Kunst & Geologie: Die Kunst im Stein

BLOG: Geschichte der Geologie

Was die Steine erzählen und wie wir sie verstehen lernten
Geschichte der Geologie

„In jedem Block aus Marmor sehe ich eine Statue als würde sie vor mir stehen, geformt und perfekt in Gestalt und Pose. Ich habe nur das Überflüssige zu entfernen das die Erscheinung verdeckt, um es anderen Augen als den meinen zu enthüllen.“

Bereits der große italienische Künstler und Bildhauer Michelangelo Buonarroti (1475-1564) wusste, das auch der geschickteste Steinmetz dem Gestein nicht jede beliebige Form aufzwingen kann. Möglichen Schwachstellen muss ausgewichen werden und Oberflächen müssen der bevorzugten Spaltbarkeit des Gesteins folgen. Bevor überhaupt mit der Arbeit begonnen wird, muss der Steinmetz daher durch vorsichtiges Abklopfen des Blocks die Qualität, vor allem das Vorhandensein von mit bloßem Auge nicht sichtbaren Rissen oder Klüften, kontrollieren. Neben der Qualität spielen bei der Auswahl des Gesteins auch Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Schönheit, Exotik, Seltenheit und nicht zuletzt der Geschmack des Kunden eine Rolle.

Granit, als langsam auskristallisiertes Tiefengestein mit einer homogenen Textur, eignet sich für rechteckige Quader und wird aufgrund seiner Härte und Ästhetik gerne in der Architektur verwendet. Basalt, eine erkaltetet Lava, zeigt oft säulenförmige Absonderungen und eignet sich für unregelmäßig geformte Blöcke. Sand- und Kalkstein, aufgrund der typischen Schichtung von Ablagerungsgesteinen, liefert eher plattenförmige Blöcke und ist als weiches Gestein einfach zu bearbeiten. Metamorphes Schiefergestein zerbricht zu dünne Platten. Ton- und Schieferplatten werden daher bevorzugt für Verkleidung von Fassaden oder Abdeckung von Dächern verwendet. Bei der Metamorphose können Schwachstellen durch Neukristallisation auch ausgeheilt werden und es bildet sich ein kompaktes Gestein. Metamorpher Marmor ist ein gefragtes Gesteine genau aus diesen Grund. Unglücklicherweise werden im Fachhandel generell (und geologisch inkorrekt) alle intern homogenen Sedimentgesteine (ob metamorph oder nicht) als Marmor bezeichnet.

LfU-Sammlung mit Musterwürfel von Naturwerksteine. Sie stammen aus allen Regionen Bayerns. Die Naturwerkstein-Sammlung dient als wichtigstes Referensmaterial für Denkmalpfleger, Architekten und Steinmetze.

Credit: David Bressan

Der Transport von Blöcken für Bildhauerei und Architektur war in der Vergangenheit eine teure Angelegenheit, weswegen manchmal auch etwas gemogelt wurde. Der bayerische König Ludwig I. nutze in seinen Schlössern Laaser-Marmor aus dem Etschtal als Ersatz für den kostspieligen Carrara-Marmor. Bei beiden Gesteinen handelt es sich um echte metamorphe Marmore. Allerdings ist der Laaser Marmor stärker verunreinigt durch Einschaltungen von klastischen Sedimenten und daher mit Schlieren durchzogen, während der reinere Carrara-Marmor sich durchgehend blendend weiß präsentiert. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde der Transport einfacher und auch um einiges billiger. Im 20. Jahrhundert, Zeitalter der Globalisierung, beobachtet man das selbst bei einfachen Grabsteinen das lokale durch exotisches Gestein (meist von höherer Qualität und Ästhetik) ersetzt wird.

Die Gesteinsporosität spielt eine entscheidende Rolle bei der Verwitterung eines Kunstwerks. Dichte Gesteine sind generell verwitterungsanfälliger, da gefrierendes Wasser (das einen Druck von bis zu 2.000kg/cm2 ausüben kann) direkt an den Korngrenzen ansetzten und die Kristalle im Gesteinsgefüge lockern kann. Bei größeren Poren kann das Wasser zwar eher in das Gestein eindringen und die Kontaktfläche zwischen Gestein und Wasser/Gas ist ebenfalls größer, allerdings kann das Wasser auch schneller wieder abfließen. Die innere Feuchtigkeit des Gesteins kann bei großen, miteinander verbundenen Poren leichter nach außen dringen und Kristalle, die durch die Verdunstung des Wassers auskristallisieren, können ungestört in den Poren wachsen.  So ist Sandstein, als sehr beliebter Dekorstein, eher verwitterungsanfällig aufgrund des Fehlens von Poren und das Vorhandensein von Karbonatzement zwischen den einzelnen Sandkörnern. Dieser Zement kann durch Wasser und Säuren aus der Luft angegriffen und aufgelöst werden, es kommt zur Vergrusung und Zerfall des Sandsteins. Gefrierendes Wasser oder auskristallisierende Salze sprengen dagegen einzelne Gesteinsscherben heraus.
Auch bei Kalkstein kommt es zu ähnlichen Verwitterungs-Phänomenen. Einerseits führt direkte chemische Verwitterung zur Lösung des Karbonats und zur Bildung von neuen Mineralien. Die Neubildung von quellfähigen Minerale bzw. Minerale mit einem größeren Volumen (darunter Gips) führt  zu einer starken mechanische Verwitterung und Abgrusung der Gesteinsoberfläche.
Auch bestimmte und weitverbreitet Bakterien, Pilze und Algen die in den Gesteinsporen leben, können indirekt zur Verwitterung beitragen. Diese Organismen zersetzen Gestein mit der Hilfe von organischen Säuren die sie ausscheiden. Indem sie Stickstoff aus der Luft binden bildet sich auch Salpetersäure die wiederum direkt das Gestein angreift. Der Klimawandel könnte die Verwitterung von Gesteinen an Kunstwerken und Gebäuden zusätzlich beschleunigen. Starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht und den Jahreszeiten beeinflussen direkt die mechanische Verwitterung. Ein zukünftiges feucht-warmes Klima würde auch Bakterien, Pilze und Algen begünstigen.

Veröffentlicht von

David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

3 Kommentare

  1. Ich bewundere auch die Ästhetik der Gesteine. Nasse Kieselsteine sind Schönheiten, trockene verlieren ihren Glanz. Könnte man nicht künstliche Steine herstellen, z. b. aus Körnern von Quarz, gemischt mit Goldstaub. Das ganze pressen bei hohem Druck. Anstelle von Goldstaub könnte man auch Polyfluorethylene verwenden.
    Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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