Astrologie

im Gegensatz zur Astronomie ist dies keine Wissenschaft, sondern eine Religion: Sie können daran glauben oder nicht – das ist mir egal, denn es herrscht Religionsfreiheit (GG Art. 4 in .de und Menschenrecht, also auch in Österreich und der Schweiz gültig – sowie alle anderen Länder der Erde, wo man nicht die in diesem Blog verwendete Sprache liest). 

Abstrakte Bezugssysteme und Omina

Astrologie behauptet Einflüsse von Sternen, Sternbildern und Planeten auf die Erde, Völker oder gar einzelne Menschen. Die Art, wie dieser Einfluss ausgeübt werden soll, ist weder durch Ursache-Wirkung erklärbar, noch ist sie für alle Astrologien einheitlich: In Europa wird Tierkreis-Astrologie betrieben, wonach die Stellung von Planeten bzgl. eines abstrakten Koordinatensystems bestehend aus so genannten Tierkreiszeichen (die zufällig so heißen wie zwölf der 16 Sternbilder im Tierkreis) und bzgl. des lokalen Horizontes des Beobachters eine Vorhersage über irdisches Geschehen erlauben soll. In Ostasien wird ein aus dem Chinesischen stammendes System aus zwölf (ebenso abstrakten und nicht durch Sternbilder repräsentierten) Jupiter-Häusern genutzt, um Vorhersagen über die Stimmung in bestimmten Jahren zu treffen. Egal, ob Sie Jupiter-Häuser (nicht Oppositionspositionen!), die Stellung von Mond bzw. Planeten in a) Sternbildern, b) Mondhäusern, c) Sternzeichen betrachten: all das sind Abstrakta und man kann sie nicht mit dem Auge sehen. Sternbilder können Sie sich mit viel Phantasie und “Gestaltsehen” vllt. noch vorstellen, aber sie sind keine natürlichen & denknotwendigen Zusammenhänge: alle Kulturen haben ihre eigenen Sternbilder gemacht, so dass ein und derselbe Stern zu vielen verschiedenen Sternbildern gehören kann. Auch die Sternbilder der griechisch-römischen Tierkreisastrologie sind über Jahrtausende durch kulturübergreifende Missverständnisse zu dem geworden, was sie heute sind (siehe mein Buch) – so ist z.B. das Sternbild, das wir heute “Fische” nennen ursprünglich eine Schwalbe gewesen und das, welches “Widder” heißt, ursprünglich ein Lohnarbeiter bzw. Hirtengott. Zu beiden dieser Sternbilder gehörten ursprünglich mehr Sterne als wir das heute definieren, denn Bezugssysteme (wie die oben genannten, auch Sternbilder) sind menschengemachte Konventionen. 

Es gibt übrigens diverse andere Formen von Omina, die weniger Rechenaufwand erfordern (z.B. “wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist”). Manche Omina sind naturkundlich begründete phänomenologische Beobachtungen (z.B. dass “Wenn Vollmond oder Neumond ist, ist die Flut – der Tidenhub – am Meer höher als bei Halbmond”), aber Astrologien jeder Art sind das nicht: Es gibt weder empirische Nachweise noch theoretische Indizien für die Gültigkeit der Einflüsse, die die Stellung von Jupiter (u.a. Planeten) im Tierkreis oder in Mondhäusern auf das Leben von Menschen haben soll. Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) hat sich ausführlich mit allen Pros und Cons, allen behaupteten Zusammenhängen, ihren angeblichen Nachweisen und deren Ungültigkeiten beschäftigt. Ich verweise gern auf deren Ergebnisse bzw. die dortigen Experten bei weiteren Fragen (kann aus meiner Erfahrung in den 1990ern, als ich für Öffentlichkeitsarbeit ausgebildet wurde, nur von profunden Antworten berichten; da lernt man z.B. dass eine Horoskopzeichnung aufgrund der zahlreichen Interpretationsregeln ca. 16 Millionen Deutungsmöglichkeiten hat: Sie können also zu einem Astrologen gehen und sich Ihr Geburtshoroskop zeichnen lassen; die Rechnung ist erstmal einigermaßen eindeutig: wie Sie das Diagramm aber dann interpretieren, also welche Omina Sie daraus ableiten, dafür gibt es viermal so viele Möglichkeiten wie Berlin Einwohner hat). Zudem empfehle ich eines meiner Lieblings-Fachpaper auf dem NASA-Abstract-Server: “Astrology in the Era of Exoplanets”, datiert auf den 1. April 2016.

