Psychopath oder nicht? Der Neuromythos Phineas Gage

Hat die Hirnverletzung die Persönlichkeit des berühmten Bahnarbeiters wirklich umgedreht? Warum sich falsche Vorstellungen so hartnäckig halten

Den meisten Leserinnen und Lesern dürfte der Fall schon bekannt sein: Am 13. September 1848 passierte dem Bahnarbeiter Phineas Gage, damals 25 Jahre alt, ein schwerer Unfall: In der Nähe der Ortschaft Cavendish im US-Bundesstaat Vermont kommt eine Eisenstange ungewollt in Kontakt mit einem Felsen.

Eigentlich sollte Gage damit Sand auf Schwarzpulver in Bohrlöchern pressen. Stattdessen entzündete wahrscheinlich ein Funken eine ungesicherte Ladung des Sprengstoffs. Die Explosion katapultierte die Stange durch seinen Schädel. Das zum Geschoss gewordene Werkzeug trat über den linken Kiefer in seinen Kopf ein und flog durch die Schädeldecke wieder heraus.

Der 25-jährige Mann wurde durch die Wucht und den Schock erst einmal auf den Boden geschleudert. Auch seinen Kollegen dürfte die Explosion einen Schrecken eingejagt haben. Später würden sie berichten, dass sich Gage kurze Zeit nach dem Unglück wieder aufrichtete – und ansprechbar war.

Am Unfallort waren Blut und andere Teile aus dem Inneren des Körpers verstreut. Den Verwundeten brachte man sitzend und bei Bewusstsein in einem Ochsenkarren zurück in sein Hotelzimmer in Cavendish.

Schaulustige griffen sogar ungläubig in seine Wunde. Die damaligen hygienischen und medizinischen Standards können wir uns heute kaum noch vorstellen. Gage hatte Glück im Unglück und geriet schließlich an John M. Harlow (1819-1907), damals ein einfacher doch kompetenter Landarzt.

Gages Verletzung nach einer Darstellung Harlows (links) und ein erst vor wenigen Jahren mithilfe des Internets identifiziertes Foto von der Zeit nach seiner Genesung (rechts).

In den folgenden Wochen traf dieser einige richtige Entscheidungen. Vor allem reinigte und desinfiziert er die Wunde seines Patienten immer wieder – mit den verfügbaren Mitteln in der Mitte des 19. Jahrhunderts, weit weg von größeren Städten. Ich konzentriere mich hier auf wesentliche Details und verweise Interesse auf den ausführlicheren Artikel, der vor Kurzem in Psychologie Heute erschien.

Psychische Folgen

Nach einiger Zeit bekam der widerstandsfähige junge Mann dann doch schweres Fieber und verlor sogar das Bewusstsein. Für sein Umfeld stand fest, dass er das nicht überleben würde. Dass er nicht gleich nach der Explosion gestorben war, hatte viele bereits in großes Staunen versetzt.

Doch Gages Zeit war noch nicht gekommen. Wohl auch wegen des anhaltenden Einsatzes seines Arztes besserte sich sein Zustand schließlich. Sichtlich geschwächt richtete er sich erst im Bett auf, wagte dann ein paar Schritte in seinem Zimmer, dann im Hotel – und wagte sich schließlich wieder vor die Tür.

Bis hierhin dürfte es sich um weitgehend plausible und gesicherte Fakten handeln. Arzt Harlow veröffentlichte noch im selben Jahr einen kurzen Bericht in einer medizinischen Fachzeitschrift (Harlow, 1848).

Das Überleben eines so schweren Unfalls in der damaligen Zeit gleicht zwar schon einem Wunder. Diese Tatsache allein hätte Gage aber wohl nicht so bekannt gemacht – und zwar bis heute. Viele halten ihn sogar für den berühmtesten neurologischen Patienten aller Zeiten.

Der wohl berühmteste neurologische Patient: Tatsächlich zeigt eine Auswertung von Büchern (hier: englischsprachig; Google Ngram), dass der Fall seit den 1990ern verstärkt diskutiert wurde – sehr viel häufiger als andere berühmte neurologische Patienten.

Was Gages Schicksal wirklich einzigartig macht, sind seine angeblichen Wesensveränderungen: Harlow beschrieb ihn als kindisch und schwer zu kontrollieren. Beispielsweise habe er ein paar Kieselsteine nicht für 1.000 Dollar verkaufen wollen. Auch habe er sich seinen ärztlichen Ratschlägen widersetzt.

Leider können wir den Patienten nicht mehr selbst fragen, geschweige denn einem Persönlichkeitstest unterziehen. Beim Umgang mit historischen Quellen gehört aber eine kritische Würdigung zur guten wissenschaftlichen Praxis: Ist die Darstellung plausibel? Widersprechen sich unterschiedliche Berichte? Könnten bestimmte Interessen eine Sichtweise beeinflusst haben?

Man darf auch einfach einmal seinen gesunden Menschenverstand bemühen. Wenn jemand gerade dem Tod entronnen ist und sich nicht für Geld interessiert oder zu seiner Familie reisen will – und sich daher der Anweisung zur Schonung widersetzt –, dann mag ein Arzt das vielleicht kindisch und impulsiv nennen. Es ist aber auch schlicht menschlich.

Die Quellenlage

Nach Gages Tod im Jahr 1860 besuchte Harlow, der es inzwischen zu Wohlstand und Ruhm gebracht hatte, noch einmal die Mutter seines früheren Patienten. Dabei überzeugte er die ältere Dame, das Grab ihres Sohnes öffnen zu lassen, um die Knochen für die Nachwelt zu bewahren; heute liegen sie in einem Museum der Harvard-Universität. Auf Grundlage dieses Gesprächs veröffentlichte der Arzt 1868 einen Folgebericht (Harlow, 1868).

In diesem Artikel, den Harlow rund 20 Jahre nach den Vorfällen schrieb, findet sich die später vielfach zitierte Stelle, Gage sei nach dem Unfall “nicht länger Gage” (S. 14) gewesen. Beispielsweise habe der junge Mann sich wieder um die Stelle als Bahnarbeiter beworben. Die Veränderung in seinem Wesen – leider wird nicht konkret gesagt, worum es sich gehandelt haben soll – sei aber so groß gewesen, dass der Arbeitgeber ihn nicht mehr wollte.

Dann fasste Harlow seine eigene Sichtweise so zusammen: Kurz gesagt, Gages Gleichgewicht zwischen Rationalität und Emotionalität sei abhandengekommen. Er sei – im Gegensatz zu seiner früheren Art – launisch, ungeduldig und respektlos geworden. Auch hätte er zwar Pläne für die Zukunft geschmiedet, diese dann aber immer wieder aufgegeben. Es habe sich bei ihm intellektuell um ein Kind im Körper eines erwachsenen Mannes gehandelt.

Konkrete Beispiele für das (angeblich) so problematische Verhalten finden sich in dem insgesamt 22-seitigen Artikel leider nicht. Auf Grundlage solcher doch eher vagen Aussagen, lange Zeit nach den Vorfällen zusammengefasst, entstand dann die heute so bekannte Erzählung, die Hirnverletzung habe aus dem vorbildlichen Arbeiter eine Art Psychopath gemacht.

Mal wurde er als promisk, mal als Lügner, mal als gewalttätig dargestellt. Der Phantasie schienen in den 170 Jahren nach dem Unfall keine Grenzen gesetzt. Doch was, wenn diese Sichtweise gar nicht stimmt?

Beim Chirurgen

Ein großes Problem – neben der Abwesenheit eindeutiger Quellen für die Persönlichkeitsveränderung – ergibt sich aus einem mehrwöchigen Besuch Gages bei dem Professor für Chirurgie an der Harvard-Universität, Henry Bigelow (1818-1890), rund ein Jahr nach dem Unfall. Der Mediziner untersuchte erst einmal, ob die Anzeichen der körperlichen Verletzungen zu der Schilderung des Unfalls passten. Die Narben dürften verheilt, doch sichtbar gewesen sein; außerdem hatte der junge Mann bei der Explosion sein linkes Augenlicht verloren.

Anschließend führte Bigelow Gage der medizinischen Elite in Boston vor. Außerdem nahm er ihn zu Unterrichtszwecken mit ins Krankenhaus. Seine Befunde veröffentlichte der Chirurg 1850 im American Journal of the Medical Sciences. Und darin zieht er das deutliche Fazit: “Von seiner außergewöhnlichen Verletzung hat sich der Patient in seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten vollständig erholt, mit Ausnahme des verlorenen Augenlichts” (Bigelow, 1850, S. 14).

Zu Besuch bei der medizinischen Elite: Dieses Foto aus dem Jahr 1853 zeigt die Boston Society for Medical Im­prove­ment, der Bigelow einige Jahre vorher Gage vorgestellt hatte.

Leider – aus unserer heutigen Sicht – konzentriert der Medizinprofessor sich vor allem auf die körperlichen Aspekte seines Gastes. Er betrachtete ihn sozusagen aus dem Blickwinkel eines Chirurgen. Große Abschnitte des Aufsatzes geben Zeugenaussagen wieder, dass sich der Vorfall wirklich so ereignet hatte, dass also die etwa sechs Kilo schwere und einen Meter lange Eisenstange Gages Kopf und Gehirn tatsächlich durchdrungen hatte.

Diese Darstellung von Gages Schädel und der Eisenstange begleitete Bigelows Fachaufsatz im Jahr 1850.

Das zeigt einmal mehr, wie schwer man sich das im 19. Jahrhundert vorstellen konnte. Bigelow beendet seinen Text mit den bedeutungsschweren Worten: “Alles in allem kann man sich fragen, ob der vorliegende Fall nicht die erstaunlichste Hirnverletzung ist, die bisher berichtet wurde” (ebenda, S. 22).

Phrenologie und Neophrenologie

Auch wenn Bigelow Gage kürzer kannte als Harlow, sollte man doch erwarten, dass ihm psychopathische Züge irgendwie aufgefallen wären – oder wenigstens das impulsive und kindische Verhalten, das Harlow 1848 und 1868 beschrieb. Doch davon findet sich bei dem Chirurgen kein Wort.

Frederick Barker, heute selbst Professor für Neurochirurgie, brachte in einem medizingeschichtlichem Aufsatz einen wichtigen Aspekt in die Diskussion ein: Harlow, der Gage die erheblichen Persönlichkeitsveränderungen attestierte, war überzeugter Anhänger der Phrenologie.

Das heißt, der Arzt hing der damals weitverbreiteten Lehre an, dass bestimmte Gehirnregionen bestimmte psychische Fähigkeiten ermöglichen. Und gemäß dieser – heute längst aufgegebenen – Sichtweise von den Gehirnfunktionen hätte die Eisenstange Gages “Organ des Wohlwollens” oder auch sein “Organ der Ehrfurcht” verletzt, wenn nicht gar zerstört. Laut der phrenologischen Lehre hätte also insbesondere sein Sozialverhalten behindert sein müssen.

Wir wissen nicht, ob Harlow sich zumindest einen Teil seiner Beschreibung nur ausgedacht hat. Es ist aber zumindest wahrscheinlich, dass er den Fall durch die Linse der Phrenologie schilderte – und dementsprechend Sachverhalte ausschmückte, wie etwa die Sache mit den Kieselsteinen oder dem Wunsch, seine Familie zu sehen.

Mit diesem Vorgehen blieb der phrenologische Arzt nicht alleine. Denn in den 1990ern, als gerade die “Dekade des Gehirns” in vollem Gange war, nahm sich der heute berühmte Hirnforscher Antonio Damasio des Falles an. Dafür untersuchte er und einige Mitarbeiter Gages Schädel mit modernen bildgebenden Verfahren.

Laut Damasios Schilderung in der Fachzeitschrift Science, die inzwischen mehr als 2000-mal zitiert wurde, zerstörte die Eisenstange Gages ventromedialen präfrontalen Kortex auf beiden Seiten. Nach Damasios eigener Theorie von den Gehirnfunktionen mussten damit insbesondere die Emotionsverarbeitung und das Moralverhalten beeinträchtigt werden – und so schilderte der Hirnforscher es auch in seinem Bestseller Descartes’ Irrtum. (Descartes’ Irrtum soll übrigens darin bestanden haben, dass Vernunft ohne Gefühl möglich sei.)

Allerdings würden andere Hirnforscher einige Jahre später herausfinden, dass die von Damasio angenommenen Gehirnläsionen nur links, nicht beidseitig durch den Verlauf der Eisenstange erklärt werden könnten. Das ist ein Problem für Damasios Theorie. Und auch die Darstellung von Gages (angeblichen) Persönlichkeitsveränderungen, mit denen Damasio den Bestseller, der ihn weltberühmt machte, ausführlich einläutete, ist äußerst fraglich.

So zitiert der berühmte Hirnforscher zwar aus Harlows Originalquelle, dass Gage Phantasiegeschichten erzählt hat. Wenn man bei Harlow nachschlägt, findet man dafür aber wiederum eine harmlose erklärung: Als Gage endlich zu seiner Familie zurückkehren konnte, erzählte er seinen Neffen und Nichten Heldengeschichten. Das macht aus ihm keinen Psychopathen.

Gesamtschau

Schon dem bedeutenden Wissenschaftssoziologen Thomas Kuhn (1922-1996) war aufgefallen, dass es bei der Schilderung der Geschichte des eigenen Fachs in den Wissenschaften nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Die Forscherinnen und Forscher hätten die Neigung, die Vergangenheit im Lichte ihrer heutigen Theorie zu rekonstruieren.

So funktioniert laut neueren psychologischen Studien übrigens auch unser Gedächtnis: Erinnern ist eher ein Neu-Konstruieren. Gerade darum sind nachvollziehbare schriftliche Quellen – oder heute auch Filmaufnahmen – so wichtig.

Dass Harlows und insbesondere Damasios Schilderungen, die übrigens vielfach unkritisch von vielen anderen Psychologen und Hirnforschern abgeschrieben wurden, wirklich in weiten Teilen falsch sind, lässt sich auch anhand anderer Quellen nachweisen: Nachdem Gage wieder auf die Beine kam, half er auf der familiären Farm aus. So konnte er auch Beziehungen zu Menschen und Tieren pflegen.

Insbesondere konnte er, seiner Gehirnverletzung zum Trotz, später noch jahrelang als Kutscher arbeiten. Diese Aufgabe erforderte von ihm nicht nur körperliches Geschick, sondern auch einige soziale Kompetenz mit den Fahrgästen und vor allem: Zuverlässigkeit. Mit den ihm angedichteten psychologischen Defiziten hätte er das kaum schaffen können.

Damit ist übrigens nicht gesagt, dass der Unfall – oder das Trauma im weiteren Sinne – keinen Einfluss auf seine Psyche gehabt hätte. Heute wissen wir zur Genüge, wie schwer eine posttraumatische Belastungsstörung sein kann. Gage dürfte einige Zeit nach dem Unfall auch ein erschreckender Anblick gewesen sein.

Doch urteilen Sie selbst: Ist es nachvollziehbar, wenn ein junger Erwachsener, gerade dem Tod entgangen, zu seiner Familie will? Ist es überraschend, wenn es nach solchen schlimmen Ereignissen auch einmal zu Missverständnissen und sozialen Konflikten – zum Beispiel mit dem früheren Arbeitgeber – kommen kann?

Lehre fürs 21. Jahrhundert

In der neurowissenschaftlichen Forschungsliteratur ist man zu diesem Perspektivenwechsel überwiegend unfähig. In einem neuen Aufsatz habe ich schlicht erhoben, wie seit den 1990ern über den Fall berichtet wird:

Fast alle (92%) wissenschaftlichen Fachaufsätze schildern Persönlichkeitsveränderungen, für die es kaum Quellen gibt und die in weiten Teilen widerlegt sind; die Mehrheit (52%) rückt Gage in die Nähe von Psychopathie, wofür es nie handfeste Belege gab; so gut wie niemand (4%) überlegt, ob es, neben der Gehirnverletzung, auch andere Erklärungsmöglichkeiten gibt; und nur eine kleine Minderheit (16%) schildert Gages spätere Erholung (Schleim, 2022).

Mein Aufsatz wurde eher durch Zufall in einer neurowissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht. Mehrere Gutachter waren vehement dagegen, wollten zum Teil sogar, dass ich Daten aus dem Manuskript entferne – vielleicht, weil diese ihre eigenen Fehler dokumentierten? Am Ende fanden sich dann aber doch noch zwei mutige Forscherinnen und Forscher, die das für die Veröffentlichung nötige grünes Licht gaben.

Wie dem auch sei, Neuropsychologen und kognitive Neurowissenschaftler können nicht verhindern, dass beispielsweise auf Wikipedia und auch in mehreren journalistischen Schilderungen (z.B. hier im Slate Magazine) die historischen Quellen und neuronalen Schäden korrekt dargestellt werden. Wenn sie das in ihren eigenen, so oft gepriesenen Fachzeitschriften nicht haben wollen, kann man daran nichts ändern.

Die Verlockung ist einfach zu groß, den Mythos immer wieder zu reproduzieren. Das passiert auch hier im Blog nebenan bei den SciLogs. Sehr viele Erfolge hat die kognitive Neurowissenschaft, allen Versprechungen zum Trotz und über 20 Jahre nach der “Dekade des Gehirns”, ja nicht vorzuweisen. Dann muss man sie eben erfinden?

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166 Kommentare

  1. Letztlich hängt alles davon ab, ob Phineas Gage wirklich eine Wesensänderung gezeigt hat, die mit der Zerstörung von Teilen seines Frontalhirns erklärt werden kann. Es geht also um die Glaubwürdigkeit von Dr. Harlow‘s Aussagen, wie man sie etwa in “No longer Gage”: an iron bar through the head nachliest:

    Was das Ereignis jedoch historisch machte, waren Dr. Harlows nachfolgende Beobachtungen der Veränderung der Persönlichkeit von Gage. Unmittelbar nach der körperlichen Genesung beschrieb er Gage wie folgt: “Erinnert sich an vergangene Ereignisse richtig, sowohl vor als auch nach der Verletzung. Intellektuelle Manifestationen sind schwach, äußerst launisch und kindisch, aber mit einem Willen, der so unbeugsam wie eh und je ist; er ist besonders hartnäckig; zeigt keinerlei Zurückhaltung, wenn etwas mit seinen Wünschen kollidiert.“ Dr. Harlow berichtet, dass Gages Arbeitgeber, “der ihn als den effizientesten und fähigsten Vorarbeiter betrachteten … die Änderung in seinem Wesen als so ausgeprägt betrachteten, dass sie ihm nicht wieder seinen Platz geben konnten…. Er ist fit, respektlos, verwöhnt, erzählt manchmal die gröbste Obszönität (was zuvor nicht sein Brauch war), zeigt aber wenig Respekt vor seinen Mitmenschen, ist ungeduldig, ohne Zurückhaltung oder Rat, wenn etwas mit seinen Wünschen kollidiert…. Als Kind in seiner intellektuellen Eigenschaft und seinen Erscheinungsformen hat er die tierischen Leidenschaften eines starken Mannes…. Sein Wesen änderte sich so radikal, so entschieden, dass seine Freunde und Bekannten sagten, er sei “nicht mehr Gage”.

    Über den weiteren Lebensverlauf von Phineas Gage liest man im gleichen Text:

    Arbeitslos reiste Herr Gage mit seinem Stampfeisen durch New England. Im Barnum’s Circus zeigte er sich als Kuriosität. Dann arbeitete er in Mietställen, zuerst in Vermont und dann in Chile. 1860 kehrte er zu seiner Familie in San Francisco zurück. Er hatte Epilepsie entwickelt, und im Mai 1861, 12 Jahre nach der Verletzung, starb er im Status epilepticus. Dr. Harlow bemerkte, dass “die Genesung sicherlich nur teilweise war, dass seine intellektuellen Fähigkeiten entschieden beeinträchtigt, aber nicht völlig verloren waren; offensichtlich keine Demenz, aber in ihren Manifestationen geschwächt, seine mentalen Operationen waren perfekt in ihrer Art, aber nicht in Grad oder Quantität”.

    Aktuell hört man heute weniger über die Wesensveränderung durch Schädigungen des Frontalhirns als etwa über die fronto-temporale Demenz (Bruce Willis ist daran erkrankt), einem Forschungsthema von Joe Dramiga, einem Blogger von scilogs.

  2. Wollten sie nur auf Fehler eines alten Falls aufmerksam machen? Dann verstehe ich ihre Polemiken nicht. Dass eine Schädigung des Frontallappen zu Persönlichkeitsänderungen führen, da stimmen Sie schon zu, oder? Ansonsten wäre nämlich jede weitere Diskussion überflüssig, weil ja hinreichend durch viele Demenzfälle und Unfälle in neuerer Zeit bestätigt.

    Leider sind ihre Texte in den meisten Fällen mühsam, weil sehr ideologisch geprägt (das was sie anderen vorwerfen).

  3. Eine skurrile Begebenheit, die sich in den New-England-States schnell verbreitet hat.
    Schon der Name Phineas ist ungewöhnlich, ungewöhnlich ist der Unfall, ungewöhnlich ist, dass Phineas nach dem Unfall keinen Schmerz empfand, und , ja schon literarisch, dass er den Unfall überlebt hat.
    Aber, die Gesellschaft ist gnadenlos, nachdem er seinen Arbeitsplatz verloren hatte , musste er als Sensation , so wie die Frau ohne Unterleib, als Mensch mit der Eisenstange im Kopf im Zirkus Barnum auftreten.
    Belegt ist, dass er nach einem epileptischen Anfall 1860 starb.

  4. @Wolfgang: Fakten & Polemik

    Da Sie die verfügbaren Fakten nicht nur ignorieren, sondern ihnen sogar widersprechen (ohne eigene Evidenzen anzuführen), darf man Ihren Beitrag wohl als rein polemisch & ideologisch auffassen.

    Sie klingen auffällig ähnlich wie einer der “Gutachter”, der die Veröffentlichung meines Aufsatzes verhindern wollte. Fühlen Sie sich beleidigt?

  5. @Holzherr: Das klingt nach einer akkuraten deutschen Übersetzung, ja. Wichtige Informationen über Gages Arbeit in Chile fehlen bei ihm aber – und würden eben der “neurodeterministischen” These widersprechen.

  6. P.S. @Wolfgang: Persönlichkeitsveränderungen

    Da fallen mir übrigens erst einmal die Lobotomien ein. Den Preis für die Überheblichkeit, psychische Probleme mit Eingriffen ins Gehirn heilen zu können, bezahlten zehntausende Patienten, zum Teil sogar schon Kinder; manche mit ihrem Leben.

    Man sollte meinen, dass solche erschreckenden Beispiele die Leute zur Bescheidenheit anregen. Manche sind dagegen wohl resistent. Liegt das an Gehirnverhärtung?

  7. @wengert: Gages Familie waren wohl eher arme Leute. Das mit dem Zirkus war eher eine Phase und sollte man nicht überbewerten. Aber auch nach seiner Rückkehr in die USA, als er schwer an Epilepsie litt, versuchte er noch nach Möglichkeit zu arbeiten – bis er relativ jung starb.

    Ich würde gerne wissen, wie viel Geld Harlow Gages Mutter angeboten hat, für die Geschichte und die Exhumierung des Leichnams.

  8. Stephan Schleim
    Da man nicht genügend Informationen hat, ist es ausschlaggebend welche Bedeutung man den einzelnen Informationen zumisst.
    Es gibt auch nur ein Photo, auf dem Phineas nicht glücklich aussieht , eher wie hingestellt.
    Also, ich neige immer mehr zu Ihrer Auffassung, dass die Geschichte hochgespielt wurde. Sein Aufenthalt in Chile ist ein Beweis , dass er den Trubel um seine Person nicht mehr wollte. Was ein Mediziner zu seiner Hirnverletzung sagt, das ist wieder eine andere Sache.
    Trotzdem eine sehr aufregende Geschichte, und , sie vermittelt Optimismus.
    Wozu Menschen fähig sind, das ist doch fast nicht zu glauben.

  9. @Wengert: Optimismus

    Das ist für mich auch die wichtigste Schlussfolgerung: Dass man selbst mit einer schweren Hirnschädigung noch eine Chance auf ein geregeltes Leben haben kann, wenn einem z.B. die strukturierten Tagesabläufe dabei helfen.

    Dafür ist wichtig, nicht einfach vom Arzt (wie Damasio) als hoffnungsloser “Psychopath” abgestempelt zu werden. Zum Glück sind nicht alle Neurologen so.

  10. Ich sehe hier einige Fragezeichen. Zunächst sollte man einmal davon ausgehen dass Menschen die solchen Schicksalsschlägen (schwere Krankheiten, schwere Unfälle) entgangen sind, also den Tod sozusagen von der Schippe gesprungen sind, mit Sicherheit Wesensveränderungen erfahren denn man sieht danach wohl sein Leben in einem anderen Licht was auch andere Gefühle produziert.
    Und dann sind da diese Berichte von Zeitzeugen. Bewerte ich diese Zeugen so sind diese in der Regel “normale” Menschen die über solche Ereignisse mit ihrem doch eingeschränkten Glaubens-oder Wissensstand reflektieren . Dass jemand sich nach einem solchen Unfall nicht mehr, im Gegensatz zur Massenpsychose, für Geld interessiert, ist nachvollziehbar. Auch Jesus soll sich nicht für Geld interessiert haben und wurde trotzdem ein Heiliger um es mal ironisch zu sagen) Und das er dadurch ein LÜGNER wurde wie ihn einige einschätzten ist wohl eher witzig denn wer in dieser Welt lügt nicht ? Hier scheint man Kaffeesatzleserei zu betreiben da jeder in diesem Geschädigten nun eine Veränderung sehen will da alle anderen es auch sehen.

  11. Ich meine, man sollte immer wieder alles auch aus „neuerer Sichtweise“ betrachten und auch in Frage stellen.

    Aber das was über Phineas Gage so berichtet wird, klingt irgendwie plausibel. Nach dem WK2 gab es sehr viele Kriegsverletzte in meiner Umgebung, darunter „Kopfschusspatienten“. Als Außenstehendem hat man ihnen oft kaum etwas angemerkt, Männer die z.B. Gliedmaßen verloren haben, schienen stärker beeinträchtigt. Sehr viele Menschen waren schwer traumatisiert, andere waren erstaunlich resilient.

    Aber Familien die einen Kopf verletzten Vater hatten, litten ganz besonders schwer, besonders wenn auch noch ein Alkoholproblem dazu kam. Die litten oft an „ungewöhnlichen“, nur von den Familien und den Ärzten bemerkte Verhaltensweisen, die stark denen von Phineas Gage ähnlich waren. Derartiges kann übrigens auch bei Gehirn operierten Frauen vorkommen, vermutlich abhängig davon, welche Strukturen im Gehirn zerstört sind.

    Die Neurologen und auch Psychiater hatten ehemals ihre grundlegenden Erkenntnisse an kriegsversehrten Kopfschusspatienten gewonnen. Die waren nach Kriegen immer sehr zahlreich vorhanden.

    Bei den Patienten waren, je nach Schusskanal, bestimmte Bereiche betroffen und man bekam so indirekt eine erste grobe Übersicht über die Funktionen im Gehirn. Erst später kamen elektronisch Messungen und die Röntgen/CT Technik dazu.

    Das Gehirn hat, anders als andere „Körperteile“ hauptsächlich gleiche, wenn auch spezialisierte Neuronen. Es gibt viele Redundanz Möglichkeiten. Das hat den Vorteil, dass andere Neuronen, Aufgaben defekter Neuronen übernehmen können, wenn sie sozusagen entsprechend „angelernt“ werden („Plastizität“). Ein Herz kann allenfalls etwas mehr „pumpen“, aber eine Lunge nicht ersetzen….

    P. Gage scheint auch noch „Glück“ gehabt zu haben, dass eine „ganze“ ungefähr „redundante“ Gehirnhälfte, eher weniger betroffen war, und die „Hirnblutungen“ offensichtlich nicht verhängnisvoll waren.

  12. @Elektroniker: Kopfverletzungen…

    …studierte auch schon der griechische Arzt bei Gladiatoren im antiken Rom.

    Man muss, denke ich, verstehen, dass es bei solchen “natürlichen Experimenten” nicht um klar umrissene Gehirnregionen geht. Bei einer Kugel an sich kann ich mir vorstellen, dass sie auf ihrer Bahn (durch das weiche Gehirn) gar nicht so viel Schaden anrichtet. Anders wäre das bei einem Granatsplitter oder einem anderen, größeren Gegenstand. Fürs Überleben ist wohl vor allem relevant, ob Blutgefäße betroffen sind.

    Ich kenne keine Details zu diesen Kriegsverletzten. Aber erfahrungsgemäß werden diese größtenteils sich selbst überlassen. Der Clou bei Gages Geschichte ist ja, dass unter idealen Umständen eine Kompensation der Hirnschäden möglich ist, jedenfalls in einem gewissen Maße.

