Ein Intermezzo zur Produktion von Wissen in den Wissenschaften

Ergänzung des dringenden Aufrufs des Herzchirurgen Prof. Dr. Markus Heinemann von der Uniklinik Mainz

Im Wissenschaftsticker tummeln sich Tag für Tag Meldungen über erschienene Studien, neue Forschungsprojekte oder Auszeichnungen. Zwei Highlights von heute: Auffälligere Affen haben kleinere Hoden und Frauen masturbieren häufiger, als man dachte. (Nein, es wurde kein Kausalzusammenhang suggeriert. Wir sind hier nicht in der Sendung von Professor S. aus U.)

Eine seltene Ausnahme stellt der am 9. April von der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. veröffentlichte Aufruf Markus Heinemanns dar, den man wohl am besten als “offenen Brief” bezeichnen könnte. In diesem begibt sich der Arzt auf das Gebiet von Wissenschaftssoziologie und -Philosophie, also im Jargon des Telepolis-Forums “linksversifftem Gedöns”. Ich würde mich freuen, wenn mehr Forscher dem Beispiel Heinemanns folgten und diese Themen in die Aufmerksamkeit brächten, denn sie sind sehr wichtig.

Es wäre naiv anzunehmen, dass die Bedingungen, unter denen Wissen entsteht, beispielsweise der Hyperwettbewerb in manchen Disziplinen, nicht auch den Entstehungsprozess beeinflussen. Dennoch kassierte ich sogar schon einmal auf einer Podiumsdiskussion meiner eigenen Tagung von internationalen Kollegen die Bemerkung, das seien doch “soziologische” Fragen. Ohne die Systemeigenschaften zu verstehen, wird man aber kaum das System verbessern können.

Stichwort: evidenzbasierte Medizin

Heinemanns offenen Brief möchte ich im Folgenden an einigen Stellen ergänzen. Dafür wähle ich den Stil eines Chats, wo sich gegenüber und ich abwechseln:

Aufgabe der ‘Wissenschaft’ ist es, wie es das Wort schon nahelegt, Wissen zu schaffen. Dazu bedient sie sich etablierter Methoden, die die Gültigkeit neu gewonnener Erkenntnisse sicherstellen sollen. In der Medizin spricht man auch von ‘evidence based medicine’.

So weit so gut. Nur beim Thema “evidenzbasierte Medizin” – warum eigentlich nicht im Deutschen bleiben? – möchte ich anmerken, dass das ein sehr vager Begriff ist. Heute will alles und jeder evidenzbasiert sein, schlicht weil sich damit Gelder, sei es zur Forschung oder für Therapien, einwerben lassen. In einem interessanteren Sinne müsste man ausformulieren, was denn als Evidenz zugelassen ist und was nicht. Darüber diskutieren Wissenschaftsphilosophen – und nicht nur diese – schon seit über Jahrzehnten.

Unkontrollierte Kanäle

Dieses Schaffen von Wissen ist in Gefahr. Zum einen ermöglichen es die ‘Sozialen Medien’ jedermann, sich ungefragt zu Themen zu äußern, für die eigentlich das tiefere, fachliche Verständnis fehlt.

Das nennt man auch “Meinungsfreiheit”, deren Ausübung heute eben in zunehmendem Maße auf Online-Plattformen stattfindet. Das geht sogar so weit, dass manche Gerichte bestimmte Grundrechte für den öffentlichen Raum unter Umständen auf privatrechtliche Beziehungen übertragen (Meinungsfreiheit und das “Hausrecht” im Zeitalter des Internets).

Früher äußerten sich die Menschen vielleicht vor allem im Wohnzimmer, auf dem Stammtisch oder, gemäß dem Idealbild der Demokratie, auf dem Marktplatz, der Agora. Das Problem liegt meiner Meinung nach für Heinemann nicht darin, dass Menschen sich äußern, das tun sie nämlich ständig, sondern dass diesen Äußerungen zu wissenschaftlichen und anderen Themen nun mehr Aufmerksamkeit zukommt als früher.

Dem liegen andere Steuerungs- und Kontrollmechanismen zugrunde als zum Beispiel in den klassischen Medien oder wissenschaftlichen Publikationsorganen. Damit kommt es zu Machtverschiebungen, die nicht jedem gefallen.

Beispielsweise sind segensreiche Impfungen leichtfertig ins Gerede gekommen, weil u.a. verunsicherte Eltern befürchteten, ihr Kind könne nach einer Masernimpfung autistisch werden. Ein weiteres Beispiel: Eine Überbewertung von möglichen Nebenwirkungen der fettsenkenden Statine hat unlängst die Herausgeber internationaler wissenschaftlicher Fachzeitschriften der Herz-Kreislaufmedizin zu einer gemeinsamen klärenden Stellungnahme veranlasst. Das Stichwort: ‘fake news’ ist in der Medizin angekommen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Open Access und Fake Journals

Auf der anderen Seite mag der Druck zu veröffentlichen, der auf Wissenschaftlern lastet, diese dazu veranlassen, fragwürdige Zeitschriften ohne wissenschaftliche Qualitätskontrolle zu wählen, um möglichst rasch und ungestört ihre Publikationslisten zu füllen. Das von öffentlichen Geldgebern empfohlene ‘Open Access Publishing’, bei dem der Autor die Kosten der Veröffentlichung trägt, hat leider auch eine ganze Industrie von ‘fake journals’ ins Leben gerufen, deren Zwielichtigkeit sich selbst dem Erfahrenen nicht immer auf den ersten Blick erschließt.

