Braucht die Menschheit Religion zum Überleben? Die Anthropodizee-Frage in der Evolution von Religion

Pflanzen und Tiere vermehren sich durch den Vollzug ihrer genetisch veranlagten Verhaltensmuster. Doch als unsere Vorfahren immer größere Kapazitäten der Vorausplanung evolvierten, wurde auch die Frage nach (weiteren) Kindern zu einer Frage der Abwägung. Es kam zur sog. Anthropodizee-Frage – der Frage, ob das kostspielige Gebären und Erhalten weiteren, bewussten Lebens überhaupt wünschenswert sei.

Und logisch ist m.E. Antinatalisten wie Théophile de Giraud Recht zu geben: Wenn es keine Gottheit und keinen ewigen Sinn gibt, wenn alles Leben und Sterben nur im zeitlichen Rahmen stattfindet, dann gibt es keine absoluten Begründungen mehr für das Hervorbringen weiteren, bewussten Lebens. Denn jedes Kind wird leiden, Leid verursachen und schließlich sterben, wie schließlich auch der Planet und das gesamte Universum. Dies gilt sogar besonders bei “Überbevölkerung”, durch die Menschen ihre pflanzliche und tierische Umwelt beeinträchtigen oder gar zerstören. In dieser Perspektive wäre es sogar “egoistisch”, wenn sich Eltern für ihre emotionalen Bedürfnisse für (weitere) Kinder entscheiden oder wenn Gemeinschaften und Staaten Elternschaft etwa durch wirtschaftliche oder institutionelle Förderung unterstützen: Sie brächten nur weiteres Leid hervor, das keinem höheren Sinn diente.

Religiöse Traditionen bekunden dagegen, dass es eine überzeitliche, transzendente Realität mit höheren Wesen und höherem Sinn gebe. Empirisch-wissenschaftlich ist dies nicht beweisbar, doch erfüllt es eine auch evolutionäre und demografische Funktion: Nun kann das Hervorbringen und Erhalten von Kindern “ein Segen” sein, jedes Leben mindestens eine Chance auf dem universalen Pilgerweg zum höchsten, jenseitigen Sinn.

Und tatsächlich: Rein empirisch gesehen kennen wir zahlreiche, über Generationen hinweg kinderreiche Religionsgemeinschaften, aber bislang keine einzige, nichtreligiöse Population, deren Geburtenrate nicht unter 2,1 Geburten pro Frau fallen und die also nicht demografisch “verebben” würde.

Credit: Grafik: Blume, M. (2014) “Religion und Demografie. Warum es ohne Glauben an Kindern mangelt.” sciebooks

Mit einem Leitartikel im Forum Theologie & Naturwissenschaft durfte ich die Anthropodizee-Frage in einen interdisziplinären Kontext stellen und hoffe auf eine gute Diskussion.

Teaser des Anthropodizee-Leitartikels im Forum Theologie & Naturwissenschaft. Screenshot: Michael Blume

Im Rahmen einer Radiosendung bei SWR2 Wissen Aula konnte ich unter dem Titel “Darwin trifft Gott” zudem unseren Wissensstand zur Evolution von Religiosität und Religionen schildern, die verschiedenen “Wellen” des Atheismus, die Bedeutung von Religionsfreiheit und, ja, auch die Anthropodizee thematisieren.

Die Radiosendung SWR2 Wissen Aula ist auch in verschiedenen Streamingdiensten wie Deezer abrufbar. Screenshot vom Smartphone: Michael Blume

Und für die, die es lieber optisch mögen, verlinke ich hier noch einmal den Evolution-Religion-Auszug aus der Sendung “Quarks & Co” mit Ranga Yogeshwar von 2014.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

131 Kommentare

  1. Meine These ist es ja dass die Menschheit mit “Fortschritt” nicht mehr so lange überleben wird wie ohne.
    Was nicht primär an den Folgen von “Religion” liegt.
    Ok, man könnte natürlich dem Christentum den Vorwurf machen die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften in ihrem Bereich geduldet zu haben…

    PS der “Materialismus” ist inzwischen eher out (Quantenphysik etc).
    Hat aber noch nicht jeder gemerkt.

    • @rap

      Nun erklären Sie physikalische Erkenntnisse zur Funktionsweise von Materie einerseits für “out”, nutzen aber dafür andererseits ein modernes, digitales Medium – das Internet -, das doch gerade auf Erkenntnissen der Physik aufbaut.

      Wollen Sie uns diesen Widerspruch ggf. etwas erläutern? Bin ehrlich an Ihren Gedanken dazu interessiert!

    • Mit dieser Rückmeldung von Ihnen hatte ich gerechnet, @Mein Freund. Auch Ihre Abneigung gegen “Buchreligionen” wie Judentum, Christentum und Islam haben Sie ja bereits verschiedentlich kundgetan.

      Darf ich aber zu einem Aspekt nachfragen? Gerade auch wenn Sie die “Buchreligionen” nicht mögen bzw. für unnötig halten – wie erklären Sie sich dann deren Erfolg? Immerhin sind sie erst wenige Jahrtausende alt und umspannen heute bereits den gesamten Globus. Spricht das nicht mindestens für ein gewisses Potential?

  2. ich habe nur den “Materialismus” für out erklärt, nicht die Physik an sich.

    Gibt ja inzwischen (schon die NaSozis kannten viel mehr Physik als heute zumindest der “Westen”) deutlich mehr was man kennen könnte.
    Die vereinheitlichte Feldtheorie (hat Maxwell damals gefunden, war ihm aber nicht wirklich klar) hat Platz für “alle Phänomene des menschlichen Universums”.
    Nur JHWH (und vermutlich sein Geist) steht (stehen, Gott sei Dank ) noch darüber.

  3. hm, ich poste hier mal die Theorie dass Länder die einen zB “Sonntag” (also einen gemeinsamen freien Tag in der Woche, zwecks Ausruhen und der Verbesserung der sozialen Beziehungen) besser dran sind als ohne.
    Der Sonntag etc (die grundlegende 7-Tageswoche ist natürlich astronomisch-natürlich bedingt) ist ein biblisches Alleinstellungmerkmal!

  4. Geburten bringen ja nicht nur Leid hervor. Höherer Sinn kann auch nicht-göttlich sein (höher als was eigentlich?). Ihre Aussage “Sie brächten nur weiteres Leid hervor, das keinem höheren Sinn diente” ist denke ich eher Quatsch. Die meisten Menschen in der Menschheitsgeschichte würden uns (zumindest die reichere Hälfte der Weltbevölkerung) wahrscheinlich auslachen für diese Aussage in Anbetracht der Tatsache, dass es uns größtenteils unglaublich gut geht.

    Ich verstehe auch nicht, wie man rein logisch der Meinung Théophile de Girauds Recht geben könnte. Logik befasst sich mit dem korrekten Schlussfolgern. Schlussfolgern kann man aber nur aus verschiedenen Axiomen/Annahmen. Ohne Axiome/Annahmen bringt einen die Logik nirgendwo hin. Um logisch der Meinung Théophile de Girauds Recht geben zu können, müsste man also seine Annahmen kennen. Wenn das, was danach in dem Absatz steht, seine Annahmen sein sollen, dann ist das ziemlich schwach. Die Annahmen lassen sich nämlich recht einfach angreifen. Ohnehin sind die Annahmen so komplex formuliert, dass sie überhaupt nicht haltbar sind ohne weitere Begründung. Sie erscheinen fast schon wie willkürliche Behauptungen. Bevor man irgendwas von “logisch” redet, müsste man erstmal die Annahmen näher untersuchen.

    Die Aussage “Rein empirisch gesehen kennen wir zahlreiche, über Generationen hinweg kinderreiche Religionsgemeinschaften, aber bislang keine einzige, nichtreligiöse Population, deren Geburtenrate nicht unter 2,1 Geburten pro Frau fallen und die also nicht demografisch “verebben” würde” ist in Anbetracht des winzigen Zeitraums, in dem säkulare Gesellschaften bisher auftreten, fast schon uninteressant, weil man fast nichts daraus schlussfolgern kann, insbesondere weil die Säkularisierung nur sehr schwer getrennt von anderen Entwicklungen in diesen Gesellschaften betrachtet werden kann. Bisschen Korrelationen sieht man vielleicht, Kausalitäten und voraussichtliche Langzeitentwicklungen (was eigentlich interessant ist) bleiben weitestgehend unbekannt. Man kann die gemessenen Korrelationen natürlich als Anlass nutzen, da mal genauer nachzuforschen. Einen gewissen Nutzen hat das ganze also schon.

    • @slash

      Es ist natürlich ein bisschen schwer zu argumentieren, wenn Sie die Texte nicht einmal gelesen oder gehört haben…

      Die atheistische und logisch antinatalistische Position besagt, dass alle Konstruktionen von Sinn eben nur Täuschungen sind, da es keinen absoluten Sinn gäbe und irgendwann alles ende. Sie leugnen nicht, dass Leben auch schön sein kann – doch selbst dann sei es mit Leid verbunden und ende schließlich unabweisbar mit dem Sterben.

      Bitte beachten Sie, dass das nicht meine Meinung ist, ich diese nur wiedergebe und auch verlinke. 🙂

      Dass es nach Ihrer Auffassung erst seit Kurzem „Säkularisierung“ gebe, ist erst einmal doppelt widersinnig: 1. Kennen wir atheistische Bewegungen bereits seit Jahrtausenden in der griechischen und indischen Antike. 2. Belegt ja gerade die globale Verbreitung von Religion(en) ihren evolutionären und demografischen Erfolg.

      Dass es nicht leicht ist, verstehe ich – finde es aber sehr gut, dass Sie mit dem Thema ringen und mindestens einige Argumente auch wahrnehmen! 👍📚

  5. Nach der Bibel (das, zumindest objektiv/faktisch gesehen, mit Abstand am meisten verkaufte und übersetzte etc Buch der Welt) gibt es 2 primäre Quellen über Gott: die Bibel (imho evangelischer Kanon ohne das Buch Esther, Kurzform) und die Schöpfung (Römerbrief 1,20).
    Wenn man beides zusammennimmt kann man den Anfang fast aller “Dinge” rekonstruieren.

    Ganz im Anfang schuf JHWH (sein Geist, die wichtigste Person im 5. Bund, Beginn Pfingsten, war zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon existent, in der Bibel gibt es übrigens keine “Trinität”) die Naturgesetze. Heißt auch potentiell die wahnsinnigen Eigenschaften des zentralen Stoffs der Biosphäre, dem Wasser (mehr als 50 physikalische Anomalien, dazu noch alles aus Pollacks “Wasser: viel mehr als H2O”, und noch weit darüber hinaus!!).
    Dann war “im Anfang das Wort” (Johannes 1,1, kommt zeitlich gesehen noch vor dem “Anfang” in 1. Mose 1,1).
    Das “Wort” ist Jesus, der Prototyp des vollkommenen, also auch vollkommen guten/lebensfördernden, Menschen, erstmal “nur” als Bewußtsein, aber mit der ganzen Macht JHWH´s ausgestattet.
    “Dinge” entstehen wenn man skalare longitudinale Machtworte (Tesla: EM-Schallwellen, Schallwellen sind Longitudinalwellen) in das virtuelle Quantenchaos hineinspricht.
    Die im Skalarwort enthaltene Information strukturiert das virtuelle Quantenchaos, die darin enthaltenen Energie hebt es in die Realität (geht inzwischen auch technisch, leider 🙁 , moderne Magie etc, oder schlimmer).

    Dann erschafft Jesus (hat Gründe warum in 1. Mose 1 nicht “HERR”, also JHWH steht, Kurzfom) zuerst die “Himmel” (müßten außer dem uns mehr oder weniger… bekannten materiellen Universum noch 3 weitere sein, “Himmel” als Wohn- und primärer Wirkungsort der Geistwesen, Totenreich/Hades/Scheol, und der “feurige Pfuhl”, siehe auch schon Jesaja 66,24) und die Erde.

    Warum die Erschaffung per “Wort” 😉 des Lebens samt seiner Grundlagen, Beginn mit dem ersten Schöpfungstag (imho Schöpfungsbericht Nr. 2), damit beginnt dass Licht erschaffen wird das auf eine dunkle Wasseroberfläche scheint kann man auch in Pollack´s Buch nachlesen.
    🙂

  6. Ok, hab nun mal angefangen den Artikel zu lesen 😉

    Falls Religion und Verstand inkompatibel sein sollte ist das zumindest unbiblisch.
    Siehe beispielhaft Jesaja 44,18.

  7. Der Antwort Button funktioniert bei mir leider nicht, deshalb als neuer Post:

    Die “Anthropodizee-Frage” wie Sie sie in dem verlinkten Leitartikel stellen, ist aus meiner Sicht eine äußerst schlechte Frage:

    “Warum soll Leben weitergegeben werden, wenn doch jedes Leben ohnehin nur leidet und letztlich sinnfrei wieder stirbt?”

    Eine gute Frage zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sich Leute, die die Frage sehen, nach einer Antwort suchen, z.B. weil sie die Frage interessant finden. Das ist bei der Frage oben aber nicht der Fall, weil in ihr mindestens zwei Annahmen drinstecken, denen ganz viele Menschen schonmal gar nicht zustimmen würden.

    1. Nicht jedes Leben leidet zwingend “nur”
    2. Nicht jedes Leben stirbt zwingend sinnfrei.
    3. Leid als zentrales Kriterium dafür, was wünschenswert ist und was nicht ist ziemlich utilitaristisch gedacht (viele vertreten den Utilitarismus gar nicht)
    4. Praktisch unendlich langes Leben ist wissenschaftlich-technologisch nicht ausgeschlossen (hängt auch davon ab, was man als Leben ansieht).

    Es ist also überhaupt nicht verwunderlich, dass viele keine Antwort auf die Frage finden. Sie suchen schlicht nicht danach, weil sie sich denken “Wasn das fürn Quatsch”.

    Der Begriff “Anthropodizee” ist ja eindeutig angelehnt an “Theodizee”, wo es darum geht, wie (der christliche) Gott gerecht und gut sein kann in Anbetracht des ganzen Leids auf der Welt. Das ist eine gute Frage. Dass der christliche Gott gerecht und gut ist, steht ziemlich oft in der Bibel und ist deshalb recht unstrittig. Dass es viel Leid gibt, ist auch offensichtlich und deshalb unstrittig. Man kann also direkt anfangen, nach einer Antwort zu suchen und muss sich nicht mit so kontroversen Annahmen in der Frage rumschlagen.

    • @slash

      Ihr Ringen mit dem Thema geht weiter, ich finde das gut! 🙂

      Aber machen wir das Argument doch einfach empirisch: Wenn Sie die #Anthropodizee-Frage auch nichtreligiös für leicht lösbar halten, dann können Sie uns doch sicher ein bis zwei entsprechend kinderreiche, nichtreligiöse Traditionen benennen? Ich wäre wirklich an nachweisbar funktionierenden, säkularen Antwortversuchen auf diesen Fragenkomplex interessiert! 🤓🤔📚

  8. Ich verstehe ihre Aufforderung nicht. Die Anthropodizee-Frage, wie sie da steht, fragt nach dem “sollen”. Das ist also eine moralische Frage und keine empirische.

    Die Empirie kann natürlich ihren Teil zu der Frage beitragen. Wenn man moralisch zum Ergebnis kommt, dass das Weitergeben von Leben gut ist und empirisch zum Ergebnis, dass nur religiöse Gesellschaften dazu in der Lage sind, dauerhaft Leben weiterzugeben, dann wäre es moralisch, sich dafür einzusetzen, dass eine Gesellschaft religiös ist, vorausgesetzt andere moralische Überlegungen sind nicht wichtiger, stehen aber im Widerspruch mit diesem Versuch (sich für Religiosität einzusetzen).

    In der Wissenschaft ist es ja nun so, dass man nichts beweisen kann. Das Fehlen von nichtreligiösen Gesellschaften mit Geburtenraten > 2.1 ist lediglich ein Indiz dafür, dass man Religion braucht. Ich stimme Ihnen vorerst zu, dass keine Gesellschaft bekannt ist, die nichtreligiös ist und über einen hinreichend langen Zeitraum eine Geburtenrate > 2.1 hatte.

    Jetzt ist natürlich die Frage, was ein hinreichend großer Zeitraum ist, um das ganze vernünftig beurteilen zu können. Ich weiß leider nicht, wie man Geburtenrate in Bevölkerungswachstum umrechnet. Deshalb mal folgende Annahme:

    Die Bevölkerung verringert sich mit jeder Generation um 10%. Bei 80 Mio Deutschen würde es dann 63 Generationen brauchen, bis wir bei 100000 Menschen sind. Bei der Zahl ist man bei weitem noch nicht ausgestorben. 63 Generationen sind bei 30 Jahren pro Generation 1890 Jahre. Das ist eine lange Zeit. Wie lange bestanden die meisten Gesellschaften so in der Vergangenheit? Und wie viel Veränderung durch technischen Fortschritt etc. haben die durchgemacht im Vergleich zu uns heute? Die Antworten sind wahrscheinlich: kurz und wenig. Vergleichbarkeit ist gering.

    Die Datenlage ist aus meiner Sicht einfach viel zu schwach, um irgendwelche zuverlässigen Aussagen zu treffen. Ich kenn nichtmal Berechnungen dazu (meine oben war ja sehr stümperhaft), die aufzeigen würden, was man wissen müsste, um zuverlässige Aussagen treffen zu können. Wenigstens ne kleine untere und obere Abschätzung wäre nice. Aus meiner Sicht ist das ganze also ein großes Stochern im Dunkeln. Ist natürlich immer schwierig sich einzugestehen, dass man praktisch nichts weiß. Fragen, bei denen sich alle über die Annahmen in die Haare kriegen, sind dann natürlich eine noch angenehme Ablenkung.

    • @slash

      In der Erkenntnistheorie spricht man vom Schwarzer-Schwan-Problem: Es ist auch nach dem Beobachten tausender, weißer Schwäne immer möglich zu behaupten, dass es irgendwo doch noch schwarze Schwäne gebe, gegeben habe oder geben werde. Das ist gleichzeitig die Schwäche und Stärke empirischer Forschung im Gegensatz zu geschlossenen Ideologien.

  9. Hallo Herr Blume,

    Ich bin nicht sehr versiert in Fragen nach dem Sinn des Lebens. Aber wenn ich mich nicht irre, gibt es einen für alle Menschen gültigen “Sinn des Lebens” bekanntlich nicht.

    Wenn einer einen solchen hat, ist er individuell und subjektiv. Wer keinen hat, hat eben nur keinen.

