Cannabis für Jugendliche? Das scheinheilige Argument von der Gesundheit

Wie sich Karl Lauterbach und Ingo Zamperoni im Tagesthemen-Interview verheddern

Die Bundesregierung hat also nun ihre Pläne zur Cannabislegalisierung konkretisiert und der Europäischen Union zur Kontrolle vorgelegt. EU-Recht und internationale Verträge verpflichten Deutschland und viele andere Länder nämlich zu einer Verbotspolitik.

Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Verbote im 20. Jahrhundert vor allem von den USA durchgesetzt wurden. Mit dieser Drogenpolitik wurden damals gezielt bestimmte ethnische Gruppen unterdrückt. Tatsächlich setzte sich dann vor allem Ägypten dafür ein, Cannabis international auf die Liste der verbotenen Substanzen zu setzen.

Von dieser Verbotspolitik und ihrem seit den 1970er Jahren scheiternden “Krieg gegen die Drogen” sind die USA inzwischen selbst abgerückt – jedenfalls mit Blick auf Cannabis. Deren strenger Ansatz konnte insbesondere nicht die dortige Opioid-Epidemie (starke Schmerzmittel) seit den späten 1990ern verhindern.

Im Gegenteil wurde die Situation dort erst richtig schmutzig, als der Staat die Repressionen verschärfte – nachdem zum Profit von Ärzten, Apothekern und Pharmafirmen bereits hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Menschen abhängig geworden waren. Die zerstörten Lebenswege und Familien, vor allem die zehntausenden Toten veranschaulichen, wozu Profitgier zusammen mit einer fehlgeleiteten Verbotspolitik in der Lage sind. Dazu ein anderes Mal mehr.

Stichwort Gesundheit

Jetzt (27.10.) warnen also mal wieder die deutschen Kinder- und Jugendärzte vor der Legalisierung von Cannabis. Schließlich müsse man die Jugend vor dem gefährlichen Mittel schützen. Dieses könne das Gehirn irreparabel schädigen und zu Psychosen führen.

Gebetsmühlenartig wiederholte dann auch Tagesthemen-Journalist Ingo Zamperoni das Stichwort “Gesundheit” im Interview mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Übrigens wirken beide auf mich nicht ganz fit und macht vor allem Lauterbach einen müden und etwas kränklichen Eindruck.

Der Minister, der früher noch gegen die Cannabis-Legalisierung war, verweist jetzt aber zu Recht auf den Status quo: Mit den Verboten könne man den Konsum Jugendlicher und junger Erwachsener nicht verhindern. Im Gegenteil liefere man sie dem Schwarzmarkt aus, wo mangels Qualitätskontrolle verunreinigte und zu hoch dosierte Varianten kursierten.

Wissenschaftliche Studien

Die Schwarzmalerei der Ärztinnen und Ärzte spiegelt auch nicht den Standpunkt der Wissenschaft wider. Noch 2018 kam eine Expertenkommission für die Weltgesundheitsorganisation zu dem Fazit:

“Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die Cannabis konsumieren, wird nie eine psychotische Störung entwickeln, und diejenigen, die dies tun, werden wahrscheinlich eine genetische Anfälligkeit für eine durch Cannabis induzierte Psychose haben.”

Secretariat of the Expert Committee on Drug Dependence; zit. n. Wikipedia

Die Studienlage belegt jedenfalls keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Psychosen. Würde es diesen geben, hätte man hierfür inzwischen den Nachweis erbringen müssen.

Vielmehr scheint es so zu sein, dass Menschen mit einem erhöhten Risiko für psychische Störungen häufiger Cannabis konsumieren. Für Schizophrenie berichtet das beispielsweise eine groß angelegte Genetik-Studie, die 2018 in Nature Neuroscience veröffentlicht wurde:

“Unsere Ergebnisse zeigten ferner einen kausalen Einfluss der Schizophrenie auf den Cannabiskonsum und erhebliche genetische Überschneidungen zwischen Cannabiskonsum und Konsum anderer Substanzen, psychischen Gesundheitsmerkmalen und Persönlichkeitsmerkmalen, einschließlich Rauchen und Alkoholkonsum, Schizophrenie, ADHS und Risikobereitschaft.”

Pasman et al., 2018, zit. n. Wikipedia; zit. n. Wikipedia

Noch einmal deutlich: Demnach führt nicht Cannabiskonsum zu Schizophrenie, sondern Schizophrenie zu Cannabiskonsum.

Bewältigungsstrategien

Das wird auch mit Blick auf die Gründe untermauert, aus denen Menschen verschiedene Substanzen konsumieren: Cannabis ist ein beliebtes Mittel zur Stresskompensation – übrigens mit Jahrtausende alter Tradition in der Menschheitsgeschichte. So gut wie alle psychischen Störungen sind aber stressreaktiv. Das heißt, dass Stress die Probleme vergrößern oder akute depressive oder psychotische Episoden überhaupt erst auslösen kann.

Substanzkonsum – zum Beispiel auch mit Alkohol – kann eine Zeit lang gut gehen. Das “Feierabendbier”, um nach einem stressigen Arbeitstag wieder “abzuschalten”, ist im Prinzip dasselbe. Wenn aber langfristig an dem zugrundeliegenden Problem nichts geändert, im Gegensatz aber der Konsum immer stärker erhöht wird, steigt das Risiko für einen ernsthaften Absturz. Die Dosis macht eben das Gift (Paracelsus).

So ist das leider mit den meisten Bewältigungsstrategien: Kurzfristig können sie helfen. Langfristig können sie die Probleme vergrößern. Die passende Antwort darauf ist aber nicht ein Verbot von Bewältigungsstrategien, sondern gezielte psychosoziale Prävention und Hilfe für Menschen mit Schwierigkeiten.

Mit anderen Worten: Ein Teil des Substanzkonsums ist also eher als eine Form von Selbstmedikation zu sehen. Wieso sollte man aber diejenigen strafrechtlich verfolgen, die eigenverantwortlich Schritte unternehmen, damit es ihnen gut geht und sie gesellschaftlich besser funktionieren?

Diese Verbotspolitik hat sich seit den 1970er Jahren nicht nur als kontraproduktiv erwiesen. Ich halte sie vielmehr auch für ein großes moralisches und rechtliches Problem. Dass man den Besitz “geringfügiger Mengen” von Cannabis heute meist nicht mehr strafrechtlich verfolgt beziehungsweise die Verfahren einstellt, gibt dieser Kritik im Prinzip schon recht.

Es ist dringend nötig, die Gesetzeslage daran anzupassen und endlich Vernunft in der Drogenpolitik herzustellen.

Altersgrenze im Gehirn

Fast schon lächerlich wirkt auf mich die Behauptung der Kinder- und Jugendärzte, man müsse jugendliche und junge Erwachsene vor dem Cannabiskonsum schützen, weil sich das Gehirn bis zum 25. Lebensjahr noch in Entwicklung befinde. Fakt ist aber: Die Natur kennt keine feste Altersgrenze.

