Es wird spannend: BepiColombo ganz kurz vor dem Start

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Meteorite, Planeten, Sternenstaub (und was sonst so runterfällt)
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Gründlich durchgecheckt steht sie also da, und wartet auf den Start, die Ariane 5, die unser Instrument (MERTIS) samt den Raumsonden Drumherum zum Merkur (oder erst mal in den erdnahen Weltraum) transportieren soll. Ich werde aber nicht vor Ort in Kourou sein, sondern im Lande die Stellung halten. Start ist (in MEZ) 3:45 Uhr morgens am Samstag, den 20.Oktober.

Die Sonde, BepiColombo, ist ein Ergebnis internationaler Zusammenarbeit zwischen der ESA und der japanischen JAXA. Eigentlich handelt es sich um zwei Raumsonden – den europäischen MPO (Mercury Planetary Orbiter) und den japanischen MMO (Mercury Magnetospheric Orbiter). Der innerste Planet des Sonnensystems wurde erst zwei Mal von Sonden besucht, zuerst von Mariner 10 Mitte der 70er Jahre, und dann wieder von der NASA, mit Messenger von 2011 bis 2015. Und jetzt Europa und Japan mit BepiColombo. Wieso wird dann gleich wieder eine Sonde geschickt? Messenger war sehr ergiebig und erfolgreich, und die Ergebnisse bilden die Basis für BepiColombo – vor Messenger wusste man nur sehr wenig über Merkur, dank Messenger weiß man, wo man jetzt im Detail hinschauen sollte. Dazu kommt eine neue Reihe an Geräten, die etwa 10 Jahre weiterentwickelt sind – was einiges ausmacht. Und nicht zuletzt kann man Veränderungen auf der Oberfläche nachverfolgen (hier eine schöne Übersicht der ESA).

Unser Gerät, der Infrarotspektrometer MERTIS, füllt dann noch eine Lücke im Messbereich. Und zwar eine sehr wichtige, denn das mittlere Infrarot erlaubt eigentlich die genauesten Messungen bezüglich der Struktur der Gesteine an der Oberfläche. Wir werden also per Fernerkundung Petrologie/Mineralogie betreiben. Von Sample Return oder einem Lander (beides in ferner Zukunft) mal abgesehen, das Beste, was zurzeit drinnen ist.

Die ersten ESA-Zeichentrickfilme in bester Rosetta-Tradition sind auch schon verfügbar, da soll noch einiges folgen. Auf Twitter kann man der Sonde bereits folgen.

Ich werkle nun schon seit praktisch 20 Jahren in der Planetologie (wenn man die Diplomarbeit dazu nimmt). Die meiste Zeit habe ich sehr labororientiert gearbeitet, vor allem extraterrestrische Proben (Meteorite) oder auch Impaktgesteine auf ihre Zusammensetzung hin untersucht und mehr oder weniger weitreichende Schlüsse daraus gezogen (also Papers geschrieben). Direkt an Raummissionen war ich aber damals nicht beteiligt, vielleicht indirekt über die Nutzung von Daten nach deren Freigabe. Erst vor jetzt auch schon wieder 6 Jahren ergab sich die Möglichkeit, an einem Raumprojekt direkt beteiligt zu sein. Eben BepiColombo. In den Jahren seitdem hat sich einiges getan. 2012 war unser Instrument noch nicht mal zusammengebaut. Den Ton im Projekt gaben noch die Ingenieure an, und es war mal sehr interessant auf den zahlreichen Treffen den Kontrast in der Arbeitsweise zwischen der Arbeitsweise von Ingenieuren und Wissenschaftlern zu sehen. Und es war erstaunlich, wie kompliziert selbst kleinere Instrumente wie MERTIS sind. Der Aufwand für solche Missionen ist gewaltig, da steckt ungeheuer viel Arbeit drinnen.

Inzwischen, mit dem Start in Sicht, wird schon verstärkt an der Missionsplanung gearbeitet – was wird wann wie beobachtet werden. Zudem arbeiten sich auch die beteiligten wissenschaftlichen Arbeitsgruppen in die Thematik ein. Die Daten, welche dann vom Merkur (und vorher im Vorbeiflug, von der Venus) eintreffen, müssen ausgewertet und interpretiert werden. Da hilft es, wenn eine Datenbank an Labordaten für den Vergleich vorhanden ist. Genau das ist mein Daseinszweck in Münster und von Kollegen in Berlin: wir messen allerlei Proben im mittleren Infrarot – unter hoffentlich realistischen Bedingungen (Temperatur, Vakuum und so weiter). Die Ergebnisse bilden dann das Rückgrat für die spätere Auswertung. Ein paar repräsentative Tagungsabstrakte (Papers sind leider nicht frei zugänglich) hier, hier, hier, hier, und hier.