    Warum hat das keine Folgen ? Da hat die Natur vorgesorgt – durch den Überlebenstrieb. Dieser ist emotional, d.h. unabhängig von der Ratio. Wenn wir also über den Sinn des Lebens diskutieren, sagen uns unsere Emotionen, wie der Verstand darüber zu denken hat. Deshalb bringt die Diskussion über den Sinn nichts weiter bei uns hervor, als die Entscheidung, eben mit oder ohne Sinn weiterzumachen.

    Rational ist der Frage, nicht beizukommen, oder ? Was nicht heißen soll, daß hier keiner weiterreden soll.

    Grüße Fossilium

    • Kein grundlegender Einspruch meinerseits, @Fossilium: Auch die wenigsten Antinatalisten lehnen das individuelle „Überleben“ ab, vgl. die Haltung zum Suizid beim oben verlinkten Vertreter.

      Nur impliziert natürlich „Überleben“ noch nicht „Reproduktion“, diese Ziele stehen sogar häufig in Spannung zueinander (die Mutter, die ihre Kinder verteidigt; der Mann, der durch hohen Einsatz eine mögliche Sexualpartnerin beeindrucken will usw.). Menschen können 100+ Jahre überleben und dennoch kinderlos bleiben. Hier rege ich an, die Begriffe noch mal analytisch zu schärfen.

  10. ja ganz natürlich benötigt „die Menscheit Glauben“
    anderenfalls wäre Glauben in Anbetracht des gott erbärmlichen Blutvergiessens kaum denkbar

  11. Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch.
    Als Mensch aber anfing auch daraus ein GESCHÄFT zu machen, war alles für’n Arsch, bzw. war alles im GOTTLOSEN / heuchlerischen Kreislauf des geistigen Stillstandes seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (unser erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung MANIFESTIERT.

  12. Wer sich fortpflanzt bestimmt die Zukunft – oder besser gesagt: dessen Nachkommen bestimmen die Zukunft, weil diese Nachkommen dann leben, während es die Nachkommen, der sich nicht fortpflanzenden offenstichlich nicht gibt und sie dementsprechend nichts bestimmen.
    Was heisst nun das für die Zukunft der Menschheit? Es bedeutet, dass die zukünftigen humanen Populationen, weitgehend durch die heute sich fortpflanzenden Individuen bestimmt sein werden.

    Superfertile Gruppen bestimmen die Zukunft der Menschheit
    Noch vor 10 Jahren gingen die UNO-Prognosen von einem baldigen Weltbevölkerungsstopp aus mit nur 8 Milliarden Menschen im Jahr 2050. Doch das unverminderte Bevölkerungswachstum in Afrika hat die demographischen Prognosen der UNO komplett über den Haufen geworfen. Heute geht die UNO von 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050 und 12 Milliarden im Jahr 2100 aus. Im Jahr 2100 werden ein Drittel der Menschheit Afrikaner sein. Es ist realisitisch anzunehmen, dass die Afrikaner irgendwann die Anzahl der Kinder reduzieren werden, denn die meisten afrikanischen Länder entwickeln sich nach westlichem Modell und Dinge wie die Wunschzahl der Kinder wird sich ebenfalls dem westlichen Vorbild annähern. Doch bedeutet das, dass dann das Bevölkerungswachstum zu Ende kommt? Nicht unbedingt. Dann nämlich nicht, wenn es weiterhin superfertile Gruppen gibt. Zu diesen superfertilen Gruppen gehören zum Beispiel die israelischen Haredim, bei denen 7 Kinder normal sind. Im Jahr 2017 waren 12% der israelischen Bevölkerung Haredim, im Jahr 2030 werden es 16% sein und im Jahr 2065 33%. Im Jahr 2200 könnten dann weltweit 500 Millionen Haredim existieren. Auch die Amish gehören zu diesen superfertilen Gruppen und sie könnten bis 2200 die USA bevölkerungsmässig dominieren. Wenn diese religiös motivierten superfertilen Gruppen weiterhin bestehen bleiben, wird es im Jahr 2200 sehr viele Menschen aus diesen religiösen Gruppen geben und kaum noch säkulare.

  13. Wenn Sie logisch den Antinatalisten Recht geben, dann müssten Sie den Einfluss der Religion für tragisch halten. Diese führt ja dazu, dass Menschen geboren werden, obwohl dies schlecht wäre.

    Für Nichtreligiöse gibt es kein prinzipielles Problem der Anthropodizee.

    Wenn nichtreligiöse Menschen, das Fortbestehen der Menschheit für gut erachten, dann haben sie einen Grund Kinder zu bekommen. Dann könnte es höchstens ein Motivationsproblem oder das Kinderbekommen ist weniger wichtig als anderes Werte geben. Das Problem ist aber nicht das prinzipielle Problem der Anthropodizee. Es könnte ein Rationalitätsproblem geben, wenn Nichtreligiöse den Wert von Nachkommen so hoch einschätzen, dass sie welche bekommen sollten. Eine andere Möglichkeit wäre es, dass das Fortbestehen zwar für gut erachtet wird, aber lediglich insgesamt, aber nicht für die jeweiligen Eltern. Dann gäbe es eine “tragedy of the commons”. In diesem Fall könnten Nichreligiöse die Religiösen für wertvoll erachten, da sie die Nützlichen sind, die Kinder bekommen, obwohl dies dem eigenen Wohlergehen abträglich ist. In diesem Fall wären die religiösen die nützlichen Idioten.

    Wenn Nichtreligöse das Fortbestehen der Menschheit nicht für gut, sondern neutral oder schlecht, erachten, dann haben sie keinen Grund für Nachkommen, aber auch keinen Grund Religion für etwas Gutes zu halten, bzw einen (weiteren) Grund Religion deswegen schlecht zu finden, weil sie für Nachwuchs sorgt.

    • @libertador

      Ja, unter der Voraussetzung, dass es keinen höheren Sinn und keine transzendente Realität gäbe, würde ich die Existenz pronataler Religionen tatsächlich „tragisch“ nennen – wenn auch mit der Einschränkung, dass auch dies ja ein Werturteil und also ebenfalls nicht letztgültig sei. Am Ende bliebe ja auch kein Leid, sondern immer nur Nichts.

      Insofern kann ich Ihnen in den Schlussfolgerungen weitgehend folgen.

      Freilich vertrete ich diese metaphysische Grundannahmen ja nicht – was mich freilich nicht daran hindert, sie auch inhaltlich wahr- und ernstzunehmen.

      Ihnen Dank für das Interesse und alles Gute! 😊👍📚

  14. Lieber Herr Blume
    Erstmal ein Kompliment für die scharfe Analyse von Religion und Menschheit und Ihrem Fazit; Die Religionen werden nicht aussterben.
    Mit der Instrumentalisierung der Religion gehen Sie gleichzeitig einen Irrweg, was die Grundlage der Religionen angeht.

    Schon der Begriff Anthropodizee nimmt Anleihe bei der Theodizee, die man ja als widerlegt betrachten kann, widerlegt in dem Sinne als logisches Konstrukt, das seinen Widerspruch schon in sich trägt. Wenn man beim Modus tollens (logischer Fachbegriff) die Eingangsprämisse negiert, dann ist die Schlussfolgerung beliebig.
    Also die Behauptungen Gott existiert, Gott ist gut, also darf er das Böse nicht zulassen. Führt zu dem Schluß , Gott gibt es nicht.
    Diese Logik gilt allerdings immer, auch bei dem Dackel Theo.
    Theo existiert, Theo gehorcht immer, also darf er die Wurst nicht fressen. Wenn er sie dennoch frisst, gibt es Theo nicht.

    Bei der Anthropodizee nimmt der Mensch selbst die Rolle Gottes ein. Er ist ja autonom, zumindest glaubt er das.
    Die Anthropodizee als Arbeitshypothese zu verwenden ist allerdings sinnvoll, weil es um die Rechtfertigung des Menschen und seine Verantwortlichkeit geht.
    In der Existenzphilosophie fühlt sich ja der Mensch in eine sinnlose Welt geworfen und nur durch einen selbstgeschaffenen Sinn bekommt das Leben das Ziel und die Richtung , das es braucht.
    Wie sie selbst bemerkt haben, hat diese Individualphilosophie keine Zukunft, weil die Fertilität fehlt. Also, auch von Ihnen gut erkannt, Philosophie braucht Zeit, weil Philosophie nur im Rahmen einer Kultur existieren kann.

    Also, was braucht es , dass die Philosophie zur Religion wird. ? Die Philosophie braucht eine tragfähige Grundlage, die die Zeiten überdauert und allgemeingültig ist.

    Und so, wie die chemischen Eigenschaften eines Stoffes, sich aus den physikalischen Eigenschaften der Atome und ihrer Verbindungen ableiten lassen, so lassen sich die geistigen Eigenheiten des Menschen aus seiner Natur ableiten. Klingt soweit ganz logisch. Interessanterweise haben sich aber das Faustrecht und die Blutrache in den Religionen nicht durchgesetzt. Ganz das Gegenteil. Der Opfergedanke und die die Liebe machen die Weltreligionen aus. Also fehlt in der Begründung der Religionen etwas. Etwas , was existiert, was sich sogar offenbart und was wir Menschen sowohl gefühlsmäßig als auch intellektuell wahrnehmen können, die Existenz Gottes. Sie braucht keine Instrumentalierung von Religion.
    Wenn Sie das noch bei Ihren Erklärungen hinzufügen könnten, wäre die Analyse vollständig.

    • Lieber @Lennart,

      vielen Dank für Ihren interessanten Kommentar!

      Gleichwohl muss ich leider konstatieren, dass Sie wohl zu viel in meine Position hineininterpretieren. Weder „instrumentalisiere“ ich „die Religionen“ (für wen oder was auch?), noch beziehe ich eine theologische Perspektive oder halte einen „Gottesblick“ für möglich.

      Stattdessen vertrete ich einen kritischen Rationalismus, der auch die eigenen Erkenntnisgrenzen anerkennt – und also gerade „nicht“ behauptet, alle normativen und metaphysischen Fragen empirisch beantworten zu können. Daher auch mein Plädoyer für positive und negative (!) Religionsfreiheit und für einen geregelten Wettbewerb zwischen religiösen und weltanschaulichen Alternativen. Die Unterscheidung zwischen deskriptiver Religionswissenschaft und normativer Philosophie bzw. Theologie halte ich für keineswegs banal und wechsele da auch immer wieder gerne in die Perspektive des Lernenden.

      Mit Dank für Ihr aktives Interesse!

        • Evolution geht immer ab, @Yannik. Ist nicht nur philosophisch, sondern in Covid19-Zeiten auch für Impfgegner beobachtbar, aktuell etwa in Florida.

          Also bleib akkurat, @Yannik. Alles andere wäre cringe.

  15. Zitat: Braucht die Menschheit Religion zum Überleben? Nein, denn heute gibt es mehr als 8 Milliarden Menschen, also 8 Mal soviel wie im Jahr 1800 und im Jahr 1800 wiederum gab es doppelt so viel im Jahr 1500. Heute macht das Körpergewicht von Menschen und von Haus- und Nutztieren dieser Menschen 95% der Masse aller auf der Erde lebenden Säugetiere aus. Allein die 420 Millionen Hunde und Katzen aller US-Amerikaner verbrauchen soviel Nahrung, dass man damit weitere 40 Millionen US-Amerikaner ernähren könnte. Mit anderen Worten: Noch nie hat der Mensch die Erde so dominiert wie heute.
    Es stimmt aber, dass die bereits entwickelten Nationen ihren Bevölkerungsbestand nicht halten können, dass die Bevölkerung beispielsweise von Deutschland, aber überhaupt von fast jedem Land in Europa, inzwischen aber auch in einigen Ländern Asiens, sinkt.
    Doch weltweit steigt die Bevölkerung weiterhin und ich behaupte: Wenn es von den Ressourcen her möglich ist, wird die Weltbevölkerung nicht so schnell zu sinken beginnen, denn es wird immer Teilgemeinschaften mit einer hohen Fruchtbarkeit, mit einer grossen Zahl von Nachkommen geben. Diese superfertilen Gruppen werden schliesslich den Hauptteil der Gesamtbevölkerung ausmachen, womit dann auch die Superfertilität zunimmt. Dies ist allerdings eine simple Extrapolation von heutigen Trends auf morgige Verhältnisse. In Wirklichkeit ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass die menschliche Zivilisation im Jahr 2200 zerstört ist und die Menschheit wieder an den Verhältnissen anknüpfen muss, die vor 5000 Jahren herrschten. Dafür spricht nicht nur, dass Zivilisationen in der menschlichen Geschichte immer wieder zusammenbrachen, sondern auch, dass heute sehr viel mehr Menschen über so gefährliche Waffen und Mittel verfügen, dass sie weltweiten Schaden anrichten können, ja dass sie letztlich sogar den Fortbestand der gesamten Menschheit gefähren können.

    • @Martin Holzherr

      Oha – Sie würden also davon ausgehen, dass aufgrund einer ohnehin drohenden Apokalypse die Fragen gar nicht vertieft werden müssten?

      Ich hoffe nach wie vor, dass ein liberales Gesellschaftssystem mit einer starken Mitte der Polarisierung entgegenwirken und ausgewogene Lösungswege (er-)finden kann. Dazu müssten aber auch mehr wissenschaftlich Gebildete ein entspannteres und reflektierteres Verhältnis zu Religion(en) entwickeln. Erscheint Ihnen diese Hoffnung irreal? 🤔

  16. Ich halte Naturreligionen/Religionen für eine Urform von Psychotherapie. Als diese Religionen entstanden, wurden Menschen im Durchschnitt nicht älter als 20 oder 30 Jahre. Täglich mußten sie sich Existenzkämpfen stellen (Hunger, Raubtiere,Sippenkriege etc.) Der Tod war täglich allgegenwärtig. Gefühle wie Leid, Trauer, Angst suchten nach Antworten. In dieser Sinnsuche bzw. der Suche nach einem HALT in diesem Leben fanden Menschen damals ihre Orientierung in einer Religion die Hilfe und vor allem Sicherheiten bot. Religionen waren vorgegebene Verhaltensnormen,seelischer Beistand oder Hilfe in schwierigen Zeiten. Das Wesen des Menschen besteht im wesentlichen aus Ängsten, heute wie damals ! Diese Ängste schaffen Fragen und Hilflosigkeiten. Heute wie damals können Menschen solche Gefühle wie Schmerz, Trauer, Leid, Hilflosigkeit nur schwer ertragen und verarbeiten.
    Religionen können hier – eigenartigerweise- Hilfesstellung geben. Solange diese Art der “Psychotherapie” wirkt, brauchen Menschen Religionen für ihre seelische Heilung.

    • Lieben Dank, @Golzower – und wie im Radiobeitrag ja ausgeführt wird Religiosität tatsächlich unter Erfahrungen existentieller Unsicherheit stärker aktiviert.

      Freilich blendet die Konzentration auf die Vorgänge der einzelnen Psyche die sozialen und kulturellen Dynamiken religiöser Traditionen (!) zu stark aus und vermag Phänomene der gestärkten Gemeinschaften und größeren Familien m.E. nur schwer in den Blick zu nehmen.

  17. @ slash

    Also, bei der Betrachtung dieser Fragenszenerie müssen sie unbedingt aufpassen, sich nicht in Schizophrene Widersprüche zu verheddern.

    Das kann leicht passieren, wenn man nur die recht abstrakten empirischen Zahlen zusammenfasst, und daraus Frage-Szenarien entwickelt. Aber diese Betrachtung aus dieser vom Subjekt entkoppelten Ebene (Vogelperspektive) führt automatisch zu einer schizophrenen Verarbeitung der Problematik.

    Die erste frage müsste dazu heissen:
    Was ist aus den Zahlen für “mich” als Subjekt entnehmbar?

    Und dann sei daraus die Perspektive einzunehmen.

    Jede andere Perspektive führt dazu, dass man allzu leicht bereit ist, sich selbst abzuschaffen, da es dazu ja auch viele sogenannte “gute” Argumente gibt (etwa Überbevölkerung).
    Ab etwa 1850 (meine Einschätzung) gab es eine Tendenz in den europäischen Gesellschaften, deren Begleiterscheinung eine latente “moralische Panik” gewesen war, die sodann zur Zeit des Nationalsozialismus einen verheerenden Höhepunkt erreicht hatte.

    Diese Fragen, wie sie im Zusammenhang mit der Geburtenrate (und alle Begleitszenarien) aus den abstrakten Zahlen gestellt werden, sind entweder Ursache einer latenten schizophrenen Perspektive, oder Ursache für eine moralische Panik.

    Ich gehe davon aus, dass sie die Problemszenerie entlang der abstrakten Zahlen verarbeiten, weil sie ihrer eigenen intrinsischen moralischen Panik aus dem Weg gehen wollen, die sich automatisch einstellt, wenn sie die abstrakten Zahlen auf sich selbst ins Subjektive übertragen.

    Interessant wäre hier die rolle der Religionen und der Theologie:
    Die nämlich, praktisch hilfreich gelebt, führt dazu, dass das Subjekt, in dem die moralische Panik entstehen kann, sich vollkommen aus der Verantwortung entziehen kann, weil es alle Verantwortung ihrem Gott zuweist.

    Und das ist an dieser Stelle wohl die Erklärung, warum Blumes Forschung das Ergebnis brachte, was es tat.
    Der nichtreligiöse Mensch hält sich für die Dinge in der Welt verantwortlich. Er weisst sie sich ja explizit zu (spätestens seit Kant und die ganze Selbstsbemächtigungs-Philosophie).

    Aus dieser Selbstbzichtigung entsteht dann aber ein Druck, den der einzelne Mensch nicht bestehen kann, ohne dabei Unterstützung zu bekommen. Das wäre, nach allem Wissen der Moderne, die Gesellschaft, in der der Einzelne Integriert ist.

    Nur haben diese moderne Gesellschaften angesichts der Prämisse des Individualismus das Problem, dass die Gesellschaften in ihrer tendenz zerfallen, woraufhin ihnen die einzig hilfreiche Bedingung abhanden kommt, mit der großen Last der Verantwortung umgehen zu können.

    In diesem Sinne wäre dies die Erklärung von Blumes Forschungsresultat, warum eben religiöse Gesellschaften/Gemeinschaften eine höhere Fortpflanzungsquote haben. Denn diese Frage hat Blume mit seiner empirischen Forschung nicht beantwortet. (soweit ich weiß)

    Übersetzt hiesse das, wenn nichtreligiöse Menschen/Gesellschaften in Anspruch nehmen, Wissensgesellschaften zu sein, folgt daraus, dass sie die durch das “Wissen” gleichzeitig auferlegte Verantwortung gar nie tragen werden können.