Man kann natürlich über diese Zeitschriften schimpfen. Freiheit führt immer auch zu Missbrauch, vor allem wenn sich damit Geld verdienen lässt. Aber warum bleiben wir nicht bei den Ursachen, etwa dem hier genannten Druck zu veröffentlichen? Dieser wird vom Herzchirurgen leider nicht weiter thematisiert.

Open Access geht übrigens nicht zwingend damit einher, dass ein Autor für seinen Artikel bezahlt, und auch klassische Verlage bieten diese Option immer häufiger an. Heinemanns Formulierung ist sogar etwas schräg, wenn man bedenkt, dass es in aller Regel um Steuergelder geht.

Ob nun die Bibliothek (aus Steuermitteln) Jahr für Jahr viel Geld an die Verlage bezahlt, wobei in den letzten Jahren einige wegen ihrer Knebelverträge mit Geheimhaltungsklauseln in Verruf gerieten, damit eine kleine Gruppe von Akademikern Zugang zu den Artikeln bekommt, oder ein Wissenschaftler (aus Steuer- oder Fördermitteln) dafür bezahlt, dass anschließend die ganze Welt im Internet darauf zugreifen kann – man kann darüber streiten, welcher Weg mehr für sich hat.

Dass in derartigen Zeitschriften letztlich auch erfundene oder manipulierte Studienergebnisse unterkommen, verwundert nicht.

Das greift zu kurz. Auch in klassischen Zeitschriften hat es erfundene oder manipulierte Studienergebnisse gegeben, quer durch alle Disziplinen. Auch namhafte Schwergewichte wie die Harvard University blieben nicht verschont (Unmoralischer Moralforscher?).

Probleme des Gutachterwesens

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) unterhält mit dem Thieme Verlag als wissenschaftliche Fachzeitschrift den englischsprachigen ‘The Thoracic and Cardiovascular Surgeon’ (ThCVS) sowie einen Open Access Ableger ‘ThCVSReports’ für Fallberichte.

Die Zeitschrift ist jetzt 65 Jahre alt und seit 40 Jahren im Science Citation Index gelistet. Das macht sie zu einem der ältesten Publikationsorgane auf dem Gebiet der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. Von Anfang an wurde auf eine strenge Qualitätskontrolle geachtet, was schon bei einem relativ aufwendigen Begutachtungsprozess der Manuskripte beginnt. Hier wissen die Gutachter nicht, wer die Autoren sind. Es ist nachgewiesen, dass diese Methode für größere Objektivität sorgt.

Das ist rühmlich – doch aus der Doppelverblindung, also dass die Autoren nicht die Namen der Gutachter sehen und umgekehrt die Gutachter nicht die der Autoren, folgt aber leider nicht, dass sie unbekannt sind. Ich weiß nichts über Thorax- und Herzchirurgie, doch in der Wissenschaft muss man sich in aller Regel so weit spezialisieren, dass selbst international vielleicht nur noch ein kleiner Kreis von Fachleuten übrigbleibt, die auf demselben Gebiet forschen.

Dann trifft man sich auf Kongressen, bespricht dort seine (vorläufigen) Ergebnisse und bekommt idealerweise hilfreiche Tipps oder auch Einladungen, mal das Institut der Kollegen zu besuchen und dort seine Forschung zu präsentieren. Umgekehrt kann man dort auch Eindrücke gewinnen, wer auf dem eigenen Gebiet qualifiziert ist und wen man selbst als Gutachter vorschlagen kann, wie es viele Zeitschriften anbieten.

Es ist also gar nicht einmal unwahrscheinlich, dass die Gutachter wissen oder zumindest ahnen können, wessen Arbeit sie gar gerade begutachten. Und umgekehrt kann man als Autor manchmal aus den Gutachten darauf schließen, wer dahintersteckt. Das bringt einem freilich wenig, es sei denn, man möchte sich beim Anderen “revanchieren”.

Manche Zeitschriften schreiben zwar vor, dass man Zitationen zu eigenen Arbeiten dann verstecken muss, damit die Gutachter den Namen nicht raten können. Wenn man aber auf dem Gebiet schon viel publiziert hat, bekannt ist und dann keine dieser wichtigen Arbeiten bei den Zitaten auftaucht, dann ist das aber auch auffällig.

Warum verwende ich so viele Worte auf die Frage der Begutachtung? Eben weil es hier ein großes Problem mit Interessenkonflikten gibt, worüber ich vorher schon einmal ausführlicher schrieb (Warum die Wissenschaft nicht frei ist).

Zahlreiche Interessenkonflikte

Natürlich ist Begutachtung zur Qualitätskontrolle wichtig. Doch was, wenn die Gutachter gute Freunde – oder umgekehrt bittere Feinde – sind? Können sie dann noch ein unabhängiges Urteil bilden? Wohlgemerkt, in einer Situation des Hyperwettbewerbs, in dem die besten Publikationsmöglichkeiten stark begrenzt sind und für den Erwerb von Drittmitteln und Stellen, die man vielleicht selbst will oder zum ökonomischen Überleben sogar braucht, entscheidend sind?

