Albert Einstein und Max Planck im Nationalsozialismus

Zwei Forschende von Weltrang und wie sie mit der Machtergreifung umgingen; mit einem Originalbrief Einsteins im Wortlaut

Wie wäre die Wissenschaftsgeschichte wohl verlaufen, wenn Max Planck (1858-1947) Altphilologie oder Musik statt Physik studiert hätte? Lust und Talent hätte er allemal für diese Gebiete gehabt. Später würde er seinen Sohn Erwin (Cello) und seinen Freund Albert Einstein (1879-1955; Geige) auf dem Klavier begleiten.

Doch so weit sind wir noch nicht. Einstein war nämlich in der Schweiz und musste erst nach Deutschland beziehungsweise Berlin geholt werden. Hierfür war Planck von besonderer Bedeutung. Ein Loyalitätskonflikt gegenüber dem deutschen Staat wird schließlich aber einen Keil zwischen die beiden Physiker treiben.

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Plancks Karriere

Max Planck hatte in beruflicher Hinsicht eine steile Karriere – um in diesem Zusammenhang nicht mit dem Wort “Blitzkarriere” falsche Assoziationen zu wecken. Schon 1885, kurz nach seinem 27. Geburtstag, ernannte ihn die Universität Kiel zum außerordentlichen Professor für theoretische Physik. Nur vier Jahre später wechselte er an die Universität Berlin, die ihn schließlich 1892 zum ordentlichen Professor berief.

Dieser Lehrstuhl war ursprünglich an der Philosophischen Fakultät angesiedelt. Das trug sicher nicht dazu bei, dass Plancks Fach von den etablierten Physikern ernst genommen wurde. Umgekehrt kam zum ausklingenden 19. Jahrhundert der Gedanke auf, dass die Physiker nun die Aufgaben der Philosophen übernehmen würden. Nun, das Lied vom “Tod der Philosophie” hört man immer wieder. Bis auf Weiteres ist sie quicklebendig.

Planck selbst dürfte sich darüber nicht den Kopf zerbrochen haben. Er war ohnehin interdisziplinär interessiert und beschäftigte sich auch mit Wissenschaftstheorie, Ethik und Religion. Wahrscheinlich haben ihm Letztere bei der Bewältigung schwerer Schicksalsschläge in seinem Privatleben, auf die ich hier nicht weiter eingehe, geholfen. Nähere Details finden sich in meinem neuen Buch.

1912, also noch im Deutschen Kaiserreich, wurde Max Planck zum “Beständigen Sekretär” der Preußischen (heute: Berlin-Brandenburgischen) Akademie der Wissenschaften ernannt. Damit bekleidete er ein angesehenes öffentliches Amt, wenn nicht gar das angesehenste in der damaligen Wissenschaft.

Nur zwei Jahre später gelang es ihm dann, Einstein an die Akademie in Berlin zu holen. Dafür wurde ihm ein attraktiver Posten ohne Lehrverpflichtung angeboten. (Übrigens gilt das noch heute für viele Wissenschaftler, dass sie nicht so gerne unterrichten. Der Autor dieser Zeilen ist in dieser Hinsicht eine Ausnahme.)

Kriege

Doch 1914 zogen viele Deutsche erst einmal in den Krieg – für Kaiser, Vaterland und einen “Platz an der Sonne”. Man fühlte sich gegenüber den Kolonialmächten benachteiligt. Auch viele Intellektuelle waren euphorisch. Diese deutsche Kriegsbegeisterung ging als “Augusterlebnis” in die Geschichte ein.

Der Krieg sollte eine Katastrophe werden, die viele Menschen das Leben kostet; gerade erst wurde die neue Verfilmung von Im Westen nichts Neues mit Oscars ausgezeichnet. Doch gelernt hatte die deutsche Öffentlichkeit aus diesem Fehler kaum: Mit dem Erstarken der Nationalsozialisten nahm auch die Kriegseuphorie schon wieder zu. Und das würde schließlich den Knackpunkt in der Freundschaft Plancks und Einsteins bedeuten.

Zwar versuchte auch Planck Zeichen für den Frieden zu setzen, indem er beispielsweise auf die Verleihung eines Ehrenpreises der Deutschen Physikalischen Gesellschaft für den französischen Physiker Louis de Broglie (1892-1987) hinwirkte – noch kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Auch soll Planck es gewagt haben, im Mai 1933, also kurz nach der Machtergreifung, Hitler bei seinem Antrittsbesuch auf die negativen Folgen der Vertreibung jüdischer Gelehrter hingewiesen zu haben.

