Drogenpolitik: Alles für die Gesundheit?

Wenn Verbote nicht dem Gesundheitsschutz dienen, wem nutzen sie dann? Am 22. März wird der Bundesrat eine Antwort geben. Die Zeit drängt, wie ein Blick ins Nachbarland zeigt.

Das Gezerre um das Cannabisgesetz geht jetzt im Bundesrat weiter. Für dessen Plenarsitzung vom 22. März 2024 steht nun das “Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften” als vierter Punkt auf der Tagesordnung.

Das offizielle Dokument, das nach hitziger Debatte am 23. Februar vom Bundestag verabschiedet wurde, ist mit seinen sechsundsechzig Seiten noch überschaubar. Allerdings werden damit im einzelnen ganze fünfzehn Gesetze und Verordnungen angepasst:

Neben der offensichtlichen Bedeutung für das Betäubungsmittelgesetz sind beispielsweise auch Vorschriften über Arzneimittel, für den Nichtraucherschutz, das Jugendarbeitsschutzgesetz, Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung sowie der Fahrerlaubnis-Verordnung betroffen. So soll etwa dort, wo heute das Rauchen und Verdampfen von Tabakprodukten verboten ist, selbiges für Cannabisprodukte gelten.

Die komplexe Verschränkung dieser Vorschriften zeigt aber auch, wie weit der Staat in das Substanzkonsumverhalten seiner Bürger*innen eingreift und welche Maßnahmen er sich dafür herausnimmt. Praktischerweise führt das Bundestagsdokument am Ende auf, welche Grundrechte dafür eingeschränkt werden: nämlich das Fernmeldegeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Wer Substanzen besitzt, die auf einer Verbotsliste stehen, kann unter Umständen abgehört oder einer Hausdurchsuchung unterzogen werden. Dabei ist der Strafrahmen für den einfachen Besitz (§ 29 Abs. 1 BtMG) derselbe wie der für Körperverletzung (§ 223 StGB): Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Krieg gegen die Drogen

Als Argument dienen dafür der Gesundheitsschutz sowie die Verbrechensbekämpfung, wobei es diese Form von Verbrechen ohne das Verbot gar nicht gäbe, siehe die Alkoholwirtschaft. Die Staaten bekämpfen mit der im 20. Jahrhundert international durchgesetzten Drogenprohibition also ein Problem, das sie erst selbst erzeugen.

Dass das gut ausgeht, darf bezweifelt werden: Die Massen der Drogentoten in den USA – die die Verbote maßgeblich durchsetzten – oder das Abgleiten Ecuadors binnen weniger Jahre in einen Mafia-Staat, in dem Superkartelle weitgehend folgenlos morden, verheißen nichts Gutes. Im südamerikanischen Krieg gegen die Drogen bleiben beim Ausrufen des Notstands und Einsatz von Militär im Inneren regelmäßig Grundrechte auf der Strecke. Und es ist doch sehr wahrscheinlich, dass es im Eifer des Gefechts auch Unschuldige trifft.

So schlimm ist es in Europa (noch?) nicht. Dennoch warnte beispielsweise die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema erst vor Kurzem im Guardian, die Niederlande könnten zum nächsten “Narko-Staat” werden. Über den riesigen Hafen Rotterdam kommt – ebenso wie den im belgischen Antwerpen – viel Kokain aus Südamerika auf den Kontinent.

Zur Bergung der illegalen Waren aus den Frachtcontainern werden gerne Jugendliche aus strukturschwachen Gegenden rekrutiert. Wem die Gesellschaft kaum eine realistische Perspektive auf ein gutes Leben bietet, der lässt sich leichter für ein paar Tausend Euro anheuern. Ein beliebtes Mittel im Kampf der Drogenbanden ist zurzeit auch das nächtliche Zünden von Sprengsätzen an Wohnhäusern. Diese sind zwar nicht tödlich – verbreiten in den Straßen aber Angst und Schrecken. Die Polizei kann, realistisch gesehen, nicht gleichzeitig überall sein.

Hausgemacht

Doch nicht alle Probleme haben mit importierter Ware zu tun, wie beim Kokain. In Drogenküchen lassen sich mit den entsprechenden Chemikalien Ecstasy und Methamphetamin (“Crystal Meth”) anfertigen. Die hohen Gewinnmargen scheinen nun auch häufiger Amateure anzulocken, die sich der Risiken nicht bewusst sind.

