Das Selbst und der Selbstmord
BLOG: Natur des Glaubens
Immer noch gibt es Reduktionisten, die behaupten, es gäbe gar kein „Selbst“, sondern allenfalls eine Illusion davon, die wir Menschen doch besser ablegen sollten. Witzigerweise scheinen sie es dennoch wichtig zu finden, andere etwa mithilfe von Texten zu überzeugen; also von Selbst zu Selbst zu argumentieren. Wissenschaftliche und logische Argumente, die noch dazu über Buchstaben – also Symbole – vermittelt werden, stehen aber ganz eindeutig über bloßer Biologie und beeinflussen unser Denken und Handeln dennoch.
Ein tragischerer Beleg für auch biologische, chemische und physikalische Auswirkungen des Selbst – ist der Selbstmord. Auch andere Tiere opfern sich bisweilen etwa für das Überleben ihrer Kinder oder Verwandten oder töten sich bei verzweifelten Ausbruchsversuchen. Aber nur Menschen ringen, oft über Jahre, „mit sich“ und versuchen manchmal sogar mehrfach, ihr eigenes Leben zu beenden. Derzeit werden jährlich bis zu 20 Millionen Selbstmordversuche unternommen, von denen etwa eine Millionen zum Tod der Betreffenden führen.
Aber warum sollten überhaupt Lebewesen bewusst ihren Tod suchen? Sollte uns die Evolution nicht darauf geeicht haben, unbedingt Überleben und Fortpflanzung anzustreben?
In seiner berühmten, psychologischen Studie „Suicide as Escape from Self“ (Selbstmord als Flucht vor dem Selbst) konnte Roy Baumeister aufzeigen, dass Menschen durch die Selbsttötung vor den Schmerzen der eigenen Selbstwahrnehmung (self-awareness) zu entkommen hoffen. Besonders stark wirken dabei Gefühle fehlender Wertschätzung, von Scham und sozialer Isolation. Wie immer mehr Fälle von Selbstmorden durch Cybermobbing illustrieren, ist es dabei nicht einmal nötig, dass sich die Beteiligten tatsächlich begegnen: Schon die symbolisch-kommunikative Verletzung der Selbstwahrnehmung und Reputation der Mobbingopfer kann diese in Schmerzen und Verzweiflung stürzen.
Szene aus dem YouTube-Abschiedsvideo von Amanda Todd. Die 15-jährige verübte aufgrund von Cybermobbing zwei Selbstmordversuche – und starb im Oktober 2012.
Die beklemmende Tatsache von Selbstmorden verweist dabei bereits darauf, wie eng unsere individuelle und unser soziale Wahrnehmung miteinander verschränkt sind: Es gelingt uns kaum, eine wohltuende Selbstwahrnehmung zu erhalten, wenn sie nicht auch immer wieder durch die Anerkennung anderer gefüttert wird. Das Selbst (über-)lebt nicht vom Brot allein.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem sciebook “Psyche und Fantasie des Menschen” (2012)
* Diesen Blogpost widme ich allen Opfern von Cybermobbing, das eben kein “harmloser Scherz” ist, sondern reale Schmerzen und Gefahren verursacht.
Packend, Repräsentativ?
Wenn der Rest des scibooks sich auf der Höhe des hier vorgestellten Auszugs hält, ist es das scibook wohl wert, gelesen zu werden.
@Martin Holzherr
Vielen Dank!
Dieses sciebook hatte ich als Einführungslektüre für Studierende meiner Seminare zu (evolutionären) Religionspsychologie in Jena und Köln konzipiert. Es waren also angehende Lehrerinnen, Theologen, Sozialwissenschaftlerinnen, Ökonomen usw. Ich wollte ihnen also einen zügigen, interdisziplinär zugänglichen und lebensweltlich relevanten Zugang zur Evolutionsforschung rund um die Psyche bieten. Dass es auch über die Seminare hinaus wirken würde hätte ich kaum zu träumen gewagt.
“Immer noch gibt es Reduktionisten, die behaupten, es gäbe gar kein „Selbst“, sondern allenfalls eine Illusion davon, die wir Menschen doch besser ablegen sollten. Witzigerweise scheinen sie es dennoch wichtig zu finden, andere etwa mithilfe von Texten zu überzeugen; also von Selbst zu Selbst zu argumentieren.”