    Denn:
    Einerseits sind die Schlußfolgerungen aus dem Wissen wie ein Endzeitszenario, das nur religiöse Menschen aushalten können, indem sie sodann auf Gott hoffen, weil dieser ihnen ihr Seelenheil verspricht. (der Theologie nach)

    Andererseits ergibt sich ein Widerspruch, weil die moderne Individualistische Gesellschaft zwar um die Verantwortungsszenarien wissen kann, die sich aus den Erkenntnis-Prozess ergeben, gleichzeitig aber wegen der Individualismus-Prämisse keinerlei Strategien hat, um mit dieser Verantwortung umgehen zu können (woraus dann die oben angesprochenen Möglichkeiten der Verarbeitung hervorgehen: entweder entsteht moralische Panik oder schizophrene Verarbeitung durch Selbstverleugnung).

    Und aus dem modernen Mangel an Verarbeitungsstrategien entsteht dann eine Art “beschleunigte” evolutionäre Selektion durch die niedrige Geburtenrate, die nicht zum Erhalt der Populationen hinreicht. Denn diese niedrige Geburtenrate entsteht dadurch, dass “Vereinzelung” eine unausgesprochen primäre Anforderung an jeden Menschen in der Gesellschaft sei, der im Sinne der Ideale solcher modernen Gesellschaften etwas “werden will”. Woraus dann folgt, dass Familiengründung kein primäres Ziel mehr ist, da diese ja von allen erwünschten Zielsetzungen modernem Menschseins (was faktisch die immer fourciertere Funktionalisierung und Hochspezialisierung des Menschen bedeutet) nachrangig ist.

    Ergo:
    Wegen dem Anspruch der “Wissensgesellschaft” zu wissen, untergräbt sie ihre eigene Existenzgrundlage, so sie keine Entlastungsstrateien für die zusäzliche Belastung in die jeweilige “Kultur” einbauen kann.
    Ausserdem ist in den westlichen Gesellschaften sowieso keiner am Überleben seines Nächsten interessiert. Schon daraus ist automatisch eine Erhöhung der Komplikation für den Einzelnen zu erwarten.

    Die modernen “Freiheiten” sind also weniger hilfreich hinsichtlich der eigenen Fortpflanzung, als mehr, dass sie das Individuum um so mehr funktionalisieren kann, ohne Rücksicht auf das individuelle Bedürfnis zu nehmen. Wobei “Bedürfnisse” ja multimedial eingeredet werden, und das archiaische Bedürfnis, sich fortzupflanzen, systematisch multimedial ausgeredet wird.

  18. Und tatsächlich: Rein empirisch gesehen kennen wir zahlreiche, über Generationen hinweg kinderreiche Religionsgemeinschaften, aber bislang keine einzige, nichtreligiöse Population, deren Geburtenrate nicht unter 2,1 Geburten pro Frau fallen und die also nicht demografisch “verebben” würde.

    Nun bei der VR China war dies lange Zeit anders. Die staatliche Ein-Kind Politik wurde ja deshalb eingeführt, um die Bevölkerung nicht zu stark wachsen zu lassen. Ebenso würde mich interessieren, wie die hinter dem Eisernen Vorhang war.

  19. Unbeabsichtigte/Ungewollte Schwangerschaften sind nicht nur beim Tier, sondern auch beim Menschen der Normalfall. Erst die moderne Gesellschaft hat das grundlegend geändert oder wie man im Artikel Unintended Pregnancy in the United States liest (übersetzt von DeepL):
    Im Durchschnitt wollen US-Frauen zwei Kinder haben. Um dieses Ziel zu erreichen, verbringt eine Frau fast drei Jahre schwanger, postpartal oder versucht, schwanger zu werden, und etwa drei Jahrzehnte – mehr als drei Viertel ihres reproduktiven Lebens – um eine unbeabsichtigte Schwangerschaft zu vermeiden.

    Im Jahr 2011 war fast die Hälfte (45% oder 2,8 Millionen) der jährlich 6,1 Millionen Schwangerschaften in den USA unbeabsichtigt[8]
    .

    Das sind also die empirischen Befunde. Damit wird auch sofort klar, dass der häufig gehörte Grund für viele Kinder in Entwicklungsländern – der Wunsch der Eltern nach Versorgung im Alter durch ihre Kinder -, wohl eine Rationalisierung oder gar reine Erfindung ist. Es ist viel einfacher. Eigentliche Familienplanung, in der ein Kind genau zum Wunschzeitpunkt kommen muss, gibt es in Entwicklungsländern gar nicht. Solche eine Planung macht sowieso nur Sinn in einem geplanten Leben, das mehrheitlich nach der beabsichtigten beruflichen Karriere orientiert ist und in dem der Kinderwunsche nur ein Wunsch unter vielen ist. In vielen Entwicklungsländern aber gibt es gar keine mögliche berufliche Karriere und der Wunsch, der sich dort am einfachsten erfüllen lässt, ist der Kinderwunsch.

    • Sehr richtige Hinweise, @Martin Holzherr – wobei m.E. doch zu berücksichtigen ist, dass familienbezogene Entscheidungen in Agrargesellschaften selten nur individuell getroffen werden. Stattdessen unterliegen Lebensmodelle und bisweilen gar die Auswahl an Lebens- und SexualpartnerInnen bis hin zu Fragen der Verhütung erheblichen sozialkulturellen und nicht selten auch religiösen Einschränkungen. Die „Rationalität“ von Lebensentwürfen wird immer auch sozialkulturell ausgehandelt, würde ich meinen.

  20. @Michael Blume (Zitat): Oha – Sie würden also davon ausgehen, dass aufgrund einer ohnehin drohenden Apokalypse die Fragen gar nicht vertieft werden müssten?
    Sich mit der drohenden Apokalpyse oder mit der niederen Geburtenrate in entwickelten Länder zu beschäftigen macht nur bedingt Sinn. Weil beides nur sehr schwer beeinflusst werden kann. Ein apokalyptisches Szenario könnte etwa entstehen, wenn eine Gruppe von Forschern bewusst ein hochgefährliches Virus (z.B ein modifiziertes Grippevirus) in die freie Wildbahn setzt: Doch wie will man das verhindern ohne die gesamte Forschung zu verbieten oder unter strenge Kontrolle (von wem?) zu setzen.
    Genau so schwierig ist es die Geburtenrate von entwickelten Ländern anzuheben. Denn solange Kinder einen wirtschaftlichen und beruflichen Nachteil bedeuten und nachgewiesenermassen Eltern weniger glücklich sind als gleichaltrige kinderlose Erwachsene, solange braucht es sehr viel Erfindungsreichtum (für eine wirksame Massnahme) und Überzeugungskraft um die Bürger auf einen andere Spur zu bringen.

  21. @slash // 8. Juli 2018 @ 23:13

    “Warum soll Leben weitergegeben werden, wenn doch jedes Leben ohnehin nur leidet und letztlich sinnfrei wieder stirbt?”

    Diese Frage kann nur durch die abrahamitischen Religionen selbst beantwortet werden. Wobei es leichte Unterschiede gibt. Im Judentum sind Kinder ein Gebot, weil sie dazu beitragen die ultimative Erlösung zu beschleunigen. Dazu heißt es im Talmut: “Der Sohn von David (Moschiach) wird nicht kommen, bis es im Guf (himmlisches Lagerhaus der Seelen) keine Seele mehr gibt, die darauf warten, auf die Welt zu kommen, doch noch keine Gelegenheit dazu gehabt hatten.” Das ist auch der Grund, warum Juden oder Muslime kaum Vorbehalte gegen eine künstliche Befruchtung haben. Katholiken gehen jedoch davon aus, dass Kinder eine Frucht der elterlichen Liebe sein sollten und nicht das Produkt eines medizinischen Eingriffs. Während der evangelischen Kirche die Vorstellung fremd ist, ein Kind müsse in einem Liebesakt gezeugt werden. Letztendlich ist aber die persönliche Gewissensentscheidung ausschlaggebend, zumal das Seelenheil ja nicht nur von der Anzahl der Kinder abhängt.
    Siehe dazu auch: https://www.deutschlandfunk.de/seid-fruchtbar-und-mehret-euch.886.de.html?dram:article_id=127723

  22. Das Wichtigste sind mystische Erfahrungen und spirituelle Heilungen. An zweiter Stelle kommt der Glaube. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

    • @Öko-Theosoph

      NUR interessehalber: Haben Sie wenigstens eines der obigen Angebote wirklich gelesen, gehört oder geschaut? Oder ging es Ihnen von Anfang an nur darum, hier Ihren Verkündigungslink zu platzieren?

      Ich frage für eine Freundin. 😉

  23. Moin 🙂 Ich habe jetzt die Kommentare nicht durch, weis also nicht ob das jemand schon angesprochen hat. Im Blockbeitrag habe ich sofort den Gedanken gehabt : Hier argumentiert der Utilitarismus. Leidvermeidung ist ja ein Ansatz im Text. Der hat sich aber doch im Rahmen der Tierrechte Diskussion selbst zerlegt. Wenn schon den Protagonisten Zweifel kommen ob das mit der Abtreibung bis 6 Monate nach der Geburt so richtig ist…
    Ich lese jetzt mal die Kommentare durch 🙂

  24. Hallo Herr Blume,

    Sie antworten mir:
    Nur impliziert natürlich „Überleben“ noch nicht „Reproduktion“

    Da bin ich mir nicht so sicher. Fasst man den Begriff des Überlebens weit, und schließt darin so etwas wie “Arterhaltung” ein, dann ist dieser Trieb – falls man diese Emotionen so nennen kann – sicher eine Grundlage dafür, daß wir auch ein “sinnfreies” Leben führen zu können oder sollen.

    Allerdings stellt sich die Frage, ob es Sinnfreiheit gibt. Wir sind ja nicht nur triebgesteuerte Subjekte, sondern Mitglieder einer Gemeinschaft und zum Überleben auch auf diese Gemeinschaft angewiesen. Kann es sein, daß wir – ohne daß es uns bewußt ist – indem wir uns reproduzieren (Kinder kriegen) der Gemeinschaft etwas zurückgeben müssen oder wollen, nämlich eine Gegenleistung für diese Hilfe zum Überleben, die wir aus der Gemeinschaft erfahren. Z.B. ein gegenseitiges Zweckbündnis zur Arterhaltung.
    Ich meine nicht, daß das eine psychologische Frage ist. Die Natur regelt alles sehr geschickt, die Naturgesetze sind schon ein Wunder, welche Wunder wohnen in uns und “steuern” uns ohne daß wir das merken. Arterhaltung hat dann einen höheren Sinn, denn diese würde zur Differenzierung der universellen Prozesse beitragen, die letztendlich zu einem universalen Gleichgewicht zurückführen, dem alles im Universum zustrebt (angefangen beim Urknall als anfängliches Ungleichgewicht).

    Grüße Fossilium

    • Oh ja, @fossilium – auf kollektiver Ebene (wie „die Menschheit“, siehe Überschrift) schließt „Überleben“ häufig die Reproduktion implizit ein: Eine menschliche Gesellschaft oder auch ein Bienenvolk können auch dann „überleben“, wenn nur ein Teil der Mitglieder Nachkommen hervorbringt. Auch dann verschwindet freilich die zentrale Bedeutung von „Reproduktion“ nicht, sie wird nur in den Dachbegriff integriert.

      Ob sich „das Universum“ im Sinne der Gaia-Hypothese selbst reguliert, ob eine Gottheit verborgen waltet oder doch nur zerbrechliche Modelle von Selbstorganisation zur nächsten Katastrophe führen (vgl. Martin Holzherr in dieser Diskussion) entzieht sich natürlich der historischen und also empirischen Überprüfbarkeit. Ich halte solche Entwürfe dennoch im Hinblick auf Plausibilität für diskutierbar und würde unbedingt empfehlen, die Befunde der Religionsdemografie dabei nicht zu ignorieren. Was meinen oder glauben Sie dazu?

  25. GANZ SICHER braucht Mensch Religion zum Überleben, aber sie muss der Wahrheit entsprechen – einer Wahrheit des Ursprungs / des Geistes der uns alle / alles im SELBEN Maße “durchströmt”, für Möglichkeiten von und zu geistig-heilendem Selbst- und Massenbewusstsein, NICHT systemrational-egoisierendes “Individualbewusstsein” und Dualität in “gesundem” Konkurrenzdenken!

  26. “Antworten
    rap
    8. Juli 2018 @ 20:08
    Meine These ist es ja dass die Menschheit mit “Fortschritt” nicht mehr so lange überleben wird wie ohne.
    Was nicht primär an den Folgen von “Religion” liegt.
    Ok, man könnte natürlich dem Christentum den Vorwurf machen die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften in ihrem Bereich geduldet zu haben…

    PS der “Materialismus” ist inzwischen eher out (Quantenphysik etc).
    Hat aber noch nicht jeder gemerkt.”

    Super out ist gut, in der Philosophie sind Materialisten die absolute Mehrheit. Einige der lautesten Materialisten sind Quantenphysiker David Deutsch und Sean Carroll.

    Ja es gibt sie die durch die Quantenphysik den Materialismus für erledigt halten, diese werden meist nicht ernst genommen. Natürlich gibt es unter seriösen Quantenphysiker Spiritualisten wie Zeilinger oder Penrose, aber wenigstens Zeilinger wird nie seine Arbeit und seine Meinung vermischen.

  27. Die Aufforderung “Seid fruchtbar und mehret euch” ist aus heutiger Sicht eine Aufforderung zum nicht nachhaltigen, zum riskanten Leben – und so war es ja auch gemeint: Das Individuum sollte alles riskieren (inklusive Armut und Hunger) um der Gemeinschaft zum Durchbruch (zur grossen Zahl) zu verhelfen.
    Nur war diese Aufforderung zur Vermehrung in biblischen Zeiten gar nicht nötig, denn dazumal passierte eine Vermehrung nur schon, wenn sie überhaupt möglich war, was dazumal meist bedeutete, dass der Mann eine Frau und die Frau einen Mann finden musste – etwas was aber von der Gemeinschaft organisiert wurde.

  28. hto
    endlich ein klares statement.
    Das Senfkorn, das im NT genannt wir, ist schon ausgestreut und am Wachsen.
    Das Reich Gottes wird kommen.
    Wie die Pflanze dann aussehen wird, das wird auch von uns Menschen abhängen, deshalb diskutieren wir hier ja.

    fossilium
    es gibt keine Sinnfreiheit, außer man kastriert sich geistig. Der Sinn ist immer schon vorhanden , er muss nur gesucht und gefunden werden. Das ist wie wenn ein Inuit aus einem Narwalzahn einen Messergriff schnitzt. Der Inuit behauptet, der Griff wäre schon darin, er müsse nur den Rest drumherum wegschnitzen.
    Anmerkung: Die Naturgesetze sind auch schon vorhanden, sie müssen nur entdeckt werden.

  29. ‘Religion’ würde ich mit ‘Philosophie’ ersetzen. Die katastrophalen Irrwege der verschiedenen Religionen haben (und bringen) unsagbares Leid über die Menschheit gebracht.

    Dem Statement am Beginn:

    ‘Denn jedes Kind wird leiden, Leid verursachen und schließlich sterben, wie schließlich auch der Planet und das gesamte Universum.’

    halte ich für zu kurz gedacht.

    Denn jedes Kind wird glücklich sein, Glück verursachen und in Nachkommen weiterleben..
    Der ‘Tod’ ist durch die Religionen falsch dargestellt, denn Tod bedeutet doch im Grunde ‘Veränderung’!
    Religionen verwenden den Begriff ‘Gott’ oderer ‘Götter’ der eigentlich eine Erfindung der Menschen ist.
    Vielleicht wäre der Begriff der, die, das ‘Ewige’ hier eher angebracht. Wir Menschen sind ein Teil des/der ‘Ewigen’

  30. Generell zum Thema Leid: Leid und Schmerz hat evolutionäre Vorteile insofern es ein Alarmsystem darstellt, ohne das das Leben sehr viel kürzer und gefährdeter wäre. Natürlich möchte niemand leiden oder Schmerzen haben, weswegen wir gewöhnlich alles tun, um die Ursache (also das, was unser Leben gefährdet) abzustellen. Leid vermeiden zu wollen, indem wir das Leben abschaffen, heißt wohl, das Kind mit dem Bade ausschütten. Wer ein ausgefeiltes Alarmsystem sein Eigen nennt, hat gewöhnlich etwas Wertvolles zu schützen. Soll er dieses Wertvolle denn wegwerfen, nur damit nie ein Alarm ertönt?
    Sicher gibt es Situationen, wo das körpereigene Alarmsystem verrückt spielt und uns Schmerzen beschert, die uns nicht helfen, besser und sicherer zu leben. Damit wird man sich im Einzelnen auseinandersetzen müssen. Sicher gibt es auch seelisches Leid das niemandem nützt. Aber im Großen und Ganzen haben Schmerz und Leid bisher dazu geführt, dass die meisten Menschen besser auf sich und die Ihren achtgeben, als wenn sie gefühllos unterwegs wären.
    Das wollte ich nur einmal gesagt haben.
    Liebe Grüße,
    Liane

  31. @M. Blume:

    Schwarzer Schwan vernachlässigt die Statistik. Simplistische Sicht, die uns hier nicht weiterbringt.

    Man könnte mit den Daten die man heute hat viel mehr (und bessere) Aussagen treffen als bisher nehme ich an. Man muss dafür allerdings die mathematischen/statistischen Werkzeuge verstehen und anwenden. Kann sein, dass das in der Soziologie/Religionswissenschaft (bzw wer auch immer sich mit dem Thema bisher beschäftigt hat) zu selten der Fall ist. Ist wohl auch nur wenig Teil des Studiums von daher verständlich.

    • @slash

      Ob bei schwarzen Schwänen oder nichtreligiösen und dennoch kinderreich bleibenden Populationen braucht es zur Beweisführung nur N = 1. Dieses werden Sie aber auch mit den besten (& dennoch seriösen) statistischen Werkzeugen nicht aus N = 0 destillieren können. 🤓

      Die empirischen Wissenschaften bringen halt auch immer wieder Befunde hervor, die uns gerade nicht in die Weltsicht passen. Ob jemand wirklich erkenntnisoffen ist, zeigt sich dann… 🤗📚✊

  32. Sehr hohe Kinderzahl als Risiko für eine Gesellschaft?

    Es ist sicher gut belegt, dass sehr hohe Kinderzahlen heute zum einen bei sehr religiösen Menschen auftreten und zum anderen bei sehr armen, die weder Zugang zu Bildung noch zu Verhütung haben. Es kann natürlich beides gemeinsam auftreten.