So kam es am 29. Januar durch eine Explosion zur großen Verwüstung in einem Wohnkomplex in Rotterdam, bei der drei Menschen starben (dieses Video zeigt die Spurensicherung und Aufräumarbeiten). Nur zwei Wochen später explodierte ein illegales Labor in einer Scheune in der Nähe von Arnheim und Nimwegen, unweit der deutschen Grenze. Die pilzförmige Rauchwolke war gut von der Autobahn aus zu sehen.

Wohlgemerkt, solche Produkte stellte die chemische Industrie Deutschlands am Anfang des 20. Jahrhunderts – man denke an Bayer oder Merck – vor den Prohibitionswellen relativ sicher und in hoher Qualität her. Professionell agierende Banden suchen sich heute vorzugsweise leer stehende Bauernhöfe, Scheunen oder Hallen in ländlichen Regionen. Dort fallen die verdächtigen Gerüche weniger auf. Die chemische Luft sei beim Herstellen von Ecstasy eher süß und ähnle Anis, beim Methamphetamin eher sauer.

Da sich die ohnehin schon kriminell tätigen Betreiber eher wenig um den Umweltschutz scheren, entsorgen sie ihre Fässer kostenlos in der Natur. Wenn die Chemie-Abfälle aber freikommen, verseuchen sie ganze Böden. Beim bisher größten gefundenen Endlager in den Niederlanden mussten in einem hundertjährigen Waldstück zahlreiche Bäume gefällt werden. Die Entsorgung und Wiederaufforstung kostet die Allgemeinheit Millionen (hier der Link zu einer niederländischen Doku, an deren Anfang man das Ausmaß der Zerstörung sieht).

Alles für die Gesundheit?

Erinnern wir uns, dass zur Rechtfertigung der Verbote der Gesundheitsschutz angeführt wird. Dieser scheint viele Bürger*innen aber nicht zu interessieren, wenn man sich beispielsweise die Abwasseruntersuchungen über Drogenrückstände anschaut. Anders als einzelne Beschlagnahmungen illegaler Substanzen durch Polizei und Zoll geben diese einen verlässlichen Hinweis darauf, wie viel der Substanzen konsumiert wird.

Demnach ist zum Beispiel Kokain in den Großstädten Antwerpen, Tarragona (Hauptstadt Kataloniens), Amsterdam, Brüssel, Zürich und Basel am beliebtesten. Letzteres plant jetzt sogar ein Projekt zur Legalisierung der Droge. Zuvor hatte der Schweizer Bundesrat konstatiert, dass die Verbotspolitik ihre Ziele verfehle.

In Deutschland konsumieren trotz strafbewährtem Verbot über 7 Prozent der Erwachsenen jährlich Cannabis, 0,6 Prozent gelten als abhängig. Gleichzeitig hat sich die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen der Substanz seit den frühen 1990ern mehr als vervierfacht. Was tun diese Menschen ihrem Körper an? Und retten sie die Strafen davor?

Der Hauptteil meiner Artikelserie zum Thema Cannabis beschäftigte sich mit den (angeblichen) Gesundheitsrisiken. Dabei fanden wir heraus, dass führende Suchtexperten die Risiken des Hanfkonsums mit denen von Tabak verglichen. Auch sahen wir, dass das gerne zitierte “Cannabis-Gehirn” selbst nach starkem Konsum schwer dingfest zu machen scheint; die Änderungen, die man dann doch fand, wurden eher auf starken Alkohol- und Zigarettenkonsum zurückgeführt. Und diese weitläufig beliebten Substanzen sind gerade nicht verboten.

Schreckensbild Schizophrenie

Auch das Totschlagsargument Psychoserisiko oder Schizophrenie verfängt nicht. Dafür haben wir uns eine vom Psychiater Rainer Holm-Hadulla im Dezember 2023 in der F.A.Z. falsch dargestellte dänische Studie näher angeschaut.

Unter den Gesundheitsdaten von fast 7 Millionen Bürger*innen wurden rund 61.000 (oder 0,9 Prozent) Fälle schweren Cannabiskonsums (englisch Cannabis Use Disorder, CUD) registriert. Zehn Jahre später hatten 10 Prozent von ihnen (oder 0,09 Prozent der Gesamtheit) auch die Diagnose Schizophrenie.

