigenleben führt und vielleicht sogar wichtiger wird als das, was benannt wurde; dann verrennt sich die Forschung.

    Und in phänomenologischer oder qualitativer oder zumindest philosophisch informierter Forschung berücksichtigt man, dass Begriffe erst einmal nur Begriffe sind, mit Vor- und Nachteilen, und geht zumindest bewusster damit um; idealerweise gibt man einer hilfesuchenden Person in der Praxis nicht schon nach fünf Minuten eine weitreichende Diagnose und sieht hinterher nur noch das, was ins Bild passt – sondern hört man lange zu und beobachtet man so neutral und offen wie möglich.

    (In einem System, in dem man vielleicht nur 10 bis 15 Minuten für jemanden hat, sind die Möglichkeiten natürlich begrenzt.)

  83. @ Stephan:

    In der Praxis ist es leider so, dass der Name, den sich jemand für etwas ausdenkt (z.B. “Depression”), irgendwann ein Eigenleben führt und vielleicht sogar wichtiger wird als das, was benannt wurde; dann verrennt sich die Forschung.

    Zustimmung. Ich weiß aber nicht wie man das Problem umgehen kann; darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Dieses Problem sehe ich heute bei Persönlichkeitsstörungen aber besonders deutlich ausgebildet; nämlich insofern als dass selbst genügend Psychiater und psychologische Psychotherapeuten diese Diagnosen so ansehen als gäbe es sie beispielsweise wie einen gebrochenen Arm. Ich glaube hier ist dieses Problem noch deutlich signifikanter und problematischer als bei der Depression.

  84. @ Jeckenburger:

    Ja das ist ja die interessante Frage. Welche Neuronen und Neuronenverbände sind am Werke, um am Ende Bewusstsein hervorzubringen? Dass das so kompliziert ist, ist nicht meine Schuld. Ich finde nur, wir sollten wenigstens danach suchen, wie es funktioniert. Wir müssen das nicht in 3 Jahren fertig haben, vielleicht braucht das 100 Jahre.

    Das kommt meiner Ansicht nach darauf an was sie mit “Bewusstsein hervorbringen” im Detail wirklich meinen. Wenn Sie meinen dass neurophysiologische Aktivität auf der einen Seite ein mentales Bewusstsein auf der anderen Seite “erzeugt” ist das eine Frage jene die Neurowissenschaft meiner Meinung nach niemals beantworten kann. Das wäre eine metaphysische Frage bei der Sie wieder a priori voraussetzen dass es so etwas wie “das Bewusstsein” gibt jenes durch das Gehirn irgendwie erzeugt werden muss und das prinzipiell anders ist als die restliche physiologische Aktivität.

    Eine Frage die man vielleicht irgendwann einmal halbwegs beantworten könnte wäre die Frage welche Dynamiken das Gehirn bereitstellen muss damit wir bei Bewusstsein sind. Dabei geht es aber nicht um einzelne Nervenzellen, sondern um generelle Mechanismen die man theoretisch aus vielen empirischen Analysen ableitet bzw. mit Theorie verlinkt. Was jedes einzelne Neuron macht kann ein Mensch doch gar nicht erfassen, weder in Sprache noch kognitiv; das muss zwangsweise vereinfacht werden damit es in verständliche bzw. nachvollziehbare Theorien gegossen werden kann. Dazu ist es für das Gehirn im Normalfall egal was einzelne Neurone machen, da es sonst total fehleranfällig wäre.

    Außerdem glaube ich dass Sie, sollte das überhaupt so funktionieren wie Sie sich das vorstellen (was ich eh nicht glaube, aber nehmen wir einfach mal an es würde funktionieren) dann würde man bei Neuronen nicht enden sondern müsste die Analyse auf andere Zelltypen erweitern. Und final fast auf den ganzen Körper. Und dann auch noch auf die Umwelt. Das ist endlos. Man kann den gesamten Prozess der an Bewusstsein beteiligt ist nicht wissenschaftlich erfassen. Wissenschaft schneidet immer einen kleinen Teil künstlich aus dem Gesamten heraus und analysiert diesen Teil dann. Das echte Lebewesen ist aber das Ganze, inklusive seiner Umweltinteraktion bzw. Einbettung in die Umwelt. Das ist wissenschaftlich nicht bis ins letzte Detail auslotbar.

  85. @Schleim: persönlich

    Sie machen einen befreiten Eindruck auf mich;sehr gut! Freut mich!

    @Philipp

    Meinung aus einer überlegenen Machtsituation ist das,was Sie ankreiden!

    Ich habe vor Dekaden eine Entscheidung getroffen, die strategisch und operativ in das Desaster mit Schulden und öffentlicher Ächtung geführt hat. Ich würde sie immer wieder treffen.Warum? Weil sie den Kern bedingungsloser Liebe betraf. Die ledigliche Botschaft gegenüber an zwei Menschen. Es hat mein Image,meine Reputation und mein Renome’ negativ beeinflusst. Es war es wert!

    Sind Sie bedingungslos? Das Drama und die Tragik,die Tragödie des Seins. Kannten schon die Griechen!

    Ihnen beiden alles Gute!

  86. @Philipp, all: Zitat des Tages

    Names are noise and smoke; the important point is to have a clear and adequate conception of the facts signified by a name.

    —T. H. Huxley, Evolution and Ethics (1893)

  87. Ich muss bei den häufig philosophischen Diskussionen zur Psyche und dem Bewusstsein/Gehirn an dieses Zitat denken:

    I know that most men, including those at ease with the problems of the greatest complexity, can seldom accept even the simplest and most obvious truth if it be such as would oblige them to admit the falsity of conclusions which they have delighted in explaining to colleagues, which they have proudly taught to others, and which they have woven, thread by thread, into the fabric of their lives.

    –Joseph Ford quoting Tolstoy

  88. @Philipp 26.09. 16:16

    „Das kommt meiner Ansicht nach darauf an was sie mit “Bewusstsein hervorbringen” im Detail wirklich meinen.“

    Das Wesentlichste scheint es mir zu sein, dass sich innere Räume öffnen, die von innen erlebt werden. Das haben wir wahrscheinlich auch bei Labormäusen.

    „Das wäre eine metaphysische Frage..“

    Ob die Maus jetzt wirklich so eine Innenwelt hat, mag genauso wenig nachweisbar sein, wie meine Vermutung, dass auch alle anderen Menschen so was haben. Ich würde mich hier aber einfach auf meine Intuition verlassen, und mit der Hypothese arbeiten, dass die Labormaus eine Innenwelt hat, ohne mich mit Nachweisen aufzuhalten.

    Die Innenräume sind mir wichtig, dass der Mensch auch über sich selber nachdenken kann, ist noch ein netter Zusatz, das ist dann nochmal eine andere Frage.

    Erstmal geht es mir um diese innere Erlebnisfähigkeit. Und darum geht es mir auch in der KI, ich fände es klasse, sowas auch in der Technik hinzubekommen. Das öffnet dann eigene Erlebnisräume zusätzlich zu den biologischen Lebensmöglichkeiten auf diesem Planeten.

    „Eine Frage die man vielleicht irgendwann einmal halbwegs beantworten könnte wäre die Frage welche Dynamiken das Gehirn bereitstellen muss damit wir bei Bewusstsein sind.“

    Das wäre es ja auch im wesentlichen, falls Sie hier darunter verstehen, dass man die informatischen Eigenschaften aufklären kann. Der Testfall ist auch bei Mäusen eigentlich einfach, ob sie wach sind oder schlafen oder betäubt sind lässt sich ja schon am Verhalten erkennen. Wenn sie im Käfig herumlaufen und schnuppern, dann sind sie auch wohl wach.

    Bei Systemen mit künstlichen Innenwelten müsste man dann auch feststellen können, ob das System wach ist, falls man einen Weg findet, das natürliche Vorbild gut genug zu verstehen, dass man dieselbe Funktionalität auf die IT übertragen kann.

    Das mag jetzt alles utopisch anmuten. Wenn man aber einmal eine Idee hat, wie innere Erlebniswelten bzw. Bewusstsein wirklich funktionieren, dann sieht es vermutlich gar nicht mehr so rätselhaft aus, sondern wird auch gleich handhabbar.

    „Dazu ist es für das Gehirn im Normalfall egal was einzelne Neurone machen, da es sonst total fehleranfällig wäre.“

    Wir sind ja auch als Mensch ziemlich fehleranfällig. Es wird hier eine gewisse Redundanz geben, aber ich denke nicht, dass die Natur wirklich verschwenderisch mit den Ressourcen umgeht. Diese riesigen Anzahl von Neuronen wird wohl auch zur Erzeugung hinreichender Intelligenz nötig sein.

    Mag sein, dass man in der Hirnforschung auch ohne genaue Inklusion der einzelnen Nervenzellen Erkenntnisse finden kann. Aber spätestens wenn wir das in der KI nachbauen wollen, dann müssen wir die Neuronentätigkeiten auch implementieren.

    „Man kann den gesamten Prozess der an Bewusstsein beteiligt ist nicht wissenschaftlich erfassen.“

    Kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Es genügt, genug zu erfassen, womit man dann Modelle bauen kann, die hinreichend sind. Die kann man dann auch gleich in der Technik nutzen. Etwa kann ein Selbstfahrsystem oder ein Haushaltsroboter eine eigene innere Erlebniswelt durchaus gebrauchen, scheint mir. Die Biologie hat uns dies ja auch mitgegeben, und das wird Gründe haben.

    Ich will es mal mit den Wettermodellen vergleichen. Hier kann auch kein Mensch die Inhalte überblicken, deshalb braucht man ja die Großrechner dafür. Aber es genügt eine gewisse Menge an physikalischen Gleichungen, dass hier durchaus Dinge prognostiziert werden können, die so brauchbar sind, dass sich der Aufwand lohnt. Obwohl man gar nicht alle Gleichungen hat, die man gerne hätte.

    „Das echte Lebewesen ist aber das Ganze, inklusive seiner Umweltinteraktion bzw. Einbettung in die Umwelt. Das ist wissenschaftlich nicht bis ins letzte Detail auslotbar.“

    Muss ja auch nicht, und soll ja gar nicht. Eine KI mit hinreichend Innenleben wäre doch schon mal was. Und ein gewisses Grundverständnis, wie wir selber ungefähr funktionieren, würde dann gleich mitgeliefert.

    „..dann würde man bei Neuronen nicht enden sondern müsste die Analyse auf andere Zelltypen erweitern. Und final fast auf den ganzen Körper. Und dann auch noch auf die Umwelt. Das ist endlos.“

    Ich denke aber, dass das eine zu bewältigende Aufgabe ist, wenn man nur genug von den informatischen Prinzipien verstanden hat. Wenn man darauf aufbauend ein KI-System baut, dann kann sich das im Training an dem eigenen Roboterkörper und an einer Lernumwelt selber einrichten. Auch wir Menschen müssen unseren Selbstbezug wie unseren Umweltbezug erst mühselig erlernen.

    Hat man das einmal einem Roboter beigebracht, dann kann man das millionenfach kopieren, da kann die Biologie nicht mithalten. Die Biologie wächst dann wiederum von selber, da kann die Technik nicht mithalten.

  89. Gedankensplitter
    Menschen nur auf das “Biologische” zu reduzieren bedeutet, die Würde des Menschen auszublenden.
    “”Würde” ist nicht materiell, die geht über den Tod hinaus.

    Über das “Innenleben” einer künstlichen Intelligenz zu spekulieren ist sinnvoll, weil man sich dabei auch um das eigene Innenleben Gedanken machen muss.

    Kann eine künstliche Intelligenz eine Depression entwickeln ?
    Das wäre dann schaltungstechnisch eine Endlosschleife.

