Wo genau ist das Generische im generischen Maskulinum?

Leicht hat es die Duden-Redaktion derzeit nicht. Im Sommer erst musste sie sich ungerechtfertigterweise vorhalten lassen, mit der Aufnahme neuer Wörter in die 28. Auflage des Rechtschreibdudens eine links-grüne Agenda zu verfolgen. Vor kurzem hieß es nun, im Online-Duden werde heimlich eine Sprachveränderung betrieben, die zum Verschwinden des generischen Maskulinums führe. Kürzlich hat deshalb der “Verein Deutsche Sprache”, jener umstrittene Verein konservativer Sprachschützer*innen, sogar einen öffentlichen Aufruf gegen den Dudenverlag gestartet. Was ist also dran an diesem Vorwurf?

Am 7.1.2021 erscheint in der Tageszeitung „Die Welt“ ein Artikel, in dem behauptet wird, dass der Online-Duden „heimlich gegendert“ werde. Der Vorwurf bezieht sich auf zwei Beobachtungen: Weibliche Bezeichnungen wie „Ärztin“ verweisen nicht einfach mehr nur auf die männliche Form von „Arzt“, wie es im gedruckten Duden geschieht, sondern besitzen nun einen eigenen Eintrag. „Ärztin: weibliche Person, die nach Medizinstudium und klinischer Ausbildung die staatliche Zulassung (Approbation) erhalten hat, Kranke zu behandeln“ heißt es jetzt dort. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk begründet die Leiterin der Duden-Redaktion, Kathrin Kunkel-Razum, diese Änderung damit, dass in der Online-Version des Wörterbuchs auf diese Weise ein zusätzlicher Klick vermieden wird. Dies entspreche dem Wunsch vieler Nutzerinnen und Nutzer.

Mehr aber noch als diese naheliegende Funktionsverbesserung, die in der Printfassung des Wörterbuchs aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft beider Wörter nicht notwendig ist, ist das in die Kritik geraten, was nun bei „Arzt“ als Bedeutungsangabe erscheint: „Männliche Person, die nach Medizinstudium und klinischer Ausbildung die staatliche Zulassung (Approbation) erhalten hat, Kranke zu behandeln“. Bislang war hier nur von einer “Person” die Rede, Geschlecht unbestimmt. Damit verschwinde de facto das generische Maskulinum bei Personenbezeichnungen im Online-Duden, meint die „Welt“, dies sei ein Akt Orwell’schen Neusprechs. Das generische Maskulinum, also die geschlechtsunabhängige Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen (zum Beispiel bei einer Personalversammlung als Anrede „Liebe Ärzte“ statt „Liebe Ärztinnen und Ärzte“) ist einer der zentralen Streitpunkte im Kampf um eine geschlechtergerechte Sprache. Dieses sei eine systematische Struktureigenschaft der deutschen Sprache, sagen seine Befürworter. „Wenn wir über konkrete Personen sprechen, dann wird das generische Maskulinum zunehmend infrage gestellt“, meint hingegen Kathrin Kunkel-Razum und mit ihr viele andere.

Eine sprachwissenschaftliche Grundsatzfrage

Ganz unabhängig von dieser derzeit in der Öffentlichkeit hitzig geführten Debatte verbirgt sich in den von der Duden-Redaktion vorgenommenen Änderungen auch eine interessante sprachwissenschaftliche Frage: Wo genau ist eigentlich der Ort des Generischen im generischen Maskulinum? Ist es selbst grundlegend etwa in der Bedeutung des Wortes „Arzt“ enthalten, oder kommt es dadurch zustande, dass die grundlegende männliche Bedeutung erst in einem zweiten Schritt zu einer generischen „gemacht“ wird? 

Die Antwort, die der Duden nun gibt, ist die letztere: Wenn die generische Bedeutung nicht im Wort selbst angelegt ist, dann muss sie im Gebrauch aus der lexikalischen Grundbedeutung abgeleitet werden. Derartiges gibt es im Sprachgebrauch oft, man nennt den dahinter liegenden Prozess eine „konversationelle Implikatur“. Die generische Bedeutung einer männlichen Personenbezeichnung („Arzt“) zur Bezeichnung einer gemischten Gruppe von Menschen („Die Ärzte machen Mittagspause.“) würde sich dabei daraus ergeben, dass die geschlechtsunabhängige Lesart aus sprachökonomischen Gründen aus der männlichen Form abgeleitet wird. Warum aus der männlichen? Dies ist nur aus alter kultureller Tradition zu erklären, und Traditionen können durchbrochen werden.  

Auch die bisherige Bedeutungsbeschreibung benötigt Implikaturen

Aber auch eine Bedeutungsbeschreibung, bei der die generische Lesart als grundlegend angesetzt wird, erfordert im Gebrauch die konversationelle Implikatur. Wenn “Arzt” wie bisher im Duden geschlechtslos als eine Person mit einer bestimmten Ausbildung definiert wird, ergibt sich das umgekehrte Problem, wie aus dieser generischen Lesart der Bedeutung nun eine spezifisch männliche wird, die es ja auch gibt: „Die Ärzte machen Mittagspause. Die Ärztinnen arbeiten weiter.“ Bei der hier zu ziehenden konversationellen Implikatur muss auf den Gegensatz von „Ärzten“ und „Ärztinnen“ zurückgegriffen werden, um aus der geschlechtsneutralen Bedeutung die geschlechtsspezifische abzuleiten.

Welcher Weg ist nun zu wählen? Der Duden hat sich für die Überarbeitung aller seiner Personenbezeichnungen im Sinne der Unterscheidung männlicher und weiblicher Lesarten entschieden. Dies bedeutet nicht, dass es keine generischen Bedeutungen mehr gibt. Diese sind zukünftig jedoch aus der männlichen abzuleiten, wie bislang die männliche aus der generischen abzuleiten war. Mit dieser Entscheidung gewinnt der Sprachgebrauch Dominanz über das Sprachsystem, und dies entspricht einem Trend, der in der Linguistik überall zu beobachten ist. Den Verfechterinnen und Verfechtern einer im Sprachsystem angelegten Generizität wird das nicht gefallen, der generische Gebrauch männlicher Personenbezeichnungen hingegen bleibt aber weiterhin möglich.

