Arktur

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Der Name dieses Sterns ist einer der seltenen griechischen Sternnamen. Darum widme ich ihm jetzt mal einen eigenen Post, obwohl ich das bereits seit Jahren in vielerlei Hinsicht predige und immer wieder auf Leute treffe, denen es dennoch neu ist. 

Arktur im Frühlingssternbild Bootes ist der vierthellste Stern des Himmels und der hellste am Nordhimmel. Von den dreien, die heller sind, ist nur Sirius bei uns zu sehen – die anderen bleiben aufgrund ihrer südlichen Lage stets unter dem Horizont in Mitteleuropa. 

Auf Deutsch neigen wir gern dazu, altgriechische Namen abzukürzen. Da wird aus Hipparchos gern mal Hipparch und aus Arkturos eben Arktur – die Generation, die Altgriechisch noch in der Schule lernte, ist ja dabei auszusterben, so dass man die Endung verschluckt. 

Eigentlich hieß der Stern aber damals  Ἀρκτοῦρος (der Wächter, i.S.v. Beschützer) und wurde in römischer Zeit latinisiert. Wissenschaftliche Texte waren im Altertum stets auf Griechisch geschrieben und im Mittelalter wurden sie in der islamischen Welt ins Arabische und in der christlichen Welt ins Kirchenlatein übersetzt. Dabei wurde nicht nur aus der Endung “-os” ein “us”, sondern auch aus dem griechischen Buchstaben “kappa” (k) in Latein ein phonetisch gleichwertiges “c”. Der Diphthong in der Wortmitte, der recht ähnlich zu unserem “u” klang, wurde dabei auch buchstäblich zu einem schnöden “u”. 

Ἀρκτοῦρος (buchstäblich: arktoyros) –> Arcturus (latein) 

Im Laufe der Zeit “vergaß” man in der Astronomie, dass es sich hier um eine übersetzbare Vokabel handelt und verstand das Wort als Eigennamen. Im Englischen benutzt man die lateinische Version, im Deutschen die griechische Version des Namens. 

Merke wohl: 
Arktur hat also nichts mit der Arktis (im Norden) zu tun und das Wort leitet sich auch nicht vom altgriechischen Wort für die nördlichen Sternbilder ἄρκτος (Nominativ Singular, feminin) Bärin ab. Der Norden (Arktis) ist das Land der Bären, das ist gewiss eine beabsichtigte Assoziation, die sich in der antiken Geographie belegen lässt. Die griechische Mythologie verknüpft aber die Sternbildergruppe eher mit einem nördlichen Anrainerstaat des Mittelmeers, Arkadien.
Mit dem Sternnamen hat das alles aber nichts zu tun. 

Es könnte aber sein, dass die Ähnlichkeit zu letzterem und die mythologische Verknüpfung der beiden Sternbilder sowie die Interpretation von Bootes als “Bärenhüter” mit diesem Wortspiel zusammenhängt. Bootes war ursprünglich kein Bärenhüter oder Ochsentreiber, sondern ein einfacher Landarbeiter, ein Pflüger. 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), ... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Gute Anregung – astronomisch läuft Arktur ja bekanntlich 24°-25° Libra. Was aber dieser Wächter bewacht, lässt sich vielleicht am Besten nautisch nachvollziehen und verweist auf Großbritannien – siehe auch diese Zusammenstellung:

    https://projekt2a.wordpress.com/2021/02/27/mythos-hu-gardan/

    Arkadien könnte auf diesem Weg erreichbar gewesen sein, wenn man es mit den Angaben Plutarchs kombiniert (“De Facie in Orbe Lunae”).

    Natürlich hoch spekulativ, klar.

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