Medikamente und Drogen im Wandel gesellschaftlicher Erwartungen

Substanzen im Spannungsfeld zwischen Individuum und seiner Umgebung

Stellen wir uns ein Städtchen wie Erlangen vor, das im 15. und 16. Jahrhundert mehrmals zwischen die Fronten konkurrierender Fürsten geriet. Überfälle und Plünderungen machten den Bewohnern das ohnehin schon harte Leben schwerer. Kalte Winter, Hungersnöte und Großbrände taten ihr Übriges. Wie schön wäre doch ein Leben in Frieden und Sicherheit, ein Leben ohne die Angst, das mühsam Aufgebaute in Bälde wieder verlieren zu können? Oder neben Hab und Gut gleich das eigene Leben?

Wieder einmal zerstritten sich aber zwei Fürsten, belagerte der eine den anderen, der wiederum im Rachezug umliegende Dörfer und Städtchen überfiel und ausplünderte. Groß war das Leid unter den Bewohnern. Kurz nach einem solchen Überfall ereignete es sich, dass ein Zauberer einzog und den Unglücklichen einen Trank aus Kräutern und Pilzen anbot. Wer ihn nahm, der spürte bald eine tiefe Beruhigung. Die Angst löste sich auf. Einigen erschien gar die Heilige Mutter Gottes. So breitete sich Ruhe und neue Hoffnung unter den Bewohnern aus und machten sie sich einmal aufs Neue daran, ihr Städtchen aufzubauen.

Das ist zugegeben eine frei erfundene Geschichte. Sie ist aber auch nicht so unrealistisch, dass sie sich nicht so oder so ähnlich ereignet haben könnte. Überfälle, Plünderungen und Kriege sind historisch überliefert. Wissen um die psychotrope – das heißt: die Psyche beeinflussende – Wirkung einiger Pflanzen oder gar Tiere (Orsolini et al., 2018) war schon vor der modernen Psychopharmakologie vorhanden. Von den heute im Volksmund als “magic mushrooms” bekannten Pilzen wissen wir etwa, dass sie das Wohlbefinden steigern und Halluzinationen auslösen können, die mitunter spirituell gedeutet werden.

Das Beispiel zeigt Menschen, die durch andere Menschen in eine miserable Lage gebracht werden. Die moderne Traumaforschung hat ergeben, dass von Menschenhand stammendes Unglück im Allgemeinen schwerer erträglich ist als Notlagen, die in Folge von Naturkatastrophen auftreten. Die Bewohner aus der Fantasiegeschichte können sich allem Anschein nach gegen die fürstliche Übermacht auch nicht wehren. Unter diesen Umständen könnte man sagen, dass die psychotrope Substanz, der “Zaubertrank”, den Menschen vielleicht dabei hilft, sich in ihr Schicksal zu fügen und das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Mit diesem Beispiel habe ich einen zentralen Punkt herausgearbeitet, in dem es mir in diesem Aufsatz geht: nämlich die Bedeutung des sozialen Zusammenhangs, in dem Substanzen konsumiert werden. Das ist deshalb so wichtig, weil die meisten medizinischen aber auch psychologischen Behandlungen auf das Individuum zielen. Medikamente und Psychotherapie – aber auch andere Techniken, die man unter Umständen als Selbstmedikation verstehen kann, wie etwa Meditation, Yoga oder eben Drogenkonsum – wirken unmittelbar im Körper des Betroffenen, nicht in dessen Umgebung.

Damit ist der wichtigste Spannungsbogen dieses Aufsatzes aufgezogen: das Verhältnis vom Individuum zu seiner Umwelt. Wer den Herausforderungen der heutigen Welt – denken wir an Arbeitsverdichtung, Mehrfachbelastungen, Konkurrenzdruck oder allgemein Stress – mit Substanzkonsum begegnet, der betreibt also Problemlösung auf der Ebene des Individuums.

Diese Feststellung ist wertneutral gemeint. Diese Lösungsstrategie könnte gut oder schlecht sein. Sie ist aber zumindest aus theoretischer Perspektive nicht zwingend notwendig, sofern die Probleme durch Prozesse von Menschenhand entstehen und damit auch von Menschenhand geändert werden könnten. Es gibt also prinzipiell alternative Lösungswege, die freilich in der Praxis mehr oder weniger leicht umsetzbar sind.

Der soziale Zusammenhang entsteht durch das Zusammenspiel vieler Menschen und ihrer Institutionen. Wenn man die berühmte Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation von 1946 zugrunde legt, der zufolge Gesundheit nicht nur die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen ist, sondern ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens,[1] dann umfasst der Bereich der Medizin durchaus auch das Soziale. Folglich ist auch nicht nachvollziehbar, warum medizinische Interventionen prinzipiell nur auf das Individuum und nicht etwa den sozialen Zusammenhang zugeschnitten werden sollten.

Im Folgenden werde ich erst auf die Frage eingehen, was Drogen eigentlich sind. Damit werden einige Grundlagen für den Rest des Artikels geklärt. Danach werde ich den Konsum von Amphetamin (Szenename: “Speed”) und Methylphenidat (im Medikament Ritalin®) zur Behandlung der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diskutieren. Bevor ich zur Schlussfolgerung komme, verweise ich kurz noch auf frühere Beispiele, wie gesellschaftliche Rollenbilder mit Substanzkonsum zusammenhingen und vielleicht auch heute noch zusammenhängen.

Was sind eigentlich Drogen?

Ich will darauf hinaus, dass “Droge” ein sozialer Begriff ist und keine natürliche Kategorie, denn nur dann kann sich die Bedeutung des Begriffs ändern. Aus heutiger Sicht nehmen wir an, dass Gold das Element mit 79 Protonen im Atomkern ist und auch war, selbst in Zeiten, in denen man noch nichts von Protonen oder Atomkernen wusste. Bei “Droge” ist das aber nicht so.

Das Wort stammt wohl vom niederländischen droog = trocken und bezeichnete ursprünglich getrocknete Güter, vielleicht Kolonialwaren mit stimulierender oder berauschender Wirkung. Noch heute lassen sich getrocknete Kräuter in der “Drogerie” kaufen, freilich neben einem ganzen Sortiment neuerer Ernährungs-, Pflege-, Kosmetik- und Gesundheitspräparate.

Die Drogen grenzen wir in aller Regel auf zwei Seiten ab: nämlich einerseits von den Medikamenten und andererseits von den Genussmitteln. Viele Medikamente (man denke an Schmerzmittel) und Genussmittel (etwa Alkohol oder Kaffee) wirken psychotrop, auf die Psyche, verstehen wir aber nicht als Drogen. Bei Medikamenten gehen wir davon aus, dass diese zur Behandlung von Krankheiten verwendet werden; Genussmittel werden wegen ihres Geschmacks, ihrer anregenden oder beruhigenden Wirkung konsumiert.[2] Für diese Abgrenzungen sind neben der Abwägung von Nutzen und Risiken der Mittel auch Traditionen und Interessengruppen (“Lobbys”) relevant. Um diese Aspekte der Drogen- und Gesundheitspolitik soll es hier aber nicht weiter gehen.[3]

Wichtig ist hingegen die Unterscheidung verschiedener Klassen von Substanzen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG), insbesondere dessen Anlagen I und III. In Ersterer werden die verbotenen, so genannten nicht verkehrsfähigen Mittel aufgelistet, etwa LSD. Dies sind psychotrope Substanzen, die der Gesetzgeber ohne Ausnahme für gefährlich hält und damit generell verbietet.

In Anlage III sind hingegen die sogenannten verkehrs- und verschreibungsfähigen Substanzen aufgenommen, beispielsweise Amphetamin. Auch diese psychotropen Substanzen werden für gefährlich gehalten – oder, wie manche Fachleute und Politiker gerne sagen, besitzen ein “Missbrauchspotenzial”. Doch hier gib es Ausnahmen für Fälle, in denen der Nutzen die Risiken überwiegt, vor allem bei medizinischen Behandlungen.

In diese Anlagen können nun neue Substanzen aufgenommen oder alte daraus entfernt werden. Eine Substanz kann ebenfalls von einer Anlage in eine andere verschoben werden, wenn sich beispielsweise die Nutzen-Risiko-Abwägung verändert. Das könnte etwa dann passieren, wenn es neue, sicherere Alternativen gibt oder sich herausstellt, dass eine Substanz schädlicher ist, als man zuvor dachte.

Wie schon der Begriff “Droge”, so ist auch der gesetzliche Begriff des “Betäubungsmittels” veränderlich – und er verändert sich tatsächlich. Philosophisch könnte man sagen, dass es sich bei diesen Begriffen um soziale Konstrukte handelt, also im Wesentlichen um Definitionen, Vorstellungen und Ideen, die von den Menschen selbst gemacht sind. Darum sind sie aber nicht weniger real. Das wird jeder feststellen, der von der Polizei beim Besitz einer Substanz aus der Anlage I aufgegriffen wird.

Nun kritisieren einige namhafte Wissenschaftler, allen voran der britische Pharmakologe David Nutt, diese gesetzliche Unterscheidung als irrational. So würden tendenziell gefährlichere Substanzen wie Alkohol nur leicht reguliert, eher gefahrlose Substanzen wie Ecstasy, LSD oder Cannabis hingen stark reguliert, bis hin zum völligen Verbot mit schweren Strafandrohungen (Kupferschmidt, 2014; Nutt, King, Saulsbury & Blakemore, 2007).

Es wird von diesen Forschern sogar argumentiert, dass Alkohol größere soziale Schäden hervorrufen würde als Heroin, auch wenn Letzteres Individuen mehr schade. Dabei muss man aber auch die wesentlich größere Verbreitung von Alkohol berücksichtigen. Und trotz des vielen Leids, das etwa durch Alkoholkonsum verursacht wird, können sehr viele Menschen damit auch vernünftig umgehen, wie beispielsweise Christian Müller hier kürzlich vertrat (Die Droge als Instrument). Dennoch ist damit gezeigt, dass man den Status quo der heutigen Drogenpolitik mit wissenschaftlichen Argumenten unter Druck setzen kann.

Dieser Abschnitt kann zwar keine endgültigen Antworten liefern, eben auch weil sich das Thema in einem permanenten gesellschaftlichen Wandel befindet. Dennoch lässt sich die wichtige Zwischenbilanz ziehen, dass die Unterscheidung zwischen Medikamenten, Drogen, Genussmitteln und schließlich Betäubungsmitteln im gesetzlichen Sinn eine gesellschaftlich-politisch vorgenommene ist. Dabei spielen verfügbare Alternativen, Zwecke, Traditionen, Moralvorstellungen und finanzielle Interessen in unterschiedlichem Maße eine Rolle.

In der heutigen Gesundheitskultur, in der das Verringern von Gesundheitsrisiken und -Kosten ein wichtigeres Ziel geworden ist, steht beispielsweise Alkohol vermehrt unter Druck. Das sahen wir nicht nur bei der Forscherinitiative um den Pharmakologen David Nutt, sondern äußert sich auch in Medienberichten, die selbst kleinste Gesundheitsrisiken bei nur geringem Alkoholkonsum in kampagnenartiger Form aufgreifen (Brauchen wir ein Alkoholverbot?). Das ist insofern besonders auffällig, als der Konsum dieses Genussmittels in vielen Ländern sowieso rückläufig ist.[4] Auch in Deutschland sank er laut OECD-Zahlen im Zeitraum von 2000 bis 2013 um 15 Prozent.[5]

Selten wird in solchen Diskussionen thematisiert, dass Alkohol nicht nur ein Konsumwunsch von wahrscheinlich Milliarden Menschen auf dieser Welt ist, sondern auch eine bestimmte psychische Funktion erfüllt: Denken wir beispielsweise an die Entspannung nach einem langen Arbeitstag oder die Überwindung von Schüchternheit auf einer Feier (Die Droge als Instrument). Das heißt, auch der Alkoholkonsum findet (oft) in einem sozialen Zusammenhang statt. Wenn man die stärkere Regulierung dieser Substanz diskutiert, dann muss man auch berücksichtigen, dass Menschen nach anderen Mitteln suchen werden, um ihre psychosozialen Bedürfnisse zu befriedigen.

In Großbritannien wurde erst im April 2018 eine Zuckersteuer auf Softdrinks eingeführt. Dieser Schritt wurde gesundheitspolitisch gerechtfertigt. Umgekehrt wurde dort die Verschreibungspflicht des Potenzmittels Viagra® abgeschafft. Interessenten können es nun auch ohne Rezept in Apotheken kaufen. Auch dies sind Beispiele dafür, wie Genussmittel stärker oder Medikamente schwächer reguliert werden können. Viagra, vor rund zwanzig Jahren zum ersten Mal zugelassen, wurde ursprünglich zur Behandlung männlicher Erektionsstörungen und später auch für bestimmte Blutdrucksstörungen angewendet.

Man kann sich nun fragen, ob dessen breitere Verwendung in der Gesellschaft zur Verlängerung des Geschlechtsverkehrs nicht vielmehr der eines Genussmittels entspricht. In der englischsprachigen Literatur hat sich dafür der Begriff “lifestyle drug” durchgesetzt, also eine Substanz beziehungsweise Droge, die einen bestimmten Lebensstil ermöglicht oder zumindest unterstützt. Im folgenden Abschnitt wird es darum gehen, inwiefern die zunehmende Verschreibung der Substanzen Amphetamin und Methylphenidat zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ein ähnliches Lebensstil-Phänomen sein könnte.

Amphetamin, Methylphenidat und ADHS

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, abgekürzt ADHS, ist in dieser Form seit 1987 im Diagnosehandbuch der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung beschrieben. Die Störung zeichnet sich durch mangelnde Aufmerksamkeit und/oder übertriebene Impulsivität aus. In den Jahrzehnten davor wurden die Bezeichnungen “Minimal Brain Damage”, “Minimal Brain Disorder” oder “Minimal Brain Dysfunction” (MBD) verwendet. Man dachte, dass Kinder mit bestimmten Verhaltensauffälligkeiten automatisch eine Gehirnstörung haben müssten. Die Kategorie MBD kam in den 1960er und 1970er Jahren jedoch zunehmend in die Kritik (30 Jahre Aufmerksamkeitsstörung ADHS).

Wichtig ist, dass es für MBD, ADHS sowie alle anderen psychischen Störungen keine objektiven, das heißt beobachterunabhängigen Diagnosekriterien gibt. Vielmehr stellt ein Psychologe, Psychiater oder Hausarzt die Abweichung einer irgendwie zustande gekommenen Norm fest, die mit subjektivem Leiden und/oder eine Einschränkung des Lebens einhergeht (Schleim, 2018a, 2018b).

