E ist für Erionit – Mineralogisches Alphabet

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Das Mineral Erionit gehört zu der Mineralfamilie der Zeolithe und es wurde nach dem griechischen Wort ěrion für Wolle benannt. Damit ist auch schon eine seiner Erscheinungsformen gut beschrieben. Das Mineral bildet meist weiße bis durchscheinende wollartige Aggregate mit Seidenglanz, die bei Berührung leicht brechen. Selten sind auch prismatische Kristalle zu finden.

Erionit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und hat die Formel (Na2,K2,Ca)2Al4Si14O36·15H2O , wobei es eine lückenlose Mischkristallreihe zwischen den Endgliedern Erionit-Na, Erionit-K und Erionit-Ca gibt. Gebildet wird das Mineral in Hohlräumen von vulkanischen Gesteinen wie Basalten oder auch Rhyolith-Tuffen. Wie viele Zeolithe kann Erionit größere Mengen an Wasser aufnehmen (bis zu 20 Gew-%) und ist ein guter Ionenaustauscher. Außerdem es ist tödlich.

Erionite-161794
Erionit in nadeliger Ausprägung, Größe rund 3,5 mm. Fundort: Nero Mountain, San Pietro, Montecchio Maggiore, Provinz Vicenza, Veneto, Italien. Matteo Chinellato (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Erionite-161794.jpg), „Erionite-161794“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Ähnlich wie Asbest kann Erionit, wenn die feinen Mineralfasern in die Lungenbläschen gelangen, dort Krebs auslösen. In Experimenten mit Ratten und Mäusen konnte die karzinogene Wirkung gut nachgewiesen werden. Die Tiere entwickelten nach Inhalation oder Injektion von Erionitfasern Mesotheliome, eine Krebsart, die ansonsten als typisch für asbestbedingte Tumorerkrankungen.

Das Dorf Tuzköy

Besonders tragisch ist hier die Geschichte des kleinen türkischen Dorfes Tuzköy in Kappadokien, in dem es eine auffällige Häufung von Todesfällen durch Mesotheliome gibt. Dabei hatten die Bewohner des Dorfes eigentlich keinen Kontakt mit Asbest. In den lokalen Gesteinen des Dorfes und zweier Nachbardörfer kommen aber größere Mengen von Erionit vor. Die lokalen Gesteine wurden auch zum Bau der Häuser verwendet, Die dabei freigesetzten Fasern führten zu den beobachteten Erkrankungen. Das Erionit für die Erkrankungen verantwortlich war, konnte auch auch durch die Funde von Erionit in Lungengewebe nachweisen.

Die Menschen in den drei betroffenen Dörfer in Kappadokien sollen umgesiedelt und die Dörfer selber unter einer dicken Erdschicht begraben werden, damit die Freisetzung der Fasern unterbunden wird. Da aber die Latenzzeit von der Exposition bis zum Ausbruch der Krankheit mit 30 und mehr Jahren verhältnismäßig lange ist, kann es auch noch einige Zeit dauern, bis unter den Bewohnern die Mesotheliomrate merklich zurück geht.

Erionit im Straßenstaub

Eronit ist auch in anderen Orten in nennenswerten Mengen zu finden. Erwähnt werden sollten hier Arizona, Nevada, Oregon und Utah, wo es größere, oberflächennahe Vorkommen gibt. In North Dakota wurde Erionit-haltiges Gestein anscheinend auch in Straßenbelägen verarbeitet. Dies erinnert an die Asbestproblematik in Asphalten, die hier ja auch schon aufgeführt wurde. Die Straße wurden inzwischen mit einen weiteren Schicht abgedeckt (so scheint es zumindest in der Literatur beschrieben), wodurch jedoch bei Straßenarbeiten für die Arbeiter ein erhöhtes Risiko bestehen bleibt. In Nevada konnte Erionit in Straßenstaub nachgewiesen werden. Da Erionit gerne mit anderen, auch kommerziell abgebauten Zeolithen vorkommt, stellt diese Mineralfaser für die Minenarbeiter ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar.

Auch in Deutschland ist Erionit nachgewiesen, aber nicht in gesundheitlich relevanten Mengen. So kommt es am Kaiserstuhl und am Ettringer Bellerberg in der Eifel vor.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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