Im Zweifel galt Plancks Loyalität als Staatsbeamter aber: dem deutschen Staate. Jedenfalls ziemte es sich seiner Meinung nach nicht für die Mitglieder der Akademie, die deutsche Politik öffentlich zu kritisieren. Und darum nahm er Einstein dessen konsequenten Einsatz für Kriegsdienstverweigerung und Pazifismus übel.

Einstein sollte recht behalten

Albert Einstein musste in Deutschland leider wegen seiner jüdischen Herkunft Diffamierungen über sich ergehen lassen. Sein Bekenntnis zum Frieden machte ihn in der Öffentlichkeit sogar doppelt zur Zielscheibe.

Doch aus heutiger Sicht muss man feststellen, dass er die Zeichen der Zeit richtig gedeutet hat: Er entschied sich 1933, nach fast 20 Jahren in Deutschland, nicht mehr dorthin zurückzukehren. Am 28. März legte er sein Amt bei der Preußischen Akademie nieder. Außerdem gab er einen Verdienstorden zurück – der auch unter der Verwaltung Max Plancks stand.

Mit seinem Austritt kam er dem Ausschluss seitens der Akademie zuvor. Die altehrwürdige und heute noch bestehende Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina strich Einstein – zusammen mit vielen anderen jüdischen Wissenschaftlern – schlicht aus dem Mitgliederregister.

Mit der Akademie – und damit auch Planck – ging er im April 1933 hart ins Gericht: Die früheren Berliner Kollegen hatten Einstein den Vorwurf gemacht, mit seiner Kritik an der deutschen Politik dem öffentlichen Ansehen des Landes geschadet zu haben. Gar “Greuelhetze gegen das deutsche Volk” hatte man ihm vorgeworfen.

In seiner Antwort – in Belgien verfasst – drehte Einstein den Spieß einfach um: Wenn er sich öffentlich für die deutsche Politik aussprechen würde, würde er gerade zur Verrohung deutscher Kulturwerte beitragen. Mit dieser Einschätzung würde er leider recht behalten, wie die zwölf folgenden, harten Jahre unter der NS-Diktatur verdeutlichen würden. Wer betrieb hier also “Greuelhetze”?

Einsteins Brief im Wortlaut:

Coq-sur-Mer (Belgien), 12.4.33

An die

Preussische Akademie der Wissenschaften

Berlin

Ich erhalte Ihr Schreiben vom 7.4. dieses Jahres und bedaure ausserordentlich die Gesinnung, die sich darin kundgibt.

Sachlich habe ich nur folgendes zu erwidern:

Ihre Behauptung über meine Haltung ist im Grund nur eine andere Form Ihrer bereits Veröffentlichten Erklärung, in der Sie mich beschuldigten, mich an einer Greuelhetze gegen das deutsche Volk beteiligt zu haben. Diese Behauptung habe ich bereits in meinem letzten Schreiben als eine Verleumdung bezeichnet.

Sie haben ferner bemerkt, dass ein “Zeugnis” meinerseits “für das deutsche Volk” sehr machtvoll im Ausland gewirkt haben würde.

Hierauf muss ich erwidern, dass ein solches Zeugnis, wie Sie es mir zumuten, einer Verneinung aller der Anschauungen von Gerechtigkeit und Freiheit gleichgekommen wäre, für die ich mein Leben lang eingetreten bin. Ein solches Zeugnis wäre nämlich nicht, wie Sie sagen, ein Zeugnis für das deutsche Volk gewesen; es hätte sich vielmehr nur zugunsten derer auswirken können, die jene Ideen und Prinzipien zu beseitigen suchen, die dem deutschen Volk einen Ehrenplatz in der Welt-Zivilisation verschafft haben. Durch ein solches Zeugnis unter den gegenwärtigen Umständen hätte ich – wenn auch nur indirekt – zur Sittenverrohung und Vernichtung aller heutigen Kulturwerte beigetragen.

Eben aus diesem Grund habe ich mich gedrängt gefühlt, aus der Akademie auszutreten, und Ihr Schreiben beweist mir nur, wie richtig ich damit gehandelt habe.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Albert Einstein

Brief Albert Einsteins vom 12. April 1933 an die Preußische Akademie der Wissenschaften, dort eingegangen am 18. April 1933. Wie “vorzüglich” da die Hochachtung wirklich gewesen sein kann?