Das häufig vorgetragene Argument, bei psychischen Störungen handle es sich um Krankheiten im medizinischen Sinne, führt insofern in die Irre, als für die psychischen Störungen bisher gerade keine zuverlässigen diagnostischen biologischen Merkmale wie Bakterien, Viren, Gene oder andere Laborwerte gefunden wurden (Frisch, 2016). Dabei muss man wissen, dass schon seit über 170 Jahren danach gesucht wird.

Dass die Diagnose psychischer Störungen in entscheidender Weise von Normen abhängt (Stier, 2013; Tebartz van Elst, 2017), erinnert uns an die Feststellung der Einleitung, dass auch hier ein sozialer Zusammenhang mitspielt. Die Norm – aus dem Lateinischen und Griechischen für Regel oder Maßstab – kommt ja nicht aus dem Nichts, sondern aus der Gesellschaft und ihren Institutionen.

Ich bin nicht für ein Urteil qualifiziert, wie Normabweichend das Verhalten eines Kindes oder Jugendlichen sein muss, um berechtigterweise von einer psychischen Störung zu sprechen. Im Folgenden möchte ich aber einige bedenkenswerte und wahrscheinlich auch bedenkliche Trends im Zusammenhang mit der Diagnose und Therapie von ADHS diskutieren:

Zunächst einmal galt ADHS lange Zeit als eine Entwicklungsstörung des Kindes- und Jugendalters. Seit einigen Jahren hat sich aber die Vorstellung durchgesetzt, dass es auch eine Erwachsenen-ADHS gibt (Lange et al., 2010). Tatsächlich berichtete die Barmer-Ersatzkasse in ihrem Arztreport 2018 eine Zunahme der Diagnosen dieser Störung um 512% bei den 18- bis 25-Jährigen in den Jahren 2005 bis 2016.[6] Im Mittel stieg die Diagnose von psychischen und Verhaltensstörungen in dieser Altersgruppe und diesem Zeitraum um 38%, von rund 1,4 auf 1,9 Millionen.

Eine deutliche Sprache sprechen auch die Produktionszahlen der zwei wichtigsten Substanzen zur Behandlung von ADHS in den USA, nämlich Amphetamin und Methylphenidat. Wie auch in Deutschland und vielen anderen Ländern, ist deren Besitz nur unter bestimmten Ausnahmen erlaubt, vor allem auf besondere Verordnung eines Arztes. Dennoch stieg deren jährliche Produktion schon in den 1990er Jahren stark an und erreichte 1999 erstmals über 20.000 kg. Schon damals warnte die WHO vor den stark ansteigenden Verschreibungen an Kinder und Jugendliche.

Aus heutiger Sicht, gerade einmal zwanzig Jahre später, erscheinen diese Zahlen jedoch fast vernachlässigbar klein. Inzwischen werden in den USA jährlich davon mehr als 100.000 kg produziert, in den Jahren 2013 bis 2016 sogar rund 140.000 kg pro Jahr. Die jährliche Produktion ist damit heute höher als die der ganzen Dekade der 1990er (siehe Abbildung). Neben Kindern und Jugendlichen konsumieren inzwischen auch viele Erwachsene diese Substanzen auf Rezept.

Die jährlichen Produktionszahlen für Amphetamin (rot) und Methylphenidat (blau; beide in kg) in den USA nach Vorgaben der Regierung. Quelle: Federal Register

In Deutschland gab es bis zum Jahr 2012 einen vom Muster her ähnlichen Anstieg, jedoch auf einem niedrigeren Niveau. Damals wurde entschieden, dass ADHS nicht mehr automatisch medikamentös behandelt werden darf, sondern erst ein anderer Therapieversuch zum Umgang mit den Problemen unternommen werden muss.

In Dänemark gab es auch einen ähnlichen Anstieg wie in Deutschland; im Vereinigten Königreich jedoch nicht. Dort bekommen nur wenige Kinder und Jugendliche die Mittel verschrieben. In den Niederlanden werden die ADHS-Medikamente seit 2011 an diese Personengruppe jedoch sogar häufiger verschrieben als in den USA (Bachmann et al., 2017).

Manche Fachkollegen behaupten, die Störung werde inzwischen eben besser diagnostiziert. Wie wir gesehen haben, ist das Störungsbild in seiner heutigen Form – mit kleineren Anpassungen – bereits seit 1987 festgelegt. Schon in den 1990er Jahren gab es Diskussionen darüber, ob die Diagnose zu häufig gestellt und die Mittel zu oft verschrieben werden.

Die genannte Erklärung würde bedeuten, dass man die Mehrheit der Betroffenen in den vergangenen zehn bis dreißig Jahren schlicht übersehen hätte. Ohne konkrete Erklärung, worin der diagnostische Fortschritt bestehen sollte, kann sie aber nicht überzeugen.

Drei andere Erklärungen hängen wahrscheinlich miteinander zusammen: Psychotherapeuten und Ärzte würden immer mildere Formen psychischer Störungen diagnostizieren, die Menschen seien heute besser über psychische Störungen informiert und suchten daher eher professionelle Hilfe und immer mehr Probleme des heutigen Lebens würden in medizinischer Weise verstanden, wodurch die Hilfe vom Arzt oder Therapeuten naheliege.

Diesen Ansätzen ist gemein, dass sie den sozialen Zusammenhang des Themenkomplexes psychischer Störungen hervorheben: Wie wir über unsere Probleme kommunizieren, beeinflusst unser Verständnis und unseren Umgang mit uns selbst, anderen und den Institutionen unserer Gesellschaft.

Eine fünfte Erklärung geht davon aus, dass tatsächlich mehr Menschen psychische Probleme haben, in unserem Fall also vor allem Aufmerksamkeitsprobleme. Dieser Ansatz ist so politisch brisant wie in der Fachwelt umstritten. Führende Epidemiologen behaupten beispielsweise, die Häufigkeit psychischer Störungen habe sich kaum verändert. Dabei suchen deren Forschungsinstrumente aber vor allem nach der Häufigkeit bestimmter Symptome in der Gesellschaft und berücksichtigen kaum, inwiefern das Leben der Menschen dadurch eingeschränkt ist (Gesellschaftskritik und psychische Gesundheit).

Mit anderen Worten: Nicht jeder, der diesen Untersuchungen zufolge eine Störung hat, braucht wirklich Hilfe. Das sieht man schon daran, dass die jährliche Prävalenz mindestens einer Störung von diesen Forschern auf rund 40% geschätzt wird (Wittchen et al., 2011). Das Gesundheitssystem verfügt bei weitem nicht über die Ressourcen, so viele Menschen mit psychischen Problemen zu behandeln; und würden so viele Menschen das überhaupt wollen?

Zu einer Katastrophe hat das bisher in noch keinem Land geführt. Am Rande sei erwähnt, dass es aber gerade bei den Menschen mit den größten Problemen eine Unterbehandlung gibt: Einerseits fehlt es diesen vielleicht am Antrieb, sich Hilfe zu suchen; andererseits sind sie für die gewinnorientierten Anbieter auf unserem Gesundheitsmarkt auch am wenigsten attraktiv.

Die Frage, was Drogen sind, ließ sich nicht eindeutig beantworten. Auch mit der Frage, wie der Anstieg der ADHS-Diagnosen und der damit ansteigende Medikamentenkonsum zu erklären ist, verhält es sich so. Das liegt auch daran, dass sich Ursache-Wirkungsbeziehungen bei solchen komplexen gesellschaftlichen Themen schwer nachweisen lassen. Fest steht aber, dass der Anstieg – das gilt nicht nur für ADHS, sondern auch viele andere psychische Störungen – ein tatsächliches Phänomen ist, das in verschiedenen Ländern und Regionen unterschiedlich stark ausgeprägt ist und wissenschaftliche, ethische und gesellschaftspolitische Fragen aufwirft.

Wichtig ist hier auch der Hinweis, dass eine entsprechende Diagnose mitunter Vorteile und Privilegien bringt: So können Schüler und Studierende unter Umständen mehr Zeit zum Bearbeiten von Klausuren bekommen; Sportler können sich dann stimulierende Mittel verschreiben lassen, die andernfalls als Doping verboten wären. Selbst wenn diese Substanzen einem nur das Gefühl geben, wacher zu sein, länger durchhalten zu können, mehr Energie zu haben oder Schmerzen länger auszuhalten, so können wir uns doch viele Situationen der heutigen Gesellschaft vorstellen, in denen dies vorteilhaft ist.

Insofern könnte es durchaus sein, dass Amphetamin oder Methylphenidat von vielen genommen wird, nicht um eine medizinische Krankheit zu behandeln, sondern um einen bestimmten Lebens- oder Arbeitsstil zu unterstützen, also als “lifestyle drug”. Es grenzt fast an ein Wunder, dass die Verwendung solch einer Substanz, die sonst als Täuschungsversuch und/oder Straftat aufgefasst wird, durch die Diagnose einer nicht objektiv feststellbaren psychischen Störung legitimiert wird. Dazu noch ein paar abschließende Gedanken.

Substanzen und gesellschaftliche Rollenbilder

Substanzen wie Amphetamin oder Methylphenidat sind keine neuen Entdeckungen, sondern stammen aus den 1930er und 1940er Jahren. Schon früher wurden sie zur Leistungssteigerung am Arbeitsplatz, im Studium oder im Sport verwendet (Schleim & Quednow, 2017, 2018).

In den meisten Kriegen des 20. Jahrhunderts dürften sie eine wichtige Rolle gespielt haben. Belegt ist etwa, dass die Deutsche Wehrmacht sie für ihren Blitzkrieg verwendete (Ohler, 2015). Die verschiedenen gesellschaftlichen Kontexte, in denen sie ebenfalls großen Anklang fanden, wurden bereits andernorts beschrieben (Dany, 2008; Rasmussen, 2008).

Darin äußert sich aber auch ein etwas widersprüchlicher Umgang mit den Mitteln durch unsere Gesellschaft und ihre Institutionen: Geht es um besseres Arbeiten in Schule oder im Studium und liegt eine Diagnose vor, dann ist der Konsum gesellschaftlich gewünscht. Hochrangige Experten räumten tatsächlich schon vor vielen Jahren ein, dass dabei eine moralische Komponente mitschwingt (Schleim, 2014).Will ein Land seine Interessen militärisch durchsetzen, dann gehört der Substanzkonsum mitunter zur soldatischen Pflicht.

Wollen Menschen mit solchen Mitteln aber schlicht auf Partys länger Spaß haben, dann ruft das prinzipiell Polizei und Staatsanwaltschaft auf den Plan. Ob Personen in verantwortungsvollen Positionen – denken wir an operierende Ärzte oder Piloten – zu den Mitteln greifen sollten oder eben Schüler und Studierende auch ohne psychische Störung, ist seit mehr als zehn Jahren Gegenstand der Diskussion um das “Cognitive Enhancement” oder “Gehirndoping”.

Dabei sei auch kurz auf die Pharmakologie der Substanzen verwiesen: Methylphenidat und das hierzulande eher verpönte, in den USA aber wieder sehr beliebte Amphetamin (“Speed”) ähneln sich auf molekularer Ebene. Der Unterschied zwischen Letzterem und dem gesellschaftlich geächteten Methamphetamin (Szenename: “Crystal Meth”), das übrigens viele Wehrmachtssoldaten auf offiziellen Beschluss als “Panzerschokolade” verzehrten, beträgt im Wesentlichen eine Methylgruppe (chemisch: CH3).

Wie weiter oben erklärt, ist der Unterschied zwischen Genussmittel, Medikament und Droge kein naturwissenschaftlicher, sondern ein vom Menschen gemachter. Die Analyse, welche Substanzen wir für welche Zwecke erlauben, ist also auch ein Spiegel der Normen unserer Zeit.

Dann überrascht es auch nicht, dass Untersuchungen zur Verbreitung von “Gehirndoping” unter Studierenden herausfanden, dass dieses Verhalten in Umgebungen mit größerem Wettbewerb häufiger vorkommt (Schleim & Quednow, 2017, 2018).[7] Es ist nicht anzunehmen, dass Menschen mit einer ADHS-Problematik ausgerechnet solche Umgebungen wählen; wohl aber könnte in so einer Umgebung ein vergleichsweise niedrigeres Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration schneller auffallen. Wieder einmal stoßen wir so auf die Bedeutung des gesellschaftlichen Zusammenhangs (Schleim, 2014).

Das macht die Erinnerung daran wichtig, wie schon früher Medikamente oder andere Mittel für gesellschaftliche Zwecke eingesetzt wurden. Der Psychiater Peter Kramer, der in den 1990ern Psychopharmaka an Menschen ohne psychische Störungen verschrieb und mit seinen Erzählungen über die Effekte weltberühmt wurde, machte schon damals auf die “Mother’s Little Helpers” aufmerksam (Kramer, 1993).

So wurden in den 1950ern und 1960ern Aufputsch- oder Beruhigungsmittel häufig an Frauen verschrieben, die Mühe mit ihren Aufgaben in der Kindeserziehung oder im Haushalt hatten. In Deutschland wurde von den 1950ern bis frühen 1980ern das Mittel “Frauengold” vermarktet – im Wesentlichen enthielt es Alkohol –, das Frauen ausdrücklich beim Bewältigen des Alltags, des Berufs oder der Liebesbeziehung helfen sollte.

Wieder einmal sehen wir, dass der Fokus auf die Substanzen auf das Individuum zielt und nicht darauf, etwas an dessen Lebensumständen zu verändern. Die Frage, ob Amphetamin, Methylphenidat sowie andere Substanzen die kleinen Helferlein oder das “Menschengold” von heute sind, lasse ich hier für die Beantwortung durch die Leserin oder den Leser im Raum stehen. Dass es die Mühe wert ist, darüber nachzudenken, scheint mir aber offensichtlich.

Schlussfolgerung

Wir begannen mit einer Einleitung, die den Bogen dieses Themenkomplexes vom Individuum zur Gesellschaft spannte. Der gesellschaftliche Zusammenhang spielte sowohl bei der Frage, was Drogen sind, als auch bei der Analyse des Medikamentenkonsums zur Behandlung der ADHS eine Rolle.

Im letzten Abschnitt haben wir einige Indizien darüber kennengelernt, dass psychotrope Substanzen zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen gebraucht werden können. Wie wir eingangs gesehen haben, schließt der Gegenstandsbereich der Medizin über die Gesundheitsdefinition ausdrücklich auch das Soziale mit ein.

Aus sich heraus ist nicht nachvollziehbar, wieso die meisten medizinischen oder psychologischen Interventionen dann ausschließlich oder vor allem aufs Individuum abzielen und nicht auf den gesellschaftlichen Zusammenhang. Das psychiatrische Diagnosehandbuch der Amerikanischen Vereinigung umfasst, je nach zählweise, rund 150 bis 600 verschiedene Störungen. Allerdings beschreibt keine einzige von ihnen eine abnormale oder gestörte Umgebung, sondern nur abnormale oder gestörte Personen.

