Historischer Moment: Bundestag beschließt Ende des Cannabisverbots

Bis zuletzt stritten sich Abgeordnete über Fragen des Gesundheitsschutzes und der Gehirnentwicklung. Seit 15:41 Uhr am 23. Februar 2024 steht das Ergebnis fest.

Das Cannabisgesetz erhitzt seit Monaten die Gemüter. Die Ampelregierung wollte laut ihrem Koalitionsvertrag Fachgeschäfte zum Verkauf der psychoaktiven Substanz ermöglichen, doch dem steht EU-Recht entgegen. In einem ersten Schritt soll Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen und damit entkriminalisiert werden. Zum legalen Konsum soll zum 1. April der (begrenzte) Eigenanbau und ab 1. Juli der Bezug über Cannabis-Clubs ermöglicht werden.

Nach internen Streitigkeiten innerhalb der SPD-Fraktion zur Jahreswende wurde das Thema diese Woche eingehend im Gesundheitsausschuss des Bundestags behandelt. Es soll eine intensive und emotionale Sitzung gewesen sein. Doch das Protokoll für den 21. Februar ist noch nicht verfügbar.

Am heutigen Freitag, den 23. Februar gab es von 14:00 bis 15:00 Uhr eine Aussprache im Bundestag (hier zu sehen auf YouTube). Den Auftakt hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er hob noch einmal hervor, dass trotz des Verbotes Jahr für Jahr 4,5 Millionen Bürger*innen Cannabisprodukte konsumieren.

Diese Zahl habe sowohl unter Jugendlichen als auch Erwachsenen in den letzten Jahren stark zugenommen. Mit dem Cannabisgesetz könne man Gesundheitsrisiken verringern, weil dann kein potenziell gefährlicheres Produkt vom Schwarzmarkt mehr gekauft werden müsse. Die Teillegalisierung solle durch bessere Aufklärung über die Risiken des Konsums ergänzt werden.

Argumente

Beim Schlagabtausch im Parlament wurden Argumente genannt, die wir hier in den letzten Monaten ausführlich diskutiert haben. Aus dem konservativen Lager wurde wieder auf das Psychoserisiko und besondere Risiken bei unabgeschlossener Gehirnentwicklung hingewiesen. Leser meiner Artikel wissen, dass Ersteres insbesondere für starken und häufigen Konsum gilt und sich die Altersgrenze von 25 Jahren im Gehirn nicht festmachen lässt.

In den letzten Wochen warnten dann einige Vertreter aus der Justiz, durch die rückwirkende Entkriminalisierung würde ein großer Verwaltungsaufwand auf Staatsanwaltschaften und Gerichte zukommen. Fälle im sechsstelligen Bereich müssten neu beurteilt und ergangene Urteile aufgehoben werden. Dieses Argument brachte heute auch die CDU/CSU-Fraktion in die Diskussion ein.

Aber gerade Vertretern des Rechtsstaats müsste es doch um Gerechtigkeit gehen. Wenn man sich nun darauf einigt, dass der Besitz von etwas getrocknetem Harz oder Blütenpollen der seit Langem für medizinische Zwecke und Rausch verwendeten Cannabispflanze keine Straftat ist, dann müssen die Akten auch richtiggestellt werden. Warum wurden denn Jahr für Jahr Menschen im sechsstelligen Bereich für solche Delikte verurteilt, für den bloßen Besitz mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe?

Bewegend

Die Abgeordnete Heike Baehrens (SPD) wandte sich mit bewegenden Worten an die Bevölkerung: “Ihr seid für uns keine Kriminellen!” (14:33 Uhr). Den lebhaftesten Redebeitrag hielt wohl Ates Gürpinar von der Gruppe Die Linke. Für seine Kritik an der ablehnenden Haltung der Konservativen erhielt er sogar Applaus aus den Kreisen der Ampelkoalition. Doch dann richtete er sich auch gegen die Regierung für ihre “Hasenfüßigkeit”, für unzureichende Aufklärung und Prävention, und forderte eine umfassende Legalisierung der Substanz.

Als Stephan Pilsinger (CSU) aus konservativer Sicht noch einmal gegen das Cannabisgesetz wetterte, ließ er eine Zwischenfrage zu. Darin wurde er mit seiner Aktion aus dem Bundestagswahlkampf 2017 konfrontiert, ein eigenes “Pilsinger-Pils” brauen zu lassen. Wenn er so positiv zum Alkohol stehe, wie könne er dann gegen Cannabis sein?

Der CSU-Abgeordnete reagierte ähnlich wie die frühere Drogenbeauftragte Daniela “Cannabis ist kein Brokkoli” Ludwig aus seiner Partei mit dem Hinweis, die Verfügbarkeit von zwei gefährlichen Substanzen rechtfertige nicht die Legalisierung einer dritten. Er blieb auf seinem Standpunkt, das Cannabisgesetz sei in Wirklichkeit ein “Dealerschutzgesetz”.

Und er wiederholte auch den hier zuletzt ausführlich diskutierten Fehlschluss einiger anderer Mediziner: Dass er im Praktikum an der Uniklinik München Patienten mit Psychosen gesehen habe, die zuvor gekifft hätten, diente ihm als Beleg für die Gefährlichkeit der Substanz. Was hier Ursache und was Wirkung ist, wird jedoch in der Wissenschaft noch erforscht. Die “klinische Erfahrung” solcher Ärzte spiegelt wahrscheinlich deren Vorurteile wider.

Abstimmung

Auf Antrag der Unionsfraktion wurde nach Ende der Aussprache um 15:00 Uhr bis um 15:20 Uhr namentlich über das Cannabisgesetz abgestimmt. Dafür mussten die Abgeordneten persönlich zur Wahlurne schreiten. Das Ergebnis wurde um 15:41 Uhr verkündet:

Von 637 Stimmen entfielen 407 auf “ja”, 226 auf “nein”, bei vier Enthaltungen. Damit ist das Cannabisgesetz vom Deutschen Bundestag verabschiedet.

Es wird vorm Inkrafttreten noch vom Bundesrat behandelt werden. Laut Bundesregierung ist das Gesetz aber nicht zustimmungspflichtig. Demnach könnte die Länderkammer es nur verzögern, doch nicht mehr aufhalten. Von Seiten der Ampelkoalition wurde angedeutet, bei diesem Zwischenschritt könne man noch einmal den Verwaltungsaufwand für die Justiz prüfen.

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56 Kommentare

  1. Für mich ist das Ganze viel zu verheuchelt. Rein ethisch betrachtet, sieht’s so aus: Da das Drogenverbot aufgrund falscher Prämissen und Manipulation erfolgte, also schlichtweg Betrug, ist es ab dem Moment null und nichtig, als der Betrug aufgeflogen ist. Somit ist die einzig legitime Diskussion eine darüber, ob ein Verbot überhaupt eingeführt werden darf oder muss. Und da muss sich jede Droge an dem Schlimmsten messen, was die Gesellschaft zu tolerieren bereit ist, und das wären Alkohol und Zigaretten.