    Die Redundanz in der Biologie ist sehr hoch. Wie ist es anders zu erklären, dass ein Hühnerembryo eine große Ähnlichkeit mit einem menschlichen Embryo hat.

    Es könnte auch möglich sein, dass sich die Gattung Mensch wieder zu einer Gattung Vogel zurückentwickelt. Die Entropie ist nicht allgemeingültig. Sternenhaufen ziehen sich auch wieder zu einem Schwarzen Loch zusammen.

    Auch Erinnerungen können redundant sein. Wenn der “Elebnismüll” zu groß wird, findet sich unser Gehirn nicht mehr zurecht uns wir empfinden eine Niedergeschlagenheit , Sinnlosigkeit, die auch eine Form von Depression ist.

  90. @ Jeckenburger:

    Das Wesentlichste scheint es mir zu sein, dass sich innere Räume öffnen, die von innen erlebt werden.

    Sie haben ein genuin philosophisches (metaphysisches) Problem. Die Frage die Sie stellen ist im Endeffekt nur das alte Leib-Seele-Problem, mehr nicht.

    Sie könnten die strukturelle Konnektivität jeder einzelnen Zelle des Körpers erfasst haben, dazu die time-series (“Aktivitätsmuster”) eines jeden einzelnen Neurons des Gehirns, und weiß Gott was noch alles. Selbst dann könnten Sie sich an den Daten totanalysieren, sie würden am Ende des Tages keinen Meter weiter kommen um Ihre Frage zu beantworten.

    Im Gehirn entstehen keine Innenräume. Was Sie erleben ist die Physiologie selbst. Es gibt keine “Bilder” im Gehirn. Natürlich können Sie jetzt sagen: glaube ich nicht, es gibt Innenräume die in der Physiologie (oder wie auch immer) entstehen. Gut, können Sie machen, aber dann stecken Sie eben metaphysisch fest. Die Diskussion führt so auch nicht weiter. Was Sie ansprechen ist Philosophie und keine Neurowissenschaft.

  91. @ Philipp 27.09.2023, 09:48 Uhr

    Zitat: „Es gibt keine “Bilder” im Gehirn.“

    Es gibt zumindest „Bilder im Auge“, sogar „optische“. Die können Sie sehen, wenn sie Sie sich selber im Spiegel in die Augen sehen. Anders als bei der Videokamera beginnt allerdings gleich hinter der Netzhaut der erste Schritt der „Vorverarbeitung“.

    Sogar außen an der Kopfhaut können Sie EEG Signale ableiten und messen. Das sind zwar keine optischen Abbildungen, aber „elektrische Abbildungen“ (im Sinne der Mathematik) des neuronalen Geschehen. Aus diesen Signalen (Mustern) können Sie Schlüsse ziehen. Derartiges gibt es im Prinzip auch an Hirnhäuten.

    Zumindest an der Netzhaut entstehen „Abbildungsmuster“ der (visuellen) Realität (Bilder), wenn diese zusammengehörigen Bildpunkte jeweils gleichzeitig zur „Abbildung“ kommen. Die nacheinander eintreffenden Bilder bilden die Dynamik des „visuellen Geschehen“ ab, wie beim Video.

    Die umgesetzten Signale werden im neuronalen Netz verarbeitet, vermutlich auch interne an flächigen Strukturen auftretenden Signale, wie von der Netzhaut.

    Allerdings bekommen Signale auch so etwas wie eine „zeitliche Bindung“, (auch wenn sie örtlich entfernt sind) wenn sie von Gehirnwellen „angetrieben“ wie eine „la ola Welle“ durchs neuronale Netz „verschoben“ werden. Derartige Aktivitäten können Sie vermutlich mit „Neuroimaging“ messen.

    Typische Information (z.B. das Bild einer Landschaft) wird auf Materie im neuronalen Netz „abgebildet“, informell oder sogar optisch. Es gibt zweifellos die Landschaft, die neuronalen Strukturen, neuronale Prozesse und die letztlich variablen „informellen Abbildungen“. Das ist praktisch die Realität.

    Ob es „Wechselbeziehungen“ gibt, womöglich durch „spukhafte Fernwirkung“ auf Quantenebene, das scheint die „Lieblingsfrage“ von T. Jeckenburger. Das könnten höchstens Quanten Physiker/Chemiker herausfinden.

  92. @ Philipp: Zitat

    Entweder hat man dann zumindest depressive Verstimmungen oder es um Eitelkeit/Arroganz.

  93. Sehr geehrter Herr Schleim!
    Ich möchte mich für den Artikel bedanken. Ich bin seit 30min positiv fassungslos, diese Worte von einem Wissenschaftler zu lesen und enorm dankbar für Ihre Arbeit. Vielen Dank!

  94. Ich finde, der Artikel überinterpretiert die verlinkte Studie. Die Autoren sagen zu recht, dass es gut möglich ist, dass sie die falschen Perspektiven gewählt haben. Ein Würfel und Quader hochkant sehen von oben auch gleich aus. Dieses Argument finde ich plausibel, ist die Depression doch ein so komplexes Krankheitsbild, dass die Unterschiede viel feiner sein könnten als es die genutzten Untersuchungsmethoden unterscheiden können.

    Eine weitere Analogie: Die Fotoaufnahmen von zwei (leeren) Straßen, die deutlich unterschiedlich stark befahren wurden, werden zu 99,9% identisch sein. Vielleicht sehen die Fahrbahnmarkierungen leicht unterschiedlich aus, doch diese tragen nur zu einem Bruchteil des Gesamtbildes bei. Doch wenn Sie Proben entnehmen und den Reifenabrieb messen, wird der Unterschied deutlich sein. (nehme ich mal an)

    Die Informationsverarbeitung in einem Gehirn – die Verschaltung, Datenflüsse und Plastizität – über paar Fotos, den Glucoseverbrauch und ähnlich “primitive” Methoden unterscheiden zu wollen, das erscheint mir ein ähnlich gewagtes Unterfangen zu sein wie den Mehrwertsteuersatz unterschiedlicher Länder über ihre Sattelitenaufnahmen zu bestimmen.

    Erwähnenswert finde ich auch, dass die Autoren deutlich mehr Erkenntnisse von Longitudinalstudien erhoffen. Und sie weisen auch darauf hin, dass die Unterschiede bei chronisch depressiven Patienten größer werden.

    Ihre Ablehnung von Pharmakotherapie wirkt mehr ideologisch als logisch begründet. Natürlich lassen sich damit keine Ursachen beheben. Doch Antidepressiva ändern die Art und Weise des Denkens, und das kann auch sehr hilfreich sein. Probieren Sie LSD (bzw. eines der legalen Derivate) und erleben Sie die Macht eines 5HT-1A/2A-Agonisten über Ihre Psyche. 😬

    Sicherlich ist es jedoch keine einfache Kunst, für einen Patienten das richtige Antidepressivum zu finden. 20 verschiedene Wirkstoffe und Kombination (kein LSD 😄) haben mir jeweils höchstens temporär geholfen, die 21. mich – parallell zu 10+ Jahren Psychotherapie – zu einem zufriedenen Menschen gemacht, der sein Leben wieder mag. Für mich war definitiv die Kombination der Erfolg. Aber mir ist somit auch klargeworden, weshalb Studien mit Antidepressiva meist so marginale Unterschiede ergeben: eine pauschale Lösung (“geben wir allen mal einen SSRI”) bei einem so komplexen und diversen Krankheitsbild wie Depression – das funktioniert halt entsprechend selten.

  95. @Philipp 27.09. 09:48

    „Im Gehirn entstehen keine Innenräume. Was Sie erleben ist die Physiologie selbst. Es gibt keine “Bilder” im Gehirn.“

    Das Erleben der eigenen Innenwelt ist nun mal Grunderfahrung. Ohne ein inneres mentales Bild von uns selbst und der aktuellen Umgebung könnten wir uns nicht sinnvoll bewegen. Genau an dieser Orientierung in der Außenwelt kann man auch bei allen höheren Tieren erkennen, dass sie wach sind und nicht z.B. schlafen. Das haben Steine nicht. Erlebte Physiologie ohne einen konkreten Prozess, der dies ermöglicht, das kann ich schlichtweg nicht denken, das kann ich nicht nachvollziehen.

    „Natürlich können Sie jetzt sagen: glaube ich nicht, es gibt Innenräume die in der Physiologie (oder wie auch immer) entstehen.“

    In der Tat, und ich würde es halt auch gerne genauer wissen, wie genau. Nicht nur als Selbstverständnis, auch als Anwendung in Form von „lebendiger“ KI.

    „Gut, können Sie machen, aber dann stecken Sie eben metaphysisch fest.“

    Da merk ich dann aber auch nichts von. Ich sehe hier durchaus verschiedene metaphysische Möglichkeiten, und bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Ich lebe, und stelle fest, das man sich Weltbilder machen und ausbauen kann. Das gehört dann im Prinzip auch zum ganzen Spektrum der individuellen Innenwelten.

    „Was Sie ansprechen ist Philosophie und keine Neurowissenschaft.“

    Kann schon sein. Wenn alle Neurowissenschaftler das wie Sie sehen, dann wird es keine Neurowissenschaft sein. Zumindest wenn man anerkennt, das Neurowissenschaft das ist, was Neurowissenschaftler machen. Was mich jetzt allerdings nicht davon abhält, die Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung wahrzunehmen und in mein eigenes Weltbild zu integrieren, soweit es interessant aussieht zumindest.

  96. @Lukas: Glaubensfrage

    Hört sich für mich nach einer Glaubensfrage an.

    Und es ist ja nachweislich so, dass man in der Psychiatrie seit bald 200 Jahren nach einer neurobiologischen Fundierung der “Krankheiten” sucht; und das bisher bei keiner psychischen Störung funktioniert hat.

    Schon ein Gedanke, eine Wahrnehmung ändert “die Psyche”. Wie Sie unter solchen Umständen den Effekt einer psychoaktiven Substanz von dem eines psychischen Vorgangs unterscheiden wollen, ist mir ein Rätsel.

    Dann die ganzen Evidenzen über manipulierte Medikamentenstudien usw. usf.

    Wer es heute noch nicht verstanden hat, der will es nicht verstehen. Aber sei’s drum: Meinetwegen dürfen Sie Ihren Glauben behalten.

  97. @Höritzauer: Wissenschaft

    Danke für das Lob. Wissen Sie, auch in der Wissenschaft gibt es diverse Meinungen.

    Es ist ja aber so, dass wir chronisch unterfinanziert sind. Dadurch entsteht dieser Drittmittelzwang. Und dafür muss man Wissenschaft oft genug leider “verkaufen”.

    Sie würden sich wundern, was manche Kolleg*innen nach ein, zwei Bierchen in kleiner Runde sagen, nachdem sie ein paar Stunden vorher in einem Vortrag vor großem Publikum noch etwas ganz Anderes erzählt haben.

    Ich bin froh, als Theoretiker einen gerade noch so erträglichen Zwischenzustand gefunden zu haben. Wenn das irgendwann nicht mehr geht, mache ich halt etwas Anderes.

  98. Passend zur Diskussion ein Zitat aus einer einflussreichen Publikation von Scott O. Lilienfeld (1960-2020), Professor für Klinische Psychologie:

    “Wenn das Gehirn der Kern des Problems ist, muss die Behandlung des Gehirns ein zentraler Teil der Lösung sein”, wie Leshner* es einmal ausdrückte. Die klinische Realität ist das genaue Gegenteil: Die wirksamsten Interventionen zielen nicht auf das Gehirn, sondern auf den Menschen. Es ist die Psyche von Süchtigen, die die Geschichten darüber enthält, wie Sucht entsteht, warum Menschen weiterhin Drogen konsumieren und wie sie es schaffen, wenn sie sich dazu entschließen, damit aufzuhören. Diese zutiefst persönliche Geschichte kann nicht ausschließlich durch die Untersuchung neuronaler Schaltkreise verstanden werden.