    In vergangenen Jahrhunderten wuchs die Weltbevölkerung aufgrund der hohen (Kinder)sterblichkeit trotz hoher Geburtenraten nur langsam. Eine hohe Kinderzahl war hier notwendig, um die Population zu erhalten.

    Heute haben sich die Voraussetzungen allerdings drastisch geändert. Durch den medizinischen Fortschritt überleben nahezu alle Kinder. Gleichzeitig steigt der Einsatz, den Menschen in ihre Kinder investieren. Eine sehr hohe Kinderzahl ist in modernen Gesellschaften fast nicht möglich, ohne vor allem finanziell auf die Solidargemeinschaft zurückzugreifen.

    Eine kleine Anzahl (z.B. sehr religiöser) sehr kinderreicher Familien sind sicher kein Problem für eine Gesellschaft. Wären Menschen mit sehr vielen Kindern jedoch in der Mehrheit, gäbe es eine Menge Probleme. Beispielweise kurzfristig durch zu wenige Menschen, die (voll) erwerbstätig sein können, langfristig durch die Schwierigkeit, Infrastruktur und Wirtschaft bei trotz großen Fortschritten bei limitierten Ressourcen (Platz, Wasser, Nahrung…)ausreichend wachsen zu lassen, um allen ein auskömmliches Leben zu ermöglichen. Dies führt du Konflikten und Instabilitäten in einer Gemeinschaft.

    Sind extrem hohe Geburtenraten heute daher nicht eher ein Risiko? Bei der Zahl der Menschen, die heute auf der Erde lebt, kann die Geburtenrate sehr lange <2.1 Kinder sein, ohne dass die Gefahr bestünde, dass die Zahl der Menschen aus genetischer Sicht zu gering wäre. Ist die Menschheit daher nicht sehr vernünftig, sich im Mittel, sobald die Möglichkeit dazu besteht (Verhütung, Bildung der Frauen!) für eher wenige Kinder zu entscheiden? Sind (extreme Interpretationen von) Religion, die Menschen auffordern, sehr viele Kinder zu bekommen, nicht eher ein Risiko als ein "evolutionärer Vorteil"?

    • Vielen Dank für die Gedanken, @Tina, denen ich weitgehend folgen kann!

      Ein Hinweis ist mir aber wichtig: Evolutionäre Fitness ist eine beschreibende, keine wertende Kaegorie. Was für den jeweiligen Organismus evolutionär vorteilhaft ist (= den Reproduktionserfolg über Generationen hinweg erhöht), muss nicht auch „gut“ oder „wahr“ sein.

      Und so warne ich im Radiobeitrag ja auch vor einer entsprechenden Polarisierung inklusive der fundamentalistischen Unterdrückung von Frauen. Umgekehrt wäre es aber ebenso falsch, die Daten zu ignorieren, weil sie uns nicht gefallen.

      Daher Danke für Ihr Interesse und Mitdenken!

  33. Was wollen Sie denn mit dem Strohmann bezwecken? Die Schwarzer Schwan Diskussion ist trivial und Sie haben Recht. Das hat nie jemand bezweifelt. Meine Aussage war eine völlig andere.

    Falls noch nicht geschehen, erstellen Sie doch mal ein multivariates Modell das die Erklärungskraft der Variable “nichtreligiös” bzgl. des Aussterbens von Gesellschaften untersucht. Viel Spaß beim Aufstellen des Modells. Die Erkenntnis, dass wir recht wenig wirklich wissen, wird Ihnen dann wahrscheinlich recht schnell kommen. Da hilft auch nicht, dass wir keine nichtreligiösen Gesellschaften kennen, die lange überlebt haben. Sie stellen diesen Fakt hier als irgendwie bemerkenswert dar, dabei hilft er uns bei der Klärung wichtiger Fragen (z.B wie wir leben sollen) quasi gar nicht weiter.

    • @slash

      Es tut mir ehrlich Leid, dass Ihnen die empirischen Befunde nicht zusagen. Und mir ist völlig klar, dass erst einmal nichts Sie wird überzeugen können.

      Ob Evolutionstheorie, Klimaforschung oder eben Religionsdemografie – wer sich mal auf das Ableugnen versteift hat, wird meistens dabei bleiben und in der Gegenwehr zunehmend persönlich werden. Hatte ich hier schon oft erlebt und brauche ich nicht noch einmal…

      Ihnen alles Gute, gönnen Sie sich und uns bitte eine Denkpause. 😊📚

    • Von den neueren Erkenntnissen der interdisziplinären Evolutionsforschung zur Religiosität und zu Religionen, lieber @slash. Nicht weniger, aber auch wirklich nicht mehr. 🤓📚🖖

      Beste Grüße!

  34. Uli Schoppe
    …hier argumentiert der Utilitarismus….
    das war auch mein erster Gedanke. Andererseits, wenn man Religion für Dummies macht, und gleichzeitig auch noch das Schicksal der Menschheit damit verknüpft und auch noch neutral bleiben will, dann wird es keinen anderen Weg geben, als der über die Nützlichkeit bzw. Notwendigkeit.
    Und die Argumente dafür liefert die Statistik. Der Einstieg mit Schleiermacher war gelungen, die Zukunftsaussichten sind auch nicht schlecht, bevor ich da kritisiere, muss mir erst etwas Besseres einfallen.

  35. Lebewesen, die ihre eigene Fortpflanzung verweigern, selektieren sich selbst weg.
    Lebewesen, die ihre eigene biologische Unsterblichkeit bewirken können, gibt es aber für längere Zeit.
    Sterbliche evolvieren als Spezies, Unsterbliche evolvieren als Individuen.
    Der Sinn des Lebens ergibt sich daraus, dass man am Leben bleiben will.
    Lebewesen, die nicht am Leben bleiben wollen, selektieren sich selbst weg.

  36. Im Gegensatz zum klassischen oder positiven Utilitarismus, welcher die Maximierung von Glück in den Vordergrund stellt, wird im negativen Utilitarismus der Minimierung von Leid größeres Gewicht gegeben.
    Das Leid ist eine Intensive Größe wie zum Beispiel die Konzentration einer Substanz, und keine Extensive Größe, wie zum Beispiel eine Substanzmenge.
    Daher hat ein Mensch mit starkem Leid den ethischen Vorrang vor einer großen Anzahl von Menschen mit schwachem Leid, obwohl die letzteren rein rechnerisch auf eine größere Gesamtmenge von Leid kommen würden.

  37. Zitat Martin Holzherr: „Unbeabsichtigte/Ungewollte Schwangerschaften sind nicht nur beim Tier, sondern auch beim Menschen der Normalfall.“
    .

    Es könnte sogar sein, dass die Evolution einzig durch „Unbeabsichtige/Ungewollte Schwangerschaften“ stattgefunden hat, aus dem guten Grund, weil beim Frühmensch genauso wie beim Tier aus Unwissenheit über die Biologie sehr wahrscheinlich kein Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft erstellt wurde.

    Es ist für uns nämlich eine Selbstverständlichkeit, dass eine Schwangerschaft zwangsläufig die Folge eines Geschlechtsverkehrs zwischen „Männchen“ und „Weibchen“ ist. Aber warum sollte es für Frühmenschen oder für Tiere eine Selbstverständlichkeit sein? Woher hätten sie das Wissen, dass es im Zusammenhang steht? Im zeitlichen Zusammenhang steht es auf jeden Fall nicht.

    Ich glaube irgendwo gelesen zu haben, sicher bin ich aber nicht, dass man sogar ein sehr isoliertes Naturvolk entdeckt hat, deren Mitglieder keinen Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft erkannten.

    Es ist auf jeden Fall plausibel anzunehmen, dass für die lange Zeit der Evolution bei allen Tieren einschließlich Menschen einzig der Sexualtrieb die Reproduktion gesteuert hat, nicht die Religion, nicht der Kinderwunsch, nicht wirtschaftliche oder sonstige Überlegungen. Die Natur hat durch diesen überaus starken Trieb sicher vorgesorgt, dass jede Spezies sich so viel wie möglich vermehren sollte, auch „unbeabsichtigt“ 😉

  38. Zitat Michael Blume: „Und tatsächlich: Rein empirisch gesehen kennen wir zahlreiche, über Generationen hinweg kinderreiche Religionsgemeinschaften, aber bislang keine einzige, nichtreligiöse Population, deren Geburtenrate nicht unter 2,1 Geburten pro Frau fallen
    .

    Ihre Argumentation basiert meiner Meinung nach auf einem fehlerhaften bzw. zirkelschlüssigen Syllogismus, womit man alle vorhandenen Eigenschaften und Verhalten von Menschen gleichermaßen erklären bzw. beweisen kann:

    Ihre Argumentation:

    1. Wir kennen keine nichtreligiösen Menschengemeinschaften, die überlebt haben
    2. Alle Menschengemeinschaften, die überlebt haben, sind kinderreich
    Ergo: Religionen sind notwendig für das Überleben von Menschengemeinschaften
    .

    könnte auch diese Argumentation sein:

    1. Wir kennen keine Menschengemeinschaften, die nicht ihren Lebensraum durch Kriege schützen
    2. Alle Menschengemeinschaft, die überlebt haben, haben Kriege geführt
    Ergo: Kriege sind notwendig für das Überleben von Menschengemeinschaften
    .

    Oder auch diese:

    1. Religionen sind notwendig für das Überleben von hochentwickelten Primaten
    2. Schimpansen sind hochentwickelte Primaten, die überlebt haben
    Ergo: Schimpansen sind religiös

    Was meinen Sie?

    • @Jocelyne Lopez

      Es ist leider nicht immer klar erkennbar, wann „kritische Fragen“ noch ernsthaft kritische Fragen oder nur noch Trollerei (= ein Buhlen um Aufmerksamkeit) sind. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mir beim besten Willen nicht unbegrenzt die Zeit für solche Beiträge nehmen kann.

      Hier aber Ihnen zuliebe gerne einmal erläutert:

      1. Selbstverständlich kennen wir Menschenpopulationen, die „ohne Kriege“ überlebt haben, z.B. die gerade auch hier erwähnten, streng religiösen und extrem kinderreichen Amish. Diese lehnten und lehnen jede kriegerische Gewalt und jeden Militärdienst ab und wurden genau deswegen u.a. aus Frankreich vertrieben und in den USA als Kriegsdienstverweigerer (& angebliche „dumb Germans“) diskriminiert. Sie haben dennoch in Nordamerika überleben können und wachsen durch ihren Kinderreichtum stark.

      2. Ebenso wie z.B. Sprache und Musik ist auch Religion seit Charles Darwin evolutionär definiert als „Glauben an überempirische Akteure“ (bei Darwin: „Glauben an unsichtbare und spirituelle Wesenheiten). Und ebenso wie bei Sprache und Musik liegt eine Evolution dieser Fähigkeiten erst nach der Aufspaltung der Menschen- und Schimpansenlinien vor, siehe oben.

      Ihnen einen schönen Abend und ein gerne auch konstruktives Interesse! 🙂

  39. Ich halte die Beiträge von Frau Lopez durchaus für sinnvoll.
    —–
    Wir wissen überhaupt nicht, ob Schimpansen an über-empirische Akteure glauben.
    Womöglich halten die Schimpansen einige Leistungen der Menschen für über-empirisch.
    Nachahmung und Cargo-Kult sind nahe verwandt.
    —–
    Beim Menschen führt eine kritische Einstellung zu der Beteiligung an den Evolutionsvorgängen dazu, dass genau diese kritische Einstellung langsam weg selektiert wird.
    Dagegen könnte die biologische Unsterblichkeit der einzelnen Individuen helfen.
    Das wäre auch im Sinne des negativen Utilitarismus, weil es der Minimierung von Leid dient.

    • Deswegen habe ich ja auch geantwortet, @Karl Bednarik. Es ist nicht immer leicht zu erkennen, wann ehrliches, auch fachliches Interesse vorliegt; hier habe ich es angenommen. 🙂

  40. Sprache und Musik haben nichts mit dem Glauben an über-empirische Akteure zu tun.
    Viele Lebensformen besitzen eine Sprache.
    Denkvorgänge können auch bildhaft und ohne Sprache ablaufen.

    • Sprache und Musik sind biokulturelle Fähigkeiten, die in der Evolution entstanden, in Gehirn und Körper veranlagt sind, also biologische Grundlagen haben und immer kulturell ausgeprägt sind.

  41. greenflower
    “Die katastophalen Irrwege der Religionen habe katastrophale Folgen für die Menschheit gebracht..”
    Wer oder was macht die Religionen aus ? – Die Menschen. Menschen interpretieren Religionen jeweils nach ihrem Ermessen,ihren Wünschen und ihren egoistischen Interessen. Religionen wurden in der Menschheitsgeschichte für Machtstreben, Bereicherung,Unterdrückungen und Kriege genutzt ( Für Kaiser,Gott und Vaterland ziehen wir in den Krieg )
    Die Urchristen wurden im Römischen Reich verfolgt und unterdrückt. Als aber der christliche Glaube durch den Kaiser Konstantin legalisiert wurde, begannen Christen andere Glaubensrichtungen zu unterdrücken bzw. ihre geistige Macht in weltliche Macht umzusetzen.Die Irrwege der Religionen waren meiner Ansicht nach Irrwege menschlicher Arroganz und Überheblichkeit, was meiner Ansicht nach mit einigen Kernaussagen der Religion nichts gemein hat. Menschen haben die Religion in der Menschheitsgeschichte im Prinzip oft für ihre eigenen egoistischen Ziele genutzt bzw. prostituiert- wie sie es übrigens mit anderen Ideologien auch praktiziert haben.

  42. Die Amischen alter Ordnung und auch das ultraorthodoxe Judentum spalteten sich beide erst im 19. Jahrhundert von ihren Vorgängern ab.
    In einem ähnlichen Zeitraum begannen auch die Naturwissenschaften und die Technologien die Gesellschaft deutlicher zu beeinflussen.
    Der Wettbewerb dieser Systeme hat also erst vor geschichtlich kurzer Zeit begonnen.

  43. Hallo Herr Blume,

    der Mensch ist doch ein beschränktes Wesen, was seine Ratio anbetrifft (und seine Physis). Diese Grenzen zu erkennen ist für den Menschen niederschmetternd. Tief im Menschen drin ist das Bestreben verankert, die Grenzen seiner Ratio zu überwinden (um besser zu überleben ?), aber er stößt dabei immer wieder an neue Grenzen. Ich denke, das ist der Ursprung der Religionen, denn diese relativieren diese Grenzen.

    Das haben einige ausgenutzt, um über andere Macht auszuüben.

    Das Anliegen der Religion ist aber primär, dem Menschen zu helfen, an den Grenzen seiner Existenz nicht resignierend Halt zu machen. Dieses Hilfsangebot ist natürlich leicht zu missbrauchen. Und keiner muss dieses Hilfsangebot annehmen. Manche Leute haben mit den Grenzen auch gar keine Probleme. Außerdem bietet heute die Naturwissenschaft auch Hilfen an, das sind vornehmlich aber solche, mit denen die Grenzen der Physis überwunden werden.

    Alle anderen Hilfsangebote, so glaube ich, sind nur vordergründige Hilfen, sie steigern nur den Lebenskomfort, beseitigen die Grenzen aber nicht. Sie können die Grenzen im Einzelfall vergessen machen, sie bessern die Situation aber nicht im Allgemeinen. Im Gegenteil: je mehr die Grenzen der Erkenntnis, z.B. die naturwissenschaftlichen, verschoben werden, desto weniger sind die zusätzlichen Erkenntnisse von Wert, diese relativieren nämlich wiederum das bisher als sicher Geglaubte. Es ist ein Irrglaube, die Wissenschaft könne die Grenzen des Wissens, der Ratio, unsere Beschränktheit gegenüber dem Absoluten, beseitigen.

    Insofern braucht der Mensch die Religion zum Überleben. Denn dauernde Frustration über das, was ihn beschränkt, wird er auf Dauer nicht überleben. Es muß irgendwo eine Chance sichtbar sein, das „Absolute“ zu erreichen. In der Geschichte über die Vertreibung aus dem Paradies verbirgt sich ein tiefes Wissen über den Status des Menschen gegenüber dem Grenzenlosen, dem Absoluten oder Göttlichen. Seit der Vertreibung aus dem Paradies streben wir zum Gottgleichen zurück. Es ist äußerst erstaunlich, daß wir so was in uns haben ! Da hat die Natur sich selbst übertroffen, so ein Bestreben in uns zu verankern, was uns gnadenlos vorwärtstreibt und gleichzeitig unsere Machtlosigkeit erkennen läßt.

    In diesem Zwiespalt ist die Religion recht nützlich, sie verspricht uns, uns vor Verzweiflung und Sinnlosigkeit zu bewahren. Das scheint mir insofern lebensnotwendig oder lebensfördernd. Und niemand anderes leistet das.

    Grüße Fossilium

    • Vielen Dank, @fossilium – da steckt jede Menge tiefes Gedankenfutter im Kommentar, das ich sehr gerne aufgreife! Konzeptionell bewegen sich Ihre Überlegungen übrigens dicht an der (m.E. immer wieder unterschätzten!) Wissens-, Erkenntnis- und Transzendenztheorie von Berger & Luckmann!

  44. Zitat: Braucht die Menschheit Religion zum Überleben? Damit mein Michael Blume: Wollen nur Religiöse viele eigene Kinder. Doch es gibt auch nichtreligiöse Gruppen und Einzelpersonen mit gewollt vielen Kindern. Zu diesen Gruppen gehören die Superreichen aller Länder. Der Guardian berichtet unter High-fliers have more babies, according to study . Ja, es gibt sogar erfolgreiche Karrierefrauen mit vielen Kindern. Die Berichte, die ich darüber las, erklären das damit, dass diese Leute einen ähnlichen Kinderwunsch haben wie die meisten, diesen Kinderwunsch nun aber mit Betreuern – Nannys&more – erfüllen können.
    Es gibt auch sonst recht viele Individuen mit dem Wunsch nach vielen Kindern – aber nur wenige erfüllen sich diesen Wunsch. Weil sie vor den Konsequenzen gewarnt werden, weil die Gesellschaft Kinder als Risiko betrachtet. In der deutschsprachigen Wikipedia etwa liest man unter Mehrkindfamilie: Mehrkindfamilie, auch Mehrkinderfamilie, bezeichnet eine Familie mit mindestens drei Kindern. Oft wird erst ab dem vierten Kind der (nicht einheitlich definierte) Begriff kinderreiche Familie verwendet. Eine kinderreiche Familie ist eine der möglichen Formen einer Kernfamilie bzw. Kleinfamilie.
    Gelegentlich wird der Begriff kinderreich vermieden, weil reich sein an Kindern“ mit dem (betriebswirtschaftlichen, also dem Familienhaushalt) „reich sein durch Kinder“ als Zynismus empfunden wird.
    Mehrkindfamilien sind in vielen Staaten, so in Deutschland[1], Österreich[2] und Polen,[3] besonders vom Armutsrisiko betroffen.

