Attosekunden-Laser

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Gedanken eines Experimentalphysikers
Quantenwelt

In einem früheren Artikel schrieb ich über Hochenergie-Laser mit Impulslängen von Nanosekungen und Hochleistungs-Lasern mit Femtosekunden langen Impulsen. Noch kürzer geht es mit Infrarotlasern nicht. Im erweiterten ultravioletten Bereich dagegen schon.

Kurz, kürzer, Attosekunden

Zunächst möchte ich kurz erklären, wie kurz ein Attosekunden-Laser eigentlich ist. Eine Nanosekunde ist eine Milliardstel Sekunde. Da Licht in der Sekunde etwa dreihundert Millionen Meter zurück legt, kommt es in eine Nanosekunde etwa drei Dezimeter weit. Eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer Nanosekunde. Licht schafft es in einer Femtosekunde nur ein drittel Mikrometer weit. Um die Dicke eines Haares zurückzulegen, braucht Licht damit schon einige hundert Femtosekunden. Eine Attosekunde ist nun noch um den Faktor 1000 kürzer. Drei Ångström weit kommt Licht in diese Zeit. Also nur einen Atomabstand.

Nun sind Physiker großzügig, sie sprechen schon von Attosekunden-Lasern, wenn die Laserimpulse im Bereich von hunderten Attosekunden sind.

Ich habe bereits über Hochenergie- und Hochleistungs-Laser berichtet. Aus praktischen Gründen nutzt man für diese Laser Wellenlängen im infraroten Spektralbereich. Die Wellenlängen der Femtosekunden langen Hochleistungs-Laser liegen bei 800 Nanometern. Der kürzeste denkbare Impuls eines Lasers ist eine halbe Wellenlänge lang. Bei 800 Nanometern und Lichtgeschwindigkeit sind das 1 1/3 Femtosekunden. Einen Attosekunden-Laser bekommt man mit 800 Nanometern Wellenlänge also nicht hin.

Dennoch sind diese 800-Nanometer-Laser der Schlüssel zu Attosekunden-Impulsen. Die Feldstärke dieser Laser kann nämlich den Atomen in einem Edelgas Elektronen entreißen und dieselben in der nächsten Halbwelle wieder auf das Ursprungsatom zurück beschleunigen. Bei der Wiedervereinigung von Elektron und Atom kommt es dann zur Entsendung einer Welle extrem ultravioletter Strahlung.

Diese Strahlung hat Photonen-Energien im Bereich um 100eV, das entspricht 12 Nanometer oder 24 Petahertz. 24 Schwingungen in einer Femtosekunde. Damit kommt man also schon in den Bereich von 100 Attosekunden.

Laser-Qualität durch stimulierte Emission

Warum ist das jetzt ein Laser? Einzelne leuchtende Atome ergeben zunächst eher sowas wie eine Leuchtstoffröhre. Dass dieser Leuchteffekt laserartig ist, liegt an stimulierter Emission und positiver Interferenz.

Während der 800-Nanometer-Laser durch das Gas pflügt, entreißt er überall wo er vorbeikommt den Atomen ihre Elektronen. In der nächsten Halbwelle bringt er die Elektronen wieder zur Kollision mit dem Atom. Genau in diesem Moment entsteht dort ein kurzer Ultraviolett-Blitz.

Diese Blitze gehen also mit dem Laserimpuls durch das Gas. Man kann sie sich wie eine La-Ola-Welle vorstellen, die durch ein Fußballstadion läuft. Nur mit exakt konstanter Geschwindigkeit, mit Lichtgeschwindigkeit.

Dabei vermehren sie sich die Photonen wie die Schneemassen einer Lawine: Die beginnende Lichtwelle trifft immer genau dann auf weitere Atome, wenn diese vom Infrarot-Laser zum leuchten angeregt werden. Durch stimulierte Emission entsteht damit eine Laser-artige Lichtwelle, die deutlich kürzer als eine Femtosekunde ist.

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Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

4 Kommentare

  1. Laienfrage: der 800nm-Laser ionisiert also (kurzzeitig) das Edelgasatom. Nun liegt die Ionisierungsenergie selbst von Xenon deutlich über 800nm (gem. Wikipedia 1170kJ/mol, entspricht 102nm, wenn ich mich nicht grob verrechnet habe). Wie funktioniert das, Mehrphotonenabsorption? Wenn ja muss unser Edelgasatom ja jede Menge Photonen in ziemlich kurzer Zeit absorbieren.

    • Ja, es werden eine Menge Photonen übertragen. Allerdings versteht man den Prozess viel besser im Wellenbild. Das liegt daran, dass bei Hochleistungs-Lasern die elektrische Feldstärke die Feldstärke übersteigt, mit der die äußeren Elektronen gebunden sind. Damit befindet man sich nicht mehr im Bereich kleiner Feldmodifikationen, in dem das Photonenbild gut funktioniert. Hier beschleungt das Lichtfeld die Elektronen in eine Richtung, lässt die umkehren und mit dem Restatom kollidieren. Der Rekombinationsprozess erzeugt dann eine Art elektromagnetischen Knall, eine Mischung aus vielen möglichen Frequenzen.

  2. Im allgemeinen Fall eines anregenden Femtosekundenpulses mit mehreren Wellenzügen entsteht ein Pulszug mit einzelnen Attosekundenpulsen. Dieser kann im Frequenzraum über Multilayerspiegel gefiltert werden, um einen einzelnen Attosekundenpuls zu erhalten.

  3. Joachim,
    micht interessiert die technische Seite.
    Kann man sich den Vorgang des Sekundenpulses vorstellen wie bei einer Wanderfeldröhre, natürlich ultrakurz und statt des Elektronenstrahles ein Laserstrahl ?

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