Vielmehr entwickelt sich das Gehirn ein Leben lang weiter. Wir nennen das: neuronale Plastizität. In meiner eigenen Forschung habe ich mich mit der jüngsten Änderung des Strafrechts hier in den Niederlanden ausführlicher beschäftigt. Dadurch wurde die Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts auf 22 Jahre angehoben – mit dem Argument, das Gehirn befinde sich bis zu diesem Alter in Entwicklung.

Bei meiner kritischen Prüfung stellte sich aber heraus, dass die von den Experten hierfür angeführten Studien tatsächlich das Gegenteil zeigen. So ist zum Beispiel die neuronale Entwicklung im sensorimotorischen Kortex schon im Alter von vier Jahren weit fortgeschritten, im Parietal- und Temporallappen im alter von zehn Jahren und im Präfrontalkortex im Alter von 16 Jahren (Casey et al., 2005, Trends in Cognitive Sciences).

Man kann wohl sagen, dass das Ausmaß der Plastizität mit steigendem Lebensalter nach und nach abnimmt. Die Argumentation der Ärztinnen und Ärzte ist aber dreifach in sich widersprüchlich: Weder gibt es eine harte Altersgrenze, noch liegt diese bei 25 Jahren, noch kann man mit der Verbotspolitik Jugendliche vom Drogenkonsum abhalten. Das muss man insbesondere dann zur Kenntnis nehmen, wenn einem die Gesundheit der Menschen am Herzen liegt!

Die Realität ist eben kein “Wünsch dir ‘was” panischer Eltern. Wenn Jugendliche an Cannabisprodukte (oder harten Alkohol) kommen wollen, dann finden sie ihre Wege. An Aufklärung, Prävention und dem Erlernen eines vernünftigen Umgangs mit Rauschmitteln führt darum kein Weg vorbei.

Polizeiarbeit

Ein Lichtblick ist immerhin, dass der Bund Deutscher Kriminalbeamter jetzt die Gesetzesinitiative der Ampelkoalition und damit die Entkriminalisierung von Cannabiskonsum stützt. Dort nimmt man also endlich die empirischen Fakten zur Kenntnis – wohl ermöglicht durch zahlreiche Gerichtsverfahren und Entscheidungen von Staatsanwaltschaften, dass die Verfolgung des Besitzes geringfügiger Mengen für den Eigenbedarf kontraproduktiv ist.

Allerdings malt man dort mit Blick auf andere Details immer noch den Teufel an die Wand: Wie lasse sich bei einer Legalisierung beispielsweise verhindern, dass Jugendliche sich an den Hanfpflanzen ihrer Eltern selbst bedienen? Wie könne die Polizei in Zukunft legale und illegale Cannabisprodukte unterscheiden?

Tja, wie verhindert man heute, dass Jugendliche sich mal am Alkoholschrank der Eltern bedienen? Oder Pornos gucken? Antwort: Man kann nötige und sinnvolle Sicherheitsmaßnahmen treffen. Außerdem erwartet niemand von der Polizei, auch noch das letzte Krümelchen Cannabis auf der Welt aufzuspüren.

Im Endeffekt sind Jugendliche aber Individuen mit ihrem eigenen Willen. Sie müssen irgendwann selbst Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen. Daher noch einmal mein Fazit: Aufklärung, Prävention und das Erlernen eines vernünftigen Umgangs mit Rauschmitteln.

Politik und Konsum

Die Politik sollte sich hier sowieso keine Illusionen machen: Zahlreiche neue Studien belegen deutlich, dass sich der Cannabiskonsum durch Gesetzesänderungen kaum oder gar nicht steuern lässt.

So analysierten schwedische Gesundheitsforscher Daten Belgiens, Deutschlands, Italiens, der Niederlande, Norwegens, Portugals, Schwedens, der Slowakei, Spaniens, Tschechiens und des Vereinigten Königreichs für den Zeitraum 1994 bis 2017. Demnach nahm der Cannabiskonsum leicht ab, ganz gleich, ob die Gesetze gelockert oder verschärft wurden. Ihre Schlussfolgerung:

“Unsere Ergebnisse bestätigen keinen nennenswerten Einfluss der Cannabisgesetzgebung auf die Häufigkeit des Cannabiskonsums Jugendlicher und junger Erwachsener in Europa.”

Gabri et al., 2022, PLoS One; dt. Übers.

Insbesondere mit Blick auf den häufigen Konsum, der am ehesten mit Gesundheitsrisiken verbunden ist, kam eine italienische Forschergruppe zu einem ähnlichen Ergebnis:

“Wir finden keine Hinweise darauf, dass Gesetzesänderungen einen Einfluss auf den Anteil der häufigen Konsumenten hat, die vermutlich diejenige Gruppe darstellen, die dadurch am ehesten Gesundheitsprobleme bekommen kann.”

Benedetti et al., 2012, Int J Environ Res Public Heath; dt. Übers.

Eine persönliche Perspektive

Ich habe selbst im Alter von 13/14 bis 16 Jahren regelmäßig “gekifft”. Über meine Ausflüge in die Online-Welt, noch vor dem Internet, wie wir es heute kennen, hatte ich ein paar ältere Jugendliche kennengelernt. Und diese hatten oft Gras oder Haschisch.

Erwerben mussten sie den “Stoff” bei zweifelhaften Figuren in dunklen Seitenstraßen des damaligen Wiesbadens. Was wir neben dem berauschenden Naturprodukt an Bei- und Schadstoffen in unsere Lungen inhalierten, weiß kein Mensch. Dieser potenzielle Gesundheitsschaden ist der Verbotspolitik zu verdanken.

Einige zogen nur ein paarmal aus Neugier an Joints und hörten dann wieder auf. Diejenigen, die die Substanz regelmäßig konsumierten, hatten meist familiäre Probleme: Sie erlebten die Scheidung ihrer Eltern, erfuhren regelmäßig Gewalt und/oder mussten mit teils extremer Vernachlässigung zurechtkommen.

Dass ich mit 16 aufhörte, hatte für mich mit zwei Aspekten zu tun: Einerseits hatten sich einige dieser Kumpels als “falsche Freunde” erwiesen und mich mehrmals beim Teilen der Cannabisprodukte übers Ohr gehauen; daher brach ich den Kontakt mit ihnen ab. Andererseits führten die Rauschzustände immer häufiger zu unangenehmen Erfahrungen. Seitdem habe ich keinen einzigen Joint mehr geraucht.

Unserer Wahrnehmung nach hatten die Erwachsenen damals ihre eigenen Probleme nicht im Griff. Darum waren wir uns selbst überlassen und mussten wir uns irgendwie durchschlagen. Heute würde ich sagen, dass bei unserem Cannabiskonsum Emotionsregulation, Langeweile, Neugierigkeit für andere Erfahrungen und ein Zugehörigkeitsgefühl die größte Rolle spielten.

Wenn die Erwachsenenwelt – und dazu zähle ich die vorherrschende Drogenpolitik – mit ihren eigenen Schwierigkeiten nicht gut umgehen kann, dann sollte sie anderen wenigstens keine Steine in den Weg legen.