  13. @ Stephan Schleim 24.02.2023, 19:09 Uhr

    Zitat: „Aber erfahrungsgemäß werden diese größtenteils sich selbst überlassen. Der Clou bei Gages Geschichte ist ja, dass unter idealen Umständen eine Kompensation der Hirnschäden möglich ist, jedenfalls in einem gewissen Maße.“

    Heutzutage wird es eher tatsächlich so sein, dass die Betroffenen sich selbst überlassen sein werden. Es geht ihnen jeder aus dem Weg. Früher wurde das von der Politik so gesteuert, dass die Betroffenen bevorzugt einen Job bekamen, zusätzliche eine höhere Rente, damit für Frauen ein bestimmter Anreiz bestand, derartige Menschen zu heiraten und auch zu pflegen, weil ihr Lebensunterhalt gesichert war. Der Staat war das Problem los.

    Das Problem war, dass diese Männer kaum berechenbar und eigentlich mitunter auch gefährlich waren, auch für die Umgebung, weil sie vielfältige absurde paranoide Ideen entwickelten. Auch für die Kinder waren sie wegen ihrer Gefühlsschwankungen eine Gefahr. Außenstehende bekamen oft gar nichts mit, beneideten die Betroffenen sogar wegen ihrer Rente und gewisser Privilegien die Kriegsopfer damals bekamen. Es wurde ein großer Unterschied zwischen Kriegsinvaliden und zivilen Unfallopfern gemacht.

    Betroffene haben über die psychischen Probleme kaum gesprochen. Manche wollten sich bei verständnisvollen Menschen „aussprechen“, oder die Kinder haben „ausgeplaudert“.

    Andererseits wurde im WK2 (zumindest am Anfang) auch dafür gesorgt, dass Kriegerwitwen mit Kindern sehr schnell einen neuen Ehemann bekamen. Der war bevorzugt und durfte seinen Wehrdienst z.B. in der Nähe seines Wohnortes in einem KZ ableisten. Das ist denen nach dem Krieg auf den „Kopf“ gefallen.

    Es ist unglaublich was der Wahnsinn eines Krieges für Folgen hat.

  14. @Kuhn: Für ein systematic review hätte man in der Tat noch eine zweite Datenbank durchsuchen müssen.

    Mein Artikel ist Teil einer Serie (Research Topic) über Wissenschaftskommunikation. Manche Wissenschaftler amüsieren sich über die “dummen Journalisten”. Ich habe an einem Beispiel einmal aufgezeigt, dass auch in der Wissenschaft nicht alles stimmt. Ob das im Ergebnis nun für 90, 95 oder 100% der Artikel gilt, ist nicht so wichtig. Übrigens gibt es ähnliche Untersuchungen über die Darstellung Gages in psychologischen & medizinischen Lehrbüchern.

    Ich erlebte dieses peer review als Unsinning. Leute, die es nicht ernsthaft und fair anbieten können, sollten sich nicht freiwillig melden; niemand zwingt einen. Wie ich schon öfter forderte, sollte man das alles öffentlich machen. Ich verwies hier ja schon auf einen Kommentar, der mich auffallend stark an einen der reviewer erinnerte.

  15. @Elektroniker: Veteranen

    Ich weiß nicht, wie das in der (jüngeren wie älteren) deutschen Geschichte gelöst war…

    …doch in den USA, die seit der zweiten Hälfte des 20. Jh. sehr viel mehr Kriege geführt haben als Deutschland, scheinen die Kriegsversehrten sich selbst überlassen zu sein: Dann drohen Drogensucht, Suizid & Amoklauf.

  16. P.S. Zur Lebzeit Phineas Gages hatte man von der Posttraumatischen Belastungsstörung noch nie gehört. War die Klassifikation dieser nicht eine Folge jüngerer Kriege?

    Meines Erinnerung nach sprach man in den 1980ern/1990ern noch vom “Golfkriegssyndrom“, früher auch vom “shell shock” oder den “Kriegszitterern”.

    Letztere machten deutsche Psychiater im Zweiten Weltkrieg mit Schockbehandlungen (z.B. mit Eiswasser bespritzen, Insulinspritze, Elektroschock) wieder “fit” für die Front. Das hatte auch den “Vorteil”, dass man selbst nicht seinen Kopf fürs Vaterland hinhalten musste, sondern andere Männer für einen starben.

  17. Schon beim Lesen der Überschrift ist klar,wer der Autor ist. Mit allem Respekt,es ist unverzichtbar hin und wieder den eigenen ‘confirmation bias’ zu überprüfen.Es mutet zunehmend angestrengt an, mit welcher Vehemenz sie viele Erkenntnisse der Neurowissenschaften,Medizin und Philosophie aus einer selbst konstruierten Metaebene angreifen.
    Der Skepsis,die Kritik und das Überprüfen von Gewissheiten ist der Wissenschaft und der Philosophie( haha) in ihre DNA geschrieben.Ihre Beitrage, die erkennen lassen,dass sie diesen Prinzipien folgen, lese ich mit Hochachtung.
    Es bleibt für mich dabei,ohne demütiges Hinterfragen der für wahr gehaltenen eigenen Überzeugungen,bleibt Glaubwürdigkeit auf der Strecke – zwangsläufig.
    Für welche Epistemiologie haben sie sich eigentlich entschieden? Heisenberg und C.F. von Weizsäcker haben dazu interessante Gespräche geführt,wie die meisten revolutionieren Wissenschaftler und Denker der Geschichte.
    Ich werde dereinst sterben,ohne es verstanden zu haben.Wo ist das Problem?

  18. hallo gitarro,
    du glaubst wohl mit einem Wort wie “confirmation bias” deinen Mitkommentator k.o. schlagen zu können.
    Dabei ist es eine gute Eigenschaft das erlebte “Schöne” auch schön zu nennen.
    Und wenn so eine positive Begebenheit wie bei Phineas Gage als Beispiel herhält für den Glauben an das Positive im Menschen, so soll das auch zum Ausdruck kommen.
    Was machst du ? Du verstehst es nicht, weil du dich nicht begeistern kannst.
    Eine ganze Literaturgattung lebt vom confirmation bias. Lies doch mal einen Liebesroman.

  19. Wer wollte dem widersprechen ‘Wengert’.Meine Liebe gilt der Musik und der Literatur.Der ‘c.b.’ ist Teil unserer menschlichen ‘Grundaustattung’. Das ist doch OK.Man sollte ihn halt mitbedenken ab und zu. Mir missfällt die oft von Selbstzweifeln völlig freie Art der Beiträge von S.S. – das is alles. Ich konkurriere selten in Fragen, die im Erkenntnisbereich von Spezialisten liegen.
    Der Fall ‘ Gage’ ist eine alte Geschichte,deren Interpretation,abhängig von der Zeit in der sie stattfand,immer wieder neu inspirierte.
    Deswegen muss man nicht gleich den ‘großen’ Damasio pauschal abwerten. Die abwertende Attitude findet unterm Strich respektlosen Beiträgen zu T. Metzinger . . .. und aktuell in diesem völlig überflüssigen Seitenhieb von Herrn Schleim “Die Verlockung ist einfach zu groß, den Mythos immer wieder zu reproduzieren. Das passiert auch hier im Blog nebenan bei den SciLogs.” Diese Mentalität irritiert.

  20. @gitarro: Begebenheiten

    Was heißt hier “selbst konstruiert”? Das ist doch gerade bei Damasio (und wahrscheinlich zum Teil auch Harlow) nachweislich der Fall.

    Es geht hier nicht darum, Ihre ideologischen Wünsche zu befriedigen, sondern der Faktenlage gerecht zu werden.

    Gäbe es deutliche Fakten für Persönlichkeitsveränderungen Gages, wäre ich der Erste, der das so schreiben würde. Sie kommen auch mit keinen Fakten.

    Wenn Sie nicht an einer inhaltlichen Auseinandersetzung interessiert sind, halten Sie Ihre Gedanken besser für sich. (Neben der Sache mit Gage könnten Sie ja einfach einmal ausformulieren, was die tollen Einsichten sein sollen, auf die Sie verweisen; am besten erklären Sie dann gleich mit, warum die vielen versprochenen Anwendungen und Therapien nun schon seit Jahrzehnten, teils seit bald 200 Jahren auf sich warten lassen.)

  21. @Wolfgang, gitarro: Mir fällt auch auf, dass manche Leute sich hier über eine angeblich einseitige Berichterstattung aufregen, sich aber auf gar keine inhaltliche Diskussion (also mit Argumenten und Gegenargumenten) einlassen. Was bleibt sind Emotionen.

    Von derartiger Polarisierung haben wir schon zu viel. Wenn Sie’s mir nicht glauben, dann vielleicht dem Bundespräsidenten.

  22. P.S. Im Übrigen bin ich nicht der einzige, der zu diesem Ergebnis kommt. Baker, immerhin Professor für Neurochirurgie, hat den wichtigen Punkt mit der Phrenologie und Harlow eingebracht – nachdem er sich über die geschichtlichen Hintergründe informiert hat; das war ca. 1995. Der Professor für Geschichte der Psychologie, Malcom Macmillan, hat über viele Jahre hinweg alle verfügbaren Fakten zu Gage gesammelt. Sein Buch hierzu (neben vielen Fachaufsätzen) erschien ca. 2000 – und damit auch ein Wiederabdruck der Originalarbeiten (die damals noch nicht so leicht online zugänglich waren).

    Informationen und Gelegenheiten zur Korrektur der Fehler hat es bisher also genug gegeben. Wer trotzdem weiterhin Unwahrheiten verbreitet, muss sich schon den Vorwurf des “bullshitting” (im Sinne Harry Frankfurts) bzw. der “fake news” gefallen lassen.

    Also einfach mal seine Hausaufgaben machen, statt hier inhaltslos zu meckern. Danke.

  23. Mea culpa.Ich verzichte gerne darauf, weiterhin auf ihrer Seite Kommentare einzutragen. Sie waren immer respektvoll und kritisch zugleich. Es ist ihr Stil, welcher irritiert und den ich maßvoll kritisierte. Unter ‘ meckern’ fühle ich mich falsch eingeordnet.Wenn man schreibt, Literatur, wissenschaftliche Essays, etc. – dann sollte man Kritik ohne viel Emotionen zurückweisen oder kommentieren.Das scheint schwierig zu sein.
    Und sie gehen nicht auf Kritik ein Herr Schleim. Schade. Das provoziert doch geradezu Phantasien zu ihrer Befindlichkeit.These:
    Naturwissenschaftliche Talente gehen nicht unbedingt einher mit philosphischer Tiefe. Gilt auch vice versa. Ich ziehe mir den Schuh klaglos an.
    Das war’ s von meiner Seite. Es passt nicht.Alles Gute
    Ciao

  24. @ Stephan Schleim, Wolfgang

    Ich finde die verschiedenen Standpunkte von Ihnen beiden sehr interessant. Letztlich dürfte es um die Bewertung des Konzeptes der „Lokalisation“ gehen.

    Einerseits dürfte das Gehirn die „Informationen“ (als Signale) “delokalisiert“, vorzugsweise an bestimmten aber unterschiedlichen, „spezialisierten“ Orten „verarbeiten“.

    Das hat letztlich auch Vorteile für die Forschung. Wäre es anders, z.B. wie in der Informatik (Prozessortechnik), hätte man praktisch aus derzeitiger Sicht keine Chance, die Prozesse jemals annähernd zu verstehen.

    Andererseits, im Computer, nehmen wir an (bei Einprozessorsystemen), erfolgt die Verarbeitung immer am selben Ort, den Prozessor, nur halt in verschiedenen „Zeitschlitzen“. Das ist der wesentliche Unterschied der jeweilige „System Architektur“. Wäre dieser eine „Prozessorkern“ entsprechend defekt, käme lauter „Blödsinn“ heraus.

    Das Gehirn entspricht im Sinne von McCulloch einen stark verzweigten noch dazu redundanten „Gattersystem“. Wäre nur ein einziges Gatter (Neuron) „defekt“, würde der Fehler kaum auftreten, weil sozusagen „Mehrheitsentscheidungen“ aus mehreren triggernden Neuronen getroffen werden. Dieses System ist extrem „robust“ im Bezug auf auftretende „Störungen“.

    Werden mehrere Neuronen defekt, nehmen wir an durch ein kleinkalibriges Geschoss, kann es partiell zu auffälligen Fehlern kommen, wenn sozusagen ein bestimmter „Pfad“ betroffen ist. Andere „Denkpfade“ können normal arbeiten.

    Selbst der betreffend Pfad kann wieder „repariert“ werden, wenn örtlich anderswo liegende Neurone „neu angelernt“ künftig eingebunden werden. Allerdings sind die „Denkpfade“ nicht mehr optimal strukturiert, was Einschränkungen bedeuten kann. Die „optimale“ Lokalisierung wurde in diesem Fall verändert. Es läuft auch auf die Frage hinaus, ob am „optimalen“ Ort, am „zerschossenen Loch“ sozusagen, neue Neuronen (und Synapsen) gebildet werden können, nachdem die alten „Ruinen“ weggeschafft wurden?

    Das Konzept der „Zeitschlitze“ („Bindungsproblem“) dürfte auch bei biologischen Systemen realisiert sein. (W. Singer und C. v. d. Malsburg).

    Dieses „Gatterkonzept“ gab es in der Elektronik, bevor das „Prozessorkonzept“ den Siegeszug angetreten hat. Das Gatterkonzept im Zusammenhang mit der Synapsenbildug (E. Kandel) ist in der Biologie sehr flexibel, auch weil gemäß der Hebbschen Regel die Synapsenbildung sozusagen „automatisch“ erfolgt. Das kann aber in der Technik schlecht realisiert werden, weil letztlich „anschaulich“, immer neue „Schaltdioden“ (entsprechend den Synapsen) eingelötet werden müssten. Daher ist man in der Technik, höchst erfolgreich, auf das Prozessorkonzept (J. v. Neumann) umgestiegen.

  25. @Gitarro: Auf Ihre “Kritik” kann ich nur reagieren, wenn Sie sie mit Gründen ausdrücken, nicht nur mit Gefühlen. Schließlich kann ich Sie hier nicht in den Arm nehmen.

    Alles Gute!

  26. @Elektroniker: In der Wissenschaftsgeschichte pendeln die Sichtweisen zwischen Lokalisierung und Netzwerk hin und her. In den 1990ern/frühen 2000ern dachte man wieder sehr lokalisationistisch, auch wegen fMRI.

    Dazu sollte man noch die Wissenschaftssoziologie (z.B. Paradigmen) betrachten.

  27. Gages soll durch Respektlosigkeit und launisches Verhalten aufgefallen sein…
    Menschlich voll verständlich . Solche “Charaktereigenschaften” wären auch bei anderen Menschen unter diesen Bedingungen nachvollziehbar . Ich denke hier an die Umstände dass Gages nach diesem Unfall seinen Job verlor bzw. von anderen Personen, sicher auf Grund dieser Verletzungen , mit Argwohn oder Distanz beobachtet oder gemieden wurde. Die Resonanz bei ihm, der ja sehr wahrscheinlich auch unter dieser traumatischen Erfahrung gelitten hat, könnte dann nur in Wut, Hass oder anderen negativen Gefühlen dieser Ausgrenzung liegen, zu mal er ja dann noch als sogenannte Attraktion sein Geld in einem Zirkus verdiente, verdienen musste , und ihm damit jede Menschenwürde durch eine auf Sensationshascherei aufgeblasenen Gesellschaft genommen wurde. Wie diese Amerikaner im 19. Jahrhundert tickten kann man sehr gut bei Mark Twain nachlesen wo Wanderprediger und andere Erleuchtete bei den staunenden Massen gegen harte Dollar als Propheten auftraten. Wer so respektlos behandelt wurde konnte nur respektlos reagieren .

  28. Forschung ist ein dynamisches Geschehen. Jeder Forscher baut auf den Erkenntnissen seiner Vorgänger auf. Dazu kommen sowohl neue Instrumentarien als auch Fortschritte in der internationalen Wissenschaftskommunikation. Es ist daher trivial, dass ältere Erkenntnisse oder Hypothesen von neueren abgelöst werden.

    Man muss kein Neurologe sein, um sagen zu können, dass das Gehirn hochredundant und stark vernetzt ist. Einerseits sind strikte Lokalitäten für Funktionen sehr unwahrscheinlich, andererseits kann jede Lokalität an der Gesamtfunktion des Gehirns beteiligt sein. Manche Lokalitäten haben zentrale Funktionen. Es kommt also auf präzise Analysen an, die angesichts der Komplexität und der physischen Unzugänglichkeit des lebenden Gehirns sehr aufwändig sind. Direkte und einfache Verbindungen zwischen psychologischen und neurologischen Funktionen bzw. Lokalitäten sind unwahrscheinlich, zumal psychologische Funktionen eher diffus und subjektiv sind.

    Es ist das Wesen der Forschung, Rätsel zu lösen. Es ist also nur natürlich, wenn die Forscher sich Ziele setzen und auch verkünden, wogegen Entwickler in der Industrie eher vorsichtig sind, um nicht Konkurrenten auf den Plan zu rufen.

    Zu behaupten, die Neuroforschung hätte bisher keine Anwendungen oder Technologien zustande gebracht, ist unseriös und unnötig. Ziel der Forschung ist primär die reine Erkenntnis, d.h. das Verständnis von Funktionalitäten. Daraus können später Anwendungen folgen, müssen aber nicht. Gerade die Neuroforschung dient am allermeisten dem Selbstverständnis des Menschen. HIer sind große Fortschritte gemacht worden, indem viele Formen des Aberglaubens als falsch erwiesen wurden (z.B. Phrenologie und Körper-Geist-Dualismus).

  29. A.Reutlinger
    zum Thema Aberglaube.
    Der erste Eindruck ist entscheidend bei einem Vorstellungsgespräch, bei einem Date, bei jeder Begegnung mit einem fremden Menschen.
    Und der erste Eindruck ist der Blick in das Gesicht, wie der Mensch schaut, wie er sich bewegt.
    Dabei kann man sich täuschen, ich behaupte mal, in 3/4 aller Fälle täuscht der erste Eindruck nicht.
    Phrenologie als Wissenschaft ist sicher nicht korrekt, als Lebenshilfe bei der Beurteilung von Menschen schon.
    Und jetzt noch den Körper-Geist-Dualismus als falsch hinzustellen, das geht nicht. Das ist nur eine Meinung.

  30. @Wengert
    Mir scheint, Sie haben eine falsche Vorstellung von Phrenologie. Sie hat nichts zu tun mit der äußerlichen, subjektiven Beurteilung von Menschen, sondern mit charakterlichen, objektiven Eigenschaften auf Grund bestimmter Formen des Kopfes.

    Der Körper-Geist-Dualismus ist wissenschaftlich voller Widersprüche. Er ist ein Überbleibsel historischer Annahmen, mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse, so wie jeder Aberglaube.

  31. Wengert meint wahrscheinlich die Physiognomie statt die Phrenologie. Die Begriffe sind ähnlich, beinhalten aber natürlich etwas anderes.

  32. A.Reutlinger,
    charakterliche, objektive Eigenschaften, darum geht es bei der Beurteilung eines Menschen. Und die kann man größtenteils an der Kopfform, Augenabstand, Hinterkopf, ablesen.
    Man darf nur nicht dem Fehler aufliegen, dass ein brutal aussehender Mensch unehrlich ist. Es ist umgekehrt, wer stark ist und brutal , der ist meistens ehrlich, der hat es nicht notwendig etwas vorzuspielen.
    Und wenn jemand blöde ist, das sieht man ihm an, genauso wie man einen Trisomie 21 Menschen erkennt.
    Der Körper -Geist-Dualismus wird von 50 % der Weltbevölkerung angenommen, die wissenschaftliche Meinung interessiert die Ilse vom Fischmarkt nicht, mal salopp gesagt.

  33. @ Wengert:

    Sie haben recht wenn Sie sagen dass Menschen Persönlichkeitseigenschaften anderer Menschen teilweise treffend anhand ihres Aussehens und Verhaltens beurteilen können. Darüber gibt es Studien in der Psychologie.

    Aber Sie liegen falsch wenn Sie sagen dass die objektive Vermessung von Gesichts- und Kopfmerkmalen mit objektiven Persönlichkeitseigenschaften (also wissenschaftliche der Psychologie, also z.B. 16PF, Big Five, IQ, etc.) korreliert bzw. diese vorhersagt.

    Die Phrenologie ist schon lange als unhaltbar widerlegt. Entweder Sie haben eine außergewöhnliche Ansicht, oder Sie wissen nicht genau was die Phrenologie war.

  34. @reutlinger 26.02. 13:35

    „Der Körper-Geist-Dualismus ist wissenschaftlich voller Widersprüche. Er ist ein Überbleibsel historischer Annahmen, mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse, so wie jeder Aberglaube.“

    Ihr Naturalismus hat denke ich auch nicht weniger Widersprüche. Das ist in der Tat nur eine Meinung. Die Wissenschaft ist längst nicht so weit, um hier eine allgemein anerkannte Antwort zu geben. Noch steht hier eine Erklärung und ein umfassendes Verständnis unserer Innenwelten aus.

    Jeder kann selbst entscheiden, in welche Richtung er hier weitersucht.

  35. Die Begriffe sind ähnlich, beinhalten aber natürlich etwas anderes.

    Nur zur Information: Wengert, fauv, hwied, lion in oil, hwied, …

    Die Namen sind unterschiedlich, bezeichnen aber natürlich den selben.

  36. Philip,
    Physiognomie ist das richtige Wort. Die Kopfform sieht man erst, wenn jemand eine Glatze hat.
    Joker , niemand schaut zweimal in den gleichen Fluss. Bei mir findet eine geistige Reife statt, bei Ihnen lese ich nur hämische Kommentare.
    Sogar Kühe bekommen je nach Alter verschiedene Namen.

  37. @Jeckenburger
    Ein einziger Widerspruch würde genügen, um eine These als falsch zu erkennen. Dagegen sind Phantasiegebilde nicht falsifizierbar, aber grundsätzlich auch nicht erkennbar. Die Suche wird in Ihrem Leben erfolglos bleiben, weil Ihre Meinung nicht begründet ist, außer durch Phantasie oder Fiktion. Der Mensch behilft sich aus pragmatischen Gründen in mancherlei Hinsicht mit Fiktionen, z.B. Geist, Willensfreiheit, Moral oder auch Naturgesetze.

  38. @ anton reutlinger 26.02.2023, 13:35 Uhr

    Zitat: „Der Körper-Geist-Dualismus ist wissenschaftlich voller Widersprüche. Er ist ein Überbleibsel historischer Annahmen, mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse, so wie jeder Aberglaube.“

    Der „Körper-Geist-Dualismus“ wurde praktisch extrem erfolgreich zum „Trialismus“ (Prozessor, Prozess, Inforation) erweitert. Bitte versuchen Sie konkret Widersprüche aufzuzeigen.

    Es ist zwar so, dass z.B. Psychologen die Menschen auf Grund von ausgesendeten „Mustern“ recht gut einschätzen können, aber so richtig wissenschaftlich ist es nicht. Höchstens wenn sie als Test zusätzlich bestimmte Antworten provozieren.

    Vor langer Zeit sah ich auf dem Fußballplatz einen Mann, den hätte man wegen seines seriösen Aussehens, die Safeschlüssel der Bank von England anvertraut. Allerdings nicht mehr, als er sich über eine Entscheidung des Schiedsrichters aufgeregt hat…..

  39. @ Tobias Jeckenburger 26.02.2023, 14:50 Uhr

    Sie argumentieren gelegentlich mit „Geisteswelten“. Ich würde es so sehen, dass Sie (und übrigens auch die Theologen), Probleme mit dem Begriff „Geist“ haben, der gemeinhin mit dem „komischen Wesen“ mit dem weißen Leintuch, dass durch alte Schlösser „geistert“, assoziiert wird.

    Das Problem dürften die Informatiker grundsätzlich gelöst haben. Sie gehen einfach von Ihrem Konzept „Prozessor, Prozess, Information“ aus, wobei Information, recht modern für „Geist“ steht, aber eben sehr realistisch ist. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die „ganze Informatik“ und ist völlig selbstverständlich.

    Es gab zumindest Informatiker, für die entspricht dieses Konzept dem „Trinitätskonzept“ der Theologen. Die haben es einfach mit, abgesehen von „Geist“, anschaulicheren Symbolen formuliert. Heutzutage ist für Menschen die mit Computern halbwegs umgehen können, das Konzept völlig klar und das werden immer mehr.

    Es bedeutet, man könne die reale Welt als „Hardware“ sehen. Die Prozesse sind ohnehin klar. „Information“ hat beschreibenden, als auch Prozesse steuernden Charakter, der besonders dann „realisiert“ wird, wenn eine bestimmte „Dynamik“ (elektrische Impulse im Computer, Temperatur-, Wetter-, Tageszeit-, Jahreszeit-, Windschwankungen, ….) auftritt und Einfluss auf das Prozessgeschehen (z.B. Sturmschäden, Erdbeben,….) nimmt.

    In der Geologie haben die geologischen Platten eine bestimmte (informell oder geistig abbildbare) Struktur. Treten Kräfte auf, gibt es „Verschiebungsprozesse“, die Ergebnisse sieht man….

    Das Konzept dürfte sehr generell und allgemein gelten, jedoch entwertet die Begriffswahl wegen der o.a. Assoziationen das an sich realistische Konzept.

  40. @Elektroniker
    In der Philosophie des Geistes werden die Widersprüche aufgezeigt. Einer der wesentlichen Widersprüche liegt in der Kausalität von Geistigem auf Physisches und umgekehrt. Derselbe Widerspruch liegt auch Ihrem Trialismus zugrunde. Wie kann Information auf den Prozessor einwirken, ohne der Information physische Eigenschaften zuzugestehen? Information ist eine Fiktion bzw. Deutung des Menschen, es gibt sie real oder physisch nicht in der Welt. Licht ist nur dann Information, wenn sie ihre energetische Struktur auf die Struktur der menschlichen Materie überträgt.

  41. @Golzower: Abgestempelt

    Das passiert eben, wenn ein Spezialist nur noch in den Kategorien seines Faches denkt (der Neurologe bsp. nur noch in Gehirnarealen) und nicht mehr den Menschen als Ganzen sieht.

    Auch bei Berichten von Damasios eigenen Patienten (in den USA) fragte ich ich mich, inwiefern die wirklich “Psychopathen” waren oder zu diesen abgestempelt wurden – und dann gab es eben keine Behandlung mehr, wodurch es zu keiner Besserung kam.

    Es gibt andere Fälle, wie z.B. einen Mann in Spanien, der auf der Flucht von einer Regenrinne auf den Spitzen Pfahl eines Tors fiel, der seinen Kopf durchbohrte. Er hing dort bei vollem Bewusstsein, bis man ihn rettete. Die Verletzung ist der von Phineas Gage sehr ähnlich. Der Mann hatte aber eine Familie, die für ihn sorgte; und er konnte auch in einem Familienunternehmen arbeiten. Seine auffälligste Persönlichkeitseigenschaften: Die selben Witze immer wieder wiederholen. Na ja.

  42. anton reutlinger,
    Zu den Widersprüchen. Geistiges und Physisches sind durch Begriffe getrennt. In Wirklichkeit durchdringen sie sich, sie sind nicht zu trennen.
    Was die Information betrifft. Alles, ohne Ausnahme, ist der Träger von Information. Das Modell von Elektroniker ist brauchbar.

  43. @Reutlinger: Trends

    Es ist ja in Ordnung, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Sie nennen hier immerhin zwei Beispiele, über die wir diskutieren könnten:

    1) Die Phrenologie war eben die Sichtweise aufs Gehirn des 19. Jahrhunderts; als dieses Denken (v.a. durch Messverfahren wie die fMRT) in den 1990ern wieder aufkam, sprach der amerikanische Kognitionswissenschaftler William Uttal (1931-2017), dem ich auch einmal begegnen durfte, von der neuen Phrenologie. Ich würde sagen, er hatte nicht ganz unrecht und Antonio Damasio ist hierfür eines der besten Beispiele. Anders gesagt: Wenn das Pendel innerhalb der Neurowissenschaften immer wieder hin und her schwingt, kann man schon die Frage nach dem angeblichen Fortschritt aufwerfen.

    2) Der Leib-Seele-Dualismus ist eine philosophisch-metaphysische Position; insofern ist es schon einmal eine komplexe Frage, ob die sich überhaupt empirisch widerlegen lassen würde. Dazu kommt, dass z.B. mit John Eccles, Wilder Penfield, Benjamin Libet(?) und auch dem deutschen Neurochirurgen Volker Sturm einige bedeutende Hirnforscher des 20./21. Jahrhunderts an eine Seele glaubten; und Christof Koch oder David Chalmers sollen doch Panpsychisten sein. Das halte ich also für ein gewagtes Beispiel.

  44. @Philipp: Phrenologie

    Ich hatte das sogar einmal als Übung in meine Vorlesung Wissenschaftstheorie, dass die Studierenden argumentieren musste, ob die Phrenologie Pseudowissenschaft (im Sinne Poppers) ist oder falsifizierte Wissenschaft.

