Tödliche Sandburgen

Spielzeugbagger an einem Strand

Sonne, Sand und Meer, das wünschen sich viele Menschen in ihrem Urlaub. Dabei soll die Zeit möglichst unbeschwert und sorgenfrei sein. Das Problem dabei ist, dass gerade hier viele Gefahren lauern. Das Meer und auch der Strand stellen eine ziemlich große Gefahrenquelle dar. Wer hier einfach alle Vorsicht vergisst, weil er sich entspannen will, gerät oft unversehens in Gefahr. Ja, das Meer, werden viele sagen. Wasser hat schließlich keine Balken und auf die Gefahren des nassen Elements habe ich hier im Blog auch schon hingewiesen.
Aber das Wasser ist nicht die einzige Gefahrenquelle, auch nicht die Lebewesen darin oder direkt am Meer, die selbst auch nicht immer freundlich reagieren. Auch der Sand unter unseren Füßen kann tückisch sein. Jetzt übertreibe ich aber, werden viele sagen. Oder etwa nicht? Gerade erst wurde in Florida ein Kind in einer Sandburg verschüttet [1].

Bagger am Strand
Ein Spielzeugbagger an einem Strand. Was soll dabei schon für eine Gefahr drohen? Sand ist aber nicht nur ein Spielzeug, Sand kann auch zu einer tödlichen Gefahr werden, wenn man einige grundlegende Sicherheitsregeln nicht beachtet. Eigenes Foto.

Sandburgen – tödlicher als Haie?

Das Bauen von Sandburgen oder ähnlichen Konstruktionen am Sandstrand ist nicht ohne Risiko. Wer sich nun fragt, was bei einer Sandburg schon Schlimmes passieren kann, dem sei versichert, dass zwischen 1997 und 2007 in den USA gut 52 Menschen im Zusammenhang mit Sandburgen verunglückten, 31 davon starben[2] . Im Vergleich dazu sind Haiangriffe im Wasser eher selten, laut Wikipedia wurden im gleichen Zeitraum nur 11 Menschen durch Haie verletzt.

Die Opfer der Sandburgen waren meist junge Menschen im Alter zwischen 3 und 21 Jahren. 15 waren 10 Jahre alt oder jünger, davon 45 männlich [2].

Es scheint sich also überwiegend um Kinder oder Jugendliche zu handeln. Die Sandburgen (oder vielleicht besser Sandgruben) wurden in den meisten Fällen an Stränden gegraben (41 Fälle), die übrigen Fälle ereigneten sich meist in relativer Nähe zum Wohnort. Die Löcher selbst hatten in der Regel einen Durchmesser zwischen 0,6 und 4,6 m und eine Tiefe zwischen 0,6 und 3,7 m.

Aber nicht nur Löcher und Sandburgen bergen Gefahren. Auch aufgeschütteter Sand, zum Beispiel im Bereich von Baustellen, kann gefährlich werden.

Gefahr durch Verschütten

In den meisten Fällen wurden die Opfer vollständig verschüttet, wenn die Seitenwände der Löcher nachgaben. Das Problem bei feuchtem Sand ist, dass die Seitenwände durch das Graben überwiegend extrem übersteilt sind. Wenn die Sandwände dann langsam austrocknen und Wind und Sonne ausgesetzt sind, werden sie zusätzlich instabil. Kleine Störungen wie Springen, weiteres Graben oder Hineinfallen in das Loch reichen dann aus, um die Wände zum Einsturz zu bringen.

Trockener Sand ist größtenteils nur bis zu einem Böschungswinkel von 30 bis 35° stabil. Typische Sandburglöcher sind dagegen oft fast senkrecht.

Die Opfer werden in der Regel vollständig verschüttet. Von den dokumentierten Fällen starben 31 Personen, 21 konnten durch rechtzeitiges Ausgraben und Wiederbeleben gerettet werden.

Jetzt erscheint das Risiko gemessen an der schieren Anzahl aller im selben Zeitraum erbauten Sandburgen sicher nicht übermäßig, aber es ist eben auch nicht ganz zu vernachlässigen.

Was ist Sand?

Sand ist ein Lockergestein, das weniger durch seine mineralogische oder chemische Zusammensetzung als durch seine Korngröße definiert wird. Sie muss definitionsgemäß zwischen 0,063 mm und 2 mm liegen. Alles darunter ist Schluff, alles darüber Kies.

Die Zusammensetzung von Sanden kann jedoch lokal sehr unterschiedlich sein. In der Regel bestehen sie hauptsächlich aus Quarzkörnern und gelegentlich aus Feldspäten und Karbonaten. Das klingt jetzt alles nicht so dramatisch, aber man muss sich einmal das Gewicht von nassem Sand vorstellen.