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51 Kommentare

  1. @Stephan Schleim:
    Interessant an Ihrem Artikel fand ich, dass es offenbar Belege gegen die “Hasch-Psychose”-These gibt.
    (An sich ist es plausibel, zu vermuten, dass psychisch vorbelastete Personen mit psychoaktiven Stoffen ein Zusatzrisiko eingehen.)
    Man sollte besonders die Erfahrungen in Portugal genau analysieren.

  2. So ist zum Beispiel die neuronale Entwicklung im sensorimotorischen Kortex schon im Alter von vier Jahren weit fortgeschritten, im Parietal- und Temporallappen im Alter von zehn Jahren und im Präfrontalkortex im Alter von 16 Jahren.

    Nun gut, das Thema hier ist die Frage nach der Legalisierung von Cannabis, aber was schließen wir aus diesen Informationen in Bezug auf das Strafrecht?

  3. Weil Portugal die Drogenprohibition praktisch abgeschafft hat – gegen die Wahabitisch-Evangelikale Koalition 🙂

  4. @wereatheist: Psychosen

    Es hängt halt von sehr viel Faktoren ab, auch der eigenen Vorbelastung.

    Wenn Cannabis wirklich so ein Teufelszeug wäre, wie Regierungen seit den 1920ern weismachen wollen (nachdem sie früher selbst mit Drogen gedealt haben), dann würde Cannabis wohl kaum nachweislich seit 4000 bis 5000 Jahren verwendet.

    Übrigens kann man mit Alkohol wahrscheinlich leichter ins Delirium kommen – und dann wird der ganze Körper viel stärker vergiftet.

  5. @Maier: Es ging darum, dass sich diese festen Altersgrenzen eben nicht am Gehirn festmachen lassen.

    In den Niederlanden begründeten sie damit die Altersgrenze von 22 Jahren – und das stimmte wissenschaftlich nicht.

    Jetzt reden deutsche Ärzte von einer Altersgrenze von 25 Jahren – und es stimmt auch nicht.

    Anders lautende Studien will ich sehen und wenn ich mich irre, dann werde ich das natürlich korrigieren und mich öffentlich schämen. Aber ich bin mir hier zu 99,99% sicher.

  6. Altersgrenze

    »Weder gibt es eine harte Altersgrenze, noch liegt diese bei 25 Jahren, .. «

    Dass es keine „harte“ Altersgrenze gibt, glaub ich gerne, aber mir ist die (weiche!) Zahl 25 auch schon begegnet, ich weiß nur nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Irgendwelche Strukturen sollen ziemlich spät gebildet werde, und wenn ich mich recht erinnere, hatten die irgendwas etwas mit der Urteilsfähigkeit zu tun. An sich nicht ganz unplausibel.

    Aber wie gesagt, nix Genaues weiß ich nicht, ich bin da neuen Erkenntnissen gegenüber offen…

  7. Stephan Schleim
    27.10.2022, 22:11 Uhr

    Altersgrenzen

    Ich habe das schon verstanden, ich nehme die Informationen dazu auch ( einfach ) zur Kenntnis, ich stelle dazu aber parallel zur Diskussion über die Freigabe des Cannabis”konsums” als Funktion des Alters die Frage, was “wir” aus der Information über die ( natürlich individuell auch unterschiedliche ) Reifung des Gehirns in Bezug zu Cannabis in Hinsicht auf die strafrechtliche Verantwortung von Jugendlichen bzw jungen Erwachsenen schließen.
    Mein Eindruck ist, dass “wir” auf der einen Seite möglichst früh möglichst viele Rechte beanspruchen, aber auf der anderen Seite die Übernahme von Verantwortung ( “Pflicht” ) auf sehr viel später im Leben verschieben wollen.

  8. @Balanus: Altersgrenzen

    Nun ja – es war ein Artikel auf tagesschau.de. Die Ärzte sollen einfach mit der Quelle kommen, dann werden wir die Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auseinandernehmen.

    Ein Kollege verwies mich übrigens auf dieses Review in Neuron. Nach diesen Kriterien entwickelt sich das Frontalhirn noch bis in die 30er. Also so lange warten mit den Joints? 😉

  9. Stephan Schleim
    27.10.2022, 22:08 Uhr

    Cannabis & Psychosen

    Die Information, dass eine Veranlagung/Disposition zu einer Psychosen den “Genuss” von Rauschmitteln fördert und nicht umgekehrt, ist sicher eine denkbare Möglichkeit und ohne eindeutigen Gegenbeweis nicht von der Hand zu weisen.
    Allerdings halte ich Cannabis für eine Modedroge, Hopfen zum Beispiel kommt aus derselben Familie, auch Stechpalme ist nicht zu verachten. Wenn man sich ein Büchlein über pflanzliche Naturheilkunde zu Gemüte führt und sich dort mal die Pflanzen anschaut, deren Anwendung ( innerlich & äußerlich ) “beruhigen”, “entspannen” und “krampflösend” sein soll …
    Unsere Vorfahren haben alle diese Pflanzen gekannt und angewendet.

  10. @Maier: Widersprüche

    Ganz genau – und hier in den Niederlanden haben wir nun die Situation, dass man mit 16 Jahren schon Entscheidungen über Leben und Tod nehmen kann (z.B. Euthanasie oder Abtreibung, ohne Zustimmung der Eltern), mit 14 soll bei der Euthanasie meiner Erinnerung nach sogar schon der Wille des Kindes leitend sein…

    …und dann hebt der Gesetzgeber die Grenze für die vollständige strafrechtliche Verantwortung auf 23 Jahre, meines Wissens nun die höchste auf der Welt.

    Das wirkt auf mich alles sehr willkürlich. Und wie ich eben nachwies, steht das für das Neurorecht-Beispiel im krassen Gegensatz zu den von den Experten zitierten Studien.

  11. @Maier: Modedroge

    Meinten Sie vielleicht, dass Cannabis keine Modedroge ist?

    Wenn man weiß, dass Menschen mit Problemen eher dazu geneigt sind, Drogen zu nehmen, dann versteht man doch intuitiv, in welche Richtung der Kausalitätspfeil zeigt.

    Langfristig können die Probleme größer werden. Das liegt dann aber nicht nur an der Droge, sondern auch am gesellschaftlichen Umgang damit.

  12. Dieser detaillierten Analyse stimme ich vollumfänglich zu.Es findet derzeit eine gesellschaftliche Debatte statt,in der wieder einmal unterschiedliche politische Lager die vielschichtigen wissenschaftlichen Aspekte selektiv für die eigene Argumentation mißbrauchen.Das hat Mehode und ist nicht neu. Die in den Medien vorgetragenen Statements der Kinder- und Jugendärzte irritieren durch ihre Inkompetenz.Klaus Holetschek poltert undifferenziert,wie nicht anders zu erwarten, aus dem gesellschaftlichen Lager der ewig Gestrigen.
    Es ist höchste Zeit, den Drogenmissbrauch in den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen und mit dem Erkenntnisstand der Gegenwart endlich neue Lösungsansätze umzusetzen.Das kann nur gelingen, wenn man den Menschen in seiner Komplexität ernst nimmt- mit allen Schwächen und Fehlern.
    Sehe ich die Entwicklungen in Putins Russland und in China,dann wird mir angst und bange. Scheitert das Projekt ‘Aufklärung’ ? War es ein Mißverständnis unserer verengten Weltsicht? Demokratie,Pluralität,Individuum,Menschenwürde? Sie stehen auch im Zusammenhang mit der Diskussion über legalisierten Hanfkonsum.