Hier noch einmal die auf X beliebte Visualisierung der Daten von Carsten Hjorthøj von der Universitätsklinik Kopenhagen und Kollegen (2023). Ich habe mir erlaubt, die Abbildung diesmal durch das Brokkoli-Meme der früheren Drogenbeauftragten Daniela Ludwig (CSU) zu ergänzen. CUD = Cannabis Use Disorder.

Demnach geht es um gerade einmal 6.000 Personen unter 7 Millionen. Im Vergleich dazu hätten – bei einer angenommenen Häufigkeit von 1,5 Prozent – rund 104.000 Menschen sowieso die Diagnose Schizophrenie. Wenn von denen nur jeder 20. häufig Cannabisprodukte konsumieren würde, käme man auch auf 6.000 mit beiden Diagnosen.

Nach wie vor streiten sich Wissenschaftler darüber, in welche Richtung der Kausalitätspfeil zeigt. Alternativ könnte beides durch einen dritten, beispielsweise genetischen Faktor hervorgerufen werden. (Nebenbei: Bevor wieder jemand ruft, es gäbe gar keine 7 Millionen Dän*innen, noch eine Erinnerung daran, dass diese Daten über 50 Jahre erhoben wurden.)

Gegenwind

Diese Faktenlage wirft die Frage auf, warum sich bestimmte politische Kräfte mit solcher Vehemenz gegen die Teillegalisierung von Cannabis stemmen. Korrekterweise sollte man von einer Korrektur des Verbots sprechen. Den wohl seit Jahrtausenden kultivierten Hanf könnte man sich nämlich ebenso als Arznei- und Genussmittel vorstellen. Wie auch bei anderen Substanzen macht die Dosis das Gift; und wie bei anderen psychoaktiven Mitteln sollte man im Rausch nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen.

Historisch ist gut belegt, dass schon bei der zweiten Opiumkonferenz 1925 in Genf das Cannabisverbot mit unwahren Dramatisierungen begründet wurde. Diese Propaganda setzten die USA im Landesinneren fort. Schließlich prägte sie auch die Verbotspolitik über völkerrechtliche Verträge der Vereinten Nationen, die uns bis heute binden – und die jetzt ausgerechnet von einigen US-Bundesstaaten gebrochen werden.

Es ist dann auch auffällig, dass ein CDU-Vertreter in der Bundestagsdebatte insinuierte, alle Wissenschaftler seien sich über die Gefährlichkeit von Cannabis einig. Diesen Eindruck kann man wirklich nur dann bekommen, wenn man in die für die inhaltliche Arbeit so wichtigen Bundestagsausschüsse nur solche Expert*innen einlädt, die die eigenen Vorurteile bestätigen.

Machtpolitik: Streit der Ministerien

Nicht nur Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach konnte diesen konservativen Standpunkt widerlegen, sondern auch die drogenpolitische Sprecherin der Grünen, Kirsten Kappert-Gonther. Sie ist selbst Psychiaterin, stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestags und zitierte in der Debatte am 23. Februar den – auch von mir unterzeichneten – offenen Brief von Fachleuten zur Stützung des Cannabisgesetzes. (Inzwischen gibt es einen Folgebrief an den Bundesrat zur Beibehaltung des 1. Aprils 2024 für das Gesetz.)

Wenn es in dieser Diskussion und dem Streit um Drogenpolitik nicht um Fakten geht, worum geht es dann? Es ist auffällig, dass insbesondere Innenpolitiker*innen mit großer Kraft gegen das Cannabisgesetz kämpfen. Wenn es wirklich in erster Linie um die Gesundheit ginge, fiele das in ein anderes Ressort. Vielleicht ist die Antwort so simpel: Je mehr Verbote es gibt, desto mehr Macht haben die Innen- und Justizministerien mit ihren Polizeien und Staatsanwaltschaften.

Und auch für die Ärzteschaft, die sich mehrfach mit wissenschaftlichem Unsinn gegen die Entkriminalisierung stellte, gilt: Je mehr Substanzen sich die Bürger*innen zur Behandlung ihrer psychischen wie körperlichen Beschwerden selbst besorgen können, desto weniger “Kundschaft” wird ihre Praxen füllen. Trotzdem ist und bleibt natürlich die Suchtmedizin eine wichtige Hilfe für problematischen Substanzkonsum. Erst vor Kurzem machte ich mich im Deutschen Ärzteblatt für eine beratende Rolle von Ärzt*innen auch beim nicht-medizinischen Gebrauch psychoaktiver Mittel stark.