    Natürlich ist die Frage legitim, ob es Sinn macht, sich zu einem großen Übel noch kleinere aufzuhalsen – kriegt man dadurch mehr Übel für sein Geld, oder graben die kleineren dem großen den Markt ab? Ist ja alles Übel, was irgendwie Gesundheit kostet und das Leben verkürzt, auch wenn man kurzfristig davon profitiert, zum Beispiel… so ziemlich alles, aus dem das Leben besteht. Und ich weiß, dass die Welt so nicht funktioniert. Gerade deswegen ist es ja wichtig, dass Drogen verfügbar bleiben – weil wir unsere eigene Verlogenheit sonst nicht ertragen könnten. Ohne Drogen werden wir nicht weniger verlogen. Ertragen uns nur selbst nicht mehr und laufen Amok.

  2. ““Cannabis ist kein Brokkoli”
    Stimmt. Nach Cannabis kriegt man keine Blähungen.
    “ein großer Verwaltungsaufwand auf Staatsanwaltschaften und Gerichte zukommen”
    Was bisher nicht der Fall ist? Dürfte sich ausgehen.

  3. @Paul S: konservativer Geist der 1970er

    Vertreter der Justiz sind für mich Respektspersonen – aber ihre Durchsetzung der Drogenverbote kratzt nach meinem Empfinden an diesem Respekt. Sie sollten froh sein, das jetzt zumindest für Cannabis nicht mehr durchsetzen zu müssen.

    Das Recht ist ja nicht ohne Grund konservativ. Mann kann z.B. nicht jedes Mal, wenn irgendein Hirnforscher, der in die Medien kommen will, “Es gibt keinen freien Willen! Wir müssen das Strafrecht abschaffen!” schreit, das Bewährte über Bord werfen. In diesem Fall hing man dann aber doch zu lange am konservativen Geist der 1970er.

    Schon im Verfassungsgerichtsurteil aus den 1990ern finden sich abenteuerliche Behauptungen wie zum Beispiel die, Alkohol würde nicht zum “Rausch” konsumiert; und Cannabis gehöre nicht zur Kultur. Letzteres kann man bei 4,5 Millionen (Gelegenheits-) Konsumierenden heute nicht mehr behaupten.

    Den Konservativen könnte man die ewige Wiederholung derselben (und oft unsinnigen) Argumente vielleicht noch durchgehen lassen, wenn sie denn mit einer Alternative kämen. Gerade ein “immer weiter so” ist ein gesundheitliches, kriminelles und soziales Risiko.

    Wie dem auch sei: Gesetzgebende Instanz ist in erster Linie der Bundestag; dieser hat heute diesen Fehler – nach 50 Jahren! – behoben. Man darf gespannt sein, wie schnell man jetzt umschwenkt; und ob CDU/CSU später wirklich ein neues Verbot einführen werden, wie MdB Pilsinger patzig rief.

  4. P.S. Eigenverantwortlichkeit & Freiheit

    Etwas Grundlegendes hat mir von fast allen Seiten gefehlt: Was ist denn mit der Wertschätzung von Eigenverantwortlichkeit & Freiheit, die im liberalen Rechtsstaat ja nicht irgendwelche Werte sind?

    Soll die Polizei bald bei einem vorbeikommen, wenn man nicht zur Vorsorgeuntersuchung geht?

  5. @DH: Die Justiz dürfte kurzfristig einen Mehraufwand haben; den haben sie zum Teil aber selbst verbockt. Langfristig fällt dann eine wohl sechsstellige Zahl von Fällen weg – pro Jahr.

  6. Ganz abgesehen davon, was ‘großer Mehraufwand’ letztlich bedeutet, ein ‘Mit Arbeit verbunden? Nee, dann nicht’ klingt fürchterlich armselig.

    Erstmal die drei besonderen BalkonBlumentöpfe polieren gehen, immer schön vorbereitet sein…

  7. Betreff: Ende des Cannabisverbotes
    Der Bundestag hat eine Teillegalisierung beschlossen.
    Damit hat man einen Kompromiss , der wohl für alle Beteiligten also die Konsumenten , die Polizei, die Justiz und die Öffentlichkeit annehmbar ist.

    Paul S. , du gehst ja noch eine Stufe tiefer/höher, indem du unsere Kultur auf den Prüfstand stellst. Zu unserer Kultur gehört auch die Toleranz, die uns von den religiös dominierten Kulturkreisen abgrenzt.
    Aussicht für die Zukunft. Wenn unser Gesetzgeber erst mal von einer künstlichen Intelligenz beraten werden wird und diese künstliche Ingtelligenz dann ganz aus menschlicher Bequemlichkeit die Führung übernehmen wird, dann garantiere ich nicht mehr, wohin die Reise in der Rechtssprechung gehen wird.

  8. Die Folgen der partiellen Legalisierung sollen nach § 43 des Gesetzes evaluiert werden. Es sollen “Sichtweisen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen” einfließen. Nach zwei Jahren soll es einen Zwischenbericht geben, nach vier Jahren einen umfassenden Bericht.

    Ich bin gespannt, wer den Evaluationsauftrag erhält, was nach vier Jahren mit Blick auf ein dauerhaftes Monitoring der Entwicklung folgt und welche Rolle bei alldem das geplante BIPAM spielt.

  9. Wer will, kann derartige Produkte (“Kulturdrogen”) legalisieren, übrig bleibt der Sachverhalt, dass Alkohol schwere Schäden auch am Gehirn auslösen kann, so wie THC-Haltiges ebenfalls.
    Wer “User” kennt, kann dies bei beiden Wirkstoffen vermutlich persönlich bestätigen, denn so ist offensichtlich.

  10. Betreff: evaluieren
    Hinter diesem Wortungetüm versteckt sich das deutsche Wort bewerten und beurteilen.
    Es geht um das Gesetz § 46 Betäubungsmittelgesetz , nachdem Anbau, Handel, Kauf und Besitz von Cannabis in Deutschland strafbar sind.
    Die Allgemeingültigkeit wurde jetzt eingeschränkt, der $ 46 besteht immer noch.
    erinnert irgendwie an das Abtreibungsverbot, das auch teillegalisiert wurde.

    Was wird dann nach 2/4 Jahren bewertet werden ? Es können ja nur die Auswirkungen bzw. die Veränderungen durch die teilweise Legalisierung von Cannabis festgestellt werden und ob die Teillegalisierung zu einer Verbesserung der Situation bezüglich Drogenkonsum geführt hat.

    Und ……nach welchen Kriterien der Begriff “Verbesserung der Situation” erfolgt.
    Hier liegt ja der Hund begraben. Was ist wichtiger, die Gesundheit oder das Geld, das die Gesundheit kostet ? Es bleibt spannend.

  11. @rolak: Ja. Vertreter der Justiz stöhnen, bald ein Problem lösen zu müssen, das zum großen Teil von der Justiz selbst erschaffen wurde.

    P.S. Man hätte sich ja früher überlegen können, wie man der Gesellschaft einen Dienst erweisen könnte, statt Jahr für Jahr Personen im sechsstelligen Bereich wegen Cannabisdelikten zu bestrafen.

  12. @Nicker: Religion & Toleranz

    Nur eine historische Fußnote, da das hier nicht unser eigentliches Thema ist:

    Unser heutiges Denken über Toleranz wurde gerade in einer “religiös dominierten Zeit” entwickelt, nämlich in der christlich dominierten Renaissance und Aufklärung.

    (Die wiederum auf das mythologisch-hellenistisch/römisch-religiös dominierte Altertum zurückgriff.)

    Vielleicht interessant für Sie: Meine Artikel zum Themenbereich Wissenschaft & Religion.