Ambivalent

Max Planck war kein bekennender Nationalsozialist. Im Gegenteil hinterließ die Diktatur auch in seinem Privatleben tiefe Einschnitte: Sein Sohn Erwin, vorübergehend selbst ein Ministerialbeamter, würde am 23. Januar 1945, also kurz vor Kriegsende, wegen der Beteiligung am Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 hingerichtet werden. Selbst der Einfluss seines bekannten Vaters konnte das nicht verhindern.

Doch ganz unbeteiligt blieb Planck in seiner öffentlichen Funktion nicht am Unrecht der Nationalsozialisten. Beispielsweise leitete er 1938 Fragebögen zur “ethnischen Säuberung” an die Mitglieder der Akademie weiter – die dann wegen ihrer jüdischen Abstammung oder “Versippung” (gemeint ist z.B. die Heirat eines jüdischen Partners) zum Austritt gedrängt wurden. Was das konkret bedeutete, erkläre ich im Buch.

Planck, dem die Ethik immer so viel bedeutete, war da schon hochbetagt, stolze 80 Jahre alt. Warum legte er sein Amt nicht einfach nieder? Um nicht zum Handlanger der Nazis zu werden und eine Konfrontation zu vermeiden, hätte er doch sein hohes Alter vorschützen können.

Nach dem Krieg

Nach dem Krieg bemühte man sich bekanntlich um Schadensbegrenzung. Max Planck wurde – bis zu seinem baldigen Tod – für den Wiederaufbau der Wissenschaft eingesetzt. Die hochangesehen Max-Planck-Institute zeugen davon noch heute. Übrigens hatte Planck in seinem Leben drei Systemwechsel in Deutschland miterlebt: Vom Kaiserreich in die Weimarer Republik, dann in den NS-Staat und schließlich die Übergangszeit zur Bundesrepublik.

Den Akademien war der Rausschmiss führender Wissenschaftler nun sehr peinlich. Praktisch war, dass man nicht allen (ehemaligen) Mitgliedern die Streichung mitgeteilt hatte. Da konnte man so tun, als wäre nichts geschehen. Doch Einstein hatte davon genug: Per Telegramm aus Princeton teilte er kurz und knapp mit, an einer weiteren Zusammenarbeit nicht mehr interessiert zu sein.

Aus dem Inhalt:

  • Vorwort: Warum das Problem wichtig ist
  • Teil I: Freiheit als Forschungsgegenstand
  • 1. Einleitung: Der Mensch als Natur- oder Kulturwesen
  • 2. Philosophische Vorbemerkungen zur Willensfreiheit
  • 3. Max Plancks Argument
  • 4. Determinismus und Kausalität
  • 5. Heutige Physiker*innen zur Willensfreiheit
  • 6. Willensfreiheit in Biologie und Neurowissenschaften
  • 7. Eine Zwischenbilanz
  • Teil II: Praktische Freiheit
  • 8. Freiheit und Verantwortung in Recht und Moral
  • 9. Wissenschaftler sind auch nur Menschen
  • 10. Allzumenschliche Neurofehlschlüsse
  • 11. Psychologie: Was wir positiv über Freiheit aussagen können
  • Epilog und Dank
  • Anhang A: Max Plancks Originalaufsatz aus dem Jahr 1939: Vom Wesen der Willensfreiheit
  • Anhang B: Anregungen zum Weiterdenken und für den Unterricht

Das Buch ist gerade erschienen und wohl noch nicht im normalen Buchhandel erhältlich. Auf der Seite des Verlags lässt es sich aber bereits als eBook oder Taschenbuch bestellen.

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29 Kommentare

  1. Ich hatte bei der Veröffentlichung des Blogbeitrags nicht an die Ankündigung des Online-Treffens am 3. April gedacht. Daher hier die Einladung:

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  2. Wenn es im Buch unter anderem um die Einstellung führender Physiker zum dritten Reich geht, dann wäre auch Werner Heisenberg ein guter Kandidat gewesen um unter die Lupe genommen zu werden. Bis heute ist aber nicht völlig klar wie Heisenberg zur Naziherrschaft stand. Doch in den USA hat Werner Heisenberg bis heute einen schlechten Ruf, den Ruf nämlich eines Physikers, der sein Talent in den Dienst des Nazi-Regimes stellte.

    In einer der bekanntesten Netflix-Serien, Breaking Bad nämlich, nennt sich die Hauptfigur, ein Chemielehrer, der zum Drogenfabrikanten wird, Heisenberg um sich Respekt in der Unterwelt zu verschaffen.