Im nächsten und letzten Teil der Artikelserie resümieren wir noch einmal, zu welchen absurden Folgen die Verbotspolitik führt, und wie eine bessere Alternative aussähe.

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20 Kommentare

  1. Das mit der Abwasseruntersuchung gibt es ja auch bei anderen Substanzen.
    Stellt euch mal vor, die Cannabiskonsumenten würden jetzt anfangen nicht mehr aufs Klo zu gehen, weil sie Angst hätten ein steigender Trend im Abwasser würde dazu führen, dass ihnen das von der CDU dann unter die Nase gerieben würde. Wäre ich Markus Söder würde ich jetzt sagen ”Ich lasse mir doch nicht den Klogang von denen verbieten!”.

    Karl Lauterbach hat einfach neben seiner Schokoladenabhängigkeitserkrankung starke Kommunikationsprobleme. Mal abgesehen davon das sein Cannabisgesetzt wirkt als wäre es von einer defekten Chatbot-KI geschrieben….

    Lauterbach argumentierte mehrfach das die momentane Drogenpolitk dazu führen würde, dass der Cannabiskonsum zunehmen würde.

    Damit suggeriert er, ohne es zu benennen, dass seine neue Drogenpolitik diesen Trend umkehren könnte und gibt der CDU damit eine Steilvorlage.

    In Ländern in denen legalisiert wurde bleibt der Trend oft genau so wie er vor der Legalisierung war. Nahm er vor der Legalisierung zu, tat er es auch danach. Nahm er vor der Legalisierung ab, stieg er ein klein wenig und viel dann wieder ab. Es gibt Ausnahmen. Ich vergleiche aber am liebsten mit Kanada, da die meiner Meinung nach die beste Legalisierung haben.

    Da der Trend zum Cannabiskonsum in Deutschland momentan zunimmt, wird er das sicherlich auch nach der Legalisierung. Die CDU/CSU macht da dann ein Problem draus und nutzt es für ihre populistische Angstmache. Das war einfach dumm von Lauterbach.

    Der CDU/CSU geht es um Abschiebungen. Geduldete Migranten die im Zusammenhang mit Cannabis verurteilt werden können leichter abgeschoben werden.

    Der CDU/CSU geht es um ökonomische Lenkeffekte. Die Alkoholnachfrage sinkt nach einer Cannabislegalisierung. Alkohol spielt auch im Wahlkampf eine große Rolle. Markus Söder nutzt den Alkohol um bayerische Tradition, Freiheit und Bürgernähe zu symbolisieren. Der bekommt für seine Alkoholwerbung nicht mal Geld von der Alkohollobby, der macht das nur aus Populistmus.

    Das Gesetzt wurde so durch den Einfluss der CDU/CSU verkrüppelt (im Vergleich zu dem was im Koalitionsvertrag stand) das es evtl. zu einem Backlash führt und einer politischen Rückabwicklung.

    Das glauben zwar viele nicht, weil es in den USA auch keinen mehr interessiert das Cannabis legalisiert wurde aber in Deutschland könnte das durchaus passieren. Vorallem wegen der illegalen Migration. Die Polizei verliert ein großes Stück Flexibilität wenn Cannabis legal wäre. Der Cannabisgeruch alleine reicht schon aus das du all deine Persönlichkeitsrechte verliest (inkl der Schutz deiner Wohnung, weil ”Gefahr im Verzug”).

    Im Darknet gibts Privatrezepte für Cannabis, die billiger sind als die Echten vom Arzt. Das kannst du in der Online-Apo einlösen und die liefern dir das sogar nach hause. Du hast dann medizinische Qualität. Die Politik weiß garnicht was abgeht bezüglich der kriminellen Vertriebsstrukturen.

    Da medizinisches Cannabis nicht aus dem Verkehr gezogen werden kann (z.B durch Grenzkontrollen), weil es registrierte Ware ist haben die kriminellen Superbrains mal wieder mal das Katz und Mausspiel gewonnen bevor es überhaupt angefangen hat.

