Lichtverschmutzung

Es geht bei diesem Thema nicht darum, dass die Welt stockduster sein soll. Es geht vor allem darum, das Licht geistreich zu verteilen – und eben nicht sinnlos überall zu verkleckern, wo man kann, sondern nur da, wo es gebraucht wird. 

Warum beispielsweise muss das Licht in diesen Gewächshäusern nach außen dringen? Hier werden für die Forschung irgendwelche Pflanzen beleuchtet und das ist sicher gut durchdacht, die Lampen hinsichtlich Helligkeit, Farbe und Dauer der Beleuchtung gut gewählt. Wieso aber wurde nicht so weit gedacht, dass das Licht in einem Glashaus auch nach außen dringt und die lebendige Natur jenseits des Glases stört (sei es Insekten, kleine Feldbewohner-Tiere oder die Pflanzen und Menschen). Die Materialwissenschaft ist doch schon hinreichend weit entwickelt, dass man entweder das Licht nur von außen nach innen (tags) und nicht von innen nach außen (nachts) dringen lassen könnte – oder dass man die Gebäude entsprechend gestalten kann, dass sie nachts eben nicht transparent sind: die altmodische Variante dafür sind Gardinen.
Dieser Rasen am Ortseingang eines kleinen, aber sehr touristischen Dorfs wird nachts grün beleuchtet (die Straßenlaternen sieht man weiß im Hintergrund: auf zwei Straßenlaternen kommen fünf ebenso helle, grüne Rasenbeleuchtungsflutscheinwerfer).
Warum? Tja … das erschließt sich mir nicht.
Dass die Treppe im Gras zu diesem nachts verlassenen Universitätsgebäude (mit Bibliothek etc.) nachts angeleuchtet ist, wird Nachteulen, Feldhamster und andere nachtaktive Tiere bestimmt freuen…
… überhaupt ist der gesamte Campus beleuchtet, obwohl alle Labors (deren Fensterläden natürlich offen sind) nachts nicht bevölkert sind. Manchmal sieht man hier abends noch ein Zulieferungsfahrzeug, das vermutlich Labormaterial bringt und vereinzelt ist mal ein Fenster hell (vermutlich ein Master-Studierendes unter Zeitdruck in der Abschlussphase; da kann man schon mal Nächte durcharbeiten)

Übrigens: Dies ist kein Astro-Institut; hier arbeiten “normale” Industrieforschende – Naturstoff-Forschung, Experimentalphysik, Biologie, Chemie u.a. Die “Ausrede”, dass Astronomie-Forschende nachtaktiv seien, kann hier als beim besten Willen nicht angewandt werden. Diese Leute müssten im Gegenteil umso besser wissen, dass dieses Übermaß an Licht nicht nur überflüssig, sondern reine Umweltverschmutzung ist.

Zudem hat man heutzutage eigentlich die Technologien, um Lampen der Außenbeleuchtung nur dann eingeschaltet werden, wenn da auch jemand entlang läuft. Wir reden über Smart Cities – aber dieser Campus soll anscheinend auch aus dem Weltraum gut sichtbar sein. Vor allem dann, wenn keiner da ist.  

Sogar die geschlossene Mensa (oder Cafeteria?) eines Campus, auf dem nachts niemand ist, wird hell angeleuchtet – und auch alle Zugangswege über die Wiesen, die (außer einer kleinen Astronomin beim Abendspaziergang) niemand sieht.

Die Frage ist schlicht: Was soll das?

… und warum muss diese Baustelle am Rand des Campus zur Natur in der Nacht taghell erleuchtet werden: links schließt sich ein Berghang an, 50 m links von der Bildkante beginnt Wald: im Grunde da, wo sich Fuchs und Hase “gute Nacht” sagen. Besteht etwa Gefahr, dass sich eine Feldmaus auf der Baustelle verläuft und in einen stehenden Bagger rennt? oder ist dies ein UFO-Landeplatz?

Warum kann in einer Stadt, in der die geballte Intelligenz wohnt, nicht auch das Licht intelligent verteilt werden? 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

8 Kommentare

  1. Absolut richtig. Licht sollte dort sein, wo es gebraucht wird. Also reicht es wenn nur der Gehweg nachts angestrahlt wird. Bei der Baustelle reicht auch das Warenlager, wegen der Gefahr des Diebstahls. Nur als Abschreckung..
    Und die Straßenlampen sind Insektenfallen.
    Idee: Keine richtige Lampe aufstellen, stattdessen mit Lasern ein Hologramm einer Lampe am Straßenrand erzeugen. Ob dieses Hologramm dann auch die Straße erleuchtet ?

    • wenn man das Warenlager beleuchtet, zeigt man es doch dem Dieb erst: es ist, als würde man sagen “guck, hier ist das Begehrte”

      klug wäre eine Beleuchtung dann, wenn sie eingeschaltet wird, wenn jemand da entlang geht – und nicht einfach immer brennt

  2. Licht gibt auch Sicherheit, jeder, der noch den seinerzeit nicht sonderlich gut beleuchteten “Ostblock” kennengelernt hat, weiß dies womöglich, “dunkle Straßen, dunkle Gestalten”, so hieß es mal.