    Es geht hier zwar um Substanzabhängigkeit, doch analog gilt das auch für Depressionen. Lilienfeld war einer der wenigen, die nicht auf den Neuro-Zug aufsprangen, schlicht weil das für die Karriere nützlich war.

    * Alan I. Leshner ist ein Neuropsychologe, der 1990 bis 1992, also am Beginn der “Dekade des Gehirn”, kurz Direktor des National Institute of Mental Health (NIMH) war. Danach wurde der Direktor des National Institute on Drug Abuse (NIDA). Er prägte maßgeblich die Darstellung von Sucht als Gehirnerkrankung. Jahre und viele hunderttausend Drogentote später sehen wir, wie nützlich und erfolgreich seine Ideen waren.

  99. @ Stephan Schleim

    habe vor langer Zeit, ich glaube es war eine Nebenbemerkung eines Chemielehrers, erfahren, dass der Liquor cerebrospinalis (Gehirnflüssigkeit) neben anderen bekannten Funktionen, auch Funktionen für den Stoffwechsel der Nervenzellen des ZNS hat, ähnlich wie ein Elektrolyt.

    Ich könnte mir vorstellen, dass partielle, kaum messbare Stoffwechselstörungen Einfluss auf die Psyche nehmen.

    Ich begründe dass, recht „originell“ damit, dass es ehemals mein erster Job als Elektroniker war, das „schizophrene Verhalten“ einer noch in Entwicklung befindlichen, elektronischen Steuerung, die damals noch ungefähr nach dem „Assemblykonzept“ (räumlich verteilte, jedoch eng zusammenwirkende elektronische „Funktionsgruppen“) arbeitete, zu beheben.

    Das Problem war, schlicht und einfach, dass ein „Assembly“ im entscheidenden „Zeitschlitz“ zu wenig „Betriebsspannung“ bekam, obwohl an sich genügend zur Verfügung stand. Die Systemdesigner konnten das nur mittels Oszillographen messen und so das Problem erklären.

    Ich musste sozusagen eine banale elektronische Schaltung entwickeln, die die elektrische Energie besser verteilt hat, so dass alle „Assemblys“ genau wenn sie es benötigten, ihr „Futter“ bekamen.

    Dass erinnert mich an eine an Schizophrenie leidenden Person. Die „funktionierte“ halbwegs „normal“, nur schlug sie sich gelegentlich absichtlich mit einer „Holzhacke“ auf den Kopf (massive Selbstbeschädigung). Möglicherweise auch deswegen, weil eine wichtige Systemkomponente im entscheidenden Augenblick, z.B. wegen „Ressourcenmangel“ nicht „funktionierte“?

    Das Problem ist nur, die Neurologen haben es „schwer“, können nicht so bequem an Neuronen/Synapsen z.B. die Ressourcenzufuhr (oder andere Fehler) messen, wie es die Elektroniker an den Transistoren ganz leicht machen konnten…

  100. @Elektroniker: Gehirnflüssigkeit

    Ja – auch den (im Laufe des Lebens immer größer werdenden) Gehirnventrikeln und ihrer Flüssigkeit kommt eine gewisse Reinigungsfunktion zu.

    Sonnenstrahlen, ein Lächeln, ein Glas Federweißer, Elektrolyte – können alle Einfluss auf die Psyche haben, ja. Was sagt uns das?

  101. Schön, dass man hier von einer einzigen Studie zu Depressionen auf alle psychischen Erkrankungen schließt. Schizophrenie nicht erblich bedingt? Das spricht gegen alle Observationsstudien der letzten 80 Jahre…

    Und generell wurde hier von einer Studie zur makroskopischen Hirnstruktur auf das Nichtvorhandensein von abweichenden chemischen Prozessen geschlussfolgert, was nicht wirklich Sinn ergibt.
    Genauso Zeugen genetische Studien nur, dass es nicht “das Depressionsgen” gibt, aber eben sehr wohl eine Kombination aus vielen verschiedenen (teils sehr seltenen) Genmutationen eine höhere Anfälligkeit für Depressionen bedeuten kann. Dass Depressionen nicht so stark erblich bedingt sind, wie Schizophrenie ist klar. Aber selbst bei der Schizophrenie gibt es teils sehr seltene Genmutationen im Exom, die die Wahrscheinlichkeit zu erkranken um das 50-fache erhöhen, aber eben so selten sind, dass sie bei der statistischen Aufwertung von Datensätzen unter das Radar fallen.

    Und man sollte “Erblichkeit” nicht mit “Humangenetik” verwechseln. Die Gene im Zellkern sind nur ein Teil des vererbten Materials. Auch die DNA der Mitochondrien sowie das genetische Material der Darm- und Hautflora wird teilweise vererbt. Man weiß z.B. dass Kaiserschnittgeburt gepaart mit Einrührmilch bei fehlender Muttermilch das Risiko von Asthma, Schizophrenie, Bi-Polare Störung und diversen Autoimmunerkrankungen drastisch erhöht.

    Das man von der Schnittstelle zwischen Mikroben und der mentalen und systemischen Gesundheit nicht sonderlich viel versteht, zeigt Long Covid. (Und Post-Infektionssyndrome gibt es nicht erst seit Corona und nicht nur nach “Großpandemien mit vielen psychischen Stress”.)

    Wenn man alle psychischen Erkrankungen nur auf “Stress” zurückführt, tut man Menschen mit Bi-Polarer Störung, Schizophrenie, Demenz und Co. keinen Gefallen.

    Man verändert nur die öffentliche Meinung, dann zu weniger biologischer Erforschung jener Erkrankungen führt, da Fördergelder für andere Projekte ausgegeben werden. Das konnte man klar bei ME/CFS sehen. Bis die Forschung hier so weit war, und man es als “neuroimmunologische” Erkrankung verstand, wurde es auch zu den psychologischen Erkrankungen gezählt. Gleiches gilt für die Multiple Sklerose.

    Von daher: Bitte nicht ALLES was wir nicht erklären können, auf Stress und Trauma zurückführen. Ansonsten wäre Afrika voll von Depressiven und jener, der ein Trauma erfährt, würde Schizophrenie bekommen…

  102. @N.Z. im Fakten-Check

    Schön, dass man hier von einer einzigen Studie zu Depressionen auf alle psychischen Erkrankungen schließt.

    Wer macht denn sowas? Hier wird eine Studie, meines Wissens die bisher beste NeuroImaging-Studie zur Depression, im Kontext der vielen anderen gescheiterten Versuche der Biologischen Psychiatrie der letzten rund 200 Jahre diskutiert.

    [1 ]Schizophrenie nicht erblich bedingt? [2] Das spricht gegen alle Observationsstudien der letzten 80 Jahre…

    [1] Wo steht das? [2] Wenn die Studienlage so klar ist, gerne mal eine Quelle nennen.

    Dass psychische Störungen Gehirnstörungen seien, ist eine Hypothese, die wissenschaftlich belegt werden muss. Da es immer noch keine Pathophysiologie gibt (z.B. Beschreibung der Störungen in neurobiologischer Sprache), nach bald 200 Jahren Suche, kann man diese Hypothese wohl als falsifiziert betrachten.

    Übrigens bestreitet niemand hier genetische Einflüsse: Im Text stand ja, dass ca. 3% der Unterschiede der Symptome durch genetische Variabilität erklärt werden können.

    P.S. Psychische Störungen als neurobiologische Störungen zu verstehen, ist ein Kategorienfehler. Das Projekt, für das Sie hier argumentieren, ist darum schon aus logischen Gründen unmöglich. Die Beweislast liegt bei Ihnen. Viel Erfolg!

  103. @ Stephan Schleim

    Zitat: „Psychische Störungen als neurobiologische Störungen zu verstehen, ist ein Kategorienfehler.
    …..
    Dass psychische Störungen Gehirnstörungen seien, ist eine Hypothese, die wissenschaftlich belegt werden muss. Da es immer noch keine Pathophysiologie gibt (z.B. Beschreibung der Störungen in neurobiologischer Sprache), nach bald 200 Jahren Suche, kann man diese Hypothese wohl als falsifiziert betrachten.“

    Dass es einen Kategorienfehler geben könnte muss man einräumen. Als auch den 2. Teil des Zitats.

    Aber nur weil die „Forschungslage“ sehr, sehr, sehr „traurig“ ist. Einerseits wegen der extremen Komplexität, der schwierigen Messprobleme, letztlich aber auch deswegen, weil die Philosophie „Wechselwirkungen“ zwischen „Körper und Geist“ eher ausschließt. Das ist in der Informatik nicht haltbar, „Hardware – Software Wechselwirkungen“ sind alltäglich.

    Am technischen „Modell“, der „schizophrenen elektronischen Schaltung“, das ich ganz grob angedeutet habe, kann man das Problem gut erkennen.

    Es trifft sogar zu, dass in der Technik in der „Testphase“, Probleme hauptsächlich von „fehlerhafter Programmierung“ (Fehler in der Schaltungsgestaltung) verursacht sind. Einfach deswegen, weil die „echte Hardware“ vergleichsweise wenig komplex ist, sozusagen wirklich sehr „hart gegenüber Veränderungen“ ist und unter möglichst allen Betriebsumständen absolut stabil ist. Das ist den Technikern das allerwichtigste bei der Konstruktion von Hardware.

    Die Biologie „beruht auf „Selbstorganisation“. Kann sich nur wegen der zufälligen (bei DNA Variationen, sogar „systematisch zufälligen Veränderungen“ in „echten Zufallsgeneratoren“) weiter entwickeln. Deswegen ist sie vermutlich stärker „Störungsanfällig“ als technische Hardware.

    Würde bedeuten, dass es eigentlich naheliegend ist, dass in der Biologie, auch im Gehirn „Funktionsfehler“ (entsprechen auch psychischen Störungen), relativ oft, wie z.B. Grippe, Lungenentzündung, Durchfall, …. von „Hardwareproblemen“ ausgelöst werden. Wobei jemand am Durchfall „selbst Schuld“ sein kann, wenn er verdorbene, stinkende Lebensmittel isst.

    Beim technischen Beispiel kann man das gut messen. Vergleichsweise häufig waren ehemals Transistoren defekt. Den Fehler konnte man bequem durch Messungen eingrenzen. Man hat entweder eine Platine ausgetauscht, oder der Techniker hat „verdächtige Transistoren“ ausgelötet gemessen und allenfalls ersetzt. Die Techniker hatten praktisch alles im Griff. Das ganze System war so geplant. Sonst hätte eine Systemstörung den ganzen Betrieb ruiniert, wenn er wegen einer Störung Monate lang ausgefallen wäre.

    Ich will damit sagen, wissenschaftlich gesehen haben Sie mit Ihren Sichtweisen über Hirnstörungen recht. Es ist einfach die heutige „Faktenlage“.

    Mediziner die an der „Patientenfront“ arbeiten, können es aus ihrer Sichtweise und Erfahrung anders „sehen“.

    Der Grund ist, die Wissenschaft hat noch Forschungsbedarf, das Wissen ist einfach noch zu gering um „abschließend die Fakten checken“ zu können…..

  104. @Elektroniker 29.09. 11:15

    „Der Grund ist, die Wissenschaft hat noch Forschungsbedarf, das Wissen ist einfach noch zu gering um „abschließend die Fakten checken“ zu können…..“

    Zwischen einfach abstempeln und sich mit den Störungsbildern abfinden einerseits und einer psychosozialen Unterstützung durch menschliche Zuwendung helfen zu versuchen andererseits hat man dann aber die Wahl.

    Insbesondere sind manche Störungsaspekte Zuschreibungen eher kultureller Natur, und stören nur als solche. ADHS z.B. kommt hauptsächlich zum Tragen, wenn die Kinder entgegen aller eigenen Natur stundenlang stillsitzen und Theorie pauken müssen.