Offenlegung: Am 15.3.2021 erscheint mein neues Buch „Sprachkampf“ im Dudenverlag.

Beitragsbild: Pixabay.

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www.lobin.de

Henning Lobin ist seit 2018 Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (Mitglied der gemeinsam vom Bund und allen 16 Bundesländern finanzierten Leibniz-Gemeinschaft) und Professor für Germanistische Linguistik an der dortigen Universität. Zuvor war er ab 1999 Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sprache, Texttechnologie, Grammatik, Wissenschaftskommunikation und Politolinguistik. Er ist Sprecher der Sektion "Geisteswissenschaften und Bildungsforschung" und Präsidiumsmitglied der Leibniz-Gemeinschaft, Mitglied germanistischer Fachbeiräte ua. von DAAD und Goethe-Institut, er war Mitglied des Forschungsbeirats der Stiftung Wissenschaft und Politik und des Fachkollegiums Sprachwissenschaft der DFG. Lobin ist Autor von neun Monografien und hat zahlreiche Sammelbände herausgegeben. Zuletzt erschienen sind Engelbarts Traum (Campus, 2014, polnische Übersetzung 2017, chinesische Übersetzung 2018), Digital und vernetzt. Das neue Bild der Sprache (Metzler, 2018) und Sprachkampf (Duden, 2021). Bei den SciLogs ist Henning Lobin seit 2014 Autor des Blogs "Die Engelbart-Galaxis", nachdem er dort bereits ab 2008 am Gruppenblog "Interactive Science" beteiligt war.

50 Kommentare

  1. All diese Diskussionen erhält man aus dem Zusammentreffen der Existenz eines Genus in der deutschen Sprache und der aktuellen Gleichstellungsdiskussion.

    In der mit Deutsch verwandten Sprache Englisch führt das Genus dagegen nur noch ein Kümmerdasein. Wer Sprache primär als Verständigungsmittel sieht und gleichzeitig vom Problem des generischen Maskulinums umgetrieben ist, der müsste meiner Meinung nach bald einmal zum Schluss kommen, die Lösung könne doch einfach die sein, Deutsch aufzugeben indem man beispielsweise schon Kindergärtler englisch unterrichte. Mit dem Wechsel zum Englisch als Muttersprache erhielte Deutschland auch gleich noch eine bessere Wikipedia und zudem einen viel unmittelbareren Anschluss an die englischsprachige Welt, die ja viel grösser und bedeutender ist als die Deutschsprachige. Was sich etwa im Umfang und der Qualität von Suchanfragen zu fast beliebigen Themen äussert. Das ist etwa der Grund warum ich in Google häufig mit englischen Suchbegriffen/sätzen arbeite. Denn man erhält oft bessere, wertvollere Resultate und spart sich Zeit. Mit dem Wechsel zum Englischen könnte ganz Deutschland solche Vorteile geniessen. Und sich erst noch die endlosen Diskussionen um das generische Maskulinum ersparen.

    • Zitat:

      Wenn “Arzt” wie bisher im Duden geschlechtslos als eine Person mit einer bestimmten Ausbildung definiert wird, ergibt sich das umgekehrte Problem, wie aus dieser generischen Lesart der Bedeutung nun eine spezifisch männliche wird, die es ja auch gibt: „Die Ärzte machen Mittagspause. Die Ärztinnen arbeiten weiter.“

      Ja, dieses Problem stellt sich auch bei der Übersetzung vom Deutschen ins Englische – mindestens für Übersetzungsprogramme. „Die Ärzte machen Mittagspause. Die Ärztinnen arbeiten weiter.“ wird unterschiedlich übersetzt.
      Google translate: „ The doctors take a lunch break. The doctors continue to work.“
      DeepL: „ The doctors take their lunch break. The female doctors continue working.“
      Beide Übersetzungen sind eindeutig falsch. Richtig wäre wohl: “The male doctors take their lunch break. The female doctors continue working.“

      Man sieht, sobald man es mit Deutsch zu tun hat, bekommt man Schwierigkeiten!

      • Wenn wir schon bei der deutschen Sprachkritik sind, dann würde ich empfehlen, die Worte erst mal richtig zu schreiben und nicht überall das ß durch zwei s zu ersetzen.
        größer bleibt größer und wird nicht zu grösser
        äußert bleibt äußert und wird nicht zu äussert
        genießen bleibt genießen und wird nicht zu geniessen

        • Sie irren wenn sie die Schreibweise ß anstatt ss für verbindlich im gesamten deutschsprachigen Raum halten.

          • In Bezug auf das ß irre ich insofern nicht, als es bei langgezogener Silbe immer noch bei dieser Schreibweise bleibt. Nur einige Beispiele: Straße (langgezogenes a) im Gegensatz zu Trasse (kurzes a), genießen, gießen, sprießen (langgezogenes i) im Gegensatz zu Nissen, Biss, Riss (kurzes i). Schließlich war die Schreibweise, die wir auf diesem Gebiet vorher hatten (sie erinnern sich vielleicht “das im Nebensatz bedeutet welches, daß jedoch bedeutet damit”), war sehr unlogisch, weshalb man heute dieses daß mit ss schreibt. Sie werden sicher nicht leugnen können, dass Straße mit ss unmöglich klingt.

          • @Ute Waldow

            verbindlich im gesamten deutschsprachigen Raum

            Sie werden sicher nicht leugnen können, dass Straße mit ss unmöglich klingt.