  3. Punkt 1 ist: Mensch als Natur- oder Kulturwesen.
    Alleine dieser Punkt ist interessant im Hinblick auf Natur- und Kulturwesen.
    Die folgenden Ableitungen wären massgeblich.

  4. Was lernt man aus diesem Vergleich.
    Intelligenz ist nicht zwangsläufig mit moralisch integerem Verhalten verbunden.
    Max Planck war dem Pflichtgefühl stärker verbunden als der Menschlichkeit.
    Heisenberg und Nils Bohr wären auch geeignete Kandidaten gewesen.
    Vielleicht liefert Bohr auch die Vorlage zu dem Theaterstück “die Physiker”.

    Allein die Lebensläufe von Planck und Einstein zeigen schon die Richtung vor.
    Einstein, der Privatwissenschaftler, Planck, der Karrierist .
    Gelitten haben beide in dem Zwiespalt von Pflicht und Neigung.
    Der Beharrlichere war Einstein
    der Tragischere war Planck, dass sein sohn Erwin zum Gegner des Nationalsozialismus wurde, legt den Verdacht nahe, dass Max Planck im Privatleben sich auch kritisch gegenüber dem Hitlerregime geäußert haben könnte.

  5. Nun, Naturwissenschaft hat der Philosophie die größere Disziplin voraus, die Philosophie der Naturwissenschaft, die geringere – die Physik ist eher den Fakten verpflichtet, die Philosophie der Logik. Ohne Logik bleiben Fakten lose Ersatzteile, die nicht zusammengefügt werden. Ohne Fakten baut die Logik immer die gleichen Faustkeile, denn sie entwickelt sich nicht weiter, wenn sie nicht geprüft wird. Jeder möchte, dass seine Spielwiese die wichtigste ist, keiner sieht, welchen Beitrag die Konkurrenz leistet, aber jede würde verkümmern ohne die anderen. Pluribus in unum, auch die Wissenschaft muss ein Vielzeller sein, bei dem Spezialisten manche Eigenschaften aufgeben, damit sie andere überentwickeln können, und es sich gegenseitig kompensieren müssen.

    Ich nehme keinem der beiden seine Entscheidungen übel, wenn ich mir die Physik der Geschichte anschaue: Als Deutschland noch Russland war und Sibirien an der Elbe begann, entstand an der Sollbruchstelle zwischen ihm und Latein-Europa Lothringen – ein dünner Streifen Pufferstaat, der nicht überlebensfähig war und bald kollabierte. Später sehen Sie, wie dieser Streifen nach Westen wandert, aber auch immer breiter und langlebiger wird, die Rollen der beiden Machtpole, die den Puffer brauchen, werden von verschiedenen Mächten, auch Religionen, übernommen, der Ostteil zerfällt in die Pole Moskau und Istanbul – alles so, wie es Geografie, Ressourcen, Wirtschaft und Technologie diktieren, das menschliche Denken passt sich sklavisch an: Physikalisch betrachtet, sehen wir einfach, wie immer mehr Strom zwei immer stärker aufgeladene Pole über Jahrtausende immer mehr auseinander schiebt. Heute, wo der Westpol in Washington liegt und der stärkste der Ostpole in Beijing, reicht Lothringen vom Atlantik bis zum Amur. Im politischen Minenfeld zwischen Großmächten zerrissen und zermalmt zu werden, steht nicht als Empfehlung in Schöner Wohnen.

    Zurzeit von Planck und Einstein, erstreckte sich Lothringen vom Baltikum bis Griechenland. Es war verschwunden, als Deutschland und Russland einander den Rücken zuwandten und in Asien und Übersee plünderten und expandierten, doch für den I Weltkrieg aus Deutschland und Österreich-Ungarn wiederhergestellt, und hinterher zum perfekten Machtvakuum aus Zwergstaaten perfektioniert worden – zum Überleben zu schwach, zum Kooperieren zu größenwahnsinnig, ähnlich wie heute alles in der EU. Im Grunde war es ein Futtertrog, der um Fresser bettelte, der hungrigste Kandidat damals war die Sowjetunion, und der Westen versuchte, sich lauter Ukrainen daraus zu basteln, also die Große Mauer Europas aus Losern, die nicht weiter stören, aber den, der stören könnte, fernhalten, wobei ihnen die Nabelschnur des Westens als Hundeleine dienen sollte. Man kann Deutschland wohl kaum vorwerfen, dass es keine Lust hatte, als Kampfhund für Andere zu bluten, oder? Wie viel Spaß so was machen kann, sehen Sie heute in der Großen Mauer Ukraine. Lothringen und Große Mauer können Sie also als Synonyme gebrauchen – für den sich ewig verschiebenden, neu mischenden, neu definierenden, flackernden Wilden Osten, das Grenzland zwischen Rom und Asien.

