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BLOG: ScienceZest

Forschung lecker zubereitet
ScienceZest

Mittagspause bei der FEMS2013 und ich überleg schon seit einer Stunde, wie ich den Vortrag von Daniele Daffonchio in einen Blogartikel verwandle (Merke: Beim Life Bloggen von der FEMS stöpsel ich meine Beiträge hastig zusammen. Es gibt Schreibfehler und komische Wortkombinationen)

Was Daniele erforscht, ist schwer zu untersuchen: Salzseen, die am Boden des Mittelmeers schlummern. Wer so was mal gesehen hat, kann nicht anders als fasziniert sein. Der Salzsee schaut aus wie ein echter See. Nur dass er selbst unter Wasser ist (Video WHOI hier). Sein schweres Salzwasser bewegt sich sanft, fast als ob ein träger Wind darüber weht. Im Mittelmeer findet man diese Seen bei etwa 3500 Metern Tiefe. Sie zu untersuchen kostet Zeit, Grips und Geld.

Man braucht ein Forschungsschiff mit einer großen Winde, um eine Rosette zur Beprobung runter und wieder rauf zu lassen. So eine Rosette allein kostet um die 20.000 € (nagelt mich darauf nicht fest).

Winde schickt Rosette in die Tiefsee (Nord Atlantik, RV Pelagia)

 

Das Schiff schwimmt auf der Meeresoberfläche, die Rosette hängt an einem Stahlseil. Bei jeder Wellenbewegung wird nicht nur das Schiff gehoben und gesenkt, sondern auch die Beprobungs-Rosette am Seil darunter.

Wer jetzt nicht einen Kapitän (plus Bordcomputer) hat, der das Schiff an Ort und Stelle halten kann, schleppt die 20.000 € Angelegenheit durch die Gegend und hoch und runter, ohne genau dort zu beproben, wo man eigentlich will.

Damit sind wir bei Danieles Problem. Der Mann möchte die schmale Grenzschicht wischen Oberkante Salzsee und Unterkante Mittelmeer beproben. In 5 Zentimeter Schritten. Während das Schiff sich um ca. einem Meter (oder mehr) hebt und senkt.

Daniele bastelt eine Kamera ans Seil kurz über seiner Beprobungs-Rosette. Er weiß, dass der Brechungsindex des Salzsees die Rosette für die Kamera unsichtbar macht, solange die Kamera sich oberhalb des Salzsees befindet. Er lässt die Rosette am Seil herab, kuckt welche Teile der Rosette im Salzsee verschwinden, und kurz bevor das gesamte Teil unsichtbar wird, schließt er die Beprobungsrohre. Dann wird langsam wieder hoch gekurbelt und die originale Schichtung von Salzsee und Mittelmeerwasser bleibt fast ungestört erhalten.

Die Oberfläche des Salzsees ist deshalb interessant, weil die hohe Dichte seines Wassers eine Barriere für Partikel (Fischkot, tote Algen) darstellt. Diese Partikelfalle ist auch ein zu Hause für Mikroorganismen, die extreme Salzkonzentrationen (nahe der Sättigung) aushalten können. Für biotechnologische Zwecke macht sie diese Fähigkeit interessant. Daniele Daffonchio hat einige dieser Mikroorganismen im Labor isoliert. Einige davon produzieren biomedizinische Substanzen.

Manchmal gehts mehr als einen Meter rauf und runter. Das nennt man dann Diät für Meeresbiologen (ich kann’s bezeugen)

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Annelie Wendeberg ist eigentlich Umweltmikrobiologin. Doch eines schönen Wintermorgens klappte sie die Augen auf und dachte sich "ich schreib mal was". Seither versucht sie ihre Leidenschaft Forschung leicht verständlich und spannend in kurzen Blogartikeln zu vermitteln. Meistens schreibt sie über alles Mögliche was irgendwie mit Forschern, Biologie, Umwelt, Ökologie und vor allem Mikrobiologie zu tun hat. Des Nachts bringt Annelie Wendeberg Leute um. Auf dem Papier. Für den KiWi Verlag.

4 Kommentare

  1. Gibt es

    … auch Bilder davon, wie die Kamera in den Salzsee eintaucht? Das muss ein faszinierender Anblick sein.

    Zur Meeresbiologendiät: Das beste Vorbeugemittel gegen Seekrankheit ist übrigens die Reling. 😉

  2. Auftriebskörper

    Eine einfache und billige Lösung wäre die Nachrüstung der Rosette mit Auftriebskörpern.

    Diese Auftriebskörper sollen bewirken, dass die Rosette im Meerwasser absinkt, aber im Salzsee aufschwimmt.

    Als Auftriebskörper kommen dünnwandige Blech- oder Kunststoffbehälter in Frage, die mit Leichtbenzin oder mit Lithium gefüllt sind.

    Die Behälter können deshalb dünnwandig sein, weil Leichtbenzin und Lithium nur sehr wenig komprimierbar sind.

    Der Bathyscaph Trieste hat Leichtbenzin als Auftriebskörper verwendet.

    Die Dichte von Leichtbenzin beträgt ungefähr 0,7 kg/dm^3.

    Die Dichte von Lithium beträgt 0,534 kg/dm^3.

    Das Leichtbenzin ist viel billiger als das Lithium.

    Das Leichtbenzin reagiert im Gegensatz zum Lithium nicht mit Wasser, was das Leichtbenzin viel sicherer macht.

    Bei dieser Methode muss das Aufhängungsseil ein wenig durchhängen, um die Wellenbewegung des Meeres nicht auf die Rosette zu übertragen.

  3. 2 Fragen

    1.) Wie sieht die Rosette aus? Gibt’s irgendein Bild?
    2.) Heißt der Mann nun Daniele oder Gabriele? Oder sind es zwei?

  4. Oje!

    @Liane Meyer: Der heisst Daniele. Vielen Dank für den Hinweis, ich hab’s korrigiert. Man sollte wirklich nicht nebenbei mit einem Gabriel quatschen, wenn man einen Artiklem schreibt 🙂
    Einen Link zu einem Bild einer Rosette hab ich in den Artikel eingefügt.

    @Spritkopf: Link zu Videos ist jetzt im Artikel eingefügt.

    @Karl Bednarik: Es wurde ein Auftriebskörper eingesetzt, der aber zur genauen Beprobung der Interphase ungeeignet war – die Rosette hätte im See gehangen und nicht genau auf seiner Oberfläche. Darum die Beprobung mit Hilfe der Kamera.

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