#scilogs14 – Herbstpremiere

Henne und HahnEinmal jährlich treffen sich die SciLogs-Blogger im Pfälzer Deidesheim auf Einladung von Spektrum der Wissenschaft zum Austausch und zur Weinprobe. Diesmal war es das erste Mal im Herbst.

Die letzten bunten Blätter hängen noch an den abgeernteten Rebstöcken. 20 Monate sind seit dem letzten Bloggertreffen vergangen. Eine lange Zeit. Eine andere Jahreszeit. Würden wir uns überhaupt noch offline (wieder)erkennen, um in diesem Jahr erstmals im Herbst den legendären Geist von Deidesheim zu beschwören?

Hofgut Ruppertsberg
Beim Anmarsch auf unsere Tagungsstätte fällt der Blick auf das historische Teehaus des Hofguts Ruppertsberg. Über dessen Charme und Potential hatte ChronoLogs-Bloggerin Eva Bambach nach dem letzten Treffen im März 2013 noch hoffnungsvoll berichtet.

Jetzt ragen traurig die ausgebrannten Reste des einst so schönen Turmaufbaus in die Höhe. Anfang November hat ein Brand das Wahrzeichen des Ortes aus dem Jahr 1840 schwer beschädigt und Spekulationen über etwaige Wein- oder auch Teeproben in diesem Gebäude nun in noch weitere Ferne rücken lassen.

Nach diesem ersten Schrecken folgt aber sogleich die Erleichterung: Die glücklichen Hühner und Hähne des Hofguts begrüßen immer noch gern und gut ihre Gäste.

#scilogs14 - Eugen Reichl - Henne - Valérie Schmitt
Wer könnte das sein? Diplom-Biologin Valérie Schmitt (Meldung vom Meer) beim Abgleich von Profilfotos, während Eugen Reichl (Astra’s Spacelog) mit weiterem Testmaterial zu Hilfe eilt. Nein, Martin Huhn war es nicht. Leider fehlten er und ein paar andere “alte Hasen”. Dafür dabei: einige neue Gesichter.

Aktueller Stand und Zukunft des Wissenschaftsbloggens

Zum ersten Mal in Deidesheim und extra für uns aus dem sonnigen US-Südstaat Louisiana eingeflogen: Paige Brown Jarreau, Community-Managerin der scilogs.com.

#scilogs14 - Paige Brown Jarreau - Lars FischerPaige Brown Jarreau über “Gut Feeling” bei der Themenauswahl, Wissenschaftsblogs als eigene Ökosysteme in der Wissenschaftskommunikation und Fische. Unter den Zuhörern ganz vorn: Lars Fischer (Fischblog).

Wie wählt ihr eure Themen aus?“, fragte sie etliche Blogger im Rahmen ihrer Doktorarbeit. Besonders erfreulich für uns: Die Ergebnisse einer Umfrage der beiden ehemaligen SciLogs-Laudatoren Merja Mahrt und Cornelius Puschmann unter 44 SciLogs.de-Bloggern aus dem Jahr 2012 (Blogartikel “Bloggerstudie 2012” von Carsten Könneker: hier) fließen in ihre Arbeit ein. Immerhin entstand die Idee zu dieser Studie bei einem Blogger-Treffen in Deidesheim.

Die deutschen SciLogs-Blogger wählen die Themen vor allem im Bereich des eigenen Feldes, schreiben dabei aber selten über die eigene Arbeit direkt. Außerdem werden in der Presse heftig diskutierte Themen aufgegriffen, um sie aus wissenschaftlicher Sicht und dennoch für alle verständlich zu erklären bzw. klarzustellen. Somit öffnen Blogger durch die Themenwahl und eine direkte Kommunikation mit den Lesern neue Türen zur Forschung wie auch zum Journalismus.

#scilogs14
#scilogs14: Aufmerksame Zuhörer, während Paige Brown Jarreau Andrew Sullivan (The Atlantic) zitiert: “Bloggen verhält sich zum Schreiben so ähnlich wie Extremsport zur Leichtathletik: Freier, unfallgefährdeter, weniger formal und lebendiger. Es ist in vieler Hinsicht Schreiben aus vollem Herzen.” Auf scheinbar freien Plätzen: Geist von Deidesheim.

Wissenschaftsblogger können übrigens an Paiges aktueller Umfrage teilnehmen und mit etwas Glück sogar einen Gutschein gewinnen: http://bit.ly/MySciBlog. Die gesamte Präsentation gibt es hier online: http://de.slideshare.net/PaigeBrown/the-future-of-science-blogging-one-perspective-scilogs14.