Dabei wissen wir um den prägenden Einfluss der biologischen wie sozialen Umwelt auf Körper und Geist des Menschen. Es wäre die Aufgabe eines politischen Aufsatzes, diesen Fokus auf das Individuum vor dem Hintergrund des vorherrschenden neoliberalen Denkens zu analysieren. Denn auch dabei geht es um die Vernachlässigung des sozialen Zusammenhangs und das Hervorheben der Verantwortlichkeit jedes Einzelnen: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied; und damit auch, wohlgemerkt, seines eigenen Versagens.

Wenn es um Drogen und Medikamente geht, dann geht es also auch um Mensch und Gesellschaft. Substanzen können in diesem Spannungsfeld einen wichtigen Beitrag leisten. So gewannen die Bewohner des mittelalterlichen Städtchens nach einer Plünderung durch den “Zaubertrank” neue Hoffnung. Wer würde es ihnen verübeln, wo ihre Lage angesichts der fürstlichen Übermacht doch aussichtslos erschien? Wer alle Probleme auf diese Weise löst, also individualisiert, dem muss aber klar sein, dass er die Welt damit entpolitisiert und entsozialisiert.

Der Mensch wird dann letztlich eine biologische Maschine, die ähnlich wie ein Roboter an die Anforderungen der Umgebung angepasst wird. Gesetzgeber, Ärzte und Psychotherapeuten spielen dabei eine entscheidende Rolle. Unsere Gedanken über Medikamente und Drogen unterliegen einem Wandel, auch in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Erwartungen. Das heißt, dass sie sich jederzeit wieder ändern können.

Hinweis: Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form bereits im Sammelband „altered states: Substanzen in der zeitgenössischen Kunst“ im Zusammenhang mit der gleichnamigen Ausstellung des Kunstpalais Erlangen. Wir danken dem Kunstpalais für die freundliche Genehmigung der Zweitveröffentlichung. Die Titelgrafik ist von analogicus auf Pixabay.

Die Serie über Drogenpolitik

Fußnoten

  1. Das ist der Präambel der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation entnommen, die 1946 von den Abgesandten von 61 Nationen unterzeichnet wurde und 1948 in Kraft trat, siehe hier.
  2. So etwa der Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 8. Auflage, 2015.
  3. Siehe dazu aber zum Beispiel die Interviews mit Jan Fährmann (Mit Drogenpolitik wird Sozial- und Migrationspolitik gemacht, Warum repressive Drogenpolitik nicht funktioniert).
  4. Für einen Ländervergleich, siehe zum Beispiel den WHO “Global status report on alcohol and health“.
  5. Das Thema und die Zahlen habe ich ausführlicher in meinem Telepolis-Artikel “Brauchen wir ein Alkoholverbot?” vom 26. Februar 2017 diskutiert. Anlass war der Artikel zweier Journalisten, der erst unter der Überschrift “Wie die Alkoholindustrie uns dazu bringt, immer weiter zu trinken” auf der Journalismusplattform Correctiv.org und dann zwei Tage später auf ZEIT Online unter “Alkohol: Saufen bis zum Darmkrebs” erschien.
  6. Siehe online hier.
  7. Sehr zu empfehlen ist hierzu auch die amerikanische Dokumentation “Take Your Pills” (2018).

Literatur

– Bachmann, C. J., Wijlaars, L. P., Kalverdijk, L. J., Burcu, M., Glaeske, G., Schuiling-Veninga, C. C. M., . . . Zito, J. M. (2017). Trends in ADHD medication use in children and adolescents in five western countries, 2005-2012. Eur Neuropsychopharmacol, 27(5), 484-493. doi: 10.1016/j.euroneuro.2017.03.002
– Dany, H.-C. (2008). Speed : eine Gesellschaft auf Droge: Hamburg : Ed. Nautilus , 2008. – 189 S.
– Frisch, S. (2016). Are Mental Disorders Brain Diseases, and What Does This Mean? A Clinical-Neuropsychological Perspective. Psychopathology, 49(3), 135-142. doi: 10.1159/000447359
– Kramer, P. D. (1993). Listening to Prozac. New York, N.Y., U.S.A.: Viking.
– Kupferschmidt, K. (2014). The dangerous professor. Science, 343(6170), 478-481. doi: 10.1126/science.343.6170.478
– Lange, K. W., Reichl, S., Lange, K. M., Tucha, L., & Tucha, O. (2010). The history of attention deficit hyperactivity disorder. Atten Defic Hyperact Disord, 2(4), 241-255. doi: 10.1007/s12402-010-0045-8
– Nutt, D., King, L. A., Saulsbury, W., & Blakemore, C. (2007). Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse. Lancet, 369(9566), 1047-1053. doi: 10.1016/S0140-6736(07)60464-4
– Ohler, N. (2015). Der totale Rausch. Drogen im Dritten Reich. Köln: Kiepenheuer & Witsch.
– Orsolini, L., Ciccarese, M., Papanti, D., De Berardis, D., Guirguis, A., Corkery, J. M., & Schifano, F. (2018). Psychedelic Fauna for Psychonaut Hunters: A Mini-Review. Frontiers in Psychiatry, 9(153). doi: 10.3389/fpsyt.2018.00153
– Rasmussen, N. (2008). America’s first amphetamine epidemic 1929-1971: a quantitative and qualitative retrospective with implications for the present. Am J Public Health, 98(6), 974-985. Schleim, S. (2014). Whose well-being? Common conceptions and misconceptions in the enhancement debate. Frontiers in Systems Neuroscience, 8. doi: 10.3389/fnsys.2014.00148
– Schleim, S. (2018a). Was sind psychische Störungen? Grundlagenfragen, gesellschaftliche Herausforderungen, Alternativen zur Biologie Hannover: Heise.
– Schleim, S. (2018b). Subjective Experience, Heterophenomenology, or Neuroimaging? A Perspective on the Meaning and Application of Mental Disorder Terms, in Particular Major Depressive Disorder. Frontiers in Psychology, 9(702). doi: 10.3389/fpsyg.2018.00702
– Schleim, S., & Quednow, B. B. (2017). Debunking the ethical neuroenhancement debate. In R. ter Meulen, A. D. Mohamed, & W. Hall (Eds.), Rethinking cognitive enhancement: A critical appraisal of the neuroscience and ethics of cognitive enhancement (pp. 164-175). Oxford, UK: Oxford University Press.
– Schleim, S., & Quednow, B. B. (2018). How Realistic Are the Scientific Assumptions of the Neuroenhancement Debate? Assessing the Pharmacological Optimism and Neuroenhancement Prevalence Hypotheses. Frontiers in Pharmacology, 9(3). doi: 10.3389/fphar.2018.00003
– Stier, M. (2013). Normative preconditions for the assessment of mental disorder. Front Psychol, 4, 611. doi: 10.3389/fpsyg.2013.00611
– Tebartz van Elst, L. (2017). Vom Anfang und Ende der Schizophrenie: Eine neuropsychiatrische Perspektive auf das Schizophrenie-Konzept. Stuttgart: Kohlhammer.
– Wittchen, H. U., Jacobi, F., Rehm, J., Gustavsson, A., Svensson, M., Jonsson, B., . . . Steinhausen, H. C. (2011). The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. Eur Neuropsychopharmacol, 21(9), 655-679. doi: 10.1016/j.euroneuro.2011.07.018

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85 Kommentare

  1. Nur ergänzend :
    Drogen, insbesondere sog. Kulturdrogen “westlicher” Gesellschaften, dienen dem Sozialen, es ist halt langweilig mit irgendwelchen Personen zusammenzusitzen, wenn es keinen klaren Auftrag, kein gemeinsames Ziel gibt.
    Früher gab es die verräucherte Kneipe, in der viele unterschiedlicher Herkunft und Interessenlage zusammen saßen und es ohne Nicht-Soft-Drink und womöglich auch ohne Fluppe gar nicht auszuhalten war, q.e.d.
    Die Sexualität spielt hier auch hinein, weniger in der Kneipe, in der Männerkneipe sozusagen, dort nicht, haha.
    Bei einigen der im WebLog-Artikel genannten Substanzen oder Drogen, jedenfalls : Wirkstoffen, sind einige sehr skeptisch, Dr. W hatte mal einen Bekannten, einen jungen Mann, der nach dem Konsum sog. Magic Mushrooms, sozusagen unbeabsichtigten Suizid begang.

  2. “Verantwortlichkeit jedes Einzelnen: … seines eigenen Versagens.”

    In der wirklich-wahrhaftigen Kommunikation des Menschlichen, gibt es weder den Einzelnen noch eigenes Versagen, Mensch bedeutet immer alle, also …!?

  3. Bonuskommentar hierzu noch, weil einige Missverständnisse vorzuliegen scheinen :

    Dabei wissen wir um den prägenden Einfluss der biologischen wie sozialen Umwelt auf Körper und Geist des Menschen. Es wäre die Aufgabe eines politischen Aufsatzes, diesen Fokus auf das Individuum vor dem Hintergrund des vorherrschenden neoliberalen Denkens zu analysieren.
    [….]
    Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied; und damit auch, wohlgemerkt, seines eigenen Versagens.

    Der Liberalismus, vs. “Neoliberalismus”, der eine bestimmte wirtschaftswissenschaftliche Philosophie meint und in der Regel, abweichend meinend, von einigen was von idR politisch Linken hier “verwurstet” passend begrifflich und negativ konnotiert wird, konzentriert sich im Sinne des Sapere-Aude auf Individuen, um sie gesellschaftlich bestmöglich sozusagen mitzunehmen.
    Das Individuum wird im genannten Sinne eingeladen sein Glück zu finden, scheitert es, bedeutet dies nicht nur ‘Versagen’, es kann ja es ja erneut versuchen, und keine Herabwürdigung des Scheiternden, sondern ständige Aufmunterung.
    Wenn bspw. die ‘Droge’ etymologisch schön hergeleitet wird, kann auch im Wirtschaftlichen präzis geblieben werden.
    Der Liberalismus bedeutet insofern keine Härte und Grausamkeit.

    Keine nur Nuancen, btw : in der BRD hat das Kulturlinke sozusagen gewonnen, nicht das irgendwie gemeinte Neoliberale.

    PS :
    Irgendwie hapert es hier beim Eintippen von Kommentar, es kommt hier zu zeitlichen Verzögerungen beim Eintippen einzelner Buchstaben – und es soll ja nicht vermutet werden, dass Kommentatoren hier irgendwie beim Eintippen getracet werden.
    Ja, Dr. W kennt derartige “Add-Ons” bekannter Publikationssysteme.

  4. Was sind eigentlich Drogen?
    Droge ist ein umgangssprachlicher Begriff für rauscherzeugende Substanzen. Wörter wie Drogerie zeigen aber, dass es eine einge Beziehung zwischen Drogen und Medikamenten gibt.
    Der Medikamentenkonsum etwa in Form von Schmerz- und Schlafmitteln hatte schon immer enge Verwandtschaft zum Drogenkonsum und wird ja oft auch als Medikamentenmissbrauch gegeisselt.

    Drogenkonsum ist und war schon immer sozial beeinflusst
    Dem anderen eine Zigarette anbieten war früher ein Mittel um Kontakt herzustellen. Mit dem Alkoholkonsum ist es ähnlich. Auch Cannabis wird meist zusammen mit andere konsumiert und nur selten aus eigenem Antrieb.

    Drogenkonsum im 20. und 21. Jahrhundert
    Es gibt eine Tendenz den allgemeinen Konsum von Alkohol und Tabak zurückzudrängen. In Frankreich gibt es heute viel weniger Leberzirrhosen als vor 50 Jahren, in Russland ist die Lebenserwartung von Männern um mehrere Jahre gestiegen seit der Staat den Alkoholismus zurückdrängt.
    Verallgemeinert gesprochen gibt es eine Tendenz im 20. und 21. Jahrhundert, die gesundheitlich schädlichen Wirkungen von Drogen einzudämmen. Wenn man hier folgendes liest (Zitat):

    Unsere Gedanken über Medikamente und Drogen unterliegen einem Wandel, auch in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Erwartungen. Das heißt, dass sie sich jederzeit wieder ändern können.

    so darf man daraus nicht schlussfolgern, dass in 10 oder 20 Jahren die Haltung weit verbreitet sein könnte, dass es auf ein paar Jahre mehr oder weniger Lebenserwartung nicht ankommt und munter drauflos geraucht, getrunken und gekokst werden sollte zumal ein schneller Tod den Staat weniger kostet. Nein, das wäre völlig gegen den langfristigen Trend. Der langfristige Trend ist der eines “gesünderen”, auch längeren Lebens. Sogar in Russland wurde und wird der Alkoholismus bekämpft und hier im Westen wird inzwischen sogar eine gesündere Ernährung nicht nur empfohlen, sondern sogar zelebriert.
    Ein lebenswerteres, gesünderes, längeres und erfüllteres Leben ist doch das, was heute im Trend liegt. Und das ist nicht nur eine Mode, die von heute auf morgen aufgegeben werden könnte, sondern etwas was sich über viele Jahrzehnte gehalten hat und weiter halten wird.

  5. Liberalismus – “Wandel gesellschaftlicher Erwartungen”, im Zustand zeitgeistlich-reformistischer Konfusion!?

  6. @Webbär: Neo und so weiter…

    Lassen Sie uns nicht durch Spitzfindigkeiten wie der richtigen Bedeutung von “Neoliberalismus” vom wichtigen Thema abweichen.

    Der wichtige Punkt hier ist, dass man vielleicht scheitern, wieder aufstehen, scheitern, wieder aufstehen… und so weiter kann. Aber irgendwann ist die Energie mal aufgebraucht. Schon einmal von der Burn-out- oder Depressions-Epidemie gehört?

    Und genau dann ist man eben nicht nur seines eigenen Glückes, sondern auch seines eigenen Scheiterns Schmied. Und dann kommt eventuell der Psychiater und versteckt das hinter seinem medizinischen Modell und verschreibt Pillen. Problem gelöst. Oder nicht?

  7. @Holzherr: Noch nicht ganz im Paradis

    Wie erklären Sie sich dann aber, dass gleichzeitig immer mehr über die (angeblich zunehmende) Fettleibigkeit und die (sicherlich zunehmenden) chronischen Erkrankungen gesprochen wird? Und diese betreffen nicht nur sehr alte Menschen, liegen also nicht nur an der steigenden Lebenserwartungen.

    Ich halte unsere Gesundheitskultur für sehr doppelbödig: Einerseits wird das Individuum immer mehr für seine eigene Gesundheit verantwortlich gemacht; andererseits ist ein gesundes Leben in unserer Konsumkultur kaum möglich.

  8. @Stephan Schleim (Zitat):

    Wie erklären Sie sich dann aber, dass gleichzeitig immer mehr über die (angeblich zunehmende) Fettleibigkeit und die (sicherlich zunehmenden) chronischen Erkrankungen gesprochen wird?