    Deutschland war aus der Zivilisation (oder was sich damals dafür hielt) gefeuert worden, und Hitler war einfach der Messias der Barbarisierung, den sich das Volk herbei gebetet hatte, um im Wilden Osten zu überleben. Psychologie ist Physik – von beiden Seiten drücken politische Kontinentalplatten dagegen, alles dazwischen wird zermalmt, türmt sich auf – und stürzt dorthin, wo gerade der geringste Widerstand zu sein scheint. In diesem Falle ergoss sich die Flut in zwei Richtungen, nach Ost und West. Heute pressen uns die Pole aus Ost und West in der Ukraine aneinander, während alles dazwischen in den Futtertrog wandert, zu barbarischen Zwergstaaten zermalmt wird, in denen Kriegstreiber und Möchtegern-Führer immer mehr zu melden haben. Schon damals hatten wir Vorläufermodelle von Orbanchen, die wegen Transkarpathien die Russen ins Spiel ziehen, Putinchen, die wegen Donbas die Chinesen ins Spiel ziehen, Kaczynchens, die wegen ihres Provinzfürsten-Absolutismus die Amis ins Spiel ziehen: Dominosteine, Schneebälle, einen Erdrutsch in die Katastrophe, Zauberlehrlinge, die aus Größenwahn immer größere Dämonen beschworen, für die sie nur Bauernopfer waren. Und je mächtiger die Dämonen wurden, je größer die selbst gebrauten Krisen, desto radikaler wurden alle – bis es zum Krieg kam.

    Vor diesem Hintergrund können Sie selbst entscheiden, was weiser war – auf die gleiche Barbarisierung zu spucken, die Sie auch heute überall sehen, und sich vornehm von den Kampfhunden zu den Kampfhundhaltern zu verziehen, den Herrchen, Nutznießern und Förderern der Nazis? Oder im Zwinger zu bleiben und für seine Meute einzustehen, auch wenn diese von Tag zu Tag räudiger wurde? Ich für meinen Teil würde den Einstein machen und aus dem Laden abhauen, so schnell ich kann, wenn ich wüsste, wer so was wie mich nehmen würde. Bevor mir irgendein Selenskyj die Grenzen dichtmacht, weil er Kanonenfutter braucht. Um jene zu schützen, die nicht abhauen können, die keiner haben will, die es sich nicht leisten können, alles zu verlieren, was sie nicht in zwei Koffern mitnehmen können. Planck blieb. In einem Land, in dem der Druck die Menschen polarisierte und radikalisierte, die Eliten zu Straßenräubern machte, den Sozialstaat auf FDP-Gier und CDU-Geiz in Lagern konzentrierte, wo auch das letzte Bisschen Nutzen aus dem Nutzvieh herausgepresst wurde, ein Reich der Kannibalen, in dem die Schwächsten geopfert wurden, um die Schwachen in Gleichschritt zu bringen, damit sie Stärkere verschlingen konnten. Der Messias kam, plünderte die Außenseiter, rettete alle durch Schuldenberge, für die er Kanonen kaufte, mit denen er die Schulden refinanzieren wollte. Was machen gerade alle in Europa?

    Ich sehe gerade, wie wir in den gleichen Abgrund hineinrutschen – einen, in dem es vernünftig war, Hitler zu wählen. Und ich will nicht in diesen Abgrund. Ich will einfach nicht. Ich will eine Welt, in der er immer das größere Übel ist. Aber die Schwerkraft der Masse, die Schwerkraft aus hunderten Millionen individueller Entscheidungen, zieht uns nun mal alle ins Massengrab – ins Schwarze Loch, ins Licht der Schwarzen Sonne.

    Ich würde ja an freien Willen glauben, würde ich ihn sehen. Doch ich sehe nur Physik. Masse wird gequetscht. Masse entwickelt Wärme. Teilchen Einstein wird abgestrahlt. Teilchen Planck in kristalline Einheitsstrukturen gepresst. Masse schmilzt, Grenzen lösen sich auf, Menschen werden zu Lavaströmen, in denen sie sich auflösen und verbrennen. Simple Politplattentektonik. Eher etwas für Physiker, als für Philosophen.