Liebe Gemeinde, wir treffen uns hier in diesem Blog, um uns GEMEINSAM an diesem Strohmann zu wärmen, den uns unser Freund Michael zur Verfügung gestellt hat. Kommt jetzt nach vorne und strecket eure Hände dem Strohmann entgegen bevor uns die Kavalerie der Trolle erreicht.
Selbst
“Wissenschaftliche und logische Argumente, die noch dazu über Buchstaben – also Symbole – vermittelt werden, stehen aber ganz eindeutig über bloßer Biologie und beeinflussen unser Denken und Handeln dennoch.”
— Stimmt, das hat aber nichts mit einem “Selbst” zu tun. Auch Computer kommunizieren über Zeichen, haben aber (bisher) kein Selbst. Ob die Zeichen über der Biologie stehen, ist wahrscheinlich Ansichtssache.
Die Verbindung von Selbst und Selbstmord ist eine sehr gute und wichtige Beobachtung. Wie wäre es mit dieser Interpretation: Für den Menschen ist das Glück damit verbunden, von den Beschränkungen seines Selbst befreit zu werden. So besteht der Glückszustand des Flow darin, in einer Tätigkeit oder der Konzentration auf eine Sache aufzugehen und das Selbst zu vergessen, der Glückszustand der Liebe besteht darin, sich mit dem Anderen zu identifizieren und das Selbst zu verlassen bzw. vom Anderen geliebt zu werden und damit die Abgrenzung und Absicherung des Selbst nicht mehr zu brauchen. Das Glück der religiösen Erfahrung darin, in Gott aufzugehen und das Selbst zu überwinden.
Der Zustand, der zum Selbstmord — oder, noch extremer, zum Amok — führt, ist das Gegenteil davon. Er beinhaltet eine krankhafte Fixierung auf das Selbst, die plötzlich die ganze Welt ausfüllt und den Einzelnen von der Welt, von der Gemeinschaft und von Gott trennt. Der Buddha hat immer vor der Vorstellung eines Selbst gewarnt und darauf hingewiesen, dass Selbstmord das Gegenteil der religiösen Erlösung sei.
@Kai Hiltmann
Bislang kommunizieren Computer ja gerade nicht über Symbole, sondern über Ströme, die erst für uns Menschen (!) wiederum in Symbole umgewandelt werden. Nicht zufällig sprechen wir von der “Benutzeroberfläche“, die eine symbolische Brücke zwischen Computer und uns bildet. Computer “bräuchten“ das nicht – sie bräuchten gar nichts.
Ihre Selbst-Modellüberlegungen finde ich interessant und potentiell wegweisend, zumal man sie mit Befunden aus der Spiritualitäts-, Religiositäts- und auch Atheismusforschung verbinden könnte.
Selbstmord
Schade, Herr Blume,
dass Sie in dem Beitrag den Eindruck erwecken, wie so viele andere vor Ihnen auch wieder nur oberflächlich und (allzu christlich) vorurteilsgeladen an diese Sache heranzugehen. Das beginnt schon beim Wort „Selbstmord“ (aus christlicher Denunziationstradition geboren, wie Ihnen klar sein sollte) statt des neutraleren „Suizid“, „sich das Leben nehmen“ o.ä. Wurde nicht die Möglichkeit, sich das Leben zu nehmen, auch immer wieder, und zwar mit Gründen, als eine Option menschlicher Würde begriffen? Das beginnt schon bei den Stoikern („Selbstmorde“ bei Tieren sind Legendenbildungen, es ist ein Spezifikum des Menschen).
Sie sprechen durchgängig von „dem“ Selbstmord. Es handelt sich aber um ein sehr heterogenes Phänomen, von offenkundigen temporären oder permanenten, klinisch relevanten psychischen Störungen oder den Reaktionen auf die von Ihnen genannten sozialen Ausgrenzungen, ja Vernichtungsversuche (die Mehrzahl) bis hin zu Entscheidungen, die nur zirkulär argumentierende Rabulistiker als pathologisch und „unfrei“ klassifizieren können. Was Sie als allgemeingültige Erklärung des berühmten Psychologen anbieten, scheint mir doch ein wenig flach, um diese Option des Menschen zu verstehen.