    Ganz einfach: nach Tabak und Alkohol ist Fett nun der nächste Feind, der besiegt werden muss. Es geht also auch da um den Versuch einer Korrektur. Kurzum: jede Abweichung vom gesunden Lebensstil wird Ziel eines Korrekturversuchs. Das Fettsucht -Problem hat ja schon vor Jahrzenten begonnen und es braucht Jahrzehnte um es in den Griff zu bekommen.
    Allerdings gibt es solche Abweichungen vom Ideal immer häufiger und in immer mehr Bereichen. Beispielsweise haben Essstörungen zugenommen. Auch die müssen nun bekämpft werden. Oder Burn-Outs vor allem in bestimmten Berufen.

    Fazit: Die Arbeit geht den Gesellschafts- und Sozialingenieuren also nie aus.

  9. Wenn man das Problem Gesundheit und Drogen auf den Punkt bringen will, dann müssen wir in die USA schauen. Da sind schon 30 % der Bevölkerung tablettenabhängig.
    Was lernen wir daraus ? Süchtig machende Arzneimittel gilt es zu vermeiden. Entweder duch Verschreibungspflicht , durch sehr hohe Preis oder durch eine Aufklärungskampagne in der Gesellschaft.
    Zweitens gilt es zu ergründen, warum so viele Kinder ADHS haben.

    Das ist kein Geheimnis, die Lebensmittel enthalten zu viel Phosphate, zu viel Zucker, zu viel Geschmacksverstärker. Die Negativwirkungen sind bekannt, aber die Lobby im Bundestag verhindert eine Ändkerung.

    Was gibt es Positives zu berichten, Der Zigarettenkonsum geht zurück, ebenso der Alkoholkonsum.

  10. @H.Wied (Zitat)

    : Das ist kein Geheimnis, die Lebensmittel enthalten zu viel Phosphate, zu viel Zucker, zu viel Geschmacksverstärker

    Ja, wobei das was hier machen, nämlich eine Schuldzuschreibung an die Industrie auch schon lange gängig ist. Aber es stimmt schon: die Verbraucher lassen sich verführen. Getränke mit viel Zucker werden (über-)konsumiert – einfach weil es sie gibt. Und irgendwann kommt dann der gesellschaftliche und gesetzgeberische Druck an die Anbieter, an die Industrie, dies zu ändern. Letztlich geht es nicht anders. Der frei entscheidende Konsument ist tatsächlich ein Mythos. Den gibt es vielleicht als Einzelfall, aber eben nicht im Kollektiv. Im Kollektiv verhalten sich Menschen recht berechenbar, ähnlich wie Ameisen und die Gesellschaft muss diese Ameisen so lenken, dass sie sich nicht selber schädigen.

  11. @Holzherr: Kampf

    Was Sie immer “bekämpfen” – beim letzten Mal war es “ausrotten” – wollen.

    Auf die Paradoxie gehen Sie aber nicht ein, dass wir nämlich Individuen immer mehr für ihre eigene Gesundheit verantwortlich machen, es gleichzeitig aber immer mehr chronische Erkrankungen und Risikofaktoren (wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck…) zu geben scheint.

    Wie soll Ihr “Kampf” gegen das Ungesunde denn bitteschön aussehen?

  12. @Wied: ADHS und Nahrung

    Das ist mir zu platt… und die Qualität der Nahrung hat sich wohl nicht erst seit den 2000ern verschlechtert, seit es diesen rasanten Anstieg der ADHS-Diagnosen (in Deutschland, in den USA etwas früher) gab.

    Ich würde vermuten, dass es 1) mehr mit der Umwelt zu tun hat (Reizüberflutung), 2) die Kriterien für eine ADHS-Diagnose abgeschwächt wurden, wir 3) generell die Neigung haben, was früher normale Probleme sind mit einem medizinischen Begriff zu versehen und 4) auch die Erwartungshaltung an Kinder und Jugendliche (und dann vor allem Jungen, die ja die meisten Diagnosen bekommen) anders geworden ist.

    Daher noch ein kleiner aber feiner Unterschied: Jemandem eine ADHS-Diagnose geben ist nicht dasselbe wie “ADHS haben“.

    P.S. Wenn Sie das Thema so interessiert, darf ich Sie dann auf meine beiden Artikel zum Thema aufmerksam machen:

    30 Jahre Aufmerksamkeitsstörung ADHS

    ADHS und die Suche nach dem Heiligen Gral

  13. @Leistungswettrennen

    Bei dem derzeitigen Konsumniveau habe ich wenig Verständnis dafür, dass vielerorts immer noch ein Leistungswettrennen um die Arbeitsleistung geführt wird. Was für einige, die entsprechend befähigt und ambitioniert sind, wohl eher eine Art Spaß und Sport zu sein scheint, führt das bei den meisten aber eher zu Lebensverbrauch, Krankheit oder alternativ zum Ausschluss aus der Arbeitswelt.

    Wenn hier Drogen die Leistungsfähigkeit steigern, dann macht da keiner was dagegen, auch wenn die Menschen dann eher noch schneller ganz erschöpft sind und aufgeben müssen bzw. aussortiert werden. Die Arbeitgeber müssen da nicht für aufkommen, dass wird im wesentlichen von den Sozialsystemen übernommen, die hauptsächlich durch die Steuern und Abgaben der Arbeitnehmer finanziert werden. Wenn die Mitarbeiter durch sind, sucht man sich eben Neue, und wenn die vor Ort fehlen, holt man eben Migranten ins Land. Die arbeiten auch.

    Vor lauter Stress kommen viele gar nicht mehr zum Kinderkriegen, auch egal, dann holen wir uns eben noch mehr Migranten. Und die drohenden Leerstände auf dem Wohnungsmarkt hat man mit genug Migranten dann auch vermeiden. Passt doch alles, wo ist das Problem mit der Leistungsgesellschaft? Der Mensch dient fleißig der Wirtschaft, wer leidet bis er nicht mehr kann, hat dann eben irgend eine psychische Störung, wenn keine handfeste Krankheit zur Hand ist. Die wird dann schön fürsorglich behandelt, wo andere dann auch wieder gute Geschäfte mit machen.

    Wenigstens bekommt man Rente oder Grundsicherung, wenn es wirklich nicht mehr geht. Aber die vielen früh Ausgemusterten würden sehr viel lieber gar nicht erst krank geworden sein. Ich finde, dass Arbeit zu wesentlich für den Menschen ist, dass man hier dieses Wettrennen von einigen ziemlich schlecht reflektierten Vertretern noch von Staats wegen erst zur Tugend, und dann auch noch zur Pflicht machen will.

    Gerade Harz4 und der dadurch entstandene Niedriglohnsektor ist neben dem Angriff auf die Lebensqualität einer Mehrheit unter den Menschen auch eine Katastrophe für die Gesundheit von ziemlich vielen. Letztendlich hat auch der Niedriglohnsektor maßgeblich zur meiner Ansicht übermäßigen Migration geführt. Wenn da nicht so eine Menge an schlecht bezahlten Jobs zur Verfügung ständen, wären die meisten EU-Arbeitsmigranten nie auf die Idee gekommen, nach Deutschland zu kommen. Hätten wir durchgängig einen vernünftigen Mindestlohn gehabt, hätten sich viele Firmen gar nicht erst hier niedergelassen, sondern wären gleich nach Ost- und Südeuropa gegangen, wo sie auch ein passendes Lohnniveau gefunden hätten. So wie es jetzt läuft, gefährden wir die Stabilität der EU und letztlich womöglich noch den sozialen Frieden im eigenen Land.

    Es heißt immer, am wichtigsten wären möglichst gute Wirtschaftsdaten und möglichst viele Arbeitsplätze. Das die daraus folgende Belastung zu Krankheit und Geburtenmangel führt, wird einfach ignoriert. Dass der daraus resultierende Konsum auf unserem Niveau der Lebensqualität kaum noch was bringt und dazu noch die Ressourcen und das Klima beschädigt, wird hier einfach ignoriert. Es geht um nichts als im Prinzip sinnlose Geschäfte von Leuten, die irgendwie den Bezug zur Wirklichkeit verloren haben, und Wirtschaften als eine Art Sportveranstaltung verstehen, wo man eben immer gewinnen muss.

    Vielleicht sollten Mediziner mal besser gucken wie sie diesen Leuten helfen können, die irgendwie leistungsmäßig durchgegangen sind, und den Weg zurück in ein gutes und gemütlichen Leben nicht mehr wieder finden. Hier sind dann tatsächlich Individuen für die Misere verantwortlich, und nicht nur für ihre eigene.

  14. Die Ursache aller Probleme unseres “Zusammenlebens” ist der nun “freiheitliche” Wettbewerb und das “gesunde” Konkurrenzdenken um “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei” – Der Kreislauf des geistigen Stillstandes!

  15. “… des sozialen Zusammenhangs, in dem Substanzen konsumiert werden.”

    Der soziale Zusammenhang, ist die bewusstseinsbetäubende Pflege der Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und “Individualbewusstsein”, wo Symptomatik in geistig-heilendes Selbst- und Massenbewusstsein / zweifelsfrei-eindeutige Wahrheit verhindert wird – Das fängt schon mit unserer Religion an, die Uneigennützigkeit “wie im Himmel all so auf Erden” propagiert, aber nur auf Himmel und Verantwortungslosigkeit in Sündenbocksuche reduziert wird!

  16. @ Tobias Jeckenburger

    “Der Mensch dient fleißig der Wirtschaft, wer leidet bis er nicht mehr kann, hat dann eben irgend eine psychische Störung, wenn keine handfeste Krankheit zur Hand ist. Die wird dann schön fürsorglich behandelt, wo andere dann auch wieder gute Geschäfte mit machen”.

    Dies ist die tatsächliche Realität, systemimmanent generiert werden dadurch gesellschaftlich Produkte, wie “Drogenabhängige” und oder die immer größer werdende Anzahl von “Hikikomori” https://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/hikikomori-wie-junge-japaner-das-leben-aussperren-a-1202103.html , die allenfalls noch, hier und da, deplatziert Kommentare abzusondern in der Lage sind.

  17. @Jeckenburger

    Mediziner sind in sehr seltenen Ausnahmen auch brauchbare Philosophen und Soziologen. Überwiegend sind sie extreme Fachidioten 😏

  18. Stefan Schleim,
    natürlich war meine Behauptung platt mit den Giftstoffen in der Nahrung., mit einem Aufhänger muss man anfangen.
    Was auch gern vergessen wird, man hat den Kindern in den Städten den Lebensraum genommen. Die Spielplätze sind zu wenig , zu klein und nicht kindgerecht. Kinder wollen Abenteuer erleben und kein Schild lesen : Für Kinder über 14 Jahre verboten.

    Und was auch vergessen wird, Kinder brauchen eine Aufgabe. Wer morgens um 6 Uhr schon den Kuhstall ausmisten muss, der hat keine ADHS mehr. Der schläft erst mal die ersten zwei Stunden in der Schule.

    Die Drogenproblematik zu lösen ist unmöglich , wenn man nicht die Lebensumstände verbessert. Bei uns hat man gerade die Bebauungsdichte erhöht, weil halt mehr Wohnungen mehr Mieteinnahmen bringen.

  19. @Wied: Bebauungsdichte ist auch ein nebensächlicher Aufhänger, wo der Geschäfts-Sinn und die Bewusstseinsschwäche unterstützende Symptomatik in Steuern zahlen, usw. überhaupt das Problem ist – Kapitalismus-light ist auch nur ein illusionärer Traum der glücklichen Sklaven 😏👆

  20. Lassen Sie uns nicht durch Spitzfindigkeiten wie der richtigen Bedeutung von “Neoliberalismus” vom wichtigen Thema abweichen.

    Es steht Ihnen jedenfalls nicht gut, lieber Herr Dr. Stephan Schleim, wenn Sie den Begriff ‘Neoliberalismus’ falsch verwenden.

    Ansonsten schließt sich Dr. Webbaer Ihren Einwänden teils gerne an, es gibt ja auch Personen, die gar nicht in der Lage sind ihr persönliches Glück zu suchen, weil ihnen der Antrieb fehlt, der beispielsweise darin bestehen kann regelmäßig zu einer bestimmten Zeit aufzustehen oder ein bestimmtes Ziel längere Zeit zu verfolgen, so dass es zumindest theoretisch erreicht werden kann.
    Dieser Einwand genügt aber nicht von der Leistungsgesellschaft wegzugehen, es kann sich schlecht an denjenigen zuvörderst orientiert werden, die „es“ nicht schaffen können.
    Dafür gibt es den Sozialstaat.
    Die BRD ist wie jede liberale Demokratie eine Leistungsgesellschaft, jedenfalls in der Theorie und nur um die kann es hier gehen.

    Drogen helfen hier womöglich teilweise, haben aber Nebenwirkungen und verändern die individuelle Persönlichkeit, können insofern letztlich nicht ausreichen.
    Vielleicht wollen Sie darauf hinaus…

  21. @ Kommentatorenfreund ‘bote’

    Und was auch vergessen wird, Kinder brauchen eine Aufgabe. Wer morgens um 6 Uhr schon den Kuhstall ausmisten muss, der hat keine ADHS mehr. Der schläft erst mal die ersten zwei Stunden in der Schule.

    Sicher, es gibt Leute, die irgendetwas tun müssen, nicht bspw. janz entspannt Fernsehen gucken oder ein Buch lesen können, gar nicht so wenige davon, daran müsste nichts anormal sein, und eine ADHS-Diagnose mit sich anschließender Medikation kann hier kaum “die Lösung” sein.
    Unruhige Kinder bspw. können ruhig gestellt werden, wenn sie eine angenommene Aufgabe haben, die sie auslastet.
    Mag sein, dass hier biochemische Reaktion erfolgt.
    Ordinärer Schulunterricht kann ja sehr schrecklich sein, Dr. W erinnert sich hier selbst an höchst unerfreuliche Sitzungen.

  22. Dr. Webbaer,
    ja, ja , der Schulunterricht. Zu meiner Zeit war die Schulaufsicht menschenfreundlicher aber auch etwas blind.. Z.B. gab es jeden Morgen Milch und Brötchen für die Schulkinder. Da wurde ab 9 Uhr in allen Klassen gefrühstückt.
    Dann hatten die Kinder kein ADHS mehr, dafür sorgten die Lehrer, die prügelten uns noch durch. Mein Musiklehrer hat mich am Hals gepackt und gewürgt und dann gegen die Wand geworfen, weil ich falsch sang. Aber das stärkte die Klassengemeinschaft, wer die meisten Schläge bekommen hatte, war am angesehensten.
    Und der Klassenlehrer , ein ehemaliger SS-Hauptmann, der erzählte dann ausführlich, wie man Russen umbringt ohne Munition zu verwenden.
    Was hat das jetzt mit Drogen zu tun ? Nun die Menschen damals , die hatten genug Arbeit, und wer keine hatte, der klaute, hehlte oder steckte halt den Kopf in den Gasherd. Die Selbstmordrate war damals hoch. Der Vater meines Schulfreundes hat Selbstmord gemacht, weil ihn die Kommunisten so verprügelt hatten, dass er ein Auge verlor.