  6. Paul S,
    Am Anfang war die Naturphilosophie. Eine gelungene Synthese aus Logik und Naturbeobachtung. Der Klebstoff war die Mathematik früher wie heute.

    Jetzt eine Brücke zu schlagen zu der geschichtlichen Entwicklung in Europa, das ist erlaubt, denn die Entwicklung eines einzelnen Menschen wiederholt wie im Zeitraffer die Entwicklung eines Kulturkreises.
    Wahrscheinlich befinden wir uns noch in der Spätpubertät, wo sich Ukraine (Jugendlicher) vom Russischen Reich (Eltern) abnabelt.

  7. @Holzherr: Danke für den Hinweis auf Heisenberg.

    Das Thema “Nationalsozialismus” war im Buch ein Seitenstrang. Natürlich steht Planck im Mittelpunkt; dazu dessen Verbindung zu Einstein. Ethik und Recht kommen sowieso immer wieder dran.

    Ein Buch der Form “Physiker im Dritten Reich” wurde bestimmt schon geschrieben – und wenn nicht, dann überlasse ich das gerne anderen.

  8. @Wengert: Planck schlicht als “Karrierist” zu bezeichnen, finde ich zu kurz gegriffen. Aber er sah sich eben nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Staatsdiener.

  9. @Paul S: Genau dieser Frage, was ist überhaupt ein Wille, widmet sich ein Abschnitt am Anfang des Buchs – bevor man sich den Kopf darüber zerbricht, ob dieser frei sei oder nicht.

    Gegenfrage: Haben Sie schon einmal jemanden geliebt? Konnte man diese Liebe besser sehen oder messen als den vermuteten Willen?

  10. @Wengert: Vergleich

    Bei Ihrem Vergleich fällt Einsteins jüdische Herkunft unter den Tisch: Er wurde aus Deutschland weggemobbt, trotz seines Renommees; Plack nicht. Und keiner von beiden war überzeugter Nazi.

  11. Stephan Schleim,
    weggemobbt ist zu harmlos formuliert.
    Einstein war eher kosmopolit, er lebte in Deutschland, Schweiz, war anfänglich mit einer Serbin verheiratet, dann seine Bindungen zu den USA.
    Planck war Deutscher mit Haut und Haaren. Ein pflichtbewusster Preuße.

    Mir ging es darum zu zeigen, wie die Vita eines Menschen seine Überzeugungen formt.
    Entweder war Planck unpolitisch, bei der Säuberung der Universitäten von den Juden hätte er doch aufmerken müssen, oder er war ein Mitläufer, der seiner wissenschaftlichen Stellung zu liebe die Menschlichkeit verriet.

  12. @Wengert: Max Planck war bei der Machtergreifung 75 Jahre alt. Um Karriere zu machen, hatte er es gar nicht nötig, sich bei den Nazis anzubiedern. Vergessen Sie auch nicht den Eklat in der Audienz bei Hitler.

    Aber ja, in der Geschichte der Wissenschaft hat es nicht so viele (politisch) revolutionäre Charaktere gegeben; und wenn doch, wie etwa bei den Göttinger Sieben, dann fiel die Hochschulgemeinschaft den Revoluzzern schnell in den Rücken, um sich ja mit den Machthabern gut zu stellen. 🤷🏻‍♂️

  13. Meine Sicht auf die Welt.
    Es gibt keine “normalen” Menschen mehr . Die Welt oder besser immer mehr Menschen sind bestrebt sich per Metamorphose zu Doktoren zu entwickeln oder
    zumindest wie diesem Dr. Mabuses hier im Lied von Propaganda als ihre Lebensaufgabe übernehmen zu wollen?

    Dr. Mabuse
    Why does it hurt when my heart misses the beat?

    The man without shadow promises you the world
    Tell him your dreams and fanatical needs
    He’s buying them all with cash

    Sell him your soul – sell him your soul – sell him your soul
    Never look back – never look back
    Sell him your soul – sell him your soul
    Never look back
    Never look back
    Never look back
    Sell him your soul
    https://lyricstranslate.com/en/dr-mabuse-dr-mabuse.html-1

  14. “….. denn die Entwicklung eines einzelnen Menschen wiederholt wie im Zeitraffer die Entwicklung eines Kulturkreises….” (Zitatende)

    Das ist eine ziemlich “steile These” ! Irgendwelche (empirischen) Belege dafür zu finden ?