    Depressiv machen ziemlich viele Sachen, das kann öfter einfach eine gesunde Reaktion sein. Wenn die Diplomarbeit wider Erwarten nur mit einer 4 benotet wurde, dann schlägt das meistens einige Monate auch auf die Stimmung. Menschliches Mitgefühl und Aufmunterung ist hier angebracht, auch ohne Diagnose.

    Psychoaktive Mittelchen kann man natürlich auch nutzen, ob es nun Verschriebenes oder Nichtverschriebenes ist. Man muss hier aber aufpassen, dass das nicht mittel- und langfristig zu Dynamiken führt, die weit schlimmer als das eigentliche Ursprungsproblem sind.

    So kann eine biologisch motivierte Behandlung mehr Probleme machen als sie löst. Wenn unterstützende Zuwendung schon genügen kann, dann sollte man erstmal das versuchen.

  105. wenn man einen Computer als Modellvorstellung für das Gehirn nimmt, dann reicht es nicht zwischen Hardware (Neurobiologie) und Software (Psyche) zu unterscheiden.
    Ein Computer hat zwei Formen von Speicher, den ROM (read only memory) , der ein festgelegtes Programm enthält, mit dem der Computer andere Programme abarbeiten kann oder mit dem Sensoren gesteuert werden können.
    Das entspräche dann dem genetischen Anteil des Gehirnes.
    Der wichtigere Teil des Computers ist das RAM (random-acces-memory) , ein Speicher , der beschrieben und gelöscht werden kann.
    Das entspräche dem Gedächtnis des Menschen.
    Und wenn dieser Speicher mit falschen Daten z.B. schlimmen Erlebnissen gefüllt ist, dann kann der Zentralprozessor nicht mehr richtig arbeiten, das wären dann die psychischen Krankheiten.
    Das RAM ist also technisch intakt, es enthält nur schädliche Informationen

    Die Informationen machen den Menschen krank und Informationen sind geistiger Natur, weil sie erst interpretiert werden müssen. Und um die Interpretation eines Gedankens zu verstehen, davon sind wir noch meilenweit entfernt.
    Und die Informationen können mit Medikamenten nicht bearbeitet werden.
    Man kann sie löschen, meistens mit Alkohol , dabei sterben die Gedächtniszellen ab , in denen die Informationen gespeichert sind (Modellvorstellung)

  106. @ Jeckenburger:

    Das Erleben der eigenen Innenwelt ist nun mal Grunderfahrung. Ohne ein inneres mentales Bild von uns selbst und der aktuellen Umgebung könnten wir uns nicht sinnvoll bewegen. Genau an dieser Orientierung in der Außenwelt kann man auch bei allen höheren Tieren erkennen, dass sie wach sind und nicht z.B. schlafen. Das haben Steine nicht. Erlebte Physiologie ohne einen konkreten Prozess, der dies ermöglicht, das kann ich schlichtweg nicht denken, das kann ich nicht nachvollziehen.

    Ihr Fehler ist dass Sie Erleben bzw. Bewusstsein auf einen mentalen Geist oder auf eine mentale Innenwelt attribuieren die prinzipiell anders ist als die restliche Physiologie. D.h. für sie schafft die Physiologie einen Mind/Geist/Bewusstsein/Innenwelt.

    Was Sie haben ist ein Dualismus im Gehirn. Sie haben den alten Dualismus damit einfach in das Gehirn selbst verschoben. Sie gehen von zwei unterschiedlichen Bereichen aus: 1) Physiologie und 2) mentale Innenwelt.

    Was Sie und viele andere nicht verstehen ist dass das was Sie im Wachzustand erleben, also z.B. visuell, die Physiologie in Interaktion mit Umweltstimuli selbst ist. Was Sie erleben ist die wahre Physiologie erlebt durch den lebenden Organismus selbst, nicht jene die in der Dritten-Person-Perspektive der Wissenschaft beschrieben wird.

    Da Sie sich das aber einfach nicht vorstellen können attribuieren Sie ihr komplettes Erleben/Bewusstsein immer auf einen Geist (ihre mentale Innenwelt). Und deshalb bleiben sie in einem metaphysischen Dualismus stecken an dem keine Wissenschaft der Welt jemals etwas lösen könnte.

  107. @N.Z. und ihre/seine Neuro-Ideologie

    Es ging gerade noch um die (angebliche) biologische Determination der sogenannten Schizophrenie.

    Anstatt hier Neuro-Ideologie zu verbreiten, hätte man ja einfach mal auf die Daten schauen können, beispielsweise die Konkordanzraten eineiiger Zwillinge, von denen einer die Diagnose Schizophrenie bekam:

    Die beträgt gerade einmal 33%! (Hilker et al., 2018, Biological Psychiatry; N = 31,524 Zwillingspaare)

    Und natürlich teilen auch eineiige Zwillinge i.d.R. ihre Umwelt, d.h. sind die Gemeinsamkeiten nicht nur genetisch/biologisch zu erklären.

  108. @ Philipp 30.09.2023, 08:45 Uhr

    Nochmals (wieder einmal) zur „Dualismusfrage“.

    Zitat: „Ihr Fehler ist dass Sie Erleben bzw. Bewusstsein auf einen mentalen Geist oder auf eine mentale Innenwelt attribuieren die prinzipiell anders ist als die restliche Physiologie. D.h. für sie schafft die Physiologie einen Mind/Geist/Bewusstsein/Innenwelt.“

    Man kann sich damit abfinden dass es so ist. Ich mache das an der Sichtweise der ehemals „alten Elektroniker“ fest, die sich gegen den „Dualismus“ gesträubt haben.

    Die haben z.B. „Gatterschaltungen“ so „verdrahtet“, dass komplexe Industrieanlagen bestens elektronisch gesteuert werden konnten. Sie konnten einen anderen Elektroniker auch gut erklären, warum sie es so (und nicht anders) gemacht haben. Sie haben sich aber (früher) geweigert ihr „geistiges Konstrukt“ mathematisch, z.B. mit den Mitteln der schon länger existierenden Boolschen (Schalt) Algebra zu formulieren.

    Es sind praktisch mathematische Gleichungen die die Schaltanordnung exakt beschreiben. Man kann diese Methode übrigens auch dazu verwenden, die Schaltungen einfacher, billiger, mit weniger Bauteilen zu gestalten.

    Damit hat man das Problem eindeutig „vergeistigt“, auf eine andere Ebene, die Ebene der Mathematik „gehoben“ und „landet“ damit im „Dualismus“ der „mathematischen, informellen Abbilder“. Man könnte die grundlegenden Steuerungsaufgaben auf einem universellen Computer lösen, wie man es auch bei Simulationen macht.

    Man muss es nicht tun, kann den Dualismus ignorieren darauf verzichten und leben, zumindest „irgendwie“. Aber normalerweise nutzt man die Methoden der Mathematik/Informatik.

    Außer es kommt irgendwann zu einem „verhängnisvollen Software Gau“ und man bedauert, sich davon abhängig gemacht zu haben. Zuletzt mussten Toyota und VW einen kurzen Blick in den „Abgrund“ werfen….

  109. @Philipp 30.09. 08:45

    „Ihr Fehler ist dass Sie Erleben bzw. Bewusstsein auf einen mentalen Geist oder auf eine mentale Innenwelt attribuieren die prinzipiell anders ist als die restliche Physiologie.“

    Der Unterschied ist letztlich, dass ein Teil der Physiologie ins Bewusstsein gelangt, und der andere nicht. Einiges ist von innen sichtbar, dass andere nicht. Wobei natürlich das Nichtsichtbare auch irgendwie ins Endergebnis einfließt. Hier mag es sogar Übergänge geben, die so halb unterwegs sind, in der Innenwelt zu landen.

    „Sie gehen von zwei unterschiedlichen Bereichen aus: 1) Physiologie und 2) mentale Innenwelt.“

    Physiologie wird eben tatsächlich zur Innenwelt, nur nicht die ganze Physiologie. Wenn ich querschnittsgelähmt bin und mein Rückenmark unterbrochen ist, dann spüre ich meine Beine nicht mehr. Und das obwohl die Nerven in den Beinen durchaus noch funktionieren. Es fehlt schlichtweg an der Verbindung zu dem Teil der Physiologie, die Erleben ermöglicht.

    „Was Sie erleben ist die wahre Physiologie erlebt durch den lebenden Organismus selbst, nicht jene die in der Dritten-Person-Perspektive der Wissenschaft beschrieben wird.“

    Keine Frage, sehe ich doch auch so.

    „Da Sie sich das aber einfach nicht vorstellen können attribuieren Sie ihr komplettes Erleben/Bewusstsein immer auf einen Geist (ihre mentale Innenwelt).“

    Den Geist, den ich hier auch noch vermute, der ist noch mal eine andere Sache. Ich kann mir hier sehr gut denken, dass wir als bewusste Existenzen auch Geisteswesen sind. Aber wir bleiben immer eng an unsere Physiologie gebunden, und können nicht ohne funktionierendes Gehirn existieren. Wie viel Geist hier wirklich mitspielt, ist aber aus meiner Sicht ebenfalls derzeit noch ziemlich unklar. Dafür weis man einfach noch viel zu wenig über die physiologischen Details wie auch über die Eigenschaften von wirklichen Geisteswelten.

    „Und deshalb bleiben sie in einem metaphysischen Dualismus stecken an dem keine Wissenschaft der Welt jemals etwas lösen könnte.“

    Wenn man die physiologischen Details mal viel besser kennt, dann wird die Sache aufklärbar, schätze ich. Und wenn die Geisteswelten z.B. über gezielten Quantenzufall mitspielen, dann müsste das nachweisbar sein, und wäre durchaus auch wissenschaftlicher Untersuchung zugänglich. Insbesondere wenn man den gezielten Quantenzufall in der KI sinnvoll und mit klaren Ergebnissen nutzen könnte, dann würde langsam erkennbar, was man damit alles so anfangen kann.

  110. Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los das hier einige sogar Gehirnwäsche und mind control für möglich halten ^^ Und ich dachte ich wäre der Materialist… Software die auf Hardware läuft…

  111. @Stephan Schleim // Kategorienfehler ???

    » Psychische Störungen als neurobiologische Störungen zu verstehen, ist ein Kategorienfehler. «

    Ich fürchte, diese Auffassung lässt sich nicht mit dem „biopsychosozialen Modell“ und der Behauptung,

    »Natürlich ist “die Psyche” verkörpert […]«,

    widerspruchsfrei vereinbaren.

    »Dass psychische Störungen Gehirnstörungen seien, ist eine Hypothese, die wissenschaftlich belegt werden muss. Da es immer noch keine Pathophysiologie gibt […], nach bald 200 Jahren Suche, kann man diese Hypothese wohl als falsifiziert betrachten. «

    Aha! Aber für die Hypothese, dass psychische Störungen nicht (!) im Gehirn verortet sind und nicht (!) dort entstehen, gibt seit über 2000 Jahren auch keinen Beleg. Und es gibt auch keinen Beleg für das Vorhandensein einer Entität „Psyche“, die anfällig wäre für bestimmte „Störungen“; denn sie lässt sich, wie im Beitrag völlig richtig angemerkt, „nicht dingfest“ machen.

    Demgegenüber weiß man aber, dass sich diese „Störungen“ durch bestimmte Substanzen und (biopsychosoziale)* Therapien beeinflussen lassen und zudem auf Energie angewiesen sind (ohne Glucose im Hirn läuft da gar nichts, kein Normalbetrieb und auch kein gestörtes Geschehen).

    * im „bio“-Teil ist aus biowissenschaftlicher Sicht das „psychosoziale“ bereits enthalten (denn das Gehirn ist bekanntlich auch für (psycho-)soziale Interaktionen zuständig und verändert sich dabei ständig–weshalb Psycho- und Verhaltenstherapien erfolgreich sein können).