  23. @web🐻

    “… weil ihnen der Antrieb fehlt …”

    Oh Mann 😒 – Wir sind alle im selben Maße “durchströmt” vom Geist der “Gott” / Schöpfung ist, für Vernunft zu Verantwortungsbewusstsein in zweifelsfrei-eindeutige Wertigkeiten wie Freiheit / Freier Wille / “wie im Himmel …”, NICHTS gehört dem “Einzelnen” allein, sogar/besonders unsere Gedanken nicht, weil wir immer abhängig von Geist und Gemeinschaft evolutionär-geprägt wachsen/existieren!?

    Hör auf in Hierarchie zu materialistischer “Absicherung” zu funktionieren!

  24. @web🐻

    Auch das BGE ist heuchlerisch-verlogener Zynismus, für den zeitgeistlich-reformistischen Kreislauf des imperialistischen Faschismus!

  25. @ Kommentatorenfreund ‘bote’

    Aber das stärkte die Klassengemeinschaft, wer die meisten Schläge bekommen hatte, war am angesehensten.

    Dies wäre dann der kollektivistische Ansatz, bei dem diejenigen, die an den Schlägen zerbrechen, dem Wohl des Kollektivs unterzuordnen sind, das auch Kommentatorenfreund ‘hto’ als zentral befürwortet, hier wächst dann politisch “rechts” und politisch “links” im kollektivistischen Sinne zusammen.

    Dr. Webbaer mag es ja, wenn sich hier, der Toleranz des werten hiesigen Inhaltegebers geschuldet, einige aussprechen, ausschreiben können.

    MFG – WB

  26. Dr. Webbaer,
    Wenn sich diese Sichtweise nicht nur schon früher durchgesetzt hätte.
    In den KZs stritten sich die Sozialdemokraten und die Kommunisten immer noch über den richtigen Weg. Später mehr.

  27. ZU Th. Jeckenburger
    Frage . Ist nun der Mensch krank oder diese Gesellschaft ? Das Kapital benötigt einen “Hochleistungsmenschen” der sich ausbeuten lässt und in diesem Hamsterrad weitgehend nur noch Konsument(Verbraucher) ist. Kinder werden importiert in der Hoffnung, dass sie sich in diesen fragwürdigen Werten dieser Gesellschaft integrieren, was Wunschträume sind. Drogen werden schon an Grundschulen gehandelt weil der Gewinn wichtiger ist als jede Moral. Menschen, die so erzogen werden, werden andere Menschen immer als Gegner betrachten ,ihnen misstrauen und nur ihre eigenen Vorteile sehen, sprich Befriedigung ihres eigenen Egos aus Kosten anderer. Vielleicht nehmen Menschen auch deswegen Drogen, weil sie mit dieser verlogenen Doppelmoral nicht mehr zurecht kommen, wo auch die Kirche keine lebenswerten Werte mehr bietet weil dort Kinder von Geistlichen missbraucht wurden bzw. pompöse Prachtbauten wichtiger sind ?
    Mit Drogen kann man Milliarden verdienen und politische und wirtschaftliche Macht ausüben, Menschen manipulieren, Gehirnwäsche betreiben. Menschen, die diese “Hilfe” benötigen, wird es immer geben, da Menschen immer in irgendeiner Form leiden und Hilfe suchen, sei es nun wie früher beim Medizinmann, Zaubertrank oder heute bei irgendwelchen Gurus oder Drogen. Drogen sollten also so gesehen nicht dem gierigen kapitalistischen Markt überlassen werden, wo der Mensch nur Ware ist, sondern einem medizinisch Ausgebildeten .

  28. @web🐻

    Dem “Kollektiv” des “freiheitlichen” Wettbewerbs zum Wohle, werden die Ausgebeuteten mit Psychotherapie und Drogen oder “Entwicklungshilfe” und Waffen behandelt, wenn sie dem “gesunden” Konkurrenzdenken nicht mehr standhalten – einem “Liberalen” wie Dir muss das mächtig stolz machen!?

  29. @ Kommentatorenfreund ‘bote’

    In den KZs stritten sich die Sozialdemokraten und die Kommunisten immer noch über den richtigen Weg.

    Dies war so, wobei auch im Stalinismus einige Gläubige einen Aufmunterungsspruch für den Vozhd auf den Lippen hatten, bei ihrem Abgang, den sie als persönlich zwar falsch, aber einem Irrtum des Vozhd zugeschrieben haben (der ja vorkommen könnte).

    Vgl. auch mit dem Wagen, tschechisch ‘vozík’ :

    -> https://de.langenscheidt.com/tschechisch-deutsch/vozík

    Vergleiche auch mit ‘neoliberal’ (Artikeltext) und dem Ansatz das bestimmte Probleme nicht im Kollektivistischen zu sehen sein sollten.

    MFG – WB

  30. Das Komplementär zu Liberalismus ist nicht Kollektivismus, sondern Kommunitarismus. Kommunitarismus umschreibt als politischer Begriff das, was soziologisch die Systemtheorie ist und ansonsten das angesprochene soziale Gefüge/Netz/Umfeld.
    Darüber gab es in den 80èrn im Westen eine ordentliche Debatte, die im Osten/Ostblock nicht geführt werden konnte/durfte.
    Manchmal macht es mir den Eindruck, wir sollten diese Debatte nochmal führen bzw. sie wird gerade ausgehandelt.
    Sehr guter Einblick in den Diskurs damals mit Auswirkungen auf heute: https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunitarismus
    Die Synthese aus Liberalismus und Kommunitarismus ist das Individuum im Sozialen. Was aber das konkret Soziale ist, was Kultur, was individuelle und gesellschaftliche Norm, was Regel oder Sitte, was Anstand, was Wert und was ideologisch oder religiös, das wird demokratisch ausgehandelt. Dabei kann es schon mal hoch her gehen wie gerade.

  31. Die Synthese aus Liberalismus und Kommunitarismus ist das Individuum im Sozialen. Was aber das konkret Soziale ist, was Kultur, was individuelle und gesellschaftliche Norm, was Regel oder Sitte, was Anstand, was Wert und was ideologisch oder religiös, das wird demokratisch ausgehandelt. [Kommentatorenfreund ‘Mussi’]

    Kann so gesehen werden, ansonsten wäre LInksliberales gar nicht möglich, widerspricht aber dem liberal Grundsätzlichen, dem Abfuhr von sozialem Einfluss, wenn dieser nicht direkt nötig ist.
    Zudem geht es hier ins pol. Konservative, wer in Kommunion sozusagen macht, macht im Konservativen.
    Die dbzgl. Debatten sind geführt worden.
    Der Kommunitarismus ist in vielerlei Hinsicht nicht fruchtbar und kann bspw. auch nicht zu Menschenrechten anleiten.

    Zudem leistet der Liberalismus wie im Zitierten.
    Er bestimmt so nicht direkt, sondern es wird der gesellschaftliche und nie enden werdend könnende Diskurs eingeladen, nicht ausgrenzend, sondern auch Tölpel sozusagen mitnehmend, sie nicht in Lager zu sperren zu suchen oder sonstwie in ihrer Freiheit der Meinungsäußerung einschränkend, sofern sie eben nicht gegen die liberale Demokratie kämpfen, was leider leider nicht geht, im Sinne des Demokratieparadoxons, oder Toleranzparadoxons.

    MFG – WB

  32. *
    de[r] Abfuhr von sozialem Einfluss


    Geht natürlich vom aktuellen Nachrichtendienst des werten hiesigen Inhaltegebers sozusagen fürchterlich weg,
    Opi spielt versöhnerisch und wohl auch politische Lager übergreifend im Abgang begriffen gerne noch diesen Song ein :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=low6Coqrw9Y

  33. @Stephan Schleim (Zitat):

    Auf die Paradoxie gehen Sie aber nicht ein, dass wir nämlich Individuen immer mehr für ihre eigene Gesundheit verantwortlich machen, es gleichzeitig aber immer mehr chronische Erkrankungen und Risikofaktoren (wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck…) zu geben scheint.

    Dass Zitat “Inidividuen für ihre eigene Gesundheit verantwortlich gemacht werden” steht im Widerspruch zu meiner eigenen Beobachtung, dass die Gesellschaft für immer mehr verantwortlich gemacht wird – auch verantwortlich gemacht wird für krankmachende Umstände. Wobei das viel richtiges an sich hat, denn sobald man über statistische Phänomene spricht, stehen fast immer soziale, gesellschaftliche Treiber dahinter.

    Doch sie werden es nicht glauben, in einem Punkt stimmen wir überein: Schuldzuweisungen sind noch nie so häufig wie heute. Nicht nur was krankmachende Umständen angeht, auch etwa in wenn es um die Verantwortung für den Klimawandel geht. Tendenziell sind es dann ganz wenige Übeltäter. Beim Klimawandel sollen die 100 grössten Firmen für 80% der Treibhausgase verantwortlich sein und für den Überkonsum von gezuckerten Getränken sind es ein paar Grossfirmen.

    Schuldzuweisungen sind für mich aber problematisch, denn wer die Verantwortung anderen, externen Kräften zuweist, der sieht auch oft die Handlungspflicht bei anderen. Dabei leben wir doch in Deutschland, den Niederlanden und in Europa überhaupt in Demokratien was bedeutet, dass wir zusammen die Umstände ändern können, denn die Macht liegt beim Volk, nicht bei Konzernen oder Politikern. Wenn das Volk, die Bevölkerung zum Schluss kommt, dass die Konzerne, die Gesundheitsdienste oder wer auch immer sich gegen das Allgemeininteresse verhält, dann kann das Volk zusammen mit seinen Interessenvertretern das ändern.
    Wir haben es also in der Hand, auch Gesundheitsgefahren demokratisch anzugehen. Tatsächlich wird das auch gemacht – auch in Bezug auf Sucht- und Genussmittel: Tabak- und Alkoholwerbung wird beispielsweise immer mehr zurückgedrängt.

    Doch gerade sie Herr Schleim lassen in Bezug auf Medikamente und Drogen immer wieder Haltungen durchscheinen die dem langfristigen gesellschaftlichen Trend tendenziell widersprechen. Sie sind tendenziell für Liberalisierung, dafür dass jeder selbst entscheiden kann, was er schluckt und womit er sich zudröhnt. Sicher: auch in der breiten Gesellschaft gibt es eine liberale Grundeinstellung, aber letztlich immer unter dem Vorbehalt, dass die Gesundheit besonders von Minderjährigen, aber auch von Mündigen, nicht zu schaden kommt. Und das bedeutet eben oft, dass man die Einnahme von potenziell gesundheitsschädlichen Mitteln unattraktiv macht.

  34. @Wied: Aufgaben

    [1] Und was auch vergessen wird, Kinder brauchen eine Aufgabe. Wer morgens um 6 Uhr schon den Kuhstall ausmisten muss, der hat keine ADHS mehr. [2] Der schläft erst mal die ersten zwei Stunden in der Schule.

    Zu [1]: Wäre der Satz weniger wahr, wenn dort stünde “Menschen” statt “Kinder”?

    Zu [2]: Doch passen Sie auf mit dem Schlafen im Unterricht! Neben dem Hyperaktiven Typus der ADHS gibt es nämlich auch den verträumten. 😉

  35. @Webbär: Leistungsgesellschaft

    Ich zitiere hier noch einmal aus meinem Gedächtnis den Philosophen, Mathematiker und Nobelpreisträger Bertrand Russell, nein, nicht aus meinem Gedächtnis, sondern aus meinem Aufsatz von 2008 über “Gehirndoping”:

    Ich denke, dass bei weitem zu viel Arbeit auf der Welt erledigt wird und dass immenses Leid durch den Glauben erzeugt wird, Arbeit sei tugendhaft.

    Da ich gerade knapp mit der Zeit bin, meine Meinung in aller Kürze: Das, was Sie hier die “Leistungsgesellschaft” nennen, halte ich größtenteils für eine Verarschung.

    P.S. Und streiten wir uns jetzt darüber, was die richtige Bedeutung von “Neoliberalismus” ist; darüber wurde schon viel geschrieben und gibt es viele Meinungen.

  36. @webbär
    Ergänzung: ” Das Soziale im Individum” besser? Wäre der liberale Ansatz.

  37. @Holzherr: Liberalismus

    Doch gerade sie Herr Schleim lassen in Bezug auf Medikamente und Drogen immer wieder Haltungen durchscheinen die dem langfristigen gesellschaftlichen Trend tendenziell widersprechen. Sie sind tendenziell für Liberalisierung, dafür dass jeder selbst entscheiden kann, was er schluckt und womit er sich zudröhnt.

    Ich gebe zu: Ich stehe zum politischen Liberalismus. Da sehe ich mich als Kind der Aufklärung und des Humanismus. Daher habe ich auch etwas gegen Parentalismus (bessere Alternative zum Wort “Paternalismus”).

    Gleichzeitig weise ich aber darauf hin, dass es (u.a. staatliche und kommerzielle) Interessen gibt, auf die Entscheidung der “freien” Individuen einzuwirken, bewusst wie unbewusst. Das halte ich für problematisch. Daher widersprach ich hier auch erst kürzlich dem Droge-als-Instrument-Denken Christian Müllers.

  38. @Querdenker (Zitat):

    Mit Drogen kann man Milliarden verdienen und politische und wirtschaftliche Macht ausüben, Menschen manipulieren, Gehirnwäsche betreiben.

    Ja,ein paar wenige verdienen dann auf Kosten der Gesamtheit. In Deutschland ist das hoffentlich nicht (mehr) so, doch es gibt auch europäische Gesellschaften wo etwa die Mafia und klientelistische Verbünde von Politikern, Firmen und Kriminellen immer noch erfolgreich ein Geschäftsmodell betreiben, in dem sie ohne eigene Arbeit andere berauben – moderne Raubritter quasi.

  39. Humanismus + Aufklärung = Liberalismus?

    Nee, das ist auch nur Wolkenkuckucksheim um sich rauszureden, denn die konfusionierende Unwahrheit / der geistige Stillstand seit der “Vertreibung” wurde nie transformiert, sondern in leichtfertiger Kompromissbereitschaft zur faulen Ausrede ins assimilierende Geschäftsmodell eingefügt.