Ursachen der Astral-Religion: Zusammenhänge ohne erkannte Ursache

Als Naturwissenschaftshistorikerin verstehe ich die Wurzeln der Astrologie in alten (Natur)Religionen (siehe z.B. mein früherer Post zum Tierkreis und Kulturkalender), insbesondere der alten chinesischen (ostasiatischen) bzw. sumerischen (westasiatischen) Religion im dritten und zweiten Jahrtausend BCE. Man beobachtete z.B., dass ein Fluss immer dann über die Ufer trat oder Hochwasser hatte, wenn ein bestimmtes Gestirn (Sternbild oder Stern) heliakisch aufgeht. Heute verstehen wir, dass die Ursache für beides im Umlauf der Erde um die Sonne liegt: Durch die Achsneigung ändert sich die Bestrahlungsstärke pro Region und es gibt Jahreszeiten. Wenn z.B. durch den kommenden Frühling die Schneeschmelze in entfernten Bergen einsetzt, führen Flüsse mehr Wasser. Früher (wie heute) beobachteten aber viele Menschen nur lokal (vor ihrer Haustür) und bemerken vllt., dass das Hochwasser des Flusses und das Gestirn zusammen auftreten. Ohne sich die gemeinsame Ursache klar zu machen, dachten vllt. manche, dass das Gestirn direkt das Hochwasser auslöst. So dürften ganz leicht aus naturkundlichen Beobachtungen (dass zwei Dinge stets gleichzeitig auftreten) eine quasi-religiöse Vorstellungen (z.B. von Gestirngöttern, die Flusspegel steuern) entstanden sein. 

Vorschlag zur Güte:
Wenn Sie ein Anhänger der Tierkreis-Astrologie sind, empfehle ich Ihnen, sich der Religionsgemeinschaft “Zuismus” anzuschließen: Das ist eine Gemeinde auf Island, die sich der Praktizierung der sumerischen Religion verpflichtet hat. In sumerischer Zeit gab es zwar noch keinen Tierkreis, aber in dieser Religion liegen die Wurzeln für die Vorstellungen der späteren Tierkreisastrologie. Die Zuistar wollten sich zwar kurz vor der Pandemie 2019 auflösen, aber nachdem Epidemien, Pandemien, Wettrüsten & Kriege [von denen wir leider derzeit zahlreiche haben: Ukraine, Sudan, … die Aufrüstung in Nordkorea, das hohe Konfliktpotential in Südwestasien] und Naturkatastrophen die Religiosität von Menschen triggern, dürfte es leicht fallen, diese Gemeinschaft bei Bedarf wieder ins Leben zu rufen.

Tierkreis – ein Koordinatensystem, nicht observabel

Der Tierkreis wurde Mitte des ersten Jahrtausends BCE in Babylon erfunden (Britton 2010), während man versuchte, entweder interkalendarische Schaltregeln zu schaffen oder – meine These – die Himmelskoordinaten für den Mondlauf (ekliptikal) mit jenen für den Sternlauf (äquatorial) in einander umrechenbar zu machen. Beide Konzepte, der Beobachtung des Mondlaufs und des Sternlaufs bzw. von heliakischen Aufgängen im Takt des Sternjahres, sind bereits mindestens ein Jahrtausend früher schriftlich belegt – und sicherlich als bekanntest Konzept/ observables Phänomen sogar noch viel älter. Dass man in China versuchte, sie miteinander in Verbindung zu bringen, davon zeugen die sog. Mondhäuser, die eine Art von ungleichmäßiger Teilung des Himmelsäquators durch Rektaszensionskreise widerspiegeln. Eine Teilung des Äquators wird also mit dem Mond in Verbindung gebracht, der gar nicht auf dem Äquator läuft (sondern auf der Ekliptik).