  112. @Balanus: Kategorienfehler

    Ich weiß nicht, welcher zusätzlichen Belege es dafür bedürfe.

    Die Klassifikationen psychischer Störungen sind normative Konstrukte, die am Konferenztisch definiert werden.

    Was man durch ein Bier, eine Droge, ein Medikament oder einen Spaziergang beeinflusst, das ist sicher nicht die Störung, sondern sind bestimmte Erfahrungen, auf die sich die Störung eventuell bezieht (z.B. als Symptom).

    Das ändert nichts daran, dass die Störung keine biologische Kategorie ist; zeigt auf, dass die Reduktion aufs Gehirn/Nervensystem ein Kategorienfehler ist; und erklärt, warum die Biologische Psychiatrie seit ca. Mitte des 19. Jahrhunderts wenig Relevantes geliefert hat.

    Es ist doch so offensichtlich!

    P.S. Noch einmal ein Beispiel von nebenan: Wenn du mit deinen (Enkel-) Kindern von Erlangen oder Würzburg nach Darmstadt oder Frankfurt ziehst, halbiert sich deren Wahrscheinlichkeit für eine ADHS-Diagnose; weil die genannten Normen in den genannten Städten eben unterschiedlich angewandt werden.

  113. @ Balanus 02.10.2023, 16:17 Uhr

    Zitat: „Psychische Störungen als neurobiologische Störungen zu verstehen, ist ein Kategorienfehler.“

    Es wird hier etwas „strikt gleichgesetzt“ was verschiedenen Kategorien angehört oder angehören könnte. Derartiges ist in der Informatik strengstens verboten. Auch wenn derartiges immer wieder geschieht. „Psyche“ ist eine andere Kategorie als „Neurobiologie“.

    Man könnte z.B. vage formulieren: Psychische Störungen könnten mit neurobiologischen Problemen „zusammenhängen“. Das Problem ist höchstens „ psychische Störungen“ exakt zu definieren und die „neurobiologischen Probleme“ möglichst im Detail zu kennen.

    Man bleib halt sehr vage, wenn man behauptet: „Sprachstörungen können mit einem Schlaganfall zusammenhängen.“ Trotzdem kann diese schnelle Erkenntnis das Leben retten….

    Man muss derartige Probleme, mitunter sozusagen sehr trickreich „umgehen“.

    Banales Beispiel:
    „3 Äpfel“ auf der linken Seite eines „Gleichheitszeichen“ (oder was diesem entspricht) sind nur „3 Äpfel“ auf der rechten Seite einer „Gleichung“.
    Aber auf keinem Fall z.B. „2 Äpfel und 1 Birne“ sind gleich „3 Äpfel“ auf der anderen Seite.

    Würden sie (trickreich) „3 Stück Obst“ deklarieren, so wäre die “Gleichung“ korrekt.

  114. @ Jeckenburger:

    Der Unterschied ist letztlich, dass ein Teil der Physiologie ins Bewusstsein gelangt, und der andere nicht. Einiges ist von innen sichtbar, dass andere nicht. Wobei natürlich das Nichtsichtbare auch irgendwie ins Endergebnis einfließt. Hier mag es sogar Übergänge geben, die so halb unterwegs sind, in der Innenwelt zu landen.

    Es gibt nicht-bewusste physiologische Prozesse (z.B. wenn wir im Koma liegen) und bewusst-physiologische Prozesse (z.B. im Wachzustand oder im Traum).

    Der Dualismus ist folgender: wenn Sie glauben dass es a) objektive äußere physiologische Prozesse gibt und daneben bzw. gleichzeitig b) innere subjektive mentale Innenwelten dann denken Sie dualistisch, egal wie Sie es drehen oder wenden wollen. Und das tun Sie. In dem Moment wo Sie behaupten dass es eine subjektive Innenwelt gibt fallen Sie in Metaphysik die nicht mehr empirisch erreichbar ist; in dem Moment ist es “vorbei” – da haben Sie aus meiner Sicht verloren. Ende. Dann stecken Sie im Leib-Seele Problem fest. Und dieses Problem ist einfach ein falsches philosophisches Modell, deshalb wurde das in 2500 Jahren auch nicht gelöst.

    Wenn die physiologische Aktivität eine bestimmte Dynamik (oder was auch immer) hat dann schlägt sie in bewusste Physiologie um, so wie Eis zu Wasser wird, oder Wasser zu Eis. Aber es gibt kein Bewusstsein (mental subjektiv) dem gleichzeitig physiologische Prozesse zugrunde liegen (objektiv). Die Physiologie ist selbst subjektiv. Nur Menschen die im Paradigma des Leib-Seele.Problems denken würden behaupten dass das ein Kategorienfehler ist, da sie eben letztendlich beides ontologisch trennen.

    Es gibt keinen objektiven Körper + ein subjektives Bewusstsein in diesem Körper (das ist genau der Dualismus). Wenn Sie so wollen: es ist der lebende Körper selbst der erlebt (und das können sich in unserer durch die westliche Philosphie, Religion und Geschichte geprägten Kultur die meisten Menschen einfach nicht mehr vorstellen).

    Erst wenn Sie Bewusstsein von Physiologie trennen können Sie überhaupt die Frage nach dem Leib-Seele Problem stellen! Diese Trennung ist die notwendige Bedingung dafür dass Sie überhaupt fragen können wie Bewusstsein mit Physiologie ontologisch zusammenhängt (und das ist genau die Frage die Sie und andere laufend stellen).

    Wenn Sie beides nicht mehr trennen würden – ja dann wäre Ihre Frage obsolet! Sie würden dann erkennen dass die Frage selbst sinnlos und nicht beantwortbar ist, nämlich ein philosophisches Pseudoproblem.

    Was bleibt? Nun, wenn Sie neurowissenschaftlich erklären wollen wie Physiologie bewusst wird dann müssen Sie das eben N E U R O W I S S E N S C H A F T L I C H beschreiben und erklären. Da haben “Geisteswelten” nichts zu suchen. Sonst wählen Sie Begriffe aus der Geisteswissenschaft. Sie wollen es doch NEURONAL erklärt haben, oder? Dann macht es überhaupt keine Sinn philosophische, psychologische, etc. Konzepte zu wählen. Dann erklären Sie es eben NICHT biologisch.

  115. @Elektroniker 02.10. 21:49

    „Das Problem ist höchstens „ psychische Störungen“ exakt zu definieren und die „neurobiologischen Probleme“ möglichst im Detail zu kennen.“

    Das trifft den Kern des praktischen Problems. Das gilt auch nicht nur für konkrete Störungen, sondern auch für die Bilder, die man sich überhaupt von der Psyche macht.

    @Philipp 03.10. 00:06

    „Dann stecken Sie im Leib-Seele Problem fest. Und dieses Problem ist einfach ein falsches philosophisches Modell, deshalb wurde das in 2500 Jahren auch nicht gelöst.“

    Ein so falsches Modell muss das gar nicht sein. Ich finde da ist aber was dran. Und Lösungen im Sinne von Geisteswelten, die mit der materiellen Welt wechselwirken, sind für mich durchaus denkbar.

    „Wenn die physiologische Aktivität eine bestimmte Dynamik (oder was auch immer) hat dann schlägt sie in bewusste Physiologie um, so wie Eis zu Wasser wird, oder Wasser zu Eis.“

    Haben Sie denn gar kein Interesse, genau diese Dynamik zu erforschen, auch wenn es noch 100 Jahre dauert?

    „Es gibt keinen objektiven Körper + ein subjektives Bewusstsein in diesem Körper (das ist genau der Dualismus).

    Für mich ist das einfach eine Grunderfahrung. Man kann andere von außen als Objekt betrachten, von innen aus sich selbst heraus betrachtet ist aber ein Subjekt aktiv, das seine Welt selber erlebt.

    „Wenn Sie so wollen: es ist der lebende Körper selbst der erlebt.“

    Von mir aus, ja, genau das. Aber wie genau das passiert, das ist doch die spannende Frage. Nicht nur zum Selbstverständnis, auch für eine bewusste KI könnte man sich hier informatische Prinzipien abgucken, die man in den physiologischen Details der Biologie aufklären könnte.

    „Nun, wenn Sie neurowissenschaftlich erklären wollen wie Physiologie bewusst wird dann müssen Sie das eben N E U R O W I S S E N S C H A F T L I C H beschreiben und erklären.“

    Ja dann mal zu. Ich finde entsprechende Forschung hochinteressant. Es ist extrem kompliziert, aber über die Jahrzehnte kommt man auch hier sicherlich weiter. Auch von der technischen Seite könnte man sich dem Problem nähern. Die Erfahrungen, die man mit der Weiterentwicklung von KI macht, könnte hier durchaus helfen, auch dem biologischem Original näher zu kommen.

    „Da haben “Geisteswelten” nichts zu suchen.“

    Wer keinerlei Erfahrungen mit Geisteswelten hat, und auch an sowas überhaupt nicht glaubt, der mag das Thema gerne ignorieren. Wenn Geisteswelten aber beim Bewusstsein essentiell mitspielen, dann wird man da nicht dran vorbei kommen. Ich weiß nicht ob das der Fall ist, aber ich halte es für möglich. Und ich verspreche mir von den Fortschritten der Hirnforschung wie von der Weiterentwicklung der KI auch eine Aufklärung genau dieser Geistesfrage.

    Wenn z.B. an einem Panpsychismus was dran ist, dann kann das ganz konkrete Folgen haben, auch auf die Physiologie.

    „Sie wollen es doch NEURONAL erklärt haben, oder? Dann macht es überhaupt keine Sinn philosophische, psychologische, etc. Konzepte zu wählen. Dann erklären Sie es eben NICHT biologisch.“

    Es geht doch auch gerade darum, die biologische Seite von z.B. psychologischen Konzepten genauer zu untersuchen. Neurowissenschaft muss doch nicht der ganze Kosmos selber sein, es geht hier doch darum wie das Gehirn inmitten seiner Umweltbezüge funktioniert und dann eben auch bewusst dabei wird. Das schafft doch die Psychologie nicht ab.

  116. @ Tobias Jeckenburger
    @Philipp

    Man kann es genau wie „Philipp“ sehen. Wenn man etwas neurowissenschaftlich erklären will, z.B. wie Physiologie bewusst wird, dann müssen Sie das eben N E U R O W I S S E N S C H A F T L I C H beschreiben und erklären.

    Das ist in der Elektronik genau so.

    Aber man will nicht nur die Neugier befriedigen und es dabei bewenden lassen.

    Man will unaufhörlich immer weiterforschen um das Wissen zu mehren, wie es auch T. Jeckenburger sieht. Oder wie früher die Elektroniker/Informatiker, die immer weiter und intensiver geforscht haben.

    Man wollte im Prinzip die Information vom Prozessor „trennen“, den vermuteten „Dualismus“ realisieren. Man will „Information“ getrennt nutzen und neuerdings besonders auswerten. Man konnte seine Gedanken mittels Sprache (am Telefon) nach Amerika übertragen, ohne selber hinfahren zu müssen.

    Dieser Dualismus ist unglaublich praktisch. Man „träumt“ sogar davon, dass man das biochemische Geschehen, damit vermutlich auch „Krankheiten“, immer besser „messen und analysieren“ kann. Das blinde und auch gefährliche „Experimentieren“ mit z.B. Drogen, entfällt und man kann planmäßig handeln.

