Grindwal-Jagd um die Färöer-Inseln

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Gerade geht die Jagd der Färöer-BewohnerInnen auf Grindwale und andere Delphine durch die Medien. Wie jedes Jahr. Da möchte ich mal etwas Background liefern – was genau passiert und welche Tradition dahinter steht (Dieser Beitrag basiert auf Meertext-Artikeln von 2021, da hatte es viel Aufruhr um einige besonders große Waljagden gegeben).

Der Travel-Blog Rove.me bewirbt das blutige Spektakel noch als touristischen Event für die ganze Familie und unter dem Label Best time to visit Faroe Islands. Ich würde vermuten, dass es längst eher mehr Touristen abschreckt, als anzieht.

Nach der Jagd verlässt ein Mann mit Fanghaken das Meer. (Wikipedia: Grindadráp; Himmelunäd)

Die Bewohner der Färöer-Inseln schlachten jedes Jahr ganze Herden von Walen ab, die Jagd und das Töten heißen Grindadráp. Meist sind Langflossen-Grindwale (Globicephala melas) die Opfer, die daher ihren Namen haben – grindahvalur. Manchmal sind es andere Delphinartige wie Weißseiten-Delphine oder andere kleine und mittelgroße Zahnwale, wie etwa Entenwale (Hyperoodon ampullatus). Diese Zahnwal-Gruppen haben ein enges soziales Beziehungsgeflecht, gerade bei den Grindwalen handelt es sich um Familien. Zumindest von Grindwalen und Delphinen ist heute bekannt, dass die Tiere individuelle Kennpfiffe haben und sich die Herdenmitglieder gut kennen. Ihre Gemeinschaften sind ihr wichtigster Bezugspunkt in der Weite des Meeres.

Diese gemeinsame Walhatz und das Schlachten sind eine Gemeinschaftsaufgabe der Färinger, eine 1000-jährige Tradition. Ihre Ursprünge stammen aus der Wikingerzeit um 900, seit der Christianisierung werden die Fänge schriftlich dokumentiert und im sogenannten Schafsbrief (färöisch Seyðabrævið) wurden die Regeln erstmals verschriftlicht. Da die kleinen kargen Inseln im kühlen Nordatlantik mit ihren langen kalten und dunklen Wintern für den Anbau von Getreide, Gemüse und Obst jenseits von Kartoffeln nicht gut geeignet sind, war das Meer einst die wichtigste, zeitweise sogar einzige Nahrungsquelle. Aus dieser Situation heraus beanspruchen die Inselbewohner das Walfleisch traditionell als winterliche Nahrungsressource, es wird kostenlos unter die Bevölkerung verteilt und liegt heute zur Versorgung in Supermärkten aus. Davon dürfen sich alle InselbewohnerInnen kostenlos bedienen.

Traditioneller Grindwalfang auf den Färöern

So ein Grindadráp ist stark reglementiert, auf ihm baut ein wesentlicher Teil der Kultur und des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf. Wer eine Grindwal-Gruppe sieht, muss sie den Behörden melden, das Verschweigen kann angeblich mit bis zu 3000 € Geldbuße oder im Wiederholungsfall mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden (ich teile die Sea Shepherd-Positionen im Newsweek-Beitrag übrigens nicht!). Sowie eine geeignete Walgruppe gesichtet wird, wird diese Meldung per Radio bzw. heute über Mobilfunk verbreitet. Dann springen die Insulaner in ihre kleinen Boote und machen sich gemeinsam auf, um nach uralten Vorgaben die Walherde gemeinsam in eine geeignete Bucht mit seicht ansteigendem Sandstrand zu treiben. Angestellte bekommen dafür frei, angeblich sind sogar schon Gottesdienste dafür unterbrochen worden – früher war das Walfleisch überlebenswichtig.