    Ansonsten könnten die Betreiber der angemängelten Nachtbeleuchtung auch mal angefragt werden, besondere Gründe könnten bestanden haben und seien es auch nur Kostengründe, die womöglich doch mit der Störung von Tier abgewogen werden dürfen.

    Soweit der Schreiber dieser Zeilen weiß, er hat i.p. “Lichtverschmutzung” von Herrn Christian Reinboth (“Frischer Wind”, ScienceBlogs.de) gelernt, geht es i.p. Ablehnung von nächtlicher Außenbeleuchtung meist um die klare Sicht auf den Nachthimmel, die so behindert sei, teils, dann aber eher untergeordnet, um das Wohlergehen von Getier, wobei Getier hier womöglich gar nicht traurig sein wird, wenn es vielleicht (früher jedenfalls) so ein wenig mehr Wärme finden konnte.

    Ganz, umfänglich also, folgen konnte der Schreiber dieser Zeilen den Kritikern der sogenannten Lichtverschmutzung nie.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    • Straßenlaternen hatte der Ostblock, das sei Ihnen mal aus erster Hand versichert – was fehlte, war das Übermaß an Leuchtreklame. Es erschließt sich mir z.B. auch nicht, warum jede Firma, die einen Pförtner zwecks Einlasskontrolle beschäftigt, weil sie z.B. sogar (geheime) Militärtechnik entwickelt und produziert, das zehnstöckige Bürogebäude mit einer Leuchtreklame versehen muss. Warum muss da der Firmenname in die Nacht leuchten? Bei Läden in der Fußgängerzone kann man es ja noch verstehen: die stellen auch nachts ihre Ware aus – aber wieso da???

      Und auch bei den Schaufenstern und Laternen: warum nicht “smart” dann, wenn jemand da ist, dem die Beleuchtung nüützen könnte?

      Es geht nicht immer nur um den Sternhimmel. Klar, der geht auch in der Lichtglocke unter – aber das ist nur eines der zahlreichen Symptome und nicht der Grund der Kritik. Es ist vielseitig ökologisch schädlich: für Tiere, Pflanzen und damit das gesamte Ökosystem.

      • Der “Ostblock” war seinerzeit ‘nicht sonderlich gut beleuchtet’, es gelang nicht selten bereits auf Nebenstraßen Prags oder anderer großer Städte im Dunkeln zu stehen, kleinere Städte und insbesondere Dörfer waren nächtens extra-schlecht beleuchtet, Dr. Webbaer sich hier auskennen tun, ist auch schon ein wenig älter und hatte dort in verschiedenen Ländern, in der “DDR” nicht, seinerzeit nicht selten zu tun.
        Ansonsten gilt es Abwägungen zu treffen, einige interessiert möglicher Schaden für Pflanze und Tier durch sogenannte Lichtverschmutzung weniger, andere mehr, sicherlich könnte (u.a. auch) Leuchtreklame einen gewissen sozialen Nutzen haben.

        Mit freundlichen Grüßen
        Dr. Webbaer (der für den bereit gestellten Inhalt dankt und besondere Gegenrede nicht beabsichtigt hat)

  3. Mein Bewegungsmelder in meinem Flur ist offenbar irgendwann jüngst den Weg alles irdischen gegangen. Nämlich kaputt.

    Es klingt seltsam, aber warum soll man nicht die Strassenbeleuchtung etwa oder andere Beleuchtungen genau über die selbe Strategie schalten, wie in meinem kleinen Flur?

    Mein Flur hat das Problem, das er nur einen Lichtschalter hat, und der ist, wenn ich aus dem falschen Zimmer komme, eben unerreichbar (wer hat sich das bloß ausgedacht) und im Dunkeln herumlaufen ist auch in gewohnten Räumen nicht immer Folgenlos.

    Das man ganze Strassenzüge der Städte nicht schon deswegen so schaltet, weil die Dauerbeleuchtung Strom kostet, verstehe ich auch nicht. So könnte man Strassenbeleuchtung Blockweise schalten, wenn Bedarf und das Problem der hohen Energiekosten wäre verringert.

    Ich befürchte allerdings, das erst mit 5G die Detektion von Bedarf hinreichend effizient wird, weil an jeder Laterne einen Bewegungsmelder der optischen Bauart zu montieren, das könnte etwas zu auswendig und teuer.

    Hingegen mit 5G können Bioorganismen mit großer Biosignatur durchaus leicht und billig (synergie-Effekt) geortet werden.

    Allerdings: diese Entwicklung wäre mir auch gar nicht recht, wenn 5G wirklich bis in meine Wohnung (oder eben nur Haustür) observieren würde.

    Und Kinder würden das Licht wohl nicht einschalten. Aber das würde nicht nachteilig sein, weil Kinder zu der Uhrzeit, wo es dunkel ist, ja sowieso nur in Begleitung… und so.

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