Ich denke, dass viele Kolleginnen und Kollegen hier immer noch sehr gute Arbeit leisten. Doch selbst dann stehen diese Personen oft unter Zeitdruck. Es wird meistens schlicht erwartet, dass man die Gutachten so eben mal nebenbei macht. Das System der Qualitätskontrolle ist schlicht nicht darauf ausgelegt, gute Qualität zu liefern. Und das sieht man – meiner Erfahrung nach und dem Vernehmen nach bin ich damit nicht der Einzige – leider oft genug in den Gutachten.

Dazu kommt, dass die wissenschaftlichen Zeitschriften eigene Interessen haben, häufig einschließlich einer Gewinnabsicht, die nicht unbedingt der Wahrheitsfindung dienen. Die Redakteure insbesondere bei den kommerzielleren Titeln in erster Linie ihrem Verlag verpflichtet, noch vor der Wissenschaft. Sie halten die Identität der Gutachter geheim und haben das letzte Wort. Die Regeln für ihre Arbeit geben die Verlage sich selbst – eine unabhängige Kontrolle ihrer Einhaltung gibt es so gut wie nicht.

Ein Rechtsstaat nach wissenschaftlichem Vorbild

Stellen wir uns einmal vor, dass unser Rechtswesen so funktionierte: Ein Staatsanwalt erhöbe Anklage bei einem Richter, der selbst finanziell davon profitierte, wenn der Angeklagte verurteilt würde. Zur Wahrheitsfindung würde der Richter Gutachten bei Personen einholen, die nur er kennte, und womöglich mit seinen persönlichen Hinweisen oder gar Anweisungen versehen, die der Verteidigung nicht mitgeteilt würden.

Mit den Gutachten könnte er dann machen, was er wollte – sie zum Beispiel auch ganz verwerfen und neue einholen, wenn sie ihm nicht gefielen. Das Urteil würde anschließend vielleicht nur mit einem Satz begründet und wäre nicht anfechtbar. Vielleicht gäbe es allenfalls einen Briefkasten für Beschwerdepost. Was damit geschähe, wäre aber gar nicht klar. Eine Berufungsinstanz fehlte gänzlich.

Oder machen wir es etwas weniger abstrakt: Stellen wir uns vor, ein Richter – jetzt denken wir eher auf Ebene der Gutachter als der Redakteure – würde über eine Baugenehmigung entscheiden, die neben seinem eigenen Grundstück läge. Er hätte nicht nur etwas gegen den Lärm, den die Baustelle monatelang verursachen würde, sondern seiner Terrasse würde auch noch die schöne Aussicht genommen. Wie wahrscheinlich wäre in diesem Fall ein unabhängiges Urteil? Würden Sie zu diesem Richter mit ihrem Anliegen wollen?

Jeder würde wahrscheinlich sofort einsehen, dass es in so einem System regelmäßig zu Willkür käme, dass es vielleicht wie im Mittelalter zuginge, wo die Fürsten mehr oder weniger machen konnten, was sie wollten (eine Lese-Empfehlung hierzu: Kleists, also eines Juristen Roman Michael Kohlhaas). Mit einem Rechtsstaat, wie wir ihn kennen und hoffentlich auch schätzen und verteidigen, in dem eben Prinzipien wie Transparenz, Kontrolle, Öffentlichkeit und Unabhängigkeit gelten, hätte so eine Welt sehr wenig zu tun.

Dennoch halten wir es für selbstverständlich, dass die Wissenschaft so funktioniert. Warum nur? Warum denken wir, dass jemand, sobald er als Wissenschaftler arbeitet, die Objektivität in Person ist? Dass er nicht mehr durch Macht- und Geldstreben oder sei es nur Stress und Wettbewerbsdruck beeinflussbar wäre? Und das, wo es inzwischen doch schon so viele Beispiele für schlechte wissenschaftliche Arbeit bis hin zur krassen Fälschung gibt.

Problem “Impact Factor”

Ein seit Jahren steigender ‘Journal Impact Factor’ – ein Maß dafür, wie oft Artikel der Zeitschrift in anderen Arbeiten zitiert werden – gibt der Strategie Recht.

Hier muss ich Markus Heinemann einmal deutlich widersprechen: Ein seit Jahren steigender Impact Factor (IF) heißt überhaupt nichts anderes, als dass eine bestimmte Art von Artikeln im Laufe der ersten zwei Jahre nach Veröffentlichung häufiger zitiert wird. Die Formel dafür war, nach meiner Erinnerung, z.B. für das Jahr 2019: Anzahl der zählenden Zitationen von 2017+2018 (also Zähler) dividiert durch Anzahl der zählenden Artikel von 2017+2018 (also Nenner).