  13. @Kuhn: Wer den Zuschlag erhält

    Gute Frage! Die DGPPN brachte nur wenige Minuten nach Bekanntgabe der Abstimmung eine Pressemitteilung, mit der sie sich (bzw. ihre führenden Mitglieder) für die Evaluation in Stellung bringt; schneller sogar, als ich meinen Kurzkommentar schreiben konnte.

    Ein Schelm, wer denkt, die hätten den schon in der Schublade gehabt und nur auf den richtigen Moment gewartet…

  14. @Frito: Gehirnschäden

    Der Schreiber dieser Zeilen hat sicher von 14 bis 16 stark Cannabis (länger: Zigaretten und Alkohol) konsumiert – im Alter von 24 bis 29 lag er dann als “Hirnforscher” selbst oft im Scanner.

    Auffälligkeiten wurden auf diesen Aufnahmen keine festgestellt; außer vielleicht die besondere Größe des Schädels, für die Körpergröße >190cm aber nicht unüblich.

    P.S. Wir haben hier gerade eine der maßgeblichen Studien zum Thema (angebliche) Langzeit-Hirnschäden durch Cannabiskonsum diskutiert – mit dem Ergebnis, dass diese selbst bei Personen, die im Schnitt an 260(!) Tagen im Jahr Cannabis konsumierten, gar nicht so klar sind.

  15. Stephan Schleim,
    Anstelle von “Toleranz” kann man moderner das Wort Güterabwägung verwenden.
    “Die Güterabwägung ist eine Methode des Rechtes und der Ethik. Sie kommt immer dort zur Anwendung, wo zwei oder mehr gleichwertige Güter nicht gleichzeitig verwirklicht werden können und somit eine Kollision vorliegt.”

    Die “Instrumente” bei der Güterabwägung sind die Medien, Zeitungen, TV
    Die Institutionen zur Güterabwägung sind die Parlamente.

    Das Ergebnis der Güterabwägungen schlägt sich in der Gesetzgebung nieder.
    Und um den schmalen Grat eines Gesetzes zu verbreitern, wird ein Gesetz manchmal nicht angewendet. Beispiel § 14 GG.

  16. Da ging es, weiter oben, um den persönlichen Kontakt mit sozusagen strengen “Usern”, die bereits nach zehnjährigem Konsum behindert zu sein schienen, Sie kennen so nicht, aber Sie könnten vielleicht so kennen, Herr Schleim.
    Ähnlich wie beim Alkohol, vielleicht kennen Sie persönlich so.
    Ansonsten ist dem Schreiber dieser Zeilen vglw. egal, ob so juristisch “freigeschaltet” wird, es hat Nach- und Vorteile, besondere Freudigkeit ob derartiger Entscheidung scheint nicht angeraten zu sein.
    Gedacht werden darf auch an sich anschließende Gesetzgebung und weitere Wirkstoffe meinend.

  17. @Frito: Konsum & Schäden

    Wenn es Menschen psychosozial schlecht geht und sie sich darum zehn Jahre lang mit verschiedenen psychoaktiven Substanzen über Wasser halten –

    was sehen Sie dann nach zehn Jahren? Den Schaden von Substanzen? Von ungelösten psychosozialen Problemen? Oder?

    Aber noch schlimmer: Auch Sie beantworten nicht die ungelöste frage, was ein Verbot bringen soll!

    Verbieten Sie doch einfach ‘mal psychosoziale Probleme. Vielleicht geht Ihnen jetzt ein Licht auf.

  18. @Stephan Schleim
    “Langfristig fällt dann eine wohl sechsstellige Zahl von Fällen weg – pro Jahr.”
    Eben. Daß es auch erhebliche Probleme mit zuwenig Personal bei der Justiz gibt und daß das negative Folgen haben kann an viel wichtigeren Stellen, soll nicht in Abrede gestellt werden.
    Gerade dann jedoch ist das hier eine Entlastung, zumal die Teillegalisierung kein Gesetz ist das die innere Sicherheit gefährdet.

  19. Es ist doch völlig egal, ob der Konsum von Cannabis gut oder schlecht ist; dem einen tut er gut, dem anderen nicht. Gut ist, dass all diese Menschen nun endlich entkriminalisiert werden. Das, finde ich, ist das einzige was zählt.

  20. @mp: “Framing”

    Das ist mir auch aufgefallen – und könnte man einmal eingehender untersuchen: dass die Debatte nämlich so gut wie gar nicht entlang der Themen “Freiheit” oder “Eigenverantwortlichkeit” geführt (oder “geframed”?) wurde, auch kaum zur Schadensminimierung, sondern vor allem entlang “Jugend- und Gesundheitsschutz”.

    Jugendliche haben vor 2024 gekifft und werden es wohl weiter tun; wenn ich es richtig verstanden werde, drohen beim Verkauf an Jugendliche nun aber Mindeststrafen(!) von zwei Jahren Gefängnis. Das ist vergleichbar mit einer Vergewaltigung (sexuelle Nötigung, schwerer Fall).

    Und zur Gesundheit rief jeder das, was ihm in den Kram passte.

  21. @Stefan Schleim

    Das geschah nicht, weil es in Wahrheit wohl nicht um Freiheit und Eigenverantwortlichkeit geht. Ginge es darum, wäre eine Kriminalisierung des Konsums von vornherein ausgeschlossen. Wie bei so vielem geht es auch bei diesem Thema meiner Ansicht nach im Kern nur um Machtausübung und Kontrolle. Dafür wird, weil bewährt, gerne der Schutz ins Feld geführt.

    Eine eingehende Untersuchung dazu, die wünschenswert wäre, wird es vermutlich eher nicht geben. Jemand Kluges sagte mal: Das schwerste ist es, sich selbst auf die Schliche zu kommen.

    Dass der Verkauf von Cannabis an Jugendliche juristisch als Verbrechen (!) eingestuft wird, halte ich für falsch.

  22. @mp: Ich schrieb im letzten Teil meiner Artikelserie zu Cannabis über Funktionsprinzipien, die unser Verhalten beeinflussen.

    Prof. Rainer Mausfeld schrieb bekannterweise von den schlafenden Lämmern (will heißen: Bürger*innen, die sich nicht für die psychologischen Mechanismen hinter der Politik interessieren).

    Ich würde sagen, dass die Lämmchen träumen. Ein Großteil gibt immer noch alle vier Jahre ihre Stimme denjenigen, die so regieren. Sollte man die Lämmchen aufwecken? Kann man es überhaupt?

  23. Dem freiheitlichen, liberalen, individuellen Persönlichkeitsrechten steht die Sitte gegenüber. Diese wird i.d.R. über das Strafrecht geregelt.
    Das mag den ein oder anderen noch leiten.
    Hoheit über die Regeln der Sitte. Angst vor Chaos,Verlotterung und Verlust von den guten preußischen traditionellen Werten.
    Da spicht doch durchaus der ein oder andere Sittenwächter, obwohl Sitte als Begriff schon lange nicht mehr öffentlich gebraucht wurde.

  24. @Schleim

    So auch, deshalb sind die Begriffe Sitte und Brauch schwierig zu fassen und fast aus Diskursen verschwunden.
    Zuchthaus ist auch verschwunden 🙂

  25. Mussi,
    “So auch, deshalb sind die Begriffe Sitte und Brauch schwierig zu fassen”

    In Sportvereinen gibt es so etwas wie Korpsgeist, das Gefühl zusammenzugehören und sich der Manschaft unterzuordnen.