Nehmen wir normalen Sand, wie wir ihn am Strand finden. Der besteht, wie gesagt, in der Regel hauptsächlich aus Quarz, der wiederum eine Dichte von etwa 2,6 g/cm³ hat. Das Porenvolumen beträgt in der Regel etwa 40 %. Daraus ergibt sich für trockenen Sand eine mittlere Dichte von ca. 1,6 g/cm³. Bei feuchten Sanden kommt noch die Dichte des Wassers mit ca. 1 g/cm³ hinzu. Bei gut 40 % Wassersättigung hat ein normaler Sand eine Dichte von etwa 2 g/cm³ [3]. Dieser Wert kann je nach Korngröße und Sortierung variieren.

Traumatische Asphyxie

Auch das mag auf den ersten Blick nicht dramatisch erscheinen. Wenn man aber bedenkt, wie viel Sand eine verschüttete Person in einem Loch bedeckt und welche Masse dieser Sand hat, kommt schnell einiges an Gewicht zusammen. Gerade das Gewicht des bedeckenden Sandes ist hier tödlich, da die meisten Opfer keine Aufnahme von Sand in ihre Atmungsorgane zeigten [4].

Durch sein Gewicht behindert der Sand die Atmung der Verschütteten und führt zur traumatischen Asphyxie. Durch den Druck auf den Brustkorb wird zusätzlich Blut in Kopf und Hals gepresst. Typisch sind bläulich-rötliche Verfärbungen im Hals- und Kopfbereich sowie blutunterlaufene Augen. Auch Sehstörungen bis hin zur Erblindung sowie Hirnblutungen und Hirnödeme können auftreten.

Rettung ist meist nicht einfach

Wenn es zu einer Verschüttung in einem Sandloch kommt, geht oft alles sehr schnell. Für Rettungsmaßnahmen bleibt nur wenig Zeit, und die Rettung aus einer Sandverschüttung ist erstaunlicherweise weit weniger einfach, als viele glauben. Dies gilt insbesondere für nassen oder feuchten Sand. Der Sand umschließt seine Opfer oft sehr dicht. Das eingestürzte Loch kann an der Oberfläche nicht mehr deutlich erkennbar sein.

Regeln zur Sicherheit

Das Problem hierbei ist, dass vor allem an Stränden, aber auch in den heimischen Sandkisten oft eine gewisse Sorglosigkeit herrscht. Man hat Freizeit oder gar Urlaub, die Sonne scheint und die Kinder spielen unbeschwert. Das soll sich auch nicht ändern, aber vielleicht ist es an der Zeit, ähnlich wie beim Baden, gewisse Sicherheitsregeln zu verinnerlichen, damit diese eigentlich unbeschwerte Zeit nicht dramatisch endet. Nicht nur das Wasser, auch der Sand ist eine potenzielle Gefahrenquelle.

Zum einen gilt es, beim Bau der Sandburgen selbst aufzupassen. Nicht zu tief graben und die Löcher vor dem Verlassen wieder zuschütten. Das ist übrigens nicht nur für andere sicherer. Auch für viele Tiere sind solche Löcher eine tödliche Gefahr.

Vielleicht sollte man gar nicht so tief graben. Als Faustregel gilt, dass die Löcher nicht tiefer als knietief für die kleinste Person in der Gruppe sein sollten. Die Löcher sollten auch nicht tiefer als breit sein.

Vor allem (aber nicht nur) kleine Kinder sollten beim Sandburgenbau nicht unbeaufsichtigt sein. Sandburgen bauen macht Spaß (ich habe als Kind viele Sandburgen gebaut und spiele immer noch gerne im Sand). Aber es sollte Spaß bleiben. Sand und tiefe Löcher vertragen sich nicht unbedingt.

Im folgenden Video erklärt Stephen Leatherman vom Florida International University’s Department of Earth and Environment die Gefahren durch Graben im Sand.

Dank an Bettina vom Nachbarblog Meertext, die mich auf dieses Thema hinwies.

  • [1] Albeck-Ripka, L. (2024). Girl Dies After Digging Hole at Florida Beach, Authorities Say, The New York Times .
  • [2] Maron, B. A.; Haas, T. S. and Maron, B. J. (2007). Sudden Death from Collapsing Sand Holes, New England Journal of Medicine 356 : 2655-2656.
  • [3] Terzaghi, K. and Peck, R. B., 2013. Die Bodenmechanik in der Baupraxis. Springer-Verlag, .
  • [4] Grosfeld, J. L. (2004). Burial by Sand: Summer Play Gone Awry, Mayo Clinic Proceedings 79 : 733-734.

References

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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