Dass dies in Babylon auch geschah (möglicherweise erst ein bis zwei Jahrtausende später als in China), legt ein Text aus der Mitte des ersten Jahrtausends nahe. Praktischen Nutzen hat es auf jeden Fall, denn mindestens für die Kalenderschaltung braucht man eine (mathematische) Übersetzung zwischen diesen beiden Koordinatensystemen bzw. ihren Vorstufen im 1. Jahrtausend BCE. Da zu diesem Zeitpunkt seit 1000 Jahren(!) Rektaszensionskreise in zwölf Idealmonate à 30 Idealtagen (entsprechend 360 Grad) geteilt waren, empfahl es sich, dieses vorhandene Zähl- bzw. Koordinatensystem auf den Tierkreis bzw seine Mittellinie, die Ekliptik, zu übertragen. Dies ist also erstmalig eine gleichmäßige, völlig abstrakte und nicht an (observablen) Sternen festgemachte Teilung des Mondlaufes. 

Zweck dies Tierkreises: Kalender

Tierkreiszeichen sind daher nicht für Horoskope erfunden oder “nur in Horoskopen” zu finden, sondern sie sind ein Koordinatensystem. Aus irgendwelchen Gründen, die nicht überliefert sind, hat man die TK-Zeichen nicht einfach durchgezählt (wie es die Römer mit Monaten wie September-Oktober-November-Dezember = siebter, achter, neunter, zehnter Monat; die Juden und Araber mit Wochentagen machen bspw überliefert im Portugiesischen: segunda-feira = zweiter Tag: Montag, quarta-feira: Mittwoch, quinta-feira: Donnerstag, sexta-feira=sechster Tag: Freitag), sondern nach Sternbildern benannt. Schaut man sich die Vorstufen des Tierkreises und der Kalenderschaltregeln an, liegt ein Zusammenhang mit Mondlauf bzw. bestimmten Mondphasen in bestimmten Sternbildern nahe – aber sicher belegen kann man das noch nicht. 

Die Sternbilder des Tierkreises erzählen jeweils eigene Geschichten: sie bestätigen die Nutzung dieses Bogens aus Sternbildern für Wettervorhersagen: siehe meine früheren Posts zum Thema, z.B. Zodiac(us) Konferenz.

Grund für TK-Zeichen-Koordinaten statt Rektaszension: Präzession

Amateurastronomen behaupten oft, dass Ptolemaios im Almagest die Ekliptikkoordinaten statt äquatorialer Koordinaten verwendet hätte, weil er ein Anhänger der Astrologie gewesen sei. Das ist höherer Quatsch und kann nur von Leuten behauptet werden, die den Almagest nicht gelesen haben. Ptolemaios nimmt sich ganze drei Kapitel Platz, um die Wahl des Koordinatensystems ausführlich zu begründen! 

Der Grund für die Verwendung von ekliptikalen Längen und Breiten ist die Einfachheit der Verwendung dieser Daten für die nächsten Jahrhunderte. Vorausschauend möchte der große Gelehrte seinen Nachfolgern ersparen, dass jeder selbst alle 1029 Sternkoordinaten erneut vermessen muss. Da er weiß, dass die Präzession in den kommenden Jahrhunderten die Deklination und Rektaszension stark verändern wird und deren Umrechnung für die künftige Astronomen sehr umständlich sein wird (die hatten noch keine Sinus- und Kosinus-Taste auf Taschenrechnern!), wählt er Ekliptikkoordinaten, denn davon ist die Breite über die Jahrhunderte unverändert (bei seiner Messgenauigkeit) und die Länge mit einfachen Additionen im Kopf berechenbar. 