    Sitten und Bräuche sind der Klebstoff einer Gesellschaft. Dabei brauchen sich die einzelnen Individuen nicht persönlich zu kennen, es reicht, wenn sie sich ähnlich anziehen und sich ähnlich verhalten.
    Nur wer dabei übertreibt fällt unangenehm auf. Das sind dann die Hauswarte, die darüber wachen, dass die Nachbarin keinen Besuch von einem “Schwarzen” bekommt.

  26. @Paternalismus

    Die Cannabislegalisierung geht klar in die richtige Richtung. Man sollte hier durchaus auch härtere Drogen unter gewissen Umständen freigeben. Etwa Heroin z.B., wenn man 3 Monate Sucht nachweisen kann.

    Die Eigenverantwortung gilt m.E. auch dann, wenn einer sein Leben nicht mehr aushält, und zu harten Drogen greift, auch wenn er weiß, dass dieses ihn zerstören wird. Psychosoziale Unterstützung schon im Vorfeld könnte wirklich helfen, und wenn es anders nicht geht, dann würden saubere Drogen wenigstens das Zerstörungspotential reduzieren.

    Was mischt sich der Staat hier eigentlich überhaupt so ein, und das auch noch ohne sich über die psychosozialen Ursachen überhaupt nur mal zu informieren.

    @Stephan 24 .02. 14:39

    „Verbieten Sie doch einfach ‘mal psychosoziale Probleme. Vielleicht geht Ihnen jetzt ein Licht auf.“

    Im Prinzip werden hier schlichtweg tatsächlich Menschen verboten. Man muss ja nicht jeden mögen, aber leben lassen können mag ja nun meistens gut möglich sein.

  27. @Tobias: Stigmatisierung & Kriminalisierung

    “Menschen verbieten” verfängt im liberalen Rechtsstaat nicht mehr so; deswegen medikalisiert und/oder kriminalisiert man u.U. ihr Verhalten und/oder ihren Substanzkonsum.

    Schicksale kriminalisieren – das könnte man schon so sagen, ja; und hinterher beschweren sich Staatsanwaltschaften über den Verwaltungsaufwand.

    Ich führe auch mit akademischen Freunden, die Substanzkonsum kritischer sehen als ich, solche Diskussionen. Aber nehmen wir einmal an, jemand erfüllt auf der Skala der Adverse Childhood Experiences (ACEs) – darüber demnächst einmal mehr – mehrere Punkte (der Schreiber dieser Zeilen kommt wohl auf sieben bis acht von maximal zehn). Es könnte schlichtweg utopisch sein, so ein Leben mit auch noch so viel Therapien vollständig “reparieren” zu können.

    Leitendes Prinzip sollte sein, das Leiden nicht noch zu verschlimmern. Das ist übrigens auch der Hauptsatz der medizinischen Ethik.

  28. Tobias Jeckenburger,
    “Was mischt sich der Staat hier eigentlich überhaupt so ein,”

    Du bist ein Teil des Staates. Der Staat garantiert Dir deine Freiheit. Und du bezahlst dafür etwa 50 % deines Einkommens. Dafür minimiert der Staat das Lebensrisiko. Oder positiv formuliert, der Staat erhöht die Überlebenschance.

    Deswegen wird doch um den Drogengebrauch/mißbrauch so gerungen, instinktiv verstehen die Leute, dass wir alle betroffen sind.

  29. Stephan Schleim,
    Sie vertreten hier die pragmatische Linie.
    ” Es könnte schlichtweg utopisch sein, so ein Leben mit auch noch so viel Therapien vollständig “reparieren” zu können.”

    Deswegen gibt es die Ehe. Das ist die Reparaturwerkstatt bei den Individuen.
    Und wenn man die legalisierten Drogen in Maßen verwendet, dann sind die die seelische Medizin.

  30. @Stefan Schleim Vielen Dank für den Link zu Ihrem anderen Artikel!

    Sollte man die träumenden Lämmer aufwecken und kann man es überhaupt?
    Früher hätte ich gesagt: unbedingt! Heute sage ich eher: versuch’ es einmal, dann lass sie weiter träumen. Auch das gehört zu meinem Verständnis über Freiheit eines Menschen, die ich respektiere. Das Leben selbst wird jene über Dinge, die denen widerfahren, schon aufwecken. An dem Punkt kann und sollte man sie dann helfend an die Hand nehmen und nicht verurteilen dafür, dass sie sich zu schlafen entschieden.

  31. @Stephan 26 .02. 10:35

    „Leitendes Prinzip sollte sein, das Leiden nicht noch zu verschlimmern. Das ist übrigens auch der Hauptsatz der medizinischen Ethik.“

    Was bei Drogenproblematik ziemlich schwierig ist. Auch Therapien gegen Alkohol- oder Heroinsucht sind teuer, anstrengend, unangenehm und von sehr wenig Erfolg gekrönt.

    Einfach die Versorgung knapp halten, dass die Dosis nicht völlig überhand nimmt, und konkrete psychosoziale Unterstützung leisten kostet weniger und hilft auch spürbar.

    Tabak ist wieder ein Fall für sich. Rein psychisch gesehen stabilisiert es eher, habe ich den Eindruck. Aber qualmt und stinkt, ist ordentlich gesundheitsschädlich und deutlich messbar lebenszeitverkürzend. Wenn das dann auch noch teuer ist, dann kann das für ohnehin arme Menschen allerdings auch noch ein finanzielles Fiasko sein.

    Vielleicht sollte man die Tabaksteuer auch am Einkommen orientieren. Etwa durch eine teilweise Tabaksteuerrückerstattung oder durch Bezugsscheine für arme Menschen.

    Und dann ist auch noch nicht mal Tabakwerbung verboten, und Nikotinkaugummis sind viel zu teuer, weil apothekenpflichtig, und die Dampferliquids werden jetzt auch noch besteuert. Das ist alles mehr oder weniger Abzocke, scheint mir. Hier wird nicht geholfen, rein gar nicht, hier wird die Sucht regelrecht ausgenutzt.

  32. @mp: Global gesehen bewegen sich die Gesellschaften stärker in die Richtung Autokratie und weg von der Demokratie. Nach meiner Vorstellung ist die Geschichte wie eine Pendelbewegung: Es geht hin und her. Es wird also irgendwann auch wieder besser werden – offen ist, wie schlecht es auf dem Weg dorthin (zwischenzeitlich) werden wird.

    Die Lämmer schlafen; und manchmal werden sie auch geschlachtet.

  33. @Stephan 26 .02. 13:21

    „Das klingt wie eine Gesellschaft, in der man Probleme lieber verwaltet (managt) als sie zu lösen.“

    Psychosoziale Probleme erfordern eigentlich psychosoziale Lösungen. Nur sind die dann auch nicht so einfach. Wenn man denn nun verwalten muss, dann besser vernünftig? Realitäten erst mal anerkennen macht dann Sinn.

    Selbstbestimmung an sich ist ja schon mal meistens ganz gut. Die Möglichkeiten für ein erfülltes Leben muss man öfter suchen. Was bleibt, ist eben irgendwie über die Jahre zu kommen.

  34. @Nicker 26.02. 10:46

    „Dafür minimiert der Staat das Lebensrisiko. Oder positiv formuliert, der Staat erhöht die Überlebenschance.“

    Ich sehe den Staat eigentlich zuständig für gemeinschaftliche Aufgaben. Das möglichst lange Leben ist weniger wichtig als die tatsächliche Qualität, hier will ich mich nicht mal mit Medizinern drüber streiten. Das möchte ich selber regeln.