Das Wunderbare an so einer einfachen und bekannten Formel ist, dass man einfacher auf das gewünschte Ergebnis hinarbeiten kann, als das beispielsweise bei den Google-Rankings ist, die eine Wissenschaft für sich sind. Es ist längst bekannt, dass Zeitschriften durch die Aufnahme von mehr Überblicksarbeiten (engl. Reviews) ihren IF erhöhen können, weil diese Artikel häufiger zitiert werden. Dabei fassen sie bereits Bekanntes zusammen. Das kann zwar auch wichtig sein – die Wissenschaft lebt aber wesentlich von neuen Entdeckungen.

Andere Tricks sind Selbstzitationen, die auch den Wert im Zähler erhöhen, oder gleich noch besser die Aufnahme von bestimmten Redaktionsinhalten, deren Zitationen zwar den Zähler erhöhen, jedoch nicht als relevante Publikation für den Nenner gelten. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.

Ein steigender IF kann auch schlicht bedeuten, dass in einem Teilgebiet immer mehr zitiert wird, und da gibt es zwischen den Disziplinen teils beachtliche Unterschiede, dass in der ganzen Wissenschaft immer mehr zitiert wird – oder bloß immer mehr neuere Arbeiten –, dass ein Forschungsgebiet schlicht bekannter geworden ist und darum mehr Aufmerksamkeit bekommt oder sogar, dass eine Zeitschrift so viele schlechte Arbeiten publiziert, die von anderen stark kritisiert werden, was eben auch zu Zitationen führt und den Zähler erhöht.

Ein Tool bestimmt Forscherkarrieren

Der IF wurde ursprünglich als Tool für Bibliothekare erfunden. Sein Erfinder, Eugene Garfield, hat sich daran eine goldene Nase verdient, als eben durch den neuen Wind der Vergleichbarkeit, Standardisierung und Outputkontrolle irgendein Maß gefunden werden musste, mit dem man angeblich die Qualität wissenschaftlicher Forschung zusammenfassen könnte, frei nach dem Motto: Lieber messen wir Bullshit als nichts. Hauptsache, wir messen!

Garfield räumte selbst zahlreiche Probleme seines Verfahrens ein, kommt dann aber zu der ernüchternden Schlussfolgerung: Es gebe eben kein besseres bereits etabliertes Maß als seine Kennzahl. Gerade wenn einem aber doch wissenschaftliche Standards am Herz liegen, erinnern wir uns noch einmal an das geflügelte Wort von der Evidenzbasiertheit, dann sollte einem die Güte der Evidenzen besonders wichtig sein.

Aberwitzig würde es aber, wenn jemand nicht nur eine bestimmte Zeitschrift oder allenfalls noch ein Wissenschaftsgebiet am IF messen wollte, sondern ein Individuum. Das war bis noch vor wenigen Jahren leider keine Seltenheit. Manche Fördereinrichtungen verbieten aber inzwischen bei Bewerbungen oder Anträgen unter anderem aus den hier genannten Gründen das Nennen solcher Zahlen.

Es würde mich aber nicht wundern, wenn in der deutschen Medizin noch der eine oder andere Lehrstuhl mithilfe des Impact Factors vergeben wird. Faktisch heißt das nur, dass es jemandem gelang, in den populärsten Zeitschriften zu publizieren, er oder sie sich also im Wettbewerb gegen andere durchgesetzt hat. Sozialdarwinismus pur. Aber sind das wirklich die besten Wissenschaftler? Solche Gedanken sind aber natürlich “bloß soziologische Erwägungen”, die keinen interessieren [].

In dem offenen Brief des Mediziners folgen noch ein paar Hinweise, die sehr spezifisch für Heinemanns Fach, der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, sind. Daher nur noch dieser Abschnitt:

Mehr als bloß gute alte Wissenschaft!

Leider muss man aber feststellen, dass auch hierzulande die vereinbarten ethischen Codes des Publizierens vermehrt unterlaufen werden. Die DGTHG [Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V.] wird auch künftig dafür Sorge tragen, dass wissenschaftliche Arbeiten, die in ihrer Fachzeitschrift veröffentlicht werden, den höchsten Qualitätsansprüchen genügen. Bedingungslose Ehrlichkeit gegenüber den Lesern, besonders aber auch gegenüber den von den Erkenntnissen betroffenen Patienten, ist das oberste Prinzip. Eine vorschnelle Publikation noch nicht solide untermauerter Ergebnisse gilt es in der klinischen Medizin zu vermeiden, damit keine ‘alternativen Wahrheiten’ geschaffen werden.

Das ist sicher ein hehres Ziel. In unserer deutschen Kulturgeschichte mangelt es ja glücklicherweise nicht an Verweisen auf das Wahre, Schöne und Gute. Ich habe hier aber systematische Gründe dafür angeführt, warum das bestehende System diesen Standard nicht garantieren kann. Natürlich wünsche ich aber dem Chirurgen sowie allen seinen Kolleginnen und Kollegen, dass es in ihrem Fach möglichst fair und ehrlich zugeht.

Wenn ich jedoch den offenen Brief in einem Satz zusammenfassen müsste, dann käme ich wohl zu diesem Schluss: “Sorgen wir für gute alte Wissenschaft, dann ist alles gut!” Das scheint mir aber zu simpel; warum, dafür habe ich hier einige Gründe genannt.