            Er wird das sogar ganz sicher leugnen. Schauen Sie mal Richtung [Ö|Oe]tlingen

    • Solche Sätze wie Ihre, Herr Holzherr, stimmen mich traurig.
      Kein Sprecher irgendeiner Sprache würde durch so wenig Sprachloyalität und Liebe zur eigenen Muttersprache glänzen wie ein deutscher Muttersprachler. Kein Skandinavier. Kein Franzose. Kein Italiener. Niemand. Das Traurige ist, daß sich hier ein ganz bestimmtes Denken über sich selbst (als Sprachgemeinschaft) zeigt. Mit diesem Denken würden wir heute noch Opern in italienischer Sprache schreiben und Deutsch wäre nie zu einer der großen Kultursprachen geworden.
      Für mich zeigt sich in so einer Einstellung (ich nehme Ihre Sätze als Beispiel, ich möchte Sie damit nicht persönlich angreifen o.ä., Herr Holzherr) ein kultureller Minderwertigkeitskomplex. Dafür aber gibt es keinen Grund.
      Unsere Sprache ist Teil unserer Identität, kulturelles Erbe. Wir sollten sie selbstbewußt und selbstverständlich benutzen und lieben.
      Sie ist eine der 10 größten Sprachen auf der Welt (von 6.000!), wird auf jedem bewohnten Kontinent gesprochen und belegt als Fremdsprache weltweit Platz 4 (bis vor Kurzem Platz 3!).
      Die Genderdiskussion wäre überflüssig, wenn wir unsere grammatikalischen Geschlechter anders bezeichneten und natürliches und grammatikalisches Geschlecht voneinander trennten.
      Ich glaube, wir sollten die Bezeichnungen ändern. 1., 2., 3. Geschlecht, Alpha, Beta, Gamma … Wie auch immer. Damit diejenigen, die grammatikalisches und natürliches Geschlecht nicht voneinander trennen können oder wollen, diese Verbindung nicht mehr haben. Aber bitte, laßt die Sprache in Ruhe ….

      • @Hagen Röhrig (Zitat 1):

        „ Sie ist eine der 10 größten Sprachen auf der Welt (von 6.000!), wird auf jedem bewohnten Kontinent gesprochen und belegt als Fremdsprache weltweit Platz 4 (bis vor Kurzem Platz 3!).“

        Richtig, viele „kleinere“ Sprachen sind schon verschwunden, sie wurden von „grösseren“ Sprachen geschluckt. Mein Argument, Englisch biete in der heutigen Welt mehr Gegenwert, war wohl schon immer ein Grund dafür, dass kleinere Sprachen in direktem Kontakt mit grösseren das Nachsehen hatten.
        Und ja, wer in der Wissenschaft tätig ist oder nur schon häufig recherchiert, ist mit Englisch besser dran.

        Zitat 2:

        “ Die Genderdiskussion wäre überflüssig, wenn wir unsere grammatikalischen Geschlechter anders bezeichneten und natürliches und grammatikalisches Geschlecht voneinander trennten.“

        Ja, man kann sich viele Lösungen vorstellen. In der Tat haben die beiden am häufigsten gewählten Lösungen keine Chance sich bei allen Deutsch Sprechenden durchzusetzen. Von „Ärztinnen und Ärzten“ zu sprechen ist einfach zu wenig sprachökonomisch und Schreibweisen wie Ärzt*innen haben nicht einmal ein Äquivalent in der gesprochenen Sprache.
        Damit bleibt mein Argument gültig: wem das generische Maskulinum ein Alptraum ist mit dem er/sie nicht leben kann, der kann sich von diesem Problem erlösen, einfach indem er/sie zu englisch wechselt, wo es dieses Problem nicht gibt. Das Englische kommt sogar damit zurecht, dass es neben einem männlichen und weiblichen auch noch ein drittes Geschlecht geben kann. Denn Stephan Schleim hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Wendung „Ärztinnen und Ärzte“ nicht alle denkbaren Fälle abdeckt.

      • Bonuskommentar hierzu :

        Kein Sprecher irgendeiner [anderen – Ergänzung : Dr. Webbaer] Sprache würde durch so wenig Sprachloyalität und Liebe zur eigenen Muttersprache glänzen wie ein deutscher Muttersprachler.

        Doch, gibt es unter “Progressiven” allerorts, der Internationalismus, der in extremer Ausprägung nicht weniger schädlich wirken muss, als der extreme Nationalismus, leitet so generell an.
        In etwa zeitgleich, es könnte fast eine Verabredung vermutet werden, haben Trudeau (Kanada), Löfven (Schweden) und bundesdeutsche politische Spitzenkräfte vor vielleicht zwei Jahren und weitgehend unwidersprochen festgestellt, dass es keine (oder keine spezielle) Regionalkultur gibt, ich “mochte” derartige mit “Verständigkeit” verbundene “Ehrlichkeit”.

    • Der englischen Sprache ließe sich zwar ein wenig schlechter, aber ähnlich “aufoktroyieren” (um einmal ein Dummwort, einen Neoplasmus der Siebziger zu verwenden), der Teacher könnte ganz “woke” bspw. durch eine Teacheress (erneut) ergänzt werden, “damit es klarer wird” bzw. die anscheinend gewünschte Sexualisierung von Sprache stattfinden kann.

      Wichtiger Punkt, das Genus bestimmt nicht den Sexus, aber die Sprache soll sexualisiert werden, anfänglich durch unnötige Sexus-Markierungen, zunehmend durch “Neu-” oder “Gender-Sprech”.
      Wobei dann letztlich die (antibiologische) “N-Geschlechtlichkeit”, in der BRD anscheinend bereits höchstrichterlich beschlossen (Warum eigentlich von einem Gericht?), die Sache weiter vermurksen muss.

      Weiß der hiesige werte Inhaltegeber ja auch alles,
      MFG
      Dr. Webbaer

      • Vielen Dank @Hennig Lobin für diese Analyse in den Wirren zwischen linguistischer Regelforschung und pragmatischem Sprachgebrauch, was ja immer eine spannungsvolle Beziehung ist. Danke. wieder was gelernt.

        Sehr geehrte*r Dr. Webbaer,
        Internetbär übersetze ich mal frei.

        Sie schreiben: “Das Genus bestimmt nicht das Sexus.” – Wenn Sie bitte zunächst erlauben, den Sexus, das ist ein Maskulinum. Aber das ist sekundär.

        Ja, natürlich entscheidet eine grammatikalische Zuweisung nicht über einen biologischen Fakt. Das wird kaum jemand anzweifeln.