    Die Herkunft aus einer kinderreichen Familie wird in der Psychologie oft als Risikofaktor für die kindliche Entwicklung betrachtet.

    Die ersten Sätze zur Mehrkindfamilie in der deutschsprachigen Wikipedia warnen also vor Kinderreichtum und das entspricht auch meiner Erinnerung an Nachrichtensendungen (tägliche TV-Nachrichten), wo immer wieder Mehrkindfamilien mit Armut in Verbindung gebracht wird. Die meisten Deutschprachigen haben wohl im Hinterkopf: “Nur die dummen und die Kinderegoisten haben viele Kinder”, denn nur die Dummen handeln gegen ihr eigenes (finanzielles) Interesse und nur Perverse, die ihren Kinderwunsch über das Wohl der Kinder selbst stellen, haben soviele Kinder, dass sie dem Einzelnen nicht mehr die optimale Betreung bieten können.

    Im Wikipedia-Artikel liest man weitere wertvolle und aufschlussreiche Sätze wie etwa den: Die Zahl der Mehrkindfamilien ist ein wichtiger Faktor für das globale Bevölkerungswachstum sowie für den Bevölkerungsrückgang in den einzelnen Staaten.

    Und tatsächlich hat Frankreich eine grössere Fertilitätsrate als Deutschland und in Frankreich werden Mehrkindfamilien speziell gefördert (finanziell etc).

    Folgerung: Der Kombination von perfekt wirkenden Kontrazeptiva zusammen mit dem gesellschaftlich negativ konnotierten Bild der kinderreichen Familie können sich nur wenige entziehen.

  45. Die Frage „Braucht die Menschheit Religion zum Überleben?“ setzt stillschweigend voraus, dass der Mensch eine Sonderstellung im Tierreich besetzt, die Frage deutet auf ein anthropozentrisches Weltbild.

    Denn alle Spezies, die heute leben, haben überlebt, sie waren erfolgreich im Kampf ums Überleben, ohne Religion.

    Der Mensch gehört zu den sozialen Spezies, die zum Überleben auf Gemeinschaften, Solidarität und Zusammenhalt angewiesen sind, eben wie viele anderen Spezies auch. Alles was soziale Spezies zum Überleben in Gemeinschaften brauchen ist in ihren Genen angelegt, ohne Religion – sonst gäbe es heute außer dem Mensch keine sozialen Spezies.

    Es ist dementsprechend irgendwie befremdlich sich zu fragen, ob ausgerechnet allein die Spezies Mensch die Religion zum Überleben gebraucht hat, oder?

  46. Hallo fossilium,

    Sie schreiben: „Das Anliegen der Religion ist aber primär, dem Menschen zu helfen, an den Grenzen seiner Existenz nicht resignierend Halt zu machen.“
    Das nennt man Kontingenzbewältigung. Zweifellos ist das gefasste Hinnehmen des Unabänderlichen individualethisch gesehen die klügere Strategie als ihre Leugnung oder Verdrängung, als Protest, Anklage oder Verzweiflung. Gelassenheit und Besonnenheit waren aber bereits in der antiken Philosophie wichtige Tugenden und auch in gegenwärtigen säkularen Glückstheorien wird Gelassenheit gegenüber dem Unverfügbaren und Unvorhergesehenen als Glücksbedingung oder Steigerung der Glücksfähigkeit empfohlen. Es kann daher schwerlich mit Hermann Lübbe behauptet werden, Kontingenzbewältigung als „Akt der Anerkennung“ sei eine spezifische und nichtsubstituierbare Funktion religiöser Orientierungssysteme.

    Sie schreiben: „Im Gegenteil: je mehr die Grenzen der Erkenntnis, z.B. die naturwissenschaftlichen, verschoben werden, desto weniger sind die zusätzlichen Erkenntnisse von Wert, diese relativieren nämlich wiederum das bisher als sicher Geglaubte. Es ist ein Irrglaube, die Wissenschaft könne die Grenzen des Wissens, der Ratio, unsere Beschränktheit gegenüber dem Absoluten, beseitigen.“
    In der Naturwissenschaft besteht immer das Problem, dass Erkenntnis in das Münchhausen-Trilemmas führt: entweder in einen infiniten Regress, in einen vitiösen Zirkel oder zu einem dogmatischen Abbruch des Verfahrens an einem selbstgewählten Punkt. Der kritische Rationalismus, der hypothetische Realismus und die evolutionäre Erkenntnistheorie haben die Lehre gezogen, dass es kein kein sicheres Wissen gibt. Das Ziel der Wissenschaft ist, sich durch die Elimination des Falschen der Wahrheit zu nähern, auch wenn Theorien nicht beweisbar sind. Die von Gläubigen angestrebte Wahrheit ist eine absolute und ultimative, die wissenschaftliche Wahrheit eine partielle und approximative. All unser Wissen über die Welt ist Vermutungswissen, vorläufig, hypothetisch, unbeweisbar und fehlbar (aber hoffentlich korrigierbar).
    Wenn Sie die zusätzlichen Erkenntnisse der Naturwissenschaft als weniger Wertvoll erachten, weil sie Ihrem Verständnis nach das bisher sicher geglaubte relativieren würde, ist das Ihre persönliche Ansicht. Ich persönlich sehe darin einen Gewinn, ganz nach dem Motto: „Wir irren uns empor“.
    Das „Absolute“ bzw. „Göttliche“, was Sie synomym verwenden, ist nicht Beweisbar. Es ist maximal ihre subjektive „Erfahrung“ bzw. „Gewissheit“.

    Hallo Herr Blume,

    Sie schreiben: „Rein empirisch gesehen kennen wir zahlreiche, über Generationen hinweg kinderreiche Religionsgemeinschaften, aber bislang keine einzige, nichtreligiöse Population, deren Geburtenrate nicht unter 2,1 Geburten pro Frau fallen und die also nicht demografisch verebben würde.“
    „Hochreligiöse“, die sich zudem von ihrer Umwelt abkapseln, bekommen tatsächlich mehr Kinder, aber eben nicht der „normal Religiöse“. Die Vereinten Nationen nennen die zutreffenden Bedingungen für Unterschiede in der Fertilität: Es ist der sozio-ökonomische Entwicklungsstand des Landes und seiner Bevölkerung. Je besser die sozio-ökonomische Entwicklung eines Landes ist (dazu gehört u. a. das Einkommen, der Lebensstandard, die Bildung, die Erwerbstätigkeit von Frauen, die geringe Kindersterblichkeit, u. a. m.), desto geringer sind die Geburtenziffern (Quelle: https://fowid.de/meldung/mythos-hoher-muslimischer-geburtenraten.)

    Sie schreiben: „Wenn Sie die #Anthropodizee-Frage auch nichtreligiös für leicht lösbar halten, dann können Sie uns doch sicher ein bis zwei entsprechend kinderreiche, nichtreligiöse Traditionen benennen?“
    Nein, das kann ich nicht. Aber das muss ich auch nicht, weil die Frage schon falsch gestellt ist. Religiosität ist auch nicht ursächlich für Kinderreichtum, sie tritt nur u. U. gemeinsam auf.

    Die Anthropodiziee-Frage zu stellen entspringt dem Egoismus des Menschen. Es geht aber nicht nur um uns, sondern um ein ganzes Ökosystem, in dem wir einen Teil darstellen.

    Der amerikanische Statistiker Gregory Scott Paul hat in Untersuchungen gezeigt, dass Menschen umso religiöser sind, je größer die Einkommensunterschiede in der Gesellschaft sind. Je unterschiedlicher die Verteilung der Ressourcen, desto ungleicher sind die Chancen bei der Partnerwahl, und desto mehr wollen die Verlierer die Unterschiede durch vermeintliche Vorteile der Religionen nivellieren. Religionen dienen somit der Stabilisierung der Ungleichheit und verhindern dadurch auch zukunftsfähige Gesellschaftssysteme und Weltanschauungen.

    • Hallo @Phil,

      auf welchen Daten beruht Ihre steile Behauptung, nur Hochreligiöse hätten mehr Kinder als Nichtreligiöse, nicht aber „normal Religiöse“? Alle mir bekannten Datensätze, die auch religiöse Parameter erhoben, ergeben andere Befunde. Selbstverständlich wird die Demografie durch viele Faktoren geprägt, aber Religiosität ist eben einer davon. Hier dazu zum Beispiel konkrete Daten der World Value Surveys und der Schweizer Volkszählung, einer Vollerhebung inklusive Religionszugehörigkeit:
      http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/ReproductiveReligiosityBlume2009.pdf

      Und dass es Säkularisierung und sinkende Geburtenraten auch unter Muslimen gibt, habe ich hier auf dem Blog sowie in „Islam in der Krise“ gegen massive, v.a. rechte Proteste immer wieder ausgeführt.

      Ist es denn wirklich zuviel verlangt, wissenschaftliche Texte erst einmal ernsthaft zu lesen, bevor man sich dazu verhält? Wäre das nicht auch ein Gebot des aufgeklärten, kritischen Rationalismus? 🤔

  47. Der Mensch will doch gar nicht wirklich gottgleich sein.
    Der Mensch will nur eine möglichst vollständige Kontrolle über alle Naturvorgänge haben, weil das seine Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht.
    Diese Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit wird von allen Lebensformen angestrebt.
    —–
    Die Amish und die Haredim haben zwar viele Nachkommen, aber vermutlich geht immer ein Teil dieser Nachkommen an andere Kulturen mit weniger Nachkommen verloren.
    —–
    Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, das verhindert schon die Ressourcenknappheit.
    Die Behinderung von Großfamilien in den Industriestaaten ist eine indirekte Folge der Ressourcenknappheit.

  48. Macht- und gottlos ist Mensch nur, wenn er sich wettbewerbsbedingt zu menschenunwürdigkeit in “Individualbewusstsein” spalten lässt!

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    mir fällt auf, dass die Geburtenrate als Indikator für Religiosität gesehen wird. Stellen wir uns einmal eine Gesellschaft vor, die aus religiösen Gründen die Hälfte der Nachkommen zu religiösen Diensten verpflichtet. Das wäre dann eine Form von Geburtenkontrolle.

    Was mir in dieser Suche nach Gründen zu kurz vorkommt, ist die transzendente Seite der Religion. Solange Menschen sterblich sind möchten sie wissen, woher sie kommen. Das ist nicht so dahergeredet, jeder , der nicht weiß, wer sein Vater oder seine Mutter ist, sucht sein Leben lang. Das ist doch irgendwie irrational , oder nicht ?
    Es ist real, weil das zu unserem Selbstverständnis notwendig ist. Und genauso irrational bzw. rational ist es, zu wissen, was wird aus mir, wenn ich tot bin? Die Religionen geben Antwort darauf und das ist ihr stärkstes Argument. Da kann man sich nicht abseits stellen und sagen, das geht mich nichts an. Da muss man Stellung beziehen.
    Und da kommt man direkt zur Anthropodizee Frage: Welchen Sinn hat das Leben. Ist der schon vorhanden und ich muss ihn suchen , oder muss ich mir selbst den Sinn konstruieren, wie es die Darwinisten meinen ? Das scheint mir der entscheidende Unterschied zwischen Glauben und Wissen zu sein. Und kann man sich in der Zukunft eine Religion vorstellen, die verlangt, den Sinn selbst zu suchen ?

  50. Hallo Phil,

    Sie schreiben:
    “Wenn Sie die zusätzlichen Erkenntnisse der Naturwissenschaft als weniger Wertvoll erachten, weil sie Ihrem Verständnis nach das bisher sicher geglaubte relativieren würde, ist das Ihre persönliche Ansicht. Ich persönlich sehe darin einen Gewinn, ganz nach dem Motto: „Wir irren uns empor“.”

    Ja, das versucht uns die Naturwissenschaft (und die Lehrmeinung der Erkenntnistheorie) weiszumachen, daß wir (empor!)irrend der Wahrheit immer näher kommen, und schon ganz nah dran sind, wenn unsere Modell gute Vorhersagen machen. Wie erklären Sie sich die Tatsache, daß wir die herausragendsten physikalischen Phänomene auf 10 Stellen hinter dem Komma genau vorhersagen können, ohne auch nur den Schimmer einer Ahnung davon zu haben, was in den Phänomenen ontologisch vor sich geht.

    Wir nähern uns irrend der Wahrheit, und kommen so dem Unbekannten immer näher.

    Sie meinen, die wissenschaftliche Wahrheit sei eine partielle und approximative, die von Gläubigen angestrebte Wahrheit sei eine absolute und ultimative. Gut, lassen Sie mich wissen, was Sie unter approximativ bezgl. obigen Beispiels verstehen. Zumal hört sich dies so an, als ob die Wissenschaft bescheidener sei in ihrem Wissensanspruch. Das ist nicht der Fall. Die Wissenschaft will die Wahrheit genauso wissen, wie die Religion behauptet, daß sie diese schon wüßte.

    Es geht doch darum, daß der Religion vorgeworfen wird, sie würde wegen ihres Absolutheitsanspruchs Unglück über die Menschen bringen, während die Wissenschaft wegen ihrer Bescheidenheit und Dienlichkeit die Menschen glücklich macht. Dabei ist Religion und Wissenschaft nur ein Angebot, Grenzen zu überwinden, eben zur Kontingenzbewältigung, wie Sie schreiben. Und dieses Angebot kann in gleicher Weise mißbraucht werden:

    Wenn ich behaupte, meine Wahrheit sei „nur“ approximativ, dann setze ich die Existenz einer Wahrheit genauso absolut und ultimativ voraus – an was sollte ich mich denn sonst annähern ? Und natürlich hat der das Sagen, der – obgleich nur approximativ – näher dran ist. Wo ist der Unterschied zu dem, der die Wahrheit schon hat ? Ich bin mir eben nicht so sicher, ob es da einen Unterschied gibt, wenn ich sage: ich habe die Wahrheit, wie es die Religion tut, oder ob ich sage, ich bin ganz nah dran, näher als alle anderen (wenn auch nur irrend genähert), und deswegen ist dies nun Stand des Wissens. Beides taugt gut dazu, Widerspruch abzuwehren. Beides taugt zum Herrschaftswissen. Beides taugt zur Missionierung.

    Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft. Aber der ist woanders. Beim Streben nach der Wahrheit seh ich keinen große Unterschied, da sind beide radikal, wie es sein muß, wenn man weiterkommen will.

    Grüße Fossilium

  51. Hallo Herr Bednarik,

    “Der Mensch will doch gar nicht wirklich gottgleich sein.”

    Doch, will er. Er will sich das Universum untertan machen, und er wird nicht ruhen, bis er das geschafft hat. Und dann wird er wahrscheinlich immer noch nicht aufhören.

    Ich kann mir vorstellen, daß einer der Gründe darin liegt, daß er ständig im Wettbewerb mit anderen Lebewesen (Viren, Bakterien und andere Bionome) um das Überleben auf diesem Planeten kämpfen muß. das hat so was in ihm verankert. Aber möglicherweise hat es noch andere Gründe.

    Grüße Fossilium

  52. Hallo Herr Blume,

    Sie schreiben: „auf welchen Daten beruht Ihre steile Behauptung, nur Hochreligiöse hätten mehr Kinder als Nichtreligiöse, nicht aber „normal Religiöse“? Alle mir bekannten Datensätze, die auch religiöse Parameter erhoben, ergeben andere Befunde.“

    Diese These habe ich aus dem Text des Links entnommen, was aber, wie Sie richtig sagen, falsch ist.

    Folgende Gründe können erklären, warum Religiosität und Fruchtbarkeit miteinander korrelieren:
    McQuillan bezieht seinen Ansatz auf drei Elemente: Die Natur religiöser Werte und Normen, religiöser Institutionen und religiöser Identität. Zuallererst hat die entsprechende Religion Verhaltensnormen zu artikulieren, die mit der Akzeptanz von Fruchtbarkeits-Regeln verbunden sind. Dies können Normen oder Regeln sein, die das Verhalten, verbunden mit proximaten Determinanten auf die Fruchtbarkeit, regulieren. Dazu gehören Verhütung, Sterilisation, Abtreibung, aber auch Richtlinien zum Eintritt in sexuelle Gemeinschaften, die Förderung von Großfamilien und sogar Überzeugungen verbunden mit Pflichten, die auf den Vorstellungen der Vorfahren zurückgehen. Des Weiteren gibt es Fragen zur sozialen Organisation, wie ein den Geschlechtern angemessenes Rollenverhalten, welche letztlich auch die Fruchtbarkeit beeinflussen können. Z. B. wird die Mutterschaft der muslimischen Frau aufgrund der Geschlechtertrennung und einer damit einhergehenden Unterdrückung der muslimischen Frau beeinflusst. Zweitens hat die Religion die Aufgabe, diese Werte und Normen zu kommunizieren, Regelkonformität einzufordern und Regelverstöße zu bestrafen. Der institutionelle Einfluss der Religionen kann sich auf drei Ebenen zeigen: In größerer Gesellschaft, der Gemeinde oder im Leben des Individuums. Drittens wird durch die Religion eine zentrale Komponente der sozialen Identität ihrer Anhänger geformt. Freiwillige Identifikation mit religiösem Glauben kann richtiges Verhalten fördern, speziell wenn Religion und Nationalismus sich vermischen (Quelle, von mir aus dem Englischen übersetzt:https://www.demogr.mpg.de/papers/working/wp-2006-013.pdf.; vgl. S. 10)

    Daten zu hohen Fruchtbarkeitsraten speziell aus den USA haben folgende Gründe:

    Zu ihnen gehören Einwanderung, der ethnische Aufbau, die institutionelle Konstellation, die Natur des ökonomischen Systems, Änderung der Einstellung, hohe Raten ungeplanter Schwangerschaften und Geburten in Abhängigkeit von funktionalem Analphabetismus, sowie Charakteristiken der Gesundheit und reproduktiven Gesundheitssystemen (Quelle, von mir aus dem Englischen übersetzt:https://www.demogr.mpg.de/papers/working/wp-2006-013.pdf.; vgl. S. 13).