  40. Stephan Schleim,
    Mensch oder Kinder ? Es wäre schön, wenn die Menschen noch alle Kinder wären. Sind wir auch noch. Irgendein Philosoph hat behauptet, erst beim Spiel werden wir zum Menschen.
    Was ich zum Ausdruck bringen will, wir müssen die Lebensumstände in den Focus nehmen. ein Mensch, der vegan ißt, hat einen niedrigeren Blutzuckerspiegel und ist friedlicher.
    Da müssen wir anfangen. Ein Mensch, der jeden Tag Sport betreibt , ist gesünder und ausgeglichener.
    Alkoholkonsum ist nur eine gedankenlose Gewohnheit. Man braucht keinen Alkohol.
    Bei Amphetaminen durchbrechen wir schon ein Tabu. Aufputschmittel und Beruhigungsmittel müssen tabuisiert werden. Das ist die richtige Richtung.
    Praktisch wird das so nicht gehen, aber man muss wenigstens die Zielrichtung kennen.

  41. Mussi, Dr. Webbaer,
    mit den Begriffen liberal, sozial , individual hat man zwar eine Einteilung aber noch keine Lösung. In der Politik hat die Partei, die sich liberal nennt,nur einer Interessengruppe verschrieben, dem wirtschaftlichen Mittelstand. Hier galt es die Steuerflut einzudämmen.
    Die Sozialen, die haben vergessen, wer sie gewählt hat. Die Individualen, die Grünen, die sind mittlerweile so korumpiert, dass sie sich jedes Parteiabzeichen anheften können. Die Einzigen, die noch den Namen individual verdienen, das sind die Schwarzen, die CDU, die sich noch der Kultur verpflichtet fühlen und der Tradition. Und paradoxerweise die Linken, die ihren eignen Weg gehen und das Soziale nicht aus den Augen verlieren, jedenfalls nicht im Parteiprogramm.

  42. Nachtrag Mussi, Dr. Webbaer,
    wenn sie für Individual das Wort liberal einsetzen, dann ist das nicht falsch.

  43. @Wied: Umstände

    Was ich zum Ausdruck bringen will, wir müssen die Lebensumstände in den Focus nehmen.

    Na, damit rennen Sie bei mir bzw. MENSCHEN-BILDER offene Türen und Tore ein!

    ein Mensch, der vegan ißt, hat einen niedrigeren Blutzuckerspiegel und ist friedlicher.

    Soso – ich wusste noch gar nicht, dass Zucker nicht-vegan ist (der Autor hatte gerade veganes Eis auf Mandelbasis).

    Alkoholkonsum ist nur eine gedankenlose Gewohnheit. Man braucht keinen Alkohol.

    Das ist immer eine Frage des Standpunkts.

    Viele Menschen beruhigt Alkohol auch, hilft ihnen, zu entspannen, leichte Ängste abzubauen (ich werde mir gleich beim Chor zwischen all den Frauen wohl auch wieder ein Pils genehmigen), das Eis zu brechen, solche Sachen.

    Natürlich könnte man das auch alles ohne Alkohol erreichen. Aber, um zu ihrer ersten Aussage zurückzukommen: Wie realistisch das ist, das ist auch von den Lebensumständen abhängig.

  44. @Stephan Schleim (Zitat):

    Daher [wegen dem Beeinflussungsversuch] widersprach ich hier auch erst kürzlich dem Droge-als-Instrument-Denken Christian Müllers.

    Ja, wenn man Belohnung mit Drogen als operante Konditionierung im Sinne von Skinner sieht, letztlich mit dem Ziel uns besser funktionieren zu lassen, dann scheint hier ein trauriges Menschen- und Gesellschaftsbild auf.
    Wobei ich nicht alle Versuche, menschliches Verhalten zu beeinflussen unter dieser Kategorie abhaken würde. Nudging (Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness (deutsch Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt) kann schon sinnvoll sein und es wird ja auch schon lange im positiven wie negativen Sinne eingesetzt. Wenn im Verkaufsladen unmittelbar vor der Kasse lauter Naschereien, Süssigkeiten, etc positioniet sind, so steckt dahinter ein Beeinflussungsversuch. Aus gesundheitlicher Sicht müsste man das umkehren und unmittelbar vor der Kasse nur gesundheitlich unbedenkliche oder gar gesundheitsfördernde Dinge positionieren. Und immer häufiger wird das auch gemacht. In Kantinen oder Mensen beispielsweise, also dort wo es nicht in erster Linie um den Absatz und Verkauf geht. Dagegen habe ich eigentlich nichts einzuwenden.

  45. Zu H. Wied
    “Ein Mensch der vegan isst hat einen niedrigen Blutzuckerspiegel und ist friedlicher…”
    Das erinnert mich an diesen Guru Maharishi Yogi, der vorgab dass wenn so und soviel tausend Menschen meditieren würden, der Weltfrieden gerettet wird. Hitler war auch Vegetarier und war der friedlich ? Der Nonsens, der die Menschen umtreibt, entsteht im Kopf, sprich in den Mustern, die ihm anerzogen werden.
    Dann funktioniert diese Spezies wie ein Zirkuspferd, was immer irgendwie sinnlos im Kreis läuft. Über Jahre und Jahrzehnte werden immer nur die Muster abgerufen, die dieses Pferd motivieren sollen und irgendwann stellt sich dieses Wesen vielleicht dann die Frage nach dem Sinn und bekommt wahrscheinlich vor Schreck einen Burnout , eine Depression oder eine andere Sinnkrise … oder wird in Erkenntnis dieses ferngelenkten Lebens drogensüchtig.

  46. Querdenker,
    umgekehrt gedacht, Spitzensportler brauchen viele Kalorien.
    Und wenn das immer noch nicht reicht, dann machen sie Doping.

    Der Zusammenhang von Nahrung und Denken, der ist erbracht. Hitler war eine Ausnahme. Ich denke, der hat bei dem Giftgasangriff in Nordfrankreich 1917 oder 16 ? ein Trauma erlitten, dass er nicht wahrhaben wollte. Die Waffenstillstandverhandlungen 1940 fanden im gleichen Eisenbahnwagen statt , im Wald von Compiègene , wie 1918 .
    Was jetzt das Beten betrifft, spiele das nicht herunter. Weißt du , wie oft deine Mutter für dich gebetet hat, wenn sie Angst hatte ?

  47. @Querdenker: “… sprich in den Mustern, die ihm anerzogen werden.”

    Ja, so kommt es zu dem Kreislauf in Konfusion und imperialistischen Faschismus.

    Klar, vegan und friedlich ist Blödsinn, aber die These mit den fusioniert-meditierenden/betenden Menschen ist ziemlich genau die richtige Einstellung, allerdings muss Mensch schon sehr genau und wohl auch deutlich mehrheitlich in wirklicher Wahrhaftigkeit einig sein – Matthäus 21,18-22, denn es geht nie um den “Einzelnen” oder wenige “gute”, Mensch bedeutet ALLE!

  48. @Wied

    Die Boshaftigkeit, die sich immer wieder zur exzessiven Grausamkeit steigert, ist nicht auf Hitler & Co. zu reduzieren, sie wird möglich weil wir weiterhin in leicht manipulierbarer Bewusstseinsschwäche von Angst, Gewalt und “Individualbewusstsein” auf Sündenbocksuche vegetieren – Vernunft zu Verantwortungsbewusstsein, bis es ohne Zweifel in Möglichkeiten von geistig-heilendem Selbst- und Massenbewusstsein …!?

  49. Es lohnt sich jedenfalls die Drogenproblematik vor einem politischen Hintergrund zu verstehen zu suchen und zu diskutieren.
    Wobei der kollektvistische oder konservative diesbezügliche Hintergrund klar weniger geeignet scheint als der Liberale.
    Blöderweise kennt der Liberalismus (auch) hier keine klare zitierfähige Antwort und insofern bleibt ein Meinungsspektrum, das aus liberaler Sicht durchgeknetet werden kann, in einem, lol, nie enden werdenden Diskurs, wobei Extrempositionen (völlige Prohibition, vollständige Freigabe) erkennbar zu meiden sind.
    Dr. W jedenfalls mag Drogen nicht sonderlich, kam mit der Ausnahme “Kulturdroge” gut ohne ihnen aus, was bei Leuten, die Kreativität suchen, anders aussehen mag.
    MFG – WB

  50. @ Herr Dr. Stephan Schleim

    Noch kurz zur Leistungsgesellschaft, diese liegt in liberaler Demokratie vor und muss nicht i.p. Tugendhaftigkeit untersucht werden.
    Sie folgt der Idee, dass in liberaler Demokratie die Leutz ihre Arbeit frei wählen können und insofern auch unternehmerisch tätig sein dürfen.
    Die Wirtschaft ist aus diesseitiger Sicht eine Art Spiel und amoralisch, vs. unmoralisch, sie hat i.p. Moral ja auch weder Mandat, noch ein naheliegendes Geschäftsfeld.

    Und noch kurz hierzu,
    der Neoliberalismus ist so zu verstehen :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Neoliberalismus

    ‘Als politisches Schimpfwort’ mag er taugen, aber diese Verwendung bleibt beliebig, soll wohl nur den Liberalismus diskreditieren und bleibt ohne Definition.

    Unsere politisch idR kollektivistischen Freunde, die so verwenden, die liberale Demokratie auch gerne Kapitalismus nennen, dürfen gerne daran erinnert werden, dass der auf dem Sapere-Aude basierende Liberalismus gewonnen hat und den liberalen Aufklärern, nicht also der franz. Linie der Aufklärung folgend, oft erfolgreich gesellschaftlich implementiert werden konnte.
    Auch die moderne und skeptizistische Wissenschaftlichkeit, es wird ja nicht mehr verifiziert, sondern auf empirischer Basis die Falsifikation von theoretischem Konstrukt gesucht, folgt insofern ganz ähnlich.
    Auch hier hat der Kollektivismus verloren und muss sich in Reservate zurückziehen, bspw. in die sog. Kritische Theorie oder in die sozialistische Marktwirtschaftslehre oder in die sog. Gender Studies (wo auch dort bekanntlich nicht jeder mitmachen kann, der der zugrunde liegenden Idee, dass das biologisch feststellbare Geschlecht des hier gemeinten Primaten sozusagen wahlfrei sei, also als Gesamtveranstaltung, gar mit akademischem Anspruch, esoterisch, vs. exoterisch ist).
    Die moderne skeptizistische Wissenschaftlichkeit ist selbstverständlich exoterisch, jeder kann der mitmachen, nach Annahme der szientifischen Methode folgt, er benötigt dann keinen zweiten Glaubensentscheid.
    Und natürlich ist nur die szentifische Methode diejenige, die Anwendungen erlaubt, die allgemein anerkannt werden.

    Dr. W mag den Begriff des Neoliberalismus nicht sonderlich, zieht den Ordoliberalismus oder (den richtig verstandenen) Sozialliberalismus hier begrifflich deutlich vor, weil der Neoliberalismus wiederum begrifflich irgendwie anzudeuten scheint, dass es beim ersten Mal mit dem Liberalismus nicht gut geklappt haben könnte, also sozusagen schlechtes Marketing bedeutetet.

    MFG – WB (für den das Ringen um Begrifflichkeit wichtig ist)

  51. *
    jeder kann [da] mitmachen, [der] nach Annahme der szientifischen Methode folgt ….

  52. *
    (wo auch dort bekanntlich nicht jeder mitmachen kann, der der zugrunde liegenden Idee, dass das biologisch feststellbare Geschlecht des hier gemeinten Primaten sozusagen wahlfrei sei, also als Gesamtveranstaltung, gar mit akademischem Anspruch, esoterisch, vs. exoterisch ist [, nicht folgt])

    Haha, Dr. W hat im Moment große Probleme in die (hübsche und erweiterte) Textbox einzutippen, irgendwie gibt es hier Probleme, die aber nicht im Netzwerk zu finden sind, Dr. W hat’s geprüft, womöglich sind JavaScripte hier aktuell unnötig bemüht.

  53. @Stefan Schleim
    „Das, was Sie hier die “Leistungsgesellschaft” nennen, halte ich größtenteils für eine Verarschung.“

    Das ist ganz entscheidend: Über den beruflichen Werdegang entscheidet nur 1/3 eigene Leistung, der Rest ist mit 1/3 Vitamin B und 1/3 ererbtes Vermögen zu veranschlagen. Aber die Ideologie dahinter lenkt den Blick ganz auf die Leistung bzw. auf das Selbtschuldsein bei Misserfolg.

    Ein Staatshaushalt mit einer Erbschaftssteuer von 75% hätte hier ganz andere Möglichkeiten. Würde aber langfristig wegen privatem Kapitalmangel nach und nach immer mehr öffentlich-rechtliche oder genossenschaftliche Organisation von derzeitigen Privatbetrieben erfordern. Derartige Konzepte fände ich sehr interessant. Wie machen das die Chinesen? Z.B. kann man dort keinen Grund und Boden erwerben, sondern nur pachten. So landen die Gewinne aus Wertsteigerungen von Grundstücken in der Staatskasse. Ich weiß, dass die Chinesen nicht demokratisch sind, das schließt aber nicht aus, dass die Chinesen auch gute Ideen für eine eher gemeinschaftliche Wirtschaftsweise entwickeln, vermute ich.

    @Martin Holzherr
    „Wenn das Volk, die Bevölkerung zum Schluss kommt, dass die Konzerne, die Gesundheitsdienste oder wer auch immer sich gegen das Allgemeininteresse verhält, dann kann das Volk zusammen mit seinen Interessenvertretern das ändern.“

    Aufgrund der derzeitigen in Deutschland schon fast traditionellen Lobbykorruption bedarf das unter den Wählern noch mal einen ganz deutlichen Überschuss an Wählerstimmen, wenn mal was durchgesetzt werden soll, das nicht der Wirtschaft nützt.

    @Dr. Webbaer
    „Noch kurz zur Leistungsgesellschaft, diese liegt in liberaler Demokratie vor und muss nicht i.p. Tugendhaftigkeit untersucht werden. Sie folgt der Idee, dass in liberaler Demokratie die Leutz ihre Arbeit frei wählen können und insofern auch unternehmerisch tätig sein dürfen. Die Wirtschaft ist aus diesseitiger Sicht eine Art Spiel und amoralisch, vs. unmoralisch, sie hat i.p. Moral ja auch weder Mandat, noch ein naheliegendes Geschäftsfeld.“

    Mit der freien Wahl der Arbeit ist das doch recht begrenzt. Die Märkte hier sind doch recht zugunsten der Arbeitgeber gestaltet. So arbeiten die Arbeitsämter voll im Interesse der Arbeitgeber, obwohl das meiste Geld von den Lohnnebenkosten der Arbeitnehmer stammt, das da verteilt wird. Eigentlich würde ich mir von Arbeitsämtern Unterstützung wünschen, auch Unterstützung von Menschen, die Arbeit haben, z.B. wenn sie dauerhaft zu mehr Arbeitsstunden gedrängt werden, obwohl sie das nicht wollen und am Ende noch krank davon werden. Strafmaßnahmen, wenn man einen zu schlecht bezahlen Job ablehnt, haben mit liberal und freier Wahl der Arbeit nichts mehr zu tun.

