Stadtsommer

Berlin und sein Umland sind mehr als eine Reise wert. Am nordöstlichen Rande der Stadt wird heute Natur auf ehemaligen Rieselfeldern liebevoll erleb- und begreifbar gemacht. Das Konzept ist so knorke, dass der Botanische Volkspark Blankenfelde-Pankow dieses Jahr für “Naturschutz und Landschaftserleben” ausgezeichnet wird.
Das Schöne an der Hauptstadt Deutschlands ist, dass es immer etwas (Neues) zu entdecken gibt. Zugegeben – echte Touristinnen und Touristen werden sich vermutlich lieber hier (hier) ablichten (lassen), anstatt dort, wo einst die Ausscheidungen der Stadtmenschen im Märkischen Sandboden versickerten. Aber vielleicht irre ich mich ja auch.
(Natur)- Highlights bemerken…
Neulich war ich mal wieder auf Heimatbesuch und brauchte natürlich ein wenig Auslauf. Meine Wahl fiel diesmal auf die ehemaligen Rieselfelder, denn nach den heftigen Regenfällen der vergangenen Wochen standen Teile der Stadt zur Freude von Insekten und Bausanierern immer noch oder schon wieder unter Wasser. Wenn es irgendwo mit dem Ablaufen überschüssiger Flüssigkeiten zeitnah klappen sollte, dann hier, so meine These.
Am Tag zuvor hatte ich nach alter Forscherart bereits das Gegenteil in den angrenzenden Sümpfen, Mooren und Müllbergen beweisen können. So startete ich entsprechend “akupunktiert” meinen Lauf. Doch das ist eine andere Geschichte.

Einst größter Schulgarten Berlins
Die Gegend um den Botanischen Volkspark stellte sich als exzellente Wahl heraus. 34 Hektar denkmalgeschützte Bau- und Gartenkunst aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts warten darauf, von Groß und Klein erkundet zu werden. Dieser ehemals größte Schulgarten bildet heute ein Tor in die weitläufige Natur des Barnims, der eiszeitlich gebildeten, welligen Hochfläche im Nordosten der Stadt und im angrenzenden Brandenburg.
Reise durch Raum und Zeit
1894 leitete Dr. Eduard Zache die Errichtung der 30 m langen und 2 m hohen Geologischen Wand aus 123 verschiedenen Gesteinen nach dem Vorbild des Naturforschers und Wissenschaftlers Alexander von Humboldt. Dieses einzigartige Geotop gibt einen faszinierenden Einblick in die Gesteinswelt Mitteleuropas. Zunächst stand die Wand im Humboldthain, bis sie 1914 nach Blankenfelde in den neu gegründeten Zentralschulgarten umzog.
Hier hatte 1909 der Generalbaudirektor Albert Brodersen ein stillgelegtes Rieselfeld als Schulgarten anlegen lassen, um den Stadtkindern statt Hinterhöfen, Lärm, Ruß und Remisen ein wenig Natur zu vermitteln. Vorhandenes, darunter einige Teiche und Bäume der Brandenburger Wälder – wurden in die Gestaltung einbezogen. Landwirtschaftliche Flächen und ein Parkwald wurden angelegt. Apfelbäume säumten die Felder, an den Hauptwegen spendeten Zierhölzer Schatten.
Die Berliner Schulen bezogen hier Pflanzenmaterial für den Botanik- und Zeichenunterricht. Während der beiden Weltkriege versorgte der Park die Stadtbevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten.

Nach dem 2. Weltkrieg erfolgten Ergänzungen – Wildgehege, Volieren und Stallungen kamen hinzu. Die Humboldt Universität nutzte nun das Gelände für Forschung und Lehre. Neue Tropen- und Gewächshäuser entstanden. Das ebenfalls seit den 1920er Jahren bestehende Arboretum europäischer Baumarten wurde erweitert. Seit 1994 ist der Park Öffentliche Gartenanlage und Gartendenkmal.
So dufte wie knorke!
Da das Konzept wirklich super ist (für alle, die sich nicht in der Berliner Mundart auskennen 😉 ), zeichnet die Jury des Deutschen Landschaftsarchitektur-Preises den Park dieses Jahr in der Kategorie “Naturschutz und Landschaftserleben” aus. Am 29. September 2017 findet die Vorstellung der prämierten und gewürdigten Arbeiten im Rahmen einer Festveranstaltung in Berlin statt.

Denn nischt wie hin! Die Geologische Wand habe ich mir übrigens für meinen nächsten Besuch aufgehoben. Sonst hätte ich vermutlich meinen Zug nicht mehr erwischt…
Quelle / weiterführende Infos:
- Informationen zu Öffnungszeiten und Veranstaltungen des Volksparks gibt es hier.
- Grün Berlin GmbH: Vom Schulgarten zum Botanischen Volkspark
- Klaus Reinhold und Angela Ehling: Infoflyer “Geologische Wand”, 2016 – neben weiterem Infomaterial hier im Downloadbereich der landeseigenen Grün Berlin GmbH herunterladbar.
- Noch bis zum 15. Oktober 2017: Internationale Gartenausstellung Berlin (#IGA2017) in Berlin Marzahn-Hellersdorf.