    Mir scheint Letzteres gerechtfertigt; aber inwieweit unterscheidet sich z.B. Damasios sichtweise, moralische Informationsverarbeitung finde im vmPFC statt, eigentlich von Phrenologie?

  45. @ Stephan:

    1) Die Phrenologie war eben die Sichtweise aufs Gehirn des 19. Jahrhunderts; als dieses Denken (v.a. durch Messverfahren wie die fMRT) in den 1990ern wieder aufkam, sprach der amerikanische Kognitionswissenschaftler William Uttal (1931-2017), dem ich auch einmal begegnen durfte, von der neuen Phrenologie. Ich würde sagen, er hatte nicht ganz unrecht und Antonio Damasio ist hierfür eines der besten Beispiele. Anders gesagt: Wenn das Pendel innerhalb der Neurowissenschaften immer wieder hin und her schwingt, kann man schon die Frage nach dem angeblichen Fortschritt aufwerfen.

    Wenn eine fMRI Analyse von Arealen bzw. Netzwerken nur task-related activity untersucht (also signifikant erhöhte Aktivität im Bezug auf bestimmte Stimuli oder Aufgaben), dann wird die Analyse eben nur bestimmte Areale bzw Netzwerke entdecken bzw. sehen.

    Daraus haben vielleicht in den frühen Tagen des fMRI manche Menschen geschlossen dass diese Netzwerke mehr oder weniger allein eine bestimmte Funktion realisieren. Das gleiche gilt teilweise für die noch früheren Läsionsstudien aus der Neurologie und Neuropsychologie, die es bekanntlich schon lange vor dem Neuroimaging gab.

    Meiner Ansicht nach muss man hier zwischen mehreren Ebenen theoretisch (und empirisch) unterscheiden. Eine erste grobe Einteilung wäre neurophysiologische Aktivität in notwendige und hinreichende Bedingungen für bestimmte Funktionen vorzunehmen. Wenn Aktivität X in Netzwerk Y während einer Aufgabe stark erhöht ist, so beobachtet man vielleicht eine hinreichende Bedingung für diese Funktion. Aber man muss auch notwendige Bedingungen untersuchen und diese fallen je nach Analyse unter den Tisch.

    Wenn dann die theoretische Schlussfolgerung gezogen wird dass Aktivität X in Netzwerk Y beispielsweise identisch mit Funktion Z sei, oder notwendig und hinreichend (auf allen Leveln die sich hier differenzieren lassen) dann betreibt man natürlich Phrenologie. Aber ich glaube so naiv sind heute nur noch wenige sehr Wissenschaftler.

  46. @reutlinger 26.02. 16:08

    „Information ist eine Fiktion bzw. Deutung des Menschen, es gibt sie real oder physisch nicht in der Welt.“

    Dann können aber doch im Prinzip wahnsinnige Programmierer dennoch Programme schreiben, ohne die unsere gesamte IT nicht funktionieren könnte. Die Bezeichnung Informatik umfasst eben ein ganzes Fachgebiet, und der Programmierer kann nun nichts anderes tun, als eben Programme zu schreiben, also Informationen konfigurieren, die von entsprechenden Maschinen zielführend verarbeitet werden können.

    Am Ende können sich dann auch kleine Kinder vor die Spielkonsole setzen, und sich damit vergnügen.

    @Elektroniker 26.02. 16:04

    „Sie argumentieren gelegentlich mit „Geisteswelten“. Ich würde es so sehen, dass Sie (und übrigens auch die Theologen), Probleme mit dem Begriff „Geist“ haben,…“

    Ich habe keine Probleme mit dem Begriff Geist, und sehe hier durchaus eine gewisse Analogie zur IT. So wie die Inhalte in der IT innerhalb der Technik kursieren, also etwa ein konkretes Computerspiel eine definitive Bildschirmausgabe erzeugt, mit der sich dann eben spielen lässt, so sind unsere erlebten Innenwelten ganz reale Fakten, die unser Gesamtsystem Psyche produziert.

    Und eben dieses Gesamtsystem Psyche ist vermutlich komplizierter als die gesamte IT, die die Menschheit bis heute realisiert hat. Und es ist nun mal nicht nur unklar, ob auch an der Theologie noch was dran ist, und etwa im Sinne eines Panpsychismus denn doch noch wirkliche Geisteswelten mitspielen. Man kann sogar spirituelle Erfahrungen machen, die ohne derartige Geisteswelten gar nicht mehr sinnvoll verarbeitet werden können.

    Wer sowas nicht einmal kennt, der kann hierzu eigentlich so viel nicht zu sagen. Vielleicht mal mit LSD probieren, da gibt es sogar Experten, die das empfehlen. Oder eben sich zurückhalten, womit man sich nicht wirklich auskennt.

  47. @ anton reutlinger 26.02.2023, 16:08 Uhr

    Zitat: „Wie kann Information auf den Prozessor einwirken, ohne der Information physische Eigenschaften zuzugestehen? Information ist eine Fiktion bzw. Deutung des Menschen, es gibt sie real oder physisch nicht in der Welt.“

    Informationen und Eigenschaften sind selbst keine Materie. Information wird von der „Hardware interpretiert“. „Information“ hat beschreibenden, als auch Prozesse steuernden Charakter, kann beliebig auf unterschiedliche Materie kopiert werden. Deswegen überlebt z.B. wichtige DNA Information (oder Software) ihren Träger. Höchstens im Sonderfall, wenn alles Leben vernichtet wäre, wäre auch die genetische Information futsch.

    DNA Information wurde bereite in biologischen Systemen (in biochemischen Prozessoren) verarbeitet, als es noch gar keine Menschen, nicht einmal Tiere gab. Das ist Realität keine Fiktion und die Menschen haben letztlich das vorgegebene Konzept der Natur „abgekupfert“ oder auch umgekehrt die Natur besser verstanden.

    Linearer Programm/Datencode existiert auf der „DNA Schlange“, auf Lochstreifen, auf Magnetbändern, rotierenden Medien (Platten) und neuerdings „Festspeichern“ („USB Sticks“). „Baumstrukturen“ gibt es in der Informatik und auch in biologischen Systemen (Gehirn). Alles letztlich ein alter Hut.

    Sie sagen es selbst, Information gibt es real oder physisch „angreifbar“ tatsächlich nicht auf der Welt. Beim „Download“ ist sie sogar ohne materiellen Träger unterwegs.

    Obwohl Information auf Materie „abgebildet“ wird, aber eben keine Materie „ist“, ist sie eine eigene Kategorie, neben Prozessoren und Prozessen. Programmierer kämen in „Teufels Küche“ würden sie nicht penibel Kategoriengrenzen berücksichtigen.

    Programmierer haben tagtäglich Umgang mit Information. Sie verkaufen sogar ihre Software, weil sie existiert und eine Wert hat, früher weit höher als der Datenträger oder das Netzwerk. Billig wurden Apps nur, weil sie millionenfach verkauft werden können und die Entwicklungskosten aufgeteilt werden. Materialisten haben Softwareverkäufer ehemals für Betrüger gehalten,weil sie etwas verkaufen, was es unmöglich geben könne, es gibt sie aber, definitiv. Das kann Ihnen nicht entgangen sein. Sie können jederzeit „Apps“ herunterladen.

    Man „klopft“ Information in die Tasten, danach ist sie im System und am Bildschirm, aber nicht ein Stäubchen richtiger Materie wird zugeführt. Höchstens Energie wird verbraucht.

    Der Prozessor interpretiert Information nach vorgegeben Regeln. Der Energieverbrauch muss in keinem Zusammenhang mit der Information stehen. „Haut“ man die Information in Stein, wird viel Energie verbraucht, „haut“ man sie in die Tasten fast gar keine.

  48. @Philipp: Es geht ja auch um den (möglicherweise) modularen Aufbau des Gehirns.

    Dann könnte man gewissermaßen am Gehirn ablesen, was jemand gerade macht, wenn man sieht, in welcher Region die Aktivität zunimmt.

    Genial einfach – aber einfach falsch? Meiner Meinung nach ist das Problem ja schon, dass unsere psychologischen Kategorien eben keine biologischen Kategorien sind.

    Aber unabhängig ist es doch sehr interessant, dass sich die Neuropsychologie/kognitive Neurowissenschaft so schwer damit tut, sich vom Mythos Phineas Gage zu trennen.

  49. @ Tobias Jeckenburger 26.02.2023, 18:06 Uhr

    Zitat: „Ich habe keine Probleme mit dem Begriff Geist, und sehe hier durchaus eine gewisse Analogie zur IT.“

    Dass sie selbst an die „Geisteswelten“ glauben, daran zweifle ich nicht.

    Ich könnte mir nur vorstellen, dass sie mitunter bei anderen Menschen „anecken“ bzw. etwas „schräg“ angesehen werden.

  50. @ Stephan:

    @Philipp: Es geht ja auch um den (möglicherweise) modularen Aufbau des Gehirns.

    Dann könnte man gewissermaßen am Gehirn ablesen, was jemand gerade macht, wenn man sieht, in welcher Region die Aktivität zunimmt.

    Genial einfach – aber einfach falsch? Meiner Meinung nach ist das Problem ja schon, dass unsere psychologischen Kategorien eben keine biologischen Kategorien sind.

    Das wäre wieder ein anderes Thema auf das ich gar nicht eingehen möchte.

    Der Punkt den ich oben machen wollte war einfach folgender:
    wenn die neuronale Aktivität X (oder das BOLD Signal) unter einem Stimulus erhöht ist, beispielsweise in bestimmten Arealen, oder wenn eine Funktion nach einer spezifischen Läsion beeinträchtigt ist, dann lassen sich aus solchen Beobachtungen keine vollständigen Lokalisationen einer Funktion ableiten.

    Denn die laufende Spontanaktivität (pre und post stimulus) in anderen Bereichen des Nervensystems kann genauso gut eine notwendinge Bedingung für die beobachtete Aktivität X (oben) darstellen. D.h. wenn die notwendige Aktivität in anderen Bereichen gar nicht in Form bestimmter Dynamiken gegeben wäre, so würde auch Aktivität X nicht in der gleichen Form auftreten, oder zumindest nicht für die Funktion ausreichen.

    Wenn man allerdings beispielsweise mit einer typischen task-related Analyse nur die Stimulusbezogene Aktivität analysiert, ja dann wirft man natürlich die gesamte Spontanaktivität (also ca. 95% der aufgezeichneten Daten) quasi weg und kann das alles nicht mehr sehen und analysieren.

  51. Begriffe der Geisteswissenschaften und Philosophie unterliegen vielen subjektiven Deutungen und Missverständnissen, anders als die Begriffe der empirischen Naturwissenschaften und Mathematik. Das gilt auch für den alltäglich tausendfach und in verschiedenen Kontexten benutzten Begriff der Information. Die meisten abstrakten Begriffe sind unspezifische Aggregationen oder Generalisierungen ihrer verschiedenen, zu Grunde liegenden Bestandteile, z.B. wahrnehmbare Phänomene wie Gefühle, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Ideen.

    Wir sind wachsam beim Aufdecken von Widersprüchen zwischen Wörtern, aber niemals entdecken wir die schweren Widersprüche, wenn wir das Vorhandensein von realen Dingen behaupten, wo nichts dergleichen von unseren Sinnen wahrgenommen werden kann.

    A.B. Johnson (1786-1867), Sprachphilosoph

    @Jeckenburger
    Information existiert nur im Zusammenhang mit einem materiellen Substrat. Computerprogramme werden als Zahlen und Wörter formuliert, die im Computer in binäre elektrische Signale übersetzt werden. Die elektrischen Signale steuern Prozesse und schließlich den Bildschirm oder den Drucker, wo die Signale wieder in sichtbare Zeichen als Zahlen, Wörter oder Bilder übersetzt und vom Anwender als Informationen gedeutet werden (können). Es gibt keine Informationen mit eigener, von Materie unabhängiger Existenz und Geist ist nichts weiter als subjektive Information. Daran geht kein Weg vorbei, auch kein Trampelpfad.

    Man könnte aber “Geist” als eigene Vorstellung von der Welt, als Symbol und als hilfreiche Fiktion deuten. Daran wäre nichts auszusetzen und es wäre nichts verloren. Für einen Körper-Geist-Dualismus dagegen gibt es keine Begründung und keinen objektiven Hinweis, aber viele Zweifel.

  52. @Reutlinger: “harte” und “weiche” Wissenschaften

    Begriffe der Geisteswissenschaften und Philosophie unterliegen vielen subjektiven Deutungen und Missverständnissen, anders als die Begriffe der empirischen Naturwissenschaften und Mathematik.

    Hmm, ich empfehle einen Grundkurs Quantenmechanik.

    Für Einsteiger geeignet ist z.B. John Gribbin, Auf der Suche nach Schrödingers Katze.

  53. @Schleim
    Der Vergleich mit Quantenmechanik ist unzutreffend. Wenn Physiker über Quanten reden, dann wissen sie genau worüber sie reden, auch wenn die Quanten selber nicht wahrnehmbar und nicht greifbar sind. Der Begriff “Quanten” ist ebenfalls eine Generalisierung, deshalb müssen die Quanten spezifiziert werden, um dem Begriff überhaupt eine Bedeutung zu geben. Die betreffenden Quanten haben physikalisch definierende Eigenschaften.

    Man kann die Begriffe für Quanten und für Neuronen miteinander vergleichen. Beide umfassen verschiedene Typen, selber sind sie aber nicht real, sondern sind symbolische, unspezifische Stellvertreter für die realen Exemplare. Der Laie verbindet damit eigene, diffuse und nicht selten falsche Vorstellungen.

  54. @Reutlinger: Begriffe

    Der Reutlinger-Faktor nimmt wieder zu: Sie behaupteten gerade, kurz gesagt, Begriffe in den Naturwissenschaften seien, im Gegensatz zu Begriffen in den Geisteswissenschaften, nicht von “subjektiven Deutungen” abhängig.

    Diese These ist falsch. Daran ändert nicht, dass Sie jetzt mit Quanten kommen.

    In der Physik kenne ich mich, zugegeben, nicht so gut aus; aber Begriffe wie Wahrscheinlichkeit, Entropie oder Information werden von Menschen definiert.

    Spätestens in der Biologie gibt es aber genug Beispiele, denn was wir z.B. unter Leben verstehen oder unter Spezies ist nicht objektiv bestimmbar.

    Ich werde mich aber jetzt nicht wieder auf so eine Diskussion einlassen, wo wir vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen, die viel Zeit und Energie kostet und im Endeffekt doch zu nichts führt. Sie können sich an den bekannten Stellen weiter über diese Herausforderungen informieren – wenn Sie denn wollen.

  55. @reutlinger 26.02. 19:52

    „Es gibt keine Informationen mit eigener, von Materie unabhängiger Existenz und Geist ist nichts weiter als subjektive Information.“

    Der Programmierer hat damit praktisch nichts zu tun. Ihm geht es fast nur um die Funktionstüchtigkeit seiner Arbeit. Und bevor er sein Programm überhaupt erst schreiben kann, hat er es meistens schon im eigenen Geist entworfen. Das fertige Programm kann dann an die Anwender weitergegeben werden, da ist es trivial, dass irgendein Informationsträger dafür gebraucht wird. Wer Bücher schreibt, der kümmert sich noch nicht um das Papier, auf dem das Buch am Ende gedruckt wird.

    „Man könnte aber “Geist” als eigene Vorstellung von der Welt, als Symbol und als hilfreiche Fiktion deuten.“

    Da kann ich gut mit leben. Mir bleibt als Mensch nichts anderes übrig, mich sehr viel mit Fiktionen zu beschäftigen. Selbst der Fahrplan der U-Bahn ist eine Fiktion, aber ich kann es eben nur probieren, und zur vorgegebenen Zeit an der Haltestelle erscheinen. Ist mein Termin ganz wichtig, muss ich noch eine Bahn früher anvisieren, es passiert nun öfters, dass die Fiktion Fahrplan mal nicht funktioniert.

    Allerdings muss ich feststellen, dass auch Begriffe in den Naturwissenschaften prinzipiell Fiktionen sind. Aber welche, die berechenbarer sind. Die einmal mathematisch fassbarer sind, und zum anderen sehr regelmäßige Phänomene beschreiben. Hier sind die Begriffe der Geisteswissenschaften in der Tat unsicherer. Zum einen sind die Fakten dahinter variabler, zum anderen kommt man meistens nur mit Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu einer mathematischen Beschreibung eben dieser Variabilität.

    Was m.E. kein Grund ist, auf Geisteswissenschaften zu verzichten. Psychologie macht Sinn, Soziologie auch. Die Physik kann dies nicht erfassen und ersetzen, und auch die Biologie hat ihr eigenes Fachgebiet.

    Wir können nichts daran ändern, wenn unsere Fiktionen ungenau werden, weil das zu Untersuchende eben unregelmäßig ist und zunehmend komplex wird.

  56. @Jeckenburger
    Dazu habe ich keinen nennenswerten Widerspruch. Mit Begriffen in Wissenschaften und Kultur beschäftigt sich die Analytische Philosophie. Viele Missverständnisse beruhen auf unklaren Verwendungen von Begriffen. Das Körper-Geist-Problem bspw. liegt auch an einer Erklärungslücke der Begriffe, weil die betreffenden Übergänge zwischen Biologie und Psychologie bzw. umgekehrt noch nicht genug verstanden sind, im Gegensatz zu Phänomenen der Vererbung oder zu den Wetterphänomenen. Es fehlen überbrückende Begriffe, z.B. aus der Kybernetik, wie Schalter, Filter, Rückkopplung und andere. Die Verarbeitung neurologischer Signale beruht weitgehend auf solchen Funktionen.

  57. Bezüglich eurer vom Thema abschweifenden Diskussion:
    Die Erklärungslücke wird man phänomenologisch verständlich meiner Ansicht nach niemals füllen können. Ich würde hier mit der evolutionären Erkenntnistheorie (Campbell, Popper, Lorenz, Vollmer, Bischof, etc.) argumentieren.

    Wir sind phylogenetisch nur an unsere natürliche Umwelt ausreichend für ein Ürleben kognitiv angepasst. Für diese natürliche Umgebung besitzen wir philosophisch bzw. kantisch gesprochen die ausreichend passenden Anschauungsformen und Kategorien.

    Für alle anderen Bereiche, also insbesondere die “Randzonen” menschlicher Wissenschaft und Erkenntnis, fehlen uns die passenden kognitiven Kategorien. Das beste Beispiel dafür ist die Physik; denn in der Physik hat man bereits vor langer Zeit aufgegeben “gute” Theorien anhand ihrer anschaulichen Evidenz zu bewerten. Beispielsweise eine gekrümmte Raumzeit kann sich phänomenologisch niemand so richtig vorstellen. Trotzdem würde man nicht aufschreien und die Theorie gerade aufgrund ihrer fehlenden intuitiven Anschaulichkeit als falsch oder Unsinn verwerfen.

    Das gleiche trifft auf neurophysiologische Erklärungen für den “Geist” in der Neurowissenschaft zu. Die kognitive Trennung zwischen “Geist” und “Physiologie” kann phänomenologisch von vielen Menschen nicht als einheitlich gedacht werden. Die beste wissenschaftliche Erklärung und Theorie kann diese Brücke nicht anschaulich evident überbrücken, genauso wie sich niemand 1:1 eine gekrümmte Raumzeit wirklich gut vorstellen kann.

    Wenn also Philosophen nach einer Theorie oder Erklärung suchen die ihnen intuitiv anschaulich wird – jene die Erklärungslücke füllt, ja wenn sie sogar Theorien nach dem Kriterium ihrer anschaulichen Plausiblität bewerten, dann sind sie mächtig auf dem Holzweg. Phänomenologie und Ontologie sind nun einmal zu unterscheiden.

  58. @Philipp
    Der Fall Phineas Gage betrifft zumindest indirekt das Körper-Geist-Problem. Sonst stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass die Erklärungslücke verkleinert werden kann auf das phänomenale Bewusstsein. Das Rätsel der physiologischen Funktionsweise des Bewusstseins halte ich für lösbar, durch Bildung struktureller und funktionaler Stufen zwischen Biologie/Physiologie und Psychologie.

  59. @Philipp 27.02. 11:33

    „…jene die Erklärungslücke füllt, ja wenn sie sogar Theorien nach dem Kriterium ihrer anschaulichen Plausiblität bewerten, dann sind sie mächtig auf dem Holzweg.“

    Ja, es gibt sie, die Theorien, die man sich nicht mehr anschaulich vorstellen kann. Aber ich kann es dennoch nicht lassen, nach Anschaulichkeit zu suchen. Es geht ja auch gerade nicht immer um konkrete Vorhersagestärke, sondern oft genug geht es ja gerade um Vorstellbarkeit.

    Etwa in der Astronomie, die dient nun nicht etwa der interstellaren Raumfahrt, diese ist nicht in Sicht. Es geht darum, dass wir Fakten bekommen, mit denen sich vom Kosmos träumen lässt. Ähnliches sehe ich in der Psychologie. Es geht nicht nur darum, jetzt konkrete Modelle der Schizophrenie zu liefern. Es geht auch darum, uns selber für uns selbst fassbar zu machen. Das geht nun mal nur mit Anschaulichkeit.

    Zumindest sollten wir immer wenigstens versuchen, Anschaulichkeit herzustellen, und eine noch unanschauliche Theorie irgendwie verständlich zu machen.

    Religion und Geisteswelten wiederum können dennoch mitspielen, und uns in jedem Fall von größeren Welten träumen lassen. Wenn wir mal Theorien haben, die Geisteswelten wirklich evident ausschließen, dann können wir über das Thema noch mal diskutieren. Aber so weit sind wir glaube ich noch nicht.

  60. @Philipp: “hartes Problem”

    Man macht eben den Leuten weis, ein Forschungsthema (wie z.B. Bewusstsein) sei lange vernachlässigt worden (nachdem es übrigens die Psychologen selbst waren, die etwa die phänomenologische Psychologie verdrängten) – und jetzt habe man endlich die Mittel und stehe der Durchbruch bevor. Das schrieben Christof Koch u.a. so schon in den 1990ern; zurzeit kommt die Neuauflage von u.a. Anil Seth.

    Es ist halt schwer, wissenschaftlich eine Antwort zu finden, wenn nicht einmal die Frage klar ist. Fälle wie der von Phineas Gage werden quasi für Marketingzwecke verwendet (= entfremdet/vefälscht).

    Ich sage voraus, dass es keine neurowissenschaftlichen Antworten für solche Rätsel geben wird, weil den Neurowissenschaften hierfür schlicht die Kategorien fehlen. Die zentrale Analyse-Ebene für den Menschen ist nun einmal die Psychologie, divers verstanden (d.h. mit Verbindungen in sowohl Biologie als auch Geisteswissenschaften).

    Die Begriffe, die wir zur Beschreibung von anderen Menschen und uns selbst verwenden, haben einen bestimmten Sinnzusammenhang und Nutzen. Eine “Neuro-Revolution” kann es überhaupt erst dann geben, wenn es eine mindestens genauso sinnvolle und nützliche begriffliche Alternative aus den Neurowissenschaften gibt.

    In der Forschungspraxis sieht man aber das Gegenteil: Die vorhandenen psychologischen Begriffe werden sogar noch weiter reifiziert; das war übrigens in der Geschichte der Psychologie auch mit dem Aufkommen der kognitiven Psychologie ein starkes Argument gegenüber dem Behaviorismus.

  61. @ Philipp 27.02.2023, 11:33 Uhr

    Zitat: „Die kognitive Trennung zwischen “Geist” und “Physiologie” kann phänomenologisch von vielen Menschen nicht als einheitlich gedacht werden.“

    Genau das ist das Problem.“Geistiges“ letztlich “Information“ existiert und kann nicht widerspruchsfrei „einheitlich“ mit Materie „gedacht“ werden, weil Information einer grundsätzlich anderen Kategorie angehört als Materie.

    Das ist offensichtlich auch vor tausenden Jahren auch „Theologen“ aufgefallen, nur haben die wiederum Probleme, weil sie es andererseits schwer haben, ihren „Schäfchen“ zu verklickern dass es etwas gibt, was man gar nicht angreifen kann…. und auch noch nach dem Tod weiter existiert, wie z.B. die Gene, oder Meme.

    Informatiker hatten die gleichen Probleme und mussten den Dualismus auch noch zum „Trialismus“ (also um Prozesse) erweitern, weil sie sonst an der Last der Widersprüche „erstickt“ wären. Sie haben diese Sichtweise eingeführt und für die Informatiker/Programmierer ist diese Sichtweise völlig selbstverständlich.

    Sie haben nicht mehr das geringste Problem, z.B. Geschäftsprozesse oder Prozesssteuerungen in der Industrie von Computern realisieren zu lassen. Mathematische Zusammenhänge abstrakt zu formulieren, „maschinengerecht abzubilden“ und zu berechnen.

    Das „Bewusstsein“ ist letztlich ein für biologische Maschinen geeigneter, um Empfindungen erweiterter „Abbildungsmechanismus“ von vielfältigen „informellen Mustern“.

    Sogar die menschliche Denke „ahmen“ Informatiker mit ihrer KI Software nach. Neuerdings sehr erfolgreich, vermutlich weil ein (tschechischer) Informatiker einen ganz tollen Algorithmus entwickelt hat, der die „assoziative Nähe“ (er nannte es zumindest so ähnlich) der Begriffe und Wörter, vermutlich abhängig vom Milieu des „Denkers/Sprechers“ berechnet. Herr Konecny im Nachbarblog hat das vor einigen Monaten vorgestellt, ich war ganz begeistert darüber, habe aber leider den Namen des Informatikers, auf dessen Arbeit auch in Wikipedia verwiesen wurde vergessen?

    Diese „assoziative Koppelung“ von Worten/Begriffen ist auch Psychologen bei ihren Tests wichtig, weil sogar „psychische Besonderheiten“ herausgelesen werden können.

    Die neue KI Software ahmt einfach „talentierte Klugschwätzer“ sehr erfolgreich nach. Die Basis ist „Musterverarbeitung“ wie auch für die Prozesse im Gehirn „Musterverarbeitung“ grundlegend sein dürfte.

    Mit diesen Methoden der Abbildung und Verarbeitung von Information ist die Informatik extrem erfolgreich. Die Methoden erscheinen geeignet, damit auch den Denk-, bzw. Bewusstsein bildenden Prozessen näher zu kommen….

  62. Zu Schleim “Abgestempelt ”
    Diese Diskussion um das BEWUSTSEIN zu diesem Thema langweilt mich eigentlich da ich diese Person versuche im Kontext seiner Zeit zu sehen und das mit Empathie und weniger mit Wissenschaft. Versucht man an Hand der angegebenen Fakten in seine Gedanken-und Gefühlswelt einzudringen dann ist sein “Bewusstsein ” das Ergebnis seines SEINS, also sehe ich keinen Psychopathen sondern einen jungen unausgereiften Mann der einfach nur -wie alle Menschen- auf solche Schicksalsschläge reagiert, mit Gefühle reagieren muss. Vielleicht war er davor auch verliebt oder hatte seine Träume vom Leben, ? Kein “Experte” hat sich wohl dafür interessiert sondern lediglich seine eignen eingeengten Lebensschablonen auf diese Peron gelegt um sie dann so zu sehen wie er sie sehen möchte. Selbst Damasio enttäuscht mich in dem Zusammenhang. Wenn er also nach diesem Unfall so reagiert wie er reagiert dann hat das für mich mit Gefühlen zu tun und weniger mit anderen Fakten.
    Und diese sehe ich im Kontext eines jungen Menschen der etwas Schreckliches erlebt hat . Da der Mensch nur durch selbstgemachte Erfahrungen einsichtig wird, werden andere, unbeteiligte, immer ihr unausgereiftes “Bewusstsein” bemühen um andere Erfahrungen mißzuverstehen.

  63. @ Elektroniker

    Rätselspass, Gedankenexperiment und Visualisierung meiner Lieblingsthese, heute beim Schmökern gefunden:

    https://www.sciencenews.org/article/standard-model-particle-physics

    Wenn wir einen Physikalismus annehmen, wir das auch über das z.B. EEG oder MRT dedektieren, er also nicht ganz zu leugnen ist, dann sehe ich darin, – der bildlichen Darstellung – der Wechselwirkung, die Aussagenlogik, das Dilemma und das Paradoxon gleichzeitig. Was sehen Sie? Was wäre die Konsquenz?

  64. @Elektroniker 27.02. 16:26

    „Das „Bewusstsein“ ist letztlich ein für biologische Maschinen geeigneter, um Empfindungen erweiterter „Abbildungsmechanismus“ von vielfältigen „informellen Mustern“.“

    Kann hinkommen. Wie auch immer das aussieht, man könnte das finden, wenn man in die Details kommt, wie die Nervenzellen im Detail verschaltet und insgesamt vernetzt sind. Man hat hier aber immer auch noch die Innensicht, die man teilweise auch psychologisch erfassen kann. Diese Innensicht hatte man auch schon in grauer Vorzeit, wo man noch keinerlei Ahnung von Nervenzellen hatte. Philosophie und Religion haben sich dennoch mit dem „Seelenleben“ auseinander gesetzt, und können hier durchaus auch sinnvolles entdeckt haben.