  13. @Bednarik: Ja, vor allem dann, wenn man Cannabis mit Tabak vermischt, kommen natürlich besonders viele Schadstoffe dazu.

    Beim Essen, habe ich früher vielleicht vier-, fünfmal gemacht, kann man aber leichter Fehler machen bei der Dosierung – in beide Richtungen.

    Ein Zwischenweg ist vielleicht das Verdampfen. Ich habe das nie ausprobiert. Und ist bei mir ohnehin sehr lange her.

    Wie dem auch sei: Hier geht’s um keine Gebrauchsanweisung, sondern um die wissenschaftlich-gesellschaftliche Diskussion.

  14. @Gitarro: Evidenz

    Es ist (wieder einmal) ein Lehrstück darin, wie bestimmte Gruppen wissenschaftliche Evidenzen verwenden, um die gewünschte Realität zu erzeugen. Das sieht man auch im Lager der Atomkraftgegner und -Befürworter, ganz aktuell auch bei der Frage nach dem Ursprung des Coronavirus (es gibt da wohl einen neuen Bericht des US-Senats). Das nur so als Beispiele am Rande.

    Doch warum sprechen Sie von “Drogenmissbrauch”? Wieso nicht von Drogenkonsum? Oder noch besser: Substanzkonsum.

  15. Stephan Schleim
    28.10.2022, 08:20 Uhr

    Modedroge

    Nein, ich habe das bewusst so formuliert. Der Konsum einer Droge ist durch vielerlei Ursachen veranlasst, von denen wir m.E. keine richtig kennen, einige vermuten und von vielen noch nicht mal wissen.

    Cannabis als Droge ist hier und heute eine Modedroge, einfach deshalb, weil Hanf hier nicht so wächst und die Handelswege quasi etabliert sind, außerdem ( so spotte ich ) “schwarzer Afghane” klingt doch besser als “Hallertauer/Tettnanger Hopfen”. Früher konsumierten die Menschen lokal wachsende oder erzeugte Drogen.

  16. @Karl Maier
    Hanf wächst als alte Kulturpflanze sehr gut hier, kommt auf allen Böden zurecht, filtert Schadstoffe aus der Erde, kann als nachwachsender Rohstoff für Baumaterial, Kleidung, Papier etc. verwendet werden und als Bonus wirken manche Sorten noch psychoaktiv. Weshalb also Menschen kriminalisieren, die sich lieber für eine Pflanze im Rohzustand entscheiden als für eine verarbeitete (Hopfen) – ganz abgesehen davon, dass das Nervengift Alkohol dazu noch reichlich suchterzeugende Wirkung hat.

  17. @Stapf: Sucht

    Sie sagen es!

    Ich bin allerdings nicht so dafür, Substanzen gegeneinander auszuspielen. Die Menschen sollen ihre eigenen Entscheidungen treffen. Machen sie sowieso. Die Kriminalisierung solcher Entscheidungen macht es jedenfalls nicht besser.

    Sucht wäre noch einmal ein Thema für sich. Darin habe ich mich für mein nächstes Buch noch einmal vertieft. In der Praxis trifft es weniger Menschen, als man denkt, selbst bei einer harten Droge wie Heroin.

  18. Frau Stapf
    28.10.2022, 17:42 Uhr

    Hanf

    Natürlich wächst Hanf hier und ist seit alters her in Gebrauch – aber es wird aus alten Zeiten nicht berichtet, dass man die Blüten auch geraucht und den Auszug als Tee getrunken hat, ebenso wenig ist vom Konsum von Klatschmohnblütensaft die Rede, dazu ist es hier wohl nicht warm genug, andern Orts schon. Und ich habe ja nicht gesagt, dass man den Hopfen ( der wächst aber auch nicht überall ) in Form von Bier zu sich nehmen soll, als Tee oder geraucht sollten die Blüten auch schon wirken.
    Kennen Sie “Asthmazigaretten”, mit Blättern von Stechapfel und Tollkirsche?

  19. @ Stephan Schleim:

    “Noch einmal deutlich: Demnach führt nicht Cannabiskonsum zu Schizophrenie, sondern Schizophrenie zu Cannabiskonsum.”

    Ich verstehe nicht wirklich etwas von GWAS und verstehe daher vielleicht auch die Studie von Pasman et al. nicht richtig, aber mir scheint, mit der zitierten Aussage wird die Studie nicht ganz korrekt wiedergegeben. Die Autor/innen sehen diese Kausalitätsrichtung zwar als einen zentralen Befund ihrer Studie, schreiben aber zum einen, dass ihre Ergebnisse auch eine schwache Kausalität in Richtung Cannabis – Schizophrenie zeigen und zum anderen geben sie Gründe dafür an, warum diese Kausalitätsrichtung in ihrem Studiendesign möglicherweise so schwach abschneidet: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6386176/.

    Richtig ist aber auf jeden Fall, dass einer neueren Übersichtsarbeit zufolge viele Fragen bei weitem nicht so eindeutig beantwortet sind, wie es manchmal in den Medien erscheint: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7442038/

    Was das für die Drogenpolitik bedeutet, ist wiederum eine eigene Baustelle. Welche Effekte eine bestimmte Gesetzgebung oder bestimmte Präventionsmaßnahmen haben, ist etwas anderes als die Frage, wie Cannabis und Schizophrenie (oder anderes) zusammenhängen. Hier lauert ein Kurzschluss: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2018/01/15/der-risikofaktorpraevention-fehlschluss/

  20. @Maier: Hanf & Opium

    Bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts war Cannabis, gewöhnlich in Form von alkoholischen Extrakten, ein leicht verfügbares Medikament und im 19. Jahrhundert eines der am häufigsten verschriebenen.(Wikipedia)

    Opiumwein, Opiumtinkturen usw. waren auch beliebte Mittel und konnte man in der Apotheke kaufen, zum Teil sogar für Kleinstkinder (z.B. zur Behandlung de Schmerzen, wenn die ersten Zähne wuchsen).

    Erst als chinesische Einwanderer Ende des 19. Jahrhunderts es in den USA rauchten, dämonisierte man das Mittel, oft auch mit rassistischen Motiven (“gelbe Plage”, “Opiumhölle”). Das ist insofern extra absurd, als das britische Empire die Verbotspolitik Chinas im frühen 19. Jahrhunderts mit kriegerischen Mitteln durchbrochen hatte.

  21. @Kuhn: Cannabis & Psychosen

    Selbst laut Ihrer Quelle ist das Ergebnis alles andere als eindeutig. Und beispielsweise steht dort auch, dass Cannabis vor allem bei Menschen mit Psychoserisiko Schizophrenie auslösen würde. Hier muss man sich aber vor einem Fehlschluss hüten: Da das Schizophreniekonzept auch strittig ist, läuft es doch darauf hinaus: Menschen mit Psychoserisiko haben häufiger Psychosen. Bei Cannabiskonsum steigt dies vielleicht – und dann hat man noch nicht einmal die Dosierung und Häufigkeit berücksichtigt usw.