    Wenn ein Drogenverbot nur zu teuren und unsauberen Substanzen führt, dann hilft das nur der organisierten Kriminalität. Man soll da nicht leicht dran kommen, für den Anfang, ja. Aber wenn die Sucht einmal da ist, dann hilft es nichts mehr. Verbote, die die Realität ignorieren, bringen einen dann immer noch am schnellsten um.

    @Stephan 26.02. 10:35

    „Schicksale kriminalisieren“ ist genau das, was hier passiert.

  35. Tobias Jeckenburger,
    man muss auch pragmatisch denken und nicht nur dogmatisch.
    Aber es gibt Grenzen, die es einzuhalten gilt, sonst entzieht sich der Staat seiner Grundlagen. Und die heißen Gerechtigkeit und Liebe.
    Beispiel Menschenhandel. Wenn wir aus Kostengründen unsere Grenzen nicht mehr kontrollieren, dann werden eben Frauen aus Osteuropa angelockt und verschwinden bei uns im Rotlichtmileu.
    Das geschieht übrigens jetzt mit Afrikanerinnen die von von der organisierten Kriminalität im Visier sind.
    Es ist nicht hinzunehmen, dass Unmengen von Waren aus China verhindern, dass wir die Drogeneinfuhr nicht mehr kontrollieren können.
    Es ist nicht hinzunehmen, dass wir das Internet nicht kontrollieren können.
    Ein Kind, das ein Gewaltvideo gesehen hat, ist gekennzeichnet für das ganze Leben.
    Ein Staat, der seine Kinder nicht mehr schützt (nicht mehr schützen kann) höhlt sich selber aus. Die vielen Messerattacken unter Jugendlichen sind die ersten Anzeichen.

  36. @Nicker 27.02. 09:08

    „Aber es gibt Grenzen, die es einzuhalten gilt, sonst entzieht sich der Staat seiner Grundlagen. Und die heißen Gerechtigkeit und Liebe.“

    Gut, dass das mal einer sagt. Und doch sind hier die Gemeinschaftsaufgaben das Wichtigere. Paternalismus, der die Menschen vor sich selbst schützt, den sehe ich eben grundsätzlich eher kritisch.

    „Es ist nicht hinzunehmen, dass Unmengen von Waren aus China verhindern, dass wir die Drogeneinfuhr nicht mehr kontrollieren können.“

    Sollen wir den Welthandel einstellen, nur um den Drogensüchtigen das Leben schwer zu machen? Wenn man denn den Drogenhandel wirklich unterbinden könnte, dann wäre das super, da wäre ich sofort dafür. Aber offenbar geht das nicht. Man kann hier nur das Angebot niedrig und die Preise hoch halten.

    Und das ruiniert dann eben das Leben von z.B. Heroinsüchtigen nachhaltig. Neben hohen Kosten haben die dann mit unsauberer Ware und schwer einzuschätzenden Wirkstoffgehalten zu tun, was dann die Todesfälle durch Überdosen verursacht.

    Wie gesagt, könnte man den Handel wirklich unterbinden, dann würde das dann wirklich funktionieren können. Dann könnte man höchstens noch auf Klebstoffe oder Benzin umsteigen.

    Ein Verbot, das gar nicht durchsetzbar ist, das ist bei dem Thema eine halbe Sache, die mehr schadet als nützt. Eine kontrollierte Versorgung wäre dem vorzuziehen, finde ich.

    „Es ist nicht hinzunehmen, dass wir das Internet nicht kontrollieren können.“

    Hier Regeln für zivilisierten Umgang durchzusetzen wäre eben so eine gemeinschaftliche Aufgabe, für die der Staat dann wirklich zuständig ist. Suchtprobleme sind medizinische Probleme, die zwischen Arzt und Patient ausgehandelt werden sollten, und das grundsätzlich überwiegend freiwillig.

  37. Tobias Jeckenburger
    “gemeinschaftliche Aufgabe”, das ist der richtige Weg. Wie bekommt man bei dieser Aufgabe einen Konsens?
    Wir sind jetzt wieder am Anfang der Diskussion, wer gibt die Zielrichtung vor. Überlassen wir das dem freien Spiel der Kräfte.
    Die USA zeigen, dass das freie Spiel der Kräfte in eine Sackgasse führen kann.

    Sie stellen die Frage, sollen wir den Welthandel reduzieren. Wir müssen ihn reduzieren. Der dadurch anfallende Müll zerstört das Ökosystem.
    Wir müssen unsere Produktion reduzieren, wenn nicht, bekommen wir die Klimakatastrophe,
    Sie merken, ohne Paternalismus wird es nicht gehen.

  38. @Nicker 27.02. 16:33

    „Wir müssen unsere Produktion reduzieren, wenn nicht, bekommen wir die Klimakatastrophe, Sie merken, ohne Paternalismus wird es nicht gehen.“

    Ich will mich jetzt nicht über Begriffe streiten. Mit Paternalismus meine ich, dass der Staat Menschen was vorschreibt, was wirklich nur sie selbst betrifft. Wer Alkohol trinken will, obwohl das ungesund für ihn ist, der soll dies tun. Wer dann mit über 0.5 Promille Auto fährt, der gefährdet Andere, und das darf er dann auch nicht.

    Sobald es wirklich eine Gemeinschaftliche Aufgabe ist, ist die Sache für mich in Ordnung. Das betrifft auch eine Förderung der Energiewende, und dazu kann auch generell weniger Konsum und damit nachfolgend weniger Produktion von allem Möglichem gehören.

  39. Tobias Jeckenburger,
    Das Beispiel mit dem Alkoholtrinker legt das Thema frei, ist der betrunkene “Penner” auf der Straße nur sein privates Vergnügen ?

    So einfach geht das nicht. Sind die betrunkenen “Indianer” im Reservat ihr Privatvergnügen.?

    Der Alkoholmisßbrauch ist auch ein Indikator für tieferliegende Fehler in der Gesellschaft. So wie der Drogenmißbrauch auch.
    Die mit der Freiheit einer Person abzutun ist etwas oberflächlich gedacht.

  40. @Nicker 28.02. 08:19

    „Das Beispiel mit dem Alkoholtrinker legt das Thema frei, ist der betrunkene “Penner” auf der Straße nur sein privates Vergnügen?“

    Das ist erstmal überhaupt kein Vergnügen, sondern schreckliches Leiden.

    Wenn es Alkohol nur noch auf dem Schwarzmarkt gäbe, dann kämen noch höhere Kosten und eventuelle Methanolgehalte dazu.

    Wenn man den Pennern psychosozial helfen könnte, wäre das was. Allerdings ist das schwierig, einmal fachlich, und im speziellen Fall von Obdachlosen auch versicherungstechnisch.

  41. Tobias Jeckenburger,
    wer auf der Straße seinen Alkohol trinken muss, ist schon unten angekommen.
    Nun muss man weiter untersuchen, war der soziale Abstieg vorhersehbar, unabwendbar ? Darum geht es.
    Trägt das Soziale Netz noch ?

    Und , jetzt pathetischer formuliert, wer ist verantwortlich für das persönliche Schicksal eines Menschen ? Der Staat ? Der Mensch selber ?
    Wenn man den Paternalismus ablehnt, dann ist der Mensch selber verantwortlich.