8. August 2012: Eine Grindwalschule wird vor Suðuroy von Grind-Booten eingekreist. (Wikipedia: Grindadráp; Eileen Sandra)

Der Grind ist ein Schlachtfest: In der flachen Bucht stehen die Jäger im eiskalten Wasser und schlachten die Meeressäuger einzeln: Der Jäger hakt einen gebogenen Haken, den Blásturongul, ins Blasloch des Wals ein und zieht den Meeressäuger daran an den Strand. Dort schneidet er mit dem Mønustingari, einer speziellen Klinge, die seit 2011 vorgeschrieben ist, dem Wal im Nacken das Rückenmark und die Halsschlagader durch, die Meeressäuger sollen nach Sekunden sterben. Allerdings bekommen die Wale natürlich mit, wie ihre Familienmitglieder und Herdengenossen sterben und panisch schreien, sie dürften allein über das immer blutigere Wasser Todesangst haben. Ob die Tötung im kalten Wasser immer so tierschutzgerecht und schnell zugeht, darf wohl bezweifelt werden. Erstens ist Walhaut und -bindegewebe extrem zäh. Dann muss der Schnitt, um bei einem fünf Meter Wal die Halsschlagader zu erreichen, auch tief und kraftvoll sein. Spätestens, wenn die Jäger ermüden, werden ihre Bewegungen im eiskalten Wasser weniger zielführend und schwächer, dann dürfte das Sterben der Wale deutlich länger dauern.

Ein solches Massaker, die blutige Bucht, die schreienden Wale und das Ausrotten einer ganzen Herde inklusive trächtiger Weibchen beschreibt der Wal-Experte Prof. Pilleri in seiner Biographie „Plaudereien aus der medizinischen Schule“. Eigentlich war er damals auf die Färöer gekommen, um Walproben zu sammeln, durch den Grind wurde er zum Walfang-Gegner. Der Anatom schildert, wie er einen aus dem Mutterleib geschnittenes ungeborenes Grindwalkalb auf den Armen hält und ihm inmitten des wahnsinnigen Schlacht-Rauschs Tränen über das Gesicht laufen. Dabei war Herr Pilleri als Anatom sicherlich nicht zartbesaitet, sondern den Anblick von Blut gewöhnt.

Wie zeitgemäß ist das blutige Brauchtum?

Längst ist der blutige Brauch des Grindwalschlachtens umstritten.
Heute wird das Walfleisch nur noch teilweise verzehrt, der größte Teil davon soll zum Ende des Winters auf Mülldeponien landen. Die Färöer-Regierung hatte dazu aufgerufen, das restliche Walfleisch nicht in den Hausmüll zu entsorgen, weil die Füchse sich durch den Nahrungsüberfluß auf den offen liegenden Mülldeponien zu stark vermehrten (mdl. Quelle). Solche Verschwendung von geschlachteten Tieren ist inakzeptabel!
Dazu kommt: Walfleisch ist so hoch schadstoffbelastet, dass etwa die grönländische Regierung es als gesundheitsgefährdend für die Bevölkerung eingestuft hat und davor warnt. Seit 2008 warnen auch  Ärzte auf den Färöern vor dem Verzehr, vor allem wegen der Quecksilberbelastung. Die Regierung der Färöer weist mittlerweile darauf hin und empfiehlt höchstens eine solche Mahlzeit monatlich. Frauen mit Kinderwunsch sollten am besten ganz auf den Wal-Verzehr verzichten, da die Toxine fruchtschädigend sein können.

Töten ist eine fragwürdige Tradition

Nicht jede Tradition ist per se erhaltungswürdig. Ein aufgeklärter Mensch sollte solche tradierten Verhaltensweisen kritisch hinterfragen. Selbst auf den Färöern ist diese Tradition mittlerweile umstritten, schließlich liefern auch die Schafshaltung und die Aquakulturen sowie die Fischerei mittlerweile ganzjährig ausreichende Nahrungsgrundlagen für die Insel-BewohnerInnnen, auch bei schwerem Wetter, wenn keine Fischerei mehr möglich ist, muss also heute niemand mehr hungern.