    In der Studie (Patel et al., 2020) steht aber auch z.B.

    Patients with psychotic disorders have a higher tendency to use marijuana.

    One-third to two-thirds of the psychotic population start using cannabis after the first psychotic break.

    Per se cannabis does not cause schizophrenia or psychosis.

  22. Im Biologie-Studium habe ich gelernt, dass in der Pubertät die Nerven im Gehirn mehr oder weniger gekappt werden. Erst bis zu einem Alter von etwa 26 Jahren ist das Gehirn wieder stabil genug. Wer in dieser Umbauphase Drogen nimmt, ob Alkohol, Nikotin oder anderes, schadet seinem Gehirn und kann psychischem Druck nicht gut standhalten.
    Ein anderes Problem, das in den Niederlanden schon existiert: wie kommen die offiziellen Verkaufsstellen an das Cannabis? Dort ist der Drogenmarkt inzwischen fest in den Händen mafiöser Banden, weil die Beschaffung weitgehend dem Markt überlassen wurde.

  23. @Napp-Zinn: Alarmismus

    Dieser Alarmismus Ihrer damaligen Professoren muss ideologisch bedingt gewesen sein.

    Vor der Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser in den Städten trank, wer es sich leisten konnte, Bier oder Wein, eventuell verdünnt, auch Kinder. Hier schrieb ich gerade, dass bis ins 20. Jahrhundert Opium (auch Kokain) als Schmerzmittel verwendet wurde, sogar schon bei Kleinstkindern.

    Uns alle dürfte es gar nicht geben, wenn diese Mittel wirklich so furchtbar giftig wären. Wie so oft macht eben die Dosis das Gift.

  24. @ Stephan Schleim:

    “Selbst laut Ihrer Quelle ist das Ergebnis alles andere als eindeutig.”

    So ist es. Wäre alles eindeutig, würde ich es so eindeutig sagen.

    “Per se cannabis does not cause schizophrenia or psychosis.”

    Auch das ist wohl so (wobei man das “per se” nicht überlesen sollte).

    Auch ein interessantes Diskussionsthema wären die regionalen Vergleiche in der – schon 2019 publizierten – Studie von Di Forti et al.: https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30048-3/fulltext. Regionale Vergleiche stecken ja voller Tücken, aber geben sie hier vielleicht doch Hinweise auf kausale Effekte?

  25. @Kuhn: P.S. Lancet-Studie

    Da sieht man übrigens, dass die Personen mit einem deutlich erhöhten Psychoserisiko mehrmals pro Woche Cannabisprodukte konsumieren. Und diejenigen mit dem höchsten Risiko konsumieren täglich sehr starke Cannabisprodukte (THC-Gehalt von >10%; Abbildung 1).

    Ich habe gerade nicht die Zeit, ständig neue Studien zu lesen. Kann man hier ausschließen, dass nicht einfach die Menschen mit den größten Problemen am meisten Drogen konsumieren, wie es nicht nur mein Text, sondern auch ihre eigene vorherige Quelle nahelegt?

  26. @ Stephan Schleim:

    “Wann wird endlich der allgegenwärtige Stress verboten?!”

    Die Frage verstehe ich nicht. Bemühungen um eine Anti-Stress-Verordnung im Arbeitsschutz gab es in Deutschland übrigens, aber darauf spielen Sie vermutlich nicht an?

    “Kann man hier ausschließen, dass nicht einfach die Menschen mit den größten Problemen am meisten Drogen konsumieren”

    Warum sollte man das ausschließen?

    “sehr starke Cannabisprodukte (THC-Gehalt von >10%”

    Ich fürchte, das sind inzwischen “normale” Werte, siehe z.B. https://www.suchtmonitoring.ch/de/table/1034.html, für Deutschland gibt es vergleichbare Daten.

    Bevor unser Austauch (wieder?) einen kontroversen Unterton bekommt: Ich will ich Ihnen eigentlich gar nicht so sehr widersprechen, eher Anmerkungen zu manchen Punkten machen.

  27. @Kuhn: Ironie

    1) Stress zu verbieten, war freilich ironisch gemeint. Aber wenn ein möglicher Gesundheitsschaden ein Verbot hinreichend rechtfertigen würde, müsste man Stress verbieten (und Autos und Dachziegel und Messer usw.).

    2) Wenn man nicht ausschließen kann, dass nicht Menschen mit Problemen mehr Cannabis konsumiert haben, kann man hinterher nicht (kausal) schlussfolgern, dass Cannabis zu mehr Problemen geführt hat. (Korrelation vs. Kausalität)

    3) Tja, wenn man Cannabis verbietet, kann man den THC-Gehalt eben nicht regulieren.

  28. P.S. THC-Gehalt

    Ich meine mich zu erinnern, dass das Eckpunktepapier der Bundesregierung einen maximalen THC-Gehalt von 4% für Unter-21-Jährige vorsieht.

    Das kann man eben machen, wenn man es legalisiert.

  29. @ Stephan Schleim:

    “Aber wenn ein möglicher Gesundheitsschaden ein Verbot hinreichend rechtfertigen würde, müsste man Stress verbieten (und Autos und Dachziegel und Messer usw.).”

    Wenn ein Verbot hinreichend gerechtfertigt wäre, wäre es gerechtfertigt. Aber will jemand “Stress” an sich verbieten?

    “Ich meine mich zu erinnern, dass das Eckpunktepapier der Bundesregierung einen maximalen THC-Gehalt von 4% für Unter-21-Jährige vorsieht.”

    Die 4 % stehen nicht im Eckpunktepapier. Da steht nur:

    “Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz wird geprüft, ob für die Abgabe von Genusscannabis an Erwachsene bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres eine Obergrenze für den THC-Gehalt festgelegt wird.”

    Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/Kabinettvorlage_Eckpunktepapier_Abgabe_Cannabis.pdf

    “Das kann man eben machen, wenn man es legalisiert.”

    So ist es.

  30. Stephan Schleim
    28.10.2022, 19:23 Uhr

    Hanf & Opium

    Netter Versuch …

    Nutzhanfsorten (aber auch manche medizinische Cannabissorten) enthalten den dazu notwendigen Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) nur in äußerst geringen, nicht spürbar wirkenden Mengen. und werden deshalb “Nutzhanf” genannt ( Cannabis sativa ) … Wikipedia

    Die “wirksame” Pflanze ( in Bezug auf den THC-Gehalt ) heißt Indischer Hanf (Cannabis indica), warum wohl?