    Ich finde Arbeit als zu wichtig, als dass man sie als eine Art Spiel betreibt. Hier ist jede Menge Gemeinsinn gefragt, wenn es darum geht, woran wir arbeiten, und was wir konkret produzieren. Neben dem nationalen Gemeinsinn ist auch internationaler Gemeinsinn bitter nötig, nicht nur für Aufgaben wie die Energiewende. Frieden, Freiheit, und gerechte Wirtschaftsweise und ein darauf folgendes Ende des Bevölkerungswachstums in Afrika und anderswo sind auch nur mit einem ausreichendem internationalen Gemeinsinn zu erreichen. Zu glauben, dass der freie Markt alles von selber regelt, ist einfach nur Unsinn.

    @Querdenker
    „Der Nonsens, der die Menschen umtreibt, entsteht im Kopf, sprich in den Mustern, die ihm anerzogen werden. Dann funktioniert diese Spezies wie ein Zirkuspferd, was immer irgendwie sinnlos im Kreis läuft.“

    @hto
    „Ja, so kommt es zu dem Kreislauf in Konfusion und imperialistischen Faschismus.“
    „Wir sind alle im selben Maße “durchströmt” vom Geist der “Gott”“

    In der Tat sind wir vom Geist durchströmt. Menschliche Kompetenz besteht aber letztlich darin, auch zu verstehen und zu durchdringen, was man sich erarbeitet. Inspiration alleine reicht hierfür nicht. Deswegen sind wir doch auch ziemlich Textorientiert. Was uns Schule und Medien penetrant eintrichtern, ist nicht ohne Wirkung. Die Illusion von der Tugendhaftigkeit der Arbeit gehört dazu. Das Unwissen um die Zusammenhänge, um die Verantwortlichkeiten und um die Perspektiven auch. Hier gilt es, sich der Realität bewusst zu werden, und dem Ungeist Geist entgegen zu setzen.

  54. Dr. Stefan Schleim,
    um mal hier von der philosophichen Seite wegzukommen, das Praktische. In den Niederlanden kommt man leichter an Mariuana.
    Hat sich das bewährt ?

  55. Was Sie meinen, lieber Herr Tobias Jeckenburger, ist die moralische Aufladung, die Arbeit Einzelner, sie muss nicht so aufgeladen werden, dies tun ja auch nur die wenigsten der Arbeitenden, sondern so geht hauptsächlich ein “kulturlinker” Topos.
    Moralisch geht es dann um die Setzung von Rahmen den wirtschaftlichen Gesamtbetrieb meinend durch Mandatsträger, die natürlich einem wirtschaftliche Laissez-Faire abzuschwören haben, denn dieses kann nicht im Interesse der Mandatierenden sein.
    Bei der Drogenproblematik ist es ähnlich, auch hier sind von Gesetzgeberseite Rahmen zu setzen, am besten möglichst sinnhafte und dem Gemeininteresse, das es gibt, es gibt Gesellschaft, vgl. bspw. mit diesem Jokus, geschuldete.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  56. @ Kommentatorenfreund ‘bote’

    In den Niederlanden kommt man leichter an Mari[h]uana.
    Hat sich das bewährt ?

    Für Dealer und User : ja.

    Der Schreiber dieser Zeilen weiß nicht genau von der Gefährlichkeit von THC-haltigem Produkt, es soll vergleichsweise zuverlässig bei häufigem Gebrauch verblöden, es gibt hierzu Datenlagen.

    Sicherlich könnte diesbezüglich eine staatliche Aufgabe vorliegen.

  57. Dr. Webbaer,
    dass Sie Woman’s Own lesen, das ehrt Sie. Wir bevorzugen Woman’s Weekly. Die englischen Zeitschriften sind irgendwie lockerer, gemeint ist die Mischung aus praktischen Ratschlägen und Witz.
    Man erfährt da Dinge, die nicht in den deutschen Medien erscheinen.
    Worauf Herr Dr. Schleim hinaus will, das ist mir noch nicht ganz klar.

  58. @Wied

    “… das ist mir noch nicht klar.”

    Also ich verstehe ihn so:
    Er möchte das die durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck gewählten “Demokraten” den Zustand Kapitalismus-light herstellen, also eine Bewusstseinsbetäubung die bewirken soll, dass Drogen und Medikamente weniger gebraucht werden – viele sozialistische/kommunistische Aspekte sollen seinem Verständnis von Liberalismus nach vom Kapitalismus assimiliert werden und somit …

  59. @ Kommentatorenfreund ‘bote’

    Worauf Herr Dr. Schleim hinaus will, das ist mir noch nicht ganz klar.

    Es liegt ein Exposé, eine Reflexion und eine Art Bestandsaufnahme vor, die der weiteren Entwicklung, Bearbeitung unterworfen worden ist, im Fazitären (“Schlussfolgerung”), es geht manchmal nicht anders als den Prozess (!) meinend sozusagen schlusszufolgern.

    Hier, bspw. bei – ‘Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied; und damit auch, wohlgemerkt, seines eigenen Versagens.’ -, sieht der Schreiber dieser Zeilen unzureichende Stringenz sozusagen, es würde ja auch nie jemand auf die Idee kommen dem Broterwerb direkt das Verhungern entgegenzusetzen, aber so sind derart stets ein wissenschaftlich wenig weiche Aufsätze nun einmal angelegt.
    Wobei im Web ja auch nie direkt wissenschaftlich gearbeitet wird, im wissenschaftnahen WebLog-Verbund.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  60. PS :

    Unsere Gedanken über Medikamente und Drogen unterliegen einem Wandel, auch in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Erwartungen. Das heißt, dass sie sich jederzeit wieder ändern können. [Artikeltext]

    (Was natürlich hier fachspezifisch angemerkt war und nicht auf allgemeine Gedanken verallgemeinerbar ist.)

  61. @Wied: Drogenpolitik

    Das liegt auch immer daran, wie man misst…

    …ich denke, dass es hier in den Niederlanden weniger Drogenkriminalität mit “Soft Drugs” gibt, ja, schlicht weil solche Delikte i.d.R. nicht verfolgt werden (wie es auch in einigen deutschen Bundesländern der Fall ist, Stichwort “Eigenbedarf”).

    Davon abgesehen würde ich erwarten, dass es hier minder schwere Folgen von Langzeitkonsum gibt, schlicht weil das Zeug mit weniger Gift gemischt (“gestreckt”) wird.

    Aber die Niederlande haben regional auch ein großes Problem mit organisierter Kriminalität im Drogenbereich. Da geht es aber nicht um Haschisch, sondern um Kokain, Chrystal Meth, Heroin…

    Meines Wissens ist übrigens die Rate der Konsumenten in den Niederlanden nicht einmal wesentlich höher als in Deutschland, wo mehr verboten ist. Das spricht für ein menschliches Befürnis nach dem Rausch.

    Ich empfehle Ihnen das Interview Warum repressive Drogenpolitik nicht funktioniert mit jemandem, der sich beruflich mit dem Thema beschäftigt.

  62. “… schlicht weil das Zeug mit weniger Gift gemischt (“gestreckt”) wird.”

    Dazu muss man sagen: Von Händlern auf der Straße sollte man auch in Holland nichts kaufen, wenn einem die Gesundheit lieb ist, denn als Tourist bekommt man in den Coffee-Shops nicht mehr!!!

  63. @Dr. Webbaer

    Ich bin auch der Ansicht, dass der Arbeitnehmer schon genug unter Druck steht, und würde hier keine weitere Moral einfordern. Der Arbeitnehmer sollte aber die Möglichkeit haben, ein Jobangebot abzulehnen, wenn ihm das Produkt nicht sinnvoll erscheint, das er da produzieren soll. Wer wirklich für Klimaschutz ist, sollte nicht gedrängt werden, bei einem Kraftwerksbauer Kohlekraftwerke für den Exportmarkt zu bauen. Wenn dann Windkraftanlagenbauer einfacher gute Leute finden würden, wäre das ein netter Nebeneffekt.

    Insgesamt müssen gemeinschaftliche Aufgaben wie die Energiewende zentral organisiert werden, z.B. durch hinreichende CO2-Steuern. Da können Arbeitnehmer wenig zu machen, der Druck, Geld zu verdienen und eine auslastende Beschäftigung zu haben ist hier einfach zu groß. Zum Teil ist das bei den Betrieben nicht anders, insbesondere kleine Betriebe, die im Wettbewerb stehen, können sich hier keine großen Alleingänge leisten.

    Auch die Drogenpolitik geht meiner Ansicht nach voll nach hinten los, wenn einfach bestimmte Drogen verboten werden. Das verursacht einen Schwarzmarkt, florierende organisierte Kriminalität und jede Menge Beschaffungskriminalität. Noch dazu führen unsaubere und schwer einschätzbare Drogenmischungen zu wesentlich höheren Gesundheitsschäden als die Drogen selbst.

    Ich würde hier unbedingt eine Zugang zu sauberen und bezahlbaren Drogen fordern, für jeden, der Nachweislich z.B. mindestens seit 3 Monaten süchtig ist. Teilweise gilt das auch für die hohen Tabaksteuern. Wer von Harz4 lebt und starker Raucher ist, ist hier härtestens betroffen, was wohl teilweise auch schon eine gewisse Beschaffungskriminalität fördern könnte. Hier würde ich vorschlagen, dass nachweislich Süchtige, die ein sehr niedriges Einkommen haben, die Quittungen für ihren Tabak sammeln und beim Finanzamt einreichen können, um dann im Härtefall einen Teil der Tabaksteuer zurückerstattet bekommen.

    Selbst wenn angesprochene Regelungen zu einer höheren Zahl von Süchtigen führen würde, würde ich dies dennoch unbedingt fordern. Wer bereits Süchtig ist, ist nur für seine eigene Sucht verantwortlich, und nicht dafür zuständig quasi mit seinem eigenem Leben dafür zu zahlen, dass andere gar nicht erst süchtig werden. Das ist hier keine Frage der medizinischen Abwägung, sondern eine grundsätzliche Rechtsfrage, finde ich.

  64. Es gibt scheinbar keine einzig richtige, rationale Drgenpolitik. Das zeigt gerade auch die widersprüchliche, immer wieder umschwenkende Drogenpolitik der Niederlande, wie man in der Wikipedia unter niederländische Drogenpolitik liest.
    In den Niederlanden ist in den Coffeshops nur gerade der Konsum von Cannabis erlaubt, aber nicht der Konsum irgend einer anderen Droge – auch nicht von Alkohol und Tabak. Ursprünglich gab es keine Altersbeschränkung, jetzt ist sie auf 18 Jahre festgesetzt. Zudem ist selbst Cannabis nicht legal, sondern lediglich toleriert. Ein Coffeeshop darf maximal 500 Gramm vorrätig haben und wenn der Coffeeshop Cannabis kauft oder produziert macht er etwas Illegales. Seit Dezember 2008 sind in den Niederlanden auch psilocybinhaltige Pilze verboten.

    Es gibt in den Niederlanden auch einen Drogentourismus – und dagegen haben die Niederländer gar nicht so viel, denn sie sind als Handelsnation grossgeworden und handeln mit allem was geht und auch mit dem, was nicht geht.

  65. @Jeckenburger

    “… und würde hier keine weitere Moral einfordern.”

    Zumal es in den Intrigen des “freiheitlichen” Wettbewerb keine der wirklich-wahrhaftigen Vernunft entsprechende Moral gibt 😏

  66. Eine grundsätzliche Rechtsfrage, ausgehend von der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrechts zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFREIEM Wohnen und KASSEN-/KLASSENLOSER Gesundheit, ist längst die Möglichkeit zu Arbeit und bedingungslose Freiheit für alle, dann kann sich jeder ohne … entscheiden, ob der Lohn für Viel Rauch um Nichts, oder … drauf geht 😏

  67. Kommentatorfreund Dr. Webbaer,
    sprachlich lässt sich viel klären. Der Link bezüglich hard and soft science , der zeigt ja die Problematik auf, mit der wir es hier zu tun haben.
    Es lässt sich eben wissenschaftlich kaum beweisen, dass die Niederländer die bessere Drogenpolitik haben. Wenn Cannabis geduldet wird, dann gibt es keinen Mißbrauch mehr.
    Mir scheint, die Leistungsgesellschaft tendiert zum Verbot der Drogen, weil die Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird. Die Ächtung von Alkohol im Straßenverkehr ist ein Beispiel.

  68. Herr Tobias Jeckenburger,
    es kann auch auf die Idee gekommen werden den Drogenkonsum der Bevölkerung zu subventionieren, Steuerzahler werden so wohl nicht happy und die Gesellschaft könnte dann auch zugrunde gehen, aber denkbar und möglich ist dies.
    Vergleiche mit dieser Ihrigen Einsicht : ‘Selbst wenn angesprochene Regelungen zu einer höheren Zahl von Süchtigen führen würde, würde ich dies dennoch unbedingt fordern.’
    Fentanyl ist bspw. recht potent, “Crack” ebenso, hier kann sich richtig satt gemacht werden, denkbar wäre auch die Entwicklung weiterer Wirkstoffe, die noch zuverlässiger abhängig machen.
    Insofern muss es, bereits gedankenexperimentell erklärlich, gewisse Prohibition geben.
    MFG – WB

  69. In den Niederlanden ist in den Coffeshops nur gerade der Konsum von Cannabis erlaubt, aber nicht der Konsum irgend einer anderen Droge – auch nicht von Alkohol und Tabak.

    Stimmt das denn auch? – Früher war’s jedenfalls nicht so und in sog. Coffeeshops sind Usern von Dealern quasi regelmäßig allerlei Substanzen angeboten worden.
    Am besten machen die Niederlande diese Läden zu, sie widersprechen dem rechtlichen Gleichbehandlungsprinzip.

  70. @Dr. Webbaer

    „Insofern muss es, bereits gedankenexperimentell erklärlich, gewisse Prohibition geben.“

    Ja, sehe ich auch so, insbesondere wenn hier der Zustand der Bevölkerung Ausmaße annehmen würde, in denen dann ein Mangel an arbeitsfähigen Menschen relevant würde. Aber ansonsten bin ich durchaus der Ansicht, das es eine grundsätzliche Rechtsfrage ist, wenn das Leben von bereits Süchtigen dafür geopfert wird, dass andere gar nicht erst süchtig werden.

    Wenn man sich das Methadonprojekt ansieht, so führt das meines Wissens auch in manchen Fällen dazu, dass Süchtige sogar wieder arbeitsfähig werden. Gerade bei Heroin kommt die Arbeitsunfähigkeit erst dadurch zustande, dass die Junkies tageweise keinen Stoff bekommen, aufgrund von Schwierigkeiten beim Nachschub seitens der Dealer. Oder wenn wegen der Unreinheit der Ware körperliche Schäden dazu kommen, die dann auch die Arbeitsfähigkeit angreifen.