2021 hatten die InselbwohnerInnen den Bogen endgültig überspannt:
Die auf ihre Schlacht-Tradition pochenden Färöer-Bewohner hatten im Skálafjörður einen ganzen Superpod (ein Zusammenschluß mehrerer Herden) mit 1428 Weißseiten-Delphine (Lagenorhynchus acutus) auf einmal abgeschlachtet. Eine unvorstellbare Menge. Nach diesem Artikel im färingischen Online-Magazin in.fo hatte der Grind-Vormann Heri Petersen diesen Grindadrap nicht autorisiert.

Darüber berichtete z B die Newsweek am 14.09.2021: “Horrific Footage Shows 1,500 Dolphins Slaughtered in Largest Massacre Ever Recorded“, andere Zeitungen schrieben ähnlich entsetze Artikel.

Bei über 1000 Delphinen, so Petersen, hätte die Manpower für ein schmerzloses schnelles Töten aller Tiere nicht ausgereicht. Petersen hatte auch zu bedenken gegeben, dass solch ein Massaker so schlechte Presse und so viel Druck seitens der Welt-Öffentlichkeit erzeugen würde, dass dadurch möglicherweise die gesamte Tradition in Frage gestellt und vielleicht beendet würde. Dennoch haben die Insulaner 1428 Weißseitendelphine massakriert.

Petersen hat absolut recht, ich war auch wirklich schockiert. Mir ist bewußt, dass auch diese Massentötung die atlantischen Weißseiten-Delphine nicht ausrotten wird und der Grindadrap den Bestand der Pilotwale nicht gefährdet. Aber solch eine Massenschlachtung von in fast allen Teilen der Welt geschützten Meeressäugern und so ein absolut nicht nachhaltiges Vorgehen bei der Bewirtschaftung von Meerestier-Beständen ist einfach aus jeder Perspektive inakzeptabel.
Ein solcher Blutrausch ist selbst auf den Färöern beispiellos, der nächstgrößere Grindarap war 2013 die Schlachtung von 430 Weißseiten-Delphinen.

@Seasaver, der Twitter-Account der NGO Blue Ocean Society, hat jedenfalls Recht mit dieser Forderung: “If Denmark and the EU don’t act after this then they’re complicit in the unsustainable massacre of protected species.”
Auch wenn die Färöer einen besonderen rechtlichen Status haben und nicht Mitglied der EU sind – u. a. gerade wegen ihrer Wal- und Robbenschlachtungen – können Dänemark und die EU in diesem Fall wirklich nicht länger die Bewahrung regionaler Tradition und Identität direkt vor ihrer Haustür schützen. Auch wenn die Färöer einen Sonderstatus haben, ist die Rote Linie längst überschritten. Diese Tradition ist nicht mehr zeitgemäß! Der Grind muss mindestens begrenzt oder ganz gestoppt werden.

Zank”apfel” Wal zwischen Walfangtradition und Heiliger Kuh

Traditioneller Walfang ist seit den 1970-er Jahren ein heiß umstrittenes Thema, mittlerweile wird der Walfang zur Selbstversorgung auch in den walfangenden Nationen – z. B. Norwegen, Japan, Island und den Färöern – von immer mehr Menschen kritisch gesehen.
Wale haben für viele Menschen in westlichen Industrie-Nationen den Status Heiliger Kühe, so entstehen immer schnell hitzige Diskussionen zwischen Walfang-Betonköpfen und Walschutz-ExtremistInnen (auch Betonköpfen). Ich bin pro Meeres- und Walschutz, distanziere mich aber normalerweise von Walschutz-ExtremistInnen. Obwohl mir gerade das Töten der extrem intelligenten Zahnwale wirklich mißfällt.
Dass einige Färinger gleich nach dem Entrüstungssturm über das aus dem Ruder gelaufene Massaker eines ganzen Delfin-Superpods mit 1428 Tieren die gleiche Entgleisung kurz darauf noch einmal wiederholten und eine große Gruppe Grindwale erlegten, ist absolut unverständlich. Damit hatten sie für mich klar gezeigt, dass es nicht um die winterliche Fleischversorgung geht, sondern um Jagen und Töten als Selbstzweck.
Auch im zweiten Fall haben sie die Grindwale für eine kleinere Gruppe von 10 bis 12 Tieren gehalten und hatten am Ende 53 der Zahnwale massakriert. Das sind so um die 53*1,5 Tonnen Walfleisch (ich habe mal einen mittleren Wal-Tonnagewert angenommen), aus 70 Tonnen Wal kann man eine Menge Steaks schneiden. Schließlich besteht so ein Meeressäuger vom Hals an bis zum Schwanz nur aus Filets, wenn auch ziemlich sehnendurchsetzt.