        Es geht um den Zusammenhang zwischen Genus und Sexus in der deutschen Sprache. Und der ist bei Personenbezeichnungen, Funktionen und Titeln traditionell und regelmäßig positiv, also Genus=Sexus.

        Springen Sie gedanklich einfach mal 200 Jahre zurück:

        Es ist die Mutter, Schwester, Tante, Oma, Cousine, Magd, Prinzessin, Zofe, Königin … und der Vater, Bruder, Onkel, Opa, Cousin, Knecht, Prinz, Diener oder König.

        Wegen dieser traditionell positiven Beziehung haben sich für bestimmte Berufe weibliche Bezeichnungen herausgebildet: Krankenschwester, Sekretärin, Putzfrau, Stewardess, Kindergärtnerin.

        Ein Problem tauchte erst auf, als es im Zuge von Gleichstellungsbemühungen und mehr Emanzipation von Männern und Frauen, auch weibliche Chefs, Ärzte, Forscher, Präsidenten und männliche Sekretärinnen, Krankenschwestern, Erzieherinnen, Putzfrauen und Stewardessen gab.
        Der Begriff “generisches Maskulinum” kam erst in den 80er Jahren in die deutsche Sprache. Und seither gibt es diese Diskussion.

        Wenn Sie verstehen wollen, wie das generische Maskulinum wirkt, sprechen und schreiben Sie eine Woche lang ausschließlich im generischen Femininum. Denn generisch heißt nichts anderes als verallgemeinernd. Und auch das generische Feminimum hat Tradition, zum Beispiel, wenn wir über Katzen sprechen, da sind die Kater mitgemeint, aber nicht genannt.

        Freundliche Grüße
        Sigi Lieb

        • Das ist schon richtig, was Sie schrieben, Herr Sigi Lieb, vgl. bspw. auch mit :
          -> books.google.com/ngrams/graph?content=generisches+Maskulinum&year_start=1800&year_end=2019&corpus=31 (‘Der Begriff “generisches Maskulinum” kam erst in den 80er Jahren in die deutsche Sprache.’ – Zitat aus Ihrer Nachricht)

          Auch ist es so, dass es bei Tätigkeits- und Berufsbezeichnungen in der deutschen Sprache ein historisch bedingtes Übergewicht von maskulinen Wörtern gibt, dass hier durchaus sprachlich freundlich ergänzt werden kann, ich schrieb nie anders.
          Wer bspw. Bundeskanzlerin sein möchte, dem sei dies unbenommen, nur ist die Bundeskanzlerin auch Bundeskanzler (andersherum, haha, nicht), ‘Frau Bundeskanzler’ ginge aber ebenfalls. (So wurde es lange gehandhabt, bspw. bei Frau Außen- bzw. Premierminister Golda Meir.)

          Ich bin also im Bilde, danke für Ihre Nachricht, Herr Sigi Lieb, habe auch nichts gegen substantivierte PPAs wie bspw. ‘die Studierenden’ (der ‘Student’ ist ebenfalls ein substantiviertes PPA), die deutsche Sprache darf gerne ein wenig verändert, angepasst werden, so dass niemand traurig ist, abärrr keineswegs darf dieses Vorhaben in vermurkster sogenannter gendergeschlechter Sprache enden, die zudem von den Leutz nicht oder nur unzureichend angenommen wird.
          Auch sollte m.E. “Der Duden” kein political player werden.

          MFG
          Dr. Webbaer

          • Korrektur zum Webverweis :

            -> books.google.com/ngrams/graph?content=generisches+Maskulinum&year_start=1800&year_end=2019&corpus=31

            PS:

            Wenn Sie, lieber Herr Lieb, diese Diskussion noch ein wenig vertiefen möchten, stehe ich gerne bereit.

          • *
            ‘gendergeschlechter Sprache’ gibt es womöglich nicht, lol, my Fault, es heißt wohl ‘geschlechtergerechter Sprache’ oder ‘gendergerechter Sprache’, oder?!
            (Ich bin schon ein wenig älter, kenne also auch die dbzgl. bundesdeutschen Entwicklungen der Siebziger und Achtziger.)

    • Die deutsche Sprache soll also abgeschafft und durch Englisch ersetzt werden? Also durch eine Sprache, in der die Bezeichnung für “Mensch” und “Mann” identisch ist? Und das ist dann geschlechtergerecht?

  2. Ich denke, man wird, wenn man sich nicht beruflich mit Sprache auseinandersetzt, wie Sie oder ich, auch in Zukunft sagen: “Die Ärzte machen Mittagspause.” Im Alltag immer beide Geschlechter zu nennen oder Formen wie Ärzt_innen einzuüben, dürfte schlicht zu ermüdend sein. Und was machen wir, wenn sich Intersexuelle dann immer noch ausgeschlossen fühlen?

    Ich werde selbst regelmäßig für das Verwenden inklusiverer Sprache angefeindet. Übrigens beschweren sich auch Frauen, wenn man z.B. in einem Interview konsequent “Zuhörerinnen und Zuhörer” sagt. Ich bedaure dann, dass diese Kritik an der Sprache vom eigentlichen Thema ablenkt.

    Und so sehe ich schließlich die große Debatte um “gendergerechtere Sprache”: als einen Nebenschauplatz, während wir ganz andere Normen und Probleme aus den Augen verlieren. Sei’s drum! Einer sagte einmal: Wenn die Welt unterginge, dann wäre es schade um die Schmetterlinge.

    • Herr Röhrig, Sie sprechen mir aus dem Herzen, denn ich bin absoluter Sprachfan und ehrlich gesagt auch Sprachgenießer (wenn ich auch mit Erstaunen sehe, dass Sie sich noch der “alten” – aber angeblich vom Duden erlaubten – Schreibweise in Bezug auf das ß bedienen). Ich empfinde es als geradezu unsäglich, dass inzwischen bei allen Fernsehbeiträgen, seien es die Nachrichten oder sonstige Berichte, immer beide Formen gesprochen/abgelesen werden. Das verhunzt die Sprache und macht sie geradezu unansehnlich bzw. akustisch unzumutbar. Auch die neuesten Bücher, egal aus welcher Literaturgattung, sind sprachlich mit diesen Wortmonstern gespickt. Ich bin ja öfters im Ausland und habe auch hier englische, italienische und französische Bekannte und von allen Seiten bekomme ich zu hören, dass wir Deutschen doch eine so wundervolle Sprache haben, die wir nun völlig freiwillig verschandeln.

