Ertrinken – die lautlose Gefahr
Hitze, Sonnenschein und Sommer. was kann es da schöneres und besseres geben als die Nähe zum Wasser? Ich gebe es zu, ich liebe Wasser, als Wassersportler und natürlich zur Abkühlung. Doch vergessen wir nicht die Gefahren, die das kühle Nass für uns bereit hält. Gerade für Kinder und Jugendliche. Und das ist kein Alarmismus. Es gibt Meldungen, dass immer weniger Kinder und Jugendliche sicher schwimmen können. dabei ist Ertrinken der zweithäufigste Unfalltod für junge Menschen bis 15 Jahre. Nur der Straßenverkehr fordert mehr Opfer.
Der derzeitige Sommer hat uns je mit einer recht außergewöhnlichen Hitzewelle begrüßt, zu der mein Blognachbar Stefan Rahmstorf schon einiges gesagt hat. Vermutlich wird auch der restliche Sommer noch einige heiße Tage im Gepäck haben. Und die Urlaubszeit beginnt erst noch.
Ertrinken
Baden und Planschen kann so schön sein. Doch die Gefahr lauert immer mit am und im Wasser. Besonders, wenn man nicht sicher Schwimmen kann. Oder es noch nicht kann. Bei kleinen Kindern zum Beispiel. Und nein, es läuft nicht ab, wie es uns im fernsehen und in Filmen suggeriert wird: Wildes Gehampel und laute Rufe um Hilfe. Im Gegenteil, es kann jemand direkt, vielleicht nur wenige Meter neben einem ertrinken, und man bekommt es überhaupt nicht mit. dabei würde vielleicht eine kurze Bewegung, ein ausgestreckter Arm zur Hilfe vollkommen ausreichen.
Der Nasse Tod ist lautlos. Der Körper schaltet auf Überleben, da hat er weder Zeit noch Luft, um zu Rufen oder gar zu Schreien. Die wenige Luft, die er über den Wellen ergattern kann, reicht kaum zum Überleben.
Auch wildes Gehampel mit den Armen, Fehlanzeige. Die Arme sind meist seitlich auf dem Wasser ausgestreckt, um den Kopf wenigstens in der Nähe der Wasseroberfläche zu halten. Die Beine ruhen meist still, vertikal im Wasser. Wassertreten findet nicht statt. Bewusste Armbewegungen sind in diesem Stadium nicht mehr möglich. Sobald Mund oder Nase die Wasseroberfläche durchstoßen, wird nur schnell aus- und eingeatmet. Kein Rufen, kein Schreien (ich weiß, ich wiederhole mich hier).
Diese Phase kann 20 bis 60 Sekunden dauern, so lange kann sich der Ertrinkende an der Wasseroberfläche halten, bevor er untergeht. das ist verdammt wenig Zeit, um einen Menschen zu retten. Obwohl sehr oft andere Menschen in direkter Nähe sind. Gerade Kinder ertrinken sehr häufig in direkter Nähe ihrer Eltern oder anderer Erwachsener, in ca. 20 m Entfernung. Oft genug sehen Erwachsene sogar direkt zu, ohne den Ernst der Situation zu erfassen!
Worauf ist zu Achten?
Alarmzeichen sind:
Der Kopf befindet sich tief im Wasser, der Mund in Höhe der Wasseroberfläche. Der Kopf ist dabei sehr häufig nach Hinten geneigt, um Luft zu bekommen. Die Atmung ist stark beschleunigt, es wird nach Luft geschnappt.
Die Augen sind glasig, haben Schwierigkeiten, andere Menschen oder Gegenstände zu fokussieren. Sie können auch häufig ganz geschlossen sein.
Die Haare hängen im Gesicht und vor den Augen, ohne dass dies eine Reaktion hervorruft.
Die Beine liegen vertikal im Wasser und werden nicht benutzt. Die Person versucht, auf sich auf ein Ziel hin zu bewegen, kommt aber nicht voran. Sehr oft wird auch erfolglos versucht, sich auf den Rücken zu drehen.
Eine Person sieht aus, als wenn sie Wassertreten würde, während sie nach Oben sieht
Im Zweifel die Person einfach ansprechen. Kann sie Antworten, ist (meist) alles in Butter. Wenn nicht, dann habt ihr vielleicht 30 Sekunden, um sie zu retten.
Natürlich soll das jetzt hier nicht heißen, um Hilfe rufende Personen zu ignorieren. Wer im Wasser um Hilfe ruft, befindet sich vermutlich auch in einer Gefahrensituation, ist aber nicht direkt am Ertrinken. Diese Menschen können sich an ihrer Rettung selber beteiligen, z.B. in dem sie nach einer zugeworfenen Leine oder einem Rettungsring greifen. Ertrinkende vermögen genau dies nicht mehr.