Dieses Verhalten zeigte klar zwei Punkte:
– den Grind-Traditionalisten ist sch… egal, was der Rest der Welt dazu sagt. Sie bestehen auf ihrer Jagdtradition.
– wenn sie zweimal innerhalb von zwei Wochen eine Walherde in ihrer Kopfzahl so derartig unterschätzen, sind sie nicht naturverbunden, sondern offenbar auch wal-inkompetent.

Jeder Mensch, der sich mit Walen etwas näher beschäftigt, weiß, dass die auftauchenden und an der Oberfläche zu zählenden Tiere nur einen Teil einer Gruppe abbilden und mindestens noch einmal so viele, oft wesentlich mehr, unter der Wasseroberfläche verborgen schwimmen. Das habe ich bei meinem ersten Wal-Survey gelernt, als wir Sichtungen vom Schiff und vom Helikopter verglichen haben, um unsere Methode zu eichen.
Personen, die für sich in Anspruch nehmen, wahnsinnig verbunden mit dem Meer und den Walen zu sein, sollten so etwas wissen. Schließlich liegen für die Grindwal- und andere Walgruppen im östlichen Nordatlantik Erfahrungswerte aus mittlerweile mehr als 1000 Jahren vor. Wenn zweimal innerhalb kurzer Zeit eine ohnehin umstrittene Jagd in solch ein Massaker ausartet, läuft wirklich etwas falsch.

Auch wenn die Färöer einen besonderen rechtlichen Status haben und nicht Mitglied der EU sind – u. a. gerade wegen ihrer Wal- und Robbenschlachtungen – können Dänemark und die EU spätestens nach diesen Vorkommnissen nicht länger die Bewahrung regionaler Tradition und Identität direkt vor ihrer Haustür schützen. Auch wenn die Färöer einen Sonderstatus haben, war damit die Rote Linie überschritten. Diese Tradition ist nicht mehr zeitgemäß! Der Grind muss mindestens begrenzt oder ganz gestoppt werden.
In den letzten Jahren gab es immer wieder Petitionen, eine aktuelle zum Grindwal-Schlachten habe ich für 2023 nicht gefunden. Falls jemand noch etwas finde, verlinke ich das gern.
In diesem Fall finde ich es angemessen, aktiv zu werden.

Die färingische Regierung hatte bereits nach dem ersten Schlachtfest eine Untersuchung angekündigt: “In a statement, Faroe Islands Prime Minister Bárður á Steig Nielsen said: ‘We take this matter very seriously.’ ‘We will be looking closely at the dolphin hunts, and what part they should play in Faroese society.’ ‘The government has decided to start an evaluation of the regulations on the catching of Atlantic white-sided dolphins.’” wie Blue Planet Society berichtet.

