KI als Motivationskraft: Die Zukunft des Lernens hat schon begonnen

BLOG: Positive Psychologie und Motivation

Kognitives, affektives und psychosoziales Aufblühen in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung
Positive Psychologie und Motivation

Michaela Brohm-Badry

Ich war kürzlich auf einer Konferenz in New York, die sich mit der Zukunft von Lernen und Entwicklung im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz befasst hat.

Anders als im deutschen oder europäischen KI-Diskurs, der eher die Gefahren manipulativer, datenschutzrechtlicher oder entmündigender Folgen der KI in den Mittelpunkt rückt, fand ich in den USA eine dynamische Aufbruchstimmung, die in den Vorträgen und Workshops die mannigfaltigen Möglichkeiten der KI (AI, Artificial Intelligence) für Schulen, Hochschulen und Weiterbildungen thematisierte. Die Gefahren von KI sind mir einigermaßen klar und rechtliche Reglementierungen durch die EU halte ich für sinnvoll und dennoch war ich beeindruckt von der Offenheit, mit der die meist angloamerikanischen Kolleg/innen der neuen Technologie begegnen und plädiere nun bei uns für mehr Zuversicht und weniger katastrophisierende Rufe.

Viele Konferenzbeiträge zeigten die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von KI in Lernprozessen. Zum Beispiel kann KI:

  • Individuelle Lernpläne erstellen: KI kann die Stärken und Schwächen jedes Lernenden analysieren und auf dieser Grundlage einen individuellen Lernplan erstellen.
  • Adaptive Lernumgebungen schaffen: KI kann Lernumgebungen schaffen, die sich an den individuellen Lernfortschritt jedes Lernenden anpassen.
  • Feedback geben: KI kann Lernenden in Echtzeit Feedback zu ihrer Leistung geben.
  • Lernende unterstützen: KI kann Lernende bei der Lösung von Aufgaben und Problemen unterstützen.
  • Lerninhalte individualisieren: KI kann Lerninhalte an die Interessen, Hobbys und Bedürfnisse jedes Lernenden anpassen.

Insbesondere scheint die letztgenannte Individualisierung von Lerninhalten zentral: KI scheint in den USA bereits ein willkommenes Assistenztool zu sein, um die Lehre für die Lernenden individuell zu gestalten. Auch die Anpassung an die Bedürfnisse einer Gruppe – als Personalisierung – ist möglich, ganz ähnlich, wie Unternehmen anhand von KI zunehmend individualisierte oder personalisierte Produkte und Dienstleistungen generieren.

Und durch diesen individuellen Zuschnitt steigt die Motivation, sich mit Texten, Statistiken oder eben Produkten oder Dienstleistungen auseinanderzusetzen. Zudem führt Individualisierung zu besseren Lernergebnissen und einem positiveren Lernklima.

Dies scheint mir im Bildungsbereich die größte Stärke von Chatbots zu sein, eben die Möglichkeit, Lernprozesse zu individualisieren.

Heterogenität, Inklusion und Differenzierung bekommen somit ganz neue Gestaltungsräume, denn nicht nur theoretisch kann jede/r Schüler/in und jede/ Studierende individualisiertes Lernmaterial mit gleichem Inhaltsschwerpunkt bekommen oder sich gar selbst erstellen (jeder Lernende hat Zugang zu einem Endgerät und der KI).

Oder bei äußerer Differenzierung: Der/die Lehramtsstudierende bekommt beispielsweise einen anderen Text mit gleichem Lerninhalt als die/der zukünftige Bankkauffrau/mann im Managementseminar oder das kleine Mädchen aus der 5. Klasse.