    • Es liegt kein ‘Nebenschauplatz’ vor, sondern der Versuch bestimmter politischer Kräfte mit tiefgehenden Eingriffen in die Sprache das allgemeine Bewusstsein zu ändern, Herr Dr. Schleim.
      So etwas ist in totalitären Gesellschaftssystemen Usus, nicht aber in liberaler Demokratie.
      Ich habe schon vor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass u.a. Dr. Anatol Stefanowitsch Duden-Nähe – endlich! – gefunden hat und bin nicht überrascht – es passt so zur allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung in der BRD, die ich als weggehend von der liberalen Demokratie einzuschätzen vermag.

    • Sehr geehrte*r Dr. Webbaer,
      ist es zuviel der Höflichkeit verlangt, dass Sie mich im korrekten Geschlecht ansprechen, statt mich einer unfreiwilligen Geschlechtsumwandlung zu unterziehen?
      Acht Buchstaben bei Tante Google (Sigi Lieb) zeigen sofort, dass ich eine Frau bin, mit einer Restwahrscheinlichkeit, dass ich nicht-binär bin, jedenfalls aber nicht männlich. Ca. 50 Prozent aller deutschsprachigen Sigis sind weiblich. Es ist also sehr naheliegend. Es sei denn, Sie reagierten gemäß unbewusster Stereotypen in Ihrem Kopf, die Ihnen das falsche Geschlecht aufgeschwatzt haben, ohne dass Sie es bemerkt haben.
      Sprachlich ist es jedenfalls falsch, eine Person mit dem falschen Geschlecht anzusprechen, weil es sich um einen spezifischen Kontext handelt.
      Gerne können Sie meine Einordnung zu gängigen Argumenten hier nachlesen:
      https://www.gespraechswert.de/gendern-argumente/
      Auch sonst finden Sie diverse Texte, die sich mit Sprache und Sprachwandel beschäftigen.

      • Huch!
        Frau Sigi Lieb, sorry, weiter oben.
        Weiter oben bin ich nett auf Sie eingegangen.
        Vielen Dank für Ihre Nachricht!
        Ich kenne Sie nicht, ich kannte Sie nicht und ich werde Sie, womöglich auch nie, lol, persönlich kennen lernen.
        Also, das da weiter oben von Ihnen Geschriebene war m.E. in Ordung, schrieb ich ja auch.
        Ohren (weiterhin) steif halten und mit freundlichen Grüßen!
        Dr. (der sich mit Ihren Sichten gerne, auch biologisch deviant sozusagen, auseinandersetzen wird, der eine so, der andere so, gerne abärrr spezifisch bleiben, Dr. Webbaer hier nicht umsonst sein, danke!)

      • Das Weib sollte begutachtet bleiben! – geht dies so auch für SIe, “Sigi Lieb”, einstweilen?!

        SCNR
        Dr. Webbaer (..und weg, lol…, cu, im April vielleicht mal wieder, Dr. W sich hier sicherlich nicht immer günstig “eingefressen” habend)

  3. Sehr geehrter Herr Lobin,

    könnten Sie bitte mal die Stellen zitieren, wo die WELT von einem „Akt Orwell’schen Neusprechs“ spricht. Diese Stelle gibt es in dem Artikel nicht.

    Bitte nennen Sie doch auch noch die Passage, wo der Artikel Kritik daran übt, dass die femininen Worteinträge ausgebaut werden. Diese Stelle kann ich ebenfalls nicht entdecken.

    Die Kritik der Linguisten Peter Eisenberg, Elisabeth Leiss und Ewa Trutkowski in dem Text bezieht sich auf das Umschreiben der Definitionen. Das ist das Thema.

    Der Hinweis, dass der Verein Deutsche Sprache umstritten sei, ist eigentlich nicht nötig, wenn es einem um die Sache geht. Mitglieder des VDS gehören, so weit ich das sehe, allen möglichen politischen Richtungen an. Sie eint nicht eine bestimmte politische Haltung, sondern ein Interesse an der Deutschen Sprache. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören neben zahlreichen Linguisten Personen wie Wolfgang Thierse.

    Mit freundlichen Grüßen

    T. Baumann

    • Sehr geehrter Herr Baumann, das kann ich Ihnen gern beantworten. Eigene Einträge für weibliche Personenbezeichnungen: 4. Absatz, letzter Satz, dann weiterer Zusammenhang. Die im “Welt”-Artikel geäußerte Kritik an der Kennzeichnung der maskulinen Personenbezeichnungen als “männlich” geht nur auf, wenn parallel dazu auch die femininen als “weiblich” bezeichnet werden – das bedingt einander. Der Punkt, dass der Duden eigenständige weibliche Einträge erstellt, erscheint zwar nur am Rande des langen Artikels, ist aber ein logisch notwendiger Bestandteil der geäußerten Kritik an der Umschreibung der männlichen bzw. generischen. Aber auch mein Beitrag bezieht sich ja nur am Rande auf diesen Punkt. “Akt Orwell’scher Neusprech”: Zumindest in der hier zitierten Online-Fassung des Artikels schließt der Beitrag mit einem Bild des “Großen Bruders” aus der berühmten Verfilmung ab (mit Link auf einen entsprechenden Artikel in der “Welt”), über der die Zeile “Wie George Orwell das Neusprech erfand”. In meinen Augen wird damit ein klarer Deutungszusammenhang hergestellt, auf den ich hier Bezug nehme. VDS: Zum VDS habe ich nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dessen Strukturen eine andere Meinung, Thierse hin oder her. Das kann man demnächst in meinem neuen Buch nachlesen. Mit besten Grüßen, H. Lobin

  4. Man sollte analog zur weiblichen Endung -in eine männliche Endung -on einführen: die Lehrerin – der Lehreron, oder die Soldatin – der Soldaton. So bestünde vollständige Symmetrie zwischen weiblich und männlich. Die endungslose Form wäre dann nur noch neutral und nicht mehr zugleich männlich, im Plural könnte man neutral einfach die Lehrer oder die Soldaten sagen und müsste nicht mehr “Soldatinnen und Soldaten” sagen. Für den neutralen Singular bräuchte man noch einen neutralen Artikel, etwa “de”: de Lehrer, de Soldat.