    Ein großer Teil des Wiki-Artikels handelt davon, dass bis in die Neuzeit THC-Cannabis als Medizinprodukt verstanden wurde, um Krankheiten und Gebrechen zu heilen oder ( siehe Skythen ) in rituellen Zermonien quasi kontrolliert “abgeraucht” wurde. Das das natürlich nicht alles ist, zeigt die Geschichte um den “Alten vom Berge” ( Raschid ad-Din Sinan,1133–1193 ), der seinen Assassinen mittels THC-Cannabis das Paradies gezeigt haben soll, worauf diese begierig darauf waren, dorthin zu gelangen, aber das ging nur, nachdem sie getan hatten, was er ihnen “verordnet” hatte.
    Die (Un)Sitte, sich das Zeug privat und nach Belieben ‘reinzuziehen, datiert in die Neuzeit. Aus meiner Sicht wäre ja nicht mal was gegen Alkohol einzuwenden, wenn dieser nur einmal die Woche nach dem Besuch der hl. Messe von 12 bis 1 in der Gruppe als Bier konsumiert würde.
    Wir könnten auch mal über Weihrauch reden …

  31. @Maier: Cannabis sativa

    Netter Versuch. Es gibt viele Cannabispflanzen und meines Wissens enthalten alle THC, jedoch in unterschiedlichem Verhältnis, sowie über 500 andere Stoffe, von denen noch nicht einmal alle verstanden sind.

    C. indica ist halt eine potente Subspezies. So what?

    Mit dem Verbot waren übrigens auch längere Zeit die medizinisch sinnvolleren Alternativen verboten. Prima!

  32. Die Legalisierung aller Drogen würde den kriminellen Drogenhändlern die finanzielle Grundlage entziehen.
    Drogen aus der Apotheke wären billiger, reiner, und hätten auch genau definierte Wirkstoffmengen.

  33. Wenn bei Amokläufen “shit ist groß” gebrüllt wird, dann ist da nicht Cannabis gemeint.

  34. Stephan Schleim
    29.10.2022, 07:15 Uhr

    Cannabis sativa vs Cannabis indica

    Sie sagen es, THC in unterschiedlichem Verhältnis, aus dem hier angebauten werden Hanfseile gemacht ( Beispiel! ), der andere wird importiert und in die Pfeife gestopft oder auf den Holzkohlengrill gelegt. Es gibt ja auch essbare und andere Pilze und auch solche, die Rauschzustände verursachen können …

    Wenn wir ( einige ) jedoch das Kind mit dem Bade ausschütten, ist das eine ganz andere Sache, wir ( andere ) sollten uns davon aber nicht vom Denken abhalten lassen.

  35. @Karl Maier
    Es werden wohl beide Sorten konsumiert.
    vgl.htttps://www.cannabisanbauen.net/sativa-vs-indica/

  36. Meiner Sicht auf den Konsum von Cannabis nach ist eigentlich der Mischkonsum eher das Problem. Mensch scheint so zu sein das er, wenn er in einem anderen Bereich eine Abhängigkeit entwickelt hat, die Verknüpfung von der einen Substanz mit der anderen nicht so wirklich einfach löschen kann. Dafür sind die Therapieangebote auch einfach nicht ausgelegt. Wenn man also seinen problematischen bis abhängigen Konsum von Alkohol oder Amphetaminen los geworden ist setzt man sich mit dem Weiterkonsum von Cannabis einem hohen Risiko aus in anderen Bereichen wieder rückfällig zu werden. Der kausale Zusammenhang von “Cannabiskonsum führt zu Konsum von mehr Alkohol / Amphetaminen / Opiaten” ist aber für mich so nicht gegeben. Kiffer werden einfach nicht automatisch zu Alkoholikern oder Opiatabhängigen. Da spielen andere Faktoren eine Rolle und es hat etwas von Schamanismus das über das Verbot von Cannabiskonsum in den Griff bekommen zu wollen.

  37. @Schoppe: Abhängigkeit

    Was Sie sagen, deutet darauf, dass Abhängigkeit eher in der Person angelegt ist als in der Substanz. Das sehe ich ähnlich: Die große Mehrheit der Substanzkonsumenten wird gar nicht süchtig, sogar bei Heroin. Und diejenigen, die abhängig werden, weisen bestimmte psychosoziale Muster auf. Dazu ein Andermal mehr (für mein neues Buch über Substanzkonsum habe ich mir die Forschung gerade angeschaut; wenn es erschienen ist, werde ich dazu auch im Blog mehr schreiben).

    Daher meine Forderung: Aufklärung, Prävention, gezielte Hilfe.

  38. @Schleim: Neues Buch

    Ich freue mich drauf wenn es erscheint. Ich bin gespannt wie Sie bestimmte Dinge sehen die heute noch in der Sucht-REHA allen Menschen “verklickert” werden.

  39. @Schoppe: neues Buch

    Danke für die freundliche Rückmeldung.

    Dieses Buch wird man sogar kostenlos im Internet downloaden können; aber erst einmal nur auf englisch.

    Nach und nach werden aber sicher auch mehr deutsche Texte zum Thema Drogen und Drogenpolitik erscheinen.

  40. Ich vermute, dass eine Legalisierung ohne zusätzliche Einführung wirksamer Maßnahmen, die einem schädlichen Gebrauch vorbeugen, in Deutschland nur Polizei und Justiz entlasten und bestenfalls noch die Qualität und Sicherheit des Konsums verbessern wird. Ansonsten wird wohl der bisherige Schaden in leicht veränderter Form bleiben oder sogar ansteigen. THC ist nicht wie Salat, sondern eher wie ein Medikament. Es ist auch kein Nahrungsergänzungsmittel. Da bedarf es schon einer gewissen Regulierung. Auch deshalb wundere ich mich über die Polemik und die Ungenauigkeiten in diesem Artikel. Ein paar Beispiele:

    >Noch einmal deutlich: Demnach führt nicht Cannabiskonsum zu Schizophrenie, sondern Schizophrenie zu Cannabiskonsum.

    Eine solche Behauptung auf Basis einer einzigen Studie aufzustellen ist voreilig und übersieht zudem, dass die Studie die Kausalität Cannabiskonsum=>Schizophrenie gar nicht ausschließt. Es ist anzunehmen, dass hier Zirkularität besteht, so wie bei anderen Faktoren auch z.B. psychosoziale Probleme begünstigen den Drogenkonsum, der wiederum psychosoziale Probleme begünstigt.

    >So ist das leider mit den meisten Bewältigungsstrategien: Kurzfristig können sie helfen. Langfristig können sie die Probleme vergrößern. Die passende Antwort darauf ist aber nicht ein Verbot von Bewältigungsstrategien, sondern gezielte psychosoziale Prävention und Hilfe für Menschen mit Schwierigkeiten.

    Nur leider ist unser System hier nicht gut aufgestellt. Es ist auch nicht geplant, daran etwas wesentlich zu verbessern, weil es Geld kostet. Außerdem gibt es sehr wohl Bewältigungsstrategien, die man verbieten sollte, z.B. Gewaltanwendung. Es ist interessant, dass unsere Gesellschaft sich mit Verboten besonders bei selbstschädigendem Verhalten schwer tut.

    >Weder gibt es eine harte Altersgrenze, noch liegt diese bei 25 Jahren, noch kann man mit der Verbotspolitik Jugendliche vom Drogenkonsum abhalten.

    Es geht nicht um ein paar Jahre früher oder später, sondern um die Vulnerabilität des jungen Nervensystems, die ja unstrittig ist. Im Übrigen kann Cannabis auch dem erwachsenen Organismus schaden, besonders wenn es geraucht wird, aufgrund der krebsbegünstigenden Substanzen, wie beim Tabak.