    Wenn man nichts anderes als die Innensicht hat, dann muss man doch damit auskommen. Das Leben geht ganz akut weiter, man kann hier nicht auf die Hirnforscher warten, bis die soweit sind, diesen „Abbildungsmechanismus“ zu identifizieren.

    Information selbst ist meistens eine Nachricht, die von Mensch zu Mensch vermittelt und verstanden werden kann. Wenn man eine Radiosendung daraus macht, kann man sie per Funk senden und empfangen. Derweil der Empfänger erstmal die Radiofrequenz finden muss. Auf den meisten Frequenzen findet man keine Informationen, sondern nur Rauschen und Artefakte von technischen Radioquellen, und nur auf genau der richtigen Frequenz findet man genau diese Sendung.

    Vielleicht noch zusätzlich als Audiodownload oder als PDF im Netz. Entsprechend muss man derartige Informationen erstmal suchen, bevor man sie hören bzw. lesen kann.

    @Golzower 27.02. 17:23

    „Da der Mensch nur durch selbstgemachte Erfahrungen einsichtig wird, werden andere, unbeteiligte, immer ihr unausgereiftes “Bewusstsein” bemühen um andere Erfahrungen mißzuverstehen.“

    Das ist in der Praxis leider tatsächlich sehr verbreitet. Es ist eine Kunst für sich, psychisch Kranke aller Art dennoch zu respektieren, wenn man sie schon nicht verstehen kann. Auch die Experten verstehen die Psyche im allgemeinen schon kaum, und eben schon gar nicht, wenn sie instabil geworden ist. Die biologische Psychiatrie im speziellen versucht eigentlich, sich die Realität der kranken Menschen soweit wie möglich auf Distanz zu halten.

    Weil sie eben nicht versteht. Der Kranke selber versteht sich schon nicht mehr, was wohl sogar ein wesentlicher Teil der jeweiligen Krankheit sein kann. Entsprechend gehört es zu einer psychotherapeutischen Behandlung dazu, hier ein gewisses Selbstverständnis zu fördern. Leider ist genau das so schwierig, dass viele Experten es gar nicht mehr versuchen.

    Man versucht dann, einfach eine Neurotransmitterstörung als den Kern der Krankheit zu erklären, und liefert die entsprechenden Medikamente gleich mit. Das kann sogar funktionieren. Öfter aber auch nicht.

  65. @ Mussi 28.02.2023, 13:25 Uhr

    Den Link habe ich so verstanden, dass das grundlegende Konzept der Elektrotechnik, die Wechselwirkung zwischen elektrischen Strom, elektrischen Feld, magnetischen Feld, Kraftwirkungen sogar auf Teilchenebene gilt. Das ist für die derzeitigen bekannten üblichen Anwendungen nicht wirklich interessant, nur von Interesse für die Physiker.

    Vielleicht sehen Sie eine Möglichkeit, damit womöglich einen Zusammenhang mit dem „Empfindungsphänomen“ zu erkennen? Allerdings gelten derartige Überlegungen in der Wissenschaft als nicht seriös und sind verpönt.

    Die Aussagenlogik ist die Grundlage der Boolschen Algebra und der Gattertechnik. Wenn man das „statistisch“ sieht, nicht „streng“ wie die Gatterlogik, wäre das die „Brücke“ zur „Neuronenlogik“.
    Darin könnte man ein Paradoxon erkennen. Ich weiß allerdings nicht, ob Sie das gemeint haben?

    Paradox wäre, dass die „strenge UND Funktion“ nur erfüllt ist, wenn alle definierten Eingangsbedingungen erfüllt sind, in der neuronalen UND Funktion muss eine „qualifizierte Mehrheit“ der Eingangsbedingungen erfüllt sein. Das wäre ein Widerspruch und scheint demnach „paradox“. Aber die Neuronen schalten eben nur dann durch („triggern“), wenn möglichst viele Eingangsimpulse, möglichst gleichzeitig eintreffen.

    Die Konsequenz ist hier, dass Computer immer gleiche Ergebnisse liefern müssen, und bei neuronal gesteuerten Systemen (Menschen) können 3 Juristen 4 Rechtsmeinungen haben…..

  66. @ Tobias Jeckenburger 28.02.2023, 13:50 Uhr

    Bewusstsein könnte man als „Innensicht“ begreifen.

    Zitat: „Information selbst ist meistens eine Nachricht, die von Mensch zu Mensch vermittelt und verstanden werden kann.“

    So ungefähr lauten die üblichen Definitionen.

    Für die „Nachrichtentechniker“ ist „Information“ wesentlich mehr. Für die hat Information nicht nur „beschreibenden“, sondern auch einen „prozesssteuernden“ Charakter.

    Ich glaube, Experten verstehen die Psyche oft recht gut, allerdings versuchen sie aus Gründen des „Selbstschutz“ eine gewisse Distanz zu wahren, sonst werden sie selber krank.

    Die Psychotherapie erfordert eine gewisse psychische Stärke sich selbst helfen zu können, womöglich das eigene Denken „steuern“ zu können.

    Viele können das nicht und es bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als Medikamente einzunehmen….

  67. @ Elektroniker

    “… Zusammenhang zum Empfindungsphänomen … und in der Wissenschaft verpönt und unseriös…”

    Warum? Woher haben Sie das?

  68. @ Elektroniker

    Biophysiker sind dem näher als Philosophen.
    Was ist dann “die” Wissenschaft?

  69. @Elektroniker 28.02. 18:01

    „Für die hat Information nicht nur „beschreibenden“, sondern auch einen „prozesssteuernden“ Charakter.“

    Auch Sprache ist für uns Menschen teilweise prozesssteuernd. Nur nicht so direkt, wie in der IT.

    „…aus Gründen des „Selbstschutz“ eine gewisse Distanz zu wahren, sonst werden sie selber krank.“

    So schnell geht das nicht. Die meisten Mitarbeiter im Psychiatriesystem halten Distanz, weil es weniger anstrengend ist. Inzwischen gibt es auch Genesungsbegleiter, das sind ehemalige Patienten, die nach einer einjährigen Ausbildung in den Psychiatrien und anderen Einrichtungen arbeiten. Neben anderen Aufgaben geht es hierbei gerade darum, eben die Distanz zwischen Patienten und Mitarbeitern zu überbrücken.

    „Die Psychotherapie erfordert eine gewisse psychische Stärke sich selbst helfen zu können,…“

    Die gängigen Psychotherapieverfahren sind aber auch nicht so weit, wie es vermutlich möglich wäre, und noch möglich werden wird. Es mangelt nicht nur am Verständnis der Krankheiten, es mangelt noch mehr am Verständnis von psychischer Gesundheit. Ich denke, hier wird man zukünftig noch sehr viel mehr machen können

    „Viele können das nicht und es bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als Medikamente einzunehmen…“

    Oft sind die Medikamente sowieso unumgänglich. Psychische Krankheiten bestehen aber oft Jahre und Jahrzehnte. Wer 2 Jahre so durch den Wind war, dass eine Psychotherapie kaum möglich war, dessen Zustand kann sich aber auch bessern, dass er es doch noch probieren kann. Und man muss auch spezifische Verfahren für depressive oder psychotische Probleme anwenden, das geht nicht mit den selben Konzepten, die man bei leichteren Störungen verwendet.

    Tagesstätten, Behindertenwerkstätten und das Betreute Wohnen leisten auch langfristige Hilfe. Und auch das Miteinander in der Selbsthilfe bringt viele positiven Effekte. Das ist keine Psychotherapie im engeren Sinne, öfter eher ziemlich improvisiert, ist aber ähnlich wirksam. Allein schon weil es ganz konkret Langeweile und Einsamkeit reduziert.

    Eine Einbindung in ein funktionierendes soziales Umfeld ist letztlich für jeden Menschen notwendig. Ohne dem ist es immer schwierig, psychisch gut klar zu kommen. Da dran zu arbeiten kann wirklich hilfreich sein, und das nicht nur bei spezifischen Diagnosen.

  70. @ Jeckenburger:

    Ja, es gibt sie, die Theorien, die man sich nicht mehr anschaulich vorstellen kann. Aber ich kann es dennoch nicht lassen, nach Anschaulichkeit zu suchen. Es geht ja auch gerade nicht immer um konkrete Vorhersagestärke, sondern oft genug geht es ja gerade um Vorstellbarkeit.

    Gerade in Bereichen von denen niemals ein Selektionsdruck auf unseren “kognitiven Apparat” (wie Freud es nannte) ausging dürfen wir uns nicht auf das verlassen was einfach nur einleuchtend klingt oder erscheint (aber das Problem eben doch nicht löst). Denn unsere auf die menschliche Alltagswelt geeichte Psyche bzw. Kognition, also das was Gerhard Vollmer den Mesokosmos oder Norbert Bischof den Orthokosmos nennt, steht uns hier sogar im Weg. Es ist in diesen Randbereichen im Gegenteil so dass das was uns kontraintuitiv erscheint oftmals richtig(er) ist, während das was uns als plausibel erscheint meist falsch ist. Wir müssen uns in diesen Randbereichen wissenschaftliche Protesen bauen bei denen unsere Alltagskognition uns im Weg steht.

    Gerade hier scheitert oft die Zusammenarbeit zwischen empirischer Wissenschaft und Philosophen. Deshalb gibt es in der Philosopie des Geistes so viele Ontologien zum Thema des Bewusstseins. Philosophen denken sich mit ihrer menschlichen Logik alle möglichen Gedankengebäude aus die in menschlichen Logiksystemen plausibel und evident erscheinen können; also Ontologien des Bewusstseins wie: Idealismus, Panpsychismus, Funktionalismus, Dualismus, etc.

    Das sind letztendlich alles nur “Rauschgeräusche” der menschlichen Psyche die in diesen Themenbereichen schlichtweg überfordert ist und ins Leere läuft. Und letztendlich sind das alles Ideen sind die ohnehin weder prüf- noch widerlegbar sind, so wie Anton Reutlinger schon richtig weiter oben angesprochen hat, und damit eigentlich ohnehin “langweilig” bzw. gegenstandslos sind.

    In dieser Art der Philosophie geht es halt ohnehin selten darum Theorien zu entwickeln die auch in der realen Welt überprüfbar sind, sondern es geht zu häufig nur darum Ideen zu entwickeln die einem subjektiv irgendwie einleuchtend erscheinen.

  71. Zu T. Jeckenburger:
    Bei der menschlichen Psyche gibt es keine “Bedienungsanleitung” wie beim Aufbau von IKEA-Schränken. Diese verschriebenen Psychopharmaka sind -um im Bild zu bleiben- bestenfalls dann der große Hammer für kleine Nägel die man dann vielleicht in Luftballons schlägt. Wenn dieser Gages zum Psychopathen gestempelt wurde bzw. dieses mit diesen Verhaltenseigenschaften begründet wurde, könnte man das hinterfragen und vielleicht erkennen das genau diese Verhaltenseigenschaften die bestimmenden Verhaltenseigenschaften dieser amerikanischen (damaligen) Gesellschaft waren. Da der Mensch in der Regel in dem anderen nur das sieht was er selbst erkennen kann, also ein vom Zeitgeist geprägtes Wesen ist, wird er in dieser Person sich und seine Stärken und Schwächen selbst reflektieren. Er kritisiert damit- indirekt- sich selbst und sein anerzogenes moralisches Selbstveständnis. Gegebenenfalls könnten dann hier psychisch Kranke auch psychisch Kranke versuchen zu therapieren.

  72. @Philipp 01.03. 05:07

    „Das sind letztendlich alles nur “Rauschgeräusche” der menschlichen Psyche die in diesen Themenbereichen schlichtweg überfordert ist und ins Leere läuft.“

    Diese Rauschgeräusche sind aber unsere einzige Lebenswelt. Und wir haben genug praktischen Verstand, um dennoch mit unserem Leben klarzukommen. Mehr noch, unsere innerer Anschaulichkeit bildet eine richtig lebenswerte innerer Lebenswelt. Vielleicht fehlt es Ihnen schlichtweg an Spiritualität, um hier die Werte des Innenlebens zu sehen.

    „In dieser Art der Philosophie geht es halt ohnehin selten darum Theorien zu entwickeln die auch in der realen Welt überprüfbar sind, sondern es geht zu häufig nur darum Ideen zu entwickeln die einem subjektiv irgendwie einleuchtend erscheinen.“

    Eben, es geht in der Tat auch um eine Beleuchtung des eigenen Seins.

    „…also Ontologien des Bewusstseins wie: Idealismus, Panpsychismus, Funktionalismus, Dualismus, etc.“

    Wenn man denn wenigstens eine evidente Alternative hätte. Was nützt uns denn eine Ablehnung von an sich sehr schönen Ideen, weil diese (noch) nicht nachweisbar sind, wenn wir überhaupt keine Alternative haben? Gibt es denn eine Ontologie des Bewusstseins, die empirisch nachweisbar ist?

    Das dauert doch noch mindestens 50 Jahre, bis wir auch nur ansatzweise wissen, wie genau die Nervenzellen so verschaltet sind, dass Bewusstsein das Ergebnis ist. Und mich würde es nicht mal wundern, wenn man irgendwann tatsächlich feststellt, das Bewusstsein ohne eine Beteiligung von Geisteswelten gar nicht existieren kann.

    Was noch dazu kommt, das ist meine ich die Individualität des menschlichen Lebens. Wir sind immer noch Einzelwesen, auch wenn wir sehr viel miteinander machen. Und jedes Leben ist selbst für sich ein Mesokosmos, der durchaus ganz verschiedene Wege gehen mag. Gerade die große Unklarheit bezüglich der psychologischen Eigenschaften eines jeden Menschen ist auch eine Evidenz für diese grundsätzliche Individualität.

    Hier haben allgemein geltende Eigenschaften Grenzen. Wir müssen eben persönlich Sein. Und wir müssen mit den eigenen Erfahrungen leben und klar kommen. Und wenn dies nun mal Spiritualität mit einschließt, dann hilft es nichts, dass man hier feststellt, dass es offenbar viele Menschen gibt, die mit Spiritualität halt nichts zu tun haben.

    Gerade in dieser Situation eines Pluralismus, der nicht wegzukürzen ist, kommen auch die Bemühungen um allgemeine Erkenntnis an Grenzen, die sie nicht überschreiten können. Sprich, Sie werden einfach niemals ein allgemeines Modell für das Bewusstsein finden können, wenn sie sich nur mit Nervenzellen beschäftigen. Ich vermute, dass sie schlichtweg an dieser Individualität scheitern werden, wenn sie nur das zugrunde liegende Biologische betrachten.

    Ich finde sowieso, dass Leben gerne vielfältig sein darf. Ich hätte nicht mal Lust, ein Leben zu leben, dass millionenfach von anderen genauso gelebt wird. Das ist langweilig, mühsam und von zweifelhafter Sinnhaftigkeit. Eine Lebenswelt, die sich ohne Not auf das Nachweisbare beschränkt, die verarmt sich selbst. Und wir müssen auch oft genug im Unklarem dennoch Handeln, und einfach hohe Risiken eingehen, und manchmal sogar alles auf ein Karte setzen. Oft kann man sich nicht darauf zurückziehen, zu wenig gesichertes Wissen zu haben, weil einfach genau jetzt eine Entscheidung ansteht.

    Ich habe nichts gegen funktionierende Theorien, die recht unanschaulich sind. Ich mag mich nur nicht darauf beschränken. Und ich mag dieses Leben mitten in Unsicherheit, die man auch als Freiheit deuten kann.

  73. @Jeckenburger:

    “Gibt es denn eine Ontologie des Bewusstseins, die empirisch nachweisbar ist?”

    Die von Philipp erwähnte evolutionäre Erkenntnistheorie versucht Bewusstsein historisch herzuleiten, also eine wissenschaftliche Erklärung zu liefern, im Gegenteil zu rein philosophischen und damit beliebigen Ideen. Zu ergänzen wäre hier noch die genetische Erkenntnistheorie Piagets, welche die ontogenetische Seite abdeckt.
    Natürlich kann jeder die Welt betrachten wie er will. Nur, wenn man wissenschaftlich oder wissenschaftlich begründet philosophisch argumentieren will und nicht nach purem Gutdünken, muss man einen Ansatz wählen, in den sich alle empirischen Daten integrieren lassen.

    Nun werden Sie sagen, dass eine solche biologisch argumentierende Erkenntnistheorie nicht erklärt, wie Neuronen Bewusstsein erzeugen. Und da sind wir dann wieder bei diesem uralten Dualismus, der auf einem schlimmen Kategoriefehler beruht. Er versucht nämlich mit einer physikalischen Beschreibung einen philosophischen Begriff zu erkären (oder, wie es die Physikalisten machen, Bewusstsein einfach leugnen).
    Ich habe hier versucht, diesen Fehler auzuzeigen:
    https://www.dr-stegemann.de/leib-seele-problem-gel%C3%B6st/

    Evolutionäre oder genetische Erkenntnistheorie beschreiben einen ontologischen Bewusstseinsbegriff und versuchen im Anschluss diesen zu konkretisieren und empirisch zu untermauern.

    Aber wir schweifen wieder wie gewohnt vom eigentlichen Thema ab.

  74. @ Wolfgang Stegemann 01.03.2023, 17:09 Uhr

    Zitat: „Nun werden Sie sagen, dass eine solche biologisch argumentierende Erkenntnistheorie nicht erklärt, wie Neuronen Bewusstsein erzeugen. Und da sind wir dann wieder bei diesem uralten Dualismus, der auf einem schlimmen Kategoriefehler beruht. Er versucht nämlich mit einer physikalischen Beschreibung einen philosophischen Begriff zu erklären (oder, wie es die Physikalisten machen, Bewusstsein einfach leugnen).“

    Wie bestimmte biologische Zellen mit Sensorfunktion, sozusagen „punktweise Empfindungen“ generieren, die letztlich zum komplexen Bewusstsein „emergieren“, dazu gibt es unbewiesene „physikalische Hypothesen“. Es sollte aber reichen, dass es offensichtlich auch derartige Zellen geben dürfte, wie auch immer die im Detail „funktionieren“.

    Aus Sicht der Informatik ist das Problem, dass der Dualismus nur 2 Kategorien Körper (Hardware) und Geist (Information), aber nicht Prozesse korrekt „abbilden“ kann. Um dieses Problem zu bewältigen, haben Informatiker als 3. grundlegende Kategorie den „Prozess“ „deklariert“.

    Sie haben nicht mehr das geringste Problem, z.B. Geschäftsprozesse oder Prozesssteuerungen in der Industrie von Computern realisieren zu lassen. Mathematische Zusammenhänge abstrakt zu formulieren, „maschinengerecht abzubilden“, „Ergebnisse“ zu berechnen und auszugeben. Neuerdings tauchen sogar ganz unterhaltsame, sprechende, KI gesteuerte „Humanoiden“ im TV auf.

    Es ist in der Informatik völlig selbstverständlich z.B. mit physikalischen, mathematischen (oder mathematisierbaren) „Beschreibungen“ Information zu „extrahieren“, diese auf einem Prozessor als Prozess zu bearbeiten und einen informellen Output, als Information z.B. auf einem „Bildschirm“ anzuzeigen, oder/und als „Handlungen“ (beides ungefähr gleichzeitig) z.B. von einer Maschine oder einen Roboter „ausgeben“ zu lassen.

    Es braucht nur einen „Befehl“, z.B. „drucke“ (nachstehenden Text am Drucker aus) und schon rattert der Drucker los…. Es ist demnach völlig banal, wie es von „Information“ zu „Handlungen“ (Prozessen) kommt, die am Drucker (Hardware) realisiert werden. Nur muss alles seine „Ordnung“ haben ….. Es scheint, dass sich die Philosophen in ihrem eigenen „Dickicht verlaufen“ haben.

    Beim Bewusstsein ist nur die Besonderheit, dass in den „Verarbeitungspfaden“ eine „Empfindungssensorik“ (die wie auch immer im Detail „physikalisch“ funktioniert), samt einem „Anzeigesystem“, könnte man sich vorstellen wie verteilte Bildschirme, Mattscheiben, oder Kinoleinwände, realisiert auf flachen hautartigen Strukturen (z.B. Netzhaut, Hirnhaut,…), eingebunden sind. Die sind dann Ausgangspunkt für weitere Verarbeitungsprozesse.

    Wie z.B. ausgehend von der Netzhaut im Auge, nach und nach (in der Tiefe der Verarbeitung sozusagen), wobei auch andere Informationen, z.B. Töne eingebunden werden, letztlich ein Gesamtbild vom fahrenden und hupenden Feuerwehrauto im Bewusstsein entsteht.

    So können nach dieser Methode (der Informatiker) die „Kategoriengrenzen“ völlig korrekt überwinden und bekommen keine Widersprüche.

    Bewusstsein existiert, das wird nicht geleugnet und ist aus Sicht und mit den Methoden der Elektroniker/Informatiker erklärbar.

  75. @Elektroniker:

    “Bewusstsein existiert, das wird nicht geleugnet und ist aus Sicht und mit den Methoden der Elektroniker/Informatiker erklärbar.”

    Eben nicht. Die Informatik baut ihre Computer nach den Regeln der Informatik. Lebende Wesen entwickeln sich selbst nach biologischen Regeln. Beide haben nichts miteinander zu tun.
    Das wäre derselbe Kategoriefehler wie oben.
    Auf den ersten Blick sieht es so aus, als gäbe es Übereinstimmung. Das liegt aber am Sprachgebrauch. Man sagt, Computer rechnen und überträgt das aufs Gehirn, das ebenso rechnen soll. Tut es aber nicht. Es ist sensibel und erregbar und passt sich an seine Umwelt an. Und es lebt.
    Nur weil ein Gehirn einen Stein und noch einen Stein zählen kann, rechnet es nicht, jedenfalls nicht so wie ein Computer.
    Man kann zwischen beiden nur in Bruchstücken gemeinsame mathematische Formalisierungen vornehmen (wenn man will). So ist etwa predictive coding ein winziger Aspekt bei neuronalen Prozessen. Denselben Begriff verwendet man in der KI und dort bedeutet er etwas anderes.
    Das Problem ist, wie gesagt, dass man dieselben Begriffe für unterschiedliche Dinge verwendet und daraus dann Analogien rein über Sprache herstellt.

  76. @ Wolfgang Stegemann 01.03.2023, 17:09 Uhr

    Ergänzung: Sie haben auf Ihrer Homepage das Problem ganz richtig erkannt.

    Zitat: „Man sieht auf einen Blick, dass eine solche Gleichung keinen Sinn ergibt, da auf beiden Seiten unterschiedliche Sprachen verwendet werden. Es ist in etwa so, als würden man sagen, “Apfel 1 plus Apfel 2 gleich Birne“.“

    Die Informatiker lösen das von Ihnen erkannte Problem indem sie alles auf die gleiche Kategorieebene „Information“ bringen, den Input (auf einer Plattform) informell „abbilden“, die Sachverhalte korrekt (unter Beachtung der Kategorien) verknüpfen, den Output unter Einhaltung der Kategorien formulieren und ausgeben. Z.B. als Sprache „Apfel 1 plus Apfel 2 plus Birne ergibt „Obstsalat“, oder als Text am Bildschirm…..

  77. @ Wolfgang Stegemann 01.03.2023, 20:43 Uhr

    Zitate:
    “Bewusstsein existiert, das wird nicht geleugnet und ist aus Sicht und mit den Methoden der Elektroniker/Informatiker erklärbar.”

    Eben nicht. Die Informatik baut ihre Computer nach den Regeln der Informatik. Lebende Wesen entwickeln sich selbst nach biologischen Regeln. Beide haben nichts miteinander zu tun.
    Das wäre derselbe Kategoriefehler wie oben.“

    Die Informatiker beschäftigen sich mit den immer mehr werdenden Information verarbeitenden „Plattformen“.

    Das waren am Anfang die früher üblichen Computer. Jetzt ist es immer allgemeiner. Zuerst „emulierten“ Informatiker ein altes (verschrottetes) Computersystem auf einem neuen System, um die teure Software weiter verwenden zu können.

    Inzwischen ist man so weit, dass neuronale Netze „simuliert“ werden können. Sie wissen ja, man träumt von der „Hirnsimulation“….

    Man „ahmt“ die biologischen Regeln einfach nach, so wie man mit KI einen Sprach begabten „Schwätzer“ nachahmt…..

    Zitat: „Das Problem ist, wie gesagt, dass man dieselben Begriffe für unterschiedliche Dinge verwendet und daraus dann Analogien rein über Sprache herstellt.“

    Dass stimmt, aber man hat nun einmal nur die „Sprache“ und benutzt etwas „modifizierte“ Begriffe, und allenfalls neue “Muster” um das von Ihnen angedachte Problem zu umgehen.

  78. @Elektroniker:

    Sie haben recht, solange Sie im Bereich der Informatik bleiben, passt alles. Probleme gibt es nur, wenn man mit der Informatik die Welt bzw. das Gehirn erklären will und Begriffe überträgt, nur weil die Sprache einen dazu verleitet.

  79. Wolfgang Stegemann 01.03.2023, 21:15 Uhr

    Zitat: „Sie haben recht, solange Sie im Bereich der Informatik bleiben, passt alles. Probleme gibt es nur, wenn man mit der Informatik die Welt bzw. das Gehirn erklären will und Begriffe überträgt, nur weil die Sprache einen dazu verleitet.“

    Ich verstehe was Sie meinen. Die Philosophie dürfte wenig mit „Neuigkeiten“ zu tun haben, ganz anders als die Elektronik/Informatik. Sie sehen ja selber, wie sich die Welt in den letzten 150 Jahren verändert hat. Übrigens auch die Neurologe und Hirnforschung.

    Das bedeutet, dass sich die Techniker die in Teamarbeit diese Neuigkeiten entwickeln, untereinander austauschen müssen, um sich die immer wieder neuen Sachverhalte innerhalb der Teams und Team übergreifend gegenseitig zu „erklären“.

    Dazu sind immer wieder in schneller Abfolge neue Begriffe, bis hin zu einer neuen Sprache nötig. Das ist in der Philosophie aus nahe liegenden Gründen verpönt, aber in der Elektronik/Informatik nicht vermeidbar.

    Der Jargon ist sozusagen „quick and dirty, besonders für Philosophen unerträglich, weil die Präzision in der Sprache fordern. Das Problem kann sogar zu so etwas wie einer „Sprachverwirrung“ führen. Ich habe sogar gehört, dass Firmen eigens philosophisch orientierte Linguisten eingestellt haben, die auch Kenntnisse in den Fachgebieten haben mussten um das drohende Chaos der „Sprachverwirrung“ abzuwenden.

    Die Philosophie, die eigentlich besonders für „Denkprozesse“ „zuständig“ ist, sollte, wenn die grundsätzliche realen Sachverhalte „halbwegs“ geklärt und stabil sind, diese in die philosophischen Konzepte einbauen.

  80. @Stegemann

    Irgendwie verstehe ich ihr Problem nicht ganz. Auf der einen Seite sind die konkreten Verschaltungen der Nervenzellen, in einer dynamischen Arbeit in Betrieb. Auf der anderen Seite haben wir das, was wir eben so ganz aktuell dabei erleben. Das sind doch beides ganz konkrete Entitäten, die als 2 Seiten der selben Sache zu beobachten sind.

    Auch wenn das meiste dieser Nervenzellenarbeit unbewusst ist, und nur ein Teil davon konkret erlebt werden kann. Wie man jetzt immer diese Innenwelt nennt, oder ob man sie physikalisch, chemisch, biologisch oder psychologisch einordnet, spielt finde ich keine besondere Rolle. Es geht doch ganz konkret darum, wie ich mein Leben selbst erlebe, das ist doch damit zu 100 % definiert.

    Genauso ist die komplette Hirntätigkeit zu 100 % definiert.

    Das praktische Problem, das wir hierbei haben ist aber doch, dass wir eben fast nichts von der spezifischen Verschaltung der Nervenzellen wissen. Der Weg, hier hinreichend Details zu kennen, wie jetzt genau welcher Bewusstseinsinhalt in welcher Betriebssituation generiert wird, der ist eben nicht nur noch endlos weit. Womöglich ist das alles dermaßen kryptisch implementiert, dass man es nie auflösen kann.

    Mein Fazit ist jetzt eben, dass wir die Verbindung der beiden Seiten der selben Sache so erstmal nicht konkret in allen Details finden können. Und wir entsprechend fast nichts haben, mit dem wir konkret arbeiten können. Etwa psychische Krankheiten mittels Gehirnuntersuchungen zu diagnostizieren.

    Zusätzlich habe ich persönlich mit meinen spirituellen Erfahrungen deutliche Hinweise auf Übernatur. Da passt es dann ganz gut, wenn auch das eigene Bewusstsein mit wirklichen Geisteswelten zu tun haben kann, nur möglicherweise. Entsprechend einfacher wäre es jetzt, wenn der Zusammenhang von Nerventätigkeit und Bewusstsein auch durch einen Abbildungsvorgang von Teilen der Nervenzellenaktivität in einen eigenen persönlichen Geistesraum beschrieben werden kann. Das würde die Sache sehr viel einfacher machen, auch wenn es sich zunächst mal komplizierter anhört.