    • @Josef Gnadl: Ja, das wäre eine Lösung für eine genusbehaftete Sprache wie Deutsch. Für Spanisch, italienisch oder französisch existiert das gleiche Problem. Vielleicht könnte man in diesen Sprachen eine ähnliche Lösung finden.

    • Vgl. :

      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Sexus_(Sprache)

      Für die Vertreter des „falschen“ Sexus gibt es in der Regel eigene Wörter, die zumeist durch Motion aus dem unmarkierten Oberbegriff ableitbar sind (Beispiel: durch das Suffix „-in“ werden in dem Wort „Lehrerin“ weibliche Lehrkräfte semantisch markiert, durch das Suffix „-rich“ männliche Tiere, z. B. in dem Wort „Enterich“).

      Wichtich (mittelniederdeutsch) ist übrigens erst einmal zu verstehen, dass das Genus in der deutschen Sprache nicht den Sexus meint, die Fachkraft darf bspw. insofern biologisch männlich sein wie auch die Kapazität auf ihrem Fachgebiet oder die Bedienkraft, die Kraft personeller Art generell, und dass der Mensch ein männliches Tier ist, siehe oben, böse formuliert und vielleicht auch a bisserl feministisch. (Also gingen die Sexus-Markierungen mit der Suffix ‘(e)rich’ auch bei ihm.)

      Ansonsten gilt es es womöglich ebenfalls zu verstehen, dass die sog, feministische Anthropologie :

      -> https://en.wikipedia.org/wiki/Feminist_anthropology

      … mit vielen einzelnen Fachgebieten oder “Fachgebieten” zwar groß im Kommen ist, aber im Sinne des Feminismus sozusagen gerade dabei ist, haha, sich in den eigenen Schwanz zu beißen, wenn bspw. biologisch als Männer einzustufende Personen bei Frauenwettbewerben des Sports teilnehmen dürfen und auch ansonsten, auch im sanitären Bezug bspw. nicht im originär feministischen Sinne im Bereich der sog. feministischen Anthropologie gearbeitet wird.

      HTH (“Hope this helps” / “Hope to help”)
      Dr. Webbaer (kein besonders Interessierter im Bereich des Feminismus / Maskulinismus, sondern nur von seiner (u.a. auch linguistischen) Bildung zehrend, quasi unparteiisch sozusagen, auch weil kein Deutscher)

  5. Es ist Aufgabe des Duden, den aktuellen, mehrheitlich üblichen Sprachgebrauch des Deutschen systematisch und exakt zu analysieren und als derzeit korrektes (eben weil mehrheitlich so gebrauchtes) Deutsch zu beschreiben. Es ist ganz klar NICHT die Aufgabe des Duden, den mehrheitlichen Sprachgebrauch zu “überarbeiten”, auch nicht in Details: da maßt man sich etwas an, was allein der Gesamtheit aller Deutsch als Muttersprache sprechenden Menschen zusteht.

    Sprache ist ihrer Natur nach die demokratischste, denkbare Struktur, weil sie einzig durch gemeinsamen, mehrheitlich übereinstimmenden Gebrauch überhaupt erst entsteht und sich ebenso weiterentwickelt. Wer – wie hier die Redaktion des Duden – einer Sprachgemeinschaft Änderungen ihres Sprachgebrauchs von oben herab zu verordnen versucht, verkennt die Natur von Sprache an sich. Dieser Versuch ist nicht nur als autoritär und diktatorisch abzulehnen, er ist zudem strukturell von vornherein zum Scheitern verurteilt: frühere Versuche solcher Beeinflussung haben nahezu ausnahmslos erwiesen, dass man zwar durchaus Änderungen des Sprachgebrauchs erzwingen kann, dass diese Änderungen dann aber in eine gänzlich andere Richtung verlaufen als beabsichtigt. Das sprechende Volk hat seinen eigenen Kopf und füllt autoritär oktroyierte Sprachstrukturen prompt auch wieder mit seinen eigenen, meist völlig anderen, oft sogar gegensätzlichen Bedeutungen.

    Mit einer “Überarbeitung” der deutschen Sprache selber übernimmt man sich in der Redaktion des Duden gewaltig. Man wird so nicht den deutschen Sprachgebrauch ändern (zumindest nicht in der gewünschten Richtung), sondern nur den Duden als kompetente Beschreibung der deutschen Sprache disqualifizieren.

    • Ganz richtig, Herr Dr. Greiner, allerdings ließe sich der nun anscheinend politisch gewünschte neue “Sprachgebrauch” letztlich auch mit den Mitteln des Strafrechts durchsetzen – schön kann es so nicht werden, korrekt!

  6. @Dr.W.H.Greiner (Zitat): “ Es ist ganz klar NICHT die Aufgabe des Duden, den mehrheitlichen Sprachgebrauch zu “überarbeiten”, auch nicht in Details“
    Es könnte ja auch den aktuellen Sprachgebrauch reflektieren, wenn es im neuen Duden separate Einträge für Arzt und Ärztin gibt. Zudem: Warum verweist der Eintrag „Ärztin“ im bisherigen Duden auf den Eintrag für Arzt? Aus Platzgründen unter anderem. Im digitalen Duden entfällt heute dieses Argument, denn ein paar Einträge mehr fallen in der digitalen Version nicht ins Gewicht. Im gedruckten Duden hat sich ja auch nichts geändert.

  7. @Martin Holzherr , Zitat: “Es könnte ja auch den aktuellen Sprachgebrauch reflektieren, wenn es im neuen Duden separate Einträge für Arzt und Ärztin gibt.”