Sternbilder und Sternzeichen 

Wie schon oft gesagt, haben “Sternzeichen” mit den Sternbildern nichts zu tun (außer Namensgleichheit: aber ich habe auch nichts mit allen anderen Frauen namens Susanne zu tun, sondern bin ein eigenes Individuum). Sternzeichen sind Abstrakta, Sternbilder sind observabel. Dass die Sternbilder im Tierkreis nicht gleich groß sind, sondern unterschiedlich groß und dass es 13 an der Zahl sind und nicht zwölf (die genau auf der scheinbaren Sonnenbahn liegen, im Mondpfad sogar 16 statt 12), hat bereits Hipparch im zweiten Jahrhundert BCE festgestellt (vgl. mein Buch über Hipparchs Himmelsglobus 2017) und es hat in den letzten 2.5 Jahrtausenden niemanden gestört.  

Graphik aus meinem Buch (Springer, 2017): blaue Polygone stellen die Sternbilder von Ptolemaios (exakt nach Almagest-Koordinaten) dar, orangefarbener Streifen den Tierkreis mit der 12-teiligen Ekliptik in der Mitte; also blau SternBILDER, orange SternZEICHEN. Das dünne schwarze Band soll den Äquator andeuten. Offensichtlich lag bereits für Ptolemäus das Sternbild Ophiuchus im Tierkreis – und wie gesagt, war das auch für Hipparch und alle anderen Astronomen im Altertum so.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

9 Kommentare

  1. Die sog. Astrologie, anscheinend den Logos, versus Nomos meinend, die Nomologie sozusagen, ist aus diesseitiger Sicht (erst einmal) keine “Religion”, kann sich aber i.p. “fester Rückgebundenheit” so ausbilden und dann wäre Dr. Webbaer ganz bei Ihnen, werte Frau Dr. Susanne M. Hoffmann, vielen Dank für Ihre publizistische Arbeit bei den “SciLogs.de”.
    Wie gemeinte Astrologie könnte etwas für die anderen sein.

    Ansonsten haben sog. Himmelsgestirne einen Einfluss auf das Leben des hier gemeinten Primaten, der auch erkennendes Subjekt ist, so sein muss, damit sich wie dankenswerterweise hier vorgenommen ausgetauscht, kommuniziert werden kann.

    Zum Glück bewegt sich bei der wie hier gemeinten Forschung, auch Expeditionen meinend, nun wieder etwas, der Schreiber dieser Zeilen war bei der Mondlandung (televisiionär – damals wurde auch von einer ‘Mondbesteigung, ein kleines lol an dieser Stelle geredet, von Dr. Heinz Haber) dabei und freut sich, wenn es nun – privatem Unternehmertum folgend – wieder spannend wird.
    “Old Dockie” drückt Elon Musk mit seinen kleinen Vorhaben beide Tatzen.

    BTW, am Rande notiert, diesem “Braten” traut Dr. Webbaer nicht so ganz, lässt sich aber gerne beraten :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Milankovitch_cycles

    … gar als Erklärung für an sich vorhanden sein müssende terrestrische sozusagen natürliche Variablität bei den Temperaturen, auf diesem Planeten also.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer

  2. Was als Sterne bezeichnet wird, kann man zumindest hin und wieder sehen. Das ist mehr als die gängigen Religionen zu bieten haben. Also im Vergleich zum Götterglauben eine seriöse Angelegenheit.

    • Sterne kann man sehen, wenn man nicht in Großstädten lebt – aber weder Sternzeichen noch Mondhäuser noch Jupiterhäuser. Sternbilder sind auch nicht naturgegeben, sondern menschengemacht; sie sind Kulturprodukte.

      Mithin lebt all das auf der gleichen Ebene wie Götterstatuen in Tempeln.