    Hallo Fossilum,

    Sie schreiben: „Zumal hört sich dies so an, als ob die Wissenschaft bescheidener sei in ihrem Wissensanspruch. Das ist nicht der Fall. Die Wissenschaft will die Wahrheit genauso wissen, wie die Religion behauptet, daß sie diese schon wüßte.“

    Bescheiden ist hier das falsche Wort. Die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass es ungleich mehr gescheiterte Theorien gibt, als Theorien, die sich bisher bewährt haben.

    Sie schreiben: „Es geht doch darum, daß der Religion vorgeworfen wird, sie würde wegen ihres Absolutheitsanspruchs Unglück über die Menschen bringen, während die Wissenschaft wegen ihrer Bescheidenheit und Dienlichkeit die Menschen glücklich macht.“
    Wo die Wissenschaft den Menschen glücklicher macht, erläutere ich Ihnen gerne an einem Beispiel. Wären sie glücklicher, wenn alle Errungenschaften der Medizin über den Haufen geworfen würden? Würden Sie sich nach mittelalterlichen Methoden behandeln lassen wollen, auch mit dem Risiko, dass sie dadurch früher sterben als nötig?

    Sie schreiben: „Wenn ich behaupte, meine Wahrheit sei „nur“ approximativ, dann setze ich die Existenz einer Wahrheit genauso absolut und ultimativ voraus – an was sollte ich mich denn sonst annähern ?“
    Falsch, weil approximativ laut Duden ungefähr/angenähert bedeutet.

    Dass beide radikal seinen, wie es sein muss, wenn man weiterkommen will, ist auch unglücklich formuliert. Da bin ich anderer Meinung.

    • Hallo, @Phil,

      lieben Dank, dass Sie die empirischen Daten zur Religionsdemografie jetzt besser kennen und anerkennen; ich bin positiv überrascht! Danke!

      Inhaltlich will ich Ihnen gar nicht widersprechen, allerdings inhaltlich um die zentrale, demografische Bedeutung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ergänzen. Dadurch werden Familien direkt entlastet und zugleich Erfahrungen und Wissen vermittelt, die v.a. innerhalb der Religionsgemeinschaft von Relevanz und Wert sind.

      Alle überdurchschnittlich kinderreichen Religionsgemeinschaften tun dies; die extrem kinderreichen Gruppen betreiben sogar eigene Schulsysteme.

      Ihnen Dank für Ihr Interesse und eine gute Nacht! 🌙😴

  53. Ich mische mich auch mal wieder ein 🙂

    Unser Mathematikprofessor hämmerte uns Erstsemester immer wieder ein: Korrelation ist noch keine Kausalität! Und nervte uns stets mit dem Beispiel: Je mehr Störche es in einer bestimmten Regionen gäbe, desto mehr Babies gäbe es. Nun ziehen Sie daraus mal einen Kausalschluß! Nach einigen Wochen löste er dann auf: Wo gibt es denn überhaupt Störche? Bei uns in Düsseldorf z.B. recht wenige. Sehr viele aber etwa in Osteuropa – In ländlichen, industriell nicht sonderlich entwickelten Regionen.

    Was ja unbestreitbar ist: Ein Zusammenhang zwischen Gottesdienstbesuchern und Kinderreichtum. Was aber ebenso unbestreitbar ist, nehmen Sie mal die Zahlen über ein Jahrhundert: Daß die absoluten Zahlen drastisch runter gehen, auch bei den Religiösen. Meine Urgroßtante hatte noch neun Geschwister; kennen Sie eine solche Familie noch? Fünf waren der Normalfall, mehr Kinder noch nicht ungewöhnlich. Religiösität scheint in der westlichen Industriegesellschaft der vergangenen hundert Jahre also kein überwältigender demographisch bestimmenden Faktor zu sein wie der, der unsere Fertilität insgesamt herunterdrückt; sie scheint sich ihm allerdings signifikant zu widersetzen, wenn auch nicht so arg sonderlich.

    Nun sehen Sie als signifikanten Faktor für den Rückgang der Geburtenrate zwar nicht die Anzahl der Störche, da diese anscheinend nicht die Babies bringen, wohl aber die Säkularisierung mit ihrer nicht gelösten Anthropodizee. Ihr Argument: Es habe noch nie eine säkulare Gemeinschaft zu einer Selbsterhaltungsfertilität gebracht von >2,1. Da bin ich auf Slashs Seite: Nennenswerte säkulare Gesellschaften gibt es seit … in Jahrhunderten kann man da fast noch gar nicht rechnen. Die Handvoll Intellektueller bei Griechen, Römern, Indern bilden keine nennenswerten eigenen Gesellschaften/Subkulturen; wo sie es tun, etwa bei den Stoikern, ist uns über ihre Geburtenrate nichts bekannt. Für den großen Geburtenrückgang in den Industriegesellschaften also mögen ganz andere Faktoren mitentscheidend sein.

    Was Sie vor allem aber übersehen, das sind antinatalistische Positionen und Haltungen in den Religionen. Es sind ja nicht alle Traditionen positiv-optimistisch gestimmt wie etwa die jüdische oder indische. „Das Beste wäre es, nie geboren zu sein,“ so der alte Silen, „das Zweitbeste aber, möglichst bald zu sterben“. Die Griechen sahen sich als ohnmächtige Playmobilfiguren in den Händen launischer, willkürlicher, keineswegs gerechter oder auch nur fairer Götter, die mit ihnen ihr Spiel spielen, nach Lust und Laune günstig sind oder mißgünstig, und auch das ohne Bestand. „Der Weltenlenker ist ein spielendes Kind [im Sinne von: kindischem Kind], willkürlich Sandburgen bauend und wieder einreißend; einem Dreikäsehoch ist das Königsreich“, so Heraklit (B52), und das ja eben war die kollektive Erfahrung der Griechen in den Dark Ages: Hochkulturen, an die Heldenlieder nur schemenhaft erinnern, wurden ohne erkennbare Ursache und Grund wieder eingepflügt, so wie alles, was wir derzeit aufbauen, mutmaßlich auch wieder eingerissen wird, so daß sich Künftige ohne Wissen, ohne Technologie, sich abermals aus der Steinzeit wieder emporarbeiten und alles wieder, wie schon unzählige Maße zuvor, werden neu erfinden müssen. Genau diese pessimistischen Griechen aber entwickeln in der klassischen Zeit ein ungeheures Bevölkerungswachstum; sehen Sie sich nur die Zahl der Gründungen griechischer Kolonien an in der Zeit 600-300 v.Chr. an. Ephesus, Milet; dampfende Metropolen voller Neuansiedler, ohne daß die Herkunftsstädte ausstürben! Und der Buddhismus arbeitet ja einen Gedanken nur scharf heraus, der im ganzen Hinduismus mit seinem Rad der ewigen sinnlosen Wiedergeburten angelegt ist: Alles Leben ist letztlich Leid, ist sinnlos, sollte besser nicht sein und erzeugt nur neues, weiteres Leiden, weitere sinnlosen Anhaftungen.

    Gibt es da Daten, daß auch diese geburtsfeindlichen Weltanschauungen über eine geringere Fortpflanzungsrate verfügten als die optimistischeren Religionen?

    • @Alubehüteter

      Hoffentlich hat Ihnen Ihr Mathematikprofessor auch „eingehämmert“, dass die Erkenntnistheorie keine billige Ausflucht sein sollte, sich auf Relativismus und Geschmacksurteile zurück zu ziehen…

      1. Wo genau verwechsle ich Korrelation und Kausalität? Das tue ich nicht, sondern kombiniere statistische und qualitative Befunde.

      2. Wo behauptete ich jemals, dass Religion der einzige demografische Faktor wäre? Stattdessen beschreibe ich ihn als einen Faktor, der mit anderen historisch interagiert.

      3. Wo übersehe ich „antinatalistische Positionen“? Ich schildere diese wiederholt, hier auf dem Blog u.a. mit eigenen Posts über die Shaker (christlich) und die Heme Suri (islamisch). Und ich gebe Friedrich August von Hayek Recht, nachdem sich der religionsdemografische Zusammenhang nicht „intrinsisch“, sondern „historisch“, also im Prozess der kulturellen Evolution ergibt: Kinderreiche Gemeinschaften setzen sich und ihre Lehren auch innerhalb der Religionen auf Dauer besser durch. Vgl. Amish versus Shaker, auch hier auf dem Blog.

      4. Dass sich trotz schon seit Jahrtausender nachweisbarer Atheismen nie eine nichtreligiöse Gesellschaft entfalten konnte, ist Teil des empirischen Befundes. Es hat schon demografisch nicht geklappt und tut es auch in Staaten mit Jahrhunderten Religiobsfreiheit weiterhin nicht. Das kann man bedauern, aber nicht bestreiten.

      Oder besser gesagt: „Man“ kann schon und ich bin immer wieder überrascht, wieviel Gehirnschmalz vermeintlich aufgeklärte Menschen aufwenden, um Entdeckungen zu bestreiten, die ihnen nicht in die Gefühlswelt passen. Für mich läuft das dann leider zu oft auf ermüdende Einzelseminare hinaus…

      Nun ja, ich habe mich ja freiwillig zum wissenschaftlichen Engagement gegen die oft selbstgewählte Ignoranz entschlossen. 🙂

  54. Hallo Herr Blume,

    Aber was heisst es, dass ich die Daten anerkenne?

    Erstens ist Korrelation keine Kausalität. Damit muss eingestanden werden, dass hier Daten zur Stützung des eigenen Glaubens interpretiert bzw. annektiert werden.

    Zweitens wäre es ein naturalistischer Fehlschluss, wenn man vom Sein – dass Religiöse Menschen mehr Kinder haben – auf´s Sollen – dass das auch gefordert werden müsste bzw. gut wäre – schliesst.

    Die Frage, ob die Menschheit Religion braucht, ist daher tendenziös gestellt.
    Die Religion kann gut für Menschen sein, solange sie nicht zu Überzeugungen führt, die andere Menschen zu unrecht schaden. Wenn also aus falschen Überzeugungen letztlich physische oder psychische Gewalt resultiert.

    Nun haben wir es bei machen religiösen Überzeugungen allerdings mit Brandbeschleunigern zu tun, die ganz schnell definieren, wer zur In- und wer zur Outgroup gehört.
    Die Mechanismen, wie Vorurteile entstehen, kann man im Buch „Das Gewaltpotenzial der Religionen“ von Ina Wunn u. Beate Schneider nachlesen.

    • @Phil

      Ach, ich bin ja schon glücklich, wenn sich Menschen vertieft mit empirischer Religionswissenschaft befassen. Und daran, dass manche ihre Abneigung gegen Religion(en) auf mich projezieren, habe ich mich inzwischen gewöhnt. 🙂

      1. Nein, ich verwechsele nicht Korrelation und Kausalität, sondern habe deswegen sowohl statistische wie qualitative Studien angewandt. Wenn Ihnen eine Korrelation nicht gefällt, bedeutet das nicht, dass keine Zusammenhänge bestehen.

      2. Nein, ich schließe nicht vom Sein aufs Sollen, sondern mache gerade auch in diesem Blogpost die Unterschiede wie auch Wechselwirkungen zwischen empirischen und metaphysischen Auffassungen deutlich.

      3. Nein, ich leugne auch nicht die Gewaltpotenziale von Religionen, sondern thematisiere diese ständig, u.a. auch in obigen Beiträgen oder diesem Buch:
      http://www.sciebooks.de/cms/books/religioeser-fundamentalismus-extremismus

      Also: Sie müssen Religion(en) nicht mögen. Aber wenn Sie sich ernsthaft mit empirischer Religionswissenschaft befassen, wäre es doch schön, Ihre Vorurteile nicht unüberprüft auf Religionswissenschaftler zu projezieren. Wissenschaft bietet ja immer die Chance, Neues zu entdecken. 🙂

  55. Ich glaube nicht, dass atheistische Naturwissenschaftler gottgleich sein wollen, denn das wäre ein logischer Widerspruch.
    Es ist aber möglich, dass religiöse Menschen glauben, dass Naturwissenschaftler gottgleich sein wollen.
    —–
    Wir kennen nur fünf Prozent der Bestandteile unseres Universums (die baryonische Materie), und sind daher ziemlich weit vom vollständigen Wissen über unser Universum entfernt.
    Von den 27 Prozent Dunkle Materie und den 68 Prozent Dunkle Energie haben wir nicht die geringste Ahnung, worum es sich dabei eigentlich handelt.

  56. Hallo Herr Blume:

    Sie schreiben: „Wenn Ihnen eine Korrelation nicht gefällt, bedeutet das nicht, dass keine Zusammenhänge bestehen.“
    Dann stellt sich mir die Frage, ob die Zusammenhänge kausal sind.

    Ich habe auch nicht Sie persönlich gemeint, sonder geschrieben „wenn man vom Sein auf´s Sollen schließt“.

    Sie schreiben: „Also: Sie müssen Religion(en) nicht mögen. Aber wenn Sie sich ernsthaft mit empirischer Religionswissenschaft befassen, wäre es doch schön, Ihre Vorurteile nicht unüberprüft auf Religionswissenschaftler zu projezieren.“
    Ich projeziere keine Vorurteile unüberprüft auf Sie, es war lediglich eine Feststellung. Wenn ich Sie persönlich meine, schreibe ich das auch. 🙂

    • Nun, @Phil: Sie unterstellen mir Aussagen, die ich nie gemacht habe und lesen kaum, was doch bereits auch digital dazu verfügbar wäre. Und das liegt nicht an Ihnen als Person, Sie sind sogar überdurchschnittlich erkenntnisoffen. Ich denke, es liegt am Thema.

      Nach all meiner sicher noch ausbaufähigen Erfahrung wäre all dies kaum der Fall, wenn es hier „nur“ um die Evolution von Sprache oder Musik ginge. Aber bei Religion geht es ans Eingemachte, da wechseln viele aus dem Erkenntnis- in den Abwehrmodus; da sind Sie nicht der Erste und wohl auch nicht der Letzte… 😉

      Aber ich bin ja auch selber Schuld, Befunde öffentlich oder gar Fragen zu stellen, die Leute aufregen. Denn eigentlich nutzen wir alle das Netz doch meistens, um uns zu bestätigen – und nicht, um unsere Vorurteile zu überprüfen…

      So hat auch die Diskussion mit Ihnen – da ich Sie für einen intelligenten, aufgeklärten und reflektierten Menschen halte – zu diesem Blogpost beigetragen:
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/kann-man-religionswissenschaft-im-internet-fair-diskutieren-ein-zweifel/

      Ihre Meinung dazu würde mich sehr interessieren! Aber auf jeden Fall ein schönes Wochenende! 🙂

  57. Die ablehnende Haltung gegenüber von Religionen und anderen Ideologien, die eine höhere Fortpflanzungsrate fördern, kommt daher, dass eine höhere Fortpflanzungsrate grundsätzlich für alle gefährlich ist.
    Irgendwann entsteht dann durch die höhere Fortpflanzungsrate Konkurrenzkampf, Armut, Hunger, Migration oder Krieg.
    Erschwert wird dieses Problem dadurch, dass eine kritische Einstellung gegenüber einer höheren Fortpflanzungsrate auf längere Sicht von der Evolution weg selektiert wird.
    Unser Ziel sollte sein, diese kritische Einstellung gegenüber der höheren Fortpflanzungsrate möglichst weit zu verbreiten.

    • @Karl Bednarik

      Danke für Ihre Herleitung des Antinatalismus. Auch Sie argumentieren m.E. implizit mit der Leidvermeidung. Und nehmen gleichzeitig sich und jene, die der antinatalistischen Argumentation folgen, aus dem biokulturellen Evolutionsprozess. In dem also „die fortpflanzungsfreudigen Religionen“ und deren Angängerschaften bestehen würden – oder!? 🤔

  58. Hallo Herr Blume,

    da meine Frage wichtig ist, wiederhole ich sie nochmal:
    Sie schreiben: „Wenn Ihnen eine Korrelation nicht gefällt, bedeutet das nicht, dass keine Zusammenhänge bestehen.“
    Dann stellt sich mir die Frage, ob die Zusammenhänge kausal sind. Dass Korrelationen vorhanden sind habe ich nicht bestritten.

    • Ganz genau, @Phil: Dass die statistische Analyse eine positive Korrelation zwischen religiöser Praxis und durchschnittlicher Kinderzahl ergibt, ist für sich genommen noch kein Beweis; es könnte, wie bei den Störchen, auch an dritten Variablen liegen.

      Also galt es die Korrelation an quantitativen Studien zu klären: Diese legte ich solche u.a. zu den Amish, Haredim, Mormonen und auch kinderärmeren Traditionen wie den Unitsriern vor. Hinzu kamen Vollauswertungen u.a. der Schweizer Volkszählung.

      Qualitativ wurde bestätigt: Ohne den Faktor der kulturell gestalteten Religiosität lässt sich der erhöhte Kinderreichtum vieler Religionsgemeinschaften nicht erklären. Die Korrelation ist Ausdruck einer komplexen Kausalität.

      Das ist der Erkenntnisstand, der auch öffentlich publiziert ist und also überprüft, vertieft, übertroffen werden kann.

      #Religion #Demografie #Religionsdemografie

  59. Hallo Herr Blume,
    ich halte den negativen Utilitarismus (Verringerung von Leid), den Agnostizismus (wir wissen sehr wenig über das Universum) und die Platin-Regel (behandle andere Menschen so, wie diese behandelt werden wollen) für empfehlenswert.
    Es besteht ein Konflikt zwischen der biologischen Evolution und der kulturellen Evolution, sowie zwischen den genetischen Steuerbefehlen und dem Großhirn.
    Eine mögliche Lösung wäre die biologische Unsterblichkeit der einzelnen Individuen, die sich dann nur selten fortpflanzen, die sich dann aber selbst als Individuen genetisch und technisch verbessern können.
    Dadurch nehmen die biologisch Unsterblichen den Platz ihrer nicht vorhandenen Nachkommen ein, und die Bevölkerung schrumpft nicht.
    Dieser Immortalismus ist eine gemäßigte Form des Transhumanismus.
    Man kann sich frei entscheiden, ob und wie lange man biologisch Unsterblicher bleiben will, aber man kann sich nicht frei entscheiden, ob man geboren wird.
    Ich persönlich verzichte auf möglichst alle Konkurrenzvorgänge und auf meine Fortpflanzung, und ich befasse mich seit rund fünfzig Jahren ernsthaft mit Molekularbiologie und Nanotechnologie.
    Ich bin damit aber nicht der Einzige.
    Neue Technologien sind am Anfang immer teuer, und etwas später dann billige Massenware:
    https://www.finanzen.net/nachricht/private-finanzen/business-insider-wie-6-milliardaere-den-tod-besiegen-wollen-4502615
    Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik.