    Fazit: Man muss dem Staat ein Mitspracherecht einräumen. Auch der Gruppenzwang ist zum Teil auch ein Schutz gegen den sozialen Abstieg.

    Nicht jeder Mensch ist ein tycoon, der sich hochrappelt (hochrappeln kann ).

  42. @Nicker 28.02. 16:31

    „Wenn man den Paternalismus ablehnt, dann ist der Mensch selber verantwortlich.“

    Ich kenne hier ein gutes Beispiel, dass Paternalismus mal funktioniert hat. Ein Mann um die 40 war schwer Alkoholabhängig und auch noch spielsüchtig, und hatte so wenig Geld für vernünftiges Essen übrig, das er schon halb tot war. Man hat ihm dann einen gesetzlichen Betreuer verpasst, der einen Teil seiner EU-Rente dafür reserviert hat, in vernünftigem Ausmaß Lebensmittel einzukaufen. Der ist dann einmal in der Woche für ca. 50 Euro zusammen mit dem Betreuer Lebensmittel einkaufen gegangen, und der Kühlschrank war dann immer voll.

    Das hat ihm das Leben gerettet. Obwohl er sich erst dagegen gewehrt hat, hat er hinterher eingesehen, dass das eine richtig gute Lösung ist. Saufen konnte immer noch, und das hat er auch getan, und wenn mal Geld übrig war, dann hat er das auch verzockt.

    Naja, vor 5 Jahren ist er doch noch vom Alkoholkonsum schwer krank geworden, und ist in der Folge im Altenheim gelandet, und inzwischen wahrscheinlich verstorben.

    Dennoch hat er aufgrund der betreuerischen Zwangsmaßnahme noch 15 Jahre ganz gut leben können. Mit Alkohol ja, aber eben in relativen Maßen und hauptsächlich billiges Bier aus dem Supermarkt.

    Ich denke durchaus, dass wenn Menschen aufgrund einer psychischen Erkrankung, wo man auch Sucht zurechnen kann, eine Hilfe nicht annehmen wollen, dass man da sinnvolle Zwangsmaßnahmen durchaus in Betracht ziehen sollte. Aber das sollte so wie in diesem Beispiel auch vernünftig und realistisch angegangen werden.

    Ein Zwangseinweisung zu einer langfristigen Suchttherapie hat man hier eben gerade nicht angeordnet. Vermutlich nicht nur weil das teuer ist, sondern auch, weil das zu oft auch nicht viel bringt, insbesondere wenn der betroffene Mensch das wirklich nicht will.

    Öfter führen auch psychische Erkrankungen in die Obdachlosigkeit, hier würde ich auch Unterstützung und auch eine befristete Zwangsbehandlung befürworten, wenn das denn angemessen ist und man so die Wohnung erhalten kann. Das gilt meine ich aber nur für wirklich harte Fälle. Der normale Kiffer jedenfalls braucht das nicht.

  43. Tobias Jeckenburger,
    Zustimmung, früher hat man gesagt: Kartenspiel und Wein reißen große Häuser ein.
    Mit dem Glücksspielteufel ist nicht zu spaßen. Mit dem Alkohol nicht, mit den Drogen auch nicht.
    Die tätliche Nächstenliebe gibt dem Menschengeschlecht dann ihre Würde wieder.

    Religiös betrachtet, kann man die Abhängigen als Prüfung betrachten, die Gott uns auferlegt. Wie gehen wir mit Menschen um ,die sich selbst nicht mehr helfen können.

    Zum Ablschluss mal etwas pathetischer.

  44. @Nicker 29.02. 09:40

    „Religiös betrachtet, kann man die Abhängigen als Prüfung betrachten, die Gott uns auferlegt. Wie gehen wir mit Menschen um ,die sich selbst nicht mehr helfen können.“

    Helfen wäre das eine, allerdings ist das gerade bei Sucht sehr schwierig. Umso einfacher wäre es, einfach sauberen und bezahlbaren Drogennachschub zu liefern.

    Was stört uns denn so an den Süchtigen? Sie zerstören sich selbst, allerdings. Aber wieso sehen wir das immer nur negativ? Wenn wir versuchen, da mitzufühlen, vielleicht ist gerade das auch ein großes Missverständnis? Hier fehlt wohl meistens wirklich die entscheidende Lebensperspektive. Die ist eben nicht da, auch wenn wir die wohl haben, und uns das ganz schrecklich vorstellen, ohne dem zu Leben.

    Wenn hier versucht wird, dem Leben zu entfliehen, womöglich mit einem gewissen Suizid auf Raten, was ist daran denn für uns so fürchterlich? Wir können doch einfach Distanz halten, und die Realitäten anerkennen. Helfen wenn es geht ja, aber wenn es nicht geht, dann eben nicht.

    Einfach die Zerstörung noch fördern, damit die Süchtigen therapiewillig werden, das ist es doch wirklich nicht.

  45. Tobias Jeckenburger,
    Das Buch der Bücher wird nicht umsonst so genannt.
    Da kommt die Frage vor : “Soll ich meines Bruders Hüter sein ?”

    Und diese Frage muss jeder Mensch vor sich selber beantworten.
    Wenn ein Mensch keine Lebensperspektive hat, dann kann man sie ihm vorleben.
    Frauen machen das ohne darüber zu philosophieren.

    Jetzt mal wieder praktisch. Es gibt ja die Auffassung, dass ein Süchtiger ganz unten ankommen muß, bis er sich vor sich selber ekelt, damit er sich eingesteht, ja, ich bin süchtig.

    Und erst dann ist er bereit und reif für eine Therapie.
    Ich muss mir jetzt auch was eingestehen, ich rede nur aus der Logik heraus, mir fehlen die handfesten Erlebnisse.

    Man kann dem eingeschlagenen Weg bei Cannabis nur Erfolg wünschen, vielleicht bekommt dann die Drogenpolitik ein menschlicheres Gesicht.

  46. Hallo Herr Schleim,
    weshalb werden eigentlich auf der Übersichtsseite Ihrer Beiträge immer falsche Anzahlen der Kommentare angezeigt? Aktuell steht dort dieser Artikel bei _5_ Kommentaren – tatsächlich hat er aber _47_. Wo soll das noch hin führen, wenn die Entwickler nicht mal mehr einen SELECT COUNT (*)… mehr hinbekommen.
    Und keiner merkts oder meldet es – seit Jahren… Sind wohl alle bekifft 😉

    S.

  47. @Sunflower: Die SciLogs waren 2007 neu. Ich denke, dass wir heute für den Verlag vor allem ein Appendix sind. Online-Journalismus hat es bekanntermaßen nicht leicht. Darum müssen wir mit dem Leben, was wir haben.

    Dieser Zähler, auf den Sie verweisen, wird immer nur dann aktualisiert, wenn ich einen neuen Beitrag publiziere bzw. einen bestehenden anpasse. Was der Grund dafür auf der technologischen Seite ist, kann ich Ihnen nicht erklären.

    Die Zähler auf der Startseite des SciLogs-Portals werden öfter aktualisiert, laufen mitunter aber auch hinterher.