Lesen Sie beispielsweise einmal „Hand an sich legen“ des nichtgläubigen Jean Améry, um eine Idee zu gewinnen, wie man mit dem Phänomen einfühlsam, umsichtig und im besten Sinne „human“ umgehen kann. Und als abschreckendes Gegenbeispiel dazu beispielsweise die fanatisch scholastisierenden Ausführungen Robert Spaemanns, wenn ich recht erinnere, in seinem Buch „Glück und Wohlwollen“ (sic). Dieser Kontrast ist übrigens auch geeignet, das durchaus problematische Verhältnis zwischen Religion und Humanität (im Sinne des Verstehens und Anerkennens) zu beleuchten.
Was das Schlagwort des „Reduktionismus“ mit dem Thema zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Ich erkenne an, dass Sie den Akzent auf den wichtigen Aspekt der sozialen Anerkennung legen, hätte mir aber mehr Umsicht gewünscht, wenn Sie schon über „den Selbstmord“ schreiben.
Viele Grüße
@RJ
Schade, dass Sie die eigentliche Intention dieses Blogposts zumindest beim ersten Leseversuch nicht erreicht hat. (Stichwort: Suicide as Escape from THE SELF). Warum Sie auch dieses Thema unbedingt verwenden wollen,um Stimmung gegen religiöse Menschen zu machen, erschließt sich mir nicht. Mit einfachen Feindbildern lebt es sich wohl leichter? Nun ja…
@Michael Blume
Herr Blume,
es ging mir nicht darum, „Stimmung gegen religiöse Menschen zu machen“, sondern zu zeigen, dass man sich dem Thema „Selbstmord“ (ich sehe immer nur „der“ bei Ihnen) vielleicht etwas differenzierter nähern sollte, alleine schon vom Sprachlichen her; das scheint aber bei Ihnen nicht angekommen zu sein.
Dass, wie Sie beschreiben, Menschen in den Tod getrieben werden (so muss man es wohl passend nennen) ist schlimm genug. Es gibt viele Motive (so würde ich es zuerst einmal neutral nennen, exakt aus Achtung vor jedem, der sich das Leben nimmt). Darunter allerdings oft solche, die wir eher als (mehr oder weniger durchsichtige, ja triviale) psychische Ursachen denn als genuine Gründe zu betrachten geneigt sind. Und unter anderem deshalb intervenieren wir ja auch. „Suicide as escape from the self“ ist allenfalls einer der Aspekte; viele Menschen möchten doch nur einfach nicht mehr „dasein“, „haben genug“ usw. Lesen Sie einmal das Buch von Jean Améry, das sich um echtes Verstehen bemüht, ohne zu glorifizieren oder verdammen (ganz anders als eben Spaemann).
Die Argumentation des „escape from the self“, „hating the self“ etc. ist mir jedenfalls zu wohlfeil; sie trifft (auch nach klinischen Kriterien) in einigen oder vielen Fällen zu, aber keineswegs in allen. In ihr spiegelt sich, so scheint mir, ein Hang zum Essentialisieren, Hypostasieren usw., sofern sie generalisiert wird. „Selbst“ heißt zunächst einmal ganz trivial, dass sich jemand selbst das Leben nimmt. Selbst, kein anderer. Dass in den von Ihnen beschriebenen Fällen des Mobbing (eher spezielle Fälle) die Beschädigung des „Selbstbildes“ im Vordergrund steht, steht doch außer Zweifel. Nur besagt es wenig über „den Selbstmord“.
Das erinnert mich an die Ausführungen eines katholischen Naturphilosophen, der sich über den Begriff der „Selbstorganisation“ mokierte, weil es doch im Anorganischen kein „Selbst“ gebe; es bedeutet aber ganz einfach und banal nur „von selbst“, mehr nicht. Sich vor dem Essenzialisieren und Hypostasieren hüten heißt übrigens meines Erachtens keineswegs „Reduktionist“ oder „Materialist“ sein und wie die Schlagworte sonst noch lauten mögen. Sie bemühen sich doch sonst oft, genauer hinzusehen. Warum dann hier so darüberhinwegfahrend, das enttäuscht. Und die Annahme, dass dies primär der spezifisch christlichen Tradition geschuldet ist, liegt sehr nahe. „Stimmung gegen religiöse Menschen machen“ ist meine Annäherung an ein schwieriges Thema nicht, jedenfalls nicht von meiner Seite, dazu wäre der Begriff „religiös“ auch viel zu weit.