    Was ich auch schwer nachvollziehen kann, das ist, dass Computertechnik etwas völlig anderes als die Nervenzellaktivität sein soll. Ich denke schon, das die Nervenzellennetze etwas sehr ähnliches anstellen, als wie die Berechnungen, die Computer ausführen.

    Wenn der einzige Unterschied der ist, dass Biologie in der Evolution gewachsen ist, und Technik zielgerichtet von Menschen entwickelt wird, dann kann es doch sein, das beide Bereiche für ähnlichen Probleme ähnliche Lösungen verwenden. So sind z.b. biologische Augen und technische Digitalkameras mehr oder weniger baugleich.

  81. @Elektroniker:

    Es ist nicht nur die o.g. Sprachverwirrung, sondern der grundlegende Unterschied zwischen Gehirn und Computer. Das Gehirn ist ein Organ und nur als Ganzes verstehbar, wie ja der Artikel hier zeigt. Das Gehirn integriert ständig äußere und innere Reize und hält damit ein sehr sensibles (dynamisches) Gleichgewicht aufrecht. Gelingt dies nicht, wird der Organismus krank.
    Die einzige Gemeinsamkeit zwischen Gehirn und Computer ist das Fließen von Strom. Der fließt aber auch, wenn man mit der Hand über eine Unterlage streicht.
    Mit 80 Milliarden Neuronen müssten wir beim Rechnen jedem Computer haushoch überlegen sein. Das Gegenteil ist aber der Fall. Schon der einfachste Rechner übertrifft uns meilenweit. Anders bei dem, was man Intuition nennt. Da können selbst die leistungsfähigsten Computer nicht im Ansatz mithalten. Warum? Weil es sich um völlig unterschiedliche Prinzipien handelt, die nur an der oberflächlichen Sichtweise eine Ähnlichkeit vorspiegeln.

    @Jeckenburger:

    “Auf der einen Seite sind die konkreten Verschaltungen der Nervenzellen, in einer dynamischen Arbeit in Betrieb. Auf der anderen Seite haben wir das, was wir eben so ganz aktuell dabei erleben. Das sind doch beides ganz konkrete Entitäten, die als 2 Seiten der selben Sache zu beobachten sind.”

    Diese Sichtweise ist grundfalsch. Zwei Seiten wären es, wenn Sie Ihr Gehirn einmal von außen und einmal von innen betrachten könnten. Nur dafür müssten Sie einmal Sie selbst sein und einmal ein Homunkulus, der Ihr Erleben von innen betrachtet.
    Ihre zwei Seiten haben nichts miteinander zu tun, denn Ihr Erleben ist Ihr subjektives Empfinden, das nicht objektivierbar ist. Wie schon oft gesagt, Ihren Schmerz kann niemand anders fühlen. Man kann ihn von außen messen, aber messen und fühlen sind zwei ganz verschiedene Dinge.

    Aber wir kommen hier wieder vom Hundertsten ins Tausendste.
    Ich bin dann mal wieder weg.

  82. @Stegemann 02.03. 08:24

    „Ihre zwei Seiten haben nichts miteinander zu tun, denn Ihr Erleben ist Ihr subjektives Empfinden, das nicht objektivierbar ist.“

    Wieso das denn nicht? Mein subjektives Erleben ist doch ein definitives Faktum. Das ist ja auch definitiv messbar. Wenn man ein EEG macht, kann man klar sehen ob man die Augen auf oder geschlossen hat. Jede subjektive Geistesregung ist auch objektives Geschehen. Man kann zwar von außen noch nicht feststellen, was man konkret warum gerade erlebt, aber das Faktum, dass überhaupt was erlebt wird, und in welchem konkreten Bewusstseinszustand es ungefähr eingebettet ist, das ist längst feststellbar.

    „Wie schon oft gesagt, Ihren Schmerz kann niemand anders fühlen. Man kann ihn von außen messen, aber messen und fühlen sind zwei ganz verschiedene Dinge.“

    Natürlich, aber das ist es doch gerade. Ich kann mein eigenes Innenleben selber erleben und eben fühlen, und von außen kann ich es dennoch auch messen. Entscheidend ist hier lediglich, dass die derzeitigen Messmethoden sehr ungenau sind. Und auch in Zukunft noch sehr lange nicht sehr viel genauer werden können. Und wir darum hauptsächlich weiterhin direkt mit der Innensicht arbeiten müssen. Also Psychologie brauchen.

    Die Innenwelt ist natürlich subjektiv, aber eben trotzdem definitiv. Psychotherapie wird entsprechend ein brauchbares Verfahren bleiben, mit einem deutlichem Schwerpunkt auf dem konkreten sozialen Leben des Individuums. Gegen Langeweile z.b. hilft letztlich nur Tätigkeit. Wenn man mittels Gesprächen dazu kommt, dass sich der Betroffene eine Beschäftigung sucht, und man gleichzeitig dafür sorgt, dass es auch passende Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, dann lässt sich die Langeweile wirklich abstellen.

    Medikamente brauchen wir hierfür nicht. Dafür dann aber Einfühlungsvermögen.

  83. @ Jeckenburger

    Brillant,endlich!

    Wir sind unser eigenes Labor und können uns darüber austauschen.
    UND stellen fest,so unterschiedlich sind wir doch alle nicht … 😉 … hahaha

  84. @ Jeckenburger:

    Wenn man denn wenigstens eine evidente Alternative hätte. Was nützt uns denn eine Ablehnung von an sich sehr schönen Ideen, weil diese (noch) nicht nachweisbar sind, wenn wir überhaupt keine Alternative haben? Gibt es denn eine Ontologie des Bewusstseins, die empirisch nachweisbar ist?

    Es wird von den Neurowissenschaften zu 99% (meine persönliche Ansicht) niemals eine “Theorie des Bewusstseins” folgen die sozusagen für ein naives Alltagsverständnis darstellt wie aus “Nervenzellenaktivität” – > “Bewusstsein” entsteht. Denn dieses Problem, so wie es meistens verstanden und aufgestellt wird, ist ein metaphysisches Problem der Philosophie des Geistes. Metaphysische Probleme lassen sich empirisch nicht lösen. Oder kennen sie ein einziges metaphysisches Problem der Philosophie das jemals gelöst wurde? Ich kenne keines.

    Die Neurowissenschaften können nur, so wie der Name schon sagt, Modelle und Theorien des Bewusstseins entwickeln die primär neurophysiologisch beschreiben und erklären welche Mechanismen für Bewusstsein notwendig sind und wie diese mit Erleben zusammenhängen. Dabei werden dann implizite oder explizite Schlussfolgerungen auf die Ontologie enhalten sein; jedoch keine die das metaphysische Leib-Seele Problem lösen. Aber diese Ebene interessiert viele Laien und einige Philosophen des Geistes ja gar nicht. Was die interessiert ist ihr metaphysisches Logikproblem, aber nicht wirklich das Gehirn. Was im Gehirn wirklich abläuft interessiert diese Leute meist gar nicht signifikant, sondern denen geht es primär um ihr philosophisches Problem um das man sich auch noch die nächsten 3000 Jahre weiter den Kopf einschlagen kann.

    Man müsste das Thema “Bewusstsein” komplett anders auffassen und angehen wenn man hier weiterkommen möchte. Aber das ist mit dem heutigen Mainstream nicht möglich, besonders nicht mit der heutigen Philosophie des Geistes. Ich bin jetzt 34 Jahre alt und mich würde es nicht wundern wenn ich einen Paradigmenwechsel nicht erlebe sondern die Leute auch noch weiter gegen die Wand laufen wenn ich 85 bin. Die Hoffnung habe ich langsam aufgegeben.

    Die heutigen Theorien des Bewusstseins sind dem Begriff der Theorie nicht würdig. Das sind höchstens Modelle mit ein paar Faktoren und bestimmten empirischen und modellbasierten (computational neuroscience) Untermauerungen. Aber richtige Theorien jene diese Bezeichnung auch verdienen existieren noch gar nicht.

    “Zusätzlich habe ich persönlich mit meinen spirituellen Erfahrungen deutliche Hinweise auf Übernatur. Da passt es dann ganz gut, wenn auch das eigene Bewusstsein mit wirklichen Geisteswelten zu tun haben kann, nur möglicherweise.”

    Möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber das ist was man philosophisch naiven Realismus nennt in reinform. Sie “verontologisieren” sozusagen ihre eigene Phänomenologie. Damit stellen Sie sich selbst epistemologisch/erkenntnistheoretisch auf ein sehr niedriges Niveau.

    Wir müssten meiner Ansicht nach philosophisch eben viel bescheidener sein. Wir können Philosophie nur am Rande unserer epistemischen Fähigkeiten und möglichst empirischen Untermauerungen betreiben. Wenn wir blind in die Ontologie oder Metaphysik springen und meinen dort erfahrungsbasert Wahrheiten zu finden dann endet man sozusagen im schwarzen Niemandsland innerhalb dessen jeder die eigene Wahrheit findet, aber auch nur im Ansatz “beweisen” oder zeigen lässt sich hier nichts.

  85. @ Philipp 04.03.2023, 15:54 Uhr

    Zitat: „Es wird von den Neurowissenschaften zu 99% (meine persönliche Ansicht) niemals eine “Theorie des Bewusstseins” folgen die sozusagen für ein naives Alltagsverständnis darstellt wie aus “Nervenzellenaktivität” – > “Bewusstsein” entsteht. Denn dieses Problem, so wie es meistens verstanden und aufgestellt wird, ist ein metaphysisches Problem der Philosophie des Geistes.
    Metaphysische Probleme lassen sich empirisch nicht lösen. Oder kennen sie ein einziges metaphysisches Problem der Philosophie das jemals gelöst wurde?“

    Das „Bewusstseinsproblem“ ist zunächst einmal kein Problem das „Philosophen“ lösen könnten.

    Sondern ein wissenschaftliches Problem und kann nur in Kooperation verschiedener Fachrichtungen gelöst werden.

    An der „Front“ arbeiten wie üblich die Quantenphysiker/Chemiker, die z.B. die Grundlagen der Chemie erklärt haben. Nur die können letztlich ermitteln, welche „natürlichen Phänomene“ z.B. im Bereich der Valenzelektronen („Muster“) bestens mit dem Empfindungsphänomen (z.B. Farben an Zapfen im Auge), …..korrelieren.

    Allerdings sind die darauf angewiesen, dass Neurologen einen bestimmten „Verdacht“ haben, welche (sensorischen) Zellen selektiv für bestimmte Arten von Empfindungen, z.B. Zapfen im Auge für Farbe sind, oder sein könnten. Klar ist, dass diese Zellen in das neuronale Netz auf irgend eine Art eingebunden sein müssen und wegen ihrer Ladungsträgeremissionen auch gut eingebunden werden können.

    Diese Signale werden normalerweise im neuronalen Netz verknüpft, (Zwischen)Ergebnisse werden auf so etwas wie „Anzeigesystemen“ (die danach die Signale weiter „verteilen“ können) in bestimmte örtlich/zeitliche Beziehungen gebracht, die in weiteren Stufen ausgewertet werden. Dadurch können an weiteren sensorischen Zellen auch weitere Empfindungen (Gefühle) entstehen, die ebenfalls weiter ausgewertet werden können…..

    Letztlich emergieren die Empfindungen und die Beziehungen zwischen Signalen zum Gesamtbewusstsein….. die Signale können die Strukturen (für die Wissensabbildung) erweitern und Output, z.B. Aktivierungsmuster für die Sprachmuskulatur, letztlich Sprache generieren.

    Abgesehen von den „Empfindungen“, mit der Signalverarbeitung beschäftigen sich Elektroniker/Informatiker gemäß ihrer Konzepte.

    Allerdings, Sie wissen es besser, verhält es sich extrem komplex und die Signale haben statistische Bedeutung….

    Die Neurologen mit ihrer Messtechnik sind aber ganz entscheidend und sollten Anhaltspunkte aus ihren ganz besonderen Erfahrungen liefern, z.B. welche Verletzungen welche Auswirkungen haben und letztlich alle Konzepte zusammenführen. Damit wären wir wieder bei „Phineas Gage“.

    Zitat: “Die Neurowissenschaften können nur, so wie der Name schon sagt, Modelle und Theorien des Bewusstseins entwickeln die primär neurophysiologisch beschreiben und erklären welche Mechanismen für Bewusstsein notwendig sind und wie diese mit Erleben zusammenhängen.“

    Genau so dürfte es sein.

    Zitat: „Dabei werden dann implizite oder explizite Schlussfolgerungen auf die Ontologie enthalten sein; jedoch keine die das metaphysische Leib-Seele Problem lösen. …..

    Man müsste das Thema “Bewusstsein” komplett anders auffassen und angehen wenn man hier weiterkommen möchte. Aber das ist mit dem heutigen Mainstream nicht möglich, besonders nicht mit der heutigen Philosophie des Geistes. Ich bin jetzt 34 Jahre alt und mich würde es nicht wundern wenn ich einen Paradigmenwechsel nicht erlebe sondern die Leute auch noch weiter gegen die Wand laufen wenn ich 85 bin. Die Hoffnung habe ich langsam aufgegeben.“

    Sie sollten nicht aufgeben, sondern mehr auf „reale praktische Zusammenhänge“ und erst danach auf Theorienbildung setzen.

    In meinem an Sie gerichteten Beitrag weiter oben (Elektroniker 27.02.2023, 16:26 Uhr) habe ich versucht auf das „Dualismusproblem“ aus Sicht der Informatik einzugehen.

  86. @Philipp 04.03. 15:54

    „Aber diese Ebene interessiert viele Laien und einige Philosophen des Geistes ja gar nicht. Was die interessiert ist ihr metaphysisches Logikproblem, aber nicht wirklich das Gehirn.“

    Sie sagen doch selber, dass man in der Hirnforschung noch ganz am Anfang ist. Damit ist bisher kaum was anzufangen. Wir wollen aber nicht Jahrhunderte warten, sondern interessieren uns hier und jetzt für die Frage, wer wir wirklich sind.

    Mich würde es wenig wundern, wenn etwa eine Komplettsimulation eines Gehirns einer Labormaus auch in 50 Jahren nicht gelingt. Selbst wenn man alle Nervenzellen mit allen Verbindungen und Synapsen scannen kann, so weiß man womöglich nicht, wie die einzelne Nervenzelle denn wirklich genau reagiert. Und wie genau neue Synapsen gebildet werden, was ja für Lernprozesse wichtig ist.

    Und selbst wenn die Simulation irgendwie läuft, so weiß man immer noch nicht, wie genau, weil man dann zwar die Daten der Details hat, diese aber überhaupt nicht versteht, weil sie schlichtweg zu kryptisch sind. Das Fazit bleibt: Irgendwie gelingt es dem Gehirn, zu funktionieren, und wir verstehen nicht, wie das genau abläuft.

    „Die heutigen Theorien des Bewusstseins sind dem Begriff der Theorie nicht würdig.“

    Psychologie ist dennoch möglich. Und wir leben mitten in der Praxis, und müssen uns eben auch mit allem auseinandersetzen, was uns widerfährt, und werden versuchen, da zumindest persönliche Konzepte draus zu machen. In der Not der Praxis sozusagen müssen wir Risiken eingehen, und uns mit höchst unsicheren Konzepten in den Alltag stürzen.

    „Sie “verontologisieren” sozusagen ihre eigene Phänomenologie. Damit stellen Sie sich selbst epistemologisch/erkenntnistheoretisch auf ein sehr niedriges Niveau.“

    Ok, das Niveau ist niedrig, aber leider das einzig mögliche? Haben Sie mehr?

    „Wir können Philosophie nur am Rande unserer epistemischen Fähigkeiten und möglichst empirischen Untermauerungen betreiben.“

    Gerade die Lebenserfahrungen des Einzelnen unterscheiden sich doch schon völlig. Empirische Untersuchungen, die allgemeingültig sein sollen, die müssen den Großteil der persönlichen Erfahrungswelten doch schon ausklammern.

    „…dann endet man sozusagen im schwarzen Niemandsland innerhalb dessen jeder die eigene Wahrheit findet,..“

    Positiv gesehen ist dies der unvermeidliche Pluralismus, dem wir sowieso gerecht werden müssen, wollen wir in Freiheit und auf Augenhöhe miteinander umgehen.

    „..aber auch nur im Ansatz “beweisen” oder zeigen lässt sich hier nichts.“

    In der Tat nicht so viel. Wo man Gemeinsamkeiten findet, da hat man aber schon mal was. Und wo man trotz verschiedener Erfahrungen und folgender Konzepte ein Miteinander, und eine gemeinsame Agenda hinbekommt, da kann man prima zusammenarbeiten.

  87. @Philipp: Neuro & Bewusstsein

    Ich denke, dass es allein schon darum keine (vollständige) neurow. Theorie des Bewusstseins geben wird, schlicht weil den Neurow. hierfür die Konzepte fehlen. Man wird halt immer weiter und weiter und weitere Korrelationen finden, sie “Korrelate” nennen und denken, das würde etwas erklären.

    Bew. ist in der heutigen Wissenschaft meiner Meinung nach vor allem ein praktisches Mittel zur Einwerbung von Forschungsgeldern. Das Spiel geht weiter, so lange Geldgeber ihr Geld dafür geben.

    Geh nun aber bitte nicht mit @Tobias zu hart ins Gericht. Die Phänomenologen wollten doch erst einmal die Welt so pur wie möglich beschreiben, nämlich als Erfahrung. Wenn man davon Schlüsse auf die Realität ziehen will, muss man immer bestimmte metaphysische Annahmen treffen.

  88. @ Stephan Schleim 05.03.2023, 18:11 Uhr

    Zitat: „Ich denke, dass es allein schon darum keine (vollständige) neurow. Theorie des Bewusstseins geben wird, schlicht weil den Neurow. hierfür die Konzepte fehlen. Man wird halt immer weiter und weiter und weitere Korrelationen finden, sie “Korrelate” nennen und denken, das würde etwas erklären.“

    Es ist eine Frage, ob „Korrelate“ fast zur „Gewissheit korrelieren“ können. Man versteht z.B. das „Wesen der Schwerkraft“ nicht wirklich. Konnte jedoch das Problem so weit „Mathematisieren“, so dass man die Schwerkraft perfekt beherrscht. Erkennbar an den Flugzeugen, oder an den Raketen die recht erfolgreich im Weltraum herumfliegen und sich kaum „verirren“.

    Konzepte können entwickelt werden. Menschen die „Fehler“ in defekten Systemen suchen müssen sind besonders erfolgreich. Einerseits die Mediziner, besonders anschaulich vermitteln das aber z.B. die „Autodoktoren“ bei VOX TV.

    Zitat: „Bew. ist in der heutigen Wissenschaft meiner Meinung nach vor allem ein praktisches Mittel zur Einwerbung von Forschungsgeldern. Das Spiel geht weiter, so lange Geldgeber ihr Geld dafür geben.“

    Ich glaube nicht, dass Investoren auch nur einen Cent sinnlos in die Bewusstseinsforschung investieren nur um Neugier zu befriedigen.

    Es geht um die Sensorforschung, die heutzutage vermutlich das wichtigste und erfolgreichste Forschungsgebiet ist. Einerseits die unzähligen Sensoren in der Industrie für die Prozesssteuerungen, andererseits die Biosensoren für die Medizin. (Stichwort: PCR Test).

    Es scheint offensichtlich, dass auch die Lebensprozesse von einer Sensorik über das extrem komplexe neuronale Netz gesteuert werden. Empfindungen haben sehr wahrscheinlich mit „Sensorik“ zu tun.

    Beim Bewusstsein dürften wichtige „Systemparameter“ zusammengefasst zur gemeinsamen und gleichzeitigen „Abbildung“ gelangen, wobei auch zusätzlich „Gefühlsempfindungen“ entstehen können.

    Da können sich Forschungsgelder lohnen, wenn z.B. Psychosomatik Kosten reduziert werden, oder sich die Lebensqualität von Menschen verbessert wenn z.B. der Blutzucker, Herzschrittmacher und irgendwann auch andere Systemparameter automatisch (künstlich) geregelt werden.

  89. @Jeckenburger, Elektroniker:

    Was ist denn Bewusstsein??? Komischer Begriff, oder? Wer hat ihn erfunden? Was sagt er aus? Wozu ist er gut?

  90. @Stegemann 06.03. 16:44

    „Was ist denn Bewusstsein??? Komischer Begriff, oder? Wer hat ihn erfunden? Was sagt er aus? Wozu ist er gut?“

    Etwas umfassender ist wohl der Begriff innere Erlebniswelt. Das ist dann alles, was man eben erlebt, also was in der Innenwelt wahrnehmbar wird. Das geht dann neben eine Rekonstruktion der Außenwelt und der körperlichen Zustände auch ins persönliche Wissen über. Die Übergänge sind hier fließend zum Unbewussten.

    Insbesondere die menschliche Innenwelt weiß ganz bewusst um sich selbst, und wird so innerhalb des eigenen Seins zum Bewusstsein.

    Im Prinzip ist die Innere Erlebniswelt dreidimensional, und wandert mit dem ganzen Organismus durch die Zeit hindurch. Und ist eben ein definitives Faktum, in reinster Subjektivität.

    „Ich denke, also bin ich“ sagt dann sogar aus, dass die Innenwelt selbst noch vor der Erkenntnis kommt, einen Körper zu haben, der sich in einer Außenwelt bewegt.

    Die eigene Existenz ist hier ein grundlegendes Phänomen der eigenen Erfahrung.

    Ich persönlich stelle mir vor, dass dieser existenzielle Innenraum ein im Prinzip Geistiger Raum ist, in den Teile des Geschehens innerhalb des Nervensystem nur abgebildet werden. Und genau dieser Geistesraum ist zwar in persönlicher Art dem Individuum zugeordnet, aber dennoch Teil eines eigenen, überpersönlichen Geistesraumes.

    Wenn das stimmt, dann muss das Gehirn gar nicht das Bewusstsein alleine hervorbringen. Stimmt das nicht, und muss das Gehirn sein Bewusstsein alleine produzieren, dann muss hier irgendeine Ordnung generiert werden, die innerhalb der erlebten Dreidimensionalität die entsprechenden Inhalte liefert.

  91. Jeckenburger:
    Innere Erlebniswelt? OK, wie wollen Sie die physikalisch oder informationstheoretisch beschreiben? Gibt es für Erlebnis eigentlich einen physikalischen Begriff?

  92. @ Stegemann

    Können Sie bei Erlebnis Physik ausschließen?
    Was ‘messen’ Sie denn mit der Psyche?

  93. @Stegemann 06.03. 18:15

    „Innere Erlebniswelt? OK, wie wollen Sie die physikalisch oder informationstheoretisch beschreiben? Gibt es für Erlebnis eigentlich einen physikalischen Begriff?“

    Gute Frage. Als mathematischer Begriff fällt mir die Abbildung ein. Wir haben hier die Nervenzellenaktivität als Gesamtheit, und ein ausgewählter Teil davon wird auf den inneren Erlebnisraum abgebildet. Das ist dann eben ein hochkomplexer Abbildungsvorgang, eine Erlebniswelt-Funktion, der sich im Laufe der Evolution herausgebildet hat.

    Physikalisch bin ich hier ratlos. Wie soll hier diese Teilmenge in sich sichtbar ausgebreitet werden? In der Not komme ich eben auf den Geistesraum. Wenn man schon mal einen Kosmos akzeptiert, der seine Gesetze selber intelligent konfiguriert hat und über gezielte Quantenzufälle auch Einfluss auf unser konkretes persönliches Leben nimmt, dann ist ein Geistesraum als Erlebnisgrundlage nicht weit weg.

    Aber es nützt alles nichts, die eigene Existenz ist hier ein grundlegendes Phänomen der eigenen Erfahrung. Das gilt einfach, auch wenn man (noch) keine physische Kategorie dafür findet.

    Irgendwie in der Gesamtheit des Nervensystems versteckt, und eben noch nicht entdeckt, damit kann man sich behelfen. Was jetzt aber auch Schuldscheinmaterialismus genannt werden kann. Solange wir keine Ahnung haben, wo im Gehirn wir was überhaupt suchen sollen, werden wir womöglich auch nichts finden.

    Man kann ja auch im EEG ganz gut messen, ob einer wach ist oder schläft. Derzeit extrem ungenau, aber in dieser Richtung mit sehr viel Geduld und Zeit weitersuchen, ist wenigstens ein praktikables Verfahren. Auch wenn man das Ziel derzeit gar nicht definitiv fassen kann. Vielleicht findet man es eben doch noch, sobald hier entscheidende neue Details sichtbar werden. Es wäre nicht das erste mal, dass man was Entscheidendes findet, an das man nie gedacht hat.

    Erlebniswelten würde ich zumindest allen Tieren zuschreiben, sogar Insekten. Ist das der Fall, wird man bei sehr einfachen Organismen womöglich schneller was weiterführendes finden, als bei Labormäusen oder gar beim Menschen. Wie immer das jetzt wirklich konkret funktioniert. Diese Erlebniswelt-Funktion müsste sehr grundlegend sein, wenn selbst Insekten damit arbeiten können.

  94. @ Jeckenburger

    Jetzt enttäuschen Sie mich aber.
    Sprache läuft über die Sinne ab und die Sinnenapparate sind physikalisch biochemische konkrete Detektoren und Signalgeber.
    Nur weil wir Abstraktion daraus nicht verstehen,heisst das nicht,das sie nicht da ist. Sprache ist direktes Erlebnis.

  95. @Jeckenburger:

    Sie kommen der Sache näher. Ihr Erleben gehört zu einem Bezugssystem, das physikalisch nicht beschreibbar ist. Physikalische Beschreibungen sind nur von außen, also aus der 3. Person Perspektive möglich.

    Warum wollen Sie dem Universum Intelligenz zuschreiben? Der Begriff Intelligenz würde kreiert für Eigenschaften von Menschen und Tieren. Das Universum ist tote Materie.

  96. @ Tobias Jeckenburger
    @ Mussi

    Gibt es für „Erlebnis“, „Empfindung“ eigentlich einen physikalischen Begriff?

    Genau das scheint das Problem, es könnte um eine Art „Panpsychismus“ gehen. Das bedeutet, „Empfindungen“ gäbe es (rein „gedacht“) auch außerhalb der neuronalen Systeme. Herr Jeckenburger nennt es einfach „Geisteswelt“.

    Der Begriff ist nur in sich schwer Widersprüchlich, weil es, nennen wir es das „Empfindungsphänomen“, auf vielen „Stoffen“ zwar geben, aber nicht „realisiert“ werden kann,weil es kein passendes (z.B. „neuronales Auswertesystem“) gibt.

    Meiner Meinung nach werden diese „Empfindungen“ auf flächigen Strukturen (allenfalls auch auf gekrümmten Flächen) durch besondere Neuronentriggerungen z.B sensorischer Zellen „dargestellt“.

    Die emittierte el. Signale werden weitergeleitet, synaptisch verknüpft und zu weiteren flächigen Strukturen übermittelt, wo weiter „Empfindungsaspekte“ abgebildet werden, die letztlich über mehreren Stufen zum Gesamtbewusstsein „emergieren“.

    Also z.B. ein „dummes“ Bild zusammengesetzt aus Bildpixel entsteht auf der Netzhaut, die Signale werden verknüpft mit anderen Signalen aus sensorischen Quellen, z.B. vom Trommelfell, …. dann entsteht letztlich im Bewusstsein „auf vielen verteilten Flächen“ die Information, man sehe die Oma mit ihrem Hund der den Briefträger gebissen hat, 10 Häuser, Bäume und Blätter…..

  97. @Elektroniker:

    “… Empfindungen“ gäbe es (rein „gedacht“) auch außerhalb der neuronalen Systeme …”

    Sie merken aber schon die Tautologie dieses Satzes, oder? Empfindungen enstehen in Neuronen, nirgends sonst, auch nicht im Weltall 😉
    Der Begriff wurde geprägt für die Sensibilität von Lebewesen, als deren Eigenschaft.

  98. @Mussi 07.03. 02:54

    „Sprache läuft über die Sinne ab und die Sinnenapparate sind physikalisch biochemische konkrete Detektoren und Signalgeber.“

    Die Sinnesapparate sind physikalisch konkret. Erst wenn das alles weiter verarbeitet wird, wird dann irgendwann inneres Erleben daraus. Dieses erst ist von unklarer physikalischer Natur.

    „Nur weil wir Abstraktion daraus nicht verstehen,heisst das nicht,das sie nicht da ist.“

    Ich denke, also bin ich. Diese erlebten Abstraktionen sind sogar für uns selbst unmittelbarer real als die gesamte physikalische Welt in uns und um uns.

    @Stegemann 07.03. 08:24

    „Ihr Erleben gehört zu einem Bezugssystem, das physikalisch nicht beschreibbar ist.“

    Das muss dann wohl so sein. Geistesweltliche Begrifflichkeiten wären vielleicht aber auch zu gebrauchen. In Psychologie oder Theologie kommt unser Thema dann nun auch vor. Diese Fachbereiche gibt es sogar schon länger als die moderne Hirnforschung.