Saustarker Scilogs-Preis 2014

Einer, der besonders gut mit seinen Lesern kommunizieren kann, ist Tiermediziner und Wissenschaftsblogger Sören Schewe (Vom Hai Gebissen). Wie kaum ein anderer schafft er es, heiße Themen zu Tierwohl, bedrohten Arten und mehr anzupacken, ohne dabei entstehende Diskussionen entarten zu lassen. Im Gegenteil – dank der Interaktionen mit den Lesern konnte sich eine ganz besondere Wissenskultur entwickeln, die Mensch und Tier nutzt.

Im Anschluss an die alljährliche Weinprobe wurde der Nichtanwesende nach einer leidenschaftlichen Laudatio von Krautreporter Hanno Charisius zum SciLogs-Preisträger 2014 gewählt. Herzlichen Glückwunsch, auch für die im wahrsten Sinne tierisch gute Dankesrede!

Weinprobe im Kuhstall
Aus aktuellem Anlass: Weinprobe, diesmal im Kuhstall. Tweet von Lars Fischer (@Fischblog). 

Gratulation auch den beiden anderen Nominierten, Martin Ballaschk (Detritus) und Markus Pössl (Relativ Einfach), sowie deren Laudatoren Nuria Cerdá-Esteban bzw. Thorsten Witt. Trotz der Eindeutigkeit des Endergebnisses wurde uns die Wahl diesmal wirklich nicht leicht gemacht.

#scilogs14-Preisverleihung
SciLogs-Erfinder Carsten Könneker gratuliert und erklärt dem noch etwas überwältigten dritten Sieger Markus Pössel den Gebrauch seiner Gewinnerkiste. Oder waren es vielleicht doch mögliche Risiken und Nebenwirkungen? Richard Zinken (Dokumentation am Smartphone) und Lars Fischer (Zeuge im Hintergrund) könnten hier vielleicht Klarheit schaffen, hätten sie sich nicht kurz zuvor auf der Suche nach dem abwesenden ersten Sieger im Kuhstall an einer dort gerade stattfindenden Weinprobe beteiligt.

Wie immer in Deidesheim war die Nacht zum Sonntag viel zu kurz, auch oder geradezu paradoxerweise an diesem Herbstwochenende. Dicke Nebelschwaden verhüllten die Weinberge am nächsten Morgen und hielten sich hartnäckig, während Lars Fischer uns in die Geheimnisse der Suchmaschinenoptimierung einweihte.

Passend zur Kürze der Nacht und zum Wetter das Thema des Workshops von und mit Joachim Schulz (Quantenwelt) und Dierk Haasis (Con Text): Wie geht man am besten mit unpassenden Kommentaren um? Ein klarer Stil, eine gute Moderation und im Bedarfsfall auch Ignoranz wurden mit für die allgemeine Fitness an diesem Vormittag erstaunlich lebhafter Beteiligung debattiert.

“Und so sehen wir betroffen / den Vorhang zu und alle Fragen offen”, zitierte der berühmte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki am Ende jeder Sendung “Das Literarische Quartett” in leicht abgewandelter Form den Dramatiker Bert Brecht. Auch für die SciLogger bleiben genug Fragen offen und spannende Themen bis zum nächsten Treffen.

Die anderen Workshops: Inspirationen und Hausaufgaben

Einiges ließ sich bereits – zum Teil – beantworten. Thorsten Witt weihte uns ein, wie Crowdfunding für die Wissenschaft und für den Wissenschaftsjournalismus funktionieren kann und fand damit offene Ohren, nicht nur beim erstmals in Deidesheim anwesenden Gunter Dueck. Der Genius und Visionär vom “Wild Dueck Blog” sucht nach Möglichkeiten, eine “Wiki of Music” zu finanzieren.

Carsten Könneker diskutierte mit seinen Workshop-Teilnehmern über die Einrichtung eines Blogs für Kids. Welche Themen sollten und dürfen gebracht werden? Tabuthemen wie Tod und Sterben oder lieber etwas zum Sammeln à la 100 Sterne? Hier gibt es noch viele Fragen zu klären, auch rechtliche Dinge betreffend.

Mit Richard Zinken, Paige Brown Jarreau, Hanno Charisius, Nuria Cerdá-Esteban und einigen anderen überlegten wir, wie wir die Welt ein wenig verkleinern können. Wie können wir uns mit unseren bloggenden Kollegen im Ausland vernetzen? Wie lassen sich sprachliche und kulturelle Barrieren überwinden?