  3. Die Sternbilder hatten definitiv einen großen Einfluss auf die Navigation. Manch eine Maus ist im Sternenlicht von der Eule gefressen worden, deren Augen an dieses schwache Licht angepasst sind, die Sterne beeinflussten also die gesamte Evolution (ganz besonders der Stern namens Sonne). Sie formen einen natürlichen Kalender, und der Sonntag kann durchaus verursachen, dass sich der Großteil der Menschheit anders verhält, als am Montag. Die Sternzeichen bestimmen mit, wie sich Menschengruppen selbst wahrnehmen, entwickeln und interagieren. Die Sterne dienen als Fundament für Glaubenssysteme, Religionen, und die kontrollieren die Bewegung von Massen: Wallenstein lässt Sterne deuten, und spinnt sich daraus Befehle zusammen, die Abertausende Tonnen Masse zu riesigen Teilchen und Wellen zusammenkleben, zielgerichtete Bewegung, chemische Reaktionen, Megajoule von Energie wirken organisiert zusammen, erzeugen Gegenkräfte, setzen Gase frei, sodass am Ende auch der 30jährige Krieg seinen Teil zur globalen Erwärmung beiträgt. Glauben – die Gleichsetzung von Information mit Materie – bewegt Materie, und ist damit eine Kraft der Physik. Im Grunde ist Wissen Glauben, dessen Wirkung wir einschätzen können. Damit wäre der wesentliche Unterschied zwischen beiden in CPU und Festplatte des Betrachters zu suchen, nicht in der Natur.

    Ich bin eine faule Sau, deswegen mache ich Physik mit Psychologie: Wir machen auch nix Anderes, als die ganze andere Pampe, und das Teilchen Mensch kann man fragen, was es bewegt, da muss ich nicht selber raten. Und Astrologie bildet ein ähnliches Kraftfeld, wie die Sonne per Schwerkraft und Elektromagnetismus: Wir Teilchen baden in einem Weißen Rauschemeer aus Information, die andere Teilchen genauso blindwütig und penetrant verspritzen wie wir, und picken uns daraus die heraus, auf die wir reagieren – ich nenne den Herauspick-Filter Gencode, denn auch Genetik und Darwinismus lassen sich nicht von Physik trennen, und ohne sie kann sie nicht verstanden werden.

    Vergleichen Sie die Welt unter Trump und die Welt unter Biden – der Westen war eine lose, hoffnungslose, in Anarchie, Apathie und Amok versinkende, auseinander fallende Suppe ohne Anführer. Ohne ein Symbol, einen Zellkern, an den alle geglaubt hätten, eine Kindergärtnerin, die den Rotzbengeln Respekt einflößen könnte, leuchteten unzählige Funzeln, die bislang von Amerika überstrahlt worden waren, plötzlich am hellsten und hielten sich für die Sonne, wir wandten uns ihnen zu, jedes lauwarme Planetchen und abkühlende Asteroidchen leuchtete mit einer einzigen, geistig beschränkten Einzigen Wahrheit, die mit Größenwahn erstrahlte und auf Krawall gebürstet war, und das zerfetzte uns. Es fehlte die Richtung, es gab viele Kollisionen statt Gleichschritt-Laserstrahl, wir fieberten und siechten dahin in der Finsternis. Biden ist eine deutlich stärkere Stromquelle. Wir glauben wieder: Weil er seinen Job macht, machen wir wieder unseren statt seinen, wir sind nicht mehr jeder ein König, der unter Heerscharen aus Notwehr wild um sich schlagender Könige aus Notwehr um sich schlägt, sondern Vasallen des Imperiums, Teil eines Ganzen, das so gewaltig um sich schlagen kann, dass es die Not abwehrt. Das Kraftfeld flackert, doch eine Weile scheint es wieder stabil. Natürlich gilt auch hier das Magnetfeld-Prinzip – ein bipolarer Sonnenkönig kann nur weiterleiten, was ihm hinzugefügt wird, er bündelt und streut Kräfte und erzeugt sie nicht. Wenn die Welt, die er per Kraftfeld stabilisieren soll, am Ende ist, kann auch der kompetenteste Zellkern nichts mehr ausrichten. Um Entropie zu kurieren, gibt’s nur Mutation, die Veränderung, Neuanpassung des Gencodes, und weil Sie ihr Leben damit verbringen, ihre alten Codes in Beton einzumauern, bringt Sie Ihr Streben nach ewigem Leben als in Stein gemeißelte Statue irgendwann um. Auf dem Friedhof bekommen Sie dann das Upgrade, das Sie wollen, indem Sie auf eine geeignetere Festplatte kopiert werden, wobei allerdings unwesentliche Daten verloren gehen, wie ein Baugerüst, nachdem das Bauwerk fertig ist. Und weil das nicht nur Ironie ist, sondern auch Tatsache, sehen Sie auch hier, wie Religion und Aberglaube physikalische Fakten und Gesetze widerspiegeln und Dinge zu beschreiben versuchen, die sie fühlen und aus dem Alltag kennen, ohne sie zu verstehen.