    Zu Ihren Kommentaren:
    >Wenn Cannabis wirklich so ein Teufelszeug wäre, wie Regierungen seit den 1920ern weismachen wollen (nachdem sie früher selbst mit Drogen gedealt haben), dann würde Cannabis wohl kaum nachweislich seit 4000 bis 5000 Jahren verwendet.

    Demnach wäre Alkohol also auch harmlos. Bitte werfen Sie einen Blick in die Statistiken, die eine andere Sprache sprechen.

    >Uns alle dürfte es gar nicht geben, wenn diese Mittel wirklich so furchtbar giftig wären. Wie so oft macht eben die Dosis das Gift.

    Dann sind wohl auch Gifte wie Botulinumtoxin (Stoffwechselprodukt anaerober Bakterien in verdorbenen Lebensmitteln) nicht so schlimm, denn obwohl sie zu bestimmten Zeiten in der Menschheitsgeschichte durchaus verbreitet waren, haben sie uns nicht aussterben lassen. Der Grund, warum es uns noch gibt, ist nicht, weil Cannabis und Opioide harmlos sind, sondern weil alle Gifte dieser Welt nicht verhindert haben, dass die Menschheit sich weiter fortpflanzt.

    >Sucht wäre noch einmal ein Thema für sich … In der Praxis trifft es weniger Menschen, als man denkt, selbst bei einer harten Droge wie Heroin.

    Sie machen hier die Menge an Geschädigten zum Argument, bei einer der Drogen mit dem höchsten Suchtpotential. Welche Menge an Geschädigten halten Sie denn für vernachlässigbar und nach welcher Ethik?

  41. @Hornstadt: Ideologie

    Danke, dass Sie kritisch nachfragen. Ich glaube aber nicht, dass die Diskussion mit Ihnen einen Sinn hat, da Sie die Faktenlage verkennen und dem Anschein nach vor allem ideologisch argumentieren.

    Erstens leben wir bis auf Weiteres in einem liberalen Rechtsstaat: Erlaubt ist, was nicht verboten ist; und Verbote müssen vernünftig begründet werden. Dass Agypten Cannabis nicht mochte, ist kein vernünftiges Argument.

    Zweitens tun Sie vordergründig so, als gehe es Ihnen um den Gesundheitsschutz. Dann übersehen Sie aber geflissentlich, dass das Modell, dem Sie hier das Wort reden, die allgemeine Verfügbarkeit gefährlicher Substanzen nicht verhindert. Und noch schlimmer: Aufgrund fehlender Regulierung ist der Konsum heute eine Art russisches Roulette.

    Drittens reden Sie so über Menschen, als wären sie Kinder. Die Jahrhunderte vor dem “Krieg gegen die Drogen” konnten die allermeisten Menschen vernünftig mit den Substanzen umgehen.

    P.S. Und informieren Sie sich doch wenigstens mal über das Abhängigkeitspotenzial von Heroin, bevor Sie hier mitreden, z.B. anhand der Studien von US-Veteranen aus dem Vietnamkrieg. Schon komisch, dass so gut wie alle der Konsumenten nach der Rückkehr in die USA mit dem “Teufelszeug” aufgehört haben, obwohl sie in Vietnam Heroin höchster Qualität zum kleinen Preis kaufen konnten, also quasi unbegrenzt.

    Wenn Sie ein paar Monate warten, können Sie das in meinem neuen Buch nachlesen – doch auch in der Zwischenzeit gilt: Mensch, habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

  42. Ich finde es schade, dass Sie die einzige Frage, die ich Ihnen gestellt habe, gar nicht beantwortet haben.

    Stattdessen argumentieren Sie wieder polemisch, diesmal auch mit an mich gerichteten Unterstellungen. Ich täte vordergründig so, ich übersähe geflissentlich (also scheinbar absichtslos, in Wahrheit jedoch ganz bewusst), ich würde über Menschen reden als wären sie Kinder, ich würde einem Modell das Wort reden. Welches Modell? So viel Projektion auf einmal! Ich habe mich schon gefragt, ob Sie tatsächlich meinen Text meinen, auch weil Sie @Hornstadt schreiben. Der von mir angegebene Name lautet ja anders.

    Sie relativieren Studiendaten, doch ändert das leider nichts daran, dass sehr viele Menschen Schaden nehmen, besonders durch Alkoholkonsum. Ich finde, wir sollten etwas gegen diesen Schaden unternehmen. Was genau wir tun sollten, das können wir empirisch erschließen. Klar ist jetzt schon, dass wir zur Prävention beides brauchen, Regulierung und Aufklärung, wenn wir Freiheit und Schutz nicht gegeneinander ausspielen wollen.

    Leider haben Sie meine Frage ja nicht beantwortet, so dass ich über Ihre Maßstäbe und die Gründe ihrer Polemik nur spekulieren kann. Ich vermute, Ihre Sorge um den Erhalt unserer Freiheit ist so groß, dass diese Sorge die hohe Zahl an Geschädigten für Sie verblassen lässt und Sie zu plakativen rhetorischen Mitteln verleitet. Falls dem so sein sollte, wäre meine Bitte an Sie, der sich ja aufrichtig engagiert und exponiert, Ihren Diskurs zu überdenken. Wir müssen unser aller Freiheit nicht opfern, um den konsumbedingten Schaden zu reduzieren. Statt aus Sorge um den Verlust von Freiheit die Fakten zu relativieren, sollten wir uns Gedanken machen um differenzierte Lösungen zum Schutz der Menschen.

  43. @Hornstein: Geschädigte

    Dann erst einmal Verzeihung dafür, ihren “Namen” hier falsch geschrieben zu haben.

    Ihre Frage war wohl:

    Welche Menge an Geschädigten halten Sie denn für vernachlässigbar und nach welcher Ethik?

    Das ist doch nichts, was ich zu entscheiden habe! Manche Menschen fahren Ski auf gefährlichen Pisten, machen extremen Klettersport, Autorennen usw. Professor David Nutt berechnete vor einigen Jahren, dass es sogar beim Reitsport zu mehr Unfällen kommt als beim Ecstasy-Konsum. Dieses Argument ist wissenschaftlich begründet und evidenzbasiert.

    Ich wiederhole noch einmal: Die Dosis macht das Gift! Es ist die scheinbar auch von Ihnen befürwortete Verbotspolitik, die Drogenbanden in die Hände spielt, den Markt unregulierbar macht und dafür sorgt, dass Konsumenten besonders gefährliche Stoffe zu sich nehmen (“russisches Roulette”).

    Deshalb drehe ich die Frage um: Wie viele unnötig geschädigten Substanzkonsumenten müssen wir denn noch in Kauf nehmen, bis sich Menschen wie Sie endlich mal mit den Fakten auseinandersetzen und dann ihre Meinung anpassen, insbesondere dann, wenn es ihnen um Gesundheitsschutz geht?

    Und zum Thema Alkohol können Sie sich ja einfach mit ein paar Klicks mit den Artikeln beschäftigen, in denen die einschlägigen Studien diskutiert werden (z.B. hier). Wenn Sie dem weiterhin ausweichen, bestätigen Sie eben meine Vermutung, dass Sie hier ideologisch auftreten.