Ich glaube nicht, dass es einer Revolution bedürfte. Reformen zur Verbesserung des Gutachtersystems wären ein wichtiger Schritt. Vorschläge gibt es zuhauf.

Das Grundproblem, über das Markus Heinemann wenig schreibt, scheint mir aber doch der Leistungs- und Wettbewerbsdruck zu sein. Wenn wir Forscher in einen Hyperwettbewerb schicken, dann werden viele eben “kreative” Lösungen ersinnen, die nicht im Sinne einer idealen Wissenschaft sind. Dass sich jetzt aber auch schon Mediziner öffentlich dazu äußern, ist ein gutes Zeichen.

Hinweis: Dieser Beitrag erscheint parallel auf Telepolis – Magazin für Netzkultur. Die Abbildung ist von geralt, gemäß Pixabay-Lizenz.

Avatar-Foto

Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

16 Kommentare

  1. Der Impact Factor oder so etwas ähnliches hat sich schon bei uns in der Stadtbücherei breit gemacht.
    Wenn ein Buch innerhalb von zwei Jahren nicht ausgeliehen wird, wird es ausgesondert. Viele sehr gut Bücher sind so aus den Regalen verschwunden.
    Das Problem mit der Neutralität von Fachzeitschriften kennt jeder bei den Autotests. Das Auto, das in Deutschland auf Platz 1 liegt, bekommt in Frankreich nur Platz 6. Geht das noch mit rechten Dingen zu ?

    Wie es jetzt bei den Universitäten zu geht, das weiß ich nicht. Vielleicht sollte es man so machen wie beim öffentlich rechlichen Rundfunk. Staatlich finanziert, Proporz bei den Stellenbesetzungen und staatlich kontrolliert.

  2. Ergänzung vom 12. April 2019: Ein Kollege aus Süddeutschland machte mich gerade auf die im SZ Magazin von gestern erschienene Reportage über Zweifel an der ALS-Forschung von Niels Birbaumer (Uni Tübingen) aufmerksam. Als hätte man sich dort mit der Veröffentlichung meines Blogbeitrags abgesprochen, hier ein paar Highlights:

    * Trotz dem im offenen Brief gelobten Peer Review erschien in PLoS Biology eine Studie mit offenbar gravierenden methodischen Mängeln. (Die SZ-Autoren schreiben, die Zeitschrift habe ja auch nur einen Impact Factor von 9. Das ist, je nach Feld, gar nicht mal wenig, und die PLoS-Publikationen genießen unter Forschern eigentlich einen guten Ruf, weil die Initiative gerade von Aussteigern mitgegründet wurde, die im Mainstream große Probleme sahen.)

    * Die Mängel fallen nur einem Informatiker auf, heute 35 Jahre, auf den jahrelang keiner hört und den man auf verschiedene Weise abwimmeln, wenn nicht gar einschüchtern will. Er ist seit Kurzem arbeitslos, weil die Uni Tübingen seinen Vertrag nicht verlängert hat.

    * Im Artikel werden viele Wissenschaftler nur anonym zitiert – sie trauen sich nicht, so einen großen Namen wie Niels Birbaumer in der Öffentlichkeit zu kritisieren. Der könnte ja der Gutachter der eigenen Arbeit/des eigenen Forschungsantrags sein.

    * Die Kollegen aus der Wissenschaft bzw. der Uni würden lieber ein Auge zudrücken, denn wenn “der Gedankenleser” (steht so mehrmals wörtlich im Text) Birbaumer gefälscht oder auch nur sehr schlampig gearbeitet haben sollte, dann 1) würde das das ganze Gebiet der Brain Computer Interface-Forschung in einem schlechten Licht dastehen lassen und 2) könne das vielleicht sogar den hart erkämpften Exzellenz-Status der Uni Tübingen aufs Spiel setzen.

    * Beschäftigt würden in der Forschung vor allem arbeitslose Inder und Italiener, denn die würden Dinge tun, die deutsche Wissenschaftler und nicht tun würden.

    * Aus meiner eigenen Erfahrung: Ich hatte einmal eine Kooperation mit einem Wissenschaftler aus der Birbaumer-Gruppe. Obwohl alle Daten schon erhoben und ausgewertet waren und ich schon eine Rohfassung des Manuskripts geschrieben hatte, ließ ich die Dinge auf sich beruhen, als mir Unregelmäßigkeiten in der Datenauswertung auf der Tübinger Seite aufgefallen waren und es dann auch noch zu “Missverständnissen” bei der Reihenfolge der Autoren kam. Tja, eine Publikation mit einem hohen Impact Factor weniger im Lebenslauf.

    Wir sehen: Die Struktureigenschaften des heutigen Wissenschaftssystems dienen eben nicht primär der Wissens- oder gar Wahrheitsfinden, sondern eben Macht, Einfluss & Prestige. Darum greift Markus Heinemanns Vorschlag, die gute alte Wissenschaft zu bewahren, schlicht zu kurz.