  60. https://www.nytimes.com/2018/06/03/opinion/why-we-need-religion.html.

    Sicherheitshalber möchte ich anmerken (ich bin buddhistisch beeinflusst/geprägt), dass das Thema Schöpfergott im Buddhismus kein wichtiges ist. Anderseits man den Buddhismus (der Einfachheit halber) jedoch Religion zuordnen kann.

    Ich habe den Link auch bei https://scilogs.spektrum.de/gute-geschaefte/gruppenmoral-gegen-allgemeine-moral gesetzt. Der thread hat ja mit dem NYT Artikel nicht direkt was zu tun. Ich hatte dort vorhin den post von demolog von gestern 01:36 gelesen und dachte eben beim Lesen des NYT Artikels, dass er irgendwie dazu passt …

  61. Dass sich trotz schon seit Jahrtausender nachweisbarer Atheismen nie eine nichtreligiöse Gesellschaft entfalten konnte, ist Teil des empirischen Befundes. Es hat schon demografisch nicht geklappt.

    Ich denke da jetzt schon ein paar Tage drüber nach. Mir will einfach keine nichtreligiöse, agnostische, gar atheistische Population einfallen vor der Neuzeit. Mir ist keine griechische Polis bekannt, in der Altäre und Tempel verpönt gewesen wären, und die dann demografisch überrannt worden wäre von den verbliebenen Religiösen.

    Es gab agnostische, atheistische Positionen namentlich in Griechenland und Indien. Das sind aber zuerst einzelne Meinungen. Ich wüßte jetzt noch nicht einmal, daß diese Philosophen Schulen gebildet hätten. Aber selbst die breite Bewegung der Stoia war ja keine eigenständige Population, sondern stets nur Subkultur.

    • @Alubehüteter

      Und genau das ist der Befund: Atheistische Strömungen wuchsen kaum je über den Status als „Subkultur“ hinaus.

      Und wo sie dann staatliche Herrschaft erlangten – etwa im Sozialismus – ging es (auch demografisch) völlig schief. Dieser empirische Befund ist zu stark, um ihn zu ignorieren oder gar die Beweislast umzukehren…

  62. Wenn es keine Gottheit und keinen ewigen Sinn gibt, wenn alles Leben und Sterben nur im zeitlichen Rahmen stattfindet, dann gibt es keine absoluten Begründungen mehr für das Hervorbringen weiteren, bewussten Lebens.

    Ich sehe den Zusammenhang nicht: Daß es

    keinen ewigen Sinn gibt

    und

    alles Leben und Sterben nur im zeitlichen Rahmen stattfindet

    bedeutet ja noch nicht, daß es

    keine Gottheit

    gäbe.
    Religion ist ja nicht zwingend Sinn- und troststiftend, wie eine einseitige Religionskritik gerne erklärt (der Mensch sucht sich zu trösten für die irdischen Defizite mit einer überirdischen Vollendung).

    Die homerische Religion der Griechen bedeutet für die Menschen dies: völlige Sinn- und Trostlosigkeit. Der Mensch als Spielfigur launischer Götter.

    Und nach dem Tode? Der noch lebendige Odysseus beschwört den toten Achill hinauf und preist ihn:

    Vormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Götter,
    Wir Achaier; und nun, da du hier bist, herrschest du mächtig
    Unter den Geistern: drum lass dich den Tod nicht reuen, Achilleus!

    Dieser aber winkt ab:

    Preise mir jetzt nicht tröstend den Tod, ruhmvoller Odysseus.
    Lieber möcht’ ich fürwahr dem unbegüterten Meier
    Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baun,
    Als die ganze Schar vermoderter Toten beherrschen.,

    (11. Gesang)

    Das ist nun einmal das zutiefst tragische Welterleben nach der bislang in der Menschheitsgeschichte beispiellosen Katastrophe der Dark Ages, die die Hethiter, zuvor Weltmacht auf Augenhöhe Ägyptens, in die Bedeutungslosigkeit eines herumstromernden Bergvolkes zerbombten; die aber auch die Griechen in vorschriftliche, beinahe steinzeitliche Verhältnisse zurückkatapultierten.

    Ganz anders die davon weitgehend unbeeinflußten Ägypter, die ihren Teil der Katastrophe, Palästina verloren zu haben, einfach aus ihrem Gedächtnis tilgten. Sie blicken zurück auf 3000 Jahre Ordnung und Geschichte. Natürlich mit Rückschlägen wie die Zeit der Fremdbestimmung durch die Hyksos, aber im Großen und Ganzen geht alles seinen geordneten Gang, und zu diesem trägt ganz wesentlich bei der Pharao im Totenreich.

    Waren die Ägypter fortpflanzungsfreudiger als die Griechen?

    • @Alubehüteter

      Die Aussage ist ausdrücklich nicht, dass „jede“ Religion gleichermaßen sinn- und familienstiftend wäre; sondern dass v.a. monotheistische Religionen das Potential dazu haben. Dann greift kulturelle Evolution.

      Sie haben Ägypten selbst als Beispiel benannt – die Exodus-Überlieferung schildert die demografische Angst des Pharao, die Religionsgeschichte den Untergang des ägyptischen Polytheismus…

  63. Ups. Ich schrieb, es seien nicht alle

    Traditionen positiv-optimistisch gestimmt wie etwa die jüdische oder indische.

    Es hätte statt die indische die chinesische sein sollen 😉

  64. Irgendwie mag keiner meiner Browser derzeit den Antwort-Button der Forumssoftware 🙁

    Und genau das ist der Befund: Atheistische Strömungen wuchsen kaum je über den Status als „Subkultur“ hinaus.

    Mein Befund ist: Ich sehe keine atheistischen Strömungen. Das sind bis zur Neuzeit Einzelpositionen. Eine Säkularisierung, wie wir sie in Deutschland seit vielleicht 50 Jahren erleben: daß den Menschen Religion praktisch immer gleichgültiger wird, hat es meiner Kenntnis nach in der Geschichte zuvor nicht gegeben, weswegen man auch nicht sagen kann, sie seien demographisch gescheitert. Und ob das heutige demographische Problem der Bundesrepublik, die zusammengeht mit der zunehmenden Säkularisierung, wirklich auch mit ihr zusammenhängt – Sie selber verweisen ja auf die sinkende Demographie in der Türkei. Was Ihre Zahlen hergeben: Gewisse religiöse Gemeinschaften unterliegen diesem Trend nicht so stark wie säkulare Gemeinschaften.

    Und wo sie dann staatliche Herrschaft erlangten – etwa im Sozialismus – ging es (auch demografisch) völlig schief. Dieser empirische Befund ist zu stark, um ihn zu ignorieren oder gar die Beweislast umzukehren…

    Der staatlich verordnete Atheismus aber wurde ja von den Bevölkerungen sehr unterschiedlich mitgetragen. In Polen, Ungarn, Litauen blieb der Katholizismus sehr stark, in Rußland, Rumänien die Orthodoxie. Eine Säkularisierung von unten nehme ich wahr in Lettland, Estland, Tschechoslowakei. Ihr Vergleich der Demographien BRD/DDR ist allerdings interessant. 🙂

    Die Aussage ist ausdrücklich nicht, dass „jede“ Religion gleichermaßen sinn- und familienstiftend wäre; sondern dass v.a. monotheistische Religionen das Potential dazu haben. Dann greift kulturelle Evolution.

    Ah ja. Das grenzt das Ganze schon erfrischend ein und macht es operationabler 🙂

    Dann reden wir aber auch nicht mehr von Menschheitsgeschichte. Dann sind wir bei knapp mehr als den letzten zweieinhalbtausend Jahren.

    Sie haben Ägypten selbst als Beispiel benannt – die Exodus-Überlieferung schildert die demografische Angst des Pharao, die Religionsgeschichte den Untergang des ägyptischen Polytheismus…

    Nun ist die Exodus-Überliefung ja aber keine geschichtliche. Wir wissen nicht, ob ein Pharao jemals Ängste hatte vor einer zahlenmäßigen Überfremdung durch die Hebräer, auch nicht, ob sie begründet waren; wir wissen nicht einmal, um welchen Pharao es sich in der Exodus-Überlieferung gehandelt haben soll.

    Vor allem aber können Sie den nachexilischen Monotheismus ja noch nicht in diese Zeit zurückhineinprojizieren. Die Juden waren, streng formal, Polytheisten, die allerdings für sich einen einzigen Nationalgott hatten, der sich ihnen in besonderer Weise zugewandt hatte und sich allen anderen Göttern gegenüber (die keineswegs geleugnet wurden! Auch die Zauberer des Pharaos vollbrachten “Wunder”!) als überlegen erwies (die “Wunder” der Zauberer Pharaos waren nicht so mächtig wie die Zeichen des Mose).

    Auch Monotheismus ist nicht schlagartig da, sondern erwächst kontinuierlich aus einem polytheistischen Umfeld. Siehe z.B. Psalm 82:

    1 Gott steht auf in der Gottesversammlung, inmitten der Götter hält er Gericht.
    2 Wie lange noch wollt ihr ungerecht richten und die Frevler begünstigen? [Sela]
    3 Verhelft zum Recht den Geringen und Waisen, dem Elenden und dem Bedürftigen schafft Gerechtigkeit!
    4 Befreit den Geringen und Armen, entreißt sie der Hand der Frevler!

    • @Alubehüteter

      Nun habe ich auch nirgendwo behauptet, dass die Exodus-Überlieferung ein historischer Tatsachenbericht wäre. Interessant ist doch vielmehr, dass hier der semitische Kinderreichtum bereits bekannt, sogar selbst Mythos geworden ist!

      Und dass Atheismen bereits seit Jahrtausenden bekannt, aber nie erfolgreich waren, räumen Sie ja ebenfalls ein wie die heutigen Daten und Studien.

      Natürlich können Sie es machen wie z.B. die Kreationisten: Immer fantastischere Annahmen formulieren und auf immer noch mehr angeblich fehlende „missing links“ verweisen. Empirische Befunde und Thesen lassen sich immer bezweifeln, das ist ja ihre Stärke. Die Kraft zu finden, auch jene anzuerkennen, die einem erst einmal nicht passen, ist die Herausforderung an uns.

      Ich kann Ihnen da leider nicht mehr helfen, das ist jetzt Ihre kognitive Dissonanz (sorry!). Vgl. diesen Blogpost dazu:
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/kann-man-religionswissenschaft-im-internet-fair-diskutieren-ein-zweifel/

  65. Nun habe ich auch nirgendwo behauptet, dass die Exodus-Überlieferung ein historischer Tatsachenbericht wäre. Interessant ist doch vielmehr, dass hier der semitische Kinderreichtum bereits bekannt, sogar selbst Mythos geworden ist!

    Jetzt habe ich es verstanden. Dann stimmt auch mein zweiter Einwand nicht: Daß man den jüdischen Monotheismus, wie er sich nach dem Exil herausbildet, nicht schon in die Exodusereignisse hineinprojizieren dürfe. Beides tun Sie nicht. Wir sprechen also sowohl von einem nachexilischen Monotheismus wie einem nachexilischen jüdischen Kinderreichtum, die in den Exodusgeschichten thematisiert werden. 🙂

    Und dass Atheismen bereits seit Jahrtausenden bekannt, aber nie erfolgreich waren, räumen Sie ja ein.

    Die sind mir nicht unbekannt. Unbekannt sind mir atheistische Populationen, welcher Art auch immer. Atheistische Stadtstaaten, atheistische Lebensgemeinschaften (zum Vergleich: Klöster), atheistische Subkulturen, die demographisch hätten scheitern können.

    Wobei das mit dem Erfolg von Weltanschauungen auch so eine Sache ist. Platon / Aristoteles haben sich nicht zuletzt deswegen durchgesetzt, weil Aristoteles eine regelrechte Buchabschreib-Manufaktur mit seinen Studenten ins Werk gesetzt hat. Nicht, weil ihre Ansichten unbedingt die besseren gewesen wären oder ihre Studenten mehr Kinder gekriegt hätten. “Wer schreib(en läß)t, der bleibt”, das hatte der atheistische Zeitgenosse Demokrit schlicht verpaßt. (Aber das muß ich Ihnen nicht erzählen; ich hatte Sie wiederentdeckt, als ich “Buchdruck Osmanisches Reich” gegoogelt habe.)

    Natürlich können Sie es machen wie z.B. die Kreationisten: Immer fantastischere Annahmen formulieren und auf immer noch mehr angeblich fehlende „missing links“ verweisen.

    Entschuldigung – Wo mache ich das?

    Empirische Befunde und Thesen lassen sich immer bezweifeln, das ist ja ihre Stärke.

    Richtig. Empirische Befunde sind ja letztlich nur dazu da, uns heiß darauf zu machen, den schwarzen Schwan endlich doch noch zu finden. 😉 Erkenntnisse sind nur dazu da, durch neuere Erkenntnisse widerlegt oder zumindest relativiert zu werden. Einer meiner Lieblingstexte dazu: Das Lob des Zweifels vom Meister Brecht. – Marx schreibt irgendwo stöhnend, der Aufwand, neue Erkenntnisse zu generieren, stehe in keinem Verhältnis dazu, sich neue Erkenntnisse anderer anzueignen (er drückt es ökonomischer aus). In diesem Sinne sind wir Rezipienten natürlich immer schon viel zu schnell dabei, Ihre schönen Erkenntnisfortschritte zu zerfleddern, anstatt sie erst einmal zu würdigen.

    https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/kann-man-religionswissenschaft-im-internet-fair-diskutieren-ein-zweifel/ habe ich im Blick, wie ich hier vieles gewinnbringend lese, ohne selber mitzumischen. Aber in dem Zusammenhang: Es ist eine Ärgerlichkeit der menschlichen Spezies, daß wir viel zu wenig rückmelden, was wir (stillschweigend) gut finden, aber sofort rumpoltern, wo wir meinen “da stimmt aber doch was nicht”. (Wobei Sie in den Blogpost ja auch Ihre Facebook-Erfahrungen miteinbeziehen, die sind natürlich um einiges derber, da von emotionalisierenden Algorythmen mitbeeinflußt. Einer der Gründe, waum ich Facebook meide.)

  66. Hallo Herr Blume,

    Nicole Brose geht davon aus, dass Religiosität und die Wahrnehmung des Kindernutzens in einem kausalen Verhältnis zueinander stehen (Brose 2006). Sie betont, dass die Normen und Werte, die in der familiensoziologischen Forschung oft als prägend für die Entscheidungen für oder gegen Familiengründungen und -erweiterungen herausgestellt werden, nicht unbedingt als Ursache oder als Folge des generativen Verhaltens angesehen werden müssen. Sie sucht deshalb Anhaltspunkt für Mechanismen, auf denen eine mögliche Korrelation zwischen religiöser Zugehörigkeit und der Kinderzahl beruhen könnte. Im Rahmen ihrer Arbeit untersucht sie zwei Hypothesen, die den positiven Effekt der Religionszugehörigkeit auf die Kinderzahl alternativ entweder als Ergebnis höherer Erwartungen an den emotionalen Nutzen von Kindern zum Ausdruck und Folge einer stärkeren Bereitschaft zur Eheschließung und/oder einer geringeren Trennungs- oder Scheidungsneigung erklären (Quelle: Demografischer Wandel in Japan und Deutschland, Band 49, 2011, Holger Rockmann, S. 81).

    • Ja, @Phil – lieben Dank! Broses Arbeit habe ich als Beitrag positiv in Erinnerung! 🙂 Zu ergänzen wären freilich auch die religiösen Bildungs- und Betreuungsangebote; doch das wissen Sie ja längst. 🙂

  67. @ Michael Blume
    20. Juli 2018 @ 23:06

    @Phil

    Nein, für diese Begrifflichkeit sehe ich in der Evolutionsforschung zu Religiosität und Religionen keinen Bedarf und keine überzeugende, empirische Grundlage.

    -> Also keinen Bedarf zu sehen, ist hier ja nun eher ein schlechtes Argument. Oder gar keins. Es ist Meinung.
    Die empirische Grundlage ist dazu aber, wie sie mir zustimmen werden, schwere Arbeit des Zählens, nicht wahr?
    Und wenn die nicht getan wird, besteht auch nicht diese Grundlage.

    Erstaunlich, wie sie zwar immer wieder betonen, sie seien “evolutionär” bei der Sache, aber wollen von Selektionsprozessen so gar nichts wissen.

    Haben sie auch das Bedürfnis, die Schönwetterseite der Evolution hervor zu heben, und alles irgendwie “Negative” dann zu übersehen?

    Dabei ist Selektion ein konzept (und wenn mans ernst nehmen würde, auch ein aktiver Prozess), das überall zu finden ist, wenn man nur danach sucht.
    Vor allem dann, wenn Lebewesen zu sehr konzentriert und wenig Isoliert aufeinander leben und sich den Anstrich einer bemüht liberalen Weltsicht geben, wird das anscheinend Unausweichliche ebenso gewünscht schlicht ausgeblendet. Und womöglich sogar unischtbar aktiv gesteuert.
    Vorne idealsistische und liberalistische Zukunftsvisionen populieren, Hintenrum aktiv an den eigenen Interessen entlang die Nation “bilden”.

    Aber es ist natürlich seltsam und Irrational, wenn man quasi-natürliche Prozesse “kritisiert”, oder sie auch nur beim Wort (und Bedeutung) nennt.

    Möglicherweise lockt man damit nämlich sogar die Kräfte an, die einem dann um so schneller dieser Selektion unterwerfen.

    Meine Theorie zur Entstehung der (komplexen) Sprache ist:
    Als der “Halbmensch” seinen Fluchtinstinkt verlor, nötigte ihn das dazu, mit dem Reden um “Kopf und Kragen” anzufangen.
    Die Phrase “Zur Rede stellen” deutet auch an, dass man jemanden erst mal stellen muß (also irgendwie “habhaft werden”, einfangen), um sich dann von ihm die Notlügen anhören zu können.

    Mein Ausbildungs-Meister hat früher immer gesagt, ich sei in Ausreden nicht verlegen. Dabei ist der unerfahrene Lehrling sich natürlich nicht bewusst, wieso er der Lüger bezichtigt wird, wenn er doch nichts über seinen Fehler weiß.