Viele Grüße
@RJ
Es würde einfach helfen, wenn Sie die guten Ratschläge auch an sich selbst anlegen würden. Ja, jeden Begriff kann man “differenzieren“ – wenn auch im Rahmen eines Blogposts der Platz immer begrenzt ist.
Wenn Sie aber selbst gleich mit völlig undifferenzierten Schlagworten wie “(allzu christlich) vorurteilsgeladen“, “Lesen Sie mal…“ und “das durchaus problematische Verhältnis zwischen Religion und Humanität“ hier einfallen, merkt man halt schnell: Da geht es einem gar nicht um den respektvollen, kritischen Dialog, sondern wieder mal nur darum, das eigene Ego durch Herabsetzen Anderer zu vermarkten. Schade.
Wenn Sie es selbst gelernt haben, im Sinne der “Humanität (im Sinne des Verstehens und Anerkennens)“ zu formulieren, könnte sich noch ein guter Austausch ergeben. Wenn Sie dagegen nur Ihre Herablassung gegenüber Christen loswerden wollen gibt es dafür ausreichend andere Ecken voller Gleichgesinnter im Netz.
@Michael Blume
Herr Blume,
den Ratschlag, das Buch von Jean Améry zu lesen, erneuere ich, es erweitert den Horizont, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Bedauerlich ist, dass Sie meine Bemerkungen darüber, generelle Urteile über den „Selbstmord“ und seine Motive in der christlichen Tradition (der ich schließlich auch selbst tief verhaftet bin) als problematisch zu erachten und kritisch zu befragen, als Angriff werten. Sie selbst haben die Reihe der „Einfachheiten“ im übrigen mit Ihren Bemerkungen zum „Reduktionismus“ eröffnet. Ob man „Reduktionist“ ist oder nicht, spielt für die Einschätzung des „Selbstmordes“, gar in den von Ihnen angeführten Beispielen des Mobbing, keinerlei Rolle. Ihre Zuweisung meiner Person zu „Gleichgesinnten“ lasse ich auf sich beruhen, denn Sie kennen meine „Gesinnung“ anhand meiner Kommentare ganz sicher nicht.
Mit freundlichen Grüßen
@RJ
Also gut, den Jean Amèry nehme ich mir auf die Leseliste. 🙂 Gerne würde ich Ihnen umgekehrt eines meiner Bücher empfehlen – aber in die Gefahr, auf Spuren unserer widerlichen, christlich geprägten Kultur zu treffen, möchte ich Sie natürlich nicht bringen (wobei auch die hohe Bereitschaft zur zerknirschenden Selbstkritik ihre Wurzeln… Ach, lassen wir das…).
Ihnen daher einfach alles Gute! 🙂
Suizid
All diese Überlegungen sind sicher wichtig. Man sollte aber eine Tatsache nicht aus den Augen verlieren, die in dieser Diskussion ein bisschen in den Hintergrund getreten ist: Die allermeisten Selbstmorde werden aus einer klinischen Depression heraus begangen. Und das sind psychische Extremsituationen, die weit dessen liegen, was wir uns normalerweise vorstellen können.
Etwas Anderes ist die Frage, wie man in eine solche Depression gerät. Je nach der Vulnerabilität des Einzelnen können all die beschriebenen Faktoren dabei eine Rolle spielen. Aber im Moment des Absprungs selbst haben die meisten solche Kategorien weit hinter sich gelassen.
@Eric Djebe
Zustimmung dazu von mir. Darwin selbst prägte übrigens bereits den Begriff der “psychischen Organe” – demnach wäre eine Erkrankung des “Selbst” mindestens ebenso ernst zu nehmen wie eine Erkrankung z.B. der Lunge.
Heute erschien auch in der Stuttgarter Zeitung ein interessanter Artikel, der eine Verbindung von suizidalen Wünschen und Selbstmordattentaten herstellt:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/…8b22a35e.html
Ein überaus komplexes Themenfeld – ich denke, ich werde da dran bleiben.
Being No One:
Hier der Link zu einer Vorlesung, die bestimmte einige interessieren wird:
Being No One: Consciousness, The Phenomenal Self, and The First-Person-Perspective
Lecture by Prof. Thomas Metzinger
Thomas Metzinger is the Director of the Philosophy Group at the Department of Philosophy at Johannes Gutenberg-University Mainz. His research focuses on philosophy of mind, especially on consciousness and the nature of the self. In this lecture he develops a representationalist theory of phenomenal self-consciousness.