    Den Sternen sind wir zwar gleichgültig, im Gegensatz zu hausbackenen Anführern, dennoch haben sie einen entscheidenden Vorteil: Wenn Licht der bindende Faktor ist, wenn das Symbol seine Kraft ständig entfalten muss, haben Sie damit eine Kraftquelle, die überall gleich scheint und kostenlos ist. Die Sterne brauchen keine Kanzel, um ihre Botschaft zu verbreiten. Nur die Botschaft fehlt. Und dafür sind eben Kanzeln, Astrologen und Sterndeuter verantwortlich – sie sind so was wie Discjockeys, die einen Radiosender gefunden haben, der kräftig sendet, aber (bis auf Zeitansage und ein Funkbojen-Signal) kein Programm hat, sie nützen eine natürliche Ressource, um eigene Kraftfelder zu speisen. Sie haben was mit Internet zu tun, auch mit Leuten, die alle die gleichen Nachrichten sehen, sodass sie dadurch ähnlich handeln, auch wenn sie sich nicht absprechen: Wenn alle an Astrologie glauben, und alle Astrologen einer Schule ungefähr das Gleiche sagen, entstehen daraus koordinierte Handlungen. Deren Macht liegt dann nicht darin, dass die Vorhersagen wahr waren, sondern darin, dass sie koordiniert sind: Gebündelte Wirkung von Masse und Energie kann die Welt zielgerichtet verändern, ganz egal, ob sie durch Schwachsinn gebündelt werden, oder durch etwas, das für sich allein stehen könnte.

    Die Sterne sind eine ähnliche Ressource, wie ein Felsen: Man kann Kirchen und Häuser darauf bauen. Und daraus. Dinge entfalten eine Wirkung allein dadurch, dass sie stabil und unveränderlich sind, sie geben Sicherheit und es ist sinnlos, sich gegen sie aufzulehnen, deswegen passt sich die gesamte Umgebung ihnen an. Als wäre der ganze Himmel aus Diamant. Wenn Sie Schwerkraft, Elektromagnetismus oder Goldlöckchenzonen verstehen wollen, Dilatation, wie die Zeit den Raum verformt und gestaltet, denken Sie in diese Richtung. Am Ende ist das ganze Universum nur Zeugs, das einander anrempelt, der Rest folgt logisch daraus.

    Naturwissenschaften operieren innerhalb eines Glaubenssystems, das nicht rationaler ist, als die Astrologie: Es sind Menschen, die die Grenzen zu Religion und Geisteswissenschaften gezogen haben. Unsere Hohepriester haben einen Machtkampf ausgetragen, der auf einem winzigen Staubkorn, der um einen einzigen Stern kreist, nur einen winzigen Bruchteil der Masse beeinflusst, die Sterne unter sich aufgeteilt, Zollschranken aufgestellt, jetzt versuchen sie, die Sterne miteinander zu verknüpfen – und bleiben deswegen im Geschäft: Weil sie sichergestellt haben, dass sie nie fertig werden, weil jedem Puzzlestücke fehlen und er Heiligen Krieg dagegen führt, sie zu importieren. Doch den Sternen ist das egal, sie formen eigene Sternbilder, durch Gravitation, Strahlung, Kräfte, die viel gewaltiger sind als unsere Tabus. Unsere Sternbilder Marke Eigenbau haben nur die Kraft, die wir ihnen verleihen, sie sind bequem, doch weil sich jeder selber welche macht, steht Kraft gegen Kraft, sobald sie aufeinander treffen: Konflikte und Widersprüche führen zu einem erheblichen Verlust an zielgerichteter Wirkung, Masse und Energie verwandeln sich in Chaos: Sobald Naturwissenschaftler, Geisteswissenschaftler, Religionen aufeinander treffen, kracht’s, oder sie verstehen einander einfach nicht, weil sie verschiedene Sprachen sprechen, selbst wenn sie das Gleiche sagen: Es kann keine Verknüpfung entstehen, kein Netzwerk, die Sternbilder bleiben unvollständige Bruchstücke, die wir vor den anderen Bruchstücken verteidigen, als wären sie die einzige Wahrheit, und der Rest des Puzzles nur Lügen.