    „Warum wollen Sie dem Universum Intelligenz zuschreiben?“

    Um einen Grund dafür zu haben, warum die ganze Konstruktion so gut geeignet ist, Planeten mit Leben hervorzubringen. Weil das Universum so wunderschön ist. Weil ich eine gewisse Geborgenheit vorfinde, die eine Grundlage haben muss. Weil eben die innere Erlebniswelt so ein Geistesraum sein kann, der Teil des ganzen Kosmos ist, was sich sehr gut anfühlt.

    Wenn das dann auch noch alles wirklich so ist, dann haben wir ganz andere Perspektiven. Von mir aus sogar im Sinne von Glaube, Liebe und Hoffnung.

    „Das Universum ist tote Materie.“

    Und doch gibt es Lebewesen. Und eben innere Geisteswelten. Von denen wir eben nicht wissen, wie weit die wirklich mit dem ganzen Universum verbunden sind. Entsprechend leben wir am Ende vielleicht doch in einem lebendigen Universum.

    @Elektroniker 07.03. 09:08

    „Meiner Meinung nach werden diese „Empfindungen“ auf flächigen Strukturen (allenfalls auch auf gekrümmten Flächen) durch besondere Neuronentriggerungen z.B sensorischer Zellen „dargestellt“.“

    Naja, einmal ist unsere innere Erlebniswelt eher räumlich-3-dimensional, und eine Repräsentation kann auch im Gehirn verteilt sein, sozusagen irgendwie zwischen das neuronale Gesamtgeschehen gequetscht sein.

  99. @ Jeckenburger:

    „Sie “verontologisieren” sozusagen ihre eigene Phänomenologie. Damit stellen Sie sich selbst epistemologisch/erkenntnistheoretisch auf ein sehr niedriges Niveau.“

    Ok, das Niveau ist niedrig, aber leider das einzig mögliche? Haben Sie mehr?

    Ich würde es vermeiden von der eigenen Erfahrung oder von epistemischen Unterschieden direkt auf einen zugrundliegenden ebenfalls ontologischen Unterschied zu schlussfolgern. Descartes hat z.B. aus der Tatsache dass wir einen direkten Zugang zu unserer Erfahrung haben (epistemische Tatsache) geschlossen dass die Erfahrung grundsätzlich anders als der Rest der Welt sei (Schlussfolgerung auf die Ontologie). Er hat also von einem epistemischen Unterschied auf einen zugrundliegenden ontologischen Unterschied geschlossen. Man könnte das einen epistemisch-ontologischen Fehlschluss nennen.

    Genauso gibt es Fehlschlüsse von der Phänomenologie auf die Ontologie. Jemand der schwer paranoid ist glaubt beispielsweise dass seine Frau fremdgeht obwohl sie ihm treu ist, weil er es phänomenologisch schlichtweg dauernd so erlebt. Sie beschreiben dass Sie bestimmte Erfahrung in ihrem Leben gemacht haben und schlussfolgern basierend auf diesen Erfahrungen dass es Geisteswelten gibt. Ein Psychotiker erlebt Stimmen die nicht wirklich existieren. Damit möchte ich Sie nicht als geisteskrank darstellen, aber Sie begehen doch den gleichen Fehlschluss von ihrer Phänomenologie bzw. von ihrem Erleben auf die Existenz bzw. auf das was wirklich existiert bzw. wie der Prozess ihres Nervensystems/Körpers für ihr “Bewusstsein” wirklich beschaffen ist!!!

    Damit schließen sie sich ferner selbst aus der Wissenschaft aus, denn wissenschaftliche Forschung muss zumindest intersubjektiv teil- und vermittelbar sein, egal ob sie richtig oder falsch ist.

    Der von Ihnen mehrfach angesprochene und in der Philosophie des Geistes wieder in Mode gekommene Panpsychismus ist für mich Anthropozentrismus pur. Als ob wir Lebewesen auf diesem kleinen Planeten so wichtig für das Universum wären als dass die Welt, das Universum, das Sein (wie auch immer man es nennen möchte) etwas “mentales” oder “proto-mentales” bereits in allen Grundstrukturen eingebaut haben müsste. Ich glaube wenn die Welt eine Person wäre, dann würde sie uns Menschen für solche Vorstellung auslachen. Und wenn das Gehirn zwei Augen hätte, einen Mund, und mit uns im Stuhlkreis diskutieren würde, dann würde es vor lachen vom Stuhl fallen in anbetracht dessen was ihm Philosophen alles so andichten.

    Diese Ideen haben ein grundsätzliches Problem das gleichzeitig ihr “Vorteil” ist, wenn man das überhaupt so nennen möchte: sie lassen sich weder widerlegen noch irgendwie “beweisen”. Man ist also ohnehin immunisiert irgendwie direkt widerlegt zu werden.

  100. Hallo, ihr Mitdenker,
    Um mal aus dem Jungle der Philosophie herauszukommen, hier meine Meinung.
    Was ist Bewusstsein ?
    In der Chemie bezeichnet man einen Stoff als reaktiv, wenn er mit anderen Stoffen eine chemische Verbindung eingehen kann. Sie ist weder eine thermodynamische noch eine kinetische Größe, sondern eine qualitative Bezeichnung für die Stabilität oder Reaktionsfreudigkeit einer Substanz.

    Übertragen auf die biologische Ebene heißt das, Bewusstsein ist eine qualitative Bezeichnung für die Stabilität und Reaktionsfreudigkeit eines fühlenden Organismus. Das „Fühlen“ kann man direkt als chemische Reaktion auffassen.
    Fühlen im gedanklichen Bereich nennt man empfinden, oder noch intellektueller „denken“.
    Beim Fühlen kommt der Reiz von außen, beim Denken kommt der Reiz von innen.

  101. @Philipp 07.03. 20:12

    „Descartes hat z.B. aus der Tatsache dass wir einen direkten Zugang zu unserer Erfahrung haben (epistemische Tatsache) geschlossen dass die Erfahrung grundsätzlich anders als der Rest der Welt sei (Schlussfolgerung auf die Ontologie).“

    Das würde ich sofort unterschreiben. Diese Erfahrung ist ja sogar intersubjektiv, d.h. jeder macht eben genau diese Erfahrung, dass nur er selbst seine eigene Erlebniswelt erlebt, und darüber hinaus auch nichts anderes. Wo ist hier der Fehlschluss? Das stimmt doch.

    „Jemand der schwer paranoid ist glaubt beispielsweise dass seine Frau fremdgeht obwohl sie ihm treu ist, weil er es phänomenologisch schlichtweg dauernd so erlebt.“

    Das ist ja gerade das Problem mit Psychotikern. Die können zwischen ihrem Wahn und der Wirklichkeit nicht so leicht unterscheiden, weil es eben in uns irgendwie eingebaut ist, uns auf unsere eigenen Erfahrungen zu stützen. Als Psychotiker kann man es aber lernen, sehr viel kritischer zu sein, und in gewissen Grenzen dann doch zu unterscheiden. Selbstkritisch mit den eigenen Auffassungen zu werden tut aber auch Gesunden gut. Irren tut sich jeder gerne mal.

    „Damit schließen sie sich ferner selbst aus der Wissenschaft aus, denn wissenschaftliche Forschung muss zumindest intersubjektiv teil- und vermittelbar sein, egal ob sie richtig oder falsch ist.“

    Erstmal bin ich kein Wissenschaftler, wenn auch wissenschaftlich interessiert. Intersubjektive Erfahrungen sind natürlich besser, als wenn jeder die Sache anders erlebt. Aber leider ist hier die Wirklichkeit das widerspenstige Problem. Jeder erlebt sein Leben anders, und insbesondere wenn es um spirituelle Erfahrungen geht, gibt es ein ganzes Spektrum von möglichen Erfahrungen.

    Dasselbe Problem besteht bezüglich vieler Eigenschaften, die Menschen haben. Wenn man sich etwa mit menschlichen Persönlichkeiten beschäftigt, muss man viele Persönlichkeitselemente betrachten, und man findet dann bei jedem einzelnem eine ganz eigene Ausstattung. Ohne hier die individuellen Unterschiede zu beachten, kann man das ganze Thema nicht bearbeiten.

    Bei den allgemeinen Lebenserfahrungen sieht es genauso aus. Die sind vielfältig, will man sich wirklich damit auseinandersetzen, dann muss man hier jeden Menschen auch für sich betrachten.

    „Als ob wir Lebewesen auf diesem kleinen Planeten so wichtig für das Universum wären …“

    Ich glaube, Sie unterschätzen ganz gewaltig das Leben selbst. Wir sind so wichtig, wir sind das wichtigste im ganzen Universum. Nicht nur wir Menschen, die Tiere und Pflanzen auch. Wir sind aber zusätzlich der Urheber einer Technosphäre, und die wird wahrscheinlich essentiell gebraucht, um das Leben in der ganzen Galaxis zu verbreiten.

    „…als dass die Welt, das Universum, das Sein (wie auch immer man es nennen möchte) etwas “mentales” oder “proto-mentales” bereits in allen Grundstrukturen eingebaut haben müsste.“

    Meine Vermutung ist eben, dass wir ohne diese geistigen Grundstrukturen weder Bewusstsein noch wirkliche Intelligenz und Kreativität entwickeln könnten. Und dass ohne wirkliche Erlebniswelt, gerade auch bei Tieren und wahrscheinlich sogar Pflanzen, das ganze Leben überhaupt keinen Sinn hätte.

    Das wäre vergleichbar mit einem Computerspiel ohne Schnittstelle zu einem Spieler. Das Programm könnte auch intern auf dem Rechner laufen, was allerdings vollkommen sinnlos wäre. Nur die Schnittstelle zum menschlichem Spieler macht aus einem sinnlosem Programm ein Spiel, dass Sinn macht.

    Im Prinzip erkennen Sie ja implizit an, dass ein geistloses Leben sinnlos ist, und deshalb auch das Universum keinen Anlass hat, sich explizit mit dem konkretem Leben zu beschäftigen. Bei mir haben wir ein Leben voller Geist und Eigenexistenz, die es auch wert sind, dass sich die kosmischen Geisteswelten damit ganz konkret beschäftigen.

    „Diese Ideen haben ein grundsätzliches Problem das gleichzeitig ihr “Vorteil” ist, wenn man das überhaupt so nennen möchte: sie lassen sich weder widerlegen noch irgendwie “beweisen”“

    Ich hab an anderer Stelle schon vorgeschlagen, dass es gezielte Quantenzufälle geben könnte, die unser Leben fördern und auch eine Schnittstelle zwischen Nervensystem und Geisteswelten herstellen könnten. Wenn man dieses in Aktion beobachten könnte, wären zumindest diese gezielten Quantenzufälle nachweisbar.

    Man müsste sich eine Computersimulation vornehmen, in der reichlich Zufallszahlen gebraucht werden, und dann statt der üblichen Pseudozufallszahlen richtige Zufallszahlen, z.B. aus dem Rauschen einer analogen Fernsehkarte ohne eingestellten Sender, verwenden. Wenn man hier mehrere Programmläufe mal mit den einen, mal mit den anderen Zufallszahlen macht, könnte sich ganz eindeutig zeigen, dass die richtigen Zufallszahlen zu besseren Ergebnissen fähig sind.

    Das wäre dann ein Einstieg in andere Dimensionen, auch für Leute, die derartiges selber so nicht erleben. Derweil bleibt die Individualität der eigenen Erfahrung, die in ihrer Vielfalt auch vielfältige Konzepte begründet.

  102. @Jeckenburger:

    “Ich glaube, Sie unterschätzen ganz gewaltig das Leben selbst. Wir sind so wichtig, wir sind das wichtigste im ganzen Universum.”


    Man könnte es auch eine Nummer kleiner machen, indem man ganz emotionslos davon ausgeht, dass Leben nichts weiter ist, als eine Organisationsform toter Materie. Und dieses Leben ist sensibel, um leben zu können. Und diese Sensibilität ‘spürt’ Leben eben. Fertig.
    Im übrigen ist Leben eher etwas, das sich fast schon epidemisch verbreitet. Hat es einmal einen Planeten infiziert, bleibt es dort bis zum Ende.
    Der Vorteil einer solchen Sichtweise: man braucht keine Metaphysik.
    Der Nachteil: es hilft nicht bei der Angst vor dem Tod. Da haben Tiere einer großen Vorteil, sie kennen diese Angst nicht.

  103. @Stegemann 08.03. 15:10

    „Und diese Sensibilität ‘spürt’ Leben eben. Fertig.“

    Auch eine Idee. Da kann man mit hinkommen, in der Tat. Es geht aber mehr, meine ich.

    „Im übrigen ist Leben eher etwas, das sich fast schon epidemisch verbreitet. Hat es einmal einen Planeten infiziert, bleibt es dort bis zum Ende.“

    Einmal wissen wir nicht, ob Leben überhaupt innerhalb von Jahrmillionen entstehen kann, wenn nur die entsprechenden Bedingung vorliegen. Es könnte auch nur sehr, sehr selten entstehen. Ist dies der Fall, könnten wir tausende oder sogar millionen von Exoplaneten mit einfachen Mikroben impfen, und so dem Leben tausend- und millionenfach mehr Lebensgelegenheiten bieten können.

    Dann wissen wir nicht, ob denn Leben überhaupt regelmäßig Photosynthese und Mehrzeller hervorbringt. Es kann sein, dass wir hier auf der Erde sehr viel Glück hatten, dass sich hier höheres Leben entwickelt hat. Immerhin dauerte es von der Entstehung des Lebens bis zur kambrischen Artenexplosion mehr als 3 Milliarden Jahre.

    Es wäre eventuell also durchaus sinnvoll, das Leben auf zahlreichen Exoplaneten weiter zu begleiten, und die Etablierung von höheren Lebensformen tatkräftig zu fördern. Dass wir damit auch Lebensraum für Menschen schaffen, wäre ein vielleicht wünschenswerter Nebeneffekt.

    „Der Vorteil einer solchen Sichtweise: man braucht keine Metaphysik.“

    Ist das ein Vorteil? Jedenfalls kein besonderer Aufwand. Wichtiger ist, finde ich, dass das auch stimmt, was wir uns so denken und zusammenbauen.

    „Der Nachteil: es hilft nicht bei der Angst vor dem Tod.“

    Ist das wirklich so? Haben religiöse Menschen wirklich weniger Angst vor dem Tod? Immerhin muss ein gläubiger Christ nach dem Tod vor den Richter treten, da kann man wohl auch Angst vor haben.

    „Da haben Tiere einer großen Vorteil, sie kennen diese Angst nicht.“

    Natürlich haben auch Tiere Angst vor dem Tod. Die machen sich nur generell wenig Gedanken um eine fernere Zukunft. Todesangst ist hier nur zu sehen, wenn es wirklich akut gefährlich wird.

  104. @ Jeckenburger:

    Meine Vermutung ist eben, dass wir ohne diese geistigen Grundstrukturen weder Bewusstsein noch wirkliche Intelligenz und Kreativität entwickeln könnten.

    Meine Ansicht ist, dass das, was wir erleben, der physiologische Prozess selbst ist. Die Unterscheidung zwischen “Psyche/Bewusstsein/Geist” und “Körper” nehmen wir in unserem Denken und in unserer Sprache vor, aber es gibt sie nicht wirklich; es existieren keine zwei Seiten. Deshalb gibt es für mich hier kein metaphysisches Problem.

    Ich hab an anderer Stelle schon vorgeschlagen, dass es gezielte Quantenzufälle geben könnte, die unser Leben fördern und auch eine Schnittstelle zwischen Nervensystem und Geisteswelten herstellen könnten. Wenn man dieses in Aktion beobachten könnte, wären zumindest diese gezielten Quantenzufälle nachweisbar.

    Man müsste sich eine Computersimulation vornehmen, in der reichlich Zufallszahlen gebraucht werden, und dann statt der üblichen Pseudozufallszahlen richtige Zufallszahlen, z.B. aus dem Rauschen einer analogen Fernsehkarte ohne eingestellten Sender, verwenden. Wenn man hier mehrere Programmläufe mal mit den einen, mal mit den anderen Zufallszahlen macht, könnte sich ganz eindeutig zeigen, dass die richtigen Zufallszahlen zu besseren Ergebnissen fähig sind.

    Das halte ich für viel zu abstrakt gedacht um es in der Praxis wirklich untersuchen und testen zu können. Stellen Sie sich vor Sie hätten alle wissenschaftlichen Ressourcen der Welt. Formulieren Sie eine Hypothese die Sie, als Tobias Jeckenburger, mit Ihrem Wissen und Ihren Fähigkeiten (oder Wissen und Fähigkeiten jenes Sie sich aneignen) wirklich testen könnten. D.h. mit Beobachtungen, Messungen und sich daraus ergebenden Analysen mit theoretischen Schlussfolgerungen und Fazit.

    Wenn Sie und einige Philosophen das Thema einmal so angehen müssten, davon bin ich überzeugt, dann würden sie auch anfangen anders darüber nachzudenken. Weniger abstrakt, sondern konkreter.

  105. Philip
    “Deshalb gibt es für mich hier kein metaphysisches Problem.”

    Wenn man den Weg der Menschheit verfolgt, dann ist die Entwicklung des Denkens anhand der Naturphilosophie gut zurückzuverfolgen.
    Von den 4 Elementen, Feuer, Wasser , Luft und Erde zu den 112 Elementen der modernen Chemie/Physik.
    Der Fortschritt ist als immer weitere Differenzierung entstanden.

    Sie machen es sich zu einfach, mit dem Ausspruch:” Es existieren keine zwei Seiten.” Das ist eine Annahme. Eine praktische, zugegeben.
    Geisteswelt ? Unsinn, können wir verwerfen !
    Metaphysik, Unsinn, können wir verwerfen !
    Religion, Unsinn können wir verwerfen !
    Gott, Unsinn, können wir verwerfen !

    Ok. viele denken so, es gibt auch andere, die anders denken !

  106. Gibt es für “Erleben” einen physikalischen Begriff? – Natürlich nicht, sonst würden wir ihn verwenden und der Begriff “Erleben” wäre überflüssig oder redundant. Das Problem liegt genau in dem Übergang von psychologischen zu physikalischen Begriffen. Die Existenz psychologischer Begriffe liegt in den Sinnesqualitäten und im bewussten Erleben begründet. Diese Begriffe sind summarische Symbole für die Phänomene der Wahrnehmungen, des Geistes und des Erlebens.

    Es fehlen Begriffe für die Übergänge von der Psyche zur Physik als kausale Grundlagen. Es gibt zahlreiche banale Beispiele, wo wir solche Begriffe zur Verfügung haben. Nebel ist ein bekanntes Phänomen der Natur. Wir sehen dichten Nebel, indem wir nichts sehen! Wir fühlen Nebel physisch als kalt und feucht und erleben Nebel psychisch als unheimlich, düster, ungemütlich, schaurig, furchterregend.

    Aus Erfahrung wissen wir, dass Nebel die Wahrnehmung von Dingen verhindert, die wir wahrnehmen können, wenn der Nebel verschwindet. Wir wissen inzwischen wie Nebel entsteht, indem kleinste Wassertröpfchen das Tageslicht streuen und absorbieren. Der Begriff “absorbieren” ist ein Brückenbegriff zwischen dem Erleben des Nebels und den physikalischen Ursachen. Er beschreibt einen physikalischen, komplexen Vorgang. Er ist aber nicht rein physikalisch, denn er abstrahiert von den elementaren physikalischen Vorgängen und ist daher auf verschiedene ähnliche Vorgänge anwendbar.

    Für Geist und Bewusstsein fehlen solche Brückenbegriffe, auch deshalb, weil der Dualismus noch vorherrschend ist und physikalische Erklärungen ideologisch nicht akzeptiert werden. Solche Brückenbegriffe sind typisch für kybernetische Sachverhalte wie Schalter, Filter, Schablonen, Ventile und viele mehr und sind im biologischen Organismus zuhauf vorhanden.

  107. @ Philipp

    Wenn ich mit der ein oder anderen Person über die eigene Bedingheit rede, dann merke ich recht schnell, ob diese Person sie akzeptiert oder nicht. Manchmal meine ich sogar, dass die Zurückweisung der eigenen Bedingheit ein Reflex der Abwehr des eigenen Seins ist, z.B. Verantwortung usw. . Aber so genau habe ich noch nicht raus, ob es ein Reflex ist oder doch ein willkürlicher oder bereits reflektierter Mechanismus.

  108. @Reutlinger 09.03. 12:19

    „Für Geist und Bewusstsein fehlen solche Brückenbegriffe, auch deshalb, weil der Dualismus noch vorherrschend ist und physikalische Erklärungen ideologisch nicht akzeptiert werden.“

    Sie schieben hier der Psychologie die Schuld in die Schuhe. Die kann aber nichts dafür, dass unser Gehirn so komplex ist, dass die Hirnforscher hier immer noch nur an der Oberfläche kratzen können. In der Tat fehlen hier die Brückenbegriffe, und es braucht vielleicht tatsächlich noch Jahrhunderte, bis wir hier wirklich vorwärts kommen.

    @Philipp 09.03. 05:43

    „Das halte ich für viel zu abstrakt gedacht um es in der Praxis wirklich untersuchen und testen zu können.“

    Ich habs ja selbst schon mit Computerkunst probiert. Es war nicht schwierig, hier die Zufallszahlen aus dem Quantenrauschen der Fernsehkarte einzubinden. Richtig schwierig war die künstlerische Seite. Zu schwierig, dass das als gute Kunst taugen würde, entsprechend habe ich das erst mal nicht weiter verfolgt. Und habe hier erst mal mit den Konsequenzen von echten Geisteswelten für die Philosophie bzw. Psychologie und auch Physik weiter gemacht.

    Das war 2008. Die Bilder gibt es hier zu sehen:

    http://geier-wg.de/jeckenburger/mand1/index20.php

    Allesamt mit echten Zufallszahlen, aber ohne einen Vergleichsdurchlauf mit Pseudozufallszahlen. Den könnte ich vielleicht mal nachholen, wenn meine alten Programme noch laufen.

    „Wenn Sie und einige Philosophen das Thema einmal so angehen müssten, davon bin ich überzeugt, dann würden sie auch anfangen anders darüber nachzudenken. Weniger abstrakt, sondern konkreter.“

    Nun gut, hier gibt es in der Tat noch viel Platz, Neues zu suchen und zu finden.

    „Meine Ansicht ist, dass das, was wir erleben, der physiologische Prozess selbst ist.“

    Das ist mir schlichtweg denkunmöglich. Und deswegen habe ich auch ein metaphysisches Problem, allerdings ein möglicherweise durchaus lösbares Problem. Das dann auch noch weiter führen kann.

  109. @Jeckenburger
    Das ist mir schlichtweg denkunmöglich.

    Genau da liegt der Hund begraben. Zuerst muss man sich von altem, anerzogenem, fremdbestimmtem Denken lösen, dann kann man frei, ungebunden, sachbezogen, wissenschaftlich und problemlösend denken. Versuchen Sie es, es ist gar nicht schwierig und tut nicht weh. Gerade ein naturalistisch begründetes Leben ist wundervoll genug. Den Geist an den Anfang von allem zu stellen, würde die Welt auf den Kopf stellen und ist völlig willkürlich und unplausibel.

  110. @ anton reutlinger 09.03.2023, 12:19 Uhr

    Zitat: „Es fehlen Begriffe für die Übergänge von der Psyche zur Physik als kausale Grundlagen.“

    Es fehlen vor allem Erkenntnisse im Bereich der Übergänge von der Physik zur Psyche und umgekehrt. Es ist zwar so wie Sie sagen, dass man vieles wie z.B. die „Schwerkraft“, „Empfindungen“ …. nicht wirklich versteht, aber Korrelationen, von im weitesten Sinne physikalischen Prozessen mit Eigenschaften, z.B. etwas „fällt“ zu Boden, sind nachvollziehbar.

    Es entsteht z.B. die Empfindung „Blau“ im Zusammenhang mit ganz bestimmten (letztlich physikalischen) Prozessen in den Zapfen (Auge) und deren Kopplung in das neuronale Netz, um dort durch Verknüpfungen mit anderen Signalen, letztlich einen Bildeindruck entstehen zu lasen. Diese Erkenntnisse sollten „Mathematisierbar“ sein.

    Zitat: „Der Begriff “absorbieren” ist ein Brückenbegriff …..
    Er beschreibt einen physikalischen, komplexen Vorgang. Er ist aber nicht rein physikalisch, denn er abstrahiert von den elementaren physikalischen Vorgängen und ist daher auf verschiedene ähnliche Vorgänge anwendbar.“

    Genau deswegen weil der Begriff “absorbieren” nicht physikalische „Hardware“ ist, braucht er die Kategorie „Prozess“. Der Begriff „Software“ würde noch eine 3. Kategorie, die „Information“ benötigen.

    Für Empfindungen und Bewusstsein fehlen solche Brückenbegriffe deswegen, weil physikalische Erklärungsversuche (Valenzelektronenmuster) nicht bewiesen, demnach nicht akzeptiert werden.

    Es geht darum, wie in der Hardware (in farbsensitiven Zapfen) z.B. durch „blaues Licht“ bestimmte und typische physikalische Prozesse entstehen, die als Information „Blau“, im neuronalen Netz gespeichert werden. Daran ist ersichtlich, dass der „Dualismus“ nicht reicht, er musste aus Sicht der Informatiker um „Prozesse“ erweitert werden.

    Diese „Erweiterung“ mussten die Informatiker deswegen vornehmen, weil ihnen sonst ihre Computerprogramme um die Ohren geflogen wären und nicht etwa deswegen, weil sie noch “religiöser“ als die Theologen sein wollten…..

    Dass kybernetische wie auch elektronische Sachverhalte, realisiert in den Sensoren, Neuronen (Gatter), Synapsen (Koppelungsdioden), Muskel (Motore),…. auch im biologischen Organismus zuhauf vorhanden sind, das sehe ich auch so.

  111. @ Wolfgang Stegemann 06.03.2023, 16:44 Uhr

    Zitat: „„Was ist denn Bewusstsein??? Komischer Begriff, oder? Wer hat ihn erfunden? Was sagt er aus? Wozu ist er gut?“

    „Bewusstsein“ ist ein Begriff der auf allgemein bekannte Sachverhalte verweist, wie letztlich auch andere Begriffe.

    Begriffe dienen der Kommunikation, die ist wiederum wichtig, dass z.B. Menschen ihr Verhalten koordinieren können, oder sich zum gegenseitigen Nutzen austauschen wollen um etwas (neues) zu lernen was jedem weiterhilft, weil man z.B. nicht mehr durch schlechte eigene Erfahrung „lernen“ muss, was anderen nicht erspart blieb.

    Alkohol, Drogen, Schmerz, Lust, ein Schlag gegen den Kopf, ein Sturz, Trauer, Liebe, Hunger, Nachdenken, Krankheit, Krieg, Medien, …. alles kann Einfluss auf das Bewusstsein nehmen und darüber wollen sich Menschen naheliegender Weise austauschen. Neugierige Menschen möchten eben möglichst viel, auch über das Bewusstsein wissen.

  112. @ Jeckenburger:

    Danke für Ihre Antwort und den Link zu Ihrer Homepage. Ich schaue mir das an.

    Das ist mir schlichtweg denkunmöglich. Und deswegen habe ich auch ein metaphysisches Problem, allerdings ein möglicherweise durchaus lösbares Problem. Das dann auch noch weiter führen kann.

    Volltreffer – das ist ja genau das was ich aus meiner Sicht Ihnen zuvor versucht habe deutlicher zu machen. Aber ich sehe dass wir hier niemals auf einen Nenner kommen.

    Sie wollen für Bewusstsein eine wissenschaftliche Erklärung haben, beispielsweise aus den Neurowissenschaften oder aus der Physik (oder woher auch immer), die Ihnen für die Sichtweise eines naives Alltagsverständnis des Menschen anschauulich wird. Genau das wird es aber niemals geben, genauso wie sich niemand Quantenzustände anschauulich vorstellen kann, das was in schwarzen Löchern geschieht, gekrümmte Raumzeit, etc.

    Sie gehen von zwei prinzipiell unterschiedlichen Seinsbereichen aus: a) ein neurophysiologischer Prozess und b) das Bewusstsein – Ihre innere Geisteswelt.
    Damit beginnen Sie dualistisch; Sie haben das Lebewesen bereits a priori in zwei Seiten zerschnitten. Jetzt müssen Sie notwendig nachträglich fragen: wie bekomme ich beide Seiten wieder zusammen? Sie landen also in einer metaphysischen Frage die so alt ist wie die westliche Philosophie (eine Frage jene die westliche Philosophie meiner Ansicht nach zum Großteil völlig vergurkt hat).