Being No One: Consciousness, The Phenomenal Self, and The First-Person-Perspective
Selbstmordattentate
sind im Sinne des Islam als Märtyrertum keine allgemein soziale Erscheinung.
MFG
Dr. W
Suizid und Depression
Nach Wikipedia sind 90% der Suizide auf Depressionen zurückzuführen. Da deutlich mehr Frauen Depressionen erleiden, müsste man mehr Suizide bei ihnen erwarten. Tatsächlich sind Suizidversuche vor allem bei jungen Frauen häufig und die sind ja auch besonders von Depressionen betroffen. Doch bei weit mehr Männern im allgemeinen, Ärztinnen und Ärzten führt der Suizidversuch dann zum Erfolg, weil sie effektivere Methoden wählen.
Dass auch bei vielen Selbstmordattentätern Depressionen und Persönlichkeitsstörungen vorliegen, ist eigentlich zu erwarten. Die Art des Suizids ist allgemein stark kulturell beeinflusst. Der Selbstmordattentäter kann seinem Tod noch einen Sinn geben. Im Islam ist das Selbstmorattentat die einzige Möglichkeit Suizid auf ehren- und verdienstvolle Art zu begehen, denn kaum eine Religion lehnt den Suizid so deutlich ab wie der Islam und die Suizidrate in islamischen Ländern ist niedrig.
@Martin Holzherr: Depressionen
” Da deutlich mehr Frauen Depressionen erleiden…”
Das ist vielleicht nicht so. “For the new study, Martin and her colleagues used data from a nationally-representative survey of 3,310 women and 2,382 men that is used to measure the prevalence of mental illness.
When the researchers used a scale that was designed to assess depression symptoms common among men, they found about 26 percent of men and about 22 percent of women met the criteria for depression.”
http://www.nlm.nih.gov/medlineplus/news/fullstory_140180.html
@Joe
Vielen Dank, Joe! Habe gerade “Jenseits von Gut und Böse” von Michael Schmidt-Salomon gelesen, der sich ja ebenfalls (auch) auf Metzingers Thesen bezieht.
@Michael
Was ich bei dem Thema “Selbst” besonders interessant finde: Das Phänomen der Transsexualität, die Trennung von sozialem Ich(Ich bin eine Frau/Ich bin ein Mann) und Körper-Ich(Das ist mein Körper)bzw. Gender vs Geschlecht. Da sieht man, dass in unserem Selbst verschiedene Selbst enthalten sind also eher Molekül statt Atom. Vor diesem Hintergrund finde ich daher auch Baumeisters Studientitel “Selbstmord als Flucht vor dem Selbst” gut gewählt. Es ist das andere Ende der Skala.
Das Fachwort
ist hier: ‘Granularität’.
Das Geschlecht wird üblicherweise binär dargestellt, kann aber auch weiterschichtig aufgelöst werden.
Bis zum Geht-Nicht-Mehr.
Wobei dieses Geht-Nicht-Mehr nie erreicht werden kann, die diesbezüglich bereitgestellten Datenstrukturen also endlich sind, wobei aber sicherlich ein “Objekt”, das einer Baumstruktur entspricht, erstellt werden kann.
Abhängig eben von der oben erwähnten Granularität.
Das Konzept der Granulatarität lädt allgemein dazu ein Objekte oder Subjekte mit ihren Eigenschaften sozusagen ins Unendliche aufzulösen.
Die Granularität ist wirklich, sie ist der Welt entnehmbar und es ist tatsächlich OK derart weitgehend aufzulösen – und Grenzen setzt hier nur das Praktische.
—
Der Webbaer hat ja mit mäßigem Erfolg versucht Sie selbst kulturell ein wenig mehr aufzulösen, mit mäßigem Erfolg.
MFG
Dr. W
SelbstMORD
Der Begriff des Mordes steht für die Tötung eines ANDEREN Menschen in besonders verachtenswerter, gemeingefährlicher Weise oder auf Grund besonders verachtenswerter, niederer Beweggründe oder Motive etc.. Da aber immer nur ein ANDERER Mensch Opfer eines Mordes sein kann, sollte in einer sachlichen Erörterung zum Thema Suizid das Wort “Selbstmord” nicht vorkommen.
@Harald Klein: Sprachpolizei?