    Gegen einen separaten Eintrag ist angesichts des Umlauts als Anfangsbuchstaben nichts einzuwenden. Wenn aber dann im Eintrag “Arzt” explizit und ausschließlich mit “männlicher Arzt” gleichgesetzt wird, dann ist das schlicht falsch: der tatsächliche, aktuelle Sprachgebrauch ist deutlich anders. Wie würden Sie z. B. den Satz “Die Mehrheit der Bundesbürger vertraut ihrem Arzt” interpretieren – als synonym zu “Die Mehrheit aller männlichen Bundesbürger vertraut ihrem Arzt, sofern der ebenfalls ein Mann ist”, oder doch eher als elegantere – weil kürzere und besser handhabbare – Form des zungenverknotenden “Die Mehrheit der Bundesbürger und Bundesbürgerinnen vertraut ihrem jeweiligen Arzt bzw. ihrer jeweiligen Ärztin”?

    Das generische Maskulinum in der deutschen Sprache ist Fakt; es verschwindet nicht durch Ableugnen im Duden. Sachliche Inhalte dergestalt tendenziös zu manipulieren disqualifiziert den Duden als Standardwerk der deutschen Sprache. Längerfristig wird sich dann ein seriöserer Herausgeber finden, der den Duden als einschlägiges Standardwerk ablöst.

    • @Dr.W.H.Greiner: Da haben sie einen Punkt, das generische Maskulinum ist Bestandteil der deutschen Sprache und der Versuch es zu ersetzen ist bis jetzt erkennbar ein Versuch geblieben.

      Wenn sie dem Duden hier aber das Recht absprechen, den Sprachgebrauch (Zitat) “auch nicht in Details“ abzuändern, dann stellen sich gleich noch weitere Fragen. Beispielsweise die, nach welchen Kriterien neue Wörter in den Duden aufgenommen werden. Wer soll das entscheiden und wie sind sie selbst zufrieden mit der heutigen Praxis.

    • Nein, es handelt sich um homonyme Formen des Artikels, die sogar jeweils eigene Wortgeschichten aufweisen
      – Althochdeutsch “die” Nom. Mask. Pl.: “dia”, dagegen Ahd. “die” Nom. Fem. Pl.: “dio”.

  8. @Stefan Schleim: Meinen Sie die Schmetterlinge oder die Schmetterlinginnen? 😉
    Ernsthaft: Neben Ärzten (männlich, weiblich, sonstiges) gab es auch mal Krankenschwestern (Männer wurden als -pfleger bezeichnet, der Ruf war aber nach der „Schwester”), keine -brüder, also ein generisches Femininum. Heute wurden daraus “Kranken- und Gesundheitspfleger_Innen”, also ein generisches Masculinum. Ist das im Sinne einer gendergerechten Sprache?

    Und genauso fürchterlich ist der halsverknotende, immer öfter zu hörende Ausdruck z.B. „Bewohner(Pause von ein paar ⅒ Sekunden)Innen”.
    Ich frage mich dann: Gibt es auch Bewohner_Außen? (Antwort: tatsächlich ja, sie werden in Europa üblicherweise als „Obdachlose” bezeichnet)

  9. Sprache entwickelt sich im Laufe der Zeit. Komplizierte Formen werden abgeschliffen. Sprachliche Monster wie “Bürger*innenmeister_innen” führen im Gegenteil zur Komplizierung. Euphemismen bemänteln Zustände, überwinden sie nicht. Genießt der/die Auszubildende eine höhere Wertschätzung als der Lehrling?
    Ein einfacher Weg, eine geschlechtsneutrale Sprache zu erreichen, wäre die Verwendung des Neutrums: “das Lehrer”. Damit wäre auch den Befindlichkeiten von LGBTI Genüge getan. Aber:
    Jede/r ist seines/ihres Glückes Schmied_in.

    • @Wolfgang Cornely: Zustimmung, „das Lehrer“ tönt zwar schrecklich ist aber kurz und damit (sprach-)ökonomisch. Im Zweifel sind Lösungen, die zu kürzeren Sätzen führen, die besseren Lösungen.

    • Oft kann (ohne Informationsverlust) der Artikel ganz weggelassen werden, vielleicht wäre dies eine (ochlokratisch-idiokratische) Lösung unseres kleinen Problems bei der deutschen Sprache?

  10. Ziel der Hervorhebung des weiblichen Geschlechts (also der tatsächliche/vorgeblichen Betonung, dass auch Frauen einem bestimmten Beruf nachgehen können oder nachgehen) ist doch wohl zu sagen: Auch Frauen können das, machen dieses, sind zu beteiligen. Nur, ist es nicht so dass man zu dem Punkt kommen möchte, das Geschlecht einer Person ist für einen Beruf völlig unerheblich?
    Wenn dem so ist, ist es dann nicht eher kontraproduktiv darauf zu beharren, bei Begrifflichkeiten die einen Beruf oder allgemeine Tätigkeit bezeichnen darauf zu bestehen, eine weibliche Form mit aufzuführen? Denn ergibt daraus automatisch ein größerer weiblich Anteil an Fahrradfahrern, Müllmännern, Zimmermännern, Mördern? Oder kommt es nicht einfach darauf an, grundsätzliche Zugangsmöglichkeiten zu verbessern? Die hier geführten Diskussionen, angeführt von Personen wie einer Frau Pusch sind aus meiner Sicht rein an Symptomen ausgerichtet. An den tatsächlichen Zuständen ändert sich daran nicht.
    Lange Rede, kurzer Sinn, nicht an irgendwelchen Symptomen rumdiskutieren, einfach machen.

    • @Jürgen (Zitat):

      Wenn dem so ist, ist es dann nicht eher kontraproduktiv darauf zu beharren, bei Begrifflichkeiten die einen Beruf oder allgemeine Tätigkeit bezeichnen darauf zu bestehen, eine weibliche Form mit aufzuführen?