  48. @ Stephan Schleim

    “Was der Grund dafür auf der technologischen Seite ist, kann ich Ihnen nicht erklären”

    Da ich ‘vom Fach’ bin kann ich ihnen erklären, dass es dafür eigentlich keinen technischen Grund mehr gibt – selbst wenn die ‘scilogs’ inzwischen nur noch unbeaufsichtigt auf der hintersten Möhre eines verstaubten PC auf einem Legacy DB-System aus 2007 laufen würden, würde so ein Counter kein ernsthaftes Performance-Problem darstellen. Das ist einfach nur Dummheit von Seiten der Entwickler. Was man ja leicht vergisst: bei der Software-Entwicklung gibt es wie in jedem anderen Job auch fähigere und weniger fähige Leute – und natürlich gibt es auch viele System, die mal ein Anfänger oder Praktikant entwickelt hat, und die nie mehr gross angefasst oder verbessert werden. Das ganze ZEIT-Online Forum ist aus meiner fachlichen Sicht so ein ‘Praktikanten-Projekt’, das man dazu noch künstlich verkrüppelt hat, um dem Primat der Werbeeinnahmen vor der der Benutzerfreundlichkeit den Vorzug zu geben.

    Aber genug ‘off-topic’.

    Zum ‘Topic’ selbst fällt mir vor allem ein: solange selbst in solchen Cannabis-Diskussionen wie hier das ganze Thema ‘Gefahren & Risiken’ so dermassen im Vordergrund steht, und man ungelogen in 47 Beiträgen keine einzige Nennung von ‘Spaß und Freude und Benefits’ etc. findet – haben wir noch einen längeren Weg vor uns, den Cannabis-Konsum einigermassen fair von allen Seiten zu beleuchten.
    Dazu ein Bonmot aus eben ZEIT-Online, wo ich mich früher viel im Forum bewegt hab … direkt am 23. Februar (oder am Tag danach) brachte ZEIT-Online einen launigen Artikel über einen ‘Cannabis Sommelier’. Der dort in der Redaktion bestimmt schon länger in der Schublade lag – aber weil sich ja bei der ZEIT schon eine Weile der politische Wind beim Thema ‘Drogen’ weg von Aufklärung & Liberalität hin zu konservativem Alarmismus bewegt hat, hat man sich wohl vorher nicht getraut, ‘etwas zu Positives’ über Cannabis zu schreiben, das ja verboten weil nicht legal und deshalb brandgefährlich ist – und man auch noch die letzten CDU-Wähler unter den Lesern verlieren würde, wenn man das nicht in jedem Artikel betont.

    Mein (nicht gerade Neues) Fazit: die Medien sind die massgeblichen Erfüllungsgehilfen der Prohibitionspolitik – immer gewesen, und sind es auch nach wie vor. Ein reisserischer Artikel über Gefahren, Unfälle und Tote beim Drogenkosum ‘verkauft’ sich im aktuellen politisch-kulturell-intellektuellen Klima eben nach wie vor deutlich besser, als über ‘Spaß & Freude & Genuß & Bewusstseinserweiterung’ o.ä. zu schreiben.

    Und wie sie ja wissen sehe ich Ihre persönliche Haltung, die sich auch nie ganz traut, mal konsequent auf die ‘Sonnenseite des Drogenkosums’ zu schauen, hier auch durchaus kritisch. Wie falsch und letztlich unnötig das ist merkt man aber erst, wenn man mal Vergleiche mit anderen ‘Freizeitbeschäftigungen’ zulässt, wo auch nicht bei jedem Artikel übers Bergwandern, Ski- oder Motorradfahren, oder übers Heimwerken etc. etc. die grosse ‘Risiko & Gefahr’ Keule geschwungen wird. Nur bei ‘Drogen’ ist dieser Reflex wohl übermächtig. Resultat jahrzehntelanger Gehirnwäsche durch Politik, Medien und nicht zuletzt ‘die Forschung’, die ja ganz vorne mit dran war, den Bückling vor dem prohibitiven Zeitgeist zu machen, um ja keinen Verlust von Fördergeldern oder gar die persönliche Karriere zu riskieren. Eine echte Affenschande, wie wenig das alles mit ‘Wahrheit und Integrität’ zu tun hat.

    Gruß
    S.

  49. @Sunflower: Nutzen & Risiken

    Komisch, dass mir der Vorwurf der Einseitigkeit von allen Seiten gemacht wird: Aus dem Lager “Pro-Drogen” heißt es, ich würde nicht genug vom Nutzen des Substanzkonsums berichten (dabei gab es hier schon vor Jahren eine Serie über instrumentellen Substanzkonsum, auf die ich auch immer wieder hinweise). Das Lager “Contra-Drogen” wirft mir vor, ich würde nicht genug auf die Risiken hinweisen; da erwidere ich, dass ich das durchaus mache – aber die meisten Publikationen darauf ja schon sehr viel ausführlicher eingehen.

    In der persönlichen Schlussfolgerung meines Buches über Substanzkonsum “gestand” ich außerdem, das Buch unter Einfluss von ein bis zwei Tassen Kaffee und ein bis zwei alkoholischen Drinks am Tag geschrieben zu haben. Und als hier in den Niederlanden die ersten 100% legalen Cannabisprodukte eingeführt wurden, war ich gleich da (in Tilburg) und habe mir 3 Gramm gekauft. Ich habe bisher allerdings nur einmal daran gerochen und weiß noch nicht genau, was ich damit anfangen soll; Rauchen kommt für mich nicht mehr in Frage und das Zeug ist ziemlich stark (30% THC).

    Übrigens ist in Deutschland sogar die Aufforderung zum Drogenkonsum strafbar (ebenso wie der Besitz mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe).

    P.S. Bei Interesse, den SciLogs auf die Sprünge zu helfen, lege ich gerne ein gutes Wort bei der Redaktion ein.

  50. Herr Schleim, dass Sie hier zwischen einer ganzen Reihe von Stühlen sitzen, und aufpassen müssen mit Ihrer – aus klassischer Sicht – eindeutigen ‘PRO’-Haltung zu Drogen, nicht ihr Renommee und ihre Karriere zu schädigen – ist doch für jeden Menschen der zwei-und-zwei zusammenzählen kann völlig nachvollziehbar.

    Allerdings kann man diese Gratwanderung auch nicht beliebig auf die Spitze treiben!
    Und dabei habe ich jetzt den Fokus gar nicht auf der schlichten Tatsache, dass man auf jedem anderen Gebiet den Kopf schütteln würde, wenn sich jemand mit Artikeln und Büchern für ein Thema engagiert, das er gar nicht nennenswert (oder gar nicht!) selbst PRAKTISCH betreibt. Oder würden Sie ein Buch übers Bergwandern, Motorrad fahren oder Tauchen kaufen, von jemandem der gar kein Wanderer, Motorradfahrer oder Taucher ist – und der sich dann auch noch notorisch darum drück KLARTEXT darüber zu reden, weshalb nicht?

    Ich kenne Ihre ganz persönliche Situation nicht – womöglich würden Sie sogar als Wahl-Niederländer in Bezug auf ihre akademische Position Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie öffentlich zugeben, dass Sie (un-) regelmässig Cannabis oder ‘Truffels’ konsumieren – obwohl das bei Ihnen ja sogar schon lange legal ist. Und ja, mir ist auch klar, dass man z.B. als Soziologe auch über irgendwelche Subkulturen forschen kann – ohne ihnen selbst anzugehören. Geschenkt.