  44. Leider sind Sie es der ausweicht. Natürlich haben Sie selbst zu entscheiden nach welchen Maßstäben Sie urteilen. Wer sonst?

    Erneut bringen Sie Unterstellungen ins Feld. Ich bin kein Befürworter einer Verbotspolitik, schließe Verbote aber auch nicht kategorisch aus, und ich setze mich auch mit Fakten auseinander. Es geht mir um differenzierte, nachweislich wirksame Lösungen. Ich hatte es bereits geschrieben. Warum Sie das ignorieren, ist mir weiterhin nicht klar. Meine Vermutung dazu habe ich geäußert.

    Um Ihnen nochmal zu verdeutlichen, worum es mir in der Sache geht, greife ich Ihr Beispiel auf: Wenn Reitsport wirklich über 28 Mal häufiger akute Schäden versursachen sollte als MDMA, wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, die entsprechenden Menschen intensiv aufzuklären und zu beraten, wie sie ihr Risiko erheblich senken können, und falls eine solche Senkung nicht möglich sein sollte, sie zu motivieren, auf diesen Sport zu verzichten, da diese Aktivität ja nicht unverzichtbar ist. Laut der von Ihnen zitierten Studie unterschätzen die Menschen diese Risiken ja massiv.

    Ein Verbot hielte ich dann für bedenkenswert, wenn feststünde, dass viele dieser Menschen nicht in der Lage sind das Risiko, das sie eingehen, ausreichend zu erfassen, und/oder unter Bedingungen stehen, die es ihnen deutlich erschweren, informiert unter Wahrung ihrer Interessen einzuwilligen oder auch nicht.

    Leider liegt diese Einschränkung beim Konsum mancher Substanzen häufig vor, auch bei Erwachsenen, weswegen Regulierung bis hin zum Verbot notwendig werden, wenn man Menschen schützen will, die sich selbst nicht ausreichend schützen können.

    Das betrifft aber nicht jeden Bürger, sondern erfreulicherweise nur einen Teil. Für diesen Teil müssten wir ebenfalls eine Lösung finden. Das meine ich u.a. mit “differenziert”. Nichts für diese Menschen zu tun außer einer Legalisierung, weil es ja nicht die Mehrheit betrifft, wäre für mich nicht ausreichend.

    Wie Sie auch aus meinem ersten Kommentar hätten entnehmen können, bin ich nicht grundsätzlich gegen eine Legalisierung, sondern halte sie als Lösung für unzureichend bis kontraproduktiv, wenn sie ohne weitergehende Maßnahmen eingeführt wird. Momentan wird noch zu wenig über diesen Zusatz nachgedacht. Die bisherigen Maßnahmen wie Altersbeschränkung oder Konzentrationsangaben sind aus meiner Sicht nicht ausreichend, was z.B. die Erfahrungen mit Alkohol zeigen.

  45. @Hornstein: Sinn und Unsinn

    Ich weiche überhaupt nicht aus. Wenn Sie mir nicht glauben, dann schauen Sie halt z.B. in den Alkoholatlas des Deutschen Krebsforschungsinstituts: Der Konsum sinkt seit Jahrzehnten; die damit verbundenen Probleme auch.

    Wir brauchen keine Bevormundung in einer freien Gesellschaft; und Propaganda auch nicht.

    Schauen Sie sich an, was die Prohibition in den 1920ern/1930ern angerichtet hat: florierende Kriminalität, Korruption in der Polizei, Kriminalisierung von Bürgern und weitreichende Gesundheitsschäden. Die Mäßigkeitsbewegung war zudem zum Teil mit Rassismus verbunden; wir wissen, was das in den 1930ern/1940ern angerichtet hat.

    Dringender Lese-Tipp für Sie: Juli Zeh, Corpus Delicti

    Ihre Frage war von Anfang an quatsch. Auch beim dritten Anlauf konnten Sie nicht das Gegenteil aufzeigen. Klagen Sie also nicht, dass Sie keine sinnvolle Antwort kriegen. Stellen Sie sinnvolle Fragen, dann kriegen Sie auch sinnvolle Antworten.

  46. P.S. Form

    Im Übrigen verweise ich hier die ganze Zeit auf wissenschaftliche Studien und Hintergrundartikel. Schauen Sie sich z.B. die Grafiken auf S. 46/47 des brandneuen Alkoholatlas an.

    Was bleibt von Ihrem Standpunkt, wenn man die Vorurteile abzieht? Ich fürchte: nichts.

    Solche Un-Diskussionen wollen wir hier bei MENSCHEN-BILDER nicht führen.

  47. Schade, dass Sie erneut Unterstellungen formulieren, meine Frage ohne Begründung als unsinnigen “Quatsch” abqualifizieren und mir (!) dann “Un-Diskussion” vorwerfen? Befremdlich.

    Ich versuche trotzdem noch einmal auf Ihre Argumente einzugehen. Die von Ihnen zitierten wissenschaftlichen Daten kenne ich, aber sie widersprechen nicht meiner Argumentation. Vielleicht wollen Sie mit dem sinkenden Alkohol-Konsum belegen, dass keine Verbote nötig sind, da diese Reduktion ja trotz freier Verkäuflichkeit erfolgt. Sie scheinen davon auszugehen, dass die Verbote, die es in Deutschland in Bezug auf den Alkoholkonsum gibt (z.B. beim Autofahren oder Jugendschutz), nicht zur Reduktion beigetragen haben. Dafür kenne ich allerdings keinen Beleg. Im Gegenteil (siehe unten).

    Wichtiger noch wäre die Betrachtung der Wirkung der weitaus größeren Gruppe an Maßnahmen z.B. präventiver Art, um die es mir ja vorwiegend geht, worauf Sie bisher gar nicht eingehen. Falls Sie auch hier der Ansicht sein sollten, dass diese Maßnahmen unwesentlich für die Reduktion waren, wären Belege hilfreich. Falls Sie hingegen annehmen, dass sie entscheidend zur Reduktion beigetragen haben, müssten Sie verstehen, weshalb ich hier zur Erweiterung rate, nämlich um die Zahl der Opfer noch rascher zu reduzieren. Es geht ja immerhin um Millionen von Menschen.

    In unserem Land liegt der persönliche Alkoholkonsum höher als in den meisten anderen EU-Ländern und sinkt auch langsamer als bei den anderen. Schauen Sie sich die von Ihnen genannte Statistik des dkfz auf Seite 47 an und vergleichen Sie diese mit den Daten der WHO auf Seite 45 (https://www.who.int/data/gho/data/themes/global-information-system-on-alcohol-and-health). Sollten wir uns nicht fragen, warum das so ist? Die WHO gibt Hinweise. Für eine kurze Zusammenfassung siehe hier (https://www.bptk.de/praevention-und-fruehintervention-bei-alkoholerkrankungen/) unter “Die wirksamsten Maßnahmen zur Verhältnisprävention zu wenig umgesetzt”. Hier findet man zwar keine Patentrezepte, aber zumindest empirisch fundierte Vorschläge statt nur Relativierungen und Schmähungen.

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