    Bei den diesjährigen Nobelpreisen für Physik wurden die experimentelle Methoden zur Erzeugung von Attosekunden-Lichtimpulsen für die Untersuchung der Elektronendynamik in Materie besonders gewürdigt.
    Die Preisträger haben laut der Akademie Lichtblitze erzeugt, die kurz genug sind, um Schnappschüsse von extrem schnellen Bewegungen von Elektronen zu machen. Das Verhältnis einer Attosekunde zu einer Sekunde entspreche dem Verhältnis zwischen einer Sekunde zum Alter des Universums. (ZDF)

    Damit könnten die oben angedachten „Träume“ Wirklichkeit werden.

  117. @Stephan // Kategorienfehler die Zweite

    Womöglich hatte ich den Satz:

    »Psychische Störungen als neurobiologische Störungen zu verstehen, ist ein Kategorienfehler«,

    falsch interpretiert. Hätte es geheißen:

    Neurobiologische Störungen als psychische Störungen als zu verstehen, ist ein Kategorienfehler,

    hätte ich vermutlich gar nicht drauf reagiert und nur gedacht, schau an, so langsam nähern wir uns den greifbaren Fakten und lassen die mysteriöse, dualistisch verstandene „Psyche“, hinter uns.

    Denn es ist ja wahr, rein biologisch betrachtet gibt es keine Krankheiten und Störungen, das sind alles nur kulturelle Konstrukte und Kategorien (mehr oder weniger nützliche Unterscheidungen).

    Allerdings basieren diese Konstrukte auf relativ seltenen biologisch fundierten Sonderheiten, das heißt, auf beobachtbare Abweichungen vom Durchschnitt („Normalen“), etwa dem statistischen Mittel plus/minus dreifacher Standardabweichung oder so. Insofern kann die empirische Biologie mit diesen an den Rändern liegenden Variationen durchaus umgehen, man bleibt stets innerhalb der Kategorie Biologie.

    Das betrifft übrigens auch den Umgang mit den sogenannten psychischen Vorgängen (hier ‚Psyche‘ als komplexe Hirnprozesse und -funktionen verstanden—„verkörpert“ halt, wie manche sagen).
    In diesen Fällen brauchen wir nur auf eine andere Beschreibungsebene zu wechseln. Psychische Phänomene äußern sich in der Regel in Verhaltensäußerungen, die ihrerseits bekanntlich auf neurophysiologischen Hirnprozessen beruhen. Das heißt, wir bewegen uns auch bei der Beschreibung psychischer Vorgänge kategorial im biologischen Rahmen, also auch dann, wenn wir keine Begriffe aus biologischen Lehrbüchern verwenden.

  118. @Balanus: Kategorienfehler & Biologie

    … etwa dem statistischen Mittel plus/minus dreifacher Standardabweichung oder so. Insofern kann die empirische Biologie …

    LOL! Und weil statistische Größen biologische Entitäten sind und keine Konstrukte, legt eine Stockente nicht im Schnitt, sondern ganz konkret 10,5 Eier (Beispiel). 😂

    Nein, ich vergaß: Sie legt obendrein auch noch drei Standardabweichungen! (plus/minus) 😂 😂

  119. @Stephan

    »Nein, ich vergaß:… «

    Vergessen hast du vor allem, dass Kategorien und Fehler auch nur Konstrukte sind, also was soll’s…

    Wenn das dein einziger Einwand war, dann bin ich’s zufrieden… 😉

  120. @Balanus: 1×1 der Konstrukte

    Das ist der typische Fehler, Konstrukte für “nur Konstrukte” (was ich meines Wissens nicht schrieb) zu halten.

    Geld ist ein menschliches Konstrukt par excellence. Und doch regiert es die Welt. Wie kann das sein, wenn es “nur Konstrukt” ist?

    Aber Geld auf eine biologische (oder physikalische) Größe reduzieren zu wollen, wäre wieder ein Kategorienfehler; wie eben der Versuch, psychische Störungen aufs Gehirn reduzieren zu wollen.

    Es ist doch gar nicht so schwer.

    P.S. Solche Defizite kannst du z.B. beseitigen, indem du (gratis) Kap. 2 von diesem Buch hier liest.

  121. @Balanus 05.10. 21:28

    „Das heißt, wir bewegen uns auch bei der Beschreibung psychischer Vorgänge kategorial im biologischen Rahmen, also auch dann, wenn wir keine Begriffe aus biologischen Lehrbüchern verwenden.“

    Das ist nur theoretisch, wenn man es denn überhaupt glaubt, dass alles Biologie sei. Die psychologische Herangehensweise geht über die subjektiven Phänomene, und braucht im Extremfall überhaupt keinen biologischen Aspekt.

    Die Biologie kann ihr Projekt, das Psychologische komplett zu ersetzen, derzeit nicht umsetzen. Es fehlt an detaillierter Masse, die man hierfür bräuchte. Und es ist in keinster Weise klar, dass nicht doch noch Geisteswelten für das Bewusstsein essentiell sind.

    Man wird das noch finden und klären können, da gehe ich von aus. Und dann auch den Maschinen Bewusstsein und damit Eigenleben beibringen können, und zwar genau so, wie es bei uns funktioniert. Mit vagen Postulaten wird das nicht funktionieren, wir müssen wirklich herausfinden, wie wir wirklich funktionieren.

    Schuldscheinmaterialismus schiebt nur immer wieder auf, das hilft konkret nichts.

  122. @Stephan

    » Geld ist ein menschliches Konstrukt par excellence. Und doch regiert es die Welt. Wie kann das sein, wenn es “nur Konstrukt” ist? «

    Vielleicht, weil der Wert des Geldes „verkörpert“ ist? So wie die Psyche angeblich „verkörpert“ ist?

    Nebenbei: Geld regiert keineswegs die Welt, ist ja schließlich „nur“ ein Konstrukt. Regieren können nur Menschen. Man darf den Spruch „Geld regiert die Welt“ nicht wörtlich nehmen—aber wem sage ich das…

    Tja, ich schätze, das wird wohl nichts mehr mit der Untermauerung der Behauptung, es sei ein Kategorienfehler, neurobiologische Störungen als psychische Störungen zu verstehen,. Oder war es umgekehrt? 🙂

  123. @Tobias Jeckenburger // 06.10.2023, 14:36 Uhr

    »Die Biologie kann ihr Projekt, das Psychologische komplett zu ersetzen, derzeit nicht umsetzen.«

    Wer verfolgt den ein solches „Projekt“? Ich kenne niemanden, der versucht, die Beschreibungsebene der Psychologie “komplett” durch die der Biologie zu ersetzen.

    Aber da bekanntlich sämtliche psychische Phänomene auf neurophysiologische Prozesse angewiesen sind, kann man sehr wohl fragen, wie das alles zusammenhängt. Auch wenn die möglichen Antworten nicht jeden interessieren.

  124. @Balanus: Witzbold! Wer jetzt immer noch nicht verstehen will, was soziale Konstrukte sind, und es auch nicht nachlesen will, der wird es in 50 Jahren auch nicht verstanden haben.

  125. Hallo Herr Schleim

    hier und gelegentlich auch in anderen Ihrer Blogbeiträge schreiben sie (sinngemäß): “Psychische Störungen sind keine Gehirnstörungen.“ Ich möchte dann jeweils einwerfen (und tue es jetzt): „Was denn sonst?“

    Ein lebendes Gehirn besteht nicht nur aus Neuronen und seinem Stoffwechsel inkl. biochemischer Vorgänge. Ein wesentlicher Bestandteil ist auch das Gedächtnis mit Erlebtem und Erlerntem. Letztlich ein biochemischer Speicher.

    Ob und was darin mit modernsten bildgebenden Verfahren und Analysemethoden erkannt oder nachgewiesen werden kann oder auch nicht, ist ein anderes Thema.

    In einem früheren Kommentar zu Ihrem Sechsteiler „Bewusstsein“ hatte ich etwas zu den damals diskutierten Selbstheilungskräften und Placebos geschrieben. Ich finde den folgenden Auszug auch hier passend:

    … psychische Störungen.
    Die können physische Ursachen haben. Stichworte: Wassermangel bzw. Dehydrierung; Mangel bei der Ernährung (z.B. Natrium- oder Kalium-Mangel) mit Einschränkungen der Biochemie in den Zellen bzw. Neuronen; Vergiftung z.B. durch zu hoch dosierten Alkohol; ggf. gehört auch Schlafmangel in diese Reihe. Dagegen helfen dann Zufuhr oder Entzug oder Ausgleich.

    Die meisten psychischen Störungen entstehen vermutlich durch Widersprüche zwischen aktuellen Wahrnehmungen und deren Abgleich mit Erinnerungen und Erfahrungen aus dem Gedächtnis bzw. dadurch, dass eigentlich harmlose Situationen oder Dinge als (lebens-) bedrohlich eingeschätzt werden.

    Wenn man Glück hat, kann man diese Widersprüche selbst entdecken und auflösen; evtl. auch mit einfacher Hilfe mittels Abtrainieren oder Abgewöhnen. Wenn es akut ist, können Psychopharmaka helfen, die Krise zu überstehen. Sonst hilft hoffentlich eine Psychotherapie, begleitet von mehr oder weniger wirksamen Medikamenten bis hin zu Placebos. Letztere wirken dann nicht stofflich, sondern z.B. durch (wiederkehrende) Abläufe oder durch die Erwartung der Wirkung.

    Mit freundlichen Grüßen
    Harald Andresen.

  126. @Andresen: Gehirn & Störung

    Gute Frage, um die es hier über die Jahre immer wieder geht, und gut formuliert. Diese wesentlichen Punkte:

    Die psychischen Störungen, über die wir hier reden, werden von ein paar einflussreichen Fachleuten am Konferenztisch definiert; so gut wie alle erhalten Gelder von der Pharma-Industrie. Wenn Sie sich den 5-aus-9-Ansatz zur Definition einer depressiven Episode anschauen, ist es eben völlig willkürlich, ob man die Grenze bei zwei Wochen oder einer Woche oder einem Monat zieht (Dauer des Vorliegens der Symptome); oder bei vier oder fünf oder sechs Symptomen. Es sind normative Kategorien. Warum sollte dem etwas Konkretes im Gehirn/Nervensystem entsprechen?

    Im Übrigen ist der Krankheitsbegriff der gesamten Medizin normativ. Bei einem Beinbruch ist der Bruch im engeren Sinne zwar ein anatomisch-physiologischer Vorgang; aber das Schmerzerleben ist ein psychischer Vorgang und die funktionelle Einschränkung ebenfalls psychosozial bedingt (und z.B. in einer Welt mit mehr Treppen größer als in einer Welt mit mehr Fahrstühlen). Medizin, Psychiatrie, Klinische Psychologie sind immer auch Menschen-/Geisteswissenschaft. (So wird etwa die Art und Weise, wie jemand denkt und lebt, die Genesung des Bruchs beeinflussen.)

    Ein anderes Argument ergibt sich durch die Heterogenität psychischer Störungen: über 100 Formen von Depressionen, über 100.000 von ADHS (laut DSM-5-Kriterien). Es ist überhaupt nicht plausibel, dass dem eine geringe Zahl genetischer oder neurobiologischer Marker entsprechen sollte, sodass man damit Diagnosen stellen oder ein gutes Behandlungsziel hätte.

    Ein weiteres Argument ist historisch: Störungsbilder entstehen und verschwinden, wenn sich die Kultur ändert (denken Sie an Neurasthenie, Hysterie, Multiple Persönlichkeiten, Asperger usw.). Warum soll das z.B. um 1900 eine Gehirnstörung sein, um 2000 nicht mehr?

    Dazu kommt der empirische Befund, dass sich bisher weder Störungskategorien, noch Symptome, noch einzelne psychische Prozesse auf Gehirnprozesse reduzieren lassen; nicht einmal annähernd, trotz bald 200-jähriger Suche.

    Diese Argumente sprechen sehr stark gegen die Grundannahmen der Biologischen Psychiatrie; sie sind etwas ausführlicher in meinem Fachartikel Why mental disorders are brain disorders. And why they are not beschrieben. Den könnte ich bei Gelegenheit mal ins Deutsche übersetzen.