    Aber herrgottnochmal … ich verfolge jetzt schon seit vielen Jahren diverse ‘Drogen-Youtuber’, denen es als ‘Disclaimer’ vor ihnen Videos in aller Regel reicht, den notwendigen Standard-Satz abzuspulen, ‘dass sie mit hren Beiträgen natürlich niemanden zum Drogenkonsum auffordern wollen, sogar davon abraten, und alles was sie zeigen und sagen nur der Aufklärung und der harm-reduction dient’.
    Und bei denen trotzdem JEDER weiss, dass sie regelmässig Drogen konsumieren, weil sie das OFFEN SAGEN – und seltsamerweise trotzdem nicht jede Woche das Rollkommando bei ihnen vorfährt, um ihre (sicher vorhandenen!) privaten, sofort strafbaren(!) Drogen-Vorräte auszuheben.
    Warum das nicht passiert weiss ich nicht – vielleicht will man keine ‘Märtyrer schaffen’. Aber es ist Tatsache, sogar bei Youtuber ‘Open Mind’ in Bayern.

    Also was haben Sie in Holland zu befürchten?

    Es ist offensichtlich, dass es Ihnen ein Anliegen ist, für eine in jeder Hinsicht ‘vernünftigere’ Drogenpolitik einzutreten. Aber wenn Sie nicht selbst merken, dass Sie hier ‘unauthentisch’ wirken, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen.
    Sie sind kein Kliniker oder Mediziner, dem es nur um Zahlen, Daten & Fakten und Forschungsergebnisse geht – das ist ja offensichtlich und würde auch irgendwie nicht zu ihrem ‘angle’ passen, mit dem sie das Thema bespielen.
    Sorry, dass ich Sie hier also in eine Reihe mit Leuten wie Jungaberle und Skobel stellen muss (nicht als Kompliment gemeint), die genau dann, wenn es wirklich nötig wäre mal Tacheles zu reden, und ‘politisch wirksam’ zu werden, den Schwanz einziehen – und NICHT MAL zugeben, dass ihnen (um ‘Open Mind’ zu zitieren): ‘ab und zu mal jemand was ins Wurstbrot mischt’.

    Eine auch nur ansatzweise grundlegende Veränderung der Drogenpolitik scheitert aus meiner Sicht und meiner langjährien Erfahrung vor allem an EINER Sache: dass sich nämlich alle PROMINENTE(RE)N ‘Praktiker’ in die Hose machen, statt sich mal ‘zu outen’ (Hallo? In Deutschland gab es mal eine gross angelegte ‘Ich habe abgetrieben!’ Kampagne im STERN – da war Abtreibung auch noch illegal. Genau SOWAS fehlt uns hier!) – und es deshalb der Politik nach wie vor leicht fällt, das Thema ‘Drogen’ als bähbäh – Sucht- und Subkultur abzuqualifizieren (während sich dann der ehrenwerte Herr Abgeordnete nach der Abstimmung auf dem Klo des Bundestags eine Line Koks zieht …) – und wir gar nicht erst auf die bereits erwähnte ‘Sonnenseite’ des Thema kommen, die da lautet: sehr viele ‘Leistungen’, und natürlich nicht zuletzt Kunst & Kultur bis in die obersten Kajüten, die wir alle toll und wunderbar finden – entstand und entsteht UNTER DROGENEINFLUSS. Dann gebt es verdammtnochmal endlich zu!

    Also was ist nochmal ihr konkretes persönliches Problem?

  51. … oder vielleicht muss ich es auf eine einfachere, klarere Formel bringen:

    Wenn selbst jemand, der für einen offeneren, freieren, selbstverantwortlicheren Umgang mit ‘psychoaktiven Substanzen’ eintritt, sich so wenig um das ‘Gute, Schöne, Wertvolle’ etc. an diesen Erfahrungen kümmert – weil er ‘das Gute’ daran offensichtlich (oder zumindest dem Anschein nach) GAR NICHT KENNT und beurteilen kann – na dann muss sich doch keiner wundern, dass es der CONTRA-Fraktion so leicht fällt, sämtliche positiven Blickwinkel auf das Thema aus der Gesamtformel herauszukürzen, die nicht wirklich zu 100% nur den medizinischen und therapeutischen Aspekt fokussieren.

    Und mal ganz ehrlich: an anderer Stelle waren Sie immer sehr bemüht, sofort Wasser in den Wein zu giessen, wenn jemand Psychedelika auch nur als Therapeutikum empfohlen hat, obwohl sich da ja sogar die Forschung immer einiger wird, dass da wirklich ‘was dran’ ist.
    Von einem Bekenntnis zum reinen Genuß & Weltanschauungs & Kultur & Bewusstseinserweiterungs-Faktor waren Sie dagegen bisher noch überall, egal ob in Büchern oder Artikeln oder Interviews meilenweit entfernt.

    Da sollten Sie sich nicht wundern, dass das nicht jeder nachvollziehen kann – und umso weniger, je mehr ‘experienced’ er selbst ist – was ja der grösste Teil der Mit-Schreiber hier offensichtlich NICHT oder kaum ist.

  52. @Sunflower: Substanzen und Erfahrungen

    Mir gefällt Ihre kritische Sichtweise – auch wenn sie (wieder einmal) größtenteils das Ziel verfehlt:

    Das Schwert schneidet nämlich in zwei Richtungen. Leuten, die selbst stärker konsumieren (z.B. Carl Hart, Columbia University), wirft man dann nämlich vor, ihre (angebliche) Abhängigkeit rationalisieren zu wollen.

    Es gibt eben mehrere Perspektiven: Klar kann man einen Erfahrungsbericht von der Spitze des Mount Everest nur wirklich authentisch schreiben, wenn man selbst oben war; man kann aber auch vom Fuß des Berges eine Erzählung anbieten, dann eben aus anderer Perspektive.

    Wenn Sie mich dafür kritisieren, nicht stärker politisch aktiv zu werden (haben Sie meine Posts auf X eigentlich gesehen? oft mit >10.000 Zugriffen), dann haben Sie m.E. den Sinn und Zweck von Wissenschaft missverstanden.

    Übrigens bin ich kein unbeschriebenes Blatt. Wie ich immer wieder berichte, konsumiere ich regelmäßig Koffein und Ethanol; in meiner Jugend auch viel THC und Nikotin; auf eine Psilocybin-Erfahrung wies ich sogar in meinem Blog hin – und wer weiß, was ich gerade im Kühlschrank habe?

    P.S. Was ich für ein persönliches Problem haben soll, ist mir nicht klar; Sie scheinen mir eher ein persönliches Problem zu haben.

    P.P.S. Bin in Eile, muss nämlich nach Amsterdam – nicht zum kiffen, sondern tanzen. Den zweiten Kommentar schaue ich mir gleich im Zug an.

  53. P.S. @das Gute daran

    Das mit dem Psilocybin war doch ein netter Trip. So wie ein guter Film im Kino. Und in etwa zum selben Preis. Ich will das jetzt jährlich um meinen Geburtstag machen.

    Aber darum muss man doch nicht denen auf den Leim gehen, die jetzt einen überzogenen Hype über therapeutischen Nutzen befeuern, oder?

    Realistisch bleiben. Und ehrlich/authentisch.

  54. @all: Ich möchte hier in die allgemeine Runde anmerken, dass diese Vertreter des Psychedelika-Hypes oft mit illusorischen Versprechen auftreten, für die Diskussion keine Gründe liefern und bei Gegenargumenten den Schwanz einziehen. Dieses Muster habe ich jetzt schon häufiger gesehen, wenn es um Psychedelika ging.

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