  15. little Louis,
    nimm als Beispiel die Hunde. Die sind domestiziert worden.
    Der junge Wolf beißt dich, der Hunde Welpe leckt dir deine Hände.

    Die Wikinger machten keine Gefangenen.
    Die Dänen sind schon etwas zivilisierter.

    In dem letzten Wort steckt der Beleg.
    Die Pubertät ist der letzte Überrest unserer frühen Natur.

    Stephan Schleim
    Sie haben Recht, ein 75-jähriger hat keine großen Ambitionen mehr.
    Aber…es gibt Ausnahmen. Konrad Adenauer wurde 1949 mit 73 Jahren Bundeskanzler. Picasso heiratete mit 80 Jahren zum letzten Male.

  16. @ Paul S.
    Von Goethes Naturprinzip der Steigerung und von seiner Hypothese ‘Genialität in den Dingen’ ausgehend, die zur ‘Genialität im Evolutionsprozess’ erweitert werden kann, leite ich ab, dass es eine Ein-Punkt-Innovation gibt und ausreichend ist und d.h. zu suchen, die den Exodus aus der Crashdynamik gegenwärtiger Lage dominomächtig starten kann.

    Ihre düstere Stimmung ist also, wenn Obiges keine Spinnerei ist, einem Theoriedefizit in Sachen Evolutionsprozess-Modellierung und Chaosphysik geschuldet. Ich kann Ihnen versichern, dass die Machtspitzen in D über das Evolutionsprozessmodell- und Chaosphysik-Wissen verfügen, und es mit allen Wissensaparthheid-Mitteln einer Obskurantenherrschaft totschweigen lassen. Nach dem GLASNOST-Start wird alles ans Licht kommen.

    Mehr dazu auf meinen Webseiten http://www.die-kreativen-partei.de und auf meinem FB-Account..

  17. @ Wengert

    Ergänzend zu Ihrem Beitrag “Am Anfang war die Naturphilosophie. Eine gelungene Synthese aus Logik und Naturbeobachtung. Der Klebstoff war die Mathematik früher wie heute.

    Jetzt eine Brücke zu schlagen zu der geschichtlichen Entwicklung in Europa, das ist erlaubt,..”

    wage ich zu behaupten, dass mein Wissensstand in Form des kybernetischen Evolutionsprozess-Modells und dem 1. Hauptsatz der Chaosphysik die Brücke schlägt vom ‘Anfang war die Naturphilosophie’ zu einer ALLGEMEINEN Evolutionssystem-Theorie und -Lösung, die die Crashdynamik gegenwärtiger Machtverhältnisse beenden wird.

  18. Wengert
    Betrifft Menschlichkeit und Einstein und Plank…
    Ich bin da mehr für “Menschlichkeit” im praktischen Sinne und nicht für hole Phrasen und verheuchelte Doppelmoral. Sie können Einsteins Verhalten zur Menschlichkeit an dem was er gesagt hat messen bzw. sie beleuchten sein Privatleben . Wenn ich hier lese wie er einst mit seiner ersten Frau (Mileva) umgegangen ist, wie dieses Zweckbündnis EHE ablief in dem er ihr solche Weisungen wie : Bitte drei Mahlzeiten am Tag, keine Zärtlichkeiten verlangen, jederzeit schweigen wenn er es verlangt etc….umgegangen ist dann kann ich das nicht als lobenswerte menschliche Verhaltensweisen bezeichnen eher als Diskriminierung und Unterdrückung. Planks Ehe schien das Gegenteil von dieser Macho Ehe gewesen zu sein und
    sein pflichtbewusstes Verhalten war damals das von 99 Prozent der Deutschgen denn sie können /müssen die Menschen in ihrer Zeit sehen . Der Begriff Menschlichkeit scheint oft von der jeweiligen herrschenden Ideologie geprägt zu werden und Willensfreiheit setzt voraus das man einen eigenen Wollen hat und nicht einen von seiner Umwelt und den Medien manipulierten
    Denkmustern die man als seinen eigenen Willen ansieht. Und Plank hat zumindestens im Dritten Reich nicht nur geschwiegen sondern auch seine eigene Meinung gesagt, was die 99 Prozent der Mitläufer nicht machten.