    P.S. Vielleicht kommen die Balanesen wieder mit dem geistlosen Argument, mit Psychopharmaka könne man auf die Störungen einwirken. Erstens sind die Effekte in der Forschungsliteratur oft übertrieben, teils manipuliert. Zweitens experimentieren Menschen seit Jahrtausenden mit dem Einfluss psychoaktiver Substanzen; darum nennt man sie ja psychoaktiv. So what?! Psychische Prozesse sind halt verkörpert. Wenn sich z.B. der Körper auflöst, können sie nicht mehr stattfinden.

  127. @Stephan // … „was soziale Konstrukte sind“…

    Jetzt hast du mich ja doch neugierig gemacht. Sollte es da etwa neue Erkenntnisse geben, die mir (noch) nicht geläufig sind?

    Ich habe mir also Chapter 2 deines Werkes „Mental Health and Enhancement“ angeschaut.

    Behandelt wird im Kapitel ‚Mental Health’ u. a. die Frage, wie real soziale Konstrukte sind: weniger real als z.B. die Dinge der beobachterunabhängigen Welt, oder ebenso real (philosophische Feinheiten lassen wir mal außen vor).

    Am Beispiel des Konstrukts Geld lautet die präsentierte Antwort: wir haben möglicherweise gute Gründe, den Fehlschluss, soziale Konstrukte seien „weniger real“, aufzugeben („This foray into the nature of money illustrates that we may have good reason to overturn the “less real” fallacy“).

    Diese Bewertung kann ich nicht teilen. Dass sich unser Leben zum Großteil um Geld dreht, macht aus dem Konstrukt Geld noch lange kein „Ding“ (da helfen auch nicht zugefügten Anführungszeichen). Außerdem wäre es absurd, an einem bereits erkannten Fehlschluss, wie er hier insinuiert wird, festzuhalten. Aber das nur nebenbei.

    Man gewinnt beim Lesen des Textes den Eindruck, dass die Bedeutung, also quasi der Realitätswert der sozialen Konstrukte, drastisch abnimmt, wenn es um biomedizinische Sachverhalte oder Konstrukte geht, also etwa um medizinische Diagnosen, Klassifikation von diversen Krankheiten und deren Einteilung in Schweregrade, und dergleichen mehr.

    Unterm Strich bleibt eigentlich vom „1 x 1 der sozialen Konstrukte“ nur die zustimmungsfähige Message, dass sich soziale Konstrukte hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Bedeutung enorm unterscheiden (man denke etwa auch an soziokulturelle Konstrukte wie Nation, Volk, Religion, Rasse…). Die starke Behauptung, dass diese Konstrukte infolgedessen auch unterschiedliche Grade der Realität aufweisen, bleibt aber unbegründet. Die Bedeutung eines Konstrukts kann keinen Einfluss auf dessen Natur haben (wer das annimmt, begeht vermutlich einen Kategorienfehler).

    PS: Leider werde ich in 50 Jahren (also 2073) nicht mehr sein, so dass sich nicht überprüfen lassen wird, wer von uns beiden richtig liegt mit seinem Verständnis der sozialen Konstrukte 🙂

  128. @Balanus: Ich glaube, du hast das (englische) Zitat nicht richtig verstanden; aber danke fürs Lesen.

    Man kann es vielleicht umdrehen: Wenn man Geld nicht als Ding ansehen kann, dann psychische Störungen erst recht nicht.

    Scheint ein guter Kompromiss zu sein, oder? 😉

  129. @Harald Andresen // 08.10.2023, 13:48 Uhr

    » Hallo Herr Schleim
    hier und gelegentlich auch in anderen Ihrer Blogbeiträge schreiben sie (sinngemäß): “Psychische Störungen sind keine Gehirnstörungen.“ Ich möchte dann jeweils einwerfen (und tue es jetzt): „Was denn sonst?“
    «

    Gute Frage!

    Psychische Störungen sind gemäß Herrn Schleim Gehirnstörungen in dem Sinne, „dass alle unsere psychologischen Prozesse verkörpert sind“ (Stephan Schleim 2022, in: „Mental Health and Enhancement“). .

    „Verkörpert“ bedeutet letzten Endes, dass biologische Prozesse und psychische Vorgänge eins sind. Wobei gilt, dass psychische Vorgänge ohne biologische Prozesse nicht möglich sind, während umgekehrt biologische Prozesse nicht auf psychische Vorgänge angewiesen sind.

    Insofern deckt sich die Auffassung von Herrn Schleim mit der eines “Balanesen”.

    Bei der Aussage, „psychische Störungen sind keine Gehirnstörungen“, geht es um etwas völlig anderes. Nämlich darum, dass die „psychologische Sprache […] nicht auf biologische Begriffe reduziert werden [kann]“ (Stephan Schleim 2022, in: „Mental Health and Enhancement“).

    Das darf man nicht durcheinander bringen…

  130. @Stephan

    Habe gerade deine (verblüffend moderate und freundliche) Antwort gelesen.

    Zum Kompromiss:
    Ich habe psychische Prozesse (oder Störungen) wohl noch nie mit „Dingen“ verwechselt, ich weiß auch nicht, wo so etwas geschieht. Ein neurophysiologischer Prozess ist meiner Auffassung nach auch kein „Ding“. Er findet an „Dingen“ statt, das ja, aber das tun psychische Vorgänge aufgrund ihrer Verkörperung ja auch.

    Die Beschreibung von Prozessen hingegen ist m. E. ein menschliches Konstrukt—wie ja praktisch alles, womit wir uns beschäftigen. Zu den Dingen an sich haben wir laut Kant ja keinen direkten Zugang.

  131. @Balanus: Welt & Sprache

    „Verkörpert“ bedeutet letzten Endes, dass biologische Prozesse und psychische Vorgänge eins sind.

    Nein, wieder daneben. 😂

    Und zu dem allgemeineren Punkt: Viel Erfolg, wenn du als Biologe die Welt ohne Sprache erfassen willst! 😂 😂

  132. @Stephan

    » „Verkörpert“ bedeutet letzten Endes, dass biologische Prozesse und psychische Vorgänge eins sind.

    Nein, wieder daneben.«

    Wow, das wird ja immer mysteriöser… 😉

    Aber das hatte ich befürchtet, dass diese meine Erklärung es nicht trifft. Dann ist ‚Verkörperung‘ wohl doch vor allem ein Buzzword

    Dennoch muss ich sagen, dass mich deine Aussage:

    » …mental disorders are [in einem bestimmten Sinne] brain disorders… «

    positiv überrascht hat. Mir scheint, du bist auf einem guten Weg… ;- )

    Noch kurz zu „Welt ohne Sprache“: Ich bleibe bei meiner oben geäußerten Auffassung, dass die Beschreibung von Prozessen ein menschliches Konstrukt ist und die realen Verhältnisse immer nur annähernd treffen kann.

  133. @Balanus: Embodiment/Verkörperung

    Wenn man als Wissenschaftler von einem Fachbegriff keine Ahnung hat, könnte man ihn z.B. in einem Lexikon nachschlagen und vielleicht finden:

    Unifying investigators of embodied cognition is the idea that the body or the body’s interactions with the environment constitute or contribute to cognition in ways that require a new framework for its investigation. Mental processes are not, or not only, computational processes. The brain is not a computer, or not the seat of cognition.

    Wenn wir das mit deiner Balanisierung vergleichen, finden wir:

    “Verkörpert” bedeutet letzten Endes, dass biologische Prozesse und psychische Vorgänge eins sind.

    Dein Unverständnis in solchen Dingen ist offensichtlich; ebenso wie deine Penetranz, in meinem Blog immer wieder das letzte Wort haben zu müssen.

    Ich nehme mir in Zukunft daher die Freiheit, deinen Unsinn hier in den virtuellen Papierkorb zu verschieben; denn da gehört er auch hin.

  134. P.S. Verkörperung

    Oder wenn man sich diese Definition aus Wikipedia anschaut, wonach:

    Allgemeiner wird Embodiment zunehmend in der Psychologie (besonders der Sozialpsychologie und Klinischen Psychologie) verwendet, um die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche zu betonen. Es ist nicht nur so, dass sich psychische Zustände im Körper ausdrücken („nonverbal“ als Gestik, Mimik, Prosodie, Körperhaltung), es zeigen sich auch Wirkungen in umgekehrter Richtung: Körperzustände beeinflussen psychische Zustände. Beispielsweise haben Körperhaltungen, die aus irgendeinem Grund eingenommen werden, Auswirkungen auf Kognition (z. B. Urteile, Einstellungen) und Emotionalität.

    Dann sieht man mehr oder weniger direkt den Gegensatz zu dem, was Balanus hier schreibt.

    Wobei mir die dualistische Sprache der Definition (Körper-Psyche-Interaktion) nicht so gefällt. Fakt ist: Die psychischen Prozesse von Menschen sind verkörpert, in einem Körper realisiert, und zu ihrem Verständnis muss man daher auch die Perspektive und Interaktionen des Körpers (in einer Umwelt: Einbettung/Embeddedness; und mit anderen Wesen: Enactivism) einnehmen.

  135. @Stephan 11.10.2023, 21:00 Uhr

    » Wenn wir das mit deiner Balanisierung vergleichen,…«

    …dann sieht man, dass der zitierte Abschnitt aus der Stanford Enzyklopädie kaum etwas mit dem zu tun hat, über das ich geschrieben habe (nämlich über den Zusammenhang von psychischen und neuronalen Prozessen, also das Mind-Body-Problem).

    Im Stanford-Eintrag geht es vor allem um die „verkörperte Kognition“, was ja wohl eher mit der Gehirn-Körper-Beziehung zu tun hat. Wobei mit ‚Körper‘ die vom Nervensystem innervierten Teile des Körpers gemeint sind. Dass der Körper oder die Interaktionen des Körpers mit der Umwelt die Kognition mitbestimmt, ist aber beileibe keine neue Erkenntnis, dafür hätte es das Konzept der verkörperten Kognition meiner Meinung nach nicht gebraucht (alter Wein in neuen Schläuchen, würde ich sagen).

    Und was dabei den Satz: „Mental processes are not, or not only, computational processes“, angeht: das trifft auch auf die von mir erwähnten neurophysiologischen Prozesse zu. Das Gehirn funktioniert nun mal anders als ein Computer. So what?

    » Oder wenn man sich diese Definition aus Wikipedia anschaut, […] «

    Naja, mir scheint, da müsste mal jemand ran, der wirklich Ahnung von der Sache hat. Im Übrigen war mir der Artikel bekannt.

    » […] Dann sieht man mehr oder weniger direkt den Gegensatz zu dem, was Balanus hier schreibt.«

    Genau, und das ist auch gut so! ;- )

    Vielleicht findet sich ja mal ein Experte, der die dualistischen Anklänge in diesem Wiki-Artikel eliminiert. Und die altbekannte Brain-Body-Wechselbeziehung ins rechte Licht rückt.

  136. @Balanus: Das hier ist keine Beschäftigungstherapie; ich kann in deinem Beitrag weder etwas Substanzielles noch etwas Neues erkennen. Gestern las ich zufällig einen klassischen Aufsatz Professor Nedopils (em. forensische Psychiatrie, München), der deinen Kategorienfehler nochmals verdeutlicht:

    Der medizinische Krankheitsbegriff ist eher ein naturwissenschaftlicher.* Er hebt nach herkömmlichem Verständnis auf natürliche Krankheitseinheiten ab, die definiert sind durch Ursache, Symptomatik, Verlauf und Therapierbarkeit. Dieser Krankheitsbegriff wurde in der Psychiatrie verlassen. […] Die Klassifikationssysteme dienen der Verständigung unter Fachleuten entsprechend vereinbarter Konventionen, nicht jedoch der naturwissenschaftlichen Feststellung einer Krankheit. Weiterreichende Schlüsse dürfen aus einer solchen Diagnose noch nicht gezogen werden […]. (Nedopil, 2000, NJW, S. 838)

    * Was er über Psychiatrie und ihre Kategorien schreibt; ich bin jedoch der Meinung, dass auch der Krankheitsbegriff in der Medizin normative Elemente besitzt und nicht rein naturwissenschaftlich definierbar ist.