  3. @ Stephan Schleim // 12. April 2019 @ 13:30

    »Ein Hinweis auf die Bedeutung der Neurowissenschaften wäre es, wenn aus neurowissenschaftlichen Untersuchungen eine bessere Lerntheorie abgeleitet werden könnte.«

    Die (beschränkten) sprachlichen Mittel, die uns für Erklärungen zur Verfügung stehen, sind wohl eher nicht das Problem. Ich wüsste von keinem Fall, dass mal ein biologischer Mechanismus aufgeklärt worden wäre, der nicht hätte beschrieben werden können (à la: „Wir haben herausgefunden, wie es geht, aber leider fehlen uns die Begriffe, es zu erklären“).

    Ich finde sowieso, neurowissenschaftliche Forschung sollte zuvörderst Grundlagenforschung sein, darin liegt ihre wahre Bedeutung: Neues Wissen schaffen! Würde nicht ständig nach der medizinischen oder therapeutischen oder gar gesellschaftlichen Relevanz gefragt, gäbe es auch nicht diese zu Recht kritisierten Übertreibungen zum möglichen Nutzen. Etwa in den Pressemitteilungen.

    Vielleicht hätte es dann auch nicht den Fall Birbaumer gegeben (habe aber natürlich nicht die leiseste Ahnung, was Birbaumer angetrieben hat).

  4. Ja, da kann ich Balanus nur zustimmen: Wer von Neurowissenschaft direkte medizinische oder psychiatrische Fortschritte und gar Therapien erwartet oder wer unmittelbare Folgen für die Pädagogik fordert, der verkennt, dass Neurowissenschaft Grundlagenforschung ist. Neurowissenschaftler untersuchen unter anderem welche Prozesse bei der Bildung von Kurz- und Langzeitgedächtnisinhalten eine Rolle spielen, das aber auf der Ebene von Neuronenverbänden, involvierten Hirnzentren und Neurotransmittern. Daraus erwachsen vielleicht irgendwann bessere Lernstrategien oder gar Medikamente und Geräte, welche die Gedächtnisbildung verbessern. Doch das sind dann bereits wieder andere Leute, die das tun, beispielsweise Pharmakologen oder Hersteller von Hirnimplantaten, also angewandt arbeitende Forscher oder Ingenieure.
    Tatsächlich ist es inhärent unseriös, jede wissenschaftliche Erkenntnis sofort mit Anwendungen in Verbindung zu bringen. Aber es lohnt sich für die Forscher, denn sie wissen, dass für das Gesundheitssystem etwa in Deutschland 10 mal mehr ausgegeben wird als beispielsweise für die Verteidigung. Was in den USA das DARPA für die Forscher bedeutet, bedeutet das Gesundheitswesen für deutsche Forscher: dort kann neue Forschungsfinanzierung abgeholt werden.

  5. In der Sache „Niels Birbaumer“ möchte ich den „Aufdecker“, einen Informatiker, nicht vorwerfen Skalpjäger zu sein, um sich den Skalp einer wissenschaftliche Koryphäe stolz um den Hals zu hängen. Ich finde es auch grundsätzlich falsch, dass er seinen Job als Informatiker verloren hat.

    Statistiken sind aber nicht alles!

    Bei der Wahl eines geeigneten statistischen Modells sollte man berücksichtigen was ausgewertet werden soll. Es geht nicht um die Wirksamkeit von Aspirin. Es geht um elektrische Signale, Daten aus einem langsam verlöschenden Gehirn. Die Daten wurden vermutlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben. Die Patienten waren „unterschiedlich gut drauf“. In dieser Lebensphase gibt es nun einmal Schwankungen im Befinden und beim Signaloutput.

    Aber besonders absurd erscheint mir, besonders bei dieser Art von Patienten der Vorwurf, die Daten seien nicht reproduzierbar. Probleme bei der Reproduzierbarkeit sind bei komplexen Systemen fast systemimmanent, weil es oft unmöglich ist, absolut genau den Status eines vorhergegangenen Versuches noch einmal herzustellen.

    Werden elektrische Signale z.B. an den Stümpfen von (abgetrennten) Gliedmaßen bei jungen trainierten Menschen gemessen, ist die Datenlage halbwegs stabil, die Signale können korrekt und fast eindeutig interpretiert werden und höchst erfolgreich Prothesen steuern.

    Aber je schlechter der Zustand eines Patienten, umso mehr gehen die Signale im „Rauschen“ unter und eine Auswertung ist real nur noch schwer möglich. Ist der Patient tot, endet die Messbarkeit.

    Es ist doch ein alter Hut dass derartige Signale an Schnittstellen zum neuronalen System teilweise höchst erfolgreich gemessen werden können, aber bei einem toten Menschen überhaupt nicht mehr.
    Die Statistik liefert im besten Fall Aussagen für die Wissenschaft, aber sie ist kein Dogma.

    Man kann von einem Arzt wie Birbaumer nicht erwarten, dass er einen Menschen zu früh aufgibt, nur weil die Signale zeitweise fast nicht korrekt auswertbar sind. Ein Informatiker, aber auch die Medien die den Fall hochspielen, können doch nicht über das ethische Handeln eines Arztes „richten“.