    Auf diese rein philosophisch und a priori konstruierte Problemstellung werden Sie von der Wissenschaft a posteriori niemals eine Antwort erhalten. Nicht weil unsere technischen Mittel unzureichend sind, auch nicht weil unser Verständnis zu begrenzt ist, sondern weil es sich um ein philosophisches Pseudoproblem handelt dass auf bestimmten rein philosophischen Prämissen beruht die ohnehin nicht beweisbar sind. Man muss erst einmal die philosophischen Prämissen teilen damit man das Problem erst als echtes Problem ansehen kann.

    Sie können eine Dynamik des Nervensystems haben bei der wir Bewusstsein verlieren, z.B. wenn die langsamen Frequenzen der Spontanaktivität ihre genaue zeitliche Taktung verlieren. Dann können Sie eine Dynamik haben bei der Bewusstsein zurückkehrt. Aber auch das Bewusstsein ist nur eine bestimmte Dynamik des neurophysiologischen Prozesses; hier entsteht nichts prinzipiell anderes. Wenn Sie davon ausgehen, also davon dass hier etwas gaaaaaaanzzzz grundsätzlich anders ist, dann sind Sie sofort wieder im alten Dualismus drin.

  113. Man kann eine psychologische Erklärung für diesen Dualismus finden. Die Tatsache, dass wir über uns selbst nachdenken können, lässt in unserer Anschauung ein ICH und ein MICH entstehen. Wenn man das dann ‘ontologisiert’, zementiert man diesen Eindruck in Form eines Dualismus.

  114. @ Philipp 09.03.2023, 21:39 Uhr

    Soweit ich Sie verstehe, sehen Sie den Dualismus als grundsätzlich falsch und vermutlich den auch noch um den „Prozess“ erweiterten „Trialismus“ (Prozessor – Prozess – Information), sozusagen als „noch falscher“.

    Dieses Konzept ist heute absolut grundlegend in der Informatik und extrem erfolgreich. Ich bin jedenfalls blitzartig vom „materialistischen Glauben“ abgefallen, als ich dieses Konzept um 1970 als „junger Elektroniker“ verstanden habe. („Alte Elektroniker“ sind übrigens damals “standhaft” geblieben!)

    Mich würde jedenfalls interessieren, wie Sie heute gegen dieses Konzept argumentieren?

  115. @ Elektroniker

    Sie finden den Den Trialismus auch als Analyseinstrument z.B. in der Soziologie und Politologie als ‘Person-Projekt-Prozess’.
    Grundlegend ist er schon.
    Ich habe aber den Eindruck,dass auch Sie nach dem Urgrund suchen.
    Mir aber macht es mehr den Eindruck,dass die Welt sich aus einer Ansammlung von Prinzipien zusammen setzt.

  116. @Elektroniker:

    Der philosophische Begriff Dualismus bedeutet nicht, dass eine Sache aus zwei oder mehreren Komponenten besteht, sondern dass aus einer (fälschlicherweise) zwei gemacht werden. Man ist gezwungen, neben dem Körper eine weitere Entität einzuführen, für die es keinerlei ontologischen Beweis gibt. das bedeutet nicht, dass man einen Organismus nicht unter dem Blickpunkt des ‘Geistes’, der Information u.v.a. betrachten könnte.
    Ich hoffe, Sie verstehen den Unterschied.

  117. @ Elektroniker

    Grundlegend falsch ist auch der Dualismus nicht, da wir ihm im z.B. Dialog wiederfinden. Und Dialog gehört zu aus meiner Sicht zumindest zum Prozessor und zum Prozess.
    Was sagt den Ihre innere Stimme, Engelchen und Teufelchen, wenn sie mit dem Zweifel ringen?

  118. Zur Dialektik gehört der Dialog. Den “inneren Dialog” bezeichnen wir als Denken.
    Dabei wird mit Wörtern gespielt bis sie zusammenpassen.
    Das macht auch die ChatGPT. Die fügt gleich ganze Sätze zusammen.

    Und wenn wir einen guten Ttag haben, dann konstruiren wir einen neuen Begriff, der die Widersprüche in der Logik aufhebt.

    Mussi, Engel und Teufel aus deinem Mund, wo bleibt die Synthese ?

  119. @fauv

    Hegel hat das Problem gelöst, in dem er in die nächst höhere Ebene gegangen ist; dem folge ich: gut und/oder böse = Leben

  120. @Elektroniker:
    Noch kurz zum Materialismus: Alles, was ohne Menschen existiert oder was existiert, auch wenn es keine Menschen mehr gibt, ist materialistisch. Alles andere sind Bedeutungen, Beschreibungen, Begriffe. Dazu gehören auch Information, Geist etc.pp.
    Der Mensch neigt aber dazu, Begriffe oder Bedeutungen zu materialisieren, ihnen also den Status von Entitäten zuzusprechen oder, wie Philipp es schön ausgedrückt hat, sie zu verontologisieren. Es gibt keine Information als Ding, wenn es keine Menschen mehr gibt, gibt es Information auch nicht mehr als Bedeutung. So verhält es sich auch mit ‘Geist’.

  121. @ Stegemann – Menschenbezug

    Das ist schlicht weg falsch. Oder sind sie zynisch?

  122. Mussi,
    endlich einer, der Hegel erwähnt.
    Mit Dialektik lassen sich die Probleme der gegenwärtigen Politik beschreiben und Lösungen finden.
    Der Herr Stegemann ist ein astreiner Materialist.
    Was nicht aus Stein ist, das gibt es nicht.

    Herr Stegemann, hören Sie sich das Rauschen des Windes an, wenn die Telegrafendrähte ein Lied singen, manche behaupten sogar, die Planeten erzeugen bei ihrer Umkreisung um die Sonne Sphärenklänge.
    Gedanken können auch schön sein, es gibt Schachpartien bei denen die Haare anfangen zu brennen, das ist die Poesie der Logik.

    Es gibt eine Geisteswelt unabhängik von Zeit und Raum.

  123. @ Philipp 09.03.2023, 21:39 Uhr

    Zitat: „Sie können eine Dynamik des Nervensystems haben bei der wir Bewusstsein verlieren, z.B. wenn die langsamen Frequenzen der Spontanaktivität ihre genaue zeitliche Taktung verlieren.“

    Wenn Sie das was Sie da behaupten (Bewusstsein verschwindet, wenn der zeitliche Zusammenhang der Signale verschwindet) und das auch noch wissenschaftlich korrekt beweisen können, so ist dass eine Sensation.

    Zumindest für alle, die im Dunstkreis der Neurologen behaupten, dass es so etwas wie ein Hirnkino, Hirnradar, Mattscheiben, Bildschirme,…. geben müsse. Derartige „flache Strukturen“ bewirken eine „Anzeige“ der örtlich und zeitlich zusammengehörigen (Information abbildenden ) Signale. Ist z.B. der zeitliche Zusammenhang gestört, muss demnach das Bewusstsein verschwinden.

    Kann man sich gut vorstellen, wenn man annimmt, dass auf einem Bildschirm viele Bildpixel unterschiedliche „Verspätung“ haben. Letztlich bekämen Sie auf dem Bildschirm ein „sinnloses“ Rauschen.

    Allerdings ist nur die Netzhaut ein „fast richtiger optischer Bildschirm“. Die anderen „Bildschirme“ kann man sich als so etwas wie „QR Code“ Abbildungen, die an flache Schichten Information „abbilden“, vorstellen.

    Die weißen Muster wären z.B. gleichzeitig triggernde Neuronen an einer flachen (allenfalls gekrümmten „Ebene“), die schwarzen Muster nicht triggernde Neuronen. Die Signale werden weiter geführt und selektiv ausgewertet, sensorische Elemente generieren bestimmte Empfindungen bzw. Gefühle, durch welche physikalischen Mechanismen auch immer.

    Man wird das „Empfindungsphänomen“ kaum verstehen, wie man die „Schwerkraft“ nicht wirklich versteht, aber es sollte reichen, wenn man die physikalischen (allenfalls auch quantenphysikalischen) Prozesse „Mathematisieren“ und ausreichend „Korrelationen“ mit Empfindungen/Gefühlen finden kann.

  124. @ Wolfgang Stegemann 10.03.2023, 10:19 Uhr

    Zitat: „Noch kurz zum Materialismus: Alles, was ohne Menschen existiert oder was existiert, auch wenn es keine Menschen mehr gibt, ist materialistisch. Alles andere sind Bedeutungen, Beschreibungen, Begriffe. Dazu gehören auch Information, Geist etc.pp.“

    „Information“ hat auch Prozesse steuernde Wirkung. Bedeutet, sie existiert (z.B. auf „Genen“) mindestens solange es noch einen „Grashalm“ gibt. Vermutlich existiert auch in Stein gehauene Information länger als der letzte Mensch. Ein Wesen oder ein Roboter von einem anderen „Stern“ könnte sich Gedanken machen, was die Zeichen im Stein bedeuten?

    Zitat: „Der Mensch neigt aber dazu, Begriffe oder Bedeutungen zu materialisieren, ihnen also den Status von Entitäten zuzusprechen oder, wie Philipp es schön ausgedrückt hat, sie zu verontologisieren. Es gibt keine Information als Ding, wenn es keine Menschen mehr gibt, gibt es Information auch nicht mehr als Bedeutung. So verhält es sich auch mit ‘Geist’.“

    Die Informatiker materialisieren „Information“ nicht, sie ist auch kein materielles Ding, sie ist ein ausdrücklich nicht materielles „geistiges Objekt“, eine eigene Kategorie eben, die existiert.

    Information kann fast beliebig von Materie zu Materie „wandern“ und auf einem neuen Träger den alten Träger „überleben“….

  125. @Reutlinger 09.03. 14:11

    „Gerade ein naturalistisch begründetes Leben ist wundervoll genug.“

    Sicher besser, als jede Woche in die Kirche zu gehen, auf Sex außerhalb der Ehe zu verzichten und dann am Ende dafür auch noch aufs jüngste Gericht warten zu müssen.

    Ich bin kein religiöser Mensch, muss aber den Religionen durchaus zugestehen, dass sie letztlich natürlich auch auf realer Geisteserfahrung aufbauen. Bei aller Zweifelhaftigkeit bleibt m.E. durchaus noch was von den Religionen übrig.

    „Den Geist an den Anfang von allem zu stellen, würde die Welt auf den Kopf stellen und ist völlig willkürlich und unplausibel.“

    @Johannes 1, 1 – 18

    „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang
    war es bei Gott…“

    Hier haben sich halt Geisteswesen die Naturgesetze konfiguriert, und dann den Urknall initiiert.

    „…Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was
    geworden ist….“

    Und diese Naturgesetze gelten eben ganz grundlegend. So wie sie sind, nicht so wie der Mensch meint, wie sie wären.

    „…In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen.“

    Das Licht der Menschen ist entsprechend der Geistesraum, in den die physiologischen Korrelate des Bewusstsein abgebildet werden.

    Wenn man Geisteswelten und Geisteswirkungen in der Wirklichkeit erlebt, ist das nicht mehr willkürlich, da weiter drüber nachzudenken.

    @Philipp 09.03. 21:39

    „Sie wollen für Bewusstsein eine wissenschaftliche Erklärung haben,….die Ihnen für die Sichtweise eines naives Alltagsverständnis des Menschen anschauulich wird.“

    Klar wünsche ich mir das. Ich will verstehen, wenn es irgend möglich ist.

    „Genau das wird es aber niemals geben, genauso wie sich niemand Quantenzustände anschauulich vorstellen kann, das was in schwarzen Löchern geschieht, gekrümmte Raumzeit, etc.“

    Nur weil es in der Physik gute Theorien gibt, die nicht so leicht verständlich sind, heißt das doch nicht, dass wir es jetzt aufgeben sollen, überhaupt noch nach verständlichen Erklärungen für die ganzen Einzelheiten dieses Universums zu suchen. Auch die komplizierten Theorien, die hier so unanschaulich sind, sind letztlich das Ergebnis menschlicher Verstehens-Prozesse.

    „Aber ich sehe dass wir hier niemals auf einen Nenner kommen.“

    Verschiedene Erfahrungen erfordern eben verschiedene Konzepte. Wieso meinen Sie und viele naturalistisch Orientierte, dass es nur ein Konzept geben kann? Gerade der Mensch ist doch begrenzt, zu begrenzt, dass hier jeder alle Erfahrung machen kann. Deshalb brauchen wir eben den lebenspraktischen Pluralismus unbedingt.

    Die Religionsfreiheit ist entsprechend im Grundgesetz verankert. Auf der einen Seite fände ich es nicht unsympathisch, wenn man die katholische Kirche wegen Verfassungsfeindlichkeit verbieten würde. Aber der Unfrieden, der dabei herauskommen würde, wäre m.E. sehr viel schwerwiegender als die Mängel der katholischen Kirche. Sollen die Gläubigen aus der Kirche austreten, letztlich sind sie es, die hier die Leidtragenden sind.

    „Man muss erst einmal die philosophischen Prämissen teilen damit man das Problem erst als echtes Problem ansehen kann.“

    So ist das dann wohl.

    „Wenn Sie davon ausgehen, also davon dass hier etwas gaaaaaaanzzzz grundsätzlich anders ist, dann sind Sie sofort wieder im alten Dualismus drin.“

    Was soll ich machen. Manche Ideen sind uralt, und doch attraktiv. Aber bitte nicht verwechseln mit anderen Dualismen, etwa zwischen gut und böse, Verschwörern und Unterdrückten, Intoleranz gegenüber Andersdenkenden.

    „Aber auch das Bewusstsein ist nur eine bestimmte Dynamik des neurophysiologischen Prozesses; hier entsteht nichts prinzipiell anderes.“

    Warum hier denn überhaupt vorgreifen? Sobald wir diesen neurophysiologischen Prozess wirklich identifiziert haben, müssten dann doch die offenen Fragen beantwortbar sein. Auch wenn das noch Jahrzehnte oder länger dauert. Sie dürfen auch gerne innerhalb ihrer Arbeitshypothese hier an der Forschung mitwirken. Ich nehme für mich aber meine Arbeitshypothese.

  126. @Elektroniker:

    “„Information“ hat auch Prozesse steuernde Wirkung. Bedeutet, sie existiert (z.B. auf „Genen“) mindestens solange es noch einen „Grashalm“ gibt. Vermutlich existiert auch in Stein gehauene Information länger als der letzte Mensch. Ein Wesen oder ein Roboter von einem anderen „Stern“ könnte sich Gedanken machen, was die Zeichen im Stein bedeuten?”


    Es gibt keine Information, wenn nicht wir sie als solche titulieren. Der Natur ist es völlig egal, ob wir Pflanzenwachstum als informationsgesteuert sehen oder nicht.
    Information existiert nicht, auch nicht immateriell. Ebensowenig existiert irgendein Geist, weder materiell noch immateriell.

    Bei diesen Begriffen nhandelt es sich um gesellschaftliche Konventionen, mit denen wir versuchen, die Welt zu beschreiben. Verwechseln Sie nicht den Begriff mit der Realität.

  127. @ Wolfgang Stegemann 10.03.2023, 15:32 Uhr

    Zitat: „Information existiert nicht, auch nicht immateriell. Ebensowenig existiert irgendein Geist, weder materiell noch immateriell.“

    Wenn Information nicht existiert, würde Sie konsequent so weit gehen, es als illegal zu bewerten, wenn jemand z.B. Computersoftware für ein Unternehmen verkauft? Wesentlich teurer, als der Wert des Trägermediums?

    Mit dem Argument, es wäre typisch „Betrug“, wenn man etwas verkaufen will, was nicht existiert?

  128. @Elektroniker:
    Das Thema war Materialismus. Leider machen Sie sich nicht die geringste Mühe, die Argumente zu verstehen.
    Ich hatte gesagt, dass Information nur entsteht, weil es Menschen gibt. Information ist kein Ding an sich, das unabhängig von Menschen existiert. Es gibt keine Information, die durchs Weltall schwirrt. Ich beende die Diskussion hier lieber.

  129. „Ich hatte gesagt, dass Information nur entsteht, weil es Menschen gibt. Information ist kein Ding an sich, das unabhängig von Menschen existiert. Es gibt keine Information, die durchs Weltall schwirrt.“

    In der IT braucht man schon den Menschen, ist aber erstmal ein Computer da und ein entsprechender Softwarefundus, dann können auch Maschinen neue Software schreiben, die dann eben läuft und damit wirksam ist. Man braucht hier den Menschen nicht mehr.

    Genauso wenig braucht unsere DNA-Erbinformation keine betrachtenden und klassifizierenden Menschen. Sobald DNA in einer passenden Zellchemie integriert ist, wird sie wirksam und bringt alles Leben hervor, das wir kennen.

    Und auch das SETI-Projekt sucht nach Informationen, die uns eventuelle Außerirdische senden könnten. Hierfür braucht es zwar die entsprechend großen Radioschüsseln, und man muss gezielt in den gewonnen Daten nach den gesuchten Botschaften suchen. Und man weiß hier sogar, wonach man wirklich suchen muss, wie man Botschaften von anderem Material unterscheiden kann, dass eben nur Rauschen oder Artefakte aus menschlichen Quellen sind.

    Immerhin hätten wir aber eine Kommunikation zwischen eben Außerirdischen und uns selbst. Eben aufgrund von Informationen, die tatsächlich durchs Weltall schwirren.

    Auch können Satelliten mittels Digitalkameras Bilder aufnehmen, die dann in entsprechenden Rechenzentren automatisch in z.B. Wettersimulationen verarbeitet werden. Kein Mensch muss hier mehr die übertragenden Daten sichten, wenn einmal alles eingerichtet ist, wirkt die Information ganz von selber genau so, wie wir es haben wollen.

    Ich verstehe den Sinn nicht, wieso es ohne Menschen keine Information geben soll.

  130. @ Stegemann

    Im Nachbar-blog geht es um’s erfinden und entdecken von Information und rätseln.

  131. @ Jeckenburger:

    Verschiedene Erfahrungen erfordern eben verschiedene Konzepte. Wieso meinen Sie und viele naturalistisch Orientierte, dass es nur ein Konzept geben kann? Gerade der Mensch ist doch begrenzt, zu begrenzt, dass hier jeder alle Erfahrung machen kann. Deshalb brauchen wir eben den lebenspraktischen Pluralismus unbedingt.

    Sie haben keine Evidenz dafür in der Hand dass es eine zweite Seite (eine “geistige Innenwelt”) neben neurophysiologischen Prozessen gibt. Diese Sichtweise, ihr konzeptuelles Problem, zeigt doch sofort dass Sie dualistisch denken. Für Sie ist es einfach unvorstellbar dass das was Sie erleben, also z.B. Ihre visuelle Wahrnehmung, eben kein “Geist” oder “Bewusstsein” ist, sondern der physiologische Prozess selbst, ohne zweite Seite! Das hat die Natur so eingerichtet und das hat bis zum Menschen Milliarden von Jahren gedauert.

    Wenn Sie das einmal verstanden haben löst sich das metaphysische Leib-Seele Problem in Luft aus.

    Was natürlich bleibt ist die wissenschaftliche Erklärung: hierbei geht es darum zu erforschen wie man physiologische Prozesse und ihre Interaktion mit Umweltstimuli analysieren und die Ergebnisse in Modelle und Theorien packen kann. Während dieser Forschung ergeben sich dann natürlich auch immer neue Fragen.

    Die Frage bzw. das Problem um das Sie sich drehen berührt das “echte” Problem nicht einmal. Was Sie haben ist ein rein konzeptuelles oder logisches Verständnisproblem. Selbst wenn die Neurowissenschaften das Gehirn bis ins letzte analysiert hätten wäre Ihr Problem damit nicht gelöst.

  132. @ Elektroniker:

    Zitat: „Sie können eine Dynamik des Nervensystems haben bei der wir Bewusstsein verlieren, z.B. wenn die langsamen Frequenzen der Spontanaktivität ihre genaue zeitliche Taktung verlieren.“

    Wenn Sie das was Sie da behaupten (Bewusstsein verschwindet, wenn der zeitliche Zusammenhang der Signale verschwindet) und das auch noch wissenschaftlich korrekt beweisen können, so ist dass eine Sensation.

    Das ist keine Sensation, das haben Leute schon vor ~8 Jahren gezeigt. Ich habe es jetzt in einer eigenen fMRI Studie mit anderen Analysen gezeigt (die Details hier zu erklären wäre zu viel).

    Schauen Sie mal in die Neuroimaging Literatur…
    Dass man bestimmte Dynamiken des Gehirns via verschiedener Messverfahren analysieren kann und diese Dynamiken systematisch zwischen dem Verlust des Bewusstseins vs. Bewusstsein abhängen ist ja alt und nicht neu.

    Ich sehe das Problem in den kognitiven Neurowissenschaften heute ähnlich wie in der Philosophie des Geistes: man denkt völlig mechanistisch, deshalb kann man sich nicht mehr vorstellen dass ein physiologischer Prozess “bewusst” sein kann (siehe Thema oben).

  133. @ Jeckenburger:

    Ich möchte Ihnen zwei Fragen stellen und Ihre Antworten hierzu interessieren mich.

    1. Was ist Bewusstsein oder “Geist” für Sie? Sagen Sie aber bitte nicht denken, fühlen, erinnern, oder gar “Information”. Das wäre alles tautologisch. Es geht nicht darum wie es sich beispielsweise mit psychologischen Begriffen konzeptualisieren lässt, sondern darum was es ontologisch sein soll und nicht wie es funktioniert.

    2. Was müsste eine empirische Wissenschaft zeigen (natürlich in Verbindung mit einer Theorie) dass Sie Ihre Hypothese von “zwei Seiten” aufgeben? Ich denke es ist klar dass man wissenschaftlich Ihre Hypothese nicht direkt widerlegen kann, genauso wie man Gott nicht widerlegen kann. Aber ab wann würden Sie Ihre Idee aufgeben?

    PS: auf Punkt 1 habe ich bisher noch nie eine für mich plausible Antwort von Menschen erhalten die wie Sie oder ähnlich wie Sie denken. Man verheddert sich dann irgendwie doch wieder in Sätze die letztendlich nur sagen “Bewusstsein ist halt Bewusstsein; oder Qualia sind halt Qualia”. Mir kommt das manchmal so vor als stünde hier die Erwartung dass man Qualia mit Qualia selbst erklären muss (was sinnlos und leer wäre), da man alle anderen Erklärungen (z.B. neurophysiologische) direkt als non-sense mit der Behauptung verwirft “sie würden nichts erklären”.

  134. Ich denke, dfas Problem liegt in einer ständigen post-hoc Argumentation: Man hat eine Qualia, ein Bewusstsein und versucht nun, dieses logisch zu erklären. Wie wäre es, das Pferd von der anderen Seite her aufzuzäumen und zu fragen, wie ist es dazu gekommen, dass biologische Wesen Bewusstsein entwickelt haben.

    Diese post-hoc Argumentationen sind weit verbreitet und führen zu allerlei möglichen und unmöglichen Analogien, weil bei einer rein logischen Argumentation das post-hoc Produkt als gesetzt gesehen wird. Bewusstsein als Ausgangspunkt einer Argumentation zu nehmen, ist falsch.

  135. Interessanterweise wird diese Trennung zwischen Physiologie und Bewusstsein nicht (oder heutzutage nur von wenigen Personen) für das Leben selbst übernommen. Keiner spannt eine künstliche Dichotomoie zwischen physiologischen Prozessen des Körpers vom Leben auf.

    Oder anders formuliert: man stellt Leben nicht “neben” den Organismus um dann nachträglich zu fragen wie Leben mit dem Organismus zusammenhängt.

    Beim Thema Bewusstsein ist dann alles auf einmal ganz anders…

  136. @Philipp 12.03. 10:21

    „1. Was ist Bewusstsein oder “Geist” für Sie?“

    Ich sehe hier allgemeine Geistesräume, von denen unser Bewusstsein ein Teil von ist. Unser persönlicher Geistesraum enthält im wesentlichen eine Abbildung vom physiologischem Korrelat, dass wir im Gehirn finden können. Darüber hinaus existiert noch eine gewisse direkte Abbildung der Außenwelt, die mitspielt, allerdings eher nur am Rande.

    Damit sich das Gehirn mit dieser Art von Bewusstsein synchronisieren kann, brauchen wir gezielte Quanteneffekte, die die Hirntätigkeit entsprechend so anpassen, dass hier was Konsistentes herauskommt. Und z.B. dass unser Erinnerungsvermögen auch mitkommt, und die teils geistigen Effekte dann auch im Gehirn die nötigen Spuren hinterlassen.

    „2. Was müsste eine empirische Wissenschaft zeigen (natürlich in Verbindung mit einer Theorie) dass Sie Ihre Hypothese von “zwei Seiten” aufgeben?“

    Da habe ich tatsächlich auch eine Idee für. Was wir dafür bräuchten, das wäre eine Komplettsimulation des gesamten Gehirns. Wenn wir dieses auf einem Computer zum Laufen bekommen würden, ohne dass man den gezielten Quantenzufall auch implementiert, dann müsste ich ernsthaft darüber nachdenken, dass das Gehirn offenbar doch sein Bewusstsein alleine hinbekommt.

    Ich würde jetzt genau dieses Simulationsexperiment allerdings so ausführen, dass hier alle enthaltenen Zufallsprozesse mal in mathematische Pseudozufallszahlen und mal in echten Zufallszahlen, die auf Quantenzufall beruhen, ausgeführt werden. Wenn meine Theorie stimmt, dann kann die Simulation nur „aufwachen“, wenn man die echten Zufallszahlen einschaltet. Sobald man sie wieder abschaltet, und die Simulation auf Pseudozufallszahlen laufen lässt, müsste die Simulation das Bewusstsein wieder verlieren.

    Wenn dieses Experiment nicht in dieser Deutlichkeit läuft, und sich je nach Zufallszahlenart nur kleinere Unterschiede zeigen, wäre meine Theorie zumindest so substanzlos, das ich mich dann doch mit der Möglichkeit anfreunden müsste, dass unser Gehirn die Sache eben tatsächlich selber hinbekommt.

    Wenn sich je nach Zufallszahlenart überhaupt keine Unterschiede zeigen, könnte ich meine Idee sogar komplett vergessen.

    Natürlich ist jetzt eine Komplettsimulation eines menschlichen Gehirn Jahrhunderte weit weg. Aber ich würde hier durchaus bei ganz primitiven Tieren auch mal auf die Suche gehen. Wenn wir irgendeinen Wurm mit ein paar tausend Nervenzellen hätten, und wir das alles haarklein einscannen und dann auf Computern simulieren könnten, dann würde ich hier unbedingt gerne den Test mit den verschiedenen Arten von Zufallszahlen machen.

    Finden wir hier Effekte, oder gar keine Effekte, das wäre beides wirkliche Evidenz.

    Ich bin auch nicht wunschlos glücklich damit, dass ich meine spirituellen Erfahrungen nicht mit jedem teilen kann, weil die Menschen einfach teils auch grundverschiedene Erfahrungen machen. Mehr Evidenz fände ich hier auch gut. Aber die Wirklichkeit ist öfter widerspenstig, da können wir nichts dran ändern. Wir müssen mit dem arbeiten, was da ist, und dazu gehören nun mal auch die eigenen Erfahrungen, und ihre Verschiedenheit.

    „…da man alle anderen Erklärungen (z.B. neurophysiologische) direkt als non-sense mit der Behauptung verwirft “sie würden nichts erklären”.“

    Wenn neurophysiologische Details wenig erklären, dann kann nun mal der Laie da auch nichts für. Ich erwarte hier gerne mehr, als das, was wir bisher haben. Wer das Gehirn erforschen will, der hat sich was vorgenommen, und muss dann auch liefern.

    @Stegemann 12.03. 11:07

    „Wie wäre es, das Pferd von der anderen Seite her aufzuzäumen und zu fragen, wie ist es dazu gekommen, dass biologische Wesen Bewusstsein entwickelt haben.“

    Gute Idee. Bei primitiven Tieren mal gucken, könnte praktikabel und auch hilfreich sein.

    @Philipp 12.03. 14:35

    „Beim Thema Bewusstsein ist dann alles auf einmal ganz anders…“

    Da kommen dann eben die Lebenserfahrungen der 8 Milliarden Menschen ins Spiel.

  137. @Jeckenburger:

    “„Wie wäre es, das Pferd von der anderen Seite her aufzuzäumen und zu fragen, wie ist es dazu gekommen, dass biologische Wesen Bewusstsein entwickelt haben.“

    Gute Idee. Bei primitiven Tieren mal gucken, könnte praktikabel und auch hilfreich sein.”

    Warum denn nur bei primitiven Tieren?? Halten Sie den Menschen für so etwas besonderes, dass er biologisch aus dem Tierreich herausragt? Achso, der Mensch ist natürlich Biologie plus Bewusstsein. Aber was hat das mit Naturwissenschaft zu tun?

  138. @Stegemann 12.03. 15:21

    „Warum denn nur bei primitiven Tieren??“

    Nicht nur, aber da mal anfangen, und sich zu höheren Tieren vorarbeiten. Weil das menschliche Gehirn noch lange eine Nummer zu groß ist, um es verstehen zu können.

    „Halten Sie den Menschen für so etwas besonderes, dass er biologisch aus dem Tierreich herausragt?“

    Selbstverständlich ragt der Mensch aus dem Tierreich heraus. Nicht mal Delfine haben eine Wissenschaft.