So, ich hoffe, ich habe hier nicht allzu vielen Unsinn verzapft, meine Tage als Rettungsschwimmer sind ja auch schon etwas her. Es ist mir aber ungeheuer wichtig, dass alle die Nähe zum Wasser genießen und dabei sicher sind. Den Rettungsschwimmern von der DLRG und Bademeistern, die dabei auf uns aufpassen, soll man das Leben aber immer erleichtern. Indem man selber ebenfalls aufmerksam ist. Und verdammt noch mal, bring euren Kindern das sichere Schwimmen bei. Wer sicher Schwimmen kann, der ist deutlich weniger gefährdet. Der weiß auch, wie er sich selber in Notsituationen verhalten muss. Wie man sich auch im Ernstfall länger über Wasser halten kann, auch wenn er in gefährliche Situationen wie z.B. eine Brandungsrückströmung gerät.
Eine Gefahr wird meist unterschätzt:
Wenn Babys sich im Planschbecken befinden reicht bereits eine geringe Wasserhöhe aus – und das Baby kann ertrinken.
Diese Gefahr entsteht, weil Babys manchmal zu schwach sind, um den Kopf eigenständig über Wasser zu halten – oder weil sie sich auf glattem Untergrund nicht abstützen können
“Und verdammt noch mal, bring euren Kindern das sichere Schwimmen bei.”
Wo ?
Die Gemeinden schließen ihre Schwimmbäder, weil sie keine Bademeister mehr finden. Oder sie schließen, weil die Renovierung zu teuer kommt.
In den Schulen findet kaum noch Schwimmunterricht statt, weil die Räumlichkeiten fehlen, weil Mädchen mit Migrationshintergrund den Schwimmunterricht verweigern, weil die Lehrer fehlen, diese Mädchen zu beaufsichtigen usw. usw.
Im Meer ist das Schwimenlernen sehr gefährlich, wegen der Strömung.
Die Wellnessbäder können sich nur noch Gutverdienende leisten.
OK und danke – diese Infos habe ich auch schon mal gelesen, nicht aber die Antwort auf die Frage: wie kommt jemand (auch Kinder die schon leidlich schwimmen können) in diesen Zustand von Kontrollverlust? Reicht es, dass man mal versehentlich Wasser in die Lunge einatmet?
@Rahmsdorf
Ich habe einen Fall im Freibad miterlebt: mehrere Mütter saßen am Beckenrand und ein kleines Kind fiel unbemerkt in das Wasser und ging unter. Das Kind im Wasser wurde nur bemerkt, weil ein Badegast beim Schwimmen zufällig mit dem Fuß darauf trat.
Wäre das Kind ertrunken hätte es niemand bemerkt
@Rahmsdorf
Zu Ihrer Frage – können sie ein einfaches Experiment machen:
Wenn Sie die Lunge gut mit Luft gefüllt haben, können Sie sich mit leichten Bewegungen an der Wasseroberfläche halten.
Wenn Sie aber die Lunge gut entleert haben, gehen Sie leicht unter – weil der Auftrieb deutlich geringer ist
@KRichard
Bei Babys kommt noch ein extrem ungünstiger Schwerpunkt hinzu. Der Kopf ist schwerer als der Rest des Körpers, daher liegt der Körperschwerpunkt sehr weit oben.
Das mit der Luft in den Lungen stimmt. Ein einigermaßen geübter Schwimmer kann sich fast ganz durch ruhiges Atmen über Wasser halten.
@Stefan Rahmstorf
Da bin ich ein bisschen überfragt. Ich vermute, dass Entkräftung, Unterkühlung und Panik eine Rolle Spielen. Mir ist es selber mal beim segeln passiert, dass ich, im Wasser stehend und das Boot festhaltend, aufgrund der Wassertemperatur die Kontrolle über meine Muskeln verloren habe. Sie reagierten auf keine bewussten Befehle mehr und man musste mich wie einen nassen Sack ins Boot hieven. Ich vermute, wenn ich nicht hätte bequem stehen und mich am Boot festhalten können, hätte ich ernsthafte Probleme bekommen können.
Versehentliches Wasser einatmen kann auch eine Ursache sein. Vor allem, wenn der Körper reflexartig dicht macht und ein Stimmritzenkrampf hinzu kommt. Dabei dichten die Stimmbänder die Luftröhre ab. Der Körper will das Eindringen von Wasser verhindern, was aber im Wasser kontraproduktiv sein kann. Das Atmen wird nämlich auch recht beschwerlich bis unmöglich.
@fliegenklatsche
Die beschriebene Situation ist bekannt und definitiv nicht schön. Wir sollten alle etwas dagegen unternehmen.
Bei Kleinkindern wird die Gefahr des “Trockenen Ertrinkens” immer wieder unterschätzt, bin auch schon länger aus meiner Berufspraxis raus, Kleinkinder ertrinken nicht, sie ersticken, da reicht eine Pfütze. Der Kopfschwerpunkt wurde schon erwähnt. ” In dem bischen Wasser kann man doch nicht ertrinken”
Die Vorstellungen vom Ertrinken und fehlendes Wissen, führen wohl dazu.
Es gibt sicher klare Infos, wenn man sucht, im Internet.
Darauf aufmerksam machen, kann man wohl nie genug.
Denn auch fürsorgliche Eltern, Pädagogen unterschätzen das.
Zumindest war das so vor 5/6 Jahren noch so, in meinen beruflichen/ privaten Umfeld