    Die Messungen dienen dazu, um soweit es noch möglich ist, auf die Wünsche von am „Locked-in-Syndrom“ leidenden Patienten einzugehen. Es geht nicht um einen perfekten Dialog mit einem Zombie. Um den Patienten nicht zu früh aufzugeben und seinem Schicksal zu überlasen scheint es zweckmäßiger, möglichst lange zu messen und die Signale im Zweifel immer so zu interpretieren dass es dem Patienten nicht schadet. Das von Birbaumer verwendete Verfahren mit der „Gehirnkappe“ ist sehr schonend, im Gegensatz zu Eingriffen direkt im Gehirn, was Amerikanische Wissenschaftler bevorzugen.

    Wegen einer unklaren Datenlage einen Patienten einfach aufzugeben, dürfte rechtswidrig sein.

  6. Evidenzbasierte Medizin : “Wer heilt, hat recht !” ist ein uraltes Sprichwort in der Medizin ! Insofern geht die Medizin schon immer von Evidenz aus. Nur ist die Quelle des Wissens früher eben blankes ausprobieren gewesen. Erst dadurch, daß die Medizin zum Geschäft wird, kommen andere Prinipien in die Medizin.

    Prinzipien wie Transparenz, Kontrolle, Öffentlichkeit und Unabhängigkeit haben nichts mit Rechtsstaat zu tun ! Das sind Dinge, die man im Rechtsstaat gerne hätte. Und man hätte gerne noch viel mehr : Demokratie zum Beispiel ! Das alles bedeutet aber nicht Rechtsstaat !

  7. @Wissenschaftsfilz

    Man könnte meinen, dass viele Forscher sich für das Thema Psyche schon interessieren, aber einmal keine Lust haben, sich mit realen psychisch Kranken zu befassen, und auch keine Lust haben, sich in die Nähe von spirituellen Untiefen zu wagen. Was bleibt übrig? Nach genetischen Kleinigkeiten suchen, mit teuren Geräten in grober Auflösung von außen Zuschauen und Nervenzellen erforschen.

    Macht nichts, ist ja auch interessant. Nur wenn dann immer wieder konkrete Anwendungen phantasiert werden, um mehr Forschungsmittel einwerben zu können, das nervt schon. Selbst unter von psychischer Krankheit Betroffenen kursieren die vielen Legenden, dass ihr Zustand vor allem genetisch-physiologisch bedingt ist. Vermutlich vor allem, weil Ärzte und auch Psychologen die vielen Wissenschaftsmeldungen unkritisch übernehmen, und das an ihre Patienten weiter geben.

    Das lenkt davon ab, sich ein vernünftiges Leben aufzubauen. Und nimmt oft die Hoffnung, dass das überhaupt möglich ist.

    Generell scheint manchen Wissenschaftlern ihr Ansehen und ihre Forschungsgelder wichtiger zu sein, als die Ergebnisse ihrer Forschung. Das kann ich schwer nachvollziehen, aber ich bin auch kein Wissenschaftler. Ich hatte nie Lust, mich zu spezialisieren, und auch keine Lust, Lehrpläne abzuarbeiten. Das muss man wohl schon machen, um offizieller Wissenschaftler zu werden.

    Von Beruf her bin ich Künstler, aber Neugier und Begeisterung für die Wunder des Lebens treiben mich im wesentlichen an. Auch die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Wissenschaft macht mir Freude. Neben dem Thema psychische Krankheiten, das mir als Betroffener am Herzen liegt, interessiert mich auch das Thema Astronomie und Religion. Als Nichtwissenschaftler kommt es mir hier so vor, als wenn ich wesentlich mehr Freiheiten dabei habe.

    Mit relativer Armut leben zu können, vervielfacht in modernen Zeiten offenbar die Möglichkeiten, die das Leben so bietet. Sicherheit durch Reichtum schützt nur vor Wirtschaftskrisen, vor den Nebenwirkungen von Kriegen und Bürgerkriegen sowieso nicht. Gelebte Zeit dagegen kann auch eine finstere Zukunft nicht mehr nehmen.

  8. Der sog. Impact-Factor ist halt ein Ranking- oder Rating-System, dessen Aussagekraft zweifelhaft ist, aber zumindest derart funktioniert, dass es i.p. Spitzenleistung meist die Richtigen, sozusagen, nennt.
    ‘Leistungs- und Wettbewerbsdruck’ sind zwar nicht nett, aber gut, die Spitzenkraft wird damit fertig, der Rest, lol, leidet (und fängt gar an zu bluffen), so what?

  9. Bonuskommentar hierzu :

    In einem interessanteren Sinne müsste man ausformulieren, was denn als Evidenz zugelassen ist und was nicht. Darüber diskutieren Wissenschaftsphilosophen – und nicht nur diese – schon seit über Jahrzehnten.

    Dies scheint doch gar nicht so schwer zu verstehen zu sein, oder?, wenn einer Hypothese eine andere (auf der Hand liegende, offensichtliche oder bewährte) entgegengesetzt wird, um dann zu prüfen, wie die erhobenen / generierten Daten zusammenpassen.
    Womöglich möchte der hiesige werte Inhaltegeber dazu, auch im statistischen Sinne, bei Gelegenheit gesondert erklären,
    MFG + schönen Tag des Herrn noch,
    Dr. Webbaer

  10. Dr. Webbaer,
    der Pfedefuß beim Impactfaktor ist , dass die Menge nicht die Qualität ersetzt.
    Wenn Jennifer Lopez bekannter ist als Sie, dann hat das keine Aussagekraft.
    Man könnte die Aussage sogar invertieren,” je weniger, desto elitärer.”
    Deswegen ist sogar zu befürchten, dass mit dem Internet die Suche nach den “Perlen im Misthaufen” immer schwieriger wird. In der Sciencefiction Literatur gibt es richtige Prachtstücke, aber niemand nimmt das mehr zur Kenntnis.