    Die CDU/CSU will eine Minderheitsregierung mit einer starken AFD, weil die AFD den CDU/CSU Anträgen viel öffters zustimmen als die Gründen oder die SPD das machen. Genau das werden wir schon bald im Osten Deutschland sehen können. Die nächste Bundestagswahl ist super wichtig für alle. Das wird ein übler Wahlkampf bei dem auch gesellschaftliche Gruppen gegeneinander aufgestachelt werden ähnlich wie in den USA.

    Bei der Abstimmung bezüglich des Cannabisgesetztes hat ein AFD-Mitglied mit JA gestimmt. Warscheinlich als Alibi und um die CDU bloszustellen. Die CDU hat geschlossen dagegen gestimmt und sich damit als undemokratische Partei geoutet wo die Parteiführung eine Order gibt und der Rest der Partei Folge zu leisten hat. Das lässt schon tief blicken finde ich. Auch die namentliche Abstimmung die von der CDU gefordert wurde zeugt davon wie Stigmatisierung und Angstmache sogar gegen die eigenen Mitglieder angewandt wird. Wie in China oder Russland. Echt heftig. Wer mit JA gestimmt hätte, wäre praktisch am Pranger gelandet.

    Die Lage ist echt beschissen. Cannabis wird legal aber auf eine art und weise bei der es die Leute nicht genießen können. Ein vergifteter Sieg.

    Wer nur sein Cannabis legal konsumieren wollte findet es natürlich besser als nichts aber als jemand der sich in die Debatte einfindet, weil er etwas gegen den Cashflow in die kriminelle Strukturen unternehmen will, ist dieses Gesetzt wirklich mehr als halbherzig.

  2. Kleiner Nachtrag.
    Die CDU sagt, sie würde nicht mit der AFD kooperieren.

    Wenn die AFD einen Vorschlag bringt, stimmen sie diesen nicht zu.
    Dann wird die CDU genau den Selben Vorschlag bringen und wenn die AFD diesem dann zustimmt, dann ist das ok für die CDU. Ne ganz billige Nummer.

    So nun der zweite Trick.
    Der gute alte Mark Benecke hat vor kurzen bei seinem neusten ”Time is up” Vortrag bemängelt das alle Maßnahmen die auf nationaler Ebene gegen Pestizide beschlossen wurden über das Europaparlament still und klanglos rückabgewickelt wurde.

    Und da hat die CDU/CSU wirklich enorm Aufgerüstet. Kurz bevor Daniela Ludwig gegangen ist hat sie höchst persönlich nochmal einen richtig dicken Anti-Drogen-Bekämpfungspackt geschlossen. Die wissen genau was sie machen. Bestsellerautoren, langjährige Drogenexperten e.t.c haben bis heute nicht wirklich realisiert wie krass wichtig das Thema Drogenpolitik für die CDU/CSU Politik wirklich ist. Die sind schlimmer als die Drogenmafia.

    https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/EN/2020/12/european-drug-policy-en.html

  3. @Beggo: Danke. Ich publiziere ja auch in populärwissenschaftlichen Medien und schicke hin und wieder Vorschläge herum. Redaktionen, denen das nicht gefällt, finden das meist “zu kompliziert für ihre Leser”. Das ist deren redaktionelle Freiheit. 🤷🏻‍♂️

    Mein Eindruck beim Themenkomplex “Drogenpolitik” ist aber schon, dass hier eine starke ideologische Komponente bzw. Vorurteile mitschwingen.

  4. Kleine Anekdote:

    Momentan habe ich Kontakt zu meinem Hausarzt, der Abi-Kollege ist, da ich leicht erhöhte Leberwerte habe. Es wird Alkohol sein, den ich seit einem halben Jahr mehr konsumiere.
    Ich erwähnte, ich könne ja jetzt auf Cannabis umsteigen. Aber mein letzte Versuch vor 24 Jahren schlug fehl damit, weil ich keine Wirkung spürte. Sei dem hätte ich nicht mehr konsumiert.
    Er meinte, dass stimmt nicht, ich hätte vor zwei Jahren konsumiert. Ich sagte, dass stimmt nicht. Er: doch, bei der letzten Abifeier mit ihm. Dann dämmerte es mir. Mitgebracht hatte den joint ebenfalls ein Abikollege. Ebenfalls Arzt.
    Beste Gesellschaft…hahaha…

  5. @Alex: gefälschte Rezepte

    Ich bin kein Rechtsanwalt, doch gefälschte Rezepte zu verwenden ist wohl mindestens schon einmal Urkundenfälschung oder Ähnliches. Und dann tut man das, um an nach BtMG verbotene Substanzen zu kommen? Die Strafe dürfte empfindlich sein. Ich könnte mir vorstellen, dass die Polizei da gleich zur Beweissicherung (eben gefälschte Rezepte und/oder Drogen) eine Hausdurchsuchung vornimmt.