Ich habe das mit einem kurzen Textausschnitt aus meinem Buch „Das gute Glück“ (20243) ausprobiert und Gemini (die spannende Google-Alternative zu ChatGPT) den gleichen Text jeweils für Lehramtsstudierende, Manager/innen und 5.-Kläßler/innen umschreiben lassen. Und hier sind die erfrischenden Antworten des Chatbots:

Text für Lehramtsstudierende

PROMPT: Schreibe diesen Text für Lehramtsstudierende um: Zudem erhöht Risikofreude die Wahrscheinlichkeit für neue Chancen im Leben, und je offener wir Chancen tatsächlich wahrnehmen, desto größer ist die Möglichkeit, dass etwas davon auch tatsächlich als freudestiftend erlebt wird. Ein Risiko einzugehen erhöht schlicht die Wahrscheinlichkeit von Glück, denn vielleicht gefällt uns ja, was wir ausprobieren. Explizit nicht gemeint ist hier freilich selbstgefährdende Waghalsigkeit, denn die korreliert nicht mit Glück, sondern mit einem Vakuum an Intelligenz. 

ANTWORT: “Risikofreude im Lehrerberuf: Neue Chancen für dich und deine Schüler

Als angehende Lehrkraft weißt du: Der Schulalltag ist voller Herausforderungen. Unvorhergesehene Situationen, neue Unterrichtsmethoden und der Umgang mit verschiedenen Schülerpersönlichkeiten erfordern Flexibilität und Mut.

Genau hier kommt die Risikofreude ins Spiel! Indem du dich neuen Erfahrungen und Herausforderungen öffnest, eröffnest du dir und deinen Schülern neue Chancen.

Probiere neue Unterrichtsmethoden aus, sei kreativ und lass dich von deinen Schülern inspirieren. Gehe raus aus deiner Komfortzone und gestalte den Unterricht so, dass er für alle spannend und motivierend ist.

Natürlich ist es wichtig, dabei keine unüberlegten Risiken einzugehen. Schlecht vorbereitete Experimente oder unangebrachte Diskussionsrunden können schnell ins Chaos abdriften.

Mit einer gesunden Portion Risikobereitschaft und durchdachter Planung kannst du aber deinen Unterricht bereichern, deine Schüler zum Staunen bringen und gleichzeitig deine eigenen pädagogischen Fähigkeiten weiterentwickeln.

Denke daran: Lehrer, die Risiken eingehen und Neues ausprobieren, sind oft die inspirierendsten und erfolgreichsten.

Also: Trau dich! Gestalte deinen Unterricht mit Freude und Risikobereitschaft, und du wirst sehen, wie sich dies positiv auf dich, deine Schüler und die gesamte Lernatmosphäre auswirkt”.

Text für zukünftige Manager/innen

PROMPT: Wie oben nur „für zukünftige Manager“

ANTWORT: “Risikofreude im Management: Chancen erkennen und den unternehmerischen Geist stärken

In der dynamischen Welt der Wirtschaft ist Risikofreude ein entscheidender Faktor für Erfolg. Wer bereit ist, kalkulierte Risiken einzugehen und neue Chancen zu ergreifen, kann sein Unternehmen auf die nächste Stufe heben.

Proaktiv Chancen identifizieren und nutzen bedeutet, offen für innovative Ideen, neue Märkte und unkonventionelle Ansätze zu sein. Erfolgreiche Manager zeichnen sich daher durch ihr gesundes Risikobewusstsein und ihren Mut zu unternehmerischen Entscheidungen aus.

Natürlich ist dabei wichtig, unüberlegte Risiken zu vermeiden. Unverantwortliche Entscheidungen, die nicht auf fundierter Analyse und Strategie basieren, können fatale Folgen haben.

Mit einer ausgewogenen Risikobereitschaft und einem klaren Blick für Chancen können Manager jedoch:

  • Neue Geschäftsfelder erschließen und Marktpotenziale nutzen, die anderen verborgen bleiben.
  • Innovationen vorantreiben und so den Wettbewerbsvorsprung des Unternehmens sichern.
  • Mitarbeiter motivieren und begeistern, indem sie ihnen die Möglichkeit geben, sich einzubringen und neue Ideen auszuprobieren.
  • Den Unternehmenserfolg nachhaltig stärken und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichern.