Indem man uns die Sprache vorschreiben möchte, möchte man auch das Denken vorschreiben.
Zumal sich kein Mensch das Leben selbst gibt, gehe ich bei dieser Sprachverniedlichung nicht mit. Nina Ribi bin ich dankbar, dass sie der individualistischen Verengung des Geschehens entgegen tritt.
Frage @Michael Blume
Deine Reaktion auf den Kommentar von @Harald Klein verstehe ich jetzt nicht. Sollte sich Religionswissenschaft nicht auch an die moderne Wissenschaftssprache halten, die versucht sprachlich neutral zu bleiben, indem sie von Suizid anstatt von Selbstmord spricht? Wenn schon, dann könnte man doch auch von Selbsttötung sprechen oder willst Du mit dem Begriff “Selbstmord” kundtun, dass die Kirche diesen als verwerflich ansieht?
@Mona
“Die Religionswissenschaft” sollte zur Reflektion einladen, sich aber gerade deswegen nicht die Begriffe diktieren lassen. Hinter Selbstmord und Suizid verbergen sich je unterschiedliche Menschenbilder, über die man diskutieren kann – keines von beiden ist einfach “neutral”. Daher sollte der Diskurs nicht in einem Ton geschehen, der sich anti-dogmatisch gibt, aber in Wirklichkeit nur neue Dogmen durchsetzen will.
Dieses “Neusprech” erlebe ich leider sehr häufig (etwa auch in kolonialen Kontexten) – und lade dazu ein, es ebenso kritisch zu reflektieren wie die älteren Begriffe. Dann wäre schon viel erreicht! 🙂
SelbstMORD und “Neusprech”
Gar so neu ist die von mir genannte Interpretation des Mordbegriffes nicht. Vielmehr ist sie die Grundlage zur Unterscheidung von einfachen und qualifizierten Tötungsdelikten, wobei insbesondere bei Mord strittig ist, ob er eine Qualifikation des Totschlags darstellt oder gar ein delictum sui generis ist. (§ 212 StGB vs. § 211 StGB)
Sie sehen, mit Orwellschem Neusprech hat die von mir vorgestellte Interpretation so rein gar nichts zu tun.
@Harald Klein: (K)Ein Neusprech?
Sprachwandel ist ein hoch interessantes Feld und gerade auf den Feldern von Leben und Tod keinesfalls zufällig!
So wurde im Gefolge der Debatten auch der “Kindsmord” zunehmend zum “Infantizid”.
Die “Selbstverstümmelung” blieb dagegen bis heute als Eigenbegriff unangetastet – denn sich um ästhetische und ökonomische Leistungsfähigkeit zu bringen ist heute vielleicht sogar noch verfemter als damals! Über Begriffe ordnen und werten wir die Welt – gerade dann, wenn wir uns für “neutral” halten.
Dabei stimme ich selbstverständlich zu, dass sich Sprache (auch) entlang von Erkenntnissen entwickeln und ändern kann, ja muss. Doch sollte das m.E. stets in einer reflektierten, sachlichen und nicht wiederum dogmatisierten Weise geschehen. Aufforderungen zur bedingungslosen Unterwerfung gehören nicht dazu.
Im Fall dieses Blogposts ging es ja gerade darum, die Wirkungen und auch das Schmerzempfinden des “Selbst” zu thematisieren, sowie den Verweis auf Baumeisters “Suicide as Escape from the Self” (auch verlinkt).
Naja, dass dies nun auch eine Sprachreflektion ausgelöst hat, ist vielleicht ja gar erfreulich! 🙂
Selbstmord – männlich und alt
http://www.suizidpraevention-deutschland.de/…tml
Anders als es vielleicht das Beispiel des jungen Mädchen vermuten läßt, ist Selbstmord vor allem eine Erscheinung unter Männern und alten Leuten. In Deutschland bringen sich mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen um. Mit steigendem Alter steigt die Selbstmordwahrscheinlichkeit. Siehe obige Quelle.
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Eine gute Nachricht: Der mutmaßliche Mobber – ein 38jähriger Niederländer – wurde inzwischen nicht nur verhaftet und vor Gericht gestellt, sondern soll ggf. auch nach Kanada abgeschoben werden:
https://kurier.at/chronik/weltchronik/amanda-todd-moegliches-opfer-prozess-gegen-cyber-stalker-in-amsterdam/244.068.265