#scilogs14-Workshop#scilogs14: Workshop im Kuhstall, hier mit Richard Zinken, Hanno Charisius und Paige Brown Jarreau.

Einen Anfang könnten länderübergreifende Bloggewitter, Gastbeiträge oder auch eine stärkere Vernetzung über Twitter(listen) bilden. Hierbei fiel uns auf: Nur Blogger sein reicht noch nicht, um gleichzeitig auch miteinander befreundet zu sein. Besonders Twitter zeigt dies deutlich.

Teambuilding läuft immer noch am effektivsten über einen face-to-face Kontakt. Das Blogger-Treffen in Deidesheim beweist dies jährlich aufs Neue. Mit Wein, jeder Menge frischer Ideen und einigen neuen sowie etlichen alten Freundschaften im Gepäck reisen wir jedes Mal ein wenig erschöpft, aber umso zufriedener wieder nach Hause. Doch (wie) ließe sich ein internationales Bloggertreffen finanzieren?

Eines ist jedenfalls wieder einmal besonders klar geworden: “Der Geist von Deidesheim ist mehr als ein Weingeist!”, twitterte Dierk Haasis aka @evo2me zum Abschluss. Recht hat er. Allen Organisatoren und Teilnehmern herzlichen Dank! Zu guter Letzt auch Dank an die Leser und Kommentatoren, denn nur durch Sie/Euch werden die Scilogs so lebendig.

#scilogs14 - Michael Blume - Eugen Reichl - Stefan OldenburgMichael Blume (Natur des Glaubens, SciLogs-Preisträger 2009), Eugen Reichl (Astra’s Spacelog) und Stefan Oldenburg (Clear Skies) stoßen freudig auf das gelungene Treffen an. Auf dem Teller: “Pflanzerl vom Pfälzer Hirschen”. 

Meine scilogs#14 – Bilder habe ich auf flickr hochgeladen. Viel Spaß beim Anschauen usw.!

Nachtrag (02.12.14):

Hier geht es zu Dierks Blogartikel über seinen Workshop: “Bedeutungsvoll

… und aus Joachims Sicht: “Debattenkultur: Kommentare als Mehrwert” (mit interessanten Kommentaren)

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Dr. Karin Schumacher bloggte zunächst als Trota von Berlin seit 2010 bei den SciLogs. Nach dem Studium der Humanmedizin in Deutschland und Spanien promovierte sie neurowissenschaftlich und forschte immunologisch in einigen bekannten Forschungsinstituten, bevor sie in Europas größter Universitätsfrauenklinik eine Facharztausbildung in Frauenheilkunde und Geburtshilfe abschloss. Hierbei wuchs das Interesse an neuen Wegen in der Medizin zu Prävention und Heilung von Krankheiten durch eine gesunde Lebensweise dank mehr Achtsamkeit für sich und seine Umwelt, Respekt und Selbstverantwortung. Die Kosmopolitin ist leidenschaftliche Bergsportlerin und Violinistin und wenn sie nicht gerade fotografiert, schreibt oder liest, dann lernt sie eine neue Sprache. Auf Twitter ist sie übrigens als @med_and_more unterwegs.

5 Kommentare

  1. Pingback:Debattenkultur: Kommentare als Mehrwert › Quantenwelt › SciLogs - Wissenschaftsblogs

    • Danke Eva! Es war ja auch wunderschön, Euch wiederzusehen. Und hoffentlich gibt es nach dem nächsten Treffen positivere Neuigkeiten über das alte Teehaus…

  2. Danke Dir für diese wirklich schöne Zusammenfassung des Wochenendes. Auf meine Kommentar-Kultur wurde ich schon öfter angesprochen und warum es bei mir so ist, wie es eben ist. Darüber zerbreche ich mir jetzt den Kopf. Tatsächlich mache ich gar nichts. Gut, ich beantworte Kommentare, ich bediene in meinen Artikeln keine typischen Schubladen und haue auch keine spezifische Seite. Das wäre es eigentlich. Aber ich verspreche das noch zu verfeinern 😉

    • Vielen Dank, Sören! Nochmals auch hier: Bravo und weiter so! Spätestens jetzt solltest Du Dir das Hofgut Ruppertsberg mit seinen legendären Hühner- und Bloggertreffen mal live aus der Nähe anschauen! 😉

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