    Der Online-Apotheke fällt das vielleicht erst einmal nicht auf; vielleicht nehmen sie es auch nicht zu genau, denn sie verdienen ja daran. Aber gerade bei BtM-Rezepten gibt es stärkere Kontrollen. Und das lässt man sich ins Haus schicken? Die Adresse ist also registriert.

    Will heißen: Geht vielleicht eine Zeit lang gut, vielleicht sogar immer – doch wenn eine Stichprobe gemacht wird oder die Mengen irgendwann auffallen, kann es schnell ganz anders aussehen!

    Nein, nein – sehr schlau scheint mir das nicht.

    P.S. Ich kannte in meinen Teenagerjahren jemanden, der, als es noch keine Flatrates fürs Internet gab, wie viele andere auch “Fake-Accounts” verwendete, um sich ins Internet einzuwählen. Das ging eigentlich viel zu einfach. Erst Jahre später bekam er Post von der Polizei: Eine der Firmen war über eine Strafanzeige an seine Adresse gekommen und wollte jetzt nicht nur, dass er die Online-Minuten bezahle, sondern auch eine Vertragsstrafe. Die Beratung beim Anwalt war hilfreich. Die Minuten musste er dann bezahlen (meiner Erinnerung nach ein vierstelliger DM-Betrag), die “Strafe” nicht. Brief an die Staatsanwaltschaft mit allen Informationen und einer Entschuldigung. Verfahren wurde eingestellt, weil der Schaden wiedergutgemacht wurde. Ging also glimpflich aus. Ein paar andere Bekannte hatten weniger Glück: Sie hatten es wilder getrieben und immer weiter gemacht. Da war also nicht nur der Schaden viel höher (fünfstelliger Betrag?), sondern bei einem kam sogar die Polizei vorbei und hat die Computer beschlagnahmt. Das war für ihn besonders problematisch, weil er als Systemadministrator arbeitete. Was will ich hiermit sagen? Nicht nur Papier, sondern auch Daten sind geduldig. Selbst wenn etwas ein paar Monate oder gar Jahre gut geht, kann man später immer noch ertappt werden. Und da gibt’s über die Beweislage nichts mehr zu streiten.

  6. @Mussi: Leberwerte

    Gute Besserung! Um was für Mengen geht es denn da, so interessehalber?

    Und was, denken Sie, ist der Grund für den Konsum? Inwiefern würde das auch mit Cannabis funktionieren?

  7. @ Schleim
    Es passt zur Studienlage und Ihren Faziten.
    Ich habe eine Lebensentscheidung zu treffen. Welche, spielt hier explizit keine Rolle, aber es ist schon eben auch Leid.
    Es ist eine Entscheidung zwischen ja und nein. Abwägen von Argumenten, Entscheidung nicht von Unsicherheit, sondern extremer Ungewissheit. Es ist eine existenzielle Entscheidungsfindung.
    Ich habe für mich entdeckt, dass die totale Beeinflussung des Bewusstsein mich ähnlich wie Meditation, an mein Inneres bringt. Das bewusste Abwägen fällt weg und irgendwann dringt dann ein Kern meines Wesen hervor, etwas kristallisiert sich und dann kommt der Punkt, der Impuls, an dem ich dann nicht nur eine Entscheidung habe, sondern treffe. Die gilt.
    Die Menge hängt vom Stress ab. Es geht nie gegen Koma, sondern immer so, dass erkennen noch möglich ist. Das ist ein Prozess und eine Phase. Konkret: zum Schluss waren es 0,7 a 37% .
    Gerade lege ich eine Fastenphase ein, weil die Entscheidung gefallen ist, ich gute Unterstützung habe und ich für mich das sortieren kann. Also die ‘Notwendigkeit’ an Grenzen zu gehen, nicht mehr da ist.
    Das ist hier exklusiv für Sie!