    Es ist auch zu beobachten, dass Junkies durchaus flexibel sind, was sie sich jetzt reinziehen. Es muss nicht alles substituiert werden, was von den Dealern lieferbar ist. Wenn man neben Methadon noch ein paar andere Substanzen dazu nehmen würde, wäre das schon hinreichend, um Beschaffungskriminalität und Arbeitsunfähigkeit entscheidend zu reduzieren.

    Bei Haschisch scheint tatsächlich eine Legalisierung kaum den Konsum zu erhöhen. Und eine teilweise Rückzahlung der Tabaksteuer für nachweislich starke Raucher mit sehr geringem Einkommen wäre wohl kaum gesellschaftsgefährdend.

  71. Jeckenburger: “… ein Mangel an arbeitsfähigen Menschen relevant würde.”

    Oha 😱 Nicht nur das Wohlstands- und Gewohnheitsmensch nicht gerne teilt und ihm ein schlechtes Bild vom Mensch im “freiheitlichen” Wettbewerb gebildet wurde, nein das Imperium schlägt vor und zurück – “Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  72. @Holzherr: Richtigstellung zur Drogenpolitik

    Mal wieder ein typischer Holzherr: Nicht ganz falsch – aber doch viele Halbwahrheiten und Fehler. (So gab es vorher eine Altersgrenze von 16 Jahren, war von Anfang an das Problem der Bezugsquellen nicht gelöst, liegt seit ein paar Jahren aber ein schon von der Zweiten Kammer verabschiedetes Gesetz in der Ersten Kammer, das dieses Problem lösen soll usw…)

    Es gibt in den Niederlanden auch einen Drogentourismus – und dagegen haben die Niederländer gar nicht so viel, denn sie sind als Handelsnation grossgeworden und handeln mit allem was geht und auch mit dem, was nicht geht.

    Hier spricht der wahre Kenner “der Niederländer”. Korrekt ist, dass Drogen- und auch Prostitionstourismus so viel Probleme (niederländisch “overlast”) verursachen, dass immer mehr Gelegenheiten geschlossen werden. Um in einem Coffeeshop einzukaufen, muss man seit Jahren nachweisen, dass man seinen Wohnsitz in den Niederlanden hat…

    …aber das führte vor allem dazu, dass die ausländischen Touristen jetzt wieder illegal auf der Straße kaufen. Was für eine Überraschung!

    In den Niederlanden hat man vor vielen Jahrzehnten verstanden, dass man das Drogenproblem nicht durch gesetzliche Verbote lösen kann. “Soft Drugs” zu tolerieren und vor allem Kriminalität im Zusammenhang mit “Hard Drugs” zu verfolgen, ist ein Zwischenweg, der bei Polizei und Justiz Ressourcen für wichtigere Probleme frei lässt und im Einklang mit dem politischen Liberalismus.

  73. Tobias Jeckenburger,
    Der übermäßige Gebrauch von Drogen hat seine Ursache in einem gestörten Familienleben. Wenn alleinerziehende Mütter ihre Kinder vernachlässigen, weil sie Geld verdienen müssen, dann ist das die Aufgabe der Gemeinschaft , den Müttern finanziell zu helfen.
    Da besteht Nachholbedarf.
    Wenn ein Erwachsener nach einem Gefängnisaufenthalt keine Arbeit findet, dann besteht die aufgabe der Gesellschafft darin, Abeitsplätze für Vorbestrafte zu schaffen.
    Wenn jemand aus irgendeinem Grunde süchtig geworden ist, dann muss dem geholfen werden. Das verlangt schon die Menschlichkeit.

    Wir müssen also einen Weg finden, die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren, dass Sozialpolitik Geld kostet.
    Wenn wir das nicht tun, dann bekommt hto Recht mit seinem Menschenbild. Herr Schleim hat das übrigens gut formuliert.

  74. Als Langzeitarbeitsloser, der wegen seinem Gesundheitszustand nach einer Op keine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommt, habe ich unter den Arbeitslosen schon viele Versuche unternommen sie für Widerstand gegen die Schikanen und gegen die arbeitsmarktpolitischen/statistischen Maßnahme-Taktiken zu soldarisieren und bin immer an deren massiv geschürten Angst gescheitert. Diese Angst, und auch die verständliche Resignation, hat bei vielen mir bekannten und einigen befreundeten Arbeitslosen zu massiven psychischen Krankheiten und auch zum vorzeitigen Tod geführt.

    “Hilfe” bekommt man in diesem System immer wenn diese praktisch zu spät ist, deshalb kann mich keine “Sozialpolitik” überzeugen die nicht auch einen radikalen Systemwechsel propagiert.

  75. hto,
    Helmut Schmitt hat gesagt, Nächstenliebe kann man nicht per Gesetz verordnen.
    Darum geht es. Wieviel Einsicht können wir erreichen.
    Sogar die Rentner, die bei der gesetzlichen Krankenkasse sind, die sind betroffen. Die bekommen einen Arzttermin in einem halben Jahr und können dann noch einen Teil der Behandlungskosten übernehmen.

    Was den Systemwechsel betrifft, dazu braucht man parlamentarische Mehrheiten. Was die Linken in Leipzig aufgeführt haben, wird deinen Vorstellungen vom Zusammenleben nicht förderlich sein.

  76. Ach bote, die vielen Menschen die am System schon kaputt gegangen sind, die waren nicht so wie ich, die haben mehr oder weniger einsichtig vor dem System KAPITULIERT, ganz so wie die Politiker und anderen Pharisäer es erwarten. Wenn es dann Links- und Rechtsextremismus gibt, dann kann ich das auch nicht gut heissen, aber ich kann es verstehen, denn diese undemokratisch-ungerechten-UNWAHRHEITLICHEN Zustände/Wettbewerb muss es nicht mehr geben.

  77. hto,
    diese ungerechten Zustände sollte es nicht mehr geben. So wie es aussieht wird es immer ungerechter. Das ist der Kapitalismus. Der schafft die 2/3 Gesellschaft. Das bedeutet 2/3 haben Arbeit und können sich Wohlstand leisten, 1/3 hat nur Gelegenheitsarbeit oder sind bei Zeitarbeitsfirmen angestellt. So um 1980 ist diese These aufgekommen, vielleicht war es sogar Norbert Blüm, und sie ist eingetroffen. Die Hartz IV Empfänger sind der Beweis.

  78. @H.Wied

    „Wenn jemand aus irgendeinem Grunde süchtig geworden ist, dann muss dem geholfen werden. Das verlangt schon die Menschlichkeit.“

    Zur Raucherentwöhnung bekommt man keinen Cent von der Krankenkasse, obwohl Tabaksucht wohl durchaus als eine handfeste Krankheit einzustufen ist. Und nicht nur das. Nikotinpflaster und Nikotinkaugummis sind dummerweise Apothekenpflichtig, und aufgrund der entsprechenden Preise dann genauso teuer wie steuerbepreister Tabak.

    Bei den Liquids für E-Zigaretten hatte man auch versucht, die Apothekenpflichtig zu machen, was aber an den Gerichten gescheitert ist, so weit ich mich erinnnern kann. So kann man im Falle von persönlichen Finanzkrisen jetzt wenigstens (teilweise) auf E-Zigarette umsteigen, sofern man es schafft, sich die Liquids selbst zu mixen. Und tut damit auch der eigenen Gesundheit Gutes.

    Dennoch gelingt es nur einigen, mehrheitlich oder ganz auf E-Zigarette umzusteigen, oder gar danach noch vollständig vom Nikotin wegzukommen. Das sind nun mal Fakten. Sich bei jeder Kritik an der Tabaksteuer oder an lokalen Rauchverboten anhören zu müssen „Dann hör doch auf zu Rauchen“ ist kaum hilfreich und ändert an der konkreten Suchtmisere gar nichts.

    Tabaksteuern sind im Prinzip sinnvoll, und wer gut verdient hat damit auch kein wesentliches Finanzproblem. Aber es trifft eben auch Grundsicherungsempfänger, die krankheitsbedingt unfähig sind, was dazu zu verdienen, und die ruiniert die Tabaksteuer dann vollständig. Deshalb mein dringender Vorschlag, dass man bei nachgewiesener starken Nikotinsucht die Kassenbons für Tabakerzeugnisse sammeln und dann im Härtefall eine teilweise Rückzahlung beantragen kann.

    Wenigstens landen die Tabaksteuern in der Staatskasse, und nicht bei mafiösen Oligarchen wie die Aufwendungen für illegale Drogen. Dieses Problem ist schon von daher wesentlich dringlicher. Hier wäre eine Ausweitung von Substitution wie durch Methadon sehr wichtig. Anstatt den dann stark nachlassenden Drogenhandel zu verfolgen, hätte die Polizei und die Justiz mehr Zeit, um z.B. gegen Geldwäsche und andere organisierte Kriminalität vorzugehen.

  79. Zu hto /Bote :
    Ihr seid nun im Kapitalismus groß geworden. Ich weis nicht, was die Parteien ihr wählt, aber scheinbar will die Mehrheit der Menschen solche Verhältnisse. Schaut aus dem Fenster. Da draußen geht es um Geld – nur um Geld ! Letzteres bestimmt die Persönlichkeit, den Charakter, den Umgang untereinander, die “Moral”. Ich habe gelernt, dass man als ehemaliger Ossi gelernt, dass man allen Leuten gegenüber misstrauig sein soll, da man ja abgezockt werden könnte, angefangen von Enkeltricks über Trojaner im Internet, dubiosen Geschäftemachern etc. Eine Entsolidarisierung/Verrohung , die Egomanen schafft, wo Gutgläubige (Gläubige) für die eigene Selbstbereicherung ausgenutzt und manipuliert werden. Labilen Menschen, die diesen schönen Scheinwelten nicht mehr glauben, bleibt da wahrscheinlich nur der Griff zur Droge. Aber da die Mehrheit das will, ist es gut so.

  80. Tobias Jeckenburger,
    Sie vertreten praktikable Lösungen. D’accord.
    Und wenn solche Lösungen auch volkswirtschaftlich vorteilhaft sind, dann werden sich auch parlamentarische Mehrheiten dafür finden.
    5 € für eine Packung Zigaretten, das ist schon ein Brocken.

    Golzower,
    nicht so pessimistisch. Die Mehrheit der Bevökerung ist verantwortungsbewusst und lässt sich auch nicht von jedem über den Tisch ziehen. Wir erleben gerade eine wirtschaftliche Umgestaltung, wo man mit einem Knopfdruck am Laptop alles kaufen kann, was man man sich ersehnt.
    Ich bin selbst zu 1/4 Ossi, ein Viertel meiner Verwandschaft wohnt noch in Thüringen, die Leute dort haben übrigens ihr Geld schon mal gut angelegt. Die haben zuerst alle ihre Dächer neu decken lassen. Das spricht doch für Vernunft und Weitblick.
    Was die Entsolidarisierung betrifft, die Solidarität in der DDR beruhte auf dem Tauschhandel. Jetzt wo der weggefallen ist, kommt wieder der Egoismus durch, das stimmt.
    Wir hatten auch einen Stasiangehörigen , das war bekannt, also wir wünschen niemand die alten Zeiten zurück.

  81. hto,

    die vielen Menschen die am System schon kaputt gegangen sind, die waren nicht so wie ich, die haben mehr oder weniger einsichtig vor dem System KAPITULIERT

    Wenn ich Sie richtig gelesen habe, dann bezeichnen Sie sich selber als “Langzeitarbeitsloser” und erhalten die (bis vor kurzem unter Androhung grundgesetzwidriger Sanktionen angebotenen) Leistungen.

    Zum Erhalt überhaupt irgendwelcher Leistungen war also seit fünfzehn Jahren grundgesetzwidrige Drohungen und Konsequenzen gängige Praxis, der vorauseilende Gehorsam wie die dafür notwendige Kapitulation des “Kunden” zur Existenzsicherung vorausgesetzt. Bevor Sie sich aufregen, lieber hto, fragen Sie sich nach ihrer Reaktion, wären Sie einmal von einer “100% Sanktion” betroffen, also dem Wegfall nicht nur des Regelsatzes, sondern aller Leistungen für Unterkunft und Heizung, Rundfunkabgabe, Renten- & Kranken(- & Pflege)versicherung. Wer darin grundgesetzwidriges staatliches Handeln erkannte wurde gerade deswegen vor dem Hintergrund der seine Existenz sichernden Leistungen zur Kapitulation gezwungen, als erwachsener Mensch Gehorsam gegenüber dem angeblich dem Allgemeinwohl verpflichteten “Sachbearbeitern” zu zeigen. Aber, daraus ergibt sich auch kein Vorwurf der Ausgegliederten, die sich dem nicht unterordnen wollten oder konnten, an diejenigen, die ihrem Anspruch gegen den Staat juristisch hissen und auf diese Weise um ihr Recht kämpfen, trotz des Preises nämlich der Gesundheit. Wo schon alle bekannt ust, dass diese moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt die Individuen also die Gesellschaft krank machen (z.B. AOK 2018 ~50% Arbeitsuchende gesundheitlich eingeschränkt), also genau dieser Aspekt verbietet es im Grunde diejenigen, die sich irgendwie sonst und vielleicht sogar gesünder über Wasser gehalten haben, einer Kapitulation zu bezichtigen, wenn die für ihre Gesundheit dem Unrecht den Vogel zeigen.

    Dieses blöde Mitteilungsbedürfnis, wünschte ich würde richtig berauschend schreiben können, andererseits ärgert mich gewiß nicht, wenn ich das hier absetze.

  82. Arne K., ich rege mich nicht auf, ich kann das kapitulieren derer größtenteils verstehen. Es war nur schade, das man sozusagen keine Widerstandsbewegung wie eine Arbeitslosengewerkschaft gründen konnte. Jetzt, wo die 100%ige Sanktion nicht mehr rechtmäßig ist, vielleicht wird sich da etwas ändern.

  83. hto, einem höheren Mindestlohn scheint eine große Hürde genommen und wird bald kommen, vermute ich, der dann allerdings den sich hinter dem sogenannten Teilhabechancengesetz abzeichnenden “Bundesarbeitsdienst” zum Zweck staatlich subventionierter Eingliederung von staatlich anerkannten hilfsbedürftigen “Langzeitarbeitslosen” erheblich verteuern würde, wofür mangels wirkmächtigster Sanktionen schlicht die Hilfsbedürftigkeit abesprochen werden könnte, um äh Geld zu sparen.

  84. Das Komplementär zu Liberalismus ist nicht Kollektivismus, sondern Kommunitarismus. Kommunitarismus umschreibt als politischer Begriff das, was soziologisch die Systemtheorie ist und ansonsten das angesprochene soziale Gefüge/Netz/Umfeld.
    Darüber gab es in den 80èrn im Westen eine ordentliche Debatte, die im Osten/Ostblock nicht geführt werden konnte/durfte.

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