  11. Bonuskommentar-2 hierzu :

    Dieses Schaffen von Wissen ist in Gefahr. Zum einen ermöglichen es die ‘Sozialen Medien’ jedermann, sich ungefragt zu Themen zu äußern, für die eigentlich das tiefere, fachliche Verständnis fehlt. [Herzchirurg Prof. Dr. Markus Heinemann von der Uniklinik Mainz]

    Das nennt man auch “Meinungsfreiheit”, deren Ausübung heute eben in zunehmendem Maße auf Online-Plattformen stattfindet. [der werte hiesige Inhaltegeber, Stephan Schleim sein Name]

    Diese Zitations-Reihenfolge lädt (einige) zum Schmunzeln ein, zu Heinemann ist anzumerken, dass im Web selektiv zu konsumieren ist, nicht der Gesamtfluss von Nachricht zu beschneiden.

    Und ‘Meinungsfreiheit’ ist eigentlich erst einmal nicht berührt, wenn ein Inhaltegeber des Webs Kommentar / Feedback abweist.

    Dennoch haben beide Zitierten auf höherer Ebene recht, denn die sog. Sozialen Medien, die Dr. W auch konsequent meidet, ziehen die Allgemeinheit schon ein wenig herunter und Herr Dr. Schleim hat recht, wenn er wohl Quasi-Monopole meint, die zunehmend zens(ur)ierend werden, so wie sich dies die Erfinder des Webs das Web gerade nicht gedacht haben; Dr. W zwar kein diesbezüglicher Erfinder, abär seit bald 40 Jahren dabei, im Bereich der netzwerkbasierten Kommunikation und i.p. ARPANet, sog. Mailboxen etc.

    Im Web ist Toleranz und Freiheit erforderlich.

    MFG
    Dr. Webbaer

  12. “Mehr als bloß gute alte Wissenschaft…”
    Vielleicht ist das der Denkfehler, denn die Wissenschaft war nie gut und alt. Wissenschaft war immer Teil der jeweiligen Gesellschaft und wurde von Menschen gemacht, die Produkte ihrer Zeit , des herrschenden Zeitgeistes waren. Wissenschaft wurde auch immer benutzt für ideologische und private Zwecke, um Eitelkeiten zu profilieren bzw. um Geld zu verdienen, um Macht zu bekommen. Wenn Wissen nur noch zur WARE wird, geht ihr vermeintlicher Ethos den Bach runter. Wahrscheinlich ist dieser wissenschaftliche Ethos auch nur wieder ein Klischee, ein Teil der verlogenen Doppelmoral dieser Gesellschaft. Von der Aussage her bin ich ganz bei Prof. Heinemann….Aber man kann sich die gesellschaftlichen Verhältnisse leider nicht schön trinken…

  13. @Golzower: Gesellschaft

    Damit rennen Sie bei mir natürlich offene Türen und Tore ein…

    …aber es ist auch nicht alles Schlecht. Insgesamt wird so optimistisch-übertrieben über Wissenschaft berichtet, dass ich hier manchmal den Finger in die Wunde lege. Gäbe es sonst nur negative Berichte, dann würde ich hier wohl eher positiv schreiben.

    Es bleibt aber eben so, dass der starke Druck, der Wettbewerb, der Fokus auf Outputzahlen und so weiter nicht unbedingt das Beste im Menschen hervorholt. Und in eine leitende Position kommt man eher nicht dadurch, dass man nett zu allen ist und es allen recht macht.

    Zur guten alten Wissenschaft: Da gab es schon ein paar Aspekte, etwa dass man sich nicht selbst zitierte; das wäre heute ein Karrierenachteil (wg. der Zitationszahlen). Oder dass man sich eher Zeit ließ mit dem Publizieren, bis man dachte, man hätte einen wichtigen Fund. Heute publiziert man das kleinstmögliche Bisschen, um die Publikationsliste aufzublasen.

    Aber auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Irrwege und Irrtümer und leider auch ein paar Betrüger. Doch wo gäbe es das nicht?

  14. Hallo Herr Schleim, ihr Beitrag vom 28.05.2019 ist auf einmal nicht mehr erreichbar hier. Warum?

  15. @egal auch: Danke für die Rückfrage. Der Artikel über Suizid war wohl nicht im Einklang mit bestimmten Empfehlungen über die Suizidberichterstattungen, die mir nicht bekannt waren. Ich bedaure zwar die Entscheidung der Redaktion, meinen Artikel darum vom Netz zu nehmen, zumal wir hier auch schon eine interessante Diskussion hatten, kann ihn aber auch respektieren und nachvollziehen.

    Möglicherweise beschäftige ich mich noch einmal aus einem anderen Blickwinkel und unter Berücksichtigung der Empfehlungen mit dem Thema.

Schreibe einen Kommentar