  8. @ Schleim – Ergänzung

    Ich habe die Gunst, mich zur Zeit für solche Situationen ‘gehen zu lassen’. Das trifft es wohl begrifflich besser.
    Aber es ist immer mit ‘Phase’ verbunden.
    Es gibt ein Ende, ohne zu sagen, dass es nicht mal wieder eine Phase gibt.
    Dazwischen können, wie angedeutet, Jahre liegen.

  9. Mussi: Dann gute Besserung und viel Weisheit für Ihre Entscheidung(en).

    Wenn ich die Menge richtig verstanden habe, sind das rund 210g Alkohol am Tag. Das ist in etwa das Zehnfache der empfohlen täglichen Höchstdosis (für Männer). Gut, dass Sie das jetzt anpacken!

  10. @ Schleim

    Man hört es nicht gerne, aber im ‘Suff’ dringen nicht nur die negativen Dinge zu Tage. Um es mal ganz platt zum Drogenkonsum zu sagen. Häufiger ist das Gegenteil der Fall.
    Stichwort ungehemmte Bedürfnisse.
    Nicht jeder ist dann gegen Sucht gefeilt.

  11. Mussi,

    ich schätze deine Beiträge, auch wenn du mich manchmal genervt hast, so hast du bei mir insgesamt einen coolen Eindruck in unseren Diskussionen auf Schleims Blog hinterlassen. Ich trinke auch manchmal gerne etwas, aber übertreibe es nicht dauerhaft. Aber wem sag ich das, du bist wahrscheinlich doppelt so alt wie ich.

    Sorry für Offtopic Stephan, aber bleib am Ball Mussi (nicht am Stoff…)

  12. Sind die Zustände in Rotterdam nicht v.a. Folgen der langen neoliberalen Sparpolitik und der ideologischen Staatsferne der entsprechenden Kräfte? Irgendwie überzeugen mich Argumente nicht wie man sie immer wieder mal hört, man könne einen solchen Hafen nicht kontrollieren, das scheint mir doch eher eine Frage des politischen Willens zu sein.
    Verbrechen kann man natürlich aufheben durch Legalisierung aber da werden Gegner wohl einwenden daß man das dann auch mit Körperverletzung machen könne.
    Es kommt auf die Verhältnismäßigkeit an, bei harten Drogen bin ich skeptisch mit Legalisierungen.
    Afghanistan soll geschätzt eine Million Heroinabhängige haben, und man schaue sich den Zustand des Landes an (der natürlich nicht nur auf Drogen zurückgeht, und es gibt auch hier ein Henne-Ei-Problem).
    Und es mag ein Klischee sein, aber alleine der Preis sorgt für einen Kokain-Schwerpunkt weiter oben.
    Auch hier muß man vorsichtig sein mit alleinigen Ursachen, aber daß Kokain jetzt irgendwie beiträgt zu einem klaren Kopf bei Entscheidungsträgern, kann jetzt nicht wirklich behauptet werden.

  13. Normalerweise ist es so: Wenn sich Verbote auf etwas beziehen, das der Mehrheit Spaß macht, halten sie nicht lange – Beispiel Prohibition. Wenn sich Verbote auf etwas beziehen, das nur einer Minderheit Spaß macht, wird ein aufgehobenes Verbot schnell wieder eingeführt – Beispiel Prostitution. So hoch Drogenkonsum auch sein mag, die Mehrheit bleibt bei Alkohol, Hass und Ego. Wenn wir also nicht ganz schnell alle anfangen zu kiffen, ist die Sache nach der nächsten Wahl schnell wieder erledigt. Warum? Weil Ego auch Junkies schafft, und wer keine Macht hat, Dinge ohne Grund zu verbieten, ist auf Entzug.

    Was antwortet der nächste Redner in der Bundestagsdebatte auf das erwähnte CDU-Insinuieren? „Herr Soundso, Sie lügen. Mann kann ja Grauzonen übertreiben, aber das waren alternative Fakten auf Trump-Niveau. Ich schaue in Ihr Gesicht, und bin überglücklich darüber: Keine Reue, kein Schuldbewusstsein, keine Einsicht – nur verletzte Eitelkeit. Ich bin überglücklich, denn alle Menschen vor den Bildschirmen sehen es auch. Vielen Dank für die Wahlkampfhilfe“.