    Wenn wir uns dem Stärksten fügen, die Beziehungen der Sterne deuten, die sie von allein unter sich bilden, können wir Wissen ansammeln, unserem Gencode hinzufügen und leuchten selber umso heller – wir werden stärker, können uns unsere Umwelt erfolgreicher gefügig machen, entfalten eine größere, weiter reichende Wirkung. So spricht dein Herr, der Gott, die Physik, die Natur, das Universum – nennen Sie es, wie sie wollen, doch es spricht durch die Sterne die gleiche Wahrheit, wie durch alles andere auch. Füge dich deiner Umwelt, Sklave, dann darfst du leben und gedeihen. Rebelliere, und du wirst leiden und sterben. Denn egal, wohin du vor Deinesgleichen fliehst, du findest nur mich, und mir wirst du dienen. So klingt es, wenn man Physik mit religiösen Konzepten ausdrückt, doch der Unterschied liegt in der Semantik, nicht im Inhalt.

    Wissenschaft ist Religion, die rausgekriegt hat, wie das mit den Wundern geht – von Hypothesen und Experimenten, Versuchen und Irrtümern, zum Wissen und Können, vom Kindergarten zur Grundschule, Erfolg durch stures Scheitern. Und auch die Astronomen sind Astrologen, die immer besser lernen, die Sterne zu befragen.

    Heute bezeichnet „Astrologie“ allerdings nur noch das Recycling überholter Fibeln als soziales Klopapier. Warum? Weil wir Klopapier brauchen, und uns weder NASA noch Webb-Teleskop welches liefern. Sie bestätigen nur, dass die Himmelstapete das Einzige macht, das sie dafür machen muss – echt groß sein und nicht weglaufen.

  4. Der Artikel “Astrologie” auf der Website scilogs.spektrum.de ist ein sehr interessanter Beitrag über ein kontrovers diskutiertes Thema. Die Autorin geht auf die Geschichte und die Grundlagen der Astrologie ein und zeigt auf, welche Rolle die Sterne und Planeten in der astrologischen Interpretation spielen. Besonders positiv finde ich, dass die Autorin nicht versucht, die Astrologie als Wissenschaft darzustellen, sondern kritisch reflektiert, welche Aussagekraft sie tatsächlich hat. Der Artikel regt zum Nachdenken an und gibt einen Einblick in ein Thema, das für viele Menschen faszinierend ist. Insgesamt ein sehr gelungener Beitrag, der mich persönlich dazu angeregt hat, mich intensiver mit der Astrologie auseinanderzusetzen.

  5. Ganz in den Raum der Phantasie würde ich die Sternzeichen nicht schieben.
    Treffend ist doch, dass die Sternzeichen Stier und Widder im März und April liegen, also den Flühlingsmonaten, wo die Hormonspiegel höher liegen als in den Wintermonaten.
    Was jetzt die Astrologie als Wissenschaft betrifft, die Astrologen behaupten, ihre Berechnungen seien wissenschaftlich. Die Interpretation der Berechnungen seien aber subjektiv.

    • Wer behauptet Sternzeichen seien Phantasie? Ich habe klar geschrieben: sie sind ein Koordinatensystem. da beißt die Maus keinen Faden ab: isso!

      Astrologie ist KEINE Wissenschaft. Punkt. Die umgangssprachliche Redewendung “eine Wissenschaft aus etwas machen” zeigt, dass man sich landläufig vorstellt, Wissenschaft sei schwierig. Aber nur weil jemand subjektiv etwas schwierig findet (Astrologen, die dies behaupten, offenbar) ist es noch lange keine Wissenschaft.

      Glaube (an Astrologie, Götter etc.) ist Religion. Punkt.

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