Risikofreude im Management bedeutet also nicht, blindlings ins Risiko zu gehen, sondern vielmehr, Chancen aktiv zu erkennen und diese mit Bedacht zu nutzen.

Wer diesen Grundsatz beherzigt, kann als Manager Großes erreichen und sein Unternehmen zu neuen Höhen führen”.

Text für 5.-Kläßler/in

ANTWORT: “Stellt euch vor, ihr seid auf einem Abenteuerpfad im Wald.

An einer Weggabelung müsst ihr euch entscheiden: Wollt ihr auf dem sicheren Weg bleiben oder den neuen, unbekannten Pfad erkunden?

Der sichere Weg ist langweilig, aber ihr wisst genau, wo er hinführt.

Der neue Pfad könnte spannender sein, aber ihr wisst nicht, was euch dort erwartet.

Mit etwas Risikofreude entscheidet ihr euch für den neuen Pfad. Vielleicht findet ihr dort einen wunderschönen Wasserfall, begegnet coolen Tieren oder entdeckt einen geheimen Schatz!

Klar, es kann auch sein, dass der neue Pfad mühsam ist oder ihr euch verirrt. Aber genau das macht es doch spannend!

Und wer weiß, vielleicht erlebt ihr ja etwas, das euch total glücklich macht.

Wichtig ist natürlich, dass ihr keine dummen Risiken eingeht. So ein Kletterfelsen ohne Seil ist zum Beispiel keine gute Idee.

Mit kluger Risikofreude könnt ihr aber viele tolle Erfahrungen machen und euer Leben spannender gestalten.

Also: Traut euch was!

Versucht Neues!

Wer weiß, was für coole Sachen auf euch warten!”

Falls uns die Texte so nicht gefallen, kann KI eine zweite, dritte, vierte usw. Version unter unserer Änderungsanleitung erstellen – ohne dass sie irgendwann sauer wird …

Von der Konferenz bin ich wesentlich offener für generative KI-Möglichkeiten zurückgekehrt und denke, dass wir uns in den europäischen Diskursen intensiver den Möglichkeiten der KI zuwenden sollten, bevor unsere Ängste und Bedenken uns international weit hinter die USA, China und Großbritannien abhängen. Denn diese und weitere Länder haben längst eine starke KI-Industrie aufgebaut und mächtig in KI-Forschung und -Entwicklung investiert. Oft ermöglichen sie auch nach Interesse oder Beeinträchtigung individualisiertes Lernen mithilfe von KI-Assistenten. Und so bekommt die an Fußball interessierte Jane einen anderen Text, andere Bilder, Videos oder Aufgaben mit gleichem Inhalt, als der hörbehinderte John oder der musikbegeisterte Tom.

KI bietet enorme Möglichkeiten für die Individualisierung des Lernens. Mit KI könnte der Großgruppenunterricht endgültig beendet sein. In diesem Sinne ein Credo, das durch die Konferenz hallte: Unterrichte keine Gruppen, unterrichte einzelne Menschen!

Website Brohm-Badry

Website Brohm-Badry Universität Trier

Website Deutsches Institut für Motivation (DIM)

 

Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry ist Neurowissenschaftlerin für Lehr- Lernforschung, Autorin und Keynote Speaker. Sie ist Professorin an der Universität Trier für Lernforschung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Motivation, Positive Psychologie und Persönlichkeitswachstum. Sie ist Präsidentin der „Deutschen Gesellschaft für Positiv-Psychologische Forschung“ (DGPPF). Brohm-Badry zählt zu den bekanntesten deutschen Motivationsforschern (ARD).