    Wenn das so einfach wäre. Ich habe das Gefühl, wir halten zwar unsere Korruption für so selbstverständlich, dass wir sie gar nicht bemerken und pochen auf unser Recht darauf, aber im Innern begreifen wir, was wir sind, und die Natur startet ein Selbstmordprogramm – wir verfallen in Apathie und lassen alles mit uns geschehen. Wenn ein Tier den Tod nahen spürt, zieht es sich oft zurück und wartet ruhig, und eine ähnliche innere Kündigung sehen wir überall um uns herum. Und auf dem Sterbebett mit Gesundheit zu argumentieren macht herzlich wenig Sinn. Ganz besonders, wenn man die Krankheit ist, oder zumindest das prominenteste Symptom.

    Wenn die ganze Politik und die ganze Wirtschaft und das ganze Volk handeln und argumentieren wie Crackhuren und Heroin-Stricher hinterm Hauptbahnhof, die aus Verzweiflung immer widerlichere Dinge mit immer widerlicheren Freiern tun, wirkt Cannabis fast wie Methadon.

  14. @DH: Soziale Probleme

    Rotterdam ist ein sozialer Brennpunkt. Das sieht man schnell, wenn man dort mit der Tram fährt. Das macht einerseits Menschen anfällig für kriminelle Machenschaften, ja; andererseits erzeugt es ein bestimmtes Wahlverhalten: So ist Geert Wilders’ PVV hier besonders stark.

    Realistische Zahlen zum Heroin in Afghanistan dürften schwer zu kriegen sein. Während der Besetzung wurde es wohl toleriert, damit die “Warlords” an Devisen kommen. Das letzte, was ich hörte, war, dass die Taliban nun das harte Drogenverbot aus der Sharia wieder durchsetzen. Allgemein gilt: Das höchste Abhängigkeitsrisiko haben Menschen mit traumatischen Erfahrungen bzw. psychosozialen Problemen.

    Traditionell kam “unser” Opium übrigens v.a. aus der Türkei. Interessanterweise wurden die dortigen Opiumbauern eher nicht abhängig, sondern machten sie sich über die süchtigen Christen lustig (mal anekdotisch gesprochen).

  15. @Paul S: Na ja, diese Bundestagsdebatten wirken auf mich mitunter schon wie Inszenierungen, wenn man weiß, dass die Entscheidungen in den Parteizentralen getroffen und Ausschüssen vorbereitet werden – und man in die Ausschüsse, wie im Text beschrieben, nur die Expert*innen lädt, die den gewünschten Standpunkt vertreten.

    Kennt jemand ein Beispiel dafür, dass die Argumente aus der Bundestagsdebatte ein Gesetz wirklich veränderten?

    P.S. “Crackhuren und Heroin-Stricher” – das ist nicht das Vokabular, das ich mir für MENSCHEN-BILDER wünsche; vergessen Sie nicht, dass diese Menschen nicht so geboren wurden, sondern vor allem in schwierige Umstände hineinwuchsen.

  16. @Stephan Schleim
    “anfällig für kriminelle Machenschaften, ja; andererseits erzeugt es ein bestimmtes Wahlverhalten: So ist Geert Wilders’ PVV hier besonders stark.”
    Gabs sowas nicht schonmal? Meine mich erinnern zu können daß Wilders in die seinerzeitige Rechtsregierung gewählt wurde um stärker gegen marokkanische Jugendbanden vorzugehen, wofür ca.3000 Polizisten eingestellt werden sollten (zusätzlich).
    “das harte Drogenverbot aus der Sharia wieder durchsetzen.”
    Vermutlich mit wenig Erfolg, wie immer bei reiner Repression bei dem Thema.
    “Allgemein gilt: Das höchste Abhängigkeitsrisiko haben Menschen mit traumatischen Erfahrungen bzw. psychosozialen Problemen.”
    Das ist so und kann gar nicht oft genug betont werden.
    “lustig machen”
    Ob die nicht selber was konsumieren? Erinnert mich ein wenig an akoholische Intensivkonsumenten (die nicht süchtig sein müssen), die gerne auf Kiffer zeigen, nach dem Motto “Haltet den Dieb”.

  17. @ Philipp

    Neben den physikalisch-biologischen Grundlagen mit denen Sie sich beschäftigen: haben Sie sich mal mit Ambivalenz beschäftigt?
    Ich halte Ambivalenz biopsychsozial für den Kern zwischen Physik und Philosophie der Komplementarität.

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