    „Achso, der Mensch ist natürlich Biologie plus Bewusstsein.“

    Bei mir nicht. Auch Tiere haben schon Bewusstsein, wir aber sehr viel mehr davon. Insbesondere, indem wir uns gedanklich austauschen können. Das führt weiter. Und baut Kulturgut auf.

    „Aber was hat das mit Naturwissenschaft zu tun?“

    Naturalismus und Naturwissenschaft sind nicht dasselbe.

  139. @ Philipp 12.03.2023, 10:21 Uhr

    Ich möchte mich gerne an der Beantwortung Ihrer Fragen beteiligen.

    Zitat: „Ich möchte Ihnen zwei Fragen stellen und Ihre Antworten hierzu interessieren mich.

    1. Was ist Bewusstsein oder “Geist” für Sie? Sagen Sie aber bitte nicht denken, fühlen, erinnern, oder gar “Information”. Das wäre alles tautologisch. Es geht nicht darum wie es sich beispielsweise mit psychologischen Begriffen konzeptualisieren lässt, sondern darum was es ontologisch sein soll und nicht wie es funktioniert.

    2. Was müsste eine empirische Wissenschaft zeigen (natürlich in Verbindung mit einer Theorie) dass Sie Ihre Hypothese von “zwei Seiten” aufgeben? Ich denke es ist klar dass man wissenschaftlich Ihre Hypothese nicht direkt widerlegen kann, genauso wie man Gott nicht widerlegen kann. Aber ab wann würden Sie Ihre Idee aufgeben?“

    Zu 1. Ich möchte versuchen aus Sicht der Informatik zu antworten.

    In diesem Sinne ist „Bewusstsein“ ein „Objekt“, wie die Software „Word“, „Excel ein Softwarekonstrukt in einem Computerprogramm, oder wie ein Steinhaufen, ein Haus, ein Baum, ein Produktionsprozess, ein Geldschein.

    Diese „Objekte“ tragen stets einen „Bezeichner“, außerdem gelten noch andere „Formalismen“…..

    „Bezeichner“ sind wichtig, um Objekte „referenzieren“ zu können. Ist letztlich der Grund dass Menschen gleich nach der Geburt einen „Namen“ erhalten. Sogar Haustiere bekommen „Namen“ zugewiesen.

    Im Zusammenhang mit „Bewusstsein“ ist allgemein weitgehend bekannt was gemeint ist, es besteht eine gewisse „Selbstreferentialität“, die übrigens in der Informatik gerne genutzt wird, weil es sozusagen „selbst redende“ und „aussagekräftige“ Bezeichner sind.

    Bemerkenswert am „Bewusstsein“ ist nicht der es „realisierende Zellhaufen“ im neuronalen System, sondern die dahinterstehenden „Prozesse“. Da sollte die besondere „Ontologie der Informatiker“, die eine „etwas andere Ontologie“ als die der Philosophen ist, zur „Anwendung“ kommen.

    Zu 2. Bei den „zwei Seiten“ geht es um das Konzept: „Realität“ und „Abbild“.
    Das ist Grundlage der Elektronik/Informatik. Bitte „googeln“!

    Davon habe ich in meinem Berufsleben hauptsächlich gelebt. Auch wenn Hardcore Materialisten früher meine „Zunft“ für eine „Betrügerbande“ gehalten haben, weil sie etwas verkaufen (Software, IT Dienstleitungen) was es absolut unmöglich geben kann …..

    Ich kann mich nicht von einem Konzept „verabschieden“, worauf letztlich die “Kunden“ ganz „wild“ waren.

    Wenn das „Empfindungsphänomen“ physikalisch „Mathematisiert“ werden kann und auch noch halbwegs sichere Korrelationen gefunden werden können, wie bei anderen Phänomenen auch (z.B. Schwerkraft), ist aus technischer Sicht auch das „Bewusstsein“ zu erklären, so wie Flugzeuge oder Raketen zu erklären sind….

  140. @Elektroniker:

    Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, das Bewusstsein ist ohne Gehirn nicht möglich. Wenn man also das Gehirn entfernen würde – und zwar vollständig – gäbe es auch kein Bewusstsein mehr.
    Daraus folgt, dass Bewusstsein eine Eigenschaft des Gehirns ist. Und daraus folgt wiederum, dass Bewusstsein kein Objekt sein kann, denn es kann etwas nicht gleichzeitig Eigenschaft und Objekt sein.
    Bewusstsein kann somit kein Abbild sein, wie etwa ein Foto, das mit einer Kamera gemacht wurde, denn das existiert, wenn es einmal gemacht wurde, unabhängig von der Kamera.
    Ergo: Ihr Dualismus ist falsch.

  141. @Stegemann 13.03. 12:19

    „Bewusstsein kann somit kein Abbild sein, wie etwa ein Foto, das mit einer Kamera gemacht wurde, denn das existiert, wenn es einmal gemacht wurde, unabhängig von der Kamera.“

    Bewusstsein würde ich dann eher mit einem Programm vergleichen, nicht mit einem Foto. Dieses Bewusstsein läuft auf dem Gehirn wie ein Programm auf einem Computer. Und auch nicht ohne eine physikalische und soziale Umgebung.

    Und vielleicht braucht es darüber hinaus auch eine geistige Umgebung, dann haben wir einen Panpsychismus.

    „Und daraus folgt wiederum, dass Bewusstsein kein Objekt sein kann, denn es kann etwas nicht gleichzeitig Eigenschaft und Objekt sein.“

    Computerprogramme sind auch Eigenschaften und Objekte zugleich. Ein Linuxrechner hat seine eigenen Eigenschaften, und doch gibt es das Linux als Objekt auf DVD.

    „Wenn man also das Gehirn entfernen würde – und zwar vollständig – gäbe es auch kein Bewusstsein mehr.“

    Keine Frage. Wenn ich den Computer zerstöre, laufen auch die Programme nicht mehr.

  142. @Jeckenburger:
    Ihre Argumentation ist schief. Man kann Bewusstsein nicht mit einem Programm vergleichen. Ein Programm ist ein Objekt, Bewusstsein ist eine Eigenschaft. Sie sehen, das funktioniert nicht. Verabschieden Sie sich von der Software-Analogie.
    Sie drehen sich im Kreis.

  143. @Stegemann 13.03. 13:41

    „Verabschieden Sie sich von der Software-Analogie.“

    Computersoftware und Neuronenverschaltungen sind dennoch vergleichbar, indem Sie ähnliche Probleme mit ähnlichen Strukturen zu lösen zu versuchen.

    https://www.spektrum.de/news/hirnforschung-die-erste-karte-eines-insektengehirns-ist-komplett/2119242

    Hier heißt es:

    »Es ist interessant, dass sich die Informatik dem annähert, was die Evolution entdeckt hat«,

    Geht doch endlich vorwärts, dass hier wirklich die Wirklichkeit von neuronalen Systemen untersucht wird. Mit „das müsste so sein“ findet man nicht so viel.

  144. @Jeckenburger:

    “Computersoftware und Neuronenverschaltungen sind dennoch vergleichbar, indem Sie ähnliche Probleme mit ähnlichen Strukturen zu lösen zu versuchen.”


    Ihr Argument hat mit dem Artikel nichts zu tun. Ich hatte doch oben darauf hingewiesen, warum die Software-Analogie Unsinn ist. Sie werfen Dinge durcheinander.

  145. @ Wolfgang Stegemann 13.03.2023, 12:19 Uhr

    Ich argumentiere im Sinne der Informatik, deren „Denke“ unterscheidet sich von der Philosophie.

    Die Informatiker haben besondere Konzepte entwickelt, wollen und müssen „Software“ verkaufen, die den Kunden Nutzen und Erfolg bringt.

    Man kann in der Informatik „alles“, von Menschen, Maschinen, Häuser, Aktien, Materie (z.B. Steinhaufen), Prozesse (z.B. Signalverarbeitung), als auch Information (abstrakte Zusammenhänge von z.B. „Bildpixel“) als „Objekt“ deklarieren und den „Bezeichner“ innerhalb gewisser Grenzen frei wählen.

    Zitat: „Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, das Bewusstsein ist ohne Gehirn nicht möglich. Wenn man also das Gehirn entfernen würde – und zwar vollständig – gäbe es auch kein Bewusstsein mehr.“

    Da würde ich Ihnen „eher“ zustimmen. Es hängt aber von „Begriffsdeklarationen“ ab.

    Es geht letztlich um den „Panpsychismus“. Ich persönlich würde es so sehen, dass „Empfindungen“ (ein sehr schlechter Begriff, aber es gibt noch keinen besseren) auf der Sensorik z.B. im Auge, an der Außenhaut, oder Körperorganen die eine Sensorik enthalten, sozusagen „direkt anstehen“, aber eben nicht ausgewertet werden können, weil Sie das „Auswertesystem“ (Gehirn) entfernt haben.

    Zitat: „Daraus folgt, dass Bewusstsein eine Eigenschaft des Gehirns ist. Und daraus folgt wiederum, dass Bewusstsein kein Objekt sein kann, denn es kann etwas nicht gleichzeitig Eigenschaft und Objekt sein.“

    In der Informatik können auch Eigenschaften einen „Objektstatus“ erhalten. (Z.B. „Dreiecksmuster“ deren Seitenverhältnis 2:3:4 beträgt). Derartige Objekte können weitere Eigenschaften haben.

    Zitat: „Bewusstsein kann somit kein Abbild sein, wie etwa ein Foto, das mit einer Kamera gemacht wurde, denn das existiert, wenn es einmal gemacht wurde, unabhängig von der Kamera.
    Ergo: Ihr Dualismus ist falsch.“

    Das sehe ich völlig anders. Ein „Abbild“ sollte man eher mit einer abstrakten mathematischen Funktion/Abbildung vergleichen. Relevant ist die „abgebildete“ Information und die Prozesse.

    An der Netzhaut tritt auch eine „optische Abbildung“ auf.

    Es sind alle 3 Kategorien (Prozessoren, Prozesse, Information) bei der Bewusstseinsbildung „beteiligt“, nicht nur Materie. Die müssen gemäß den Regeln der Informatik „verarbeitet“ werden, sonst könnte es zu Widersprüchen kommen. Es gilt demnach eine Art von „Trialismus“.

  146. @Elektroniker;
    Das Problem ist nur, die Informatik hat nichts mit dem Gehirn zu tun.

  147. @ Wolfgang Stegemann 13.03.2023, 20:40 Uhr

    Zitat: „Das Problem ist nur, die Informatik hat nichts mit dem Gehirn zu tun.“

    Ich würde Ihnen diesen Link im Bezug auf die Ontolgie der Informatiker empfehlen.

  148. @Elektroniker:
    Ich verstehe den Zusammenhang zu Ihrer Software – Analogie nicht. Aber wir sollten die Diskussion lassen, da wir ja seit Jahren nicht weiter kommen.

  149. @ Wolfgang Stegemann 13.03.2023, 21:48 Uhr

    Zitat: „Ich verstehe den Zusammenhang zu Ihrer Software – Analogie nicht. Aber wir sollten die Diskussion lassen, da wir ja seit Jahren nicht weiter kommen.“

    Die Hardware Software – Analogie der Informatik verwende ich, wenn es um die „Dualismusfrage“ geht.

    Im Zusammenhang mit den „Gehirnfunktionen“ verwende ich die Neuronen – Gatter Analogie der Elektronik.

    Im Zusammenhang mit dem „Bewusstsein“ die Bildschirm – Anzeige und Auswerte – Analogie, wie in einer „Schaltwarte“ eines Industriebetriebes.

    Im Zusammenhang mit den Erklärungsversuchen der evolutionären genetischen Prozesse (von determiniert …… bis absolut zufällig) die Technik der elektronischen (nicht Software) gesteuerten „Zufallsgenerator Schaltungen“.

    Es dürfte eine gewisse Ähnlichkeit abstrakter „Funktionsmuster“ zwischen Technik und Biologie bestehen, die sozusagen in der Technik ein „alter Hut“ sind, aber für Biologen und auch Philosophen unerklärlich scheinen.

    Die vielen Tausend Techniker haben sich diese Mechanismen ausgedacht, auch der Natur abgeschaut, oder Denkanstöße bekommen, ausprobiert, in Beschreibungen, Handbüchern, Patenten usw. den anderen Technikern mitgeteilt, die selber immer wieder neue derartige Mechanismen entwickelt haben.

    Das ist in der Biologie nicht so einfach möglich, weil sozusagen „vom lieben Gott“ keine „Handbücher“ und „Serviceunterlagen“ den biologische Systemen „mitgegeben“ wurden…..

  150. @ Elektroniker:

    Wenn wir bei Bewusstsein sind, also im Wachzustand und etwas erleben, dann hat sich nicht-bewusste neuronale Aktivität in bewusste neuronale Aktivität “verwandelt”. Es existieren keine zwei Seiten. Es existiert nicht die Hardware (neuronale Aktivität) neben der Software (Bewusstsein), sondern unser Bewusstsein ist eine bestimmte Konfiguration, Dynamik, etc. (wie man es abstrakt auch immer nennen möchte) der neuronalen Aktivität selbst.

    Heute sieht es beispielsweise danach aus, zumindest gibt es dafür einiges an empirischen Befunden, dass die neuronale Aktivität sich im schmalen Bereich der Kritikialität bewegen muss (siehe self-organized criticality, das was der Physiker Per Bak Ende der 1980er-Jahre in die statistische Physik eingeführt hat).

    Wenn man natürlich glaubt und postuliert dass es ein Bewusstsein oder einen “Geist” on top gibt, also nochmals auf die neurophysiologische Aktivität oben drauf, dann landet man im Leib-Seele Problem. Dann befindet man sich in einer latent dualistischen Auffassung. Dann stellt man natürlich sofort die metaphysische Frage: wie hängen beide Seiten zusammen, wie kann das ontologisch nur zusammenpassen? Man stellt dann keine wissenschaftliche Frage mehr, keine Frage jene die Wissenschaft lösen könnte, sondern eine philosophische. So sehe ich das jedenfalls.

  151. Stellen Sie sich es folgendermaßen vor:

    Wenn ein Stimulus die Retina meines Auges trifft, also elektromagnetische Wellen, dann werden die physikalischen elektromagnetischen Wellen über die Transduktion in physiologische Signale transformiert.

    Der physikalische Stimulus wurde in einen physiologischen transformiert.

    Wenn der Metaboslismus des Gehirns ausreichend hoch ist, wenn die Subsysteme im Gehirn “passend” mit dem Körper und der Umwelt interagieren, dann findet nochmal eine Transformation statt. Der nicht-bewusste physiologische Prozess transformiert sich, wie zuvor schon bei der Transduktion, in einen bewussten physiologischen Prozess.

    Aber der bewusste Prozess ist immer noch Physiologie, ist immer noch physiologisch, auch wenn wir dann Erleben.

  152. @ Philipp 14.03.2023, 20:07 Uhr

    Ich schätze Ihre Kompetenz sehr, halte sie für einen „Insider“, was neuronale Systeme betrifft.

    Besonders Ihre Erkenntnisse über Störungen der „Zeitstruktur“ (wichtig für Bewusstsein), sondern auch die „individuellen“ Oszillationen von Neuronen im Gehirn, die letztlich für die „Ich“ Repräsentation wichtig sein dürften, halte ich für „Volltreffer“. Die sollten eigentlich auch individuelle „Leistungsschwerpunkte“ erklären können. Vielleicht hätten Sie noch mehrere ähnliche Erkenntnisse, die Ihnen bei Ihrer alltäglichen Arbeit aufgefallen sind, auf „Lager“?

    Wegen der stark unterschiedlichen beruflichen Prägung, unterscheiden wir uns stark in der Betrachtungs- und Herangehensweise. Techniker wollen alles in (möglichst gut berechenbare) „Komponenten zerlegen“ und beobachten wie diese Komponenten „zusammenwirken“, um so auf eine “Ganzheitliche Sicht“ zu kommen.

    Zitat: „Es existiert nicht die Hardware (neuronale Aktivität) neben der Software (Bewusstsein), sondern unser Bewusstsein ist eine bestimmte Konfiguration, Dynamik, etc. (wie man es abstrakt auch immer nennen möchte) der neuronalen Aktivität selbst.“

    Das sehe ich wie Sie. Auch für mich ist das Bewusstsein keinesfalls „die Software“. Allerdings würde die Elektronik/Informatik in „Hardware“ (neuronales Netz) und „Prozesse“ (die besonderen Signalverläufe) unterscheiden, wobei eben „Bewusstsein“ entstehen kann. Um 1960 hätten es meine „Lehrer“ die „alten Elektroniker“ genau so gesehen wie Sie.

    Zitat: „Kritikialität bewegen muss (siehe self-organized criticality, das was der Physiker Per Bak Ende der 1980er-Jahre in die statistische Physik eingeführt hat).“

    Dazu kann ich mich nicht äußern, weil ich in der Eile nichts dazu im Internet gefunden habe.

    Die Informatiker wollen und müssen den Input, die Hardware, die Prozesssteuerung, den Output sozusagen „Mathematisch“ formulieren. Das ist mit den „Software“ Konzepten der Informatiker möglich und in der Technik auch erforderlich. Sie schicken den Kunden sozusagen eine Kiste mit der Hardware, und den Daten fürs Internet für die Software, alles wie üblich….

    Vermutlich wird irgendwann auch der Mensch total „Mathematisiert“ sein. Ein Mediziner entnimmt Gewebeproben, gibt die Daten in ein Netzwerk ein, ein Computer designt ein individuelles Medikament …. ähnlich wie bei der „Kunsthaut“ bei Brandopfern.

    Die Informatiker ignorieren völlig, ob ihr Konzept das Leib Seele Problem berührt oder nicht. Es ist ihnen völlig egal, sie verfolgen nur ihre Konzepte.

    Die „alten Elektroniker“ kamen völlig ohne Software aus. Nur wurden die technischen Systeme immer komplexer und wenn „der alte Elektroniker“ (der alles perfekt im Griff hatte) starb, konnten die Geräte kaum mehr repariert werden und das hoch flexible „Prozessorkonzept“ (mit der „Software“) hat schlagartig den Siegeszug angetreten. Wie Jungingenieure hatten kaum zu arbeiten begonnen und schon mussten wir Informatikkurse absolvieren….

  153. @Philipp // 14.03.2023, 20:15 Uhr

    » …dann findet nochmal eine Transformation statt. Der nicht-bewusste physiologische Prozess transformiert sich, wie zuvor schon bei der Transduktion, in einen bewussten physiologischen Prozess. «

    Fein, einverstanden, dann brauchen wir ja „nur“ noch zu erklären, wie diese „Transduktion“ vonstattengeht, wie also aus nicht bewussten physiologischen Vorgängen ein neurophysiologisches Geschehen wird, welches mit bewussten (Sinnes-)Erlebnissen einhergehen kann—mit anderen Worten: worin genau der Unterschied besteht.

  154. @Philipp 14.03. 20:07 / 20:15

    „dass die neuronale Aktivität sich im schmalen Bereich der Kritikialität bewegen muss“

    Das hört sich auch für mich interessant an. Können sie das genauer erklären?

    „Wenn man natürlich glaubt und postuliert dass es ein Bewusstsein oder einen “Geist” on top gibt, also nochmals auf die neurophysiologische Aktivität oben drauf, dann landet man im Leib-Seele Problem.“

    Was heißt hier Problem. Für mich ist es eher die Leib-Seele-Lösung.

    „Man stellt dann keine wissenschaftliche Frage mehr, keine Frage jene die Wissenschaft lösen könnte, sondern eine philosophische.“

    Ich sagte ja schon, dass man den gezielten Quantenzufall durchaus nachweisen könnte, indem man einfach in der IT damit zu arbeiten versucht. Sollte das funktionieren, dann hätte man belastbare Ergebnisse. Auch bei Anwendungen, die Konnektome von Fruchtfliegen zu simulieren versuchen.

    Dass sich das mit dem Weltverständnis von Naturalisten beißt, ist mir klar. Aber das ist nicht mein Problem.

    „Aber der bewusste Prozess ist immer noch Physiologie, ist immer noch physiologisch, auch wenn wir dann Erleben.“

    Durchaus möglich. Für mich auch eine durchaus spannende, aber dennoch offene Frage.

  155. @Balanus:
    Wollen Sie eine ontologische, physiologische oder psychologische Erklärung? Auf jeden Fall nicht alles durcheinanderwerfen.
    a. Ontologisch: Wir haben ein Nervengeflecht, das durch sensorische Zugänge angeregt wird. Dabei wird z.B. elektromagnetische Strahlung in neuronale Impulse transformiert. Die Gesamtheit dieser Impulse ist das, was wir Erleben bzw. Bewusstsein nennen. Warum das so ist, ist genauso wenig erklärbar, wie die Frage, warum das Universum existiert. Es ist also keine wissenschaftliche Frage. Nach allem, was wir wissen, haben nur zentral organisierte Nervensysteme ein solches Erleben. Einzeller (re-) agieren unimodal. Ob sie irgendwas erleben, wissen wir nicht. Erleben ist aber wahrscheinlich an eine multimodale ‘Erregung’ gebunden.
    b. Physiologisch: man kann es ausdrücken, wie Philipp das gemacht hat, z.B. also mit der Kritikalität, also dem kritischen Überschreiten eines Zustandes, der die Erregtheit erlebbar macht.
    c. Psychologisch: Dort wird Bewusstsein als selbstreflexiv bezeichnet, also die Gewahrwerdung des Selbst (ICH trifft MICH), ab einem Alter von etwa 2 Jahren.

    Was nicht geht, ist eine rein physikalische Erklärung, die würde den komplexen Prozess Leben auf Einzelteile reduzieren. Zwar ist die Binnenstruktur der Einzelelemente wichtig, sie erklärt aber nicht den Zusammenhang, der ja erst Zustände wie Bewusstsein hervorbringt.
    Ebensowenig geht die Reduktion dieser Prozesse auf Regeln der Informatik. Warum? Das Gehirn ist nur zu verstehen als Ergebnis der Evolution, wo nämlich konkrete ‘Anforderungen’ zu konkreten ‘Ausgestaltungen’ führten. In der Informatik sind diese Anforderungen vollkommen anders.

  156. @Jeckenburger:
    Sie widersprechen sich. Einerseits sprechen Sie von einem (kosmischen) Geist, das andere Mal von (Quanten-) Zufall. Was ist jetzt richtig, Geist oder Zufall?

    Die Quantenebene ist ja nicht die, die Leben konstituiert, sondern es ist die Molekülebene. Wenn Quanten eine Rolle spielen, dann bestenfalls als Ergebnis neuronaler Prozesse, nicht aber als Ursache.

    Und wie muss man sich den Übergang von einer immateriellen zu einer materiellen Ebene (Gehirn) vorstellen?

    Und was soll immateriell überhaupt bedeuten?
    Das Ganze ist reines Wunschdenken. Und da kann man natürlich konstruieren, was man will. Ich denke, das Gegenteil von Nichtwissen ist nicht Religion u.ä.

  157. @Wolfgang Stegemann

    Mir geht es selbstredend um physiologische bzw. neurobiologische Erklärungen.

    »Physiologisch: man kann es ausdrücken, wie Philipp das gemacht hat, z.B. also mit der Kritikalität, also dem kritischen Überschreiten eines Zustandes, der die Erregtheit erlebbar macht. «

    Es geht da wohl um das koordinierte Verhalten/Feuern von ganzen Nervenzellverbänden.

    In der Zeit war letztens ein Interview mit Wolf Singer. Ein Ausschnitt:

    ZEIT: Sie haben statt einer Großmutterzelle die Großmutterfrequenz gefunden?

    Singer: Nein, wir haben Hinweise dafür erhalten, dass zeitliche Beziehungen zwischen der Aktivität von Nervenzellen eine entscheidende Rolle bei der Informationsverarbeitung spielen könnten. Wir vermuteten, dass Neuronen, die gemeinsam schwingen, damit ihre Zusammengehörigkeit signalisieren. Die Großmutter wäre demnach durch eine sehr große Zahl von kooperierenden Nervenzellen repräsentiert, von denen jede einzelne nur auf ein Teilmerkmal anspricht. Auf diese Weise kann eine bestimmte Nervenzelle durch Rekombination mit anderen an der Repräsentation einer sehr großen Zahl verschiedener Objekte teilnehmen. […]

  158. @Stegemann 15.03. 14:35

    „Was ist jetzt richtig, Geist oder Zufall?“

    Es geht um auf die Zukunft hin gezielten Quantenzufall. Der braucht schon mal Geist, der die entsprechenden Vorausberechnungen durchführt, wenn der Eingriff das Leben unterstützen soll.

    „Die Quantenebene ist ja nicht die, die Leben konstituiert, sondern es ist die Molekülebene.“

    Chemische Reaktionen sind meines Wissen nach voller Quantenzufall. Ein Zugang von Quantenzufall zur Biochemie ist also vielfach vorhanden.

    „Und wie muss man sich den Übergang von einer immateriellen zu einer materiellen Ebene (Gehirn) vorstellen?“

    Ich sehe hier Geistesräume, in die das physiologische Korrelat abgebildet wird. Das ist dann das Erleben. Durchaus an genau das eine Gehirn gekoppelt, aber eben zugleich auch in geistiger Existenz. Als Existenz im Leben, im Tod dann eher nicht mehr.

    „Und was soll immateriell überhaupt bedeuten?“

    Geisteswelten, die hinter der materiellen Wirklichkeit stehen. Und sich einerseits mit deren Steuerung befassen, aber eben auch jedes richtige Erleben möglich machen, indem sie ganz generell Innenräume öffnen können.

    „Das Ganze ist reines Wunschdenken. Und da kann man natürlich konstruieren, was man will.“

    Selbstverständlich wünsche ich mir hier auch was. Und konstruiere Zusammenhänge lieber so, dass sie positiv sind. Aber möglich muss es bleiben. Mythen, die in völliger Unmöglichkeit bestehen, sind auch mir zu vage. Ohne meine eigenen Erfahrungen einerseits, und ohne eine Denkbarkeit der eigenen Konzepte andererseits, würde ich mir anderes konstruieren.

    Aber interessiert Sie das überhaupt? Oder kämpfen Sie nur gegen Religiosität allgemein? Warum auch immer. Ich jedenfalls sehe auch keinen Grund, mich irgendeiner Kirche anzuschließen.

  159. @ Balanus 15.03.2023, 10:15 Uhr

    Zitat: „Fein, einverstanden, dann brauchen wir ja „nur“ noch zu erklären, wie diese „Transduktion“ vonstattengeht, wie also aus nicht bewussten physiologischen Vorgängen ein neurophysiologisches Geschehen wird, welches mit bewussten (Sinnes-)Erlebnissen einhergehen kann—mit anderen Worten: worin genau der Unterschied besteht.“

    Wie diese „Transduktion“ vonstattengeht, kann man vermutlich nicht „direkt verstehen“ wie man z.B. auch die Schwerkraft nicht wirklich versteht. Man sollte allerdings das Problem mindestens „Mathematisieren“ können, womit z.B. Flugzeuge und Raketen erfolgreich realisiert werden konnten.

    Was wäre, wenn die Neurologen „verdächtige sensorische Zellen“ finden könnten, nehmen wir an Zapfen im Auge, die einerseits „direkt“ (wie auch immer) sensibel für das Auftreten von Empfindungen einer bestimmte Farbe sein könnten und andererseits bewirken, dass Ladungsträger (für eine weitere Auswertung) emittiert werden.

    Oder andere bestimmte peripher oder zentral angeordnete Zellen die für das Auftreten der Schmerzempfindungen beim Eintreten eines Nagels in die große Zehe, oder Zahnschmerz, oder „flaue Magengefühle“, oder „Orgasmusempfindungen“, oder Kopfschmerz, ….. infrage kommen.

    Sensorphysiker/Chemiker analysieren die, allenfalls sogar quantenphysikalischen, Prozesse in den Strukturen hinsichtlich objektiver Eigenschaften (z.B. auch Vallenzelektronenmuster), die jedenfalls mit den „Empfindungen“ maximal korrelieren und zumindest mathematisch beschreibbar sein sollten.

    Würden Ihnen von „Sensorspezialisten“ ermittelte objektive Eigenschaften und/oder mathematisch abbildbare Effekte die ausreichend mit Empfindungen korrelieren, zur Erklärung des „Empfindungsphänomen“ reichen?

    Diese „Mikroempfindungen“ emergieren letztlich im neuronalen System zum „Bewusstsein“, auf so etwas wie flachen „Bildschirmen“ (Hirnkino, Hirnradar, ….).

    „Flache Haut artige“ Strukturen z.B. Netzhaut, Trommelfell, Körperhaut (bestimmte Zellen), Hirnhäute ,…. kommen in Frage, einen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang der zum Bewusstsein „emergierenden Mikroempfindungen“ herzustellen.

    Es geht hier nur um die „Bewusstseinsfrage“, die Informationsverarbeitung zur „Wissensabbildung“ und zur Generierung eines Outputs ist ein anders „Thema“.

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