    Naja, und ich vermute mal, das ihre Aussage in eine solche Kategorie fällt, in welcher man sozusagen aus der Not schlicht irgendwas Irrsinniges erzählt, nur damit man diese brachialen Szenarien nicht auf der Seele lasten hat…oder ja nicht wegen Dramatisierung bezichtigt wird.

    Vielleicht wirft das auch ein Licht auf die alten Griechen, die ja als erste echte Literatur-Produzenten gelten – hierzulande.
    Aber der Verlust des Fluchtinstinktes fällt ja nicht erst in diese Epoche der Zivilisation. Sondern ist ja Ursache der Zivilisation.

    Laut christlicher Theologie (oder wegen den inhaltlich behandelten Szenerien) kann man auch schliessen, dass die “Menschwerdung” in der Weise (eben der Ursache des Verlustes dieses Fluchtinstinktes) überhaupt erst stattgefunden hat, weil der Fluchtinstinkt als tierisches Verhalten zu interpretieren sei. Wobei es beim Menschen neben dem Fluchtinstinkt auch das Gegenteil gibt).

    Praktisch sieht die Realität heute nur leider so aus, dass es keinen Zufluchtsort mehr zu geben scheint. Die Erde ist “erobert”, aufgeteilt und bis ins letzte Eckchen unter Kontrolle. Vor allen Dingen auch unmöglich, wenn man zu Unfähigkeit erzogen und gebildet wurde.

    Kein Wunder, das die Menschen sich um Kopf und Kragen reden müssen.

    Der Intellektuelle als Folge des überhandnehmenden Anpassungsdrucks!

    Aber Selektionsdruck sei hier (und anderswo) natürlich nicht am Werke.

    • @demolog

      Ich fürchte, hier liegt ein inhaltliches Missverständnis vor: Selbstverständlich bestreite ich nicht die Begrifflichkeit der evolutionären „Selektion“, sondern nur der sog. „Gruppenselektion“.

      Diese geht bis auf Vermutungen bei Darwin selbst zurück und nimmt an, dass Selektionsprozesse nicht nur an Individuen, sondern auch an Gruppen (wie z.B. „Völkern“, „Rassen“, „Arten“) ansetzt. Durch die unkritisch-massive Verwendung von gruppenselektionistischen Annahmen in rassistischen und sozialdarwinistischen Kontexten völlig in Mißkredit geraten, werden neuere Konzepte z.B. kultureller Gruppenselektion heute wieder diskutiert, vgl.
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gruppenselektion-vor-dem-comeback/

      Wenn ich entsprechende Theoriedebatten auch durchaus interessiert & offen verfolge, so sehe ich in den Daten zur religionsbezogenen Evolutionsforschung weiterhin keinen „Bedarf“ am Konzept der Gruppenselektion. Denn der Aufbau kooperativer und überdurchschnittlich reproduktiver Reöigionsgemeinschaften geht ja bereits mit auch individuellen Selektions- und v.a. Reproduktionsvorteilen einher – es bleibt m.E. also keine Erklärungslücke, die mit gruppenselektionistischen Modellen geschlossen werden müsste. Ich hoffe, das Thema ist nun klarer geworden?

      Die Evolutionsforschung zur Sprache ist kaum weniger komplex als jener zur Sprache, beide Stränge sind zudem miteinander verbunden. Für den Kommentarbereich scheint mir das zu groß, vielleicht kommen wir ja einmal extra dazu.

      Ihnen einen schönen Tag! 🙂

  68. @ Michael Blume
    24. Juli 2018 @ 07:44

    Zitat:
    Denn der Aufbau kooperativer und überdurchschnittlich reproduktiver Reöigionsgemeinschaften geht ja bereits mit auch individuellen Selektions- und v.a. Reproduktionsvorteilen einher …

    -> Dann, aufgrund dieser Aussage, hätte ihre Antwort oben (Michael Blume 20. Juli 2018 @ 23:06 @Phil) allerdings folgerichtig genau gegenteilig ausgesehen haben müssen.
    Ich weiß zwar gerade nicht, wie “kleinteilig” und Differenziert man das noch zerstückeln kann, damit man nicht auf Selektionsmechanismen stößt… aber das ändert ja nichts, wenn man diese ausdiferenzierte Betrachtung in den jeweils größeren kontext einbettet.

    Und ich erahne, warum das jahrtausende erprobte Konzept der Religion (und der real existierenden Ausübung) hier den Vorteil im Sinne Fortpflanzung erzeugt.

    Und ich bin dann ja nicht religiös verblendet, und weiß, wieso das so ist. Und der einzigste Grund, warum das so sei, liesse sich auf eine Art “Globalisierung” des Geistes erkennen, der man womöglich nur unter bestimmten Bedingungen entkommt. Etwa, wenn man maximal kooperativ denkt. Aber jetzt aufpassen: “kooperativ” heisst ja nicht, zu allem Ja und ahmen zu sagen. Sondern möglichst wenig Weltsichtlich und Zeitgeistlich in der Welt in Konfrontation zu geraten.
    Die allerbeste Strategie, dem aus dem Weg zu gehen, ist Isolation, gefolgt von lange Zeit erprobter Religion.
    Ersteres scheint (inzwischen) unmöglich, Religion erfüllt dagegen nur zum Teil, was im Sinne der Freiheit zielgesetzt ist. Am Ende steht sogar die Erkenntnis, dass es jede Freiheit geben kann, nur eben keine geistige Freiheit – egal, wie man das Szenario dreht und wendete.

    Der überall durchscheinende intuitive Impuls, die Globalisierung als Gefahr zu sehen, mag sich etwa so erklären können.

    Das Thema ist damit tatsächlich ersteinmal abgehandelt.

    • @demolog

      Erlauben Sie mir noch einen abschließenden Versuch der Erklärung:

      „Gruppenselektion“ meint, dass die Selektion nicht auf der individuellen Ebene, sondern „der Gruppe“ greift: Gruppe B erringt Selektionsvorteile über Gruppe A, obwohl sich der durchschnittliche Reproduktionserfolg der Gruppenmitglieder gar nicht unterscheidet.

      Nun haben aber doch Mitglieder von Religionsgemeinschaften im Durchschnitt mehr Nachkommen – Religiosität erhöht also bereits auf der individuellen Ebene die (in gemeinschaftlichen Kontexten errungene) evolutionäre Fitness. Daher braucht die Evolutionsforschung zu Religiosität und Religionen das Konzept der Gruppenselektion gar nicht.

      Ihnen alles Gute!

  69. Hallo Herr Blume,

    Ihr Zitat: „Nun haben aber doch Mitglieder von Religionsgemeinschaften im Durchschnitt mehr Nachkommen – Religiosität erhöht also bereits auf der individuellen Ebene die (in gemeinschaftlichen Kontexten errungene) evolutionäre Fitness.“
    Hier muss ich widersprechen.
    Dass Mitglieder von Religionsgemeinschaften im Durchschnitt mehr Nachkommen haben stimmt – hier sprechen wir von einer Korrelation. Ihre Schluss, dass Religiosität die individuelle Fitness erhöhen würde, ist aber eine Aussage über einen Kausalen Zusammenhang. Um Kausalität nachzuweisen, braucht man ein Experiment. Ist ein solches Experiment nicht möglich ist, bleibt nur noch die Möglichkeit übrig, Korrelation zu interpretieren.

    Sie schrieben am 12 Juli 2018 um 23:27:
    „Selbstverständlich wird die Demografie durch viele Faktoren geprägt, aber Religiosität ist eben einer davon. Hier dazu zum Beispiel konkrete Daten der World Value Surveys und der Schweizer Volkszählung, einer Vollerhebung inklusive Religionszugehörigkeit:“
    Waren für die Schweizer Volkszählung Daten zur angepassten Fertilitätsrate verfügbar?

    • @Phil

      Sowohl die Definitionen der evolutionären Fitness wie auch die TFR-Daten der Schweizer Volkszählung sind online; auch auf diesem Blog.

      Und, nein, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Der durchschnittlich erhöhte Reproduktionserfolg religiöser Gemeinschaften ist nicht nur als Korrelation quantitativ nachgewiesen, sondern auch qualitativ in Einzelstudien z.B. an Amish, Hutterern, Haredim usw.

      Ihnen alles Gute!

  70. Hallo Herr Blume,

    jedes mal, wenn Sie mir alles Gute wünschen, wird mein nächster Beitrag nicht mehr gepostet. Sollte das jetzt auch wieder passieren, liegt bei mir die Vermutung nahe, dass ich in der Argumentation einen „wunden Punkt“ getroffen habe.
    Eine Korrelation zwischen 2 Variablen ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für kausale Abhängigkeiten. Korrelationen können deshalb nur als Koinzidenzen interpretiert werden. Sie liefern bestenfalls Hinweise, zwischen welchen Merkmalen kausale Beziehungen bestehen könnten. Diesen Hinweisen kann in weiteren, sorgfältig kontrollierten Experimenten nachgegangen werden, um die Vermutung einer kausalen Beziehung zu erhärten. Manche Autoren vertreten die Ansicht, dass der sehr umstrittene Kausalitätsbegriff empirisch überhaupt nicht nachweisbar sei (Quelle: Statistik, Für Sozialwissenschaftler, Bortz, 3. Auflage, vgl. S. 288).
    Nun stellt sich die Frage, ob die Einzelstudien, von denen Sie sprechen, „sorgfältig kontrollierte Experimente“ sind?

    Ich wünsche Ihnen ebenfalls alles Gute!

    • Ganz genau beobachtet, @Phil: Sie sind nicht der Erste und sicher auch nicht der Letzte, der sich die Erkenntnisse der Religionsdemografie durch immer absurdere Anforderungen an die Erkenntnistheorie vom Leibe zu halten versucht. Die Argumentationsstrukturen nähern sich dabei nicht zufällig denen des Kreationismus an, der mit entsprechenden Verrenkungen die ganze Evolutionstheorie abzulehnen versucht. Und ich habe die Erfahrung wiederholt gemacht, dass Menschen auf diesem Trip überhaupt keine Argumente lesen wollen, der Zeiteinsatz also kaum lohnt.

      Daher also abschließend:
      1. Nach Popper ist überhaupt kein Letztbeweis einer wissenschaftlichen Theorie mehr möglich – sie bleibt Theorie. Sowohl die Religionsdemografie wie auch die Evolutions- oder meinetwegen auch Quantentheorien können Sie also überprüfen und durch widerstreitende Daten oder aber eine erklärungsstärkere Theorie auch ersetzen. Nicht weniger, nicht mehr.
      2. Selbstverständlich „experimentiert“ niemand mit Menschen wie mit physikalischen Objekten. Die qualitative Studie auf Basis überprüfbarer Beobachtungen ist hier wiederum das Höchste – zumal die Befunde im vorliegenden Fall mit den quantitativen Korrelationen klar konvergieren.

      Wenn Sie es weiterhin nicht wahrhaben wollen, müssen Sie das auch nicht. Nur haben Sie sicher Verständnis dafür, dass auch ich immer wieder entscheiden muss, wem & was ich meine Zeit und meinen Blog gerne widme. 🙂

  71. @bednarik,

    Die ablehnende Haltung gegenüber von Religionen und anderen Ideologien, die eine höhere Fortpflanzungsrate fördern, kommt daher, dass eine höhere Fortpflanzungsrate grundsätzlich für alle gefährlich ist.
    Irgendwann entsteht dann durch die höhere Fortpflanzungsrate Konkurrenzkampf, Armut, Hunger, Migration oder Krieg.

    Bei dem Argument schlägt bei mir sofort die Trigger-Warnung an: Thomas Malthus, Club of Rome, Paul Ehrlich, Grenzen des Wachstums, war nicht vor kurzem wieder Welt-Misanthropen-Tag?
    Worauf ich antworten möchte, daß bis zu der Zeit, wenn auf diesem Planeten irgendwann 10 hoch 12 Menschen wohnen werden, noch einiges an Wasser den Rhein, die Wupper und alle anderen Flüsse hinunterfließen wird, und währenddessen weder die Evolution des Menschen noch die Eroberung des Weltraumes stehenbleibt.

    Ob sich von der Billion zukünftiger Erdbewohner noch jemand an die deutsche Sprache erinnern wird außer ein paar spezialisierten Historikern, ist die andere Frage.

    @Blume,

    Nun habe ich auch nirgendwo behauptet, dass die Exodus-Überlieferung ein historischer Tatsachenbericht wäre. Interessant ist doch vielmehr, dass hier der semitische Kinderreichtum bereits bekannt, sogar selbst Mythos geworden ist!

    Gerade vor kurzem sind mir zwei Artikel untergekommen, daß das Judentum sich als “Religion des Lebens” klar abgrenzt vom Totenkult der Pharaonen und vom Todes-Kult eines Bin Laden:
    http://www.aish.com/sp/so/My_Encounter_with_Hemingway.html
    https://dushanwegner.com/nichts-ist-wichtiger-als-das-leben/

  72. Frage zum Artikel, was ist mit den Rotchinesen ? Ich glaube die waren zumindest mal die größte Menschengruppe und staatlich verordnete Atheisten.

    • Ganz genau, @Jeantron – und die brutale Absenkung der Geburtenraten weit unter 2,1 ging nicht zufällig mit massiven, religionsfeindlichen Maßnahmen einher. Da China nun mit unter 1,6 Geburten/Frau rapide altert, bemüht sich die Regierung derzeit wieder um eine säkulare Steigerung der Geburtenrate – bislang kaum mit Erfolg, vgl.:
      https://www.tagesschau.de/ausland/chinas-familien-101.html

      China bestätigt den religionsdemografischen Zusammenhang also deutlich, mit absehbar globalen Folgen.

  73. Geburten und Umwelt
    Je mehr die Menschen werden, umso weniger Platz gibt es für die Natürlichkeit des Waldes und der Vielseitigkeit der Tiere. Die Meere werden überfischt…
    In China, Indien und weiteren Ländern hat man versucht, die Mädchen zu reduzieren, ihnen eingeredet, dass sie nicht viel Wert sind. Und so nahm die Männerwelt zu und der Bedarf an Frauen schwand. Die Übergriffe auf die “wertlosen” Mädchen nahmen zu. Ihre Rechte wurden eingeschränkt.
    So gab es sogar schon Hinweise für die Männer, sich mehr zur Homosexualität als Austausch zu zuwenden.
    Die Auswüchse der katholischen Kirche wegen des Zölibats sind auch ein Ausdruck der falschen Sexualpolitik der Kirche. Im Endergebnis schadet so eine verkrustete Ansicht in unserer Zeit nur der katholischen Kirche!

  74. “Und logisch ist m.E. Antinatalisten wie Théophile de Giraud Recht zu geben: Wenn es keine Gottheit und keinen ewigen Sinn gibt, wenn alles Leben und Sterben nur im zeitlichen Rahmen stattfindet, dann gibt es keine absoluten Begründungen mehr für das Hervorbringen weiteren, bewussten Lebens. Denn jedes Kind wird leiden, Leid verursachen und schließlich sterben, wie schließlich auch der Planet und das gesamte Universum.”

    Trotz Ihrer immer wieder sehr interessanten Beiträge machen Sie einen häufigen Fehler beim Nachdenken über areligiöse Menschen: Sie stellen sich das Konzept viel zu freudlos. Darüber hinaus kann auch das Glück einzelner Individuen oder der gesamten Menschheit durchaus sinnstiftend sein. Sicherlich werden neu entstandene Menschen auch leiden, aber wahrscheinlich sehr viel mehr Glück empfinden. Die wenigsten Atheisten sind Antinatalisten. Ich würde niemals auf die Idee kommen, meinen Eltern Vorwürfe zu machen, weil sie mich gezeugt haben, mich heranwachsen ließen und mich geboren haben und meinen persönlichen Erfahrungen nach geht es den allermeisten anderen Atheisten ganz genauso.

    • @Thorben Meyer

      Dazu volle Zustimmung. Ich denke auch nicht, dass es hier um einen Mangel an Freude, sondern um Sinn geht. Und, ja, die wenigsten Atheisten (und auch Antitheisten) sind entschiedene Antinatalisten. Kinderreiche Familien werden jedoch sehr selten erreicht (was man je nach Vorannahmen ja durchaus auch positiv bewerten kann). Die #Demografie bildet so leise, aber mächtige Ströme… 🤔

  75. Zu:
    “…2. Ebenso wie z.B. Sprache und Musik ist auch Religion seit Charles Darwin evolutionär definiert als „Glauben an überempirische Akteure“ (bei Darwin: „Glauben an unsichtbare und spirituelle Wesenheiten). …” (Zitatende)

    Nur mal nebenbei etwas trollhaft- wichtigtuerisch nachgefragt:

    Viele mathematisch-theoretische Physiker geben bereitwillig zu, dass ihre Theorien vermutlich niemals empirisch verifiziert werden können. Damit glauben sie zwar nicht an “überempirische Akteure” , aber an überempirische Theorien über die (physikalische) Welt und agieren daher selbst in gewissem Sinne “überempirisch”.

    Muss man dann also sagen, dass gewisse “Stringtheoretiker” (usw.) –
    – evolutionär definierte Religion betreiben?

    • Fast, @little Louis, fast ist der Groschen gefallen! 😊👍

      Tatsächlich handelt es sich bei religiösen Glaubens-Entitäten eben um überempirische Akteure (!), also um geglaubt personenhaft, bewusst Agierende. Entsprechend werden dabei auch soziale Kognitionen aktiv, überempirische Akteure können angesprochen, gewonnen, beschwichtigt usw. werden.

      All dies gilt für nichtpersonale, überempirische Entitäten nicht – und deswegen können sich auch jene Nichtreligiöse zu Recht gegen eine religiöse Vereinnahmung wehren, die z.B. an Menschenrechte, Wahrheit oder wissenschaftliche Theorien glauben, aber eben nicht an überempirische Akteure. Gleichzeitig wird auch deutlich, warum Religionen normativer lehren können („Du sollst…“) als rein nichtreligiöse Weltanschauungen. Von Personen lassen wir uns etwas sagen, von apersonalen Dingen nicht.

  76. Kinderreiche Familien werden deshalb nicht erreicht, weil die Vernunft dem “Seid furchtbar fruchtbar” entgegensteht. Man möchte der Welt aber dennoch seinen bleibenden Stempel aufdrücken, und daher hat man idealerweise einen Jungen und ein Mädchen.

    Die Kinder sollen schließlich alle (auch kostspieligen) Möglichkeiten zur optimalen Entwicklung (Bildung, Gesundheitsfürsorge, …) erhalten. Dem widerspricht die hemmungslose Vervielfältigung in eklatanter Weise.

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