12 Kommentare

  1. Was den Text für Lehramtsstudierende angeht.

    Der ist nicht falsch, der macht auch keine Fehler, und für risikoscheue Gemüter ist der eine Bereicherung.
    Für einen durchschnittlichen Studenten , Betonung auf Student (m) ist das schönes “Gesäusel” ohne Inhalt. Deswegen ohne Inhalt, weil zu jeder Ermutigung sofort eine Einschränkung erfolgt, die vor Übertreibungen warnt.
    Ja, auf solche Texte kann man verzichten. Verzichten auch deshalb, weil konkrete Beispiele fehlen.
    Nachtrag: die KI weiß halt nicht, dass Lehrer an Dienstanweisungen gebunden sind. Jede Abweichung von ihnen kann zu Disziplinarstrafen führen.

    • Die erste Antwort des Bot ist ja immer nur die Grundlage für die folgende Kommunikation. Fragen Sie doch einfach mal nach Beispielen und einer stärkeren Gewichtung der Ermutigung. Oder geben Sie zu Bedenken, dass die Dienstanweisungen ja der Risikofreude Grenzen setzen und geben dann an, dass Sie mit der KI darüber diskutieren möchten (“agiere als …”). BG MBB

      • Frau Michaela Brohm-Badry
        Ich möchte nicht mit einer KI diskutieren. Ich wollte nur an einem Beispiel aufzeigen, dass eine KI nur das beantworten kann, was sie schon über das Thema gelesen hat. Und das war eben allgemein und nicht konkret.

        Natürlich kann man mit der KI diskutieren, wenn man das will, dann kann man seine eigenen Argumente testen.
        Das war aber nicht meine Absicht.

  2. N
    07.05.2024, 14:47 Uhr

    weil konkrete Beispiele fehlen.

    Vor über 10 Jahren hab ich noch versucht, Nachhilfe in Mittelstufenmathematik
    zu geben. Und da wurde ich immer wieder mit einem extrem seltsamen Phänomen konfrontiert.

    Das Balkenwagensyndrom!

    Beim Auflösen von Gleichungen geht es ja oft nur darum, auf beiden Seiten, links und rechts vom “=”-Zeichen so lange was hinzu zu fügen, beziehungsweise weg zu nehmen, bis auf einer Seite die gesuchte Variable stehen bleibt.

    Ein derart simples Ding wird immer wieder vergessen. Warum? Ist eine Balkenwaage so schwierig zu begreifen? Oder wird sie zeitweise durchaus begriffen, dann aber ständig vergessen, dieses Prinzip konsequent an zu wenden?

    Was zum Geier ist hier los? Kann uns da eine KI tatsächlich weiter helfen? Das wage ich zu bezweifeln!

    Oder können uns die betroffenen Schüler erklären, wo das Problem liegt? Nach meiner Erfahrung nicht!

    Oder gibt es vielleicht Lehrer, die dahinter gekommen sind, was da los ist?

    Wenn ja, dann wäre das schon mal ein erster kleiner Schritt, einfache Schulmathematik erfolgreich zu vermitteln.

    Wenn nein, dann bleibt einfachste Mathematik für viele Schüler nur jahrlange Quälerei.

  3. @ Julian Apostata 08.05.2024, 09:07 Uhr

    Eine Balkenwaage ist schon seit langer Zeit kein zweckmäßiges Beispiel mehr für Gleichungen.

    Kinder kennen nur mehr Digitalwaagen und hätten ein Problem, das Prinzip einer Balkenwaage zu verstehen, wie noch wir „Alten“. Wir hatten das Prinzip einer Balkenwaage noch halbwegs „verinnerlicht“.

    Relativ gut verständlich ist die Sache mit dem „Hinzufügen/Wegnehmen“, nicht aber dass beide Seiten z.B. durch eine bestimmte (welche) Zahl dividiert werden sollten….

    Die KI kann „höchst geduldig“ an sehr vielen, zunächst extrem einfachen Beispielen erklären, wie man Gleichungen ansetzt und bearbeitet. Das kann ein Lehrer auch.

    Aber die KI beginnt dann wirksam zu werden, wenn sie selber aus unzähligen Lernvorgängen mit den verschiedensten Schülertypen „lernt“, welche Beispiele, aber auch welche Trainingsmethoden bei welchen Schülertypen individuell „optimal“ sind. Den „abstrakten Schülertyp“ findet die KI aus extrem vielen „Antwortmustern“ recht schnell heraus. Sie könnte sogar neue Typen erkennen, die die Jugendpsychologie derzeit noch gar nicht kennt.

    Das KI Programm sollte die Schüler „trickreich“ bei „Laune halten“, ähnlich wie Spielprogramme Jugendliche „süchtig“ machen.

    Ob die Theorie auch bei „Mathe“ funktioniert und nicht nur beim „Daddeln“ ist eine andere Frage????

    Die Jugendlichen könnten schnell erkennen dass sie manipuliert werden und Gegenstrategien entwickeln. Sie könnten aber auch „einsichtig“ für die Realitäten des Lebens werden.

  4. Realo
    08.05.2024, 11:16 Uhr

    Relativ gut verständlich ist die Sache mit dem „Hinzufügen/Wegnehmen“,
    nicht aber dass beide Seiten z.B. durch eine bestimmte (welche) Zahl dividiert
    werden sollten….

    Echt jetzt? Sie haben links und rechts 100kg. Dann dividieren sie auf beiden
    Seiten durch 20. Und jetzt haben sie auf jeder Waagschale nur mehr 5kg.

    Von jeder Schale haben sie also 95kg weg genommen. Und damit ist schon so mancher Schüler hoffnungslos überfordert. Können sie vielleicht wirklich nach vollziehen, warum das so ist?

    Wenn ja, dann wären sie eventuell der ideale Nachhilfelehrer.

    Nur nach meiner Erfahrung ist das halt so, dass man einem typischen Mathephobiker ein derart simples Ding schon erklären kann. Die Einsicht kann sich aber bald wieder verflüchtigen, so dass er die Sache bei der nächsten Aufgabe schon wieder vergessen hat.

    Stellen sie sich vor, derartiges passiert beim Erlernen einer Sprache und ein Schüler vergisst ständig dass
    Hund, Katze, Maus
    dog, cat, mouse
    heißt. Dann würde nach jahrelangem Lernen so gut wie nichts von der Fremdsprache hängen bleiben.

    Das KI Programm sollte die Schüler „trickreich“ bei „Laune halten“, ähnlich wie Spielprogramme Jugendliche „süchtig“ machen.

    Das KI Programm sollte die Schüler „trickreich“ daran hindern, simple Zusammenhänge ständig zu vergessen. Und ich fürchte, die Software
    https://www.geogebra.org/
    wird keinen Mathephobiker süchtig machen.

    Aber vielleicht täusche ich mich da auch, weil mir zu meiner Zeit das Programm noch nicht zur Verfügung stand.

  5. @ Julian Apostata 08.05.2024, 15:53 Uhr

    Zitat: „Echt jetzt? Sie haben links und rechts 100kg. Dann dividieren sie auf beiden
    Seiten durch 20. Und jetzt haben sie auf jeder Waagschale nur mehr 5kg.

    Von jeder Schale haben sie also 95kg weg genommen. Und damit ist schon so mancher Schüler hoffnungslos überfordert. Können sie vielleicht wirklich nach vollziehen, warum das so ist?“

    Wenn man als Erwachsener mit dem Sachverhalt vertraut ist, dann ist es natürlich so einfach wie Sie es sehen. Nicht aber für einen ahnungslosen Jugendlichen. Der konnte zwar halbwegs nachvollziehen dass die Waage im Gleichgewicht bleibt, wenn er links und rechts, jeweils gleichzeitig, eine Murmel oder ein gleiches Gewicht auflegt, aber das Dividieren auf beiden Seiten ist eine zusätzliche „Abstraktion“ die das Verständnis erschwert. Man könnte sich fragen warum es sinnvoll ist, 2 mal zu dividieren? Auch sofort zu „verinnerlichen“ was eine Gleichung mit einer Waage zu tun hat, ist für „Ahnungslose“ nicht einfach.

    Ich war in meinem Berufsleben Techniker (Elektronik/Informatik) aber auch sehr an Psychologie interessiert, weil ich ehemals in einer 68er WG mit Psychologiestudenten gelebt habe. Damals wurde viel diskutiert.

    Es dürfte verschiedene Lerntypen geben, manche brauchen z.B. für das Verstehen länger, können sich aber Sachverhalte auch länger merken, bei anderen ist es umgekehrt. Vergessen kann durch besonders intensives Training gemildert werden. Es kann aber auch ein frühes Merkmal einer späteren Erkrankung sein. Es ist eine Frage, wie weit Thesen der Hirnforscher die sich mit dieser Problematik beschäftigen, bestätigt werden können.

    Der Vorteil beim Einsatz von künftiger KI dürfte sein, dass KI den Schüler Typ aus den geforderten „Antwortmustern“ schnell erkennt und beim Training individuell berücksichtigt. Das ist beim Gruppenunterricht gar nicht möglich. Auf die individuellen Begabungen könnte weitaus besser eingegangen werden. Auch eine Sprachbarriere spielt keine Rolle mehr.

    Nur wird sich das Schulsystem darauf einstellen müssen. Manche werden nach einem halben Jahr den Lehrstoff bestens beherrschen, andere brauchen wesentlich länger. Aber es könnten auch „Sonderbegabungen“, auch körperlicher Art erkannt werden. Ein Schulkollege hat in seinem späteren Beruf an einem Hubschrauber am Seil hängend schwere Antennenmasten auf Bergspitzen montiert.

    In die KI Systeme können Analysefunktionen, von Berufsberatung bis Psychologie eingebunden werden.

    Geogebra scheint noch keine typische, ausgereifte und hoch flexible KI Software für den systematischen Masseneinsatz.

    Ich habe nur versucht, die üblichen Erwartungen an KI Systeme, deren Fähigkeiten, auf Lernsysteme zu übertragen.

  6. Realo
    08.05.2024, 22:39 Uhr

    aber das Dividieren auf beiden Seiten ist eine zusätzliche „Abstraktion“ die das Verständnis erschwert. Man könnte sich fragen warum es sinnvoll ist, 2 mal zu dividieren?

    Löse folgende Gleichung nach x auf.
    6*x=72
    Ich brauchte mich hier noch nie zu fragen, warum 2 Divisionen sinnvoll sind. Ich sehe sofort (ohne denken zu müssen), dass man auf beiden Seiten durch 6 teilen sollte, um auf dieses Ergebnis zu kommen.
    x=12
    Warum erkennen viele Jugendliche das nicht gleich? Ich habe keine Ahnung!

    Ich war in meinem Berufsleben Techniker (Elektronik/Informatik) aber auch sehr an Psychologie interessiert, weil ich ehemals in einer 68er WG mit Psychologiestudenten gelebt habe. Damals wurde viel diskutiert.

    Über so was haben sie aber wahrscheinlich nie diskutiert, oder?

    • Julian Apostata,
      “6*x=72
      Ich brauchte mich hier noch nie zu fragen, warum 2 Divisionen sinnvoll sind.”

      Du berücksichtigst nicht, dass Menschen verschieden denken und auch eine Aufgabe verschieden lösen.

      Und jetzt kommt ja auch noch die KI ins Spiel. Hoffentlich bietet die immerverschiedene Lösungswege an, sonst bekommen wir in der Zukunft die “KI- Gläubigen” und im Gegenzug die Forderung die KI zu verbieten.

  7. @ Julian Apostata 09.05.2024, 08:32 Uhr

    Genau darüber, was auch Ihnen aufgefallen ist, haben wir ehemals auch diskutiert.

    Es könnte Ihnen „schmeicheln“, aber genau so wie Sie, sahen es die intelligentesten Kollegen ehemals sogar in der Grundschule. Sie sahen es genau so, wussten nicht warum und konnten sich nicht vorstellen dass es jemand nicht so sehen könnte, aber sie waren in der Minderheit. Zumindest in „Durchschnittsklassen“, in „Eliteklassen“ könnte es anders gewesen sein.

    Die Betreffenden dürften, ohne die erforderlichen „Muster Verarbeitungsstrukturen“ im Gehirn erst durch bewusste Lernprozesse bilden zu müssen, frühzeitig, vermutlich wegen bestimmter genetischer Anlagen diese Strukturen unterbewusst aufbauen.

    Hier habe ich unter einem anderen “Nick” sehr spekulative Überlegungen zum Thema „genetisch verursachte Schwerpunkte der geistigen Leistungen“ verfasst.

    Die Psychologie Studenten kamen aus dem deutschen Sprachraum und haben in der Nähe der WG ein Praktikum absolviert. Entsprechend „zusammengewürfelt“ waren die auch kreativen Gedanken.

  8. Wie sagte John Brunner im Schockwellenreiter?
    Es gibt zwei Sorten Narren. Die einen sagen “Dies ist alt und gut”, die anderen sagen “Dies ist neu und besser”.

    Vielleicht sollte man sich vor dem flächendeckenden Einsatz zuerst ein mal mit dem Problem befassen, dass KIs nach einem gewissen Zeitraum zum sogenannten “Halluzinieren” tendieren. Ebensowenig können wir derzeit nachvollziehen, wie eine KI zu einem Ergebnis kommt.

    Ich würde es begrüssen, wenn man erst die grundlegenden Probleme löst, bevor man an einen Einsatz denkt. Diese Sorglosigkeit gepaart mit Begeisterung führt bei mir nicht zu mehr, sondern weniger Vertrauen in KI-Befürworter.

  9. @ Michael Lindenau 09.05.2024, 13:58 Uhr

    Zitat: „Vielleicht sollte man sich vor dem flächendeckenden Einsatz zuerst ein mal mit dem Problem befassen, dass KIs nach einem gewissen Zeitraum zum sogenannten “Halluzinieren” tendieren. Ebensowenig können wir derzeit nachvollziehen, wie eine KI zu einem Ergebnis kommt.

    Ich würde es begrüssen, wenn man erst die grundlegenden Probleme löst, bevor man an einen Einsatz denkt. Diese Sorglosigkeit gepaart mit Begeisterung führt bei mir nicht zu mehr, sondern weniger Vertrauen in KI-Befürworter.“

    Man kann KI Systeme so gestalten, dass sie ihre Ergebnisse kommentieren können und für bestimmte Aktionen Zustimmung einfordern.

    Sorglosigkeit gepaart mit Begeisterung ist kein „Alleinstellungsmerkmal“ für KI Systeme, besonders auf dem Bildungs/Erziehungssektor könnte so manche „neueste Erkenntnis“ mitunter auf so etwas wie „Halluzinationen“ beruhen…..

    Das wirklich grundlegende Problem ist, dass immerzu die gleichen Lehrinhalte vermittelt werden müssen und das kann man relativ problemlos auf Computer „auslagern“. Die „Telekolleg“ Sendungen scheinen recht erfolgreich gewesen zu sein. Klar dass man dieses Prinzip mit KI und mit Leistungskontrollen aufpeppen kann.

    Man kann nur auf Erfahrungen aufbauen und Systeme immer mehr weiter entwickeln und optimieren. Es wäre völlig unmöglich gewesen, hätte man Autos und Flugzeuge immer nur entwickelt, das Zeitalter der „fliegenden Kisten“ einfach übersprungen, und nach 100 Jahren Entwicklung plötzlich alles auf den Markt gebracht….

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