  137. Schade das der Autor die Grundlagen wissenschaftlichen arbeitens selber verlässt.
    Nur weil man etwas nicht nachweisen kann ist das noch lange kein Beweis das es nicht existiert!
    Außnahme wäre ein Widerspruch zu den Naturgesetzen. Der liegt aber nicht vor.
    Ich darf mal an des Highs-Teilchen erinnern und wie lange und aufwendig die Suche war. Dabei ist es doch überall um uns, in uns.
    Und dann wäre da ja noch z.B. der Schmetterlingseffekt. Denn konnte die Studie gar nicht ausschließen.
    Was die Mrt angeht Craig Bennett und wo ist die Softgenetik?
    Insofern eine Arbeit die (wiedermal zeigt) grobe Unterschiede gibt es nicht. Ok aber neu ist das nicht. Wie ja auch von Autor gesagt.

    Wenn es keine neurobiologischen Ursachen geben würde, würden EKT, THS und rTMS auch nicht funktionieren. Bei denen lässt sich auch schön zeigen, dass der Placeboeffekt zwar stark bei Depressionen ist aber nicht alles.

  138. @ähmnö: Depressionen & Wissenschaft

    Sie reden hier völlig am Problem der Beweislast vorbei: Man wusste auch schon vor Jahrtausenden, dass man z.B. mit dem Konsum von Alkohol aufs Bewusstsein einwirken kann, u.a. auch auf das, was wir heute “depressive Symptomatik” nennen. Ihre “Evidenzen” beweisen nur, dass “die Psyche” verkörpert ist. Nicht einmal ein Leib-Seele-Dualist muss solche Hinweise als problematisch ansehen.

    Und was Sie über Wissenschaftlichkeit sagen, ist auch verfehlt: Schon einmal von Popper und Falsifikationismus gehört? Die These, dass Depressionen “ein Ding im Gehirn” sind, wurde inzwischen schon so oft widerlegt, dass man schon sehr naiv sein muss, um weiter daran festzuhalten. Aber nun gut: Es herrscht Meinungs- und Glaubensfreiheit!

    Es stimmt zwar, dass “absence of evidence no evidence of absence” ist. Nach dieser Logik kann man aber auch die Behauptung, es gäbe zwischen hier und Mars einen roten Teekessel im Weltraum (Beispiel Bertrand Russell), nie widerlegen. Irgendwann gibt es aber so viel “absence of evidence”, dass schon sehr viel für “evidence of absence” spricht. Dieser Punkt ist bei Depressionen und anderen psychischen Störungen lange überschritten. Nur wer hinterm Mond lebt oder dogmatisch denkt, will das nicht wahrhaben.

  139. “… dass Depressionen “ein Ding im Gehirn” sind, wurde inzwischen schon so oft widerlegt,…”
    Nö nicht ein einziges Mal.
    Es ist auch nicht gelungen Depression in irgendeinem Teil des Gehirns zu lokalisieren. Daher ist die Frage ungeklärt.
    “… Irgendwann gibt es aber so viel “absence of evidence”, dass schon sehr viel für “evidence of absence” spricht. Dieser Punkt ist bei Depressionen und anderen psychischen Störungen lange überschritten….”
    Nö auch das nicht.
    Wenn ich immer nur mit für die Fragestellung nicht funktionierenden Methoden auf das selbe schaue, komme ich natürlich auch immer wieder auf das selbe Ergebnisse.
    Leider kann auch ich Ihnen nicht sagen wie funktionierende Methoden aus sehen, aber die Autoren der Studie geben ja mehre Hinweise. Einer das die selben Daten hier ohne Ergebnis von Mustererkennungsalgorithmen nochmal untersucht werden sollten.
    Auch kann man Depression mittels Pupillenreaktion feststellen. Insofern muss die Verarbeitung irgendwie verändert sein. Nur weil weder die hier diskutierte noch andere Arbeiten fähig waren fest zu stellen wo und wie heißt eben nicht das es nicht so ist.
    Übrigens für Autismus bzw ADS lässt sich über die Augen eine veränderte Nervengeschwindigkeit feststellen. Können sie sogar auf dieser Webseite nachlesen.
    Was wenn die bei Depression irgendwo im einem Teil des Gehirns verändert wäre? Die Studie hätte das nicht finden können, weil die danach gar nicht gesucht haben. Ich wüste jetzt auch keine die für Depressionen das gemacht hätte. In sofern wer weiß.

    Und das Sie auf die von mir aufgezeigten technischen Möglichkeiten in Ihrer Antwort gar nicht eingehen, zeigt schon “Nur wer hinterm Mond lebt oder dogmatisch denkt, will das nicht wahrhaben.”
    Man kann mit Scheinbehandlungen bei tms, THS, Ekt den Placeboeffekt rauskitzeln, aber bei (verdeckter)Einschaltung steigt der statistische Anteil deutlich an, also irgendwas im Gehirn muss auf physischer Ebene passieren. Was auch immer.

    Gilt das für alle? Vielleicht nicht. Ich persönlich denke das nicht nur viele Fehldiagnosen unter Depression laufen(vom RKI nachgewiesen) sondern sich auch Untergruppen bilden lassen. Die dann möglicherweise unterschiedliche Ursachen mit nach außen ähnlichen Ergebnis haben. Wenn man die sauber trennen würde, sähen die Ergebnisse ja evtl. schon anders aus.
    Oder genauso. Wer weiß.

  140. @ähmnö: Was Sie hier verbreiten ist Ideologie, nicht Wissenschaft; Sie haben kein einziges positives Argument für Ihren Standpunkt, das nicht schon hundertfach widerlegt wäre.

    Sie haben auch das Umdenken in der Wissenschaft überhaupt nicht mitgekriegt. Schauen Sie sich z.B. das Hauptthema der diesjährigen DGPPN (größte Psychiatrietagung Europas?) an: Vor zwanzig Jahren war alles “Neuro”, nun ist alles “Ökologie” (= Umwelt).

    Alles Gute Ihnen!

  141. Hr Schleim sie scheinen einer Ideologie zu folgen und nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen!
    Ja die von Ihnen im Artikel angeführt Studie wie auch viel andere konnte nicht dingfest machen. Na und? Wo ist der Beweis, das es mit den verwendeten Methoden ein richtiges Ergebnis geben muss?
    Wer an der falschen Stelle sucht, kann nicht fündig werden. Wo ist die Softgenetik, die Transmitter/Rezeptor Reaktion, Relation innerhalb und außerhalb von allen Zellen inklusive der Zellkerne, die Nervengeschwindigkeit? Was ist mit den Mitochondrien usw?
    Wo ist denn die hundertfache Widerlegung von z.B. die verändert Pupillenreaktion nichts mit dem funktionellen Aufbau der Verarbeitung zu tun hat? Es ist eher das Gegenteil. Eine Veränderung der Pupillenreaktion, unter anderen Bedingungen als bei Depressionstest, wird diagnostisch für Schadensverortung also einer substanziellen Veränderung im Gehirn eingesetzt. Fragen Sie mal einen Notarzt.
    Es gibt dutzende Arbeiten die zeigen das nach erfolgreicher Behandlung tendenziell es Veränderung der Verarbeitung gibt, gerade wenn das DMN involviert ist. Was nicht bei alles Depressiven der Fall zu sein scheint, also leider kein Biomarker, aber dann doch bei einem hohen Anteil.

    Wenn Sie davon ausgehen das Zählen von Abweichungen in der agtc Sequenz wurde ausreichen, um eine Ursache in der Genetik auszuschließen, dann machen Sie den selben Fehler, denn man beim Beginn des Humangenomprojektes gemacht hat. Auch da hat man gehofft/gesagt wir sequenzieren jetzt mal die ganze agtc Abfolgen und finden dann schon die Auslöser der meisten Erkrankungen. Das war mal gar nichts.
    Es gibt solche Erkrankungen. Die meisten aber beruhen eher Netzwerkeffekten, dann noch die Softgenetik und das einzelne Abweichungen nicht gleich starke Auswirkungen haben und schon wird das einfache abzählen von Unterschieden bei den Nukleinsäuren, mit wenigen ausnahmen, sinnlos. Dazu ist der menschliche Organismus viel zu komplex.

    Die in der Studie angewendet MRT zeigt lediglich eine grobe Gewebsverteilung das ist schön, nur sag leider gar nichts über die Funktion aus. Die verwendete fMRT zeigt standardmäßig nur ungefähr an wo eine Hämoglobinentladung satt findet. Warum das so ist und ob der Auslöser unmittelbar dort ist, kann sie nicht sagen. Prozesse egal von Förderung oder Hemmung verbrauchen Energie und damit tendenziell Sauerstoff.
    Ganz mal davon abgesehen ob das zeigen/erkennen von Emotionen wirklich als Testung für eine Depression taugt. Es gibt durchaus Studien die da eine veränderte Verarbeitung zeigen, nur leider eben auch nicht konsistent, daher auch kein Biomarker.

    Es könnte so sein, dass sich weder im Gehirn noch in den Genen eine Ursache finden lässt, nur haben wir noch nicht mal ansatzweise verstanden wie das Gehirn funktioniert, wir sind da schon weit und werden immer besser, aber für einen Gutteil haben wir noch nicht mal die Methoden.
    Solange ist die von Ihnen getroffene Aussage “Psychische Störungen lassen sich weder auf die Gene, noch auf das Gehirn reduzieren.” schlicht nicht zulässig. Außer natürlich man ignoriert alles was nicht in Konzept passt.
    Ein Einstellung die um sich greift.

    Wobei natürlich die Fokussierung in der Forschung auf nur einen unbewiesen Ansatz selten eine gute Idee ist. Man sollte mehrere plausible Stränge verfolgen bis zu Widerlegung oder Durchbruch.

  142. @Stephan

    Heute hatte ich mal wieder die Zeit und vor allem die Muse, nach meinem letzten Posting zum Konstrukt der „Verkörperung“ der Psyche hier vorbeizuschauen.

    Du zitierst Nedopil (2000), um meinen vermeintlichen Kategorienfehler zu verdeutlichen, der darin bestehen soll, dass für mich psychische Störungen letztlich Gehirnfunktionsstörungen sind.

    Wenn ich das nun richtig verstehe, dann ist man in der Psychiatrie vom medizinischen Krankheitsbegriff abgekommen und hat zwecks fachinterner Verständigung „Klassifikationssysteme“ geschaffen, die nicht auf irgendwelchen (unbeschriebenen) biologischen Funktionsstörungen beruhen. Daraus folgt dann wohl, dass psychiatrischen Diagnosen generell ein biologisches Fundament fehlt. Was wiederum den Sinn und Zweck gewisser therapeutischen Interventionen in Frage stellt—aus meiner Sicht.

    Alternativ könnte ich das Ganze auch so verstehen, dass der Zusammenhang zwischen irgendwelchen, unklaren (biologischen) Gehirnfunktionsstörungen und den darauf basierenden (soziokulturellen) psychiatrischen Diagnosen nicht eindeutig bestimmbar ist, meist nicht mal annähernd. Die Erklärungslücken zwischen neurobiologischen Funktionen und psychiatrischen Befunden sind evident und werden auch von niemandem, der bei Sinnen ist, bestritten.

    Aber das ist ja keine neue Erkenntnis.

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