  19. @ Golzower

    Da Sie zwei Systeme kennen: wieviele Mitläufer gab es in der DDR und was machte die dortige Presse? Hat länger gedauert als die Weimarer Republik inclusive Drittes Reich.
    Mileva’s Einwilligung? Und Einstein’s Zugeständnis ihr den Betrag im Falle einer Verleihung zu überlassen zur Trennung?

    Ja,die Zeit und die Umstände,was wir uns gefallen lassen.

    Was lassen wir denn nun wirklich gefallen,aus bequemlicher Verantwortungsüberverantwortung?

    Alle naturwissenschaftlich geprägten Veröffentlichungsorgane warnen seit Jahrzehnten.

    Politik ist Interessenvertretung. Mir scheint eher, dass wir Interesse/Rolle mal klären müssten. Traut sich nur keiner,weil Interesse ein Axiom der Politologie ist und wissenschaftlich legitimiert ist.

    Interesse wird nicht hinterfragt,sondern gesetzt.

  20. @ Golzower

    Eigenes Verhalten und Denken orientiert sich meist an dem der Anderen.

    Umso mehr sind Vorbilder, Krakeler, Schreihälse, Idole,Mächtige und Influencer zu hinterfragen.

    Sie erkennen den Widerspruch und die Realität?

    Jeweilige Ideale sind im Angesicht des Zustandes der Natur/Mutter Erde eher eine Frage des Bestehens.

    Das ist die Realität.

  21. @ Golzower

    Jeder ist ohne eigenen Willen in die Welt geboren/geworfen worden.

    Nicht jeder mag das annehmen. Die Wenigsten.

    Darüber mag man mal nachdenken.

  22. @ Golzower

    Und da sind wir wieder bei Kant und Vorbilder und Mündigkeit………

  23. Golzower,
    Einverstanden, könnte man den jungen Einstein als Nerd bezeichnen?
    Über Planck weiß ich zu wenig. Der ist im gleichen Jahr gestorben in dem ich geboren bin.

  24. @Golzower: Über Einsteins Ehe kann ich hier nichts sagen – ich sehe auch nicht den Zusammenhang zu unserem Thema.

    Was Sie schreiben, dass Menschen gewissermaßen “Kinder ihrer Zeit” sind, könnte man übrigens auch zur Entlastung Einsteins interpretieren, nicht nur von Planck. Letzterer wusste zudem, dass das, was er tat, nicht richtig war; und trotzdem tat er es.

  25. Albert Einsteins Brief sollte bis heute als Vorbild dienen. Wir sind was wir denken.Meistens zumindest.

  26. Zu Mussi :
    “Mitläufer” hat es in jedem System gegeben denn ohne ” mitzulaufen”, werden sie in der Regel weniger Karriere machen und somit versucht das eigene EGO immer den besten Weg um seine Ziele zu erreichen sei es auchg durch kriechen, beißen und Intrigen. In der DDR hat man dann in der Regel die Schnauze gehalten und sich in sein Schneckenhaus zurückgezogen und der herrschenden Ideologie nach dem Mund geredet. Im November 1989 sind dann vielleicht ca. 5 Prozent der Gesamtbevölkerung auf die Straße gegangen während wohl 95 Prozent passiv zu Hause blieben. Sind Passive auch Mitläufer oder nur ängstliche Abwartende ? Wenn ich lese das heute jeder zweite Deutsche Angst hat seine eigene Meinung zu äußern kann das nachdenklich machen. Bei Einstein war-wie viele Genies- sicher eine sehr komplizierte Persönlichkeit. Aber er war eben auch Mensch mit all seinen Schwächen und Stärken wie Goethe der auch nur ein Hausmütterchen für Bett und Tisch suchte. Der eigene WILLE, ihr Ego, ist für mich ein Produkt aus ihren Trieben, Genen plus den Prägungen aus Umwelt und Zeitgeist. Der Wille ,das Wollen., ist ein komplexer Handlungsimpuls .Loyalität wird ja von allen Staatsbeamten auch heute noch verlangt und dafür gibt es vom Staat jede Menge Privilegien und dafür hält man gern den Mund und genießt diese materiellen Vorteile als getreuer Untertan.

  27. @ Golzower

    Im Grunde geht es nur darum,wer am Ende des Monats Kohle auf dem Konto hat,wer sich von wem abhebt und wie konfliklos und bequem das Leben verlaufen kann.

  28. Eine prvokante Frage: Hat Einstein sich nicht im Brief an Roosevelt für die Atombombe stark gemacht?

    Gruß
    Rudi Knoth

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