Gleiches gilt für die an den anderen Geräten beteiligten Arbeitsgruppen. Und wir werkeln nicht einsam vor uns hin, es wird Wert daraufgelegt, dass die einzelnen Gruppen permanent miteinander kommunizieren. Dazu finden regelmäßige Treffen statt (SWG, Science Working Groups). Und das klappt eigentlich sehr gut bisher. Es hat sich um die Mission herum eine richtige Community gebildet. Und das sind nicht nur ältere Semester wie meinereiner, es sind auch viele Leute am Anfang der wissenschaftlichen Laufbahn beteiligt, oft gerade mal in ihrer Doktorarbeit. Das ist zum einen sehr motivierend für die Leute, und hilft sicher auch, eine Kontinuität bis zum Missionsfinale Mitte nächstes Jahrzehnt zu gewährleisten.

Auf den Start am frühen Samstag, bei dem natürlich alles wie geschmiert laufen wird, folgt erst mal eine längere Phase, in der die Raumsonde für den interplanetaren Trip klargemacht wird, die Near Earth Commissioning Phase (NECP). Das wird knapp 3 Monate dauern, gefolgt von etwa 7 Jahren Cruise Phase, einschließlich mehrerer Vorbeiflüge bei Venus und Merkur. 2025 tritt die Sonde dann in den Orbit um den Planeten ein. Also noch eine ganze Menge Zeit, während der aber schon Wissenschaft betrieben werden kann – die Vorbeiflüge erlauben unter anderem schon Messungen mit unserem Gerät. Spätestens beim ersten Flyby an der Venus Anfang 2020, und Herbst 2021 gibt es dann erste Daten vom Merkur. Es wird also schon schnell sehr interessant werden.

 

 

 

 

 

 

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Mein Interesse an Planetologie und Raumforschung begann schon recht früh. Entweder mit der Apollo/Sojus Mission 1975. Spätestens aber mit dem Start der Voyager-Sonden 1977, ich erinnere mich noch wie ich mir mein Leben in der fernen Zukunft des Jahres 1989 vorzustellen versuchte, wenn eine der Sonden an Neptun vorbeifliegen würde. Studiert habe ich dann Mineralogie in Tübingen (gibt es nicht mehr als eigenständiges Studienfach). Anstatt meinen Kommilitonen in die gängigen Richtungen wie Keramikforschung zu folgen, nahm ich meinen Mut zusammen und organisierte eine Diplomarbeit über Isotopenanalysen von Impaktgestein aus dem Nördlinger Ries Einschlagkrater. Dem folgte dann eine Doktorarbeit über primitive Meteorite in Münster. Nach 10 Jahren als PostDoc in verschiedenen Ecken der Welt arbeite wieder am Institut für Planetologie in Münster, an Labormessungen für die ESA/JAXA Raumsonde BepiColombo, die demnächst zum Merkur aufbrechen wird. Mein ganzes Arbeitsleben drehte sich bisher um die Untersuchung extraterrestrischer (und damit verwandter) Materialien: Gesteine aus Impaktkratern, die ganze Bandbreite Meteoriten (von den ganz primitiven Chondriten bis hin zu Marsmeteoriten). Zu meiner Forschung gehören auch Laborexperimente, in denen Vorgänge im frühen Sonnensystem nachgestellt wurden. Mein besonderes Interesse ist, die Laboruntersuchungen von extraterrestrischem Material mit Fernerkundungsdaten (im Infrarot) zu verknüpfen. Das vor allem mit Daten aus der planetaren Fernerkundung durch Raumsonden, aber auch mit Beobachtungen junger Sonnensysteme durch Teleskope.

2 Kommentare

  1. Herzlichen Dank für den spannenden und unterhaltsamen Beitrag – doch BepiColombo wird wohl eher im Jahre 2025 und nicht 2015 in einen Orbit um Merkur einschwenken 😉 …

    Besten Grüsse und toi-toi-toi für den Start!

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