      In der Tat. Weder Genus noch Sexus sind bei den meisten Berufen relevant – oder besser gesagt sollten relevant sein.
      Die englische Sprache kennt (darum?) dieses Problem nicht und englisch ist sogar so zukunftsfähig, dass auch nichts geändert oder neu eingeführt werden muss, wenn es zukünftig Roboter gibt, die etwa die Rolle eines Lehrers, Fahrers oder Arztes einnehmen. Im Deutschen dagegen würde ein Roboter in der Rolle eines Medikus die Frage aufwerfen ob man ihm Arzt oder Ärztin sagen sollte und ob man das an der Kleidung festmachen könne.

      • “Im Deutschen dagegen würde ein Roboter in der Rolle eines Medikus die Frage aufwerfen ob man ihm Arzt oder Ärztin sagen sollte und ob man das an der Kleidung festmachen könne.”

        Weshalb? Der deutschen Sprache ist es im Fall einer Berufsbezeichnung auch vollkommen egal, ob dahinter ein Mann oder eine Frau steckt. Weshalb sollte das für einen Roboter von Interesse sein?

        Wenn den Damen und Herren wirklich so viel an Geschlechtergerechtigkeit liegen würde, sollte man dann nicht eher an die grundsätzlichen Fragen heran gehen, z.B. weshalb ergreifen Frauen den Beruf des Maurers so selten? Oder, weshalb gibt es mittlerweile deutlich weniger Männer, die als Lehrer tätig sind, als Frauen? Das liegt doch nicht daran, dass man sagt, sie ist Lehrer.

        • @Jürgen (Zitat): “ Der deutschen Sprache ist es im Fall einer Berufsbezeichnung auch vollkommen egal, ob dahinter ein Mann oder eine Frau steckt.“
          Dem Duden in seiner neuesten Auflage ist es nicht egal. Beim Eintrag „Arzt“ liest man in der neuesten Ausgabe:

          Bedeutung INFO
          männliche Person, die nach Medizinstudium und klinischer Ausbildung die staatliche Zulassung (Approbation) erhalten hat, Kranke zu behandeln (Berufsbezeichnung)

          Es geht hier um das generische Maskulinum, dem gemäss Arzt beide/alle Geschlechter abdeckt. Dieses generische Maskulinum wurde in der neueste Ausgabe des Dudens eliminiert. Dahinter steckt der Gedanke, dass man bei Arzt intuitiv an eine männliche Person denke. Nach dieser Änderung fehlt nun in der deutschen Sprache eine Berufsbezeichnung für das humanmedizinische Handwerk ganz unabhängig vom Geschlecht des Ausübenden.

  11. Ich habe mir notiert, dass “der Duden” nun von der Beobachtung der allgemeinen Sprachgewohnheiten weggeht und klar Position bezieht, Beispiel :

    -> https://www.duden.de/rechtschreibung/Mieter (‘männliche Person, die etwas gemietet hat’)

    …und insofern “political Player” geworden ist.

    Ich verstehe die politische Intention, nicht aber die linguistische, Randbemerkung :

    Es gibt auch die Sexus-Markierung ‘-(e)rich’, Vorschlag zu dieser im Artikel bearbeiteten Problematik – ‘Wenn “Arzt” wie bisher im Duden geschlechtslos als eine Person mit einer bestimmten Ausbildung definiert wird, ergibt sich das umgekehrte Problem, wie aus dieser generischen Lesart der Bedeutung nun eine spezifisch männliche wird, die es ja auch gibt’ :

    Ärzterich

    So meine Einschätzung als Schreiberich.

    MFG
    Dr. Webbaer

  12. Bonuskommentar hierzu :

    Vor kurzem hieß es nun, im Online-Duden werde heimlich eine Sprachveränderung betrieben, die zum Verschwinden des generischen Maskulinums führe. [Artikeltext]

    Ganz genau, derartig ist weder Duden-Seitig breit kommuniziert worden, sondern stattdessen “dudifiziert” worden, sozusagen ‘heimlich’.
    Einen gewissem zu kommunizierende Erklärungsbedarf gibt es also schon.
    Ich selbst habe, als alter Dude und Mod, dies ganz randseitig angemerkt, den Duden aufgegeben.
    Bin auch nicht deutsch, sondern eher Mongrel, lol, meine Kinder noch schlimmer, sozusagen, Jude allerdings nicht, dies nur vorbeugend angemerkt.

  13. Auch hier, lol, kann der Linguist, der Altsprachler Antwort geben :

    Ganz unabhängig von dieser derzeit in der Öffentlichkeit hitzig geführten Debatte verbirgt sich in den von der Duden-Redaktion vorgenommenen Änderungen auch eine interessante sprachwissenschaftliche Frage: Wo genau ist eigentlich der Ort des Generischen im generischen Maskulinum? [Artikeltext]}

    Im Genus, vgl. mit ‘gignere’, der angefragte Ort ist hier :

    -> https://www.etymonline.com/word/*gene-

    Es ist die Sexualität des hier gemeinten Primaten gemeint.
    Insofern ist diese Frage erst einmal beantwortet.

    Ansonsten haben Tätigkeits- und Berufsbezeichnungen, von Tätigkeiten und Berufen, die eínstmals bervorzugt von Männern (wegen Kraft und so) ausgeübt worden sind, zu bekannter Sprachlichkeit geführt.
    Wer will, kann hier ausbessern, bspw. mit substantivierten PPA arrbeiten, Dr. W tut dies gerne, seine Studenten oder Studierenden meinend.

    Es geht tatsächlich um Sex…
    MFG + HTH
    Dr. Webbaer

  14. Sprache ist nicht nur zum Sprechen da. Mit jedem Wort entführt sie uns in das Reich einer Vorstellung. Die Hexe, da wird die Märchenwelt lebendig. Der Hexer, da fühlen wir uns in den Nebel Londons versetzt, der Abdecker, wie schrecklich, der tötet Pferde, die Abdeckerin, wie krass, da bekommen wir Angst vor den Frauen. (gibt es die Abdeckerin ?)
    Sonst kein Kommentar.

  15. alle Wörter, die wir verwenden, um Bedeutung, Komplexität und Inhalt zu vermitteln. ob es oberflächlich ist oder wenn man sich mit der Etymologie befasst… Wir denken oft an Metaphern als eine Art, Wörter zu verwenden, aber es ist tatsächlich eine Denkweise.

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