Die FäringerInnen hatten 2021 Wind von vorn bekommen, KünstlerInnen sagten ihre Auftritte ab: “Robert Plant and Lewis Capaldi pulled out of Faroe gigs and Fatboy Slim donated his performance fee to marine conservation causes after Blue Planet Society made them aware of the whale and dolphin cruelty.” (Blue Planet Society (@Seasaver) September 19, 2021).
Darunter könnte auch der wirtschaftlich wichtige Tourismus leiden und sogar färingische Produkte, so distanziert sich etwa die Aquakultur-Lachszucht Bakkafrost von der blutigen Tradition.
Weitere Infos zu diesem Brauchtum und zur politischen Situation auf den Färöern, die gleichzeitig irgendwie zu Dänemark gehören und unabhängig sind, gibt es hier.

Wer sich für die wissenschaftliche Sicht auf den Grindadrap interessiert: Hanna Maria Mamzer hatte dazu “Ritual Slaughter: The Tradition of Pilot Whale Hunting on the Faroe Islands” in Front. Vet. Sci., 09 April 2021, Sec. Animal Behavior and Welfare, Volume 8 – 2021 | https://doi.org/10.3389/fvets.2021.552465 publiziert. Darin erörtert sie sachlich, was diese Tradition für die Menschen und ihre kulturelle Identität bedeutet und wie angemessen eine solche Tradition in der Moderne noch ist.

Kleinwalschutz in EU- und deutschen Meeren 

In Deutschland und anderen EU-Staaten werden Wale zwar nicht mehr gejagt, sie landen stattdessen in den Netzen von Fischern, sterben an Traumata, vergiften sich an unseren Abwassern. Der Schweinswal ist vor allem in der Ostsee stark bedroht, der Bestand der Zentralen Ostsee steht vor dem Aussterben.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass der Kleinwalschutz in den eigenen Gewässern den meisten Deutschen herzlich egal ist und auch kaum jemand über den Beifang in Ostsee, Nordsee und Biskaya spricht. Die einzige Politikerin, die mir bei meinen umfangreichen Recherchen zum Schweinswal-Status immer wieder positiv aufgefallen ist, ist Steffi Lemcke von den Grünen. Das Landwirtschaftsministerium, das auch für Fischerei und die Vertretung in der Internationalen Walfangkommission zuständig ist, hatte 2021 unter Klöckner noch alles unternommen, um die Umsetzung internationaler und EU-Vorgaben zum Kleinwalschutz zu unterlaufen und zu behindern (hier ist ein Hintergrund-Artikel dazu).
Infos, warum einige Leute (wie z. B. auch Frau Klöckner und andere Konservative) meinen, dass Kleinwale nicht unter den international vereinbarten Walschutz und das Walfang-Moratium fallen, gibt es hier und hier. Das Thema ist kompliziert und ideologisch stark vorbelastet. Das Klöckner-Ministerium verhinderte aktiv den Kleinwalschutz in deutschen, EU- und internationalen Gewässern, obwohl gerade unsere europäischen Schweinswale stark bedroht sind.
Das hat sich jetzt unter Cem Özdemir sicherlich geändert. Aber die Umsetzung des Walschutzes in europäischen Gewässern ist wegen des Zusammentreffens vieler Interessen gerade in Küstengewässern sehr schwierig.

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Auf dem Science-Blog „Meertext“ schreibe ich über meine Lieblingsthemen: Biologie, Zoologie, Paläontologie und das Meer. Wale, Fische und andere Meeresgetüme. Tot oder lebendig. Fossile Meere, heutige Meere und Meere der Zukunft. Die Erforschung, nachhaltige Nutzung und den Schutz der Ozeane. Auf der Erde und anderen Welten. Ich berichte regelmäßig über Forschung und Wissenschaft, hinterfrage Publikationen und Statements und publiziere eigene Erlebnisse und Ergebnisse. Außerdem schreibe ich über ausgewählte Ausstellungen, Vorträge, Bücher, Filme und Events zu den Themen. Mehr über meine Arbeit als Biologin und Journalistin gibt´s auf meiner Homepage “Meertext”.

15 Kommentare

    • @Harald Grunsky: Danke. Ich denke, dass bei solch hoch emotionalen Themen nur Sachlichkeit hilft. In diesem Fall kann man nur so das Totschlagargument “Tradition/Kultur” entkräften.

  1. ‘Schön’ kann man ihn angesichts des Themas nun wahrlich nicht nennen – doch diese aktualiserte, zusammengefasste Version der Texte ‘von drüben’ ist eine gelungene Aufarbeitung zum Geschehen.

    Nur weiter so – lesen wir alles weg 😉

  2. ich habe den beitrag angesehen, und bin ebenfalls entsetzt

    aber ich bin auch entsetzt was der mensch allen anderen tieren so antut.
    ich will sicher nicht ca. 800 Millionen abgeschlachte tiere in Deutschland
    gegen 800 kleinwale auf Faroer gegenrechnen. (…. doch will ich!)

    aber meine erfahrung mit einigen menschen ist eben, kurz schütteln und abends zum grillen das billigfleisch reinziehen – ohne nachzudenken, ohne schlechtes gewissen, denn die wale sind weit weg. oder man kann sich über andere leichter erregen als sich selbst zu ändern oder nachzudenken.

    wir messen da schon mit sehr zweierlei maß, solange wir die zustände in deutschen schlachthöfen und mastbetrieben weiter ignorieren.
    ja, schweine essen hat bei uns auch tradition, dafür essen wir keine hunde oder wale!

    unser deutsches schlachtvieh sind ja in der regel *kleinkinder* oder *jugendliche* und haben noch keine so großen schadstoffmengen ansammeln können, dass sich der einzelne evt überlegt auf solche nahrung zu verzichten.

    ja, wirklich nicht schön

    grüssle

    • @Mars: Aus genau dem Grund halte ich als Walschützerin mich beim Verdammen des Walfangs ein bißchen zurück und bleibe sachlich.
      Und genau wegen der meist so schlechten Behandlung von Nutztieren bin ich seit 35 Jahren fast ganz Vegetarierin, esse nur gelegentlich noch ein kleines Stückchen Fisch. Der menschliche Tierverbrauch ist die Wurzel vieler übler Dinge, hat uns hoch pathogene Zoonosen wie Corona eingebrockt, führt zur weitflächigen Vernichtung von Lebensräumen anderer Tiere und hat einen ordentlichen Anteil an der Klimakrise. Aber das war für einen Artikel zum isländischen Walfang etwas zu viel : )

  3. kann ich gut nachvollziehen, lebe auch seit jahren – wegen des tierleids – vegetarisch. wenn man sich mit tieren per se befasst, kommt man eben um manches nicht drumrum.
    auch wenn weit ausgeholt, hängt ja doch vieles (wenn nicht das meiste auf dieser erde) sehr verknotet zusammen, und kann nicht in jedem blog den rundumschlag machen …. das machen dann die kommentatoren :-))

    grüssle

  4. @Hauptartikel

    Ich kenne die Geschichte noch von der anderen Seite. Ich war 1977 mit meinen Eltern in Norwegen, und in der Jugendherberge gab es ein ordentliches Stück Walfleisch. Das ist keinesfalls Fisch, die Wale sind mit den Rindern verwandt und das Fleisch schmeckt auch so ähnlich. Nur noch sehr viel besser. Ich hab noch nie im meinem Leben was leckereres gegessen. Von daher habe ich ein gewisses Verständnis, dass man auf den Färöern gerne Walfleisch isst.

    Im Prinzip kann man den dortigen Walfang mit unserer Jagd auf Wildschweine, Rehe und Hirsche vergleichen. Beides schmeckt auch sehr lecker, die Tiere leiden beim Töten vergleichbar und beides ist recht schadstoffbelastet.

    Der Unterschied ist allerdings, dass man Wildschweine, Rehe und Hirsche vom Bestand her kontrollieren muss, sonst würden die den Wald ruinieren. Eine Alternative würde jede Mengen Wölfe in den heimischen Wäldern erfordern. Und von Wölfen gerissen zu werden ist auch nicht angenehmer als vom Jäger erschossen zu werden.

    Was die Schadstoffbelastung angeht, da sind dann vermutlich die Zahnwale schlimmer als die Planktonfresser unter den Walen.

    Also ich weiß nicht recht. Wenn es hier im Supermarkt auch mal Walfleisch gäbe, und das so lecker ist wie was ich damals in Norwegen probiert habe, dann wäre die Versuchung groß, sich ab und an sowas zu gönnen. Allerdings nur, wenn die Bestände nicht gefährdet wären.

    Wenn auf den Färöern das Meiste am Ende weggeworfen wird, dann ist das natürlich wirklich Unsinn.

    Auf jeden Fall wäre es zu überlegen, dass man Wale, die als Beifang in Netzen landen, vielleicht dann auch essen würde, wenn sie nun mal schon tot sind. Dann ist zu bedenken, dass die gegessenen Wale dann auch weniger gezüchtete Schweine erfordern. Und der Wal vor der Schlachtung ein besseres Leben hatte als das Schwein in der Massentierhaltung.

    • @Tobias Jeckenburger: Definitiv – lecker und ökologischere Haltung. In diesem Artikel ging es allerdings schwerpunktmäßig um die Verschwendung. Da ich in Norwegen als Wal-Guide gearbeitet habe, habe ich diese Diskussion häufig geführt und habe immer sowohl den sachlichen und meinen persönlichen Standpunkt vorgestellt.

  5. Mich interessiert, wieviel von einem Grindwal überhaupt gegessen wird. Wieviel % werden weg geworfen? Im Durchschnitt wiegt ein Grindwal an 800 kg. Was wird davon wirklich gegessen? Im Fernsehbeitrag hieß es, nur die Muskeln würden rausgeschnitten und verzehrt. Alles andere wird an bestimmten Stellen im Meer entsorgt oder auf der Mülldeponie.
    Die Inuit dürfen gelegentlich ja auch einen Wal fangen. Aber sie verwerten alles vom Fang, einschließlich Knochen und Haut. Könnte man nicht die Färinger auch dazu zwingen?

    • @Asta Napp-Zin: Wie ich im Beitrag schrieb, besteht ein Wal zu einem großen Teil aus Filet. Wieviel genau, habe ich noch nie irgendwo gelesen. Viele Gewichtsmaße stammen aus dem Walfang, oft aus dem historischen Walfang. Vom modernen Walfang habe ich noch nie Zahlen gesehen und auch nicht zu Grindwalen. Bei Nekropsien werden bestenfalls einzelne Organe gewogen, selten ganze Wale.
      Wieviel Grindwal tatsächlich verzehrt oder weggeschmissen wird, wird garantiert nicht dokumentiert. Da das Fleisch nicht ver- und gekauft wird, tauchen die Mengen nicht in den Bilanzen der Supermärkte auf und was dann im Abfall landet, wird garantiert nicht gewogen.
      Aber wenn wegen der Grindwalabfälle auf Müllhalden die Füchse zur Plage werden, dürfte es einiges sein.

      Inuit jagen etwas mehr als gelegentlich einen Wal. Diese Quoten des Aboriginal Whaling gelten nur für Großwale, also vor allem Glattwale.
      https://iwc.int/management-and-conservation/whaling/aboriginal
      Soweit ich weiß, gibt es für die kleineren Arten wie Beluga, Narwal und Schweinswal je nach Land unterschiedliche oder keine Quoten:
      https://en.wikipedia.org/wiki/Porpoise
      https://polarjournal.ch/en/2023/01/03/inuit-organization-scientifically-investigates-beluga-hunting-ban/

      Ob und wie nachhaltig diese Jagd ist, wird mittlerweile diskutiert.
      Teilweise wird mit modernen Waffen auf Wale geschossen, die dann teilweise tot unters Eis rutschen.
      Ja, vermutlich verwerten sie immer noch viele Teile der Wale und auch ihrer anderen Beute.

      Wer sollte die Färinger dazu zwingen, ihre Wale aufzuessen? Es gibt keine Tradition, ganze Wale zu verwerten und auch keine Anwendungen.
      Wenn ich daran denke, dass in der EU von Hühnern nur Keulen und Brustfleisch gegessen wird und die Flügel und der Rest billig nach Afrika exportiert wird, und die dortige Hühnerzuchten unrentabel macht, sind EU-BürgerInnen sicherlich nicht die richtigen, um sich über Tier-Verschwendung zu echauffieren. Kühe werden immer wieder gedeckt, um Milch zu geben, die Kälber hingegen haben einen Wert von 10 € und sind Wegwerfartikel, genauso wie unerwünschte männliche Küken. Warum sollten ausgerechnet Wale eine Ausnahmestellung haben? Machen wir das an Intelligenz oder Kultur fest?
      Das hindert uns EU-BürgerInnen ja auch nicht daran, trotz rigider Walschutzgesetze Wale als Beifang oder durch toxische und akustische Meeresverschmutzung schnell oder langsam umzubringen.

    • @Susanne Gugeler: Nach IWC fällt er immer noch unter die umstrittene Kleinwalregelung. Es gibt nur nationale Schutzprogramme in USA, Kanada, EU (ASOBANS). Das ist das gleiche Schlupfloch wie zu anderen Walen als großen Bartenwalen.
      Dass er auf den Färöern nun geschützt sein soll, steht weder bei IWC noch NAMMCO.

      NAMMCO (North Atlantic Marine Mammal Commission) schreibt dazu:
      “The Management Committee of NAMMCO receives advice from the Scientific Committee on the status of the northern bottlenose whales and makes recommendations to member countries based on that advice. The most recent advice with regard to bottlenose whales concerned the Faroe Islands. The Management Committee accepted that the traditional coastal drive hunt in the Faroe Islands did not have any noticeable effect on the population of northern bottlenose whales and that removals of fewer than 300 whales a year were unlikely to lead to a decline (NAMMCO 2015). Current removals in the Faroes are far lower than this and only occur when whales strand themselves and cannot be driven back to sea. There were 5 such strandings in 2014 and 2 in 2015 (NAMMCO 2015).”
      In Norwegen ist die Entenwal-Fischerei eingestellt.
      https://nammco.no/northern-bottlenose-whale/#1475844586552-bbd974dc-67bc

      Es wäre ja schön, wenn keine expliziten Jagden auf Entenwale mehr stattfänden.
      Aber die weitere Nutzung von gestrandeten Tieren ist wieder ein Schlupfloch.
      Leider habe ich dazu nichts Aktuelles gefunden, aber ich verfolge das mal weiter.

  6. Vielen Dank für deine Antwort, Bettina!
    Bei NAMMCO heißt es: “Die aktuellen Entnahmen auf den Färöern sind weitaus geringer und treten nur dann auf, wenn Wale stranden und nicht zurück ins Meer getrieben werden können. Im Jahr 2014 gab es fünf solcher Strandungen und im Jahr 2015 zwei.”
    Aber ich glaube, es wird nicht aktiv Jagd auf die Nördlichen Entenwale gemacht.
    Ich habe den Jubel einer Färinger Whale-Watching-Gruppe bei Facebook verfolgt, als Nördliche Entenwale sich tagelang in einer Bucht vor den Inseln aufhielten. Diesen wurde kein Haar (oder besser kein Blubberstück) gekrümmt. Es gab unzählig viele veröffentlichte Fotos von dem Spektakel. Es macht Hoffnung, zu sehen, dass sich manche Einwohner der Färöer für bestimmte Meeressäugerarten begeistern können. Hoffentlich gehören irgendwann auch mal die Grindwale zu den Tieren, die nur noch beobachtet, aber nicht mehr getötet werden.

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