Religiöse Deutungen der Evolution – Von Kreationismus bis evolutionärer Theismus
BLOG: Natur des Glaubens
Dieses Wochenende startet (m)ein neues Seminar in der Religionswissenschaft der Universität Jena: Religiöse Deutungen der Evolution – Von Kreationismus bis evolutionärer Theismus. Denn als Menschen können wir uns Geschichte(n) nur als Erzählungen vorstellen – in die wir stets (ggf. auch völlig unbewusst) unsere jeweiligen weltanschaulichen und religiösen Weltanschauungen einweben. Und welche Geschichte könnte größer sein als die Evolutionsgeschichte – die Erzählung der Entstehung von Allem?
Und so wurde die Evolutionstheorie schon unmittelbar, nachdem Charles Darwin und Alfred Russel Wallace sie entdeckt und formuliert hatten, zum Ausgangspunkt weltanschaulicher und religiöser Deutungen. Hatten die Heiligen Schriften Unrecht – oder war es schon immer falsch gewesen, sie als naturwissenschaftliche Texte mißzuverstehen? Widerlegte die Evolution die Existenz Gottes, wie sog. "Neue Atheisten" betonen? Oder offenbarte sich vielmehr Gott durch die Evolution, wie beispielsweise Teilhard de Chardin glaubte? Bildeten Naturwissenschaften und Religionen vielleicht getrennte Bereiche, zwischen denen gar kein Dialog möglich oder notwendig war? Wie kommen eigentlich andere – etwa buddhistische oder hinduistische – Traditionen mit der Evolutionstheorie klar? Und was hat es mit a-theistischen Vertretern von Intelligent Design auf sich, die die Evolutionstheorie mit Berufung auf Außerirdische ablehnen? Im Seminar lernen wir verschiedenste religiöse und weltanschauliche Deutungen der Evolution in Geschichte und Gegenwart vergleichend kennen.
Wissenschaftliche Präsentationen wie jene von Prof. Ulrich Kutschera bzw. des AK Evolutionsbiologie stehen also diesmal nicht im Mittelpunkt – sollten m.E. Studierenden heute bekannt sein -, obwohl wir auch in ihnen selbstverständlich weltanschauliche Narrative finden, so etwa Anleihen beim Malthusianismus in Minute 2:27. Auch wissenschaftlich-künstlerische Darstellungen – wie der Baum des Lebens, "Tree of Life" – von David Attenborough können diesmal leider nicht im Mittelpunkt stehen. Und leider auch nur als Anregung können populärwissenschaftlich-humorige Evolutionserzählungen dienen, wie die beliebte "Evolution von Homer Simpson".
Evolutionärer Theismus
Das klingt nach einem spannenden Seminar! Viel Spaß dabei 😉
Ich bin/war dem evolutionären Theismus eigentlich wohl zugetan, aber ich finde einfach keine befriedigende Antwort darauf, dass durch die Evolution auch Parasiten, Viren usw. entstehen. Mich beschleicht der Verdacht, dass man sich dabei zu sehr auf die positiven Entwicklungen der Evolution beschränkt, obwohl die Evolution eigentlich sehr ambivalent ist (was man z.B. auch an den Massenaussterben gut sehen kann: Diese bedeuteten eben nicht nur den Tod für sehr viele Lebewesen/Arten, sondern dadurch gleichzeitig ganz neue Entfaltungsmöglichkeiten für die überlebenden Arten… zuletzt für die Säugetiere und somit auch uns).
Zumal ich mich frage, inwieweit die Evolutionstheorie die Religion überhaupt bedrohen kann. Denn (aus christlicher Perspektive und mit meinem vielleicht nicht übermäßig großen Wissen über die Bibel) widerspricht die Evolutionstheorie “nur” dem einen kurzen Text am Anfang: Dem Schöpfungsbericht. Die eigentlichen Aussagen und Intentionen von Religion dienen doch eher (nach meiner Ansicht) dem gelingenden Zusammenleben von Menschen/Gesellschaften und der persönlichen Weiterentwicklung bzw. der Erforschung der eigenen Persönlichkeit in Meditation, Mystik o.ä.
Mit anderen Worten: Ich wüsste nicht, dass Jesus durch die Gegend gezogen ist und den Menschen erklärt hat, warum der Himmel blau ist oder woher eigentlich die Tiere kommen, sondern dass sein Hauptanliegen vielmehr ganz anderen Bereichen galt.
Korrektur
Sorry, muss einen Satz korrigieren/erweitern:
“Denn (aus christlicher Perspektive und mit meinem vielleicht nicht übermäßig großen Wissen über die Bibel) widerspricht die Evolutionstheorie “nur” dem einen kurzen Text am Anfang: Dem Schöpfungsbericht.”
Damit meine ich natürlich, dass die Evolutionstheorie dem Schöpfungsbericht (erst mal) im naiv/wörtlichen Sinne widerspricht.
Michael..Wenn du es zwischen durch auflockern willst, dann kannst ja den Youtube link einbauen 😉
http://www.youtube.com/watch?v=ajULH6dNihI
Ansonsten bin ich echt gespannt, was ihr beim Seminar an erkenntnise gewinnt, und hoffe auf einen Blogeintrag dazu 😉
@Sebastian & Mathias
Lieben Dank für das Interesse! Das Video schaue ich mir gerne an – und mit dem Hinweis auf den evolutionären Theismus und die Frage der Kooperation ist S.V. schon auf einer ganz heißen Spur! Klar berichte ich auch auf NdG.
Sklaverei im Tierreich
Vielleicht interessiert das hier ja auch jemanden: Unter folgendem Link findet sich ein sehr interessanter Artikel zu Sklaverei im Tierreich, der meine Zweifel, die ich oben beschrieben habe, (auch) gut anschaulich machen kann.
http://www.g-o.de/dossier-537-1.html
Die verschiedenen Beispiele für tierische Sklaven können natürlich auch beispielhaft für Diskussionen im Seminar genutzt werden 😉
Wer hat’s gesagt?
Welcher Neue Atheist hat gesagt (wo?), dass die Evolution die Existenz Gottes widerlegt?