Energie-Krise

Was ich nicht verstehe: Die Lösungen sind alle längst da. Warum wurden sie nicht längst umgesetzt? Vorschlag: Weniger Geld in die (verzögernde) Politik stecken, mehr in die Wissenschaft & Technik. 

Lösung Nr. 1

Im digitalen Zeitalter gibt es in jedem Haushalt und in jeder Firma Computer. Elektronische Rechner steuern und regeln viele automatisch ablaufenden Prozesse und sie erlauben uns weltweite Kommunikation und Vernetzung. Großrechner müssen aufwendig gekühlt werden, was sehr viel Energie kostet. Der Irrsinn ist, dass wir einerseits diese Rechner (und andere Technik, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft sorgt) aufwendig kühlen und andererseits die Räume, wo Menschen sind, heizen, was abermals Energie kostet. Also wir kühlen für Technik und heizen für Menschen: ein Widerspruch in sich.

Dabei könnte man doch die Wärme, die die Technik eh erzeugt (und fürs technische System verloren geht), gleich zum Heizen nutzen: Das würde doppelt sparen, nämlich die Energie zum Heizen wie auch die zum Kühlen! Schließlich lernt man bereits in der 9./10. Klasse im Physikunterricht der Schule, dass jeder Kühlschrank die Küche heizt. 

Dass dies tatsächlich funktioniert, hatte ich bereits früher hier gepostet. Siehe auch 

Lösung Nr. 2

Ebenfalls trivial und schon in der Kindheit gelernt haben sollten wir: Überlege, was du wirklich brauchst! – So, wie man nicht hungrig einkaufen gehen sollte, weil man dann mehr kauft, als man essen kann und die Hälfte wegschmeißen muss – oder es eben eine Benimmregel bei Tisch/ am Buffet ist, dass man sich den Teller nicht zu voll packen soll, sondern erstmal wenig nehmen, aufessen und dann bei Bedarf und ggf. mehrfach Nachschlag holen sollte. Für Kleidung, Nahrung u.a. gibt es schon Reste-Verwertungen, z.B. Altkleidersammlungen und Die Tafel, Caritas u.a. zur Verteilung. Auf Energie wenden wir dieses Prinzip irgendwie nicht an. Warum?

Über Lichtverschmutzung reden Astronomen ja oft (siehe z.B. mein Post letztes Jahr). Das Problem ist hier nicht, dass es nur ein paar Sterngucker bei ihrem Hobby stört, sondern dass wir die Natur nachhaltig beeinflussen (z.B. dass nachtaktive Tiere wie Feldhamster gestört werden, das Insektensterben in den Städten enorm ist, weil diese in Lampen verbrennen, dass Pflanzen in Städten anders blühen und Bäume erst später im Herbst ihre Blätter verlieren) und vor allem, dass das Licht nicht oder nicht nur da ankommt, wo man es haben will, sondern einfach “ins All geballert” wird. Letztes Jahr hatte Andreas Hänel (Astronom+Planetarier aus Osnabrück) für sein Engagement in dieser Sache das Bundesverdienstkreuz bekommen. Ich berichtete auch über die Nachtlicht-Bühne, ein Bürgerwissenschaften-Projekt vom DLR und verlinkte auch ein animiertes GIF, das zeigt, wie sehr die Beleuchtung Europas in den vergangenen ca. 30 Jahren zugenommen hat. Mit der modernen LED-Technik kostet es ja fast nichts mehr, d.h. man kann mit dem Geld, das in Staats- und Kommunalkassen für Elektrik vorhanden ist, mehr Licht machen. 

Man könnte aber auch einfach weniger Geld für Elektrik ausgeben, indem man effektiver beleuchtet. Natürlich wünscht man sich, dass Fußgängerwege nachts beleuchtet sind, aber eben nur diese und nicht alles andere. Und auch nur nachts: tagsüber bei hellem Sonnenschein braucht man doch bittschön kein Licht im Büro einzuschalten.

Die Hobby-Astros der Volkssternwarte Regensburg, bei denen ich kürzlich zu Gast war, haben mir z.B. stolz berichtet, dass der Parkplatz, über dem die Teleskope stehen, jetzt richtig beleuchtet wird. Früher waren es Kugelleuchten am Stil, so dass unten an der Lampe der Träger der Laterne ist, so dass genau nach unten eben kein Licht kommt. Ein Parkplatz ist doch aber unter der Lampe (und nicht darüber). Wenn die Kugel nach oben Licht abstrahlt, beleuchtet sie den Himmel und den interessiert das Licht nicht. Wenn man aber einfach andere Lampen wählt, die nur nach unten leuchten und nicht nach oben, dann hat man das Licht auf dem Parkplatz (wo es gebraucht wird), aber nicht am Himmel (wo es niemandem nützt und manche sogar stört). 

Analog kann man überlegen, wie viel man öffentliche Gebäude nachts beleuchten muss und wie lange und wie viel Schaufenster nach Ladenschluss eigentlich beleuchtet sein müssen. 

Lösung Nr. 3

Neben solchen Lösungen zur effektiveren Nutzung der Ressourcen stellt sich natürlich immer noch die Frage, woher die Energie in erster Instanz eigentlich kommt. Auch dafür gibt es längst Lösungen. Ein Haus in unseren Breiten kann, wenn es mit Solarzellen gedeckt ist, mehr Energie gewinnen als die Bewohnenden verbrauchen können. Jedes Privathaus könnte also autark funktionieren (und das sollte sich aufgrund der Presse auch schon herumgesprochen haben):

Wenn alle Privathaushalte die nicht selbst benötigte Energie ins Netz einspeisen würden, könnte man einen großen Teil des Bedarfs der energie-intensiveren Industrie und Forschung damit abdecken (aber nicht alles). Das Problem ist nur, dass alles, was die Bewohnenden nicht selbst verbrauchen und ins Netz einspeisen, leider Geld kostet! Hier liegt ein weiterer Irrsinn: ein Kraftwerk, das Energie aus Gas oder Kohle gewinnt und ins Netz einspeist, bekommt Geld dafür bezahlt. Der Steuerzahler, der das mit Energie aus eigener Ernte tut, zahlt aber dafür: Die Energie selbst kostet also fast nichts, ist von Natur aus da – aber wer sie umwandelt und für die Gesellschaft nutzbar macht (als elektr. Energie), zahlt dafür eine Gebühr (Netznutzung, Steuern etc.). Es ist also billiger für Solarzellen-Inhaber, nichts ins Netz einzuspeisen: sie könnten die Energie in einem riesigen Akku im Garten selbst speichern (wer so viel Platz hat). Natürlich kann man aber auch das eigene Elektro-Auto mit der Energie aufladen, die das eigene Haus erzeugt. Damit würde auch jeder PKW & LKW, egal, ob zur privaten oder dienstlichen Nutzung, zur mobilen Ladestation. 

Fazit: Eigentlich finanzieren wir mit Steuergeldern die Politik, die das Funktionieren unserer Gesellschaft sicherstellen soll, aber – wer auch immer diese beraten hat – die langfristige Funktionsfähigkeit ist mit derlei Entscheidungen offensichtlich nicht gegeben, wenn man bei Gaslieferstopp erst anfängt, über Alternativen zu reden.  

Die jetzigen Politiker können vermutlich wenig(er) dafür. Wie wäre es, wenn alle diejenigen, die in den vergangenen ca. 30 Jahren (seit kurz nach der Wiedervereinigung) Politik gemacht haben, ihre Diäten zu 75% in die Steuerkassen zurückzahlen, auf dass wir mit diesem Geld die Energiewende finanzieren können, die in den letzten 30 Jahren hätte passieren müssen?  

PS 

Wenn wir darüber reden, ob Wind- oder Sonnen-Energie, würde ich die Sonne vorziehen – aber beides ist sinnvoll zu nutzen, in Maßen (siehe oben). Zudem gäb’s noch Biogas, Wasserkraft u.a. Quellen, die einfach immer da sind und von Natur aus ständig erzeugt werden. Das soll hier nicht Gegenstand sein. 
Auch sehe ich mich nicht in der Lage zu entscheiden, ob und wieviel Atomausstieg wir uns leisten können – das ist eine Energieform, die nicht direkt mit Klimawandel zu tun hat, aber sehr viel Nutzenergie erzeugt und “erst” dann als problematisch empfunden wird, wenn es um die Abfall-Lagerung geht. Dieses Problem hat man anfangs – in der Euphorie der hohen Erträge – deutlich unterschätzt. Darüber haben sich klügere Leute als ich schon Gedanken gemacht und es ist, wie gesagt, hier nicht mehr Thema. Ich bin für eine Vielfalt von (gegenseitige Redundanz) der Möglichkeiten, schon allein, weil das Ausfallsicherheiten liefert. Ich will hier einfach nur fragen, warum wir so verschwenderisch mit dem umgehen, wovon wir wenig haben anstatt das zu entwickeln, wovon wir viel haben und haben werden.

Warum ich Sonne stärker entwickeln würde, ist nur vorsichtige Besonnenheit aufgrund von Unwissenheit (ich versuche nur aus der Geschichte zu lernen bzw. zum Nachdenken anzuregen): Weil Wind und Wetter hochgradig nichtlineare Systeme sind, können wir nicht wissen, welche Umweltsünden wir anrichten, wenn wir dem Wind zu viel von seiner Energie entziehen. Ein paar Windmühlen tut sicher kaum weh und auch die wenigen modernen Windräder sind (hoffentlich) noch kein Problem. Ich wäre aber vorsichtig, davon zu viel zu haben: Staudämme wurden auch jahrhundertelange ohne böse Gedanken gebaut und stellen sich in den vergangenen Jahrzehnten als fatal heraus, weil durch die großen Mengen, die sie heutzutage verwalten, Wasser in bestimmten Seen fehlt, so dass diese austrocknen. Beim Wind kennen wir solche Nebenwirkungen nicht, aber das heißt nicht, dass sie nicht existieren (Schmetterlings-Effekt). Sonnenenergie hingegen kommt ständig auf die Erde – und wo wir die Erde bebauen, kann die Energie dieser Strahlung nicht mehr in den Boden. Also können wir sie auch für unsere Zwecke nutzen.  

das Bild ist von der ESA

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Zitat aus obigem Beitrag: “ Wenn wir darüber reden, ob Wind- oder Sonnen-Energie, würde ich die Sonne vorziehen. “
    In Deutschland muss man Wind den Vorzug geben, weil
    1) im Winter in D nur 1/4 der Sonneneinstrahlung des Hochsommers da ist
    2) D im Winter mehr Strom braucht als im Sommer, wobei der Winterstrombedarf mit der zunehmenden Verbreitung von Wärmepumpen noch zunimmt.
    3) weil Strom bis heute nicht billig gespeichert werden kann. Vor allem nicht über längere Zeit.

    Zusatz: die obige Beurteilung mit PV könne sich ein Haus in D selber mit der nötigen Energie versorgen gilt nur für den Sommer. Klar, wer das Geld und die Zeit hat verbringt den Winter auf den kanarischen Inseln und nicht in Deutschland. Nur ist das keine Lösung für das Energieproblem Deutschlands.
    Immer genügend Strom und Wärme ist für Deutschland nur ein Problem im Winter.
    Denn im Sommer muss man nicht heizen und ein paar Solarpanel genügen im Sommer mit seinen 16 Stunden Sonne pro Tag für den Strom. Nur